Bundesgesetz über die Wahrung von Demokratie, Rechtsstaat und Handlungsfähigkeit in ausserordentlichen Lagen

Entwurf

vom ...

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in den Bericht der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom 5. Februar 20101 und in die Stellungnahme des Bundesrates vom ...2, beschliesst: I Die nachstehenden Bundesgesetze werden wie folgt geändert:

1. Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 19973 Art. 7c (neu)

Verordnungen zur Wahrung der Interessen des Landes

Der Bundesrat kann, unmittelbar gestützt auf Artikel 184 Absatz 3 der Bundesverfassung, eine Verordnung erlassen, wenn die Wahrung der Interessen des Landes es erfordert.

1

Er befristet die Verordnung angemessen; ihre Geltungsdauer beträgt höchstens vier Jahre.

2

Er kann die Geltungsdauer einmal verlängern. In diesem Fall tritt die Verordnung sechs Monate nach dem Inkrafttreten ihrer Verlängerung ausser Kraft, wenn der Bundesrat bis dahin der Bundesversammlung keinen Entwurf einer gesetzlichen Grundlage für den Inhalt der Verordnung unterbreitet.

3

4

1 2 3

Die Verordnung tritt in jedem Fall ausser Kraft: a.

mit der Ablehnung des Entwurfes nach Absatz 3 durch die Bundesversammlung; oder

b.

spätestens mit Inkrafttreten der gesetzlichen Grundlage nach Absatz 3.

BBl 2010 1563 BBl 2010 ...

SR 172.010

2010-0281

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Wahrung von Demokratie, Rechtsstaat und Handlungsfähigkeit in ausserordentlichen Lagen. BG

Art. 7d (neu)

Verordnungen zur Wahrung der inneren oder äusseren Sicherheit

Der Bundesrat kann, unmittelbar gestützt auf Artikel 185 Absatz 3 der Bundesverfassung, eine Verordnung erlassen, um eingetretenen oder unmittelbar drohenden schweren Störungen der öffentlichen Ordnung oder der inneren oder äusseren Sicherheit zu begegnen.

1

2

Die Verordnung tritt ausser Kraft: a.

sechs Monaten nach ihrem Inkrafttreten, wenn der Bundesrat bis dahin der Bundesversammlung keinen Entwurf einer gesetzlichen Grundlage für den Inhalt der Verordnung unterbreitet;

b.

nach der Ablehnung des Entwurfs nach Buchstabe a durch die Bundesversammlung;

c.

wenn die gesetzliche Grundlage nach Buchstabe a in Kraft tritt.

Minderheit (Fluri, Daguet, Gross, Heim, Hodgers, Leuenberger-Genève, Moret, Müller Geri, Roth-Bernasconi, Schenker Silvia, Tschümperlin) 2

Die Verordnung tritt ausser Kraft: a.

sechs Monaten nach ihrem Inkrafttreten, wenn der Bundesrat bis dahin der Bundesversammlung keinen Entwurf unterbreitet: 1. einer gesetzlichen Grundlage für den Inhalt der Verordnung; oder 2. einer Verordnung der Bundesversammlung gemäss Artikel 173 Absatz 1 Buchstabe c der Bundesverfassung, welche die Verordnung des Bundesrates ersetzt.

b.

nach der Ablehnung des Entwurfes nach Buchstabe a durch die Bundesversammlung; oder

c.

wenn die sie ersetzende Verordnung der Bundesversammlung oder die gesetzliche Grundlage nach Buchstabe a in Kraft tritt.

Eine Verordnung der Bundesversammlung nach Absatz 2 Buchstabe a Ziffer 2 tritt spätestens drei Jahre nach ihrem Inkrafttreten ausser Kraft.

3

Art. 7e (neu)

Verfügungen zur Wahrung der Interessen des Landes oder zur Wahrung der inneren oder äusseren Sicherheit

Der Bundesrat kann, unmittelbar gestützt auf Artikel 184 Absatz 3 oder Artikel 185 Absatz 3 der Bundesverfassung, eine Verfügung erlassen:

1

a.

wenn die Wahrung der Interessen des Landes es erfordert; oder

b.

um eingetretenen oder unmittelbar drohenden schweren Störungen der öffentlichen Ordnung oder der inneren oder äusseren Sicherheit zu begegnen.

Das für die Vorbereitung der Verfügung zuständige Departement unterbreitet den Entwurf der Verfügung spätestens 48 Stunden vor dem Beschluss des Bundesrates dem zuständigen Organ der Bundesversammlung zur Konsultation. Kann diese Frist in besonders dringenden Fällen nicht eingehalten werden, so wird das zuständige

2

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Wahrung von Demokratie, Rechtsstaat und Handlungsfähigkeit in ausserordentlichen Lagen. BG

Organ der Bundesversammlung spätestens 24 Stunden nach dem Beschluss des Bundesrates informiert.

2. Parlamentsgesetz vom 13. Dezember 20024 Gliederungstitel vor Art. 55 (neu)

4a. Abschnitt (neu): Delegation für ausserordentliche Lagen Art. 55a (neu) 1

2

Die Delegation für ausserordentliche Lagen (DAL) besteht aus: a.

der Präsidentin oder dem Präsidenten und der Vizepräsidentin oder dem Vizepräsidenten der Geschäftsprüfungsdelegation; diese üben dieselben Ämter in der DAL aus;

b.

der Präsidentin oder dem Präsidenten und der Vizepräsidentin oder dem Vizepräsidenten der Finanzdelegation;

c.

den Präsidentinnen oder Präsidenten der für die Aussenpolitik zuständigen Kommissionen beider Räte.

Die Mitglieder der DAL können sich nicht vertreten lassen.

Der Bundesrat konsultiert oder informiert die DAL, wenn er Verfügungen zur Wahrung der Interessen des Landes oder zur Wahrung der inneren oder äusseren Sicherheit erlässt.

3

4

Der DAL stehen die Informationsrechte der Aufsichtsdelegationen zu.

Die DAL informiert die Finanzdelegation und die Geschäftsprüfungsdelegation, soweit die Verfügungen den Aufgabenbereich dieser Organe betreffen.

5

Sie berichtet den Räten einmal jährlich in einem Anhang zum Jahresbericht der Geschäftsprüfungskommissionen.

6

7

Sie entscheidet mit der Mehrheit ihrer stimmenden Mitglieder.

3. Finanzhaushaltgesetz vom 7. Oktober 20055 Art. 28

Dringlichkeit

Erträgt die Ausführung eines Vorhabens keinen Aufschub, so kann der Bundesrat die Ermächtigung zur Inangriffnahme oder Fortsetzung des Vorhabens schon vor der Bewilligung des erforderlichen Verpflichtungskredites erteilen. Er holt vorgängig

1

4 5

SR 171.10 SR 611.0

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die Zustimmung der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte (Finanzdelegation) ein.

Der Bundesrat unterbreitet die dringliche Verpflichtung der Bundesversammlung zur nachträglichen Genehmigung.

2

Überschreitet die dringliche Verpflichtung 500 Millionen Franken und wird für ihre nachträgliche Genehmigung innert einer Woche nach der Zustimmung der Finanzdelegation die Einberufung der Bundesversammlung zu einer ausserordentlichen Session verlangt, so findet diese in der dritten Kalenderwoche nach der Einreichung des Begehrens für die Einberufung der Session statt.

3

Minderheit (Heim, Gross, Hodgers, Leuenberger-Genève, Müller Geri, Roth-Bernasconi, Schenker Silvia, Schmidt Roberto) ..., so kann die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte (Finanzdelegation) auf Antrag des Bundesrates den erforderlichen Verpflichtungs- oder Zusatzkredit bis zu einem Betrag von 500 Millionen Franken bewilligen.

1

2

Aufgehoben

Übersteigt der Verpflichtungskredit den Betrag nach Absatz 1, so hat die Bundesversammlung zu beschliessen. Falls die Bundesversammlung nicht tagt, so verlangt der Bundesrat ihre Einberufung zu einer ausserordentlichen Session.

3

Art. 34

Dringliche Nachträge

Ertragen Aufwände oder Investitionsausgaben, für die im Voranschlag kein oder kein ausreichender Kredit bewilligt ist, keinen Aufschub, so kann sie der Bundesrat vor der Bewilligung eines Nachtragskredites durch die Bundesversammlung beschliessen. Er holt vorgängig die Zustimmung der Finanzdelegation ein.

1

Der Bundesrat unterbreitet die mit Zustimmung der Finanzdelegation beschlossenen dringlichen Aufwände und Investitionsausgaben der Bundesversammlung mit dem nächsten Nachtrag zum Voranschlag oder, wenn dies nicht mehr möglich ist, als Kreditüberschreitung mit der Staatsrechnung zur nachträglichen Genehmigung.

2

Er kann der Bundesversammlung dringliche Aufwände oder Investitionsausgaben ohne vorgängige Zustimmung der Finanzdelegation zur nachträglichen Genehmigung unterbreiten, wenn:

3

a.

eine Kreditüberschreitung beansprucht werden muss und

b.

der Betrag im Einzelfall 5 Millionen Franken nicht überschreitet.

Überschreitet der Aufwand oder die Investitionsausgabe 500 Millionen Franken und wird für die nachträgliche Genehmigung innert einer Woche nach der Zustimmung der Finanzdelegation die Einberufung der Bundesversammlung zu einer ausserordentlichen Session verlangt, so findet diese in der dritten Kalenderwoche nach der Einreichung des Begehrens für die Einberufung der Session statt.

4

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Minderheit (Heim, Gross, Hodgers, Leuenberger-Genève, Müller Geri, Roth-Bernasconi, Schenker Silvia, Schmidt Roberto) ... keinen Aufschub, so beschliesst auf Antrag des Bundesrates die Bundesversammlung oder die Finanzdelegation unverzüglich.

1

Die Bundesversammlung beschliesst, wenn der Aufwand oder die Investitionsausgabe:

2

a.

den Betrag 500 Millionen Franken übersteigt; und

b.

nicht durch einen von der Bundesversammlung bewilligten Verpflichtungskredit gedeckt ist.

2bis 3

In den übrigen Fällen beschliesst die Finanzdelegation.

Der Bundesrat kann ...

Liegt ein Fall nach Absatz 2 vor und tagt die Bundesversammlung nicht, so verlangt der Bundesrat ihre Einberufung zu einer ausserordentlichen Session.

4

II 1

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2

Die Koordinationskonferenz bestimmt das Inkrafttreten.

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