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Aus den Verhandlungen des Schweiz, Bundesrathes, (Vom 21. April 1891.)

Der schweizerische Bundesrath hat den Rekurs des F r i e d r i c h Strahm, bisher Wirth zum ,,Frohsinn" in der Lugeten zu Malters, gegen den Beschluß der Regierung des Kantons Luzern, vom 19. Dezember 1890, betreffend Nichterneuerung des Wirthschaftspatentes, gestützt auf folgende Erwägungen, abgewiesen.

1. Der Bundesrath läßt es dahingestellt, ob Angesichts" der bundesgerichtlichen Urtheile vom 2. Februar und 30. März 1889 in Sachen Hauri und Niederhäusern (A. S. XV, S. 157) § 20 des luzernischen Wirthschaftsgesetzes vom 22. November 1883, der ausdrücklich von der Einstellung der Ertheilung von Wirthschaftspatenten ,,wegen zu starker Vermehrung" der an einem Orte bestehenden Wirtschaften spricht, gegenüber dem Art. 31 der Bundesverfassung von 1874 zu Recht bestehen konnte und gegenwärtig nach Maßgabe des anno 1885 revidirten Art. 31 der Bundesverfassung Anwendung finden kann, oder ob er nicht vielmehr durch einen neuen legislativen Akt, vorerst bestätigt werden müßte.

Es fragt sich daher, ob auch ohne Zugrundelegung jener gesetzlichen Bestimmung die Schlußnahme der Luzerner Regierung aufrecht zu erhalten sei, oder ob sie aufgehoben werden müsse.

2. Nun liegen aber die thatsächlichen Verhältnisse des; Rekursf'alles so, daß die fragliche Wirthschaft in zu geringer Entfernungvon Malters und dem Kurort Schwarzenberg liegt, um für die Dorfbewohner oder die Kurgäste ein wirkliches Bedürfniß zu sein, daß sie sich dagegen als eine Gelegenheitswirthschaft im eigentlichen Sinn des Wortes qualifizirt, die immerhin weit genug (20 Minuten) von der Ortschaft Malters entfernt ist, um nur schwer polizeilich überwacht werden zu können.

Demnach sind wirthschaftspolizeiliche Gründe vorhanden, die das Eingehen dieser Wirthschaft, abgesehen von der Zahl der in Malters bestehenden Wirthschaften, im öffentlichen Interesse als wünschbar erscheinen lassen und welche es rechtfertigen, wenn die Maßnahme der Kantonsbehörde von der Bundesbehörde nicht beanstandet, wird.

352 Für die Handelsvertragsunterhandlungen mit Deutschland und Oesterreich werden delegirt: Herr Minister Dr. R o t h in Berlin und Herr Minister A e p l i in Wien.

Denselben werden für die Unterhandlungen beigegeben: Herr Nationalrath H a m m e r in Solothurn und Herr Nationalrath C r a m e r F r e y in Zürich.

Diese Letztem werden beauftragt, sieb, im Einverständnis mit den betreffenden Departementen, mit Vertretern der landwirthschaftlichen Interessen, der verschiedeneu Zweige der Industrie, sowie der Gewerbe in Beziehung zu setzen, ihre Ansichten sowohl hinsichtlich der von der Schweiz bei den Negociationen zu verlangenden als auch der von ihr einzuräumenden Konzessionen entgegenzunehmen und dem Departement des Auswärtigen über die Resultate dieser Verhandlungen Bericht zu erstalten.

Die Handelsabtheilung des Departements des Auswärtigen, das Zolldepartement, sowie das Industrie- und Landwirthschaftsdepartement werden sodann den definitiven Entwurf für die Instruktionen anfertigen und dem Bundesrathe vorlegen.

(Vom 23. April 1891.)

Der schweizerische Bundesrath hat den Rekurs von Friedrich K u l i , Pintenwirth in Lenzburg, gegen den Beschluß der Regierung des Kantons Aargau vom 6. März 1891 , betreffend Verweigerung eines Tavernen wirthschaftspatentes, gestützt auf folgende Erwägungen, abgewiesen : 1. Nach Maßgabe des bundesgerichtlieben Urtheils vom 14. November 1890 besitzt der Kanton Aargau zur Zeit keine gesetzliche Grund luge, auf welcher seine Behörden Wirthschaftspatentbegehren wegen mangelnden Bedürfnisses abweisen könnten. Es fallen demnach die auf der Untersuchung der Bedarfnißfrage beruhenden Erwagungen des aargauischen Regierungsrathes für den Bundesrath außer Betracht. Dagegen sind, wie auch das Bundesgericht in seinem angeführten Urtheile anerkennt, die vom Regierungsrathe angebrachten polizeilichen Gründe der Patentverweigerung von der administrativen Bundesrekursbehörde einläßlich zu prüfen.

2. lu dieser letztern Richtung kann das Moli v, die Vermehrung dor Tavernenwirthschaften in Lenzburg vergrößere die Arbeit des mit der Beaufsichtigung und Ueberwachung des Fremdenwesens jetzt schon genug beschäftigten dortigen Polizeipostens in erheblichem Maße and mache es der Polizei weniger leicht möglich, den reisenden verdächtigen Personen ihre Aufmerksamkeit zu schenken,

353 nicht als stichhaltig anerkannt werden. Die Aufgabe der Polizei ist selbstverständlich je nach den Verhältnissen der Bevölkerung, ihrer Zahl, Beschäftigungsweise u. s. f. und dem dadurch bedingten Verkehr mehr oder weniger schwierig. Allein diese Verhältnisse sind von dem Willen der Polizei unabhängig, und dieselbe hat sich nach ihnen einzurichten, um ihrer Aufgabe genügen zu können.

Ebenso wenig kann in der Tendenz der aargauischen Behörden, der Vermehrung der Gelegenheiten zu Tanzbelustigungen entgegenzutreten, ein durchschlagendes polizeiliches Motiv für die Verweigerung eines Tavernenwirthschaftspatentes erblickt werden. Da es nach dem kantonalen Gesetze zu den Befugnissen der Tavernenwirthschaften gehört, unter Beobachtung der gesetzlichen Vorschriften Tanzbelustiguagen abzuhalten, so kann dem ungünstigen Einflüsse, den dieselben, wie die Regierung des Rantons Aargau betont, auf die Moral des Volkes ausüben, in richtiger Weise nur durch Verminderung der Zahl der Tanztage und sonstige Einschränkungen des öffentlichen Tanzes oder aber durch Verminderung der Zahl der tanzberechtigten Wirthschaften entgegengewirkt werden ; allein es bedarf hiezu g e s e t z l i c h e r Bestimmungen, beziehungsweise n e u e r g e s e t z l i c h e r Erlasse, und es widerspräche dem Grundsatze dei1 Rechtsgleichheit der Bürger, wenn ohne eine solche gesetzliche Basis dem einen Bürger eine Befugniß verweigert würde, die dem andern eingeräumt ist.

3. Anders verhält es sich mit den vom Regierungsrathe gegenüber der Person des Rekurrenten gemachten Ausstellungen. In dieser Beziehung hat die Bundesbehörde von jeher den Anbringen der Kantonsbehörden eine möglichst weitgehende Berücksichtigung zu Theil werden lassen.

Es ist nun im vorliegenden Falle vom Rekurrenten selbst nicht bestritten, vielmehr positiv zugestanden worden, daß unter seiner Wirthschaftsführung auf dem Schlosse Lenzburg in den letzten Jahren die gesetzlichen Bestimmungen bezüglich der Tanzbelustigungen oft überschritten wurden, so daß die Polizeibehörden energisch einsehreiten mußten. Gegenüber dieser Thatsache kann die Behauptung des Rekurrenten, es sei ihm dort nicht möglich gewesen, der Tanzlust der jungen Leute entgegenzutreten, nicht als Entschuldigung gelten.

Da mit der Tavernenwirthschaft von Gesetzes wegen das Recht verbunden ist,
Tanzbelustigungen abzuhalten, so erscheint die Weigerung des Regierungsrathes, dem Rekurrenten dieses gesetzliche Recht einzuräumen, aus polizeilichen Erwägungen, die in der Person -des Patentbewerbers begründet sind, als gerechtfertigt.

Bnndesblatt. 43. Jahrg. Bd. II.

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Dem Initiativkomite für Errichtung eines neuen Telldenkmals in Altorf wird an die Ausgaben für dieses Denkmal, soweit sie entstehen aus den Kosten des Monumentes, dessen Fundamentirung, aus dem Konkurse und der Jury zu Beschaffung des künstlerischen Modells und der Renovation des alten Thurmes in Altorf, grundsätzlich ein Bundesbeitrag von 50 °/o zugesichert.

Entsprechend dieser grundsätzlichen Zusicherung wird die Beitragssurame endgültig bestimmt werden, wenn die Rechnungen über die einzelnen Ausgaben vorliegen.

An die Beerdigung des Herrn Bundesrichter K o p p in Luzern werden abgeordnet: Herr Vizepräsident H a u s e r und Herr Bundesrath S c h e n k .

Die eidgenössische Staatsrechnung pro 1890 wird genehmigt.

Sie schließt mit einem Einnahmenüberschuß von Fr. 932,870. 31 ab.

(Vom 28. April 1891.)

Die Vertreter der verschiedenen Gruppen der Großindustrie werden auf Montag den 4. Mai eingeladen, sich im Bundesrathhause einzufinden, um den Herren Negoziatoren H a m m e r und C r a m e r - F r e y ihre Ansichten einerseits betreffend die von der Schweiz bei den Unterhandlungen zu verlangenden, anderseits betreffend die von ihr einzuräumenden Konzessionen auseinanderzusetzen und zu motiviren.

Die Anhörung findet successive gruppenweise statt.

Auf den 6. Mai ist die Anhörung der Vertreter der Landwirthschaft in Aussicht genommen und sodann auf den 8. gleichen Monats diejenige der Vertreter der Kleingewerbe.

Die Einladung an die Vertreter der Großindustrie erfolgt durch den Vorort des Schweiz. Handels- und Industrie-Vereins, welcher auch die verschiedenen Gruppen aufstellt; die Einladung an das Gewerbe und die Landwirtschaft durch das Industrie- und Landwirthschaftsdepartement.

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Nachgenannte Theilnehmer an der Sanitätsoffiziersbildungsschule II (Basel) werden zu Sanitätsoffizieren ernannt und zwar : Als O b e r l i e u t e n a n t s (Aerzte): Kühn, Job., in Neßlau.

Lüscher, Fritz, in Bern.

Meyer, Alois, in Triengen.

Kürsteiner, Walter, in St. Gallen.

Vetter, Emanuel, in Rheiuau.

Joos, Bernhard, in Schaffhausen.

Walthard, Max, in Bern.

Moor, Johann, in Bülach.

Ischer, Karl, in Bern.

Schilling, Hans, in Biel.

Viatte, Germain, in Basel.

Holinger, Jakob, in Basel.

Bruhin, Konrad, in Bern.

Sigg, Arnold, in Ossingen.

Pfotenhauer, Max, in Bern.

Rikli, August, in Wangen a/A.

Boßard, Friedrich, in Cham.

Schmid, Karl, in Basel.

Schärer, Ernst, in Bern.

Stoll, August, in Hottingen.

Schlenker, Emil, in St. Gallen.

Als L i e u t e n a n t s (Apotheker): Göldlin, Heinrich, in Basel.

Grundlehner, Hermann, in Laufenburg.

·

Die Eröffnung des regelmäßigen Betriebes auf der Schmalspurbahn Genève-Vandoeuvres wird auf den 30. April gestattet.

Die Beamten des Centralamtes der Alkoholverwaltting werden auf eine weitere Amtsperiode bestätigt.

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Wahlen.

Post- und Eisenbahndepartement.

(Vom 23. April 1891.)

Posthalter und Briefträger in Hägglingen (Aargau) : Herr Alois Wirth, Sektionschef daselbst.

Telegraphist in Serrières : Frau Marie Matthey-Boß, von Locle, in Fleurier.

(Vom 28. April 1891.)

Posthalter in Grüsch (Graubünden): Frl. Katharina Michel, von Grüsch.

Posthalter in Gerzensee (Bern) : Herr Jakob Hänni, von Gerzensee.

Posthalter in Büsserach: Frl. Marie Roth, von Büsserach.

Berichtigung.

In dem in Nr. 15 (Bd. I) hievor publizirten Bundesgesetz betreffend den schweizerischen Zolltarif soll auf Seite 1062 der Titel D. lauten: (Wolle) rein und gemischt."

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Aus den Verhandlungen des schweiz. Bundesrathes.

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29.04.1891

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