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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Verschmelzung der Telegraphenverwaltung mit der Postverwaltung und Abänderungsanträge zum Gesetzesentwurf betreffend die Organisation der Telegraphenverwaltung.

(Vom 25. Februar 1907.)

Tit.

Anlässlich der Beratung des Voranschlages für das Jahr 1904 stellten die eidgenössischen Räte unter ändern Postulaten auch das folgende: ,,2. Der Bundesrat wird eingeladen : a. zu prüfen und darüber Bericht zu erstatten, ob nicht die Verwaltungen der Post und der Telegraphen zu vereinigen seien : b. die nötigen Massnahmen zu treffen, dass neu zu errichtende Post-, Telegraphen- und Telephonbureaux regelmässig in den nämlichen Lokalen vereinigt werden, und dass nur in Ausnahmefällen eine Trennung stattfindet."

Wir glauben nachstehend beide Postulate gemeinsam beihandeln zu sollen.

I.

Mit der Frage betreffend die Verschmelzung der Telegraphenverwaltung, welche sich bald in dieser, bald in jener Form stellte, hatten sich die Bundesbehörden schon wiederholt zu befassen.

800

1. Am 20. Dezember 1863 beschloss der Ständerat auf den Antrag der ßudgetkommission : ,,Der Bundesrat wird eingeladen, über die Frage der Vereinfachung der Telegraphenverwaltung, namentlich durch Aufhebung der Kreisinspektoren, Bericht zu erstatten."

Da dieses Postulat mit dem vorliegenden in enger Beziehungsteht, so wird es von Interesse sein, die Gründe kennen zu lernen, ·welche den Ständerat veranlassten, demselben keine weitere Folge zu geben. Der bezügliche bundesrätliche Bericht vom 1. Juli 1864 (Bundesbl. 1864, II, 805) schloss nach eingehender Darlegung aller Verhältnisse dahin, dass einstweilen keine Veranlassung vorhanden sei, die fundamentale Organisation der Telegraphen Verwaltung, wie sie durch das Bundesgesetz vom 20. Dezember 1854 festgestellt worden ist, abzuändern.

Die Kommission des Ständerates erstattete über diese Frage ebenfalls einen schriftlichen Bericht, datiert vom 22. September 1864 (Bundesbl. 1864, II, 814). Sie hatte folgende Punkte einer nähern Betrachtung unterworfen : 1. Die gegenwärtige Organisation der Telegraphenverwaltung: nach dem Bundesgesetz vom 20. Dezember 1854 und die Entwicklung ihres Geschäftskreises im Verlauf von 9 Jahren.

2. Den Umfang der Aufsicht des Telegraphennetzes in technischer Beziehung.

3. Die Frage, ob diese Aufsicht, wie bisher, besondern Fachmännern zu übertragen sei, oder ob sie den Kreispostdirektoren oder den Chefs der Haupttelegraphenbureaux überbunden werden könnte.

4. Eine Vergleichung der Ausgaben, die im einen oder ander» Falle, abgesehen von der bessern oder schlechtem Aufsicht, dem.

Bunde obliegen oder ihm erwachsen würden.

Die Kommission gelangte zu folgenden Schlüssen: Ad i. Die Einrichtung hat sich als gut bewährt und wenig oder keine Klagen sind selbst bei bedeutend vermehrten Geschäften gegen die Telegraphenverwaltung erhoben worden.

Ad 2. Die Nachweise über die Entwicklung der Verwaltung und den Umfang des Aufsiehtsdienstes zeigen zur Genüge, dass, wenn 1854 bei Erlassung des Gesetzes die Kreisinspektoren notwendig gewesen, sie nunmehr bei ihrem bedeutend vermehrteo.

Geschäftskreise noch viel unentbehrlicher geworden sind.

801 Ad 3. Hier war die Kommission einmütig der Ansicht, dass keine plausiblen Gründe vorliegen, am bestehenden Gesetze zu rütteln und eine einfache, als gut bewährte Einrichtung an eine in ihren Folgen Ungewisse, jedenfalls kompliziertere und kostspieligere zu vertauschen.

. Die Funktionen der Telegrapheninspektoren sind wesentlich technischer Natur und erfordern gründliche Kenntnisse der Elektrizität und ihrer praktischen Anwendung auf die Télégraphie, welche die Kreispostdirektoren höchst wahrscheinlich nicht besitzen und von ihnen auch nie gefordert worden sind.

Ad 4. Wenn die Unterhaltung und Überwachung der Linien und Apparate den Kreispostdirektoren übertragen würde, so erhielten wir 11 Telegraphenkreise, oder 15 solche, wenn diese Funktionen den Chefs der Telegraphenbureaux überbunden würden.

Unmöglich darf man aber voraussetzen, dass die Kreispostdirektoren persönlich mit diesen Funktionen betraut werden sollten, sondern vielmehr, dass es in der Absicht läge, denselben einen speziellen Telegraphenbeamten für den fragliehen Dienst beizugeben. Die vier bestehenden Telegrapheninspektoren würden somit durch elf andere Beamte für den gleichen Dienst ersetzt, was eine beträchtliche Vermehrung der Ausgaben zur Folge hätte. Dieses wäre auch der Fall, wenn man die Funktionen der Inspektoren den Chefs der 15 Hauptbureaux übertragen wollte.

Die Kommission kam daher zum gleichen Schlüsse wie der Bundesrat und beantragte, es sei dem Antrag der Budgetkommission keine Folge zu geben. Der Ständerat erhob diesen Antrag am 22. Dezember 1864 zum Beschluss.

2. Mit Botschaft vom 26. November 1866. (Bundesbl. 1866, III, 213) legte der Bundesrat den eidgenössischen Räten einen Beschlussesentwurf vor, dahingehend: ^Es sei das finanzielle Ergebnis der Telegraphenverwaltung dem Ertrage der Postverwaltung beizufügen und nach den gesetzlichen Vorschriften über den Ertrag des Postwesens den Kantoneu in Rechnung zu bringen.11' Dieser Vorschlag wurde auf Antrag der betreffenden Kommissionen von beiden Räten abgelehnt. Da derselbe mit dem heutigen Postulat in einem gewissen Zusammenhang steht, glauben wir dem Bericht der national rätlichen Kommission (Bundesbl. 1867, I, 133) folgende Stellen entnehmen zu sollen: ,,Die Kommission Jiess sich hauptsächlich von dem Wunsche leiten, dass das so nützliche Institut der
Telegraphen sich immer mehr in einer Weise, die allen Bedürfnissen entspricht, entwickle.

Dieses grosse Unternehmen, dessen Gründung von einem liberalen und praktischen Geiste getragen war, gereichte der Schweiz zur

802 Ehre und Hess anfänglich an Freisinnigkeit alle ähnlichen Institutionen der ändern Länder hinter sich. Seither sind jedoch allseitige Fortsehritte zu Tage getreten, denen gegenüber die Schweiz nicht zurückbleiben darf. Es wollte uns nun scheinen, dass die Erreichung dieses so wünschbaren Zieles ungleich besser durch die Unabhängigkeit der Telegraphenverwaltung gefördert werden dürfte, als durch ihre Verschmelzung mit der Postverwaltung.

Einige wenige Worte mögen dies darzutun versuchen.

,,Vorausgehend einem nähern Eintreten auf diese vergleichende Abwägung musste die Kommission sich jedoch fragen, ob die Verfassung und die Bundesgesetze uns hierin ganz freies Feld lassen, oder ob dieselben eine zu befolgende Norm verzeichnen. Offenbar ist ersteres der Fall. Die Bundesverfassung sagt über die Telegraphen nichts; es waren dieselben eben im betreffenden Zeitpunkte noch wenig bekannt und in der Schweiz noch gar nicht eingeführt. Das Bundesgesetz vom 23. Dezember 1851, welches die Beförderung der telegraphischen Depeschen zu einem eidgenössischen Regal erhob, hat die Telegraphenverwaltung nicht mit der Postverwaltung verschmolzen. Auch ein Vorschlag zu dieser Verschmelzung, welcher bei Anlass der Buadesverfassungsrevision gestellt wurde, ist in Minderheit geblieben." Und ferner: ,,Die Kommission kann daher nicht finden, dass die Verschmelzung der Einnahmen der beiden Verwaltungen durch deren Gleichartigkeit geboten sei; vielmehr scheint -uns die Zweckmässigkeit einer Getrennthaltung derselben aus der Natur der Sache herzufliessen."

Der Bericht weist sodann auf notwendige Verbesserungen im Telegraphenwesen hin und schliesst: ,,Um diese Verbesserungen zu erleic.htern, ist es nach dem Dafürhalten Ihrer Kommission notwendig, die Unabhängigkeit der Telegraphenverwaltung zu wahren. So darf man sich der Hoffnung hingeben, dass sich dieselbe in liberalem Sinne fortentwickeln werde, frei von jedem ausschliesslieh flskalen Crmrakter und mit alleiniger Berücksichtigung der Interessen des Publikums."

3. Durch Postulat vom 25. Juni 1874 wurde der Bundesrat eingeladen, die Frage zu prüfen, ob nicht eine vollständige Verschmelzung des Post- und Telegraphendienstes, der Verwaltung und der Inspektionen, tunlich und im fiskalischen Interesse des Bundes sei. In Beantwortung des heute vorliegenden gleichen Postulates
könnten wir uns begnügen, auf den bezüglichen Bericht des Bundesrates vom 7. April 1875 (Bundesbl. 1875, III, 535) hinzuweisen, da die Frage dort in durchaus erschöpfender Weise behandelt ist. Wir glauben indessen, das Hauptsächlichste aus jenem Berichte hier herausheben zu sollen. Vorerst wurde auf

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das oben behandelte Postulat vom 22. Dezember 1863 hingewiesen und die im bezüglichen bundesrätlichen Bericht vom 1. Juli 1804 (Bundesbl. 1864, II, 805) gegen die Aufhebung der Kreisinspektionen angefülirtea Gründe kurz resümiert und teilweise erweitert.

Der Bericht, indem er das Postulat hinsichtlich der ändern Verwaltungsorgane ins Auge .fasst, spricht sich darüber folgendermassen aus : ,,Es sei uns jedoch gestattet, hier noch die allgemeine Bemerkung einzuschalten, dass die oft geäusserte Ansicht, die beiden Verwaltungen seien vollkommen analog, gehören ihrer Natur nach zusammen und können daher auch von den gleichen Persönlichkeiten geleitet werden, gänzlich auf Irrtum beruht. Die beiden Verwaltungen haben nichts miteinander gemein als den Zweck und auch diesen nur zu einem kleinen Teil, die Mittel zur Erreichung dieses Zweckes sind dagegen in ihrem innern Wesen vollständig voneinander verschieden und müssen daher auch in verschiedener Weise beschafft, angewendet und unterhalten werden.

In der Tat lassen sich weder zwischen den beidseitigen Beförderungsmitteln, noch zwischen den den beidseitigen Beamten obliegenden Funktionen irgendwelche Analogien herausfinden, und die Telegraphen können überhaupt nicht als Transportmittel im eigentlichen Sinne des Wortes betrachtet werden.

,,Was nun vorerst die Zentralverwaltung anbetrifft, so können wir uns wirklich nicht denken, wie eine weitergehende Verschmelzung möglich sein sollte. Wie die Generalpostdirektion in mehrere Abteilungen und Unterabteilungen (Sekretariat, Kontrolle, Kursbureau, Personalinspektion und Material bureau) zerfällt, so muss um so mehr auch für das seiner Natur nach ganz verschiedene Telegraphenwesen eine solche Abteilung bestehen und damit kommt man ziemlich genau auf die gegenwärtige Organisation zurück. Der Unterschied besteht (abgesehen etwa von den Titulaturen der Beamten) lediglich darin, dass der Telegraphenverwaltung gewisse Kompetenzen eingeräumt sind, welche ihr gestatten, die meisten laufenden Geschäfte selbständig zu behandeln, währenddem bis vor ganz kurzer Zeit die postdienstlichen Abteilungen die Erledigung aller an das Departement gelangenden Geschäfte dem Vorsteher desselben zu unterbreiten hatten. Bei der fortwährenden Zunahme derselben sah sich aber der Departementsvorstand genötigt, deren Behandlung zum guten
Teil den betreffenden Abteilungsvorständen zu überlassen und sich somit dem bei der Telegraphenverwaltung bestehenden System zu nähern. Dass nun aber mit bezug auf diesen letztern Dienstzweig, welcher sich vermöge seiner vorwiegend technischen Natur am

804 allerwenigsten dazu eignet, nicht der umgekehrte Weg eingeschlagen werden kann, bedarf wohl keines weitern Beweises.

,,Es dürfte dagegen den Anschein haben, die mit dem Telegraphenwesen zusammenhängenden Geschäfte könnten den analogen Abteilungen der Generalpostdirektion übertragen werden. Aber gerade für die wichtigsten Dienstzweige, das Linien- und Apparatenwesen, finden sieh gar keine Analogien vor, und auch die übrigen Geschäfte zeigen mehr oder weniger wesentliche Verschiedenheiten.

Abgesehen aber hiervon wäre das Resultat einer solchen Verschmelzung ein sehr zweifelhaftes. Vor allem ergäbe sich daraus keinerlei Ersparnis, denn diese Arbeiten müssen nun einmal besorgt und nach Massgabe der dafür benötigten Fähigkeiten bezahlt werden, ob nun dje damit betrauten Beamten so oder anders heissen, ob sie in diesem oder jenem Lokale arbeiten. Die dienstlichen Folgen wären dagegen ungefähr die gleichen, wie sie oben hinsichtlich der Kreisinspektionen auseinander gesetzt wurden. Das Telegraphenwesen würde entweder als blosse Nebensache behandelt oder könnte nur auf Unkosten der Postgeschäfte die nötige Berücksichtigung finden. Übrigens greifen die verschiedenen Geschäftszweige des Telegraphenwesens so mannigfach ineinander, dass eine getrennte Behandlung derselben durchaus nicht angeht; vielmehr bedarf es unbedingt einer einheitlichen Oberleitung, welche in den vorliegenden Fragen erst nach allseitiger Prüfung entscheidet."

Über die Dienstverschmelzung in den kleinern Bureaux sagt dann der Bericht: ,,Wie schon angedeutet, liegt die Vereinigung nicht immer im allgemeinen Interesse, weil sie eben sehr oft den beiden Verwaltungen in gewissen Beziehungen Schwierigkeiten bietet, namentlich bei den nur von e i n e r Person bedienten Poststellen. Da treten sich die beiden Dienstzweige zu gewissen Stunden störend in den Weg, z. B. bei Ankunft oder Abfertigung der Postsendungen, bei lebhaftem Schalterverkehr etc., wo der Beamte mit dem besten Willen nicht, vermeiden kann, entweder dringende Telegramme oder Postsendungen zu verspäten oder das Publikum am Schalter warten zu lassen. Und in dei' Regel ist es eben der Telegraphendienst, welcher darunter zu leiden hat, obschon derselbe seiner Natur nach gerade die prompteste Bedienung verlangt. Eine Privatperson dagegen, welche irgend einen Nebenberuf betreibt,
ist in der Regel jeden Augenblick zum Antworten bereit und kann nötigenfalls mit besserm Erfolge dazu angehalten werden, was die Erfahrung zur Genüge bewiesen hat. a Im Anschluss an diese Ausführungen wird der Nachweis geleistet, dass man sich einer Täuschung hingeben würde, wollte

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man von einer weitergehenden Verschmelzung der beiden Dienstzweige bei dieser Klasse von Bureaux Ersparnisse erwarten. Der Bericht fährt hierauf fort: ,,Nachdem wir nun in Vorstehendem nachgewiesen haben, dass die angeregte vollständige Verschmelzung des Post- und Telegraphendienstes weder mit bezug auf die Zentralverwaltung und die Kreisinspektioaen, noch auch hinsichtlich der eigentlichen Telegraphenbureaux irgend welche Ersparnisse, wohl aber gewichtige dienstliche Nachteile zur Folge haben müsste und überdies in vielen Fällen gar nicht durchführbar wäre, wollen wir nicht unterlassen, noch darauf hinzuweisen, dass die Einnahmen und Ausgaben der beiden, ihrer Natur nach ganz verschiedenen Verwaltungen kaum mehr genau auseinander gehalten werden könnten und somit ein richtiger Einblick in ihre Finanzlage und ihre Betriebsverhältuisse, sowie die Beurteilung der hierauf beruhenden Änderungen unmöglich gemacht würde.

,,Wenn die angeführten Gründe vor zehn Jahren stichhaltig befunden wurden, um eine ähnliche Anregung fallen zu lassen, so muss dies heute, nachdem sich die Telegraphenverwaltung in einer kaum geahnten Weise ausgedehnt hat, in noch viel höheren Masse der Fall sein."

Dem Postulat wurde dann auch keine weitere Folge gegeben.

Das schweizerische Telegraphennetz umfasste in den Jahren : Linien, Kilometer . . . .

Drähte, ,, . . . .

Apparate Bureaux

1864

1875

1905

3,321 5,48l 346 249

6,334 15,442 1,496 1,002

6,034 22,860 2,215 1,358

Dazu tritt das schweizerische Telephonnetz, das auffinde 1905 bestund aus: 16,318 km. Linien, 252,235 km. Drähte, 754 interurbanen und internationalen Verbindungen, 366 Ortsnetzen, 330 Umschaltestationen, 1,275 Umschalteapparaten in den Zentral- und Umschaltestationen, 56,092 Abonnentenstationen, 903 Gemeindestationen.

Die vorstehenden Zahlen zeigen, welche gewaltige Entwicklung die Telegraphenverwaltung seit den Sechziger- und Siebzigerjahren

806 genommen hat, d. h. seit der Zeit, wo die vorliegende Frage wiederholt aufgeworfen und geprüft wurde und scheinen uns den unwiderleglichen Beweis zu liefern, dass eine Verschmelzung dieses Dienstzweiges mit der Postverwaltung mit noch ungleich grössern Schwierigkeiten verbunden wäre, als vor 30 bis 40 Jahren. Dies um so mehr, als sowohl der technische als auch der administrative Teil des Telephonwesens weit höhere Anforderungen an die Verwaltungsorgane stellt, als dies beim Telegraphenwesen der Fall ist.

Die Telegraphenverwaltung ist übrigens eine vorwiegend technische Verwaltung, die von F a c h m ä n n e r n geleitet werden muss, wenn sie auf elektrotechnischem Gebiete nicht zurückbleiben und den Forderungen der Neuzeit gerecht werden will. Die Zentralverwaltung steht denn auch unter technischer Leitung und kann nicht der Oberaufsicht administrativer Organe unterstellt werden.

Aber auch die Vereinigung des durchaus nicht unwichtigen administrativen Teils dieser Zentral Verwaltung mit derjenigen der Postverwaltung ist nicht durchführbar. Technik und Administration greifen in der Telegraphenverwaltung so mannigfach ineinander, dass eine getrennte Behandlung der administrativen Geschäfte durchaus nicht angeht. Auch hier ist übrigens an massgebender Stelle eine gründliche Fachausbildung im Telegraphen- und Telephon · wesen erforderlich und eine einheitliche Oberleitung unbedingt notwendig, wenn in den vorliegenden Fragen ein richtiger Entscheid getroffen werden soll. Eine Personalreduktion wäre durch eine Vereinigung ohnehin nicht erzielbar.

Warum die Funktionen der Kreistelegrapheninspektionen nicht den Kreispostdirektionen übertragen werden können, ist schon im hiervor zitierten Bericht der stäoderätlichen Kommission von 1864 zum Postulat betreffend Aufhebung der Kreisinspektoren ausgeführt worden. Schon aus diesem Berichte war ersichtlich, dass die Funktionen der Kreisinspektoren ebenfalls vorwiegend technische sind, und dass den Kreispostdirektoren technische Beamte beigegeben werden müssten, wenn die Kreisin&pektionen aufgehoben würden. Diese technischen Beamten könnten aber, da dieselben qualitativ auf der Höhe der Kreisinspektoren stehen müssten, mindestens nicht niedriger besoldet werden als letztere, so dass die Aufhebung weder eine Vereinfachung noch eine Ersparnis mit sich brächte.
Die Arbeit der Kreisinspektionen ist übrigens nicht bloss durch die Einführung des Telephonwesens und der lür diese Arntsstellen daraus erwachsenden vermehrten Linienbauten und Linieninspektionen, sondern auch durch die ihnen übertragene Kontrolle der Starkstromanlagen noch erheblich vermehrt worden. Gerade diese

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Kontrolle erfordert ziemlich weitgehende elektrotechnische Kenntnisse und erhöht die Verantwortlichkeit dieser Beamten in schwerwiegender Weise, besonders da die Kontrolle sich nicht nur auf die neu entstehenden, sondern auf alle überhaupt bestehenden Starkstromanlagen zu erstrecken hat und eine kontinuierliche sein soll.

Die bereits aufgezählten Gründe, die nicht überall eine Vereinigung der kleinen Telegraphenbureaux mit dem Postdienste zuliessen, sprechen in noch erhöhtem Masse gegen eine Vereinigung des Telephondienstes mit dem Postdienste, sobald diese Dienstzweige eine gewisse Bedeutung erlangen. Das Telephon erfordert eine unausgesetzte Aufmerksamkeit und sofortige Beantwortung der Aufrute; die Gesprächsvermittlung, namentlich im interurbanen Verkehr, nimmt viel Zeit in Anspruch. Die Dienstbesorguug neben dem Postdienste muss beim besten Willen der Beamten oft zu wünschen übrig lassen, ebenso, zum Schaden der Verwaltung, die Notierung der Gespräche. Es war daher nicht zu verwundern, dass an manchen Orten Abonnenten und Behörden im Interesse einer bessern Dienstbesorgung eine Diensttrennung verlangten.

Anderwärts musste eine solche auf Verlangen der Postbeamten oder der Postverwaltung selbst vorgenommen werden. Eine Dienstvereinigung ist daher nur bei Bureaux mit unbedeutendem Verkehr tunlich, und soll auch in diesem Falle künftig, wenn die Lokal- und Personalverhältnisse es gestatten, stattfinden. Auf Ende 1905 wurden von Postbeamten bedient: a. von 1358 Telegraphenbureaux 804; 6. von 696 Telephonzentralstationen und Telephonumschaltestationen 345.

Was die Organisation der Telegraphenverwaltungen des Auslandes anbetrifft, so ist da vor allem zu bemerken, dass die Telegraphen- und Telephon Verwaltungen von Belgien, Dänemark, Schweden und Norwegen nicht mit den Postverwaltungen vereinigt und ähnlich organisiert sind, wie die schweizerische Telegraphenverwaltung. In Deutschland, wo diese Vereinigung existiert, besteht für die Angelegenheiten des Telegraphen- und Fernsprechwesens, dem Staatssekretär des Reichspostamtes untergeordnet, doch eine besondere Telegraphendirektion. Das Reichspost- und Telegraphengebiet ist in 41 Oberpostdirektionsbezirke eingeteilt.

Den Oberpostdirektoren stehen Posträte und zur Überwachung der Telegraphenanstalten Oberpostinspektoren zur Seite. Die Organisation ist also keine einfachere als in der Schweiz und auch keine billigere.

SUO

II.

Dem Postulate, dass neu zu errichtende Post-, Telegraphenund Telephoabureaux regelmässig in dea nämlichen Lokalen zu vereinigen seien und dass nur in Ausnahmefällen eine Trennung stattfinde, wird schon jetzt insofern Rechnung getragen, als die Lokalfragen von den Post- und Telegraphenverwaltungen gemeinschaftlich behandelt und neu zu errichtende Telegraphen- und Telephonbureaux, wenn immer tunlich, mit den Poslbureaux vereinigt werden. Wir haben aber bereits auseinandergesetzt, dass eine Diensttrennung nicht zu umgehen ist, wenn der Telegraphenoder Telephon verkehr oder der Verkehr beider Dienste zugleich eine gewisse Bedeutung erlangt hat. Hin und wieder kann es auch vorkommen, dass die Postiokale zu enge geworden sind und passende grössere nicht gleich zur Verfügung stehen, in welchem Falle die Telegraphenverwaltung für eigene Lokale und für eine Neubesetzung der Stelle zu sorgen hat. Wenn übrigens Post und Telegraph im gleichen Gebäude, wenn auch nicht im gleichen Lokale untergebracht bleiben könnten, so wäre wohl erreicht, was vom Publikum gewünscht wird. Aber auch in diesem Sinne wird eine Vereinigung nicht ausnahmslos möglich sein. Gleichwohl wird der Bundesrat dem Postulat grundsätzlich Nachachtung zu geben suchen, in der Meinung, dass das Departement zu entscheiden habe, wo Ausnahmsfälle vorliegen.

Von 1358 Telegraphenbureaux befinden sich übrigens jetzt schon 955 im gleichen Gebäude, in dem die Post untergebracht ist.

Aus dem Vorstehenden geht schliesslich hervor, dass eine Verschmelzung der Post- und der Telegraphenverwaltung in keiner Richtung zu empfehlen ist. Der Bundesrat findet daher, es liege keine Veranlassung vor, um die Grundlage der jetzigen, seit mehr als einem halben Jahrhundert bewährten Organisation aufzugeben und beantragt Ablehnung des Postulates, sowie die Wiederaufnahme der Beratung des Gesetzes über die Reorganisation der Telegraphenvervraltung, zu welchem hiernach noch einige Abänderungsanträge gestellt werden.

m.

Der Gesetzesentwurf betreffend die O r g a n i s a t i o n der T e l e g r a p h e n - u n d T e l e p h o n v e r w a l t u n g ist vom Ständerate unterm 10. April 1902 und vom Nationalrate am 3. November 1903 angenommen worden. Es besteht indes zwischen den beiden Räten noch insofern eine Differenz, als der Nationalrat die Zahl der Kreisdirektionen von 11 (Antrag des Bundesrates") beziehungs-

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weise 12 (nach Beschluss des Ständerates) auf die Zahl der bisherigen Kreisinspektioneu, d. h. auf 6, reduzierte.

Der Gesetzesentwurf rnuss demnach, dieser einen Differenz wegen, vom Ständerate und eventuell auch vom Nationalrate nochmals in Beratung gezogen werden.

Diesen Anlass nun möchten wir benutzen, um der hohen Bundesversammlung hiermit einige Abänderungsanträge in bezug auf die Organisation der Z e n t r a l v e r w a l t u n g , sowie der K r e i s e zu unterbreiten.

Bei der Zentralverwaltung haben wir den Titel Obertelegraphendirektor durch ,,Telegraphendirektortt ersetzt, weil in den Kreisen der Titel ,,Direktor" ebenfalls durch den eingelebten Titel ,,Inspektor11 ersetzt wurde.

Die Abänderungsanträge betreffend die Zentral Verwaltung beziehen sich im übrigen lediglich auf die Abschnitte flB. T e c h n i s c h e A b t e i l u n g " 1 u n d ^C. I n s p e k t o r a t " .

Der Gesetzesentwurf, so wie er aus den Beratungen der eidgenössischen Räte hervorgegangen ist, sieht nämlich bei der ,,Technischen Abteilung11 an Sektionen vor: 1. Linienbau und Stationseinrichtungen; 2. liabelanlagen ; 3. Materialverwaltung.

Wir sind nun der Überzeugung, dass es weit zweckmässiger wäre, d e n L i u i e n b a u u n d d i e K a b e l a n l a g e n , statt Linienbau und Stationseinrichtung (vide I) in e i n e Sektion zu vereinigen. Linienbau und Kabelanlagen greifen unmittelbar ineinander, das eine dient zur Fortsetzung des andern und beides zusammen bildet ein Ganzes : die Linie. Die Teilung von Linienbau und Kabelanlagen in zwei Sektionen würde sich voraussichtlich bald als wenig rationell erweisen.

Anders dagegen verhält es sich mit den S t a t i o n s e i n r i c h t u n g e n .

Diese erfolgen unabhängig vom Bau der ober- uod unterirdischen Linien, sie sind auch ihrer Natur nach von letzterem wesentlich verschieden und bilden weit eher ein Ganzes für sich. Zudem erwächst der Verwaltung aus der Installation und dem Unterhalt der Stationen, namentlich der Zentralstationen, schon jetzt eine bedeutende Arbeit, die mit dem anhaltend starken Abonnentenzuwachs noch von Jahr zu Jahr zunimmt. Vergrösserungen und gänzlicher Umbau von Zentralen, worunter auch der grössten, werden bald da bald dort zur zwingenden Notwendigkeit. Dass hierbei aber möglichst vorsichtig zu Werk gegangen werden inuss, Bmidesblatt. 59. Jahrg. Bd. I.

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SiÜ

liegt auf der Hand; es müssen eingehende Vorstudien, zeitraubende, umfangreiche Vorarbeiten gemacht werden, sollen diese ia der Regel sehr kostspieligen Einrichtungen den gesteigerten Anforderungen entsprechen und die Fortschritte auf elektrotechnischem Gebiet nutzbringende Anwendung finden. Wir halte!) die Bildung einer b e s o n d e r e n Sektion ,, S t a t i o n s e i n r i c h t u n g e n a daher für sehr wünschbar.

Im fernem wird sich die Schaffung einer Sektion ,, B u r e a u für elektrotechnische Versuche und Materialprüf u n g e n " empfehlen. Dieser Sektion würden alle Versuche übertragen, welche die Ermittlung der Leistungsfähigkeit der Drähte, Kabel, Batterien und Apparate erfordern. Sie hätte ferner die Zweckmässigkeit der Anwendung neuer elektrotechnischer Stundungen auf unseru Betrieb zu prüfen. Es sind dies verantwortungsvolle Aufgaben, die unabhängig von andern Arbeiten gelöst werden müssen.

' Was sodann das im Gesetzesentwurf als besondere A b t e i l u n g (C) vorgesehene I n s p e k t o r a t anbetrifft, dem gernäss Beschluss der eidgenössischen Räte auch die Starkstromkontrolle zugeteilt wurde, so dürfte es sich unseres Erachtens empfehlen, dasselbe der T e c h n i s c h e n A b t e i l u n g einzuverleiben, immerhin aber als b e s o n d e r e S e k t i o n (4). Es wird diese Massnahrne am ehesten geeignet sein, einem sich schon jetzt mitunter geltend machenden schädlichen Dualismus zu begegnen. Die Wünschbarkeit dieser Anordnung ergibt sieh übrigens schon aus dem Umstände, dass Inspektion und Kontrolle über Linienbau und Stationseinrichtungen die Hauptaufgabe des Inspektorates bilden.

Eine nennenswerte Mehrausgabe gegenüber der im Entwurf vorgesehenen wird der Verwaltung aus diesen vorgeschlageneu Änderungen nicht erwachsen, da die Erhöhung des gegenwärtigen Personalbestandes, wie bisher, nur sukzessive und nach Massgabe des Bedürfnisses stattfinden wird, wohl aber darf von ihnen ein wohltätiger Einfluss auf die Organisation und deren Wirksamkeit erwartet werden.

Gegenüber dem Entwurfe des Bundesrates vom 20. Juni 1899 zum Bundesgesetz über die Orgaoisation der Telegraphenverwaltung, der deren Gebiet in 11 Kreise einteilt, sehen die Beschlüsse des Ständerates vom 10. April 1902, 12 und die Beschlüsse des Nationalrates vom 3. November 1903, 6 Kreise vor.

Wir weisen auf die
auf Seite 16 unserer Botschaft betreffend die Reorganisation der Telegrapheuverwaltung vom 20. Juni 1899 enthaltenen Ausführungen hin, mit denen wir begründeten, dass die Grenzen der Telegraphenkreise mit denen der Postkreise

811 zusammenfallen sollten. Wir bestätigen diese Ausführungen und beantragen für den Artikel 12 des bereits erwähnten Gesetzesentwurfes die in unseren nachstehenden Abänderungsanträgen angegebene neue Fassung.

Wir beziehen uns ferner auf die bundesrätliche Botschaft vom 20. Juni 1899, Seite 11, wenn wir erwähnen, dass unseres Braehtens den Telephonchefs I. Klasse und, soweit möglich und angezeigt, auch denjenigen II. Klasse neben den ihnen zur Zeit schon obliegenden Aufgaben auch der Bau und Unterhalt aller auf ihrem Gebiet verlaufenden Telephon- und Telegraphenlinien, s o w i e di e E i n r i c h t u n g u n d die I n s t a n d h a l t un g all er in B e t r a c h t f a l l e n d e n T e l e g r a p h e n b u r e a u x IIÎ. K l a s s e übertragen werden sollten. Damit soll bezweckt werden, dass Telegraphen- und Telephonlinien, sowie überhaupt alle Einrichtungen möglichst uniform erstellt werden, Doppelspurigkeit vermieden wird und die Kosten nach Möglichkeit reduziert werden.

Dem Art. 14 haben wir, in Ergänzung unseres Gesetzesentwurfes vom 20. Juni 1899 und in Abänderung der von den eidgenössischen Räten getroffenen Beschlüsse noch zwei Zusätze beigefügt, welche die möglichst tunliche Vereinigung der Telegraphen- und Telephonbureaux III. Klasse mit den Poststellen verfolgen und dem eingangs erwähnten Postulat b Rechnung tragen.

Zum gleichen Zwecke erhält auch der Art. 17 des nationalrätlichen Beschlusses vom 3. November 1903 einen neuen Zusatz, der den Postvorschriften betreffend die Beziehungen der Post zum Telegraphen und zum Telephon, vom 1. Mai 1899, entnommen ist.

Wir beehren uns, Ihnen in der Anlage die den neuen Anträgen entsprechend abgeänderte Redaktion der in Betracht fallenden Artikel des Gesetzesentwurfes zu unterbreiten.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 25. Februar 1907.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Müller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Verschmelzung der Telegraphenverwaltung mit der Postverwaltung und Abänderungsanträge zum Gesetzesentwurf betreffend die Organisation der Telegraphenverwaltung. (Vom 25.

Februar 1907.)

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