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Bundesrathsbeschluß über

die Rekursbeschwerd betreffend die Großrathswahlen vom 3. März 1889 im tessinischen Wahlkreise Chiasso.

(Vom 8. August 1891.)

Der s c h w e i z e r i s c h e B u n d e s r a t h hat

in Sachen der Rekursbeschwerden betreffend die Großrathswahlen vom 3. März 1889 im tessinischen Wahlkreise Chiasso nach dem Bericht des Justiz- und Polizeidepartements folgenden Thatta e s t a n d gefunden : A. Betreffend die Gemeinde Pedrinate.

I. Camponovo, Pietro, di Angelo, unterzeichnete eine gedruckte, vom 4. März 1889 datirte Erklärung, daß er an der Abstimmung vom 3. März erschienen sei und sich bereit erklärt habe, die Steuerrückstände zu bezahlen, jedoch mit der Entgegnung, daß es zu spät sei, zurückgewiesen worden sei; er würde für die radikalen Kandidaten gestimmt haben. Er fügte hinzu, daß er am 9. Februar aus Amerika angekommen sei.

B. Betreffend die Gemeinde Genestrerio.

II. Am 3. März 1889 schrieben Torriani, Salvatore, fu Stefano, von Rancate, und Torriani, Stefano, di Salvatore, sein Sohn,

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einen Protest gegen ihren Ausschluß von der Großrathwahl. Sie seien ausgeschlossen worden durch Dekret des Kommissärs. Sie würden für die liberalen Kandidaten gestimmt haben und legen nun ihre Stimmzettel dem Proteste bei.

Aus der zwischen der Munizipalität und dem Regierungskomtnissär über die Torriani geführten Korrespondenz ergibt sich Folgendes : Am 12. Februar 1889 schrieb die Munizipalität an den Kommissär: Der hier domizilirte Torriani, Salvatore, wurde auf sein Gesuch nicht in die Ausfertigung des Stimmregisters aufgenommen, welche wir Ihnen übersandten, weil er mit seiner Familie in seine Heimatgemeinde Rancate übersiedeln wollte ; er hat dann aber seinen Entschluß geändert und bittet nun darum, daß er und sein Sohn in unser Stimmregister aufgenommen werden. Die Munizipalität hat einstimmig beschlossen, dem zu entsprechen.

Der Kommissär schrieb am 14. Februar zurück : Das ist gesetzwidrig, Sie sind in eine Buße von 20--200 Fr. verfallen, über welche der Staatsrath bestimmen wird; Sie dürfen sie nicht einschreiben.

Die Munizipalität erwiderte am 15. Februar: Wenn wir hätten gesetzwidrig handeln wollen, würden wir Ihnen nicht schnellstens geschrieben haben; selbstverständlich gehorchen wir Ihnen ; die Folge wird sein, daß die Torriani weder in Rancata noch in Genestrerio werden stimmen können. Ihre Bußandrohung scheint uns daher schlecht angebracht zu sein. Wir bitten Sie, jedenfalls dieses Schreiben zur Kenntniß des Staatsrathes zu bringen behufs unserer Rechtfertigung.

Die Munizipalität von Rancate bezeugte, daß die beiden Torriani nicht auf ihren Registern stehen.

Der B u n d e s r ath z i e h t in E r w ä g u n g : Die Beschwerden aus diesem Wahlkreis können nicht Gegenstand einer Entscheidung des Bundesrathes werden, da sie nicht vorher vor den Staatsrath des Kantons Tessin gebracht worden sind. So sehr es zu bedauern ist, daß die beiden Torriani um ihr Stimmrecht gebracht wurden, so ist doch gegen Niemanden ein Vorwurf wegen ihres Ausschlusses zu erheben; bei den strengen Vorschriften des Gesetzes war es dem Kommissär nicht mehr gestattet, ihnen zu helfen, nachdem sie ungeschickter Weise sich nicht

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Demnach hat der Bundesrath beschlossen: 1. Auf die erhobenen Beschwerden wird nicht eingetreten.

2. Mittheilung an den Staatsrath des Kantons Tessin für sich und zu Händen der betheiligten Behörden und Bürger.

B e r n , den 8. August 1891.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Derr B u n d e s p r ä s i d e n t :

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Ringier

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Bundesrathsbeschluß über die Rekursbeschwerden betreffend die Großrathswahlen vom 3.

März 1889 im tessinischen Wahlkreise Chiasso. (Vom 8. August 1891.)

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12.08.1891

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