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Schweizerisches Bundesblatt.

59. Jahrgang. IV.

Nr. 28.

29. Juni 1907.

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Druck und, Expedition der BucUdruckerei Stämpflt & de. in Bern.

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Bundesgesetz betreffend

die Erfindungspatente vom 21. Juni 1907.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, in Anwendung des Art. 64 der Bundesverfassung; nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 17. Juli 1906, beschliesst:

I. Allgemeine Bestimmungen.

Art. 1. Für neue gewerblich verwertbare Erfindungen werden Erfindungspatente erteilt.

Diese sind entweder Hauptpatente oder Zusatzpatente.

Art. 2. Von der Patentierung sind ausgeschlossen : 1. Erfindungen, deren Verwertung den Gesetzen oder den guten Sitten zuwiderlaufen würde ; 2. Erfindungen von chemischen Stoffen, sowie Erfindungen von Verfahren zur Herstellung solcher chemischer Stoffe, welche hauptsächlich zur Ernährung von Menschen oder Tieren bestimmt sind ; Bundesblatt. 59. Jahrg. Bd. IV.

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3. Erfindungen von auf anderem als chemischem Wege hergestellten Arzneimitteln, Nahrungsmitteln und Getränken für Menschen oder Tiere, sowie Erfindungen 1 von Verfahren zur Herstellung solcher Erzeugnisse : 4. Erfindungen von Erzeugnissen, welche durch Anwendung nicht rein mechanischer Verfahren zur Veredlung von rohen oder verarbeiteten Textilfasern jeder Art erhalten werden, sowie von derartigen Veredlungsverfahren, soweit als diese Erfindungen für die Textilindustrie in Betracht kommen.

Art. 3. Die Patente werden ohne Gewährleistung des Vorhandenseins, des Wertes oder der Neuheit der Erfindung erteilt.

Art. 4.. Eine Erfindung gilt nicht als neu, wenn sie vor der Patentanmeldung im Inland schon derart offenkundig geworden, oder durch veröffentlichte, im Inland vorhandene Schrift- oder Bildwerke so dargelegt worden ist, dass die Ausführung durch Fachleute möglich ist.

Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über die Anmeldung von Erfindungen im Ausland (Art. 36) und dea Ausstellungsschut/ (Art. 37).

Art. 5. Für jede Erfindung, deren Patentierung nachgesucht wird, ist ein Patentanspruch aufzustellen, welcher die Erfindung durch diejenigen Begriffe definiert, die der Patentbewerber zur Bestimmung des Gegenstandes des Patentes als erforderlich und als ausreichend erachtet.

Dieser Patentanspruch ist massgebend für die Neuheit der Erfindung und den sachlichen Geltungsbereich des Patentes.

Zur Auslegung des Patentanspruches kann die Beschreibung der Erfindung (Art. 26) herangezogen werden.

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Zur Ergänzung der im Patentanspruch gegebenen Definition der Erfindung dürfen Unteransprüche aufgestellt werden.

Art. 6. Ein Patent darf nicht mehrere Erfindungen umfassen.

Insbesondere dürfen Patente für Erfindungen von Verfahren zur Herstellung chemischer Stoffe je nur ein Verfahren zürn Gegenstand haben, das unter Verwendung ganz bestimmter Ausgangsstoffe zu einem einzigen Endstoff führt.

Art. 7. Das Patent hat die Wirkung, dass der Patentinhaber ausschliesslich zur gewerbsmässigen Ausführung; der Erfindung berechtigt ist.

Betrifft die Erfindung ein Erzeugnis, so ist der Patentinhaber ausschliesslich berechtigt, dasselbe zu verkaufen, feilzuhalten, in Verkehr zu bringen oder gewerbsmässig zu gebrauchen. Diese Wirkung erstreckt sich auch auf die unmittelbaren Erzeugnisse eines patentierten Verfahrens.

Wenn die Erfindung ein Verfahren zur Herstellung eines neuen chemischen Stoffes zum Gegenstande hat, so gilt bis zum Beweise des Gegenteiles jeder Stoff von gleicher Beschaffenheit als nach dem patentierten Verfahren hergestellt.

Art. 8. Die Wirkung des Patentes tritt gegen denjenigen nicht ein, welcher bereits zur Zeit der Patentanmeldung im guten Glauben die Erfindung im Inland gewerbsmässig benützt oder besondere Veranstaltungen zu solcher.

Benutzung getroffen hat. Er ist befugt, die Erfindung zu seinen Geschäftszwecken auszunützen ; diese Befugnis kann er nur zusammen mit seinem Geschäft auf andere übertragen.

Auf Einrichtungen an Fahrzeugen, welche nur vorübergehend in das Inland gelangen, erstreckt sich die Wirkung des Patentes nicht.

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Art. 9. Das Patent ist übertragbar und vererblich.

Es kann zum Gegenstand einer Lizenz gemacht werden, die einen Dritten zur Benützung der Erfindung ermächtigt.

Ist das Patent Eigentum mehrerer, so kann jeder Miteigentümer nur mit Einwilligung der ändern Lizenzen erteilen und die durch das Patent verliehenen Befugnisse ausüben ; jeder kann aber selbständig Klage wegen Patentverletzung erheben und über seinen Anteil verfügen.

Zur Übertragung eines Patentes bedarf es des Eintrags im Patentregister nicht ; jedoch gilt gegenüber gutgläubigen Dritten als berechtigt, wer im Patentregister als Patentinhaber eingetragen ist. Gutgläubigen Dritten gegenüber sind Lizenzerteilungen nur wirksam, wenn sie im Patentregister eingetragen sind.

Art. 10. Die längste Dauer der Hauptpatente beträgt, Vom Tage der Patentanmeldung hinweg, fünfzehn Jahre; für chemische Verfahren zur Herstellung von Arzneimitteln ist sie auf zehn Jahre beschränkt.

Art. 11. Für jedes Hauptpatent ist bei der Anmeldung eine Hinterlegungsgebühr von 20 Franken, sowie alljährlich zum voraus eine .Jahresgebühr zu entrichten, und zwar : für das erste Jahr 20 Franken, für das zweite Jahr 30 Franken, für das dritte Jahr 40 Franken und so weiter bis zum fünzehnten Jahre, für welches die Gebühr 160 Franken beträgt.

Art. 12. Die Jahresgebühren werden je am Jahrestage der Patentanmeldung fällig und sind binnen drei Monaten seit der Fälligkeit zu entrichten.

Wird ein Hauptpatent erst nach dem Jahrestage der Patentanmeldung in das Patentregister eingetragen, so kann

501 die inzwischen fällig gewordene Jahresgebühr noch drei Monate vom amtlichen Datum der Eintragung hinweg entrichtet werden.

Es können mehrere Jahresgebühren zum voraus entrichtet werden. Falls das Patent vor Ablauf der Zeit, für welche bezahlt worden ist, nichtig erklärt wird oder erlischt, so werden die noch nicht verfallenen Jahresgebühren zurückvergütet.

Art. 13. Unbemittelten im Inland wohnenden Patentbewerbern kann für die drei ersten Jahresgebühren Stundung bis zum Beginn des vierten Patentjahres gewährt werden. Bleibt -das Patent nicht länger als drei Jahre bestehen, so werden die rückständigen Jahresgebühren nicht eingefordert.

Art. 14. Der Inhaber eines Hauptpatentes kann für eine Erfindung, die eine Verbesserung oder sonstige weitere Ausbildung der patentierten Erfindung zum Gegenstand hat, ein Zusatzpatent erwirken, für welches, unter Wegfall der Jahresgebühren, nur eine Hinterlegungsgebühr von zwanzig Franken zu entrichten ist.

Ebenso kann der Inhaber eines Hauptpatentes für die Herstellung eines chemischen Stoffes ein Zusatzpatent für eine Erfindung erhalten, nach welcher im Verfahren des Hauptpatentes die Ausgangsstoffe durch Äquivalente ersetzt sind, sofern der Endstoff des zweiten Verfahrens in seiner Verwendbarkeit dem Endstoff des ersten ähnlich ist.

Das Zusatzpatent folgt von Rechts wegen dem Hauptpatent, unter Vorbehalt der Bestimmungen über die Abtretungsklage (Art. 20) und die Umwandlung der Zusatzpatente (Art. 21).

Art. 15. Zusatzpatente können jederzeit in Hauptpatente umgewandelt werden. Wenn einem Hauptpatente mehrere

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Zusatzpatente beigegeben sind und eines derselbe« in ein Hauptpatent umgewandelt wird, so können ihm die ändern Zusatzpatente oder einzelne derselben beigeordnet werden, sofern sie nach ihrem Gegenstand den für die Neuerteilung von Zusatzpatenten geltenden Bedingungen genügen ; es können diesem Hauptpatente auch neue Zusatzpatente beigeordnet werden. Keines dieser Patente kann länger dauern als bis zum Ablauf von fünfzehn Jahren vom Tage der Anmeldung des ersten Hauptpatentes hinweg.

Für die Umwandlung eines Zusatzpatentes in ein Hauptpatent ist eine Gebühr im Betrage der letzten vor dem Datum des Vollzuges der Umwandlung fallig gewordenen Jahresgebühr des ersten Hauptpatentes zu entrichten. Die Jahresgebühren für das aus der Umwandlung hervorgegangene Hauptpatent werden je am Jahrestage der Anmeldung des ersten Hauptpatentes fällig, und ihr Betrag berechnet sich auf Grund des Art. 11 nach Massgabe der seit der Anmeldung des ersten Hauptpatentes verflossenen Zeit.

Art. 16. Das Patent ist durch den Richter als nichtig zu erklären : 1. wenn keine Erfindung vorhanden ist; 2. wenn der Patentnehmer weder als Urheber der Erfindung noch als dessen Rechtsnachfolger anzusehen ist, noch aus ändern Rechtsgründen Anspruch auf die Erteilung des Patentes hatte; 3. wenn die Erfindung nicht gewerblich verwertbar ist; 4. wenn die Erfindung nicht neu ist; 5. wenn die Erfindung Gegenstand eines ändern, auf Grund einer frühern Anmeldung erteilten gültigen Patentes ist; vorbehalten bleiben die Bestimmungen der Art. 36 und 37:

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·8. wenn die Erfindung gemäss Art. 2 von der Patentierung ausgeschlossen ist ; 7. wenn die Erfindung durch die Beschreibung (Art. 26) nicht dergestalt dargelegt ist, dass danach ihre Ausführung durch Fachleute möglich ist; 8. wenn der Patentanspruch, selbst unter Beiziehung der Beschreibung, keine klare Definition der Erfindung ergibt.

Trifft ein Nichtigkeitsgrund nur für einen Teil der patentierten Erfindung zu, so wird das Patent unter Wahrung der Einheit der Erfindung entsprechend beschränkt.

Die Nichtigkeitsklage steht jedermann zu, der ein Interesse nachweist.

Art. 17. Das Patent erlischt, wenn der Inhaber in schriftlicher Eingabe an das eidgenössische Amt für geistiges Eigentum darauf verzichtet oder wenn die Jahresgebühr nicht binnen drei Monaten seit der Fälligkeit bezahlt worden ist.

Art. 18. Nach Ablauf des dritten Patentjahres kann jedermann, der ein Interesse nachweist, beim Gerichte die Klage auf Löschung des Patentes stellen, falls die Erfindung bis zur Anhebung der Klage im Inlande nicht in angemessener Weise ausgeführt wird lind der Patentinhaber dies nicht durch ausreichende Gründe rechtfertigt.

Der Bundesrat kann die Bestimmung, dass die Ausführung der Erfindung im Inland stattfinden muss, gegenüber Staaten, die Gegenrecht gewähren, ausser Kraft setzen.

Art. 19. Der Patentinhaber kann auf das Patent unter Wahrung der Einheit der Erfindung teilweise verzichten.

Der teilweise Verzicht ist unzulässig bei Patenten die nur einen Patentanspruch und keine Unteranspruehe auf-

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weisen ; bei anderen Patenten wird er ausgeübt durch die Aufhebung von Patentansprüchen oder Unteransprüchen oder durch Zusammenlegen eines Patentanspruches mit einem oder mehreren Unteransprüchen zu einem neuen Patentanspruch oder endlich durch Zusammenlegen mehrerer Unteranspritehe zu einem neuen Unteranspruch.

Art. 20. Ist das Patent einem Bewerber erteilt worden, der weder der Urheber der Erfindung noch dessen Rechtsnachfolger war, noch aus ändern Rechtsgründen Anspruch auf die Erteilung des Patentes hatte, so kann der Verletzte statt der Nichtigkeitserklärung die Abtretung des Patentes verlangen. Besitzt der Beklagte neben einem Hauptpatente Zusatzpatente und vermag der Kläger den Anspruch auf die Abtretung aller Patente nicht zu begründen, so kann das Gericht Zusatzpatente auch ohne das Hauptpatent der einen oder der ändern Partei zusprechen.

Die inzwischen erteilten Lizenzen fallen dahin. Gutgläubige Lizenznehmer, sowie gutgläubige Erwerber des Patentes haben jedoch, vorausgesetzt, dass sie bereits Veranstaltungen zur gewerbsmässigen Benutzung des Patentes getroffen haben, Anspruch auf Erteilung einer Lizenz gegen angemessene Entschädigung.

Die Klage auf Abtretung kann nach Ablauf von drei Jahren vom Tage der Patentanmeldung hinweg nicht mehr angestrengt werden.

Art. 21. Das Zusatzpatent erlischt mit dem Hauptpatent, zu welchem es gehört.

Wenn das Hauptpatent nichtig erklärt oder, sei es durch Urteil, sei es durch teilweisen Verzicht, derartig beschränkt wird, dass die Zusatzpatente nicht mehr erteilt werden könnten, so muss innert einer Frist von drei Monaten von der Rechtskraft des Urteils oder von der Ver-

505 zichtserklärung hinweg die Umwandlung der Zusatzpatente in Hauptpatente mit oder ohne beigeordnete Zusatzpatentebeim eidgenössischen Amte für geistiges Eigentum angemeldet werden, ansonst die Zusatzpatente zu löschen sind.

Gleiches gilt für den Fall, dass im Abtretungsprozesa dem Kläger oder dem Beklagten Zusatzpatente ohne das Hauptpatent zugesprochen werden.

Art. 22. Der Inhaber eines Patentes für eine Erfindung, welche ohne Benutzung der Erfindung eines älteren Patentes nicht verwertet werden kann und im Verhältnis zu derselben oder an und für sich einen namhaften technischen Fortschritt aufweist, ist berechtigt, vom Inhaber des altern Patentes nach dem dritten Jahre seines Bestehens eine Lizenz in dem für die Verwertung seiner Erfindung erforderlichen Umfange zu verlangen.

Wenn das zweite Patent eine Erfindung zum Gegenstände hat, die dem gleichen wirtschaftlichen Bedürfnisse dient wie die erstpatentierte, so kann der Inhaber des ersten Patentes die Erteilung der Lizenz an die Bedingung knüpfen, dass ihm der Inhaber des zweiten Patentes eineLizenz zur Benutzung seiner Erfindung erteile.

Für die Erteilung der Lizenz ist eine angemessene Entschädigung zu leisten. Im Streitfalle entscheidet das Bundesgericht über die Erteilung der Lizenz und setzt ihre Dauer sowie die zu leistende Entschädigung fest.

Art. 23. Wenn das öffentliche Interesse es erheischt, kann die Bundesversammlung die Zurücknahme oder die Enteignung eines Patentes gegen eine Entschädigung aussprechen, deren Höhe im Streitfalle vom Bundesgericht bestimmt wird.

506 Art. 24. Wer in der Schweiz keinen festen Wohnsitz ·hat, kann auf die Erteilung eines Patentes und auf die Rechte aus demselben nur dann Anspruch erheben, wenn er einen in der Schweiz niedergelassenen Vertreter bestellt hat. Der letztere ist zur Vertretung in dem nach Massgabe dieses Gesetzes stattfindenden Verfahren, sowie in den das Patent betreffenden Rechtsstreitigkeiten befugt.

Vorbehalten bleiben die Bestimmungen der Kantone über berufsmässige ProzessVertretung.

Für die in solchen Rechtsstreitigkeiten gegen den Patentinhaber anzustellenden Klagen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Vertreter seinen Wohnsitz hat; in Ermangelung eines solchen das Gericht, in dessen Bezirk das eidgenössische Amt für geistiges Eigentum seinen Sitz hat.

II. Anmeldung und Erteilung der Patente.

Art. 25. Die Anmeldung zur Patentierung einer Erfindung erfolgt beim eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum durch Einreichung eines Patentgesuches. Gleichzeitig ist dem Amte der Betrag der Hinterlegungsgebiihr und der ersten Jahresgebühr 'zu übermitteln.

Art. 26. Das Patentgesuch besteht aus einem Antrag auf Erteilung des Patentes und einer Beschreibung der Erfindung ; zur Beschreibung gehört auch die zu ihrem Verständnis nötige Zeichnung. Der Beschreibung ist ein Paten t-anspruch beizufügen.

Durch die Beschreibung ist die Erfindung dergestalt darzulegen, dass ihre Ausführung durch Fachleute möglich ist.

Bildet neben einem Verfahren auch ein Ausführungsmittel besonderer Art (Einrichtung, Maschine, Werkzeug

507 oder dgl.) den Gegenstand der Erfindung, so kann aussar dem Patentanspruch für das Verfahren auch ein Patentanspruch für jenes Ausführungsmittel aufgestellt werden.

Ist die Herstellung eines neuen Erzeugnisses Gegenstand der Erfindung, so kann je ein Patentanspruch für das Verfahren und für das Erzeugnis oder auch nur ein einziger Patentanspruch für das eine oder das andere aufgestellt werden. Ist aber das neue Erzeugnis ein chemischer Stoff, so ist nur ein Patentanspruch für das Verfahren zulässig. Dieser muss auch die Kennzeichnung des Stoffes enthalten.

Neben den Patentansprüchen können auch Unteransprüche aufgestellt werden.

Betrifft das nachgesuchte Patent die Herstellung eines neuen chemischen Stoffes, so ist eine Probe dieses letzteren zu hinterlegen ; überdies können Proben der Ausgangsstoffe hinterlegt werden.

Auch in ändern Fällen, wo die stoffliche Zusammensetzung des Erzeugnisses in Betracht kommt, können Proben dieses letzteren oder des Ausgangsmaterials hinterlegt werden.

Überdies kann der Bundesrat gestatten, auch Erzeugnisse, bei welchen es auf die stoffliche Zusammensetzung nicht ankommt, als Belegstücke für die Erfindungen bestimmter Industrien zu hinterlegen.

Art. 27. Das eidgenössische Amt für geistiges Eigentum soll Patentgesuche, welche ausschliesslich Erfindungen betreffen, die nicht gewerblich verwertbar oder die durch Art. 2 von der Patentierung ausgeschlossen sind, ohne weiteres zurückweisen.

Patentgesuche, welche den in Art. 6, 14 oder 26 dieses Gesetzes oder in der Vollziehungsverordnung enthaltenen Bestimmungen nicht entsprechen, müssen auf Ver-

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anlassung des Amtes innert angemessener Frist geordnet werden, ansonst sie zurückgewiesen werden.

Die Zurückweisung eines Patentgesuches ist zu begründen.

Wenn das Amt findet, dass eine Erfindung nicht neu ist, so soll es den Patentbewerber darauf aufmerksam machen ; es bleibt diesem letztern überlassen, ob er seine Anmeldung aufrecht erhalten, abändern oder zurückziehen will.

Im Falle der Zurückweisung oder der Zurückziehung eines Patentgesuches verfällt die Hinterlegungsgebühr dem Amte.

Art. 28. Gegen die Zurückweisung von Patentgesuchen kann innert zwei Monaten an das dem Amte vorstehende Departement des Bundesrates rekurriert werden, welches, nötigenfalls nach Anhörung von Sachverständigen, endgültig entscheidet.

Art. 29. Durch die Umwandlung eines Hauptpatentgesuches in ein Zusatzpatentgesuch oder eines Zusatzpatentgesuches in ein Hauptpatentgesuch wird keine Änderung des Datums der ursprünglichen Patentanmeldung bedingt.

Patentgesuche, welche aus der Teilung eines früheren, mehrere Erfindungen umfassenden Patentgesuches hervorgeben, erhalten als Anmeldungsdatum dasjenige des ursprünglichen Patentgesuches, wenn dieses zur Zeit der Einreichung jener Patentgesuche noch nicht erledigt ist; andernfalls gilt das Datum ihrer Einreichung als Anmeldungsdatum.

Im Zeitraum zwischen der Anmeldung und der Eintragung des Patentes kann der Gesuchsteller beantragen* das ursprüngliche Anmeldungsdatum durch ein beliebiges späteres, dem Tage der Antragstellung jedoch nicht nachgehendes Datum zu ersetzen.

509 Wenn der Patentbewerber vor der Eintragung des Patentes Änderungen des Patentanspruchs oder der Unteransprüche verlangt, für welche in der ursprünglichen Beschreibung keine Anhaltspunkte vorliegen, so gilt als Datum der Anmeldung der Tag, an welchem die Änderungen selbst oder Anhaltspunkte dafür dem eidgenössischen Amte für geistiges Eigentum mitgeteilt worden sind. Eine Änderung der Benennung des Erfindungsgegenstandes in ausdehnendem oder beschränkendem Sinne bewirkt jedoch die Verschiebung des Datums der Anmeldung nicht ; ebenso nicht die im Zeitraum zwischen der Anmeldung und der Eintragung des Patentes erfolgte Übertragung des Rechtes an der Erfindung.

Wird das ursprüngliche Anmeldungsdatum durch ein späteres ersetzt, so verliert das ursprüngliche jede gesetzliche Wirkung.

Art. 30. Das Patentregister enthält: die Benennung des Gegenstandes der Erfindung (Titel des Patentes), den Namen und Wohnort des Patentinhabers und seines Vertreters, das Datum der Patentanmeldung, sowie alle Änderungen, welche sich auf den Bestand des Patentes oder auf das Recht an demselben beziehen.

Rechtskräftige Urteile, welche solche Änderungen betreffen, sind dem Amte durch die Gerichte in Abschrift zuzustellen.

Art. 31. Nach der Eintragung der Patente in das Register veröffentlicht das eidgenössische Amt für geistiges Eigentum unverzüglich die Titel und Ordnungsnummern der Patente, sowie Namen und Wohnort der Patentinhaber und ihrer Vertreter.

Das Amt veröffentlicht ebenfalls die Löschung deiPatente und die Änderungen im Rechte an denselben. .

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Ausserdem gibt das Amt zu massigem Preis gedruckte Patentschriften heraus, welche die Beschreibungen der Erfindungen mit Binschluss der dazu gehörenden Zeichnungen und die Patentansprüche und Unteransprüche genau wiedergeben.

Der Patentbewerber kann verlangen, dass die sein Patent betreffende Patentschrift nicht vor Ablauf eines Jahres, vom Tage der Patentanmeldung hinweg, veröffentlicht werde.

Art. 32. Sobald die Patentschrift zur Herausgabe bereit ist, stellt das eidgenössische Amt für geistiges Eigentum au Händen des Berechtigten eine Patenturkunde aus.

Diese besteht aus einem Attest, welches die Erfüllung der gesetzlichen Bedingungen für die Erlangung des Patentes beurkundet, und aus einem beigehefteten Exemplar der Patentschrift.

Art. 33. Das eidgenössische Amt für geistiges Eigentum verwahrt zu Händen der Gerichte die Patentakten in Original oder Abschrift, sowie die Belegstücke und Proben, bis nach Ablauf von vier Jahren nach der Löschung des Patentes.

Art. 34. Erzeugnisse, welche den Gegenstand einer patentierten Erfindung bilden, oder unmittelbare Erzeugnisse eines patentierten Verfahrens können mit einem Patentzeichen versehen werden, welches aus dem eidgenössischen Kreuz und der Nummer des betreffenden Patentes besteht.

Das Patentzeichen kann auch auf der Verpackung angebracht werden.

Art. 35. Der Patentinhaber kann von den Vorbenutzern und Lizenzträgern verlangen, dass sie das Patent-

511 zeichen auf den von ihnen hergestellten Erzeugnissen oder deren Verpackung anbringen.

Der Vorbenutzer oder Lizenzträger, welcher diesem Verlangen nicht nachkommt, haftet dem Patentinhaber für den ihm daraus entstehenden Schaden, es sei denn, dass dieser selbst es unterlassen habe, auf den von ihm hergestellten Erzeugnissen oder deren Verpackung das Patentzeichen anzubringen.

Art. 36. Die Angehörigen der Staaten, welche mit der Schweiz, eine bezügliche Konvention abgeschlossen haben, können ihre Erfindungen innerhalb der vertraglich festgesetzten Frist, vom Datum ihrer ersten Anmeldung, soferndieselbe in einem der Vertragsstaaten stattgefunden hat, und. unter Vorbehalt der Rechte Dritter, in der Schweiz zur Patentierung anmelden, ohne dass durch inzwischen eingetretene Tatsachen, wie durch eine Anmeldung anderer oder durch eine Veröffentlichung, die Gültigkeit des Patentes beeinträchtigt werden könnte. Den Angehörigen dieser Staaten sind alle übrigen Personen gleichgestellt, welche in einem derselben ihren festen Wohnsitz haben.

Das gleiche Recht wird denjenigen Sehweizerbürgern und in der Schweiz einen festen Wohnsitz besitzenden Personen gewährt, welche ihre Erfindungen zuerst in einem der im vorigen Absatz genannten Staaten zum Schutz angemeldet haben.

Diese Bestimmungen können dem in gutem Glauben handelnden Vorbenutzer (Art. 8) nicht entgegengehalten werden.

Art. 37. Jedem Urheber einer in einer nationalen oder internationalen Ausstellung in der Schweiz ausgestellten patentierbaren Erfindung wird, nach Erfüllung der vom

512 Bundesrat zu bestimmenden Förmlichkeiten, eine Frist von sechs Monaten seit dem Tage der Zulassung des Gegenstandes der Erfindung zur Ausstellung gewährt, innerhalb welcher er, ungeachtet etwaiger Patentanmeldungen anderer oder sonstiger Veröffentlichungen, in rechtsgültiger Weise die Erfindung zur Patentierung anmelden kann. Das gleiche Recht steht auch dem Rechtsnachfolger des Urhebers zu.

In entsprechender Weise wird, wenn eine offizielle oder offiziell anerkannte Ausstellung in einem Staate stattfindet, der mit der Schweiz eine bezügliche Konvention abgeschlossen hat, die Schutzfrist, welche der fremde Staat den an der Ausstellung zugelassenen patentierbaren Erfindungen gewährt, auf die Schweiz ausgedehnt; diese Frist darf jedoch nicht länger sein als sechs Monate seit dem Tage der Zulassung des Gegenstandes der Erfindung zur Ausstellung.

Diese Bestimmungen können dem in gutem Glauben handelnden Vorbenutzer (Art. 8) nicht entgegengehalten werden.

III. Rechtsschutz.

Art. 38. Gemäss den nachstehenden Bestimmungen kann zivil- und strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden : 1. wer den Gegenstand einer patentierten Erfindung widerrechtlich nachmacht oder nachahmt; 2. wer ein den Gegenstand eines Patentes bildendes Erzeugnis oder das unmittelbare Erzeugnis eines patentierten Verfahrens widerrechtlich verkauft, feilhält, in Verkehr bringt oder gewerbsmässig gebraucht; 3. wer nachgemachte oder nachgeahmte Erzeugnisse verkauft, feilhält, in Verkehr bringt oder gewerbsmässig gebraucht;

513 4. wer bei diesen Handlungen mitwirkt, deren Begehung begünstigt oder erleichtert; 5. wer sich weigert, der zuständigen Behörde die Herkunft der in seinem Besitze befindlichen rechtswidrig hergestellten oder in Verkehr gebrachten Erzeugnisse anzugeben.

Art. 39. Wer eine der in Art. 38 genannten Handlungen vorsätzlich begeht, ist dem Geschädigten zum Schadenersatz verpflichtet und wird überdies mit einer Geldbusse bis 5000 Franken oder mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldbusse und Gefängnis innerhalb der angegebenen Begrenzung bestraft.

Gegen Rückfällige kann die Strafe bis auf das Doppelte %rhöht werden.

Art. 40. Die fahrlässige Begehung der in Art. 38 genannten Handlungen wird nicht bestraft ; dagegen verpflichtet sie den Täter zum Schadenersatz an den Geschädigten.

Art. 41. Die Strafverfolgung tritt auf Antrag des Verletzten ein und wird nach Massgabe des kantonalen Strafprozesses durchgeführt.

Art. 42. Der Strafantrag kann zurückgenommen werden bis zur Eröffnung des erstinstanzlichen Urteils.

Zur Beurteilung von Straf klagen sind die Gerichte des Begehungsortes und diejenigen des Wohnorts des Beklagten, oder im Falle der Beteiligung mehrerer Personen eines der Beklagten zuständig. Die Durchführung hat dort zu geschehen, wo die Klage zuerst anhängig gemacht worden ist.

Der gleiche Gerichtsstand gilt für Entschädigungsklagen.

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Art. 43. Die zuständigen Behörden treffen auf Grund erfolgter Zivil- oder Strafklage die erforderlichen vorsorglichen Verfügungen. Namentlich können sie eine genaue Beschreibung der angeblich nachgemachten oder nachgeahmten Erzeugnisse und Verfahren, .sowie der zur Nachmachung oder Nachahmung dienenden Einrichtungen, Maschinen, Werkzeuge, Geräte u. s. w., und die Beschlagnahme dieser Gegenstände vornehmen lassen.

Wenn die Beschlagnahme vorgenommen wird, so kann die zuständige Behörde dem Kläger eine Kaution auferlege^ die er vor der Beschlagnahme zu hinterlegen hat.

Art. 44. Das Gericht kann im Falle der zivil- oder strafrechtlichen Verurteilung die Einziehung und Verwertung oder die Zerstörung der nachgemachten oder nachgeahmten* Erzeugnisse, sowie der zur Nachmachung oder Nachahmung dienenden Einrichtungen, Maschinen, Werkzeuge, Geräte u. s. w. verfügen.

Der Reinerlös wird zunächst zur Bezahlung der Geldstrafe, dann zur Bezahlung der Untersuchungs- und Gerichtskosten und endlich zur Bezahlung der Entschädigung an den Geschädigten verwendet; ein allfälliger Überschuss fällt dem bisherigen Eigentümer zu.

Das Gerieht kann, selbst im Falle der Freisprechung, die Zerstörung der ausschliesslich zur Nachmachung oder Nachahmung bestimmten Einrichtungen, Maschinen, Werkzeuge, Geräte u. s. w. anordnen.

Art. 45. Das Gericht kann auf Kosten des Verurteilten die Veröffentlichung des Urteils im schweizerischen Handelsamtsblatt und in einem oder mehreren ändern Blättern verfügen.

Art. 46. Wer unbefugterweise seine Geschäftspapiere, Anzeigen oder Erzeugnisse mit einer Bezeichnung versieht.

515 welche zum Glauben verleiten soll, dass ein Patent besteht, wird mit einer Geldbusse bis 1000 Franken bestraft.

Gegen Rückfällige kann diese Strafe bis auf das Doppelte erhöht werden.

Die gleiche Strafe trifft, auf Antrag des Vorletzten, denjenigen, welcher an Erzeugnissen oder deren Verpackung angebrachte Patentzeichen unbefugterweise entfernt.

Art. 47. Der Ertrag der Geldstrafen fallt den Kantonen zu. Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe wird diese gemäss Art. 151 des Bundesgesetzes betreffend die Organisation der Bundesrechtspflege vom 22. März 1893 in Gefängnis umgewandelt.

Art. 48. Wenn seit der Übertretung mehr als drei Jahre verflossen sind, so tritt Verjährung der zivil- und strafrechtlichen Verfolgung ein.

Eine erkannte Strafe verjährt in fünf Jahren vom Datum der Urteilsfällung hinweg.

Art. 49. Die Kantone haben zur Behandlung der zivilrechtlichen Streitigkeiten betreffend die Erfindungspatente eine Gerichtsstelle zu bezeichnen, die als einzige kantonale Instanz entscheidet.

Die Berufung an das Bundesgericht ist ohne Rücksicht auf den Wertbetrag der Streitsache zulässig.

IT. Schlussbestimmungen.

Art. 50. Alle Patente für durch Modelle darstellbare Erfindungen, welche vor dem Beginn der Wirksamkeit des vorliegenden Gesetzes weder erloschen noch nichtig erklärt worden sind, sowie alle zu dieser Zeit noch nicht erledigten Patentgesuche für durch Modelle darstellbare Erfindungen werden behandelt, wie wenn am Tage des Inkrafttretens des Gesetzes vollkommene Modelle vorhanden wären.

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Die Neuheit bleibt während der in Art. 36 und 37 vorgesehenen Fristen auch solchen Erfindungen gewahrt, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes in einem ausländischen Staate zur Patentierung angemeldet oder in einer Ausstellung der Schweiz oder des Auslandes ausgestellt worden sind und zu jener Zeit in der Schweiz nicht patentierbar waren.

Art. 51. Der Bundesrat wird beauftragt, die zur Ausführung dieses Gesetzes erforderlichen Verordnungen zu erlassen.

Art. 52. Durch dieses Gesetz werden das Bundesgesetz betreffend die Erfindungspatente vom 29. Juni 1888 und das Nachtragsgesetz vom 23. März 1893 aufgehoben.

Art. 53. Der Bundesrat wird beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874, betreffend die Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse, die Bekanntmachung dieses Gesetzes zu veranstalten und den Beginn der Wirksamkeit desselben festzusetzen.

Also beschlossen vom Ständerate, B e r n , den 21. Juni 1907.

Der Präsident: Adalbert Wirz.

Der Protokollführer: Schatzmann.

Also beschlossen vom Nationalrate, B e r n , den 21. Juni 1907.

Der Präsident: Camille Decoppet.

Der Protokollführer: Ringier.

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Der schweizerische Bundesrat beschliesst: Das vorstehende Bundesgesetz ist zu veröffentlichen.

B e r n , den 25. Juni 1907.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Müller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft :

Ringier.

Datum der Veröffentlichung : 29. Juni 1907.

Ablauf der Referendumsfrist: 27. September 1907.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bundesgesetz betreffend die Erfindungspatente vom 21. Juni 1907.

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28

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29.06.1907

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