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Schweizerisches Bundesblatt.

59. Jahrgang. IV.

Nr. 25.

12. Juni 1907.

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Bericht der

Kommission des Ständerates über

die Geschäftsführung des Bundesrates und des Bundesgerichtes im Jahre 1906.

(Vom 22. Mai 1907.)

Herr Präsident, Herren Ständeräte!

Wir beehren uns, Ihnen im nachstehenden unsere Bemerkungen zur Geschäftsführung des Bundesrates und des Bundesgerichtes im Jahre 1906 vorzulegen. Dabei behalten wir uns vor, noch diesen oder jenen andern Punkt, der allgemeineres Interesse beansprucht, in unsere mündliche Berichterstattung einzu beziehen.

Bundesblatt. 59. Jahrg. Bd. IV.

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Geschäftsführung des Bundesrates.

L Allgemeine Verwaltung.

ßundeskanzlei.

Aus der Vergleichung mit dem Vorjahre ergibt sich die erfreuliche Tatsache, dass die Zahl der Abonnenten für das B u n d e s b l a t t im Berichtsjahre eine wesentliche Vermehrung erfahren hat; sie ist nämlich von 3065 auf 4471 angewachsen.

Im Laufe der letzten zehn Jahre hat sich die Zahl dieser Abonnenten nahezu verdoppelt.

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IL Departemente.

m- und A. Gesetzgebung und Rechtspflege.

Bundesgesetzgebnng.

1. Der Nationalrat hat den Entwurf des schweizerischen Zivilgesetzbuches im Jahre 1906 vollständig durchberaten, mit Einschluss der Einleitung und der im bundesrätlichen Entwurfe vom 3. März 1905 enthaltenen Anwendungs- und Einführungsbestirnmungen.

Das gleiche ist seither auch im Ständerate geschehen, so dass wir nun mit Befriedigung den Zeitpunkt bestimmt ins Auge fassen können, wo das grosse nationale Werk eines einheitlichen schweizerischen Zivilrechtes zur Vollendung und Durchführung gelangen kann.

2. Die Gesetzesvorlagea über die Haftpflicht der Automobile, sowie über die Errichtung eines eidgenössischen Verwaltungsgerichtes sind noch zu gewärtigen.

Internationales Recht.

1. Am 5. März 1907 erliess der Bundesrat das im Berichte in Aussicht gestellte Kreisschreiben an die Kantonsregierungen, betreffend die Haager Abkommen vom 12. Juni 1902 zur Regelung

152 des Geltungsbereiches der Gesetze und der Gerichtsbarkeit auf dem Gebiete der Ehescheidung und der Trennung von Tisch und Bett, und zur Regelung der Vormundschaft über Minderjährige.

Dasselbe enthält in möglichster Vollständigkeit alle die Vorschriften des ausländischen Rechtes, welche die schweizerischen Behörden interessieren können und wird den letzteren bei der Entscheidung bezüglicher Fragen ein erwünschtes, ja unentbehrliches Hülfsmittel sein.

2. Es wäre zu wünschen, dass die seit mehreren Jahren schwebenden Verhandlungen über den Abschluss eines Staatsvertrages mit Österreich-Ungarn, betreffend die gegenseitige Vollziehung von Zivilurteilen zu einem Abschluss gelangen könnten.

Zivilstand und Ehe.

1. Der 'früher gerügte Übelstand, dass die nach Art. 12 des Zivilstandsgesetzes von den Kantonen alljährlich zu erstattenden Berichte über die Führung der Zivilstandsämter von einzelnen Kantonen nicht erhältlich waren, scheint nun gänzlich gehoben zu sein. Der Bundesrat hebt hervor, dass die bezüglichen Berichte für das Jahr 1905 vollständig eingelangt seien.

2. Die Nachträge zum Handbuch für die schweizerischen Zivilstandsbeamten sind in deutscher Ausgabe im Druck erschienen und im Verlaufe dieses Frühlings an die Kantone abgegeben worden. Die französische Ausgabe ist noch nicht fertiggestellt.

Damit ist der vielfach geäusserte Wunsch um Beschleunigung der Herausgabe fraglicher Nachträge wenigstens zum Teile in Erfüllung gegangen.

Es wird der Wunsch ausgesprochen, dass die französische Ausgabe in Bälde erscheinen, und dass derselben auch die italienische, welche im Berichte nicht erwähnt wird, in nicht allzulangem Zeitabstande folgen möge.

3. Laut Art. 2 des Haager Übereinkommens zur Regelung des Geltungsbereiches der Gesetze auf dem Gebiete der Eheschliessung ist kein Vertragsstaat verpflichtet, eine Ehe schliessen zu lassen, die mit Rücksicht auf eine vormalige Ehe gegen seine Gesetze verstossen würde.

153 Gestützt hierauf erklärte das eidgenössische Justizdepartement auf Anfrage mit Recht, es würde die Eingehung einer Ehe in der Schweiz durch eine geschiedene Ausländerin ohne Beobachtung der im schweizerischen Gesetze vorgesehenen Wartefrist ·mit dem öffentlichen Rechte der Schweiz im Widerspruch stehen, und dieses Recht sei durch die Haager Übereinkunft nicht abgeändert, da sie in Art. 2 für solche Fälle die Bestimmungen des Gesetzes, welches am Orte der Eheschliessung bestehe (nicht des heimatlichen Rechtes, wie es irrtümlicherweise im Berichte des Bundesrates heisst), vorbehalte.

4. Auf eine Anfrage der deutschen Gesandtschaft, ob Schweizer, die keinen Wohnsitz in der Schweiz haben, an ihrem Wohnsitz im Auslande die Ehescheidung begehren können, wie es Art. 5, Ziffer 2, der Haager Übereinkunft betreffend Ehescheidung vorsieht, antwortete der Bundesrat, gestützt auf ein Gutachten des Bundesgerichts: das schweizerische Zivilstandsgesetz, Art. 43, Abs. 2, erkläre die Gerichte des Heimatstaates nicht als ausschliesslich zuständig, es stehe also das schweizerische Gesetz der Zuständigkeit des Gerichtes des Wohnsitzes, wie sie in Art. 5 des Haager Übereinkommens vorgesehen ist, nicht entgegen.

Damit hat der Bundesrat den gegenteiligen Rechtsstandpunkt aufgegeben, den ei- bisanhin in bezug auf die Auslegung des Art. 43, Abs. 2, des schweizerischen Zivilstandsgesetzes eingenommen hat. Wir verweisen auf seinen Entscheid vom Jahre 1891 (Geschäftsbericht des Bundesrates über das Jahr 1891, Bundesblatt 1892, Band II, Seite 518), der folgendermassen lautet : ,,Wir haben den Art. 43 des eidgenössischen Zivilstandsgesetzes stets dahin ausgelegt : Schweizerische Eheleute sind, selbst wenn sie im Auslande wohnen, bezüglich der Klage auf Ehescheidung und auf Ungültigkeit der Ehe stets dem genannten Art. 43 unterworfen, d. h. sie haben für diese Klagen ihren Gerichtsstand entweder am Wohnorte des Ehemannes in der Schweiz oder -- beim Abgange eines solchen -- am Heimatort oder am letzten schweizerischen Wohnort desselben. Überdies ist weder im Art. 43, noch in einem andern Artikel des eidgenössischen Zivilstandsgesetzes die Rede von der Anerkennung eines ausländischen Gerichtsstandes für Ehestreitigkeiten von Schweizern. Das schweizerische Forum muss deshalb als ein exklusives angesehen werden.01

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B. Polizeiwesen.

Auslieferungen und Strafverfolgungen.

Der Auslieferungsfall Widler, der im Berichte kurz dargelegt wird, ist allerdings geeignet, einiges Erstaunen hervorzurufen, und es ist begreiflich, dass derselbe seinerzeit in der Presse der Gegenstand vielfacher Erörterungen und kritischer Bemerkungen gewesen ist.

Dass der Dieb, der eine Geldsendung der schweizerischen Bundesbahnen im Betrage von Fr. 100,000 entwendet hatte, in Rio de Janeiro verhaftet, dann aber, trotzdem er des Diebstahls geständig war, durch den brasilianischen Richter wieder in Freiheit gesetzt wurde, musste allgemein überraschen. Noch auffälliger wäre es gewesen, wenn ihm die bei ihm beschlagnahmte Summe von Fr. 81,600 wieder herausgegeben worden wäre, was nur mit Mühe und ganz bedeutenden Kosten verhindert werden konnte.

Diese Vorkommnisse haben ihren Grund in dem Mangel eines Auslieferungsvertrages mit Brasilien. Eine zwischen dem Bundesrate und der brasilianischen Regierung im Jahre 1886/87 ausgetauschte Gegenrechtserklärung ist von der brasilianischen Legislative seinerzeit nicht ratifiziert worden und besitzt deshalb keine Rechtskraft.

Es wäre zu begrüssen, wenn es dem. Bundesrate gelänge, mit Brasilien einen bezüglichen Vertrag zu stände zu bringen.

Bis jetzt sind alle seine Bemühungen bedauerlicherweise ohne Erfolg geblieben. Eine Vernehmlassung des Bundesrates vom 20. Dezember 1901 auf das von Brasilien vorgelegte Vertragsprojekt ist bis heute nicht beantwortet worden.

Heimschaffungen.

1. Wenn die Anregung, welche der Bundesrat bei der österreichischen Regierung gemacht hat, den Erfolg hätte, dass die Heimnahme von Hülfsbedürftigen, deren österreichische Nationalität unzweifelhaft festgestellt ist, nicht mehr vom Ausgange von Erhebungen betrefiend die Gemeindeangehörigkeit der heimzuschaffenden Personen abhängig gemacht würde, so wäre damit einem hierseits vielfach empfundenen Übelstande abgeholfen, der darin besteht, dass solche Heimschaffungen ausserordentlich lange verzögert werden.

155 2. Auf eine Anfrage der französischen Botschaft, ob die Verfügungen der französischen Konsulate in Ostasien betreffend die Heimschaffung von hülfsbedürftigen und mittellosen Schweizern von den schweizerischen Behörden anerkannt würden, antwortete der Bundesrat, dass die hierseitigen Behörden für die Kosten der erwähnten Heimbeförderung aufkommen würden.

Entsprechend der Gestaltung des schweizerischen Armenwesens, so fügt er im Berichte bei, werden derartige Auslagen von den Kantonen zu tragen sein.

Ihre Kommission wirft die Frage auf, ob die finanziellen Konsequenzen hieraus für die Kantone unter Umständen nicht allzuschwere sein dürften und ob es nicht angezeigt wäre, dass der Bund je nach Gestaltung des einzelnen Falles einen Teil der bezüglichen Kosten übernähme.

Terschiedenes.

1. Der Bundesrat teilt mit, welche Vorkehren er getrofien habe, um unser Grebiet von Zigeunerbanden freizuhalten und in das Land eingedrungene Banden wieder über die Landesgrenze hinauszuschaffen, und spricht die Absicht aus, gemass einem von der Konferenz der kantonalen Polizeidirektoren geäusserten Wunsche, bei den benachbarten Regierungen eine internationale Konferenz zur Behandlung dieser Frage anzuregen.

Wir sind ganz damit einverstanden und wünschten vor allem, dass uns in Zukunft das unerfreuliche Schauspiel der planlosen Abschiebung der in unser Gebiet eingedrungenen Zigeunerbanden von einem Kanton in den andern erspart bliebe.

2. In Weiterführung der Angelegenheit betreffend die Reorganisation und Vereinheitlichung des polizeilichen Transportwesens in der Schweiz hat der Bundesrat im Berichtsjahre den Entwurf eines bezüglichen einheitlichen Réglementes ausgearbeitet und den Kantonen zur Vernehmlassung unterbreitet.

Die einheitliche Regelung dieses Verwaltungszweiges ist eine dringende Notwendigkeit, und es ist zu hoffen, dass dieses Ziel auf dem Boden der freiwilligen Vereinbarung zwischen Bund und Kantonen bald erreicht werde.

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Militärdepartement, Allgemeines.

1. Wir möchten an dieser Stelle dem Gefühle allgemeiner Genugtuung und Anerkennung dankenden Ausdruck geben über die glückliche Art und Weise, wie die Vorbereitungen und Vorberatungen für die n e u e M i l i t ä r o r g a n i s a t i o n vom schweizerischen Militiärdepartement in die Wege geleitet und durchgeführt wurden.

Wir hoffen gerne auf die freudige Aufnahme und Annahme des neuen Gesetzes und auf eine eben so glückliche Ausführung desselben.

2. Mit gleicher Genugtuung heben wir hervor : a. die Neuordnung der G e b i r g s a r t i l l e r i e und die Beschaffung eines neuen Materials für dieselbe ; b. die Beschaffung von G e b i r g s a u s r ü s t u n g für Infanterie ; c. die Vermehrung der M u n i t i o n s b e s t ä n d e ; d. die Revision der K r i e g s m o b i l m a c h u n g s v o r s-chriften.

All diese gesetzgeberischen1 Erlasse erhöhen in längst gewünschter Weise unsere Wehrkraft und Wehrbereitsohaft.

3. Zur Revision des Regulativs betreffend die p ä d a g o g i s c h e P r ü f u n g bei der A u s h e b u n g der Wehrpflichtigen möchten wir der Meinung Ausdruck geben, dass nunmehr eine weitere Ausdehnung und Entwicklung dieser Rekrutenprüfungen weder nötig noch wünschbar ist.

Das Gleiche gilt von der Prüfung der physischen Leistungsfähigkeit der Rekruten.

Wert und Bedeutung dieser Prüfungen scheinen oft überschätzt zu werden.

15?

Rekrutierung.

4. Die R e k r u t i e r u n g im a l l g e m e i n e n ist seit 10 Jahren zurückgegangen, von 18,339 im Jahre 1897 auf 16,136 im Jahre 1906.

Die Rekrutierung der I n f a n t e r i e insbesondere ist stetig zurückgegangen von 14,743 im Jahre 1897 auf 10,433 im Jahre 1906.

Es sind das ernste Zahlen. Zum Teil, ìur die Infanterie, finden sie ihre Erklärung in der stärkern Rekrutierung für die Spezialwaüfen, die vorübergehend wohl notwendig war, die aber unbedingt so geregelt werden muss, dass der Hauptwaffe nicht zu viel der besten Elemente entzogen werden.

Im allgemeinen aber dürften doch, trotz erneuter bundesrätlicher Mahnung, die sanitarischen Untersuchungskommissionen für die Diensttauglichkeit einen allzu strengen Massstab anwenden, vielleicht etwas schablonenhaft dazu.

Mancher Gemsjäger und mancher Bergführer im Hochgebirge und mancher tüchtige Sportsmann ist militärfrei wegen r zu geringem Brustumfang".

Wäre an dem gegenwärtig geltenden Massstabe für die Diensttauglichkeit und an seiner Anwendung wirklich nichts auszusetzen, so bliebe nur eine Erklärung übrig für das stete Zurückgehen der Rekrutenziffern -- Degenerierung !

Unterricht.

5. Es hat durchaus unsere Zustimmung, dass für den m i l i t ä r i s c h e n V o r u n t e r r i c h t dessen Schwergewicht mehr und mehr hauptsächlich auf die gymnastische Ausbildung der Vorunterri'chtsschüler verlegt wird. Das ist das richtige Ausbildungsziel viel eher als der nutzlose Versuch, vor der Rekrutenschule schon kleine Soldaten drillen zu wollen.

. ' Generalstab.

6. Die verordnungsgemässe und durchaus notwendige regelmässige Zurückversetzung der Generalstabsoffiziere zur Truppe begegnet wenigem Verständnis und geringem Entgegenkommen, oft von Seiten der kantonalen Militärbehörden, oft von Seiten der Truppenoffiziere.

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Über den laufenden Avancementsinteressen sollte aber das allgemeine Interesse der Armee stehen, das einen möglichst ausgiebigen Wechsel zwischen Generalstabsdienst und Frontdienst verlangt, damit einerseits möglichst viele befähigte Truppenoffiziere durch die Schulung des Generalstabes gehen, und damit anderseits die Generalstabsoffiziere der Schulung in der Front nicht entbehren.

Es sollte erreicht werden können, dass Dienst und Schulung im Generalstab regelmässige und allgemeine Voraussetzung wird für die Beförderung zu höhern Kommandostellen.

7. Zum Berichte über die I n f a n t e r i e b r i g a d e W i e d e r h o l u n g s k u r s e des III. Armeekorps und über d i e H e r b s t ü b u n g e n d e s IV. A r m e e k o r p s folgende kurzen Bemerkungen : a. Es ist lebhaft zu begrüssen, dass die B r i g a d e u n d R e g i m e n t s s t ä b e d e r I n f a n t e r i e für d i e g a n z e D a u e r der Kurse einberufen werden.

Die Übung und Ausbildung der Offiziere ist noch wichtiger als die Übung der Mannschaft.

b. Das f o r m e l l e Ü b e n darf auch in den Wiederholungskursen nicht vernachlässigt werden.

Wohl ist die Gefechtsausbildung die Hauptsache, aber das Elementarexerzieren ist die unerlässliche Grundlage dafür, und dazu ein sehr notwendiges Disziplinierungsmittel.

c. Eine Infanterie, die im H o c h g e b i r g e ausgebildet worden ist, kann nicht nur ,,überall verwendet werden", wie es im Geschäftsbericht heisst, sondern sie ist, coeteris paribus, überhaupt brauchbarer und kriegstüchtiger, weil der Felddienst im Hochgebirge überhaupt schwieriger ist und. grössere Anforderungen jeder Art an die Truppe stellt.

Darum rechtfertigt sich auch vollauf die grössere Aufmerksamkeit, die man dem Dienste im Hochgebirge zuzuwenden beginnt.

d. Es dürfte recht optimistisch ausgedrückt sein, wenn der. Geschäftsbericht sagt, der ,,erste Versuch, die V e r p f l e g u n g nach den Grundsätzen der Felddienstordnung vorzunehmen, darf als gelungen bezeichnet werden".

Diese Ansicht wird nicht von allen geteilt, zum kleinsten Teil von denjenigen, die ihn an ihren eigenen Fleischtöpfen erprobt haben.

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Es wird noch erneuter und wohl auch bedeutend modifizierter Versuche bedürfen, um die Verpflegungsfrage endgültig und befriedigend zu lösen.

Ko m p a g n i e f a h r k ü c h e n und L a s t a u t o m o b i l e für die Verpflegungstruppen werden geeignete Hülfsrnittel hierzu sein, ihrer Einführung möchten wir lebhaft das Wort reden.

8. Besonders hervorzuheben ist die Anführung des Geschäftsberichtes, dass bei der L a n d w e h r die Offiziere zu wünschen übrig lassen.

Es nützt wenig, zahlenstarke Landwehrformationen zu haben, wenn genügend gute Offiziere dafür fehlen.

9. Es ist sehr zu begrüssen, wenn eine Besserung der Platzverhältnisse inWallenstadt für die S c h i e s s s c h u l e n herbeigeführt wird.

Die wichtige zentrale Schiessschule, durch welche alle Infanterie Offiziere gehen, muss mit allen nötigen Hülfsmitteln reichlich und gut ausgestattet werden.

Kavallerie.

10. Von 897 Stück P f e r d e n konnte die Kavallerie nur 20 im Inland kaufen (die Pferderegieanstalt von 144 Stück Eemonten nur 31).

Diese Zahlen beleuchten scharf den Tiefstand unserer inländischen Pferdezucht und unsere Abhängigkeit vom ausländischen Pferdemarkt.

11. Im Jahre 1906 wurden n e u a r t i g a n g e l e g t e Ü b u n g e n starker Kavalleriekörper gegen und in Verbindung mit Infanterie abgehalten, Gefechtsexerzieren ganz grossen Stiles.

Sie dienten gleich vorteilhaft für die Ausbildung der Kavallerie wie der Infanterie.

Auch die Leistungen der Kavallerie bei den Herbstübungen des IV. Armeekorps zeigten deutlich, dass Ausbildungsziel und Ausbildungsart dieser Waffe glücklich gewählt sind.

12. Die Herabsetzung der D a u e r der K a v a l l e r i e r e m o n t e n k u r s e von 120 Tage auf 110 Tage bedeutet

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nicht eine unzulässige Verminderung der Dressurarbeit am jungen Pferde, sondern nur eine andere Organisation derselben, nötig geworden zur zweckmässigeren Verwendung des nur in beschränkter Anzahl vorhandenen Personals.

13. O f f i z i e r s o r d o n n a n z e n wurden im Berichtsjahr nur 111 ausgebildet. Es sind das viel zu wenige, es sollten jährlich deren mindestens 150 ausgebildet werden, da etatmässig im ganzen zirka 1500 Offiziersordonnanzen notig sind.

Es fehlt an der Rekrutierung, die auf Freiwilligkeit gestellt ist, und die so, wider Erwarten, die nötige Mannschaftszahl einfach nicht aufzubringen vermag.

Es wird da auf Abhülfe Bedacht genommen werden müssen.

Genie.

14. Hier ist anerkennend das Bestreben hervorzuheben, den S i g n a l m e l d e d i e n s t auszubilden und zu vervollkommnen.

Es ist das eines der wichtigeren Hülfsmittel moderner Kriegführung, wichtig namentlich auch für den Gebirgskrieg.

Der Signaldienst erfordert verhältnismässig nicht viele Kosten und wenig Mannschaft, ist also eine jener Einrichtungen, deren vollkommene Ausgestaltung auch einer kleinen Armee sehr wohl möglich ist.

15. Vermehrte Aufmerksamkeit muss wohl noch dem Stand der M i n e n k a m m e r n geschenkt werden.

Sanität.

16. Die S p i t a l k u r s e für Wärter befriedigen in ihrer jetzigen Gestaltung nicht. Die neue Militärorganisation wird, so denken wir, Gelegenheit geben, diese oder ähnliche Kurse zweckmässiger zu organisieren.

17. Anerkennend hervorzuheben ist die sehr gute Wirkung der Vo r h e r e i t u n g s k u r s e für Divisions-, Brigade- und Regimentsärzte und der sorgfältig durchgeführten hygienischen Rekognoszierung des Manövergebietes vor Beginn der Herbstübungen des IV. Armeekorps.

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18. Die bei diesen Herbstübungen versuchte Improvisierung von G e b i r g s a m b u l a n c e n hat, trotz aller Tüchtigkeit der dabei mitwirkenden Ambulancenchefs, einmal mehr die alte Erfahrung bestätigt, wie schwierig! und wenig verlässlich Improvisationen überhaupt sind.

Es ist nicht überflüssig, das hervorzuheben, ' weil man nicht selten geneigt ist, auf das Improvisieren, auf das ,,im Ernstfall sich von selbst machen" zu vertrösten.

19. Das f r e i w i l l i g e S a n i t ä t s w e s e n bedarf einer fortschreitenden reichliehen Ausgestaltung in jeder Richtung, soll es den grossen Anforderungen genügen können, die der Ernstfall an dasselbe stellen wird.

Veterinärwesen.

20. Im Berichtsjahr konnte keine V e t e r i n ä r o f f i z i e r b i l d u n g s s c h u l e abgehalten werden -- mangels Aspiranten.

Auf Betreiben der Gesellschaft schweizerischer Tierärzte wurden für die tierärztlichen Prüfungen viel strengere Zulassungsbedingungen aufgestellt. Das mag zwar nicht absolut nötig sein, aber zur Hebung des Standes der Tierärzte dienen; wenn es aber die Folge hat, dass dadurch die Zahl der Tierärzte unter den notwendigen Bedarf herabsinkH, so ist das volkswirtschaftlich ein Rückschritt.

Wir werden in anderem Zusammenhange, beim Departewent des Innern, auf diesen Punkt zurückkommen.

21. Auch an H u f s c h m i e d e n ist Mangel. Hier scheint die Rekrutierung, für das Jahr 1907 z. B. 70, etwas schwach angesetzt worden zu sein.

Es werden zirka 130 Hufschmiede jährlich rekrutiert werden müssen, um den vermehrten Bedarf (für vermehrte Feldbatterien etc.) zu decken und den starken Abgang gerade bei dieser Kategorie von Militärarbeitern auszugleichen.

22. Bei den G o t t h a r d t r u p p e n rufen die niedern Bestände der Infanterie und der Mangel an Offizieren bei der Positionsartillerie besonderer Fürsorge, die, so denken wir, bei Ausführung der neuen Militärorganisation einsetzen wird.

162 Sanitätsdienst.

23. Anerkennend muss die Sorgfalt und die Entschiedenheit hervorgehoben werden, mit der zu Anfang Februar 1906 bei den beunruhigenden Fällen von Cerebrospinal-Meningitis in der K a v a l l e r i e r e k r u t e n s c h u l e in A a r a u , Schulkommando und Militärsanität die richtigen Massregeln erfolgreich ergriffen.

Es war kein kleiner Entschluss, trotz der dringendsten Begehren von verschiedenen Seiten um Entlassung der Schule, dieselbe in Aarau zu behalten, und es zeugt von grosser Sorgfalt in der Anwendung und Durchführung richtiger hygienischer Massnahmen, dass trotz der naheliegenden Gefahr die heimtückische Krankheit nicht weiter um sich griff.

24. Die entschieden etwas hoch bemessenen Krankengeldansätze der M i l i t ä r v e r s i c h e r u n g scheinen hereits die Erfahrung gezeitigt zu nahen, dass sie hie und da zu misshräuchlicher Ausdehnung des ,,Krankseins" verleiten.

Auch gegen ganz ungebührliche und ungebührlich auftretende Ansprüche in bezug auf die Klassifizierung eines vorgeblichen Tagesverdienstes scheinen die Militärversicherungsbehörden öfter sich wehren zu müssen.

Es sind das Auswüchse, die, wenn sie sich weiter zeigen sollten, mit aller Schärfe beschnitten werden müssten.

Kommissariatswesen.

25. Es ist die Vorsicht anerkennend zu unterstützen, die M i l i t ä r m a g a z i n e an sichere Orte zu verlegen, und es wird deswegen die Erstellung weiterer Magazine bei Altdorf und im Reusstal jedenfalls sich empfehlen.

26. Es ist gerne bemerkt, dass allenthalben in der Armeeverwaltung, auch bei der Festungsverpröviantierung, nur mehr inländische F l e i s c h k o n s e r v e n verwendet werden.

27. Ebenso anerkennend ist die wohl angebrachte Strenge hervorzuheben, mit der die Militärverwaltung 100,000 Portionen nicht tadelloser S u p p e n k o n s e r v e n den Lieferanten unter Kostenfolge zur Verfügung stellte.

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Kriegsmaterial.

28. Über den seit Jahren fortgesetzten Versuchen mit ^neuartigen" I n f a n t e r i e a u s r ü s t u n g ' e n scheint kein glücklicher Stern zu leuchten, auch wenn das bisherige Resultat bereits ein definitiver ,,Hosenschonera ist. Der Eindruck ist ein allgemeiner, dass etwas unnötigerweise viel zu intensiv ,,erfunden11 werden will. Unser jetziges Bekleidungsreglement datiert erst seit 1898.

Bei den neuen Bekleidungsversuchen wird das ästhetische Element, die psychologische Forderung eines nicht bloss praktischen, sondern auch schmucken Ehr- und Wehrkleides für unsere militärfreudige Schweizerjugend allzu sehr ausser acht gelassen.

Auf Einzelheiten einzutreten ist hier nicht der Ort noch die Zeit.

,,Ad Versuchsverfahren" sagt das Protokoll der Bekleidungskommission vom 28. Februar / 2. März 1907 amSchluss: ,,Die neuen Versuchsausrüstungen sollen so bald als möglich, spätestens Anfang Juni, zur Abgabe an die von M i t g l i e d e r n d e r K o m m i s s i o n kommandierten Schulen (Rekruten-, Unteroffiziers- und Schiessschulen) bereitgestellt werden."

Diese Beschränkung auf die von Kommissionsmitgliedern kommandierten Schulen schützt offenbar nicht vor der Möglichkeit sehr einseitiger Beurteilung der Versuchsergebnisse.

Wir möchten dem Wunsche Ausdruck geben, es seien bei Einführung der neuen Militärorganisation auch die Versuche für Bekleidung und Ausrüstung der Infanterie neu zu organisieren.

Dabei dürfte auch die Frage mitgeprüft werden, ob nicht d a s System d e r A b g a b e v o n E x e r z i e r k l e i d e r n für Rekrutenschulen und Wiederholungskurse weiter auszugestalten wäre, damit der Mann seine eigene Uniform, Rock und Hosen, möglichst neu und unverbraucht für den Mobilisierungsfall behält.

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Handels-, Industrie- and Landwirtschaftsdepartement.

I. Abteilung.

Handel.

I. Handelsverträge and auswärtige Zollrerhältnisse.

Im Berichtsjahre sind in Kraft getreten: Der mit Deutschland abgeschlossene Zusatzvertrag zum Handelsund Zollvertrag vom 10. Dezember 1891 ; Der Handelsvertrag mit Italien, soweit der Vertragstarif für die Einfuhr m die Schweiz in Betracht kommt; Der Handelsvertrag mit Österreich-Ungarn; Die Handelsübereinkunft mit Frankreich.

Der im Jahre 1906 genehmigte Handelsvertrag mit Portugal trat am 29. Januar 1907 in Kraft.

Alle diese Verträge laufen am 31. Dezember 1917 ab.

Damit sind unsere Handelsbeziehungen mit unseren Nachbarstaaten und den übrigen Ländern, mit denen wir einen lebhaften Verkehr unterhalten, für eine ganze Reihe von Jahren geordnet.

Unsere Industrie, der Handel und die schweizerischen Produzenten haben eine derartige Lösung angestrebt und dürften durch dieselbe zufrieden gestellt sein.

~ Die Vertreter des Weinbaues dagegen haben ausdrücklich erklärt, dass sie den ihnen durch diese Verträge gewährten Schutz für ungenügend halten.

Dieser Kundgebung muss Rechnung getragen werden, dadurch dass wir der Wohlfahrt der weinbautreibenden Gegenden unsere besondere Aufmerksamkeit widmen.

Aus der tabellarischen Übersicht über unsere gesamte Binund Ausfuhr seit 1886 ergibt sich, dass der Überschuss der Einfuhr in die Schweiz innert zwanzig Jahren von 80 auf 381 Millionen gestiegen ist, was einer Zunahme von 16 Millionen per

165 Jahr gleichkommt. Auf dieser Basis wird der Übersehuss in 10 Jahren 541, in 20 Jahren 701, in 30 Jahren 861, in 40 Jahren 1021 und in 50 Jahren 1181 Millionen Franken betragen. Es; kann deshalb nie genug betont werden, wie notwendig es ist, unsere nationale Produktion in allen ihren Zweigen, ohne irgendwelche Ausnahme, zu pflegen und zu fördern.

II. Ausstellungen.

Internationale Ausstellung in Mailand.

Die Ausstellung in Mailand, zu der auch die Schweiz eingeladen worden ist, sollte sich anfangs auf das Eisenbahnwesen, das Post-, Telegraphen- und Telephonwesen beschränken. Nach und nach kamen aber immer neue Abteilungen hinzu, so die Uhrenindustrie, die dekorative Kunst, die graphischen Künste, die Goldschmiedekunst, die Bijouterie, die Maschinen für die Baumwoll- und die Nahrungsmittelindustrien, das kommerzielle, land- und forstwirtschaftliche Bildungswesen, sowie die Produkte der Landwirtschaft im allgemeinen.

Aus einer Ausstellung, die ursprünglich nur ein beschränktes Gebiet hätte umfassen sollen, ist schliesslich eine allgemeine und internationale geworden.

Alle diese Abänderungen hatten natürlich eine Menge Schwierigkeiten, Verzögerungen und Kritiken zur Folge.

Nichtsdestoweniger haben sich die schweizerischen Aussteller hervorgetan.

Angesichts der Häufigkeit der Ausstellungen und ihrer Bedeutung wird man sich fragen müssen, ob es nicht von Vorteil wäre, die besonderen Kommissäre durch ein ständiges Amt zu ersetzen. Verschiedene Staaten haben diese Einrichtung bereits eingeführt und gute Resultate damit erzielt.

Dem Vernehmen nach sollen der schweizerische Bauernbund, der Gewerbeverein und der Handels- und Induslrieverein in diesem Sinne eine Anregung gemacht haben, die vom Bundesrate geprüft wird.

III. Kommerzielles Bildnngswesen. .

Durch die Errichtung einer Handelsabteilung an der Universität Freiburg hat nun auch die französische Schweiz eine Handelshochschule erhalten. Wir lassen deren Programm folgen : Bundesblatt. 59. Jahrg. Bd. IV.

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166 1.

Handelsfinanzwissenschaft.

Volkswirtschaftliche und gesetzliche Umschreibung des Handels.

Operationstheorie in Handel, Industrie, Bank- und Versicherungswesen. Entwicklung des modernen Handels.

Innere und äussere Absatzgebiete.

Kapitalismus, Sozialismus und besondere Richtungen im Handel.

Der moderne Markt ; Geld, Kredit, Preis ; Steigen und Fallen der Preise ; Krisen. Das volkswirtschaftliche Verteilungsproblem. Gehälter, Unternehmergewinn; Grundrente u. s. w.

2. Euclnhaliung und Musterkontw.

Praktische Erläuterungen zu den Operationen des Einfuhr- und.

Ausfuhrhandels. Unternehmungen für eigene Rechnung und Zwischenhandel ; Makler, Kommissäre, Agenten u. s. w.

Die Übungen sollen so gewählt reiche schriftliche Arbeiten nach den der Buchführung, Zins-, Prozent- und bestimmungen und die Ausarbeitung verbunden werden können.

werden, dass damit zahlhauptsächlichsten Methoden Wechselrechnungen, Preisverschiedener Dokumente

3. Politische Arithmetik.

Amortisationen ; Anleihen ; Versicherungen.

4.' Gruppe der Staatstvissenschaflen.

a. Kurs und Seminar der Volkswirtschaftslehre.

b. Handelsgeographie (Kurs und Seminar). Anbau und Produktion. Verkehrs- und Transportwege.

c. Handelsgeschichte.

d. Statistik (Kurs und Seminar).

5. Juristische Wissenschaften.

a. Encyklopädie des Rechts.

b. Schweizerisches, französisches und deutsches Zivilrecht.

c. Obligationenrecht mit Spezialkursen üher Wechselrecht und Vereinsrecht.

d. Kurs über das Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs.

e. Staatsrecht.

167 6. Musterkontor.

Einrichtung der Buchführung eines Handels- oder industriellen Geschäftes nach den hauptsächlichsten Methoden.

7. Sprachkurse.

Es bestehen praktische Kurse der französischen, deutschen, englischen und italienischen Sprache.

Der Bund subventioniert diese Kurse dem Bundesbeschlusse betreffend die Förderung des kommerziellen Bildungswesens gemäss.

Im allgemeinen beträgt der Bundesbeitrag 33 % der Gesamtkosten nach Abzug der Schulgelder.

Im Jahre 1906 sind folgende Beiträge ausgerichtet worden : an Handelshochschulen an höhere Handelsschulen a n kaufmännische Fortbildungsschulen

. . . .

Fr. 35,977 ,, 303,387 ,, 175,802

Total

Fr. 515,166

Dazu kommen noch : Verschiedene dem Zentralsekretariat des schweizerischen kaufmännischen Vereins ausgerichtete Beiträge Pr. 20,009. 05 Stipendien ,, 12,165. -- ,, Total

32,255

Fr. 547,411

Die Kurse weisen folgende Frequenzziffern auf: Handelshochschulen Höhere Handelsschulen Kaufmännische Fortbildungsschulen

. . . .

Total

Im Jahre 1905 waren es Zuwachs im Jahre 1906

138 2,698 10,221 13,057 Schüler 12,913 ,, 144

,,

163

IT. Handelsamtsblatt.

Die Zahl der zahlenden Abonnenten und der Nummern des Blattes nimmt fortwährend zu, ein Beweis dafür, dasi dieses Publikationsorgan in den Handelskreisen, denen es gute Dienste leistet, auch gebührend geschätzt wird. Der Bechnungsabschluss ergibt einen Reinertrag von Fr. 25,754. 09 und einen Mehrertrag von Fr. 9306. 13 gegenüber dem Jahre 1905.

Der ^Bericht macht darauf aufmerksam, dass von einem wirklichen Einnahmenüberschuss nicht wohl gesprochen werden kann, da für Lokalmiete nichts in Rechnung gestellt worden sei.

Unseres Erachtens sollte inskünftig ein diesbezüglicher Posten in die Rechnung eingestellt werden, damit der genaue Ertrag des Blattes festgestellt werden kann.

V. Handelsreisende.

Die Einnahmen an Patenttaxen blieben um Fr. 8872 hinter denjenigen des letzten Jahres zurück, was eine Reduktion der an die Kantone zu verteilenden Summe um Fr. 8374 zur Folge hatte.

Die Zahl der Reisenden belief sich auf nur 31,248, während sie im Vorjahre auf 31,748 gestiegen war.

II. Abteilung.

Industrie.

I. Allgemeines.

Der Bundesrat hat sich, gestützt auf die Art. 2 und 3 des Bundesgesetzes betreffend die Arbeit in den Fabriken, als kompetent erklärt, über den Reinheitsgrad der im Handel vorkommenden verdichteten oder verflüssigten Gase Vorschriften zu erlassen.

Dagegen hat er, da ein Bedürfnis nach gesetzgeberischen Massnah m en noch nicht vorhanden war, beschlossen, von der Aufstellung allgemein verbindlicher Vorschriften Umgang zunehmen und in jedem einzelnen Fall, je nach den Einrichtungen der Fabrik und dem von ihr beobachteten Verfahren, die erforderlichen Anordnungen zu treffen.

169

II. Bundesgesetz betreffend die Arbeit in den Fabriken.

Wenn Zweifel darüber bestehen, ob ein industrielles Etablissement dem Fabrikgesetze zu unterstellen sei, so entscheidet der Bundesrat, nach Anhörung des Kantons.

Von den im Jahre 1906 getroffenen Entscheiden heben wir zwei hervor, die ein allgemeines Interesse bieten.

1. Die Obst- und Weinbaugenossenschaften fallen nicht unter das Fabrikgesetz, da der Grundsatz besteht, dass dasselbe auf Betriebe landwirtschaftlicher Natur keine Anwendung findet.

2. Dagegen unterstehen die Zeughäuser dem Fabrikgesetz, weil sich dort kleinere oder grössere gewerbliche Betriebe befinden.

Die industriellen Anstalten des Staates sind gleich zu behandeln wie diejenigen von Privaten.

Am 31. Dezember 1906 belief sich der Bestand der dem Fabrikgesetze unterstellten Etablissemente auf 6988 mit 281,000 Arbeitern.

Im Jahre 1905 betrug die Zahl der dem Gesetze unterstellten Etablissemente 6639 ; im Jahre 1906 sind 578 neue eingetragen und 229 gestrichen worden. Der Zuwachs beträgt somit 349.

III. Bandesgesetz betreffend die Samstagsarbeit in den Fabriken.

In den dem Fabrikgesetz unterstellten industriellen Betrieben darf am Samstag und an den Vorabenden gesetzlicher Festtage, mit Einschluss der Reinigungsarbeiten, nicht mehr als 9 Stunden und keinenfalls länger als bis 5 Uhr abends gearbeitet werden.

Die Erteilung von Bewilligungen für ausnahmsweise und vorübergehende Verlängerung der Arbeitszeit ist Sache der Kantone.

Dagegen steht dem Bundesrate zu, diejenigen Industrien zu bezeichnen, welchen, in Würdigung ihrer besonderen Betriebsverhältnisse, Bewilligungen für Verlängerung der Samstagarbeitszeit für eine längere Zeitdauer erteilt werden dürfen.

Auf Grund dieser Bestimmungen hat der B undesrat im Jahre 1906 6 Gesuchen entsprochen und 12 abgewiesen.

Der Bericht des Departementes enthält die Begründung der diesbezüglichen Entscheide.

170

T. Bundesgesetze betreffend die Haftpflicht aus Fabrikbetrieb und betreffend deren Ausdehnung.

Sofern Zweifel darüber bestehen, ob ein Betrieb, der nicht auf dem Verzeichnis der dem Fabrikgesetz unterstellten Etablissemente figuriert, hätte eingetragen werden sollen, und darüber, ob die Bestimmungen des Bundesgesetzes betr. Ausdehnung der Haftpflicht auf einen Unternehmer Anwendung finden, so entscheidet der Bundesrat.

In 28 Fällen hat derselbe die Frage der Unterstellung unter die Haftpflicht bejaht und in 15 Fällen verneint.

Die nachstehenden Entscheide bieten ein allgemeines Interesse : 1. Der Fall wird durch die Anerkennung der Haftpflicht von Seiten des Unternehmers erledigt.

2. Die Haftpflichtgesetzgebung ist auf Käsereien nicht anwendbar, weil diese als zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörend angesehen werden müssen.

TU. Bnndesbeschluss betreffend die gewerbliche und industrielle Berufsbildung.

Als Anstalten für die gewerbliche und industrielle Berufsbildung, welche vom Bund einen Beitrag beziehen, werden betrachtet: die Handwerkerschulen; die gewerblichen Fortbildungsund Zeichnungsschulen ; die höheren industriellen und technischen Anstalten ; die Kunst- und Fachschulen ; die Muster-, Modell- und Lehrmittelsammlungen; die Gewerbe- und Industrie-Museen.

Den tabellarischen Übersichten des Berichtes zufolge hat der Bund im Jahre 1906 folgende Beiträge ausgerichtet: An Berufsbildungsanstalten Fr. 1,100,132 Stipendien ,, 28,475 An besondere Unternehmungen ,, 31,426 Total

Fr. 1,160,034

Unseres Brachtens wäre es zu begrüssen, wenn der Bericht in Zukunft neben den Ausgaben für die gewerbliche und industrielle Berufsbildung auch eine Statistik über den Besuch der diesbezüglichen Kurse enthielte.

171

Wir geben hiernach eine Übersicht, nach Kantonen geordnet, der vom Bunde auf Grund des Bundesbeschlusses betreffend die gewerbliche und industrielle Berufsbildung gewährten Beiträge : Zürich Bern Luzern Uri Schwyz Obwalden Nidwaiden Olarus Zug . . . · Freiburg Solothurn Basel-Stadt Baselland Schaffhausen Appenzell A.-Rh Appenzell I.-Rh St. Gallen Graubünden Aargau Thurgau Tessin Wâadt Wallis Neuenburg Genf

Fr.

,, ,, ,, ,, ,, ' ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,,

201,495 197,347 14,808 1,000 4,313 1,952 1,200 7,398 3,037 48,718 15,884 70,676 7,948 3,703 8,504 280 108,695 3,265 29,573 6,570 30,701 29,357 5,278 120,609 161,967

198,306 188,163 14,218 1,000 4,039 1,947 1,235 8,193 2,977 49,600 15,194 72,615 7,919 4,276 8,194 280 104,609 9,465 28,040 6,647 32,553 31,465 8,871 137,919 162,429

Fr. 1,092,278

1,100,133

fl

,, ,, ,, ,, ^ ,, ,, ,, ,,

III. Abteilung.

Landwirtschaft.

I. Landwirtschaftliches Unterriehtswesen und Versuchsanstalten.

Der Bund unterstützt das landwirtschaftliche Unterrichtswesen durch Beiträge und durch seine Unteranstalten.

172

Folgende Subventionen sind im Jahre 1906 bewilligt worden: a. an die Schüler der landwirtschaftlichen Abteilung des eidg. Polytechnikums. . Fr.

b. an die kantonalen landwirtschaftlichen Schulen : Theoretisch-praktische Ackerbauschulen.

Kantonale Gartenbauschule in Genf . .

Landwirtschaftliche Winterschulen . .

Molkereischulen

,, fl

,, ,,

5475. --

48,572.

13,374.

93,243.

26,004.

76 55 26 69

Fr. 181,194. 56 c. Landwirtschaftliche Wandervorträge und von den Kantonen veranstaltete Spezialkurse d. Weinbauschulen und Weinbauversuchsanstalten e. Reisestipendien Zusammen

,,

42,688. 02

,,

43,988. 29 535. 20

n

Fr. 273,880. 07

Von diesem Betrage ist eine gewisse Summe in Abzug zu bringen, die unter der Rubrik ,,Versuchsanstalten" figuriert und sich auf die Wiederherstellung der Weinberge bezieht. , Ein diese Materie beschlagender Gesetzesentwurf ist fertiggestellt. Damit wird dem schon einige Jahre dauernden Zustand, der zu Verwechslungen Anlass gibt, ein Ende gemacht.

An dem vom Bunde subventionierten landwirtschaftlichen Unterricht haben 998 Schüler teilgenommen, die sich folgendertnassen verteilen: Polytechnische Schule . . . ; 19 Schüler Obst-, Wein- und Gartenbauschule in Wädenswil 17 ,, Theoretisch-praktische Ackerbauschulen . . . 1 6 2 ,, Kantonale Gartenbauschule in Genf . . . .

62 ., Landwirtschaftliche Winterschulen 664 ., Molkereischulen 74 ., Total .-. Im Jahre 1907 waren es Zuwachs im Jahre 1906

998 Schüler 935 Schüler 63 ,,

173 In dieser Zahl sind die Teilnehmer der Wander vorträge und der von den Kantonen veranstalteten Spezialkurse nicht inbegriffen.

Die Zunahme der Schüler verteilt sich ziemlich gleichmässig auf alle Anstalten.

Die landwirtschaftlichen Versuchs- und Untersuchungsanstalten bedienen in zweckmässiger Weise das ganze Gebiet der Eidgenossenschaft. Dagegen scheint die eidg. Versuchsanstalt für Obst-, Wein- und Gartenbau in Wädeoswil für die Westschweiz etwas abseits zu liegen. Die landwirtschaftlichen und klimaterischen Verhältnisse dieses Landesteiles scheinen uns die Schaffung einer Versuchsanstalt für Obst- und Weinbau daselbst zu rechtfertigei.

Der Bandesrat hat sich auch schon mit dieser Angelegenheit befasst und mit verschiedenen Kantonen Unterhandlungen angeknüpft.

Ebenso wird die Frage geprüft, ob nicht, behufs Erforschung und erfolgreicher Bekämpfung von Krankheiten epidemischer Natur de) landwirtschaftlichen Nutztiere, ein eidgenössisches bakteriologisches Institut geschaffen oder bestehende derartige kantonale Ansalten in -wirksamer, den allgemeinen Interessen des Landes ertsprechender Weise subventioniert werden sollten. Diese Frage ist durch ein von der letzten Geschäftsprüfungskommission gestelltes Postulat aufserollt worden.

ö o

II. Förderung der Tierzucht.

Untr diesem Titel bringt der Bericht Zusammenstellungen der vom Bunde auf Grund des Bundesgesetzes über die Förderung de Landwirtschaft ausbezahlten Prämien und Beiprämien.

Die für Stutfohlen und Zuchtstuten erteilten Prämien betrugen fr. 46,860.

Im,Jahre 1906 sind von in früheren Jahren zugesicherten Prämien Fr. 73,080 ausbezahlt worden.

Di«Auszahlung dieser Prämien erfolgt erst auf den amtlich beglaubigten Ausweis hin, dass die betreffende Stute von einem mit Budessubvention importierten oder demselben als gleichwertig nerkannten Hengst bedeckt worden ist und innert 13 Monaten neh dem Tage der Beschälung ein lebendes Fohlen geboren ht.

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Seit 1905 finden auch Prämiierungen der Zuchtbestände der Zuchtgenossenschaften statt. Für derartige Prämien sind im Jahre 1906 Fr. 69,655 ausbezahlt worden.

Im Berichtsjahre wurden Beiprämien für Zuchtstiere im Betrage von Fr. 300,654 zugesichert, und für im Jahre 1905 zugesicherte Beiprämien Fr. 299,286. 80 ausbezahlt. Die Auszahlung findet statt, nachdem der Kanton, in dem die Pràmiierung erfolgt ist, den amtlichen Nachweis geleistet hat, dass die prämiierten Tiere, vom Tage der Prämiierung an gerechnet, mindestens während neun Monaten im Lande zur Zucht verwendet worden sind.

Für Kühe und Rinder sind Beiprämien für Fr. 112,405. 70 zugesichert und im Betrag von Fr. 79,816. 90 ausbezihlt worden.

Die Auszahlung der Beiprämien findet erst sta\t, nachdem durch den Beleg- und Geburtsausweis der Nachweis geleistet worden ist, dass die prämiierten Tiere ein von einem prämiierten Zuchtstier gleicher Rasse abstammendes Kalb geworfei haben.

Schliesslich sind im Jahre 1905 für Zuchtbesände und Zuchtfamilien zugesicherte Prämien im Betrage von Fr. 1Î4,856. 05 ausbezahlt worden.

Diese Summe wird aus demjenigen Teil des den Kantonen zugesicherten Kredites für Hebung der Rindviehzuch gedeckt, der nicht zur Einzelprämiierung von Zuchtstieren, Itihen und Rindern verwendet wird.

III.

Bodenverbesserungen.

Von den in den früheren Jahren für Bodenverbeserungen zugesicherten Bundesbeiträgen sind im Berichtsjahre an teilweise oder ganz vollendete Unternehmen Fr. 480,773. 11 lusbezahlt worden.

Acht Kantonen wurde überdies eine Summe von Fr. 3,297. 22 als Beitrag an die Besoldungen ihrer Kulturtechniker ud an die Kosten von kulturtechnischen Arbeiten ausbezahlt.

IV. Yiehseuchenpolizei.

Die Maul- und Klauenseuche hat im Berichtsjahre bdeutend abgenommen. Es sind nur 1108 Stück Grossvieh und 120 Stück Kleinvieh von der Krankheit ergriffen worden, gegenü'er 2614 Stück Grossvieh und 2080 Stück Kleinvieh im vorherehenden

175

Jahre. Diese Tatsache dürfte den Landwirten zur Genugtuung gereichen.

Die Einnahmen für die Viehseuchenpolizei an der Grenze überstiegen die Ausgaben um Fr. 101,339. 80. Dieser Betrag ist dem eidgenössischen Viehseuchenfonds zugewiesen worden, der damit heute eine Höhe von Fr. 2,213,880. 22 erreicht.

T. Massuahmeu gegen Schäden, welche die landwirtschaftliche Produktion bedrohen.

Die Reblaus dringt immer weiter vor. Ihr Vorhandensein ist zum erstenmal in den Kantonen Basellandschaft und Wallis konstatiert worden. Die Herkunft der Ansteckung konnte nicht sicher festgestellt werden.

Acht Kantonen ist ein Beitrag von Fr. 205,803. 05 an die im Jahre 1905 für die Bekämpfung dieser Plage gemachten Auslagen ausgerichtet worden.

Die Hagelversicherung weist eine neue Zunahme auf. Die Zahl der Policen betrug Fr. 55,143, die Versicherungssumme Fr. 54,834,099, und der Bundesbeitrag Fr. 173,359. 15.

176

Departement des Innern.

Die schon seit längerer Zeit als dringlich anerkannte Reorganisation des Departementes ist in Arbeit. Sämtliche Abteilungschefs haben ihre Berichte erstattet und es steht zu hoffen, dass die Vorlage des Bundesrates den eidgenössischen Katen im laufenden oder folgenden Jahre zugehen werde. Durch die Annahme des Lebensmittelgesetzes ist die Erledigung dieser Angelegenheit noch dringender geworden.

H. Vollziehung der Bundesverfassung und eidgenössischen Gesetze.

2. Mass und Gewicht.

Die Zahl der Teilnehmer an den Eichmeisterkursen ist immer eine sehr kleine. Der vorgesehene Frühjahrskurs wurde nicht abgehalten, da sich nur ein Teilnehmer für denselben angemeldet hatte, und am Herbstkurs beteiligten sich drei Eichmeister. Es dürfte hier, angesichts der so schwachen Frequenz dieser Kurse, doch die Frage geprüft werden, ob nicht dieselben in ihrer Zahl reduziert werden sollten.

Im Berichtsjahre sind Klagen eingelaufen, dass Gasmesser in dem einen Kanton als eichfähig anerkannt, in dem andern aber zurückgewiesen wurden.

Die von der eidgenössischen Eichstätte vorgenommene Kontrolle ergab die Notwendigkeit der Neuprüfung der Kubizierapparate in Zürich, was eine Neuteilung der dortigen Messeinrichtungen zur Folge hatte. Seither sind diese Klagen verstummt.

177 III. Gesetzgebung.

Die Vollziehungsvorschriften und Réglemente für das am 10. Juni 1906 angenommene Lebensmittelgesetz sind ausgearbeitet. Dieselben werden noch im Laufe dieses Jahres den interessierten Fachverbänden zur Ansichtsäusserung zugestellt und mit Beginn 1908 oder spätestens am 1. Juni 1908 soll das Gesetz in Kraft treten.

V. Arbeiten der subventionierten und Vereine.

Gesellschaften

3. Idiotikon der deutsch-schweizerischen Mundarten.

Der im Geschäftsbericht pro 1905 in Schluss des Buchstabens R konnte in der stattfinden und wird auch voraussichtlich noch nicht erfolgen.

Die vermehrte Bundessubvention für vaterländischer Eigenart wird zweifellos die in etwas raschere Gangart bringen.

Aussicht genommene Berichtsperiode nicht im laufenden Jahre dieses schöne Werk Vollendung desselben

10. Unterstützung der Musik.

Die Verwendung der Bnndessubvention von Fr. 5000 seitens des Vereins schweizerischer Tonkünstler dürfte kaum in allen Teilen den Intentionen der eidgenössischen Räte entsprechen.

Wir nehmen jedoch Umgang, auf die Frage weiter einzutreten, da der Bundesrat eine grundsätzliche Regelung dieses Beitrages im Anschluss an das Postulat vom 10. Juni 1904 in Aussicht stellt.

23. Schweizerische permanente Schulausstellungen.

Wir können uns mit den vom Bundesrat in diesem Abschnitt erörterten Grundsätzen, die bei der Bemessung der Subventionen in diese Ausstellungen bisher zur Anwendung gelangt sind, nur einverstanden erklären. Die gegenwärtige Verteilung dieser Beiträge erscheint uns vom Standpunkte des Rechtes und der Billigkeit angemessen zu sein.

178

Vu. Polytechnische Schule.

Die im Berichte des Bundesrates enthaltenen Zahlen sind ein Beweis für die immer zunehmende Frequenz unserer höheren Lehranstalt. Leider macht sich der Mangel an den nötigen Räumlichkeiten immer mehr fühlbar. Einer der Sammlungsdirektoren des Polytechnikums charakterisiert die jetzige Sachlage mit folgenden Worten: ,,Der Gesarntbestand unserer Sammlungen lässt sich dahin zusammenfassen : für Lehre und Forschung herrliches Material, aber vor Raummangel vielfach unbenutzbar und in dem baufälligen Gebäude beständige Lebensgefahr sowohl für die herrlichen Sammlungsgegenstände selbst, als auch für uns und die Studierenden.a Wegen Baufälligkeit des Hauptgebäudes musste ein Teil der geologischen und mineralogischen Sammlungen in eine hierfür erstellte Baracke verbracht und die Demonstrationen vor ganzen Abteilungen in den Sammlungen sehr eingeschränkt werden.

Wirksame Mittel zur Abhülfe lassen sich aber erst ergreifen, wenn der Aussonderungsvertrag mit dem Kanton Zürich allseitig ratifiziert ist. Immerhin möchten wir bei diesem Anlasse auf die Dringlichkeit der Sache hinweisen und sie der Aufmerksamkeit der eidgenössischen und kantonalen Behörden empfehlen.

vni. Gesundheitsamt.

Der Bnndesrat macht in seinem Berichte auf den sehr starken Rückgang in der Zahl der tierärztlichen Prüfungen aufmerksam. Die fünfjährige Durchschnittszahl von 33 ist im Jahre 1906 auf 17 gesunken. Für diesen ausserordentlichen Rückgang werden die viel strengern Zulassungsbedingungen zu den Prüfungen verantwortlich gemacht. Wir halten dafür, dass diese Erscheinung durch den Bundesrat einer eingehenden Prüfung unterzogen werden soll, denn eine erhebliche Reduktion der Tierärzte wäre vom Standpunkte der Landwirtschaft wie derjenigen der Viehseuchenpolizei sehr zu bedauern.

DL Statistisches Bureau.

Von den im Laufe der Berichtsperiode erschienenen Publikationen möchten wir die Ergebnisse der eidgenössischen Betriebszählung, sowie das schweizerische Ortschaftenverzeichnis hervorheben.

179 Besonders stark war das statistische Bureau durch die Verifikationen von Unterschriften für Referendums- und Initiativbegehren in Anspruch genommen. Es hatte über 200,000 Unterschriften zu prüfen.

X. Schweizerische Landesbibliothek.

Mit Genugtuung konstatieren wir, dass der Zuwachs der Landesbibliothek, der früher als ganz abnormal und für die Räumlichkeiten als sogar bedrohlich bezeichnet wurde, bedeutend zurückgegangen ist. Wir möchten der Bibliothekleitung neuerdings Zurückhaltung, namentlich in der Sammlung von sogenannten Geschäftspapieren und andern Erzeugnissen der Buchdruckerkunst, die nur rein privaten, vorübergehenden Wert haben, empfehlen.

XIII. Oberbauinspektorat.

Oberaufsicht über Wasserpolizei.

Ueber die Ausführung des Diepoldsauerdurchstiches sind Meinungsverschiedenheiten entstanden, namentlich seitdem von technischer Seite diese Arbeit als zum Teil überflüssig und der frühere Kosten Voranschlag um mehr als 18 Millionen Franken zu niedrig bezeichnet worden ist. Die schweizerischen Behörden haben nicht ermangelt, die Regelung dieser Frage nach Kräften zu fördern ; auf die letzte daherige Note an die österreichische Regierung vom 27. November 1906 steht aber noch die Antwort aus.

Hydrometrisches Bureau.

Die Sicherung der einheimischen Wasserkräfte für den elektrischen Bahnbetrieb hat mit dem Erwerb der sämtlichen.

Wasserkräfte der obern Le ventina durch die Gotthardbahn ihren Anfang genommen. Wir -begrüssen diesen Schritt und hoffen nur, es werde in gleicher Weise auch in den übrigen Landesteilen für die spätere Elektrifizierung der Bundesbahnen rechtzeitig Vorsorge getroffen werden.

XIV. Direktion der eidgenössischen Bauten.

Das Postulat vom 22. Juni 1904, wodurch der Bundesrat eingeladen worden ist, die Frage zu prüfen, ob nicht das Ver-

180 fahren betreffend die Vergebung öffentlicher Arbeiten einheitlich zu ordnen sei, ist auch im Berichtsjahre nicht erledigt worden.

Wenn wir auch die Schwierigkeiten, die der definitiven Lösung dieser Frage entgegenstehen, nicht verkennen, so glauben wir doch, dass die Bundesbehörden hier initiativ vorgehen und nicht die Regelung des Submissionsverfahrens in den einzelnen Kantonen abwarten sollten.

Anerkennend wollen wir die Bestrebungen der eidgenössischen Baudirektion hervorheben, bei eidgenössischen Bauten sich dem Lokaltypus der in Frage kommenden Ortschaft in Architektur und Anlage möglichst anzupassen.

Der Bauplatz für das Weltpostdenkmal in Bern ist nunmehr beinahe fertiggestellt. Ob das Denkmal im Laufe des Jahres 1907 zur Aufstellung gelangt, ist noch ungewiss.

XV. Forstwesen, Jagd und Fischerei.

Die Ausführung von Art. 10 der bundesrätlichen Vollziehuugsverordnung zum Forstgesetz vom 30. November 1904 ist in verschiedenen Kantonen auf erhebliche Schwierigkeiten gcstossen.

Wir begrüssen es, dass der Bundesrat den von mehreren Kantonsregierungen gemachten Einwendungen Rechnung getragen und nur bei wichtigen Schutzwaldungen eine sofortige Ausführung des Art. 10 verlangt hat. Die schwierigen territorialen Verhältnisse einzelner Forstgebiete schliessen eine gleichmässige Durchführung dieses Artikels aus.

Eine Publikation der Ergebnisse über die Einmessungen der verschiedenen Gletscherzungen wäre auch im Geschäftsberichte angezeigt.

181

Politisches Departement.

Allgemeines.

Die nationalrätliche Kommission für die Geschäftsführung des Bundesrates im Jahre 1903 hat die Frage angeregt, ob nicht der Modus, demzufolge das Amt des Bundespräsidenten mit dem des Vorstehers des Politischen Departements verbunden wird, zu verlassen und zu dem Systeme des Jahres 1887 mit einem ständigen Departementsvorsteher zurückzukehren sei. Im Geschäftsberichte für das Jahr 1904 (Bundesbl. 1905, II, 872) hat der Bundesrat die Bereitwilligkeit ausgesprochen, die Angelegenheit zum Gegenstand besonderer Prüfung und Berichterstattung zu machen. Nachdem indessen der in Aussicht gestellte Bericht bis jetzt den eidgenössischen Räten noch nicht zugegangen ist, so erachten wir es nicht mehr als verfrüht, wenn wir heute dem Wunsche Ausdruck verleihen, es möchte der Bundesrat die Untersuchung dieser Angelegenheit nach Möglichkeit beschleunigen.

Internationale Angelegenheiten.

1. Mit grosser Befriedigung nimmt die Kommission an dieser Stelle davon Akt, dass die langjährigen Bestrebungen des Bundesrates, eine Verbesserung und Ergänzung der G e n f e r K o n v e n t i o n vom 22. August 1864 zu erzielen, mit Erfolg gekrönt worden sind. Die Verhandlungen der internationalen Konferenz, die auf den 11. Juni 1906 nach Genf einberufen worden war, um die bisherige Konvention einer Durchsicht zu unterziehen, haben am 6. Juli 1906 zur Unterzeichnung der neuen. ,, Ü b e r einkunft zur Verbesserung des Loses der Verwund e t e n u n d K r a n k e n d e r H e e r e i m F e l d e a geführt.

Gleich ihrer Vorgängerin gehört diese Übereinkunft, die zahlreiche Bundesblatt. 59. Jahrg. Bd. IV.

13

182 Fortschritte zu verwirklichen berufen ist, zu den bedeutendsten Errungenschaften auf dem Gebiete des Völkerrechtes. Bis zur Stunde haben von den von der Konferenz vertretenen Staaten die Schweiz, der Kongostaat, die Vereinigten Staaten von Amerika, Grossbritannien, Italien, Russland und Siam der Konvention vom 6. Juli 1906 die Ratifikation erteilt. Von Seiten Grossbritanniens wurde der Vorbehalt, den seine Bevollmächtigten bei der Unterzeichnung der Übereinkunft zu den Art. 23, 27 und 28 gemacht haben, fallen gelassen.

2. Im Jahre 1902 hat der in der Republik Haïti ansässige Genfer Bürger F r a n z A d d o r während der dortigen Revolution dadurch Schaden erlitten, dass bei Anlass der Erstürmung des Ortes Petit-Goâve durch die Truppen der provisorischen Regierung sein Wohnhaus eingeäschert wurde. Der Vertreter des Deutschen Reiches in Port-au-Prince hat die Schadenersatzansprüche unseres Mitbürgers bei der Regierung von Haïti anhängig gemacht, und es ist diesem von der zur Prüfung der deutschen und schweizerischen Ersatzforderungen eingesetzten Kommission in der Folge eine Entschädigung von 2100 Dollars G-old zugesprochen worden.

Im Berichtsjahre hat die Angelegenheit in der Weise ihren Abschluss gefunden, dass der Kongress von Haiti die für die Ausrichtung der Entschädigungen erforderlichen Geldmittel bewilligte.

Addor wird die ihm zuerkannte Ersatzsumme in vier Jahresraten ausbezahlt erhalten.

Mit etwelchem Befremden haben wir dagegen der Berichterstattung des Bundesrates entnommen, dass die Reklamation der Schweizerfirma B r a i l l a r d F i l s & Ci e. in Paris noch immer der Erledigung harrt. Durch Dekret vom 8. August 1902 hat die Regierung der Vereinigten Staaten von Brasilien die von der brasilianischen Verfassung gewährleistete freie Schiffahrt auf dem Amazonenstrome plötzlich aufgehoben, indem sie den freien ·Transit der aus Bolivia kommenden und dorthin gehenden Waren untersagte. Am 10. August, zwei Tage später, wurde für das Haus Braillard Fils & Cie., das damals von jenem Dekrete noch keine Kenntnis besass, auf dem Rio Beni in Bolivia, einem Nebenflusse des in den Amazonenstrom mündenden Rio Madeira, eine Sendung Kautschuk verschifft. Als diese auf brasilianischem Gebiete eintraf, wurde sie zunächst von der Militärbehörde und hernach von der Zollverwaltung mit Transitgebiihren
im Gesamtbetrage von über Fr. 75,000 belegt. Der Bundesrat hat sich durch Vermittlung des schweizerischen Generalkonsulates in Rio de Janeiro über dieses ausserordentliche Vorgehen bei der bra-

183 silianischen Regierung beschwert, und es zeigte diese insofern Entgegenkommen, als sie ihr Dekret vom 8. August 1902 schon im Februar 1903 zurücknahm, dagegen hat sie über das Begehren der Firma Braillard Fils & Cie. um Rückerstattung jener Transitgebühren und um Vergütung des erwachsenen Schadens noch immer keine Entscheidung getroffen. Wir ersuchen den Bundesrat, dahin zu wirken, dass diese Angelegenheit einer baldigen Erledigung entgegengeführt wird.

3. Die meisten Staaten Europas haben mit dem Königreich S i am Niederlassungs- und Handelsverträge abgeschlossen und sich darin die Gerichtsbarkeit über ihre in Siam lebenden Angehörigen vorbehalten. Sie üben diese Jurisdiktion durch ihre Konsulate aus. Bis jetzt hat die Schweiz mit dem Königreich Siam noch keinen derartigen Vertrag vereinbart und ebensowenig verfügt sie dort über eine konsularische Vertretung. Die in Siam niedergelassenen Schweizerbürger haben sich bis in die letzte Zeit unbeanstandet unter deutschen oder französischen Schutz gestellt.

In einer voriges Jahr in der ,,Neuen Zürcher Zeitung" erschienenen Einsendung wird von einem Schweizer, der lange im Osten sich aufgehalten hat, ernstlich über die ,,stiefmütterliche"1 Behandlung, welche die Schweizer in Siam seitens der Bundesbehörden zu erfahren haben, Klage geführt. Nach seiner Darstellung bestreitet gegenwärtig die Regierung von Siam den dort ansässigen Schweizerbürgern das Recht, sich unter den Schutz des Deutschen Reiches oder Frankreichs zu begeben, und macht Miene, sie, solange ein bezüglicher Staatsvertrag zwischen der Schweiz und Siam nicht besteht, gleich den Eingeborenen der siamesischen Gerichtsbarkeit zu unterstellen. Der Einsender behauptet, dass dessenungeachtet die Bundesbehörden nur wenig Geneigtheit zeigen, dem von Schweizern in 'Siam geäusserten Wunsche entsprechend, mit der siamesischen Regierung in Vertragsunterhandlungen zu treten ; er macht dabei auch geltend, dass der Bundesrat den günstigsten Augenblick hierfür bereits vor einigen Jahren, als der König von Siam in der Schweiz weilte, verpasst habe.

Diese Einsendung ist von einer zürcherischen Exportfirma den beiden Räten mit der Bemerkung zugestellt worden, dass der Zeitungsartikel in den interessierten Kreisen Aufsehen errege, und man dort allgemein die Ansicht vertrete, dass zum Schutze unserer Landsleute in Bangkok etwas geschehen sollte.

184 An Hand des uns vorgelegten Aktenmaterials sind wir in dieser Sache zu der Überzeugung gelangt, dass die den Bundesbehörden gegenüber erhobenen Vorwürfe vollständig der Begründung entbehren. Kurz nach dem Besuche des Königs Chulalongkorn in der Schweiz (1897) hat der Bundesrat sich bemüht, zum Zwecke des Abschlusses eines Freundschafts-, Niederlassungsund Handelsvertrages mit der siamesischen Regierung Unterhandlungen anzubahnen. Dieser Versuch scheiterte jedoch an der Haltung genannter Regierung, die ihrerseits darauf bestand, dass die Schweiz auf die bisanhin allen europäischen Staaten eingeräumte Konsulargerichtsbarkeit, sowie auf die Protektion der Schweizerbürger durch eine befreundete Nation verzichte und in die Ausdehnung der siamesischen Jurisdiktion auf die in Siam lebenden Schweizer einwillige. Die siamesische Regierung verfolgt gegenwärtig, das Beispiel Japans nachahmend, die Tendenz, allmählich alle Fremden der einheimischen Gerichtsbarkeit zu unterwerfen, und sie hat auch am 25. Februar 1898 mit Japan auf dem Fusse der Meistbegünstigung einen Vertrag abgeschlossen, der die Bestimmung enthält, dass die in Siam bestehenden japanischen Konsulargerichte auf den Zeitpunkt der Vollendung der im Gange befindlichen siamesischen Justizreform aufgehoben werden sollen. Mit Recht hat die Schweiz es abgelehnt, zuerst von den europäischen Staaten in die von diesen in Siam befolgte Politik eine Bresche zu legen und so von vorneherein den Vorteil preiszugeben, den die im Königreich Siam ansässigen Schweizerbürger für sich in erster Linie aus einem Staatsvertrage zwischen den beiden Ländern erhoffen. In neuester Zeit hat die Regierung von Siam in der Tat den dortigen Schweizern das Recht bestritten, sich unter deutschen Schutz zu stellen und sich auf diese Weise der siamesischen Gerichtsbarkeit zu entziehen.

Sie beruft sich zur Begründung ihres Standpunktes darauf, dass zwischen der Schweiz und Siam ein Staatsvertrag nicht bestehe und dass auch der deutsch-siamesische Vertrag vom 7. Februar 1862 einer Bestimmung über die Unterstellung der Schweizer unter die deutsche Konsulargerichtsbarkeit ermangle. In anerkennungswerter Weise ist indessen die deutsche Reichsregierung bestrebt, bei den zurzeit schwebenden Unterhandlungen über ein Abkommen zwischen dem Deutschen Reiche und Siam zwecks Ergänzung
und Abänderung des Handelsvertrages vom Jahre 1862 das Recht der in Siam wohnenden Schweizerbiirger, sich unter deutschen Schutz und deutsche Gerichtsbarkeit zu stellen, zur Anerkennung zu bringen. Ob in dieser Richtung ihre Bemühungen von Erfolg sein werden, bleibt vorerst abzuwarten.

185 Der Vollständigkeit halber mag hier beigefügt werden, dass in dem Zusatzübereinkommen, das Italien am 8. April 1905 mit Siam in Abänderung des italienisch-siamesischen Handelsvertrages vom Jahre 1868 vereinbart hat, die italienische Regierung ausdrücklich darauf verzichtet, in Siam ihren Schutz auf andere Personen als die eigenen Staatsangehörigen auszudehnen.

Auswanderung.

Die in gewohnter Weise einlässlich gehaltene Berichterstattung des Auswanderungsamtes enthält eine Reihe interessanter Details über die Gestaltung des Auswanderungswesens in der Schweiz im Jahre 1906. Im übrigen hebt der Bericht mit Recht hervor, dass innerhalb 25 Jahre, d. h. seit dem Inkrafttreten des ersten Bundesgesetzes betreffend den Geschäftsbetrieb von Auswanderungsagenturen (12. April 1881), abgesehen von der grossartigen Entwicklung des Schiffahrtsverkehrs, in der Beförderung der Auswanderer und der Regelung ihrer Anstände mit den Transportfirmen ganz namhafte Fortschritte erzielt werden konnten.

Seit dem Jahre 1881 sind im ganzen nicht weniger als 165,666 Pei'sonen aus der Schweiz nach überseeischen Staaten ausgewandert.

Immer grössere Bedeutung erlangt von Jahr zu Jahr der T r a n s i t ausländischer Auswanderer durch die Schweiz, deren Zahl 1906 ungefähr 47,000 erreicht hat. Diese Auswanderer, die sogenannten Transitpassagiere, die von ausländischen Agenten wegen der Regelmässigkeit des Auswanderungsverkehrs in der Schweiz unsern Agenturen zur Beförderung von einer schweizerischen Grenzstation nach dem Einschiffungshafen zugewiesen werden, bilden die Quelle mannigfacher Unzukömmlichkeiten.

Wir gehen hier mit der Auffassung des Bundesrates durchaus einig, dass die schweizerischen Agenturen auch hinsichtlich der Spedition dieser Transitpassagiere den Vorschriften unserer Auswanderungsgesetzgebung unterworfen sind.

Wir billigen unserseits gleichfalls den Entscheid, mit dem der Bundesrat einer in Zürich wohnhaften Person die Erlaubnis zur Vertretung eines Kolonisationsunternehmens verweigerte, das die Besiedelung von Ländereien in den Staaten Missouri und Arkansas zum Zwecke habe sollte, und nehmen im übrigen an, dass er auch der Tätigkeit des in Zürich gegründeten Auswanderungsvereins seine volle Aufmerksamkeit zuwenden werde.

186

Post- und Eisenbahndepartemeot.

I. Eisenbahnwesen.

A. Allgemeines.

2. Gesetze, Verordnungen und Postulate.

Wir nehmen gerne davon Notiz, dass die Untersuchungen behufs Erledigung des Postulates betr. die Reorganisation des Eisenbahndepartementes fortgesetzt werden.

3. Eisenbahnrückkauf und Verwaltung der Bundesbahnen.

Dem Berichte zufolge berechtigen die mit Deutschland und Italien, sowie mit der Direktion der Gotthardbahn eingeleiteten Unterhandlungen zu der Annahme, dass auch diese Bahn freihändig erworben werden könne.

Wir setzen das Vertrauen in den Bundesrat, dass er bei Durchführung dieses bedeutenden Werkes die Interessen des Bundes in bester Weise wahrnehmen werde.

4. Internationale Verhältnisse.

Die Eröffnung des Betriebes des Simplontunnels hat am 1. Juni stattgefunden.

Dieses wichtige Ereignis, das ein ruhmvolles Blatt in unserer Geschichte bildet und neue und engere Verbindungen mit einem befreundeten Nachbarstaate zur Folge haben wird, hat in der Schweiz und in Italien Anlass zu glänzenden Festlichkeiten gegeben.

Allgemein hegt man die Zuversicht, dass die grossen Opfer, welche die Durchführung dieses Werkes dem Lande gekostet hat, die erwarteten guten Früchte tragen werden.

O

187 Nachdem die mit Bezug auf den Durchstich der Westalpen eingegangenen Verpflichtungen auf diese Weise erfüllt worden sind, wendet sich die öffentliche Meinung den Bedürfnissen des östlichen Gebietes der Alpen und den dieser Region gemachten Versprechungen zu.

Es sind zwei verschiedene Konzessionsgesuche für eine Ostalpenbahn eingereicht worden, das eine von einem interkantonalen Komitee, das sich den Durchstich der Greina zum Ziel gesteckt hat, und das andere von der Regierung des Kantons Graubünden für eine Splügenbahn.

Das Eisenbahndepartement hat die Generaldirektion der Bundesbahnen eingeladen, über die beiden Konzessionsgesuche ein einlässliches Gutachten abzugeben.

Das hochwichtige Problem des dritten Alpendurchstiches, der den Schlnssstein eines stolzen Gebäudes bilden wird, erheischt in allen seinen Teilen eine gründliche Vorbereitung und man darf wohl hoffen, dass der Bundesrat in absehbarer Zeit in der Lage sein werde, eine den Interessen des Bundes entsprechende Lösung vorzuschlagen.

C. Technische Kontrolle.

1. Bahnanlagen und feste Einrichtungen.

Der Bericht gibt Aufschluss über die in der Ausführung begriffenen wichtigen Arbeiten.

Dagegen geht aus demselben hervor, dass die Verhandlungen mit den interessierten Behörden und Ortschaften betreffend deu als notwendig und dringend anerkannten Umbau und die Vergrösserung mehrerer Bahnhöfe noch nicht zum Abschluss gelangt sind. Wir ersuchen den Bundesrat, die nötigen Schritte zum Zwecke einer baldigen Lösung dieser Frage zu tun.

Ausbau auf zweite Spur.

Das im Jahre 1900 aufgestellte Programm für die Erstellung von Doppelspuranlagen hat bis jetzt noch nicht vollständig durchgeführt werden können. Auf mehreren Strecken ist das zweite Geleise gelegt worden ; für einige Strecken wurden die Planvorlagen genehmigt und für andere sind sie noch in Behandlung.

188

Aus dem Berichte ergibt sich, dass der Bundesrat es sich angelegen sein lässt, die infolge der steten Verkehrszunahme immer dringender werdende Frage der Doppelspuranlagen nach Möglichkeit zu fördern.

Gegen den Beschluss des Bundesrates vom 2. Februar 1906, durch welchen der Bau der zweiten Spur auf den Strecken Luzern-Immensee, Brunnen-Plüelen und Giubiasco-Chiasso verfügt worden ist, hat die Grotthardbahngesellsehaft an die Bundesversammlung rekurriert. Dieser Rekurs ist bis jetzt nur vom Ständerat behandelt worden.

Wenn wir auch bedauern, dass der Entscheid des Bundesrates nicht früher getroffen worden ist, so gereicht uns derselbe doch zur Genugtuung, denn der Bau des zweiten Geleises auf der Gotthardbahn ist infolge der ausserordentlichen Dichtigkeit des Zugsverkehrs, der stets noch zunimmt, zur Notwendigkeit geworden und liegt im Interesse der Gotthardbahn sowohl als der übrigen Hauptbahnen, auf deren Verkehr er einen günstigen Einfluss ausüben wird.

Die Strecke Lugano-Chiasso, auf der die Tunnels, Brücken und anderen Kunstbauten von Anfang an für Doppelspur gebaut worden sind, könnte in kürzester Frist vervollständigt werden.

Der Ausbau auf Doppelspur würde der Stockung im Güter- und Personenverkehr zum grossen Teile abhelfen, welche durch den Umstand verursacht wird, dass nicht nur Güter-, sondern auch die Lokal- und sogar internationale Züge in den Zwischenstationen die Durchfahrt anderer Züge abwarten müssen. Es würde dies zur Folge haben, dass eine der Ursachen der Zugsverspätungen, die sich auf dem ganzen schweizerischen Netz fühlbar machen,, in Wegfall käme.

Wir erlauben uns, den Bundesrat auf diesen Punkt aufmerksam zu machen.

Einführung des elektrischen Betriebes.

Wir konstatieren mit Vergnügen, dass die Arbeiten d e r s c h w e i z e r i s c h e n S t u d i e n k o m n i i s s i o n f ü r elektrischen B a h n b e t r i e b kräftig gefördert worden und dass die auf einige der wichtigsten Fragen bezüglichen Studien abgeschlossen sind.

Dagegen befindet sich der von der Maschinenfabrik Örlikon auf der Bahnstrecke Seebach-Wettingen unternommene Versuch des elektrischen Betriebes immer noch in der Bauperiode. Auf der Strecke Seebach-Regensberg, also auf einer Länge von 6 km.j

189 haben Versuchsfahrten ausgeführt werden können. Der Bundesrat hofft, das die ganze Versuchsstrecke (19 km.) im Jahre 1907 fertig gestellt werde.

Der elektrische Betrieb am Simplem, zwischen Brig und Iselle, für den die Installationsarbeiten von der Firma Brown, Boveri
Der Betrieb wickelte sich im Berichtsjahr glatt ab und es kann der elektrische Versuchsbetrieb durch den Simplontunnel als gelungen bezeichnet werden, was zu weiteren derartigen Anwendungen anregen dürfte.

Inspektion und Kontrolle der Bahnen.

Wir bemerken, dass die Inspektion und die Kontrolle der Spezialbahnen und der städtischen Strassenbahnen nicht stattgefunden haben und geben der Hoffnung Raum, dass diese wichtigen Arbeiten im Jahre 1907 werden nachgeholt werden. Die Sicherheit des Publikums erheischt die strengste Überwachung der städtischen Strassenbahnen.

Zustand der Bahnen.

Wiveauütaergänge und Bahnabschluss.

Wir sind mit den auf Unterdrückung der Niveauübergänge und ihre Ersetzung durch Über- oder Unterführungen hinzielenden Bestrebungen einverstanden. Die Niveauübergänge sollten überall, hauptsäch'ich aber auf den doppelgeleisigen Linien, soweit möglich zum Verschwinden gebracht werden.

2. Rollmaterial.

Den Berichte zufolge herrschte letzten Herbst ein empfindlicher Msngel an Güterwagen, was das eidg. Eisenbahndepartement veranlaste, beim Eisenbahnverband vorstellig zu werden. Es wird n.bht gesagt, welches Resultat diese Vorstellungen hatten.

Angesichts der stetigen Verkehrszunahme, welche sich hauptsächlicl im Herbst, zur Zeit der grossen Transporte von Wein, Getreue und anderen landwirtschaftlichen Produkten, bemerkbar

190 macht, sollte man unseres Erachtens genügende Garantien dafür verlangen, dass die erwähnten Unzukömmlichkeiten sich nicht wiederholen werden.

3. Bahnbetrieb.

Der Übelstand der Zugsverspätungen, welcher seit einigen Jahren immer Anlass zu Bemerkungen gibt, hat sich bedeutend verschärft und die Zahl der Verspätungen, namentlich auf den Linien der Bundesbahnen, eine noch nie dagewesene Höhe erreicht.

Mehrere der im Berichte aufgezählten Ursachen könnten ohne grosse Schwierigkeiten aus der Welt geschafft werden. Wir machen u. a. darauf aufmerksam, dass bei der Ausarbeitung der Fahrpläne der stetigen, von Jahr zu Jahr wachsenden Verkehrszunahme, dem jedes Jahr periodisch wiederkehrenden ausserordentlichen Andrang und den nächstens sprichwörtlich gewordenen Zugsverspätungen auf gewissen internationalen Bahnhöfen nicht gebührend Rechnung getragen wird.

Die Legung des zweiten Geleises auf den wichtigeren Verkehrsadern und die Vermehrung der Geleise in einzelnen Bahnhöfen wird hier etwelche Abhülfe schaffen.

Der Bundesrat hat sich mit Recht mit dieser Sachlage und ihren unvermeidlichen Folgen beschäftigt. Wir sind mit seinen Bestrebungen einverstanden und halten energische Massnahmen für angebracht.

C. Administrative Kontrolle.

b. Transportwesen.

Die übermässige Anhäufung -von Gepäckstücke» in den Personenwagen der Linien mit grossem Verkehr biHet einen Übelstand, der schon zu vielen Beschwerden Anlass gegeben hat.

Es bestehen allerdings diesbezügliche Vorschriften, diren Anwendung aber zu wünschen übrig lässt. Wir geben zu, dass es eine undankbare Aufgabe ist, das reisende Publikim und namentlich die Fremden zur Beobachtung der Reglermnte anzuhalten, wir erwarten aber dessen ungeachtet vom Burdesrate, dass er Mittel und Wege suchen werde, um diesem Übtlstande abzuhelfen.

191 Wir empfehlen dem Bundesrate auch, der auf Einführung von besonderen Polizeitransportwagen auf gewissen Eisenbahnrouten hinzielenden Anregung des eidg. Justiz- und Polizeidepartementes Folge zu geben.

II. Postverwaltung.

I. Allgemeines.

Das finanzielle Ergebnis der schweizerischen Postverwaltung im Jahre 1906 ist folgendes: Einnahmen Fr. 47,582,417. 95 Ausgaben ,, 43,903,358.40 Reinertrag

Fr.

3,679,059. 55

Der Reinertrag bleibt um Fr. 817,058.14 hinter demjenigen vom Jahre 1905 zurück. Dennoch ist dieses Ergebnis als ein günstiges zu bezeichnen, wenn man in Betracht zieht, dass mit dem 1. April 1906 die dreijährige allgemeine Erhöhung der Besoldungen des Postpersonals in Wirksamkeit getreten ist. Diese Erhöhung der Besoldungen beträgt auf die neun Monate des Berichtsjahrs berechnet in runder Summe allein Fr. 1,255,000; dazu kommen Mehraufwendungen an Besoldungen für Dienstverbesserungen aller Art, so dass die Gesamtmehrausgabe an Besoldungen und Vergütungen im Jahr 1906 gegenüber dem Vorjahre Fr. 2,096,018. 45 beträgt.

Mit Einschluss der Nachtragskredite ergibt sich gegenüber dem Voranschlag eine Mehreinnahme von Fr. 2.545,059. 55.

Alle Hauptrubriken sowohl des internen als des internationalen Verkehrs haben im Vergleiche zum Jahre 1905 Mehreinnahmen zu verzeichnen ; die Zunahme ist namentlich bemerkenswert in der Rubrik Wertzeichen, welche einen Überschuss von Fr. 2,012,160. 52 aufweist.

II. Vorlagen an die Bundesversammlung und Erlasse derselben.

Durch die Vorlage des Entwurfes zu einem einheitlichen Bundesgesetze über das Postwesen hat das Postulat betreffend

192 Herabsetzung der Zeitungstransporttaxe auf 3/* Rappen seine Erledigung gefunden. Der Entwurf entspricht dem diesbezüglichen Begehren.

III. Wichtigere Entscheide und Beschlüsse des Bundesrates, sowie des Departementes.

Für die neuen Postmarken hat der Bundesrat unter dea zahlreichen Entwürfen der engern Konkurrenz unter Schweizerkünstlern den Entwurf des Malers Albert Welti, den Teilknaben darstellend, für die Taxwerte von 2, 3 und 5 Rappen und denjenigen des Herrn Eplattenier für die Marken von 10, 12 und 15 Rappen gewählt. Für die höheren Taxwerte von 20 Rappen aufwärts wird das bisherige Bild der stehenden Helvetia beibehalten.

Die Münzverwaltung hat die nötigen Vorkehren und Einrichtungen getroffen, um den neuen Wertzeichen eine künstlerisch einwandfreie Ausführung zu sichern. Die Postverwaltung hofft, dieselben bis September 1907 ausgeben zu können.

IV. Unterhandlungen, Abschlags und Vollziehung wichtiger Verträge.

Vom 1. Juli 1906 an ist die Brieftaxe im Gren/rayon zwischen der Schweiz und Frankreich von 15 auf 10 Rappen für je 15 g. ermässigt worden. Vom 1. Oktober 1907 an wird sich diese Herabsetzung für die Briefe bis auf ein Gewicht von 20 g. erstrecken.

Derartige Rayons mit reduzierten Taxen bestehen auch an der deutschen und an der österreichischen Grenze. Dagegen fehlt ein solcher an der Grenze gegen Italien, zum grossen Nachteil desjenigen Teiles der schweizerischen Bevölkerung, welcher seinen Wohnsitz südlich der Alpen hat und einen regen Geschäftsverkehr mit Oberitalien und Mailand unterhält. Es ist uns bekannt, dass die eidgenössische Postverwaltung bei den italienischen Behörden die Schaffung eines Grenzrayons in Anregung gebracht hat, jedoch ohne Erfolg.

Wir empfehlen dem Bundesrate, energisch auf die Schaffung eines derartigen Kaj-ons zu dringen, der sich auf italienischem Gebiet bis nach Mailand erstrecken sollte.

193 X. Kursdienst.

In einer zwischen dem Bundesrat und der Setealbahngesellschaft bestehenden Meinungsverschiedenheit betreffend die Auslegung von Art. 4 des Bundesgesetzes über Bau und Betrieb von Nebenbahnen, vom 21. Dezember 1899, hat das Bundesgericht unterm 14. Februar 1906 seinen Entscheid getroffen.

Dem Berichte zufolge hat das Bundesgericht sich grundsätzlich dahin ausgesprochen, dass die Postentschädigung bei der Ausrechnung des Reinertrages einer Bahn nicht in Betracht falle, und ·dass daher, wenn ohne die Postentschädigung der Reinertrag weniger als 4 °/o ausmache, die Postentschädigung im vollen Betrage ausgerichtet werden müsse, gleichgültig, ob dann der Reinertrag 4 °/o oder mehr betrage.

Der'Bundesrat ist der Meinung, dass dieser Entscheid schwerwiegende Folgen für die Finanzen der Postverwaltung haben werde und hat es sich angelegen sein lassen, die denselben drohende Gefahr abzuwenden.

In Nachachtung des Urteiles des Bundesgerichtes hat derselbe unterm 27. April 1907 einen Beschluss gefasst, der im Geschäftsberichte wiedergegeben ist.

Durch diesen Beschluss verzichtet der Bundesrat auf eine Revision des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1899 und er klärt, dass die dem Art. 4 dieses Gesetzes im Urteil des Bundesgerichts vom 14. Februar 1906 gegebene Auslegung auf alle Nebenbahnen, und zwar rückwirkend Anwendung finden soll.

Nach dem Berichte zu scbliessen, scheint dieser Beschluss allerdings nur einen vorübergehenden Charakter zu tragen, denn der Bundesrat behält sich vor, definitiv Stellung zu nehmen, nachdem die Angelegenheit in der Bundesversammlung zur Sprache gekommen sein wird.

Wenn wir das Urteil zur Hand nehmen, so sehen wir, dass das Bundesgericht anerkannt hat, dass dem Art. 4 zwei entgegengesetzte Auslegungen gegeben werden können. Es hat aber ausdrücklich erklärt, dass im vorliegenden speziellen Falle die Frage, welcher der beiden Interpretationen der Vorzug gegeben werden müsse, nicht von Belang sei, da ihm in erster Linie obliege, den Vertrag zu interpretieren und nicht das Gesetz. Die Auslegung des Vertrages hat dann den Richter dazu geführt, der Seetalbahngesellschaft Recht zu geben.

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Es wird sich also darum handeln, zu prüfen, ob die Postverwaltung auf Grund der von ihr mit den Nebenbahngesellschaften abgeschlossenen Verträge verpflichtet ist, die Postontschädigung auch dann zu bezahlen, wenn infolge dieser Entschädigung der Beinertrag auf mehr als 4 °/o steigt.

Wir vermögen die Ansicht des Bundesrates, welcher durch seinen ßeschluss vom 27. April die Anwendung des bundesgerichtlichen Entscheides in Sachen der Seetalbahn auf alle Nebenbahnen verfügt hat, nicht zu teilen, es sei denn, dass alle Verträge mit bezug auf die von der Postverwaltung eingegangenen Verpflichtungen mit demjenigen der Seetalbahngesellschaft übereinstimmen. Unter diesen Umständen billigen wir den Beschluss des Bundesrates vom 27. April, soweit darin von einer Revision des Gesetzes Umgang genommen wird.

Wenn der Bundesrat wünscht, dass die Bundesversammlung diese für die Finanzen der Postverwaltung sehr wichtige Frage näher prüfe, so steht ihm frei, eine besondere sachbezügliche Botschaft vorzulegen.

Am i. Juni wurden die ersten von der Postverwaltung angeschafften Postautomobilwagen zum Personentransport in Betrieb gesetzt. Nachdem während einigen Wochen Probefahrten mit zufriedenstellendem Resultat stattgefunden hatten, wurde der regelmässige Betrieb auf den Strecken Bern-Wohlen-Detligeo und Bern-Papiermühle eröffnet. Die Verwaltung hält es für verfrüht, schon heute ein Urteil über die dauernde Verwendung von Automobilwagen für den Personentransport und die finanziellen Ergebnisse, die bis jetzt wenig erfreulich sind, abzugeben.

Wir empfehlen der Verwaltung, ihre auf die Verwendung dieses neuen und nützlichen Verkehrsmittels, das dazu berufen erscheint, wichtige Dienste zu leisten, bezüglichen Studien und Untersuchungen fortzusetzen. Die grossen Fortschritte, welche tagtäglich in der Fabrikation der Automobile gemacht werden, bieten Gewähr dafür, dass alle Schwierigkeiten, namentlich diejenigen finanzieller Natur, welche gegenwärtig der Verwendung im grossen Massstabe dieser Wagen noch entgegenstehen, mit der Zeit werden überwunden werden.

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III. Telegraphenverwaltung.

I. Allgemeine Bemerkungen.

Das finanzielle Resultat des Jahres 1906 ist ein über Erwarten günstiges.

Einnahmen Ausgaben

Fr. 12,572,008. 70 ,, 11,560,710. 72 Aktivsaldo

Fr.

1,011,297. 98

Das Ergebnis ist um Fr. 595,298. 07 günstiger als dasjenige des Jahres 1905 und stellt sich um Fr. 1,659,593. 98 besser als der Voranschlag mit Einschluss der Nachtragskredite.

Der Aktivsaldo von Fr. 1,011,297. 98 wird als ausserordentliche Amortisation vom Baukonto abgeschrieben.

Da die von der stetigen Verkehrszunahme gezeitigten guten Ergebnisse zu der Erwartung berechtigen, dass wir auch in Zukunft gute Einnahmen zu verzeichnen haben werden, so dürfte es wohl nicht als gewagt erscheinen, wenn wir dem Bundesrate empfehlen, dem Publikum mit einigen Erleichterungen entgegenzukommen, als da sind die Herabsetzung der Telephonabonnementstaxe und die Abschaffung der Zuschlagstaxe für die in den Bahnhöfen aufgegebenen Telegramme.

Der Bundesrat ist dem Postulate Nr. 2 des Berichtes pro1905 teilweise nachgekommen. Laut einer Verordnung, die am 1. Januar 1907 in Kraft getreten ist, verzichtet die Eidgenossenschaft vom zehnten Jahre an auf die von den Gemeinden für Telegraphenbureaux mit geringem Verkehr zu leistenden Beiträge..

Wir begrüssen diese erste Konzession und würden es gerne sehen, wenn noch weitere Erleichterungen mit bezug auf die von den Gemeinden für die Errichtung von Telegraphen- und Telephonbureaux verlangten Leistungen Platz greifen würden.

Bei Feststellung des erfreulichen Rechnungsabschlusses warnt der Bericht vor jeder verfrühten Massregel, die eine wesentliche Schmälerung der Einnahmen oder eine empfindliche Mehrbelastung; zur Folge haben könnten.

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Zur Rechtfertigung dieses Standpunktes werden eine Anzahl ·Grilnde vorgebracht. Unter den in Aussicht gestellten grossen Ausgaben figurieren auch diejenigen, welche durch die häufigen Änderungen und Erneuerungen von Apparaten und durch die Notwendigkeit verursacht werden, die Installationen auf der Höhe der Zeit zu erhalten und mit den neuesten Errungenschaften auf dem Gebiete der Elektrotechnik, soweit sie im Telegraphenünd Telephonwesen Verwendung finden, Schritt zu halten. So ·sollen schon im Jahre 1907 die beiden Zentralen I. Klasse Bern und Genf umgebaut und mit Apparaten neuern Systems ausgestattet werden und weitere Stationen werden ihnen folgen.

Wenn wir auch gerne anerkennen, dass es von Nutzen ist, wenn die Verwaltung betreffs der auf dem Gebiete der Elektrotechnik gemachten Fortschritte auf dem Laufenden ist, so möchten wir uns doch erlauben, unsererseits die Verwaltung zu ermahnen, «ich durch die Leichtigkeit, mit der Änderungen vorgenommen werden .können, nicht in Versuchung bringen zu lassen.

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Finanz- und Zolldepartement.

A. Pinanzverwaltung.

I. Finanzbureau.

Gesetzgebung und Postulate.

Im Berichtsjahr haben die Vorarbeiten für die Konstituierung der schweizerischen Nationalbank ihren Anfang genommen.

Am 11. Januar dieses Jahres hat nämlich der Bundesrat, nachdem er festgestellt hatte, dass das Referendum gegen das Gesetz vom 6. Oktober 1905 nicht zu Stand gekommen war, dasselbe in Kraft erklärt und das Firianzdepartement beauftragt, die nötigen Massnahmen zu seiner Vollziehung zu treffen.

Diese Behörde machte sich sofort ans Werk und wir sind heute in der Lage, festzustellen, dass im Laufe des Jahres sukzessive das Aktienkapital beschafft, die erste Aktionärversammlung einberufen, zur Ernennung der Behörden (ßankrat und Bankaussehuss, Kontrollstelle) geschritten wurde, die Verteilung der Geschäfte unter die verschiedenen Abteilungen stattgefunden hat und ein Reglement über die Besoldungen der Beamten und Angestellten erlassen worden ist.

Mit Bezug auf diese mit der grösstmöglichen Schnelligkeit ·durchgeführten Vorkehren möchten wir nur der guten Aufnahme gedenken, welche die Einladung zur Zeichnung des Aktienkapitals bei den Kantonen und den Emissionsbanken sowohl als beim Publikum gefunden hat.

Ganz besonders ist der Erfolg der öffentlichen Subskription bemerkenswert, siud doch trotz der in Aussicht gestellten, gewiss bescheidenen Verzinsung statt der benötigten 20 Millionen von 12666 Zeichnern Fr. 67,855,000 angeboten worden.

Bundesblatt. 59. Jahrg. Bd. IV.

14

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Es ist dies ein gutes Zeichen und ein Beweis des Zutrauens^ welches der neuen Anstalt entgegengebracht wird. Wir wollen hoffen, dass dieselbe durch ihre Geschäftsführung die auf sie gesetzten Erwartungen erfüllen und den Wünschen des Landes entsprechen werde.

Was die verschiedenen, auf das Finanzdepartement bezüglichen Postulate betrifft, so geht die Kommission mit dem Bundesrat darin einig, dass sie als erledigt betrachtet werden können. Sie behält sich jedoch vor, im weiteren Verlaufe dieses Berichtes noch auf die Frage der Silberscheidemünzen zurückzukommen.

Bei Anlass der Reorganisation des Kartendruckes durch die Abteilung für Landestopographie und der Einrichtung von neuen Ateliers im Münzgebäude hat der schweizerische Gewerbeverein, in der Meinung, es könnte seinen Mitgliedern dadurch eine Konkurrenz erwachsen, eine Eingabe an den Bundesrat gerichtet.

Dieselbe ist von dieser Behörde in einer Weise beantwortet worden, die unseres Erachtens die Interessenten zufriedenstellen dürfte.

II. Finanzkontrolle.

Wir machen mit Vergnügen auf die nützliche, von der Finanzkotnmission der eidgenössischen Räte gespielte Rolle aufmerksam. Dieselbe hat im Laufe des Berichtsjahres, ausser der Prüfung des Voranschlages und der Staatsrechnung, in verschiedenen Zweigen der eidgenössischen Verwaltung Inspektionen und Kassenverifikationen vorgenommen.

Die Finanzkontrolle leistet fortwährend gute Dienste. Der Umstand hauptsächlich, dass kein Zahlungsmandat von der Staatskasse ausbezahlt werden darf, ohne dass es das Visum der Finanzkontrolle trägt, bietet Gewähr für eine absolute Sicherheit und Zuverlässigkeit. Dieser Abteilung liegt gegenwärtig auch ob, die Wiederholung von gewissen, bei Anlass der Prüfung der Staatsrechnung pro 1905 gerügten Missbräuche, welche ausserordentlieh hohe Repräsentationskosten zur Folge hatten, zu verhüten. Seither sind derartige Fälle, dank der vom Finanzdepartement getroffenen Vorbeugungs- und Kontrollmassregelu, nicht mehr vorgekommen.

Aus dem Berichte des Bundesrates ergibt sich, dass die Kontrollierung aller Kassen der eidgenössischen Verwaltung, der

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Kreispostdirektionen und der Zollverwaltung in gewohnter Weise stattgefunden hat.

Es handelt sich hier nur um die vom Finanzdepartement angeordneten und unvorhergesehenen Verifikationen, abgesehen von denjenigen, welche von den besonderen Organen jeder Verwaltung in grösserer Anzahl und in periodischen Zwischenräumen vorgenommen werden.

Unser Kontrollsystem scheint übrigens vollständig zu sein und bietet, wenn es gewissenhaft angewendet wird, jede wünschbare Garantie.

Dies ist jedoch im I. Zollkreis, Basel, nicht der Fall gewesen, wo der I. Direktionssekretär im Laufe mehrerer Jahre bedeutende Unterschlagungen begangen hat, die erst kürzlich entdeckt worden sind und die nur möglich waren, weil es dem; Direktor an der nötigen Autorität gebrach und die Kontrolle zvr wünschen übrig liess.

Von der Überzeugung getragen, dass die Inspektionen in den verschiedenen Verwaltungsabteilungen des Bundes gewissenhaft und eingehend durchgeführt werden, wollen wir gerne annehmen, dass es sich um einen Ausnahmefall handelt.

Wir geben anderseits sehr gerne zu, dass die Verwaltung die nötigen Massregeln getroffen hat, um Veruntreuungen zu verhüten, diese Massregeln sind aber nur dann wirksam, wenn sie sich auf eine streng durchgeführte Kontrolle stützen.

Unter diesen Umständen scheint es angezeigt, ausserordentlich streng zu sein und sofort gegen diejenigen mit den Verifikationen betrauten Beamten vorzugehen, welche die ihnen übertragene wichtige Aufgabe nicht pünktlich, genau und ohne Nachgiebigkeit erfüllen.

Es handelt sich bei den in letzter Zeit so häufig vorkommenden bedauerlichen Fällen nicht nur um eine Binbusse, welche die eidg. Staatskasse erleidet, sondern auch um etwas, das in unseren Augen viel wichtiger ist, um den guten Ruf der Verwaltung unseres Landes.

III. Banknotenkontrolle.

Ein grosser Teil des Berichtes des Finanzdepartementes ist der Lage und der Tätigkeit der Emissionsbanken im Berichtsjahre gewidmet. Da die über diesen Gegenstand gemachten

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Angaben nächstens aus dem Geschäftsbericht verschwinden werden, soweit sie sich nicht auf die Nationalbank beziehen, so können wir uns damit begnügen, zwei Punkte hervorzuheben.

Der erste betrifft den Gesamtbetrag der effektiven Notenemission, welche sich im Jahre 1906 auf dem Maximum von Fr. 244,750,000 gehalten hat und zu verschiedenen Malen ungenügend war; ein Beweis mehr, dass sie unverzüglich erhöht werden sollte. Der zweite betrifft die Zahl der Abschnitte von Fr. 50, an denen Mangel war. Die immer grössere Entwicklung der Geschäfte und der Umstand, dass die Banknote am meisten, auch bei den kleinsten Geschäften, als Zahlungsmittel verwendet wird, lassen diesen Mangel begreiflich erscheinen, der sehr lästig werden könnte, wenn er sich noch fühlbarer machen sollte.

Wir ersuchen deshalb den Bundesrat, sich bei dem neuen Emissionsinstitute dafür zu verwenden, dass diesem Übelstande abgeholfen werde.

Was die Noten der schweizerischen Nationalbank betrifft, so gibt der Bericht Aufschluss darüber, warum eine definitive Note nicht sofort hat hergestellt werden können und zur Anfertigung von Interimsnoten hat geschritten werden müssen.

Die Kommission billigt die angeführten Gründe, deren ·Berechtigung nicht in Abrede gestellt werden kann, hauptsächlich ·wenn die definitive Note ganz von schweizerischen Künstlern Hergestellt werden soll, was in der Absicht des Bundesrates zu liegen scheint und sehr wünschbar wäre.

Wir erklären uns also mit dem Vorgehen des Bundesrates einverstanden, in der Meinung jedoch, dass der provisorische Zustand nicht allzulange daure und nicht schliesslich definitiven Charakter erhalte.

· IV. Staatskasse.

Münzauswechslungsdienst.

Die auf Sanierung der Zirkulation der fremden Silberscheidemünzen hinzielenden Bestrebungen des Finanzdepartementes scheinen zu einer bedeutenden Besserung der Lage geführt zu haben, wenn man auf den Umstand abstellt, dass die Klagen betreffend die abgeschliffenen, beschädigten und nicht mehr kursfähigen Münzen fast ganz aufgehört haben.

Um diesen Zweck zu erreichen, hat man aber bei unseren Nachbaren, welche unser Land mit derartigen Münzen über-

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schwemmten, unaufhörlich vorstellig werden müssen, bevor sie sich entschliessen konnten, ihre von der Schweiz aus der Zirkulation zurückgezogenen Münzen zu übernehmen; möglicherweise haben -wir dieses Kesultat nur der Befürchtung zu verdanken, dass die Schweiz sich von der lateinischen Münzunion abwenden könnte.

Daraus ergibt sich, in welcher schwierigen Lage die eidgenössischen Behörden sich infolge der vom Publikum vorgebrachten berechtigten Reklamationen einerseits und der unbegreiflichen Ablehnung durch einige der Vertragsstaaten anderseits zeitweilig befinden. Es hat uns deswegen keineswegs überrascht, zu vernehmen, dass man diesen Übelständen durch ein Radikalmittel abzuhelfen sucht, und dass der Bundesrat der Frage der Nationalisierung der Scheidemünzen näher getreten ist.

Angesichts der merkwürdigen Behandlung, welche die Frage des Rückzuges der Münzen in gewissen Ländern erfährt, würden wir es begrüssen, wenn diese Massregel der Nationalisierung von den Vertragsstaaten allgemein durchgeführt würde, wie es übrigens in Italien schon der Fall ist.

Es wäre dies für die Schweiz das beste Mittel, um die Münzzirkulation zu sanieren, die Überschwemmung durch ausser Gebrauch gesetzte Münzen anderer Länder, welche nachher nur mit Widerstreben wieder zurückgenommen werden, zu verhüten und den Schwierigkeiten, mit denen unsere Bevölkerung zu kämpfen hat, und worüber sie sich mit Grund beklagt, abzuhelfen.

Wenn diese Massregel durchgeführt wird, so wird es uns eher möglich sein, eine Reserve von Silberscheidemünzen zu bilden, wodurch wir der Notwendigkeit enthoben würden, bei den anderen Vertragsstaaten immer wieder die Ermächtigung zu Neuprägungen nachzusuchen.

Dagegen sollte für die Prägungen von Scheidemünzen in den verschiedenen Staaten ein auf die Bevölkerung basiertes Maximalkontingent, vielleicht Fr. 18 oder 20 per Kopf vereinhart werden.

Tl. Münzyerwaltimg.

Die Münzverwaltung ist nun in ihrem zweckmässig eingerichteten neuen Gebäude installiert. Die Maschinen und übrigen Einrichtungen haben sich bestens bewährt.

202 Trotz der durch den Umzug und hauptsächlich durch das Auseinandernehmen, den Transport und die Zusammensetzung der zum Teil sehr schweren Maschinen verursachten Betriebseinstellung sind alle im Budget von 1906 vorgesehenen Prägungen zur Ausführung gelangt. Damit steigt die Totalzirkulation von schweizerischen Münzen .auf 208,226,000 Stücke im Werte von Fr. 152,605,000, wovon Fr. 97,000,000 in Gold, Fr. 45,230,000 in Silber, Fr. 9,400-,000 in Nickel und Fr. 975,000 in Billon.

Die Postmarkenfabrikation liess anfangs zu wünschen übrig.

Der Gebrauch der neuen Maschinen und die Verwendung eines für die Gummierung ungeeigneten Papieres boten gewisse Schwierigkeiten, die heute glücklich überwunden sind.

VII. Bureau für Gtold- und Silberwaren.

Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes weist das letzte Jahr die grossie Zahl der kontrollierten Gegenstände auf.

Im Berichtsjahre sind nämlich 4,226.696 goldene und silberne Uhrengehäuse, welche der obligatorischen Stempelung unterliegen und 85,498 Stück Bijouterie- und Silberwaren abgestempelt worden.

Diese Zahlen legen in erster Linie Zeugnis ab für das Aufblühen der Uhrenindustrie und beweisen auch, wenn man sie mit denjenigen der vorhergehenden Jahre vergleicht, dass der amtliche Kontrollstempel auf den Bijouterie- und Silberwaren je länger je mehr verlangt wird, und zwar, wie anzuehmen ist, von solchen Leuten, die sich gegen Betrug sicherstellen wollen.

Da die derartigen Begehren von Jahr zu Jahr zunehmen, so hat sich die Kommission gefragt, ob es nicht an der Zeit wäre, zum Zwecke der Sanierung des Handels mit Edelmetallen und um den Käufer zu schützen, die Frage der Einführung des Obligatoriums für Kontrollierung der Bijouterie- und Silberwaren wieder aufzunehmen.

Sie hat festgestellt, dass schon seit langer Zeit Klage geführt wird wegen strafbaren Handlungen, begangen beim Verkauf von Edelmetallen zum Nachteil des Publikums, das nicht in der Lage ist, sich über den Wert der Ware Rechenschaft zu geben. In den letzten Jahren sind diese Klagen häufiger geworden, infolge der Vermehrung von Fabriken, die mit ihren minderwertigen, sehr oft nur einen ganz niederen Feingehalt aufweisenden oder nur aus vergoldetem oder plattiertem Metall bestehenden Waren den Markt überschwemmen.

203 Diese Waren werden sogar in gewissen Geschäften mit der zweideutigen Überschrift ,,Garantiert Golda ausgestellt, welche Überschrift, wie es den Anschein hat, auf jeden Feingehalt, vom höchsten bis zum geringsten, Anwendung findet.

Dieser Umstand bietet Anlass zu Irrtümern, wir dürfen wohl sagen zu Täuschungen, die nicht länger geduldet werden können, wenn sie nicht den guten Ruf unseres Landes untergraben sollen.

Das eidg. Amt für Gold- und Silberwaren hat sich bestrebt, durch Vornahme von Inspektionen beim Verkäufer diesem Zustande abzuhelfen, aber, abgesehen davon, dass derartige Operationen oft delikater Natur sind, könnte nur dann auf Erfolg zu zählen sein, wenn das Personal des Amtes bedeutend vermehrt würde.

Unter diesen Umständen ist Ihre Kommission der Meinung, dass es besser sein wird, für die zum Verkauf in der Schweiz bestimmten Bijouterie- und Silberwaren die obligatorische Kontrollierung einzuführen und sie bittet deshab den Bundesrat, die Frage zu prüfen, ob es nicht zweckmässig wäre, das Bundesgesetz vom 23. Dezember 1880 betreffend die Kontrollierung und Garantie des Feingehaltes der Gold- und Silberwaren in diesem Sinne abzuändern.

B. ZollverwaltungI. Gesamtergebnis der Rechnung.

Die Einnahmen der eidg. Zollverwaltung erreichten im Berichtsjahre den Betrag von Fr. 62,156,690. 30, blieben also um Fr. 1,389,023. 91 hinter denjenigen des Jahres 1905 zurück.

Gegenüber dem Voranschlag weisen sie dagegen einen Über·schuss von Fr. 7,329,289. 39 auf.

Wir geben diese Zahlen nur zur Orientierung, ihre Prüfung hängt mit dem Staatsrechnungsberieht zusammen und steht uns deshalb nicht zu.

II. Gesetze, Yerordnungen, Yerträge.

1. A n w e n d u n g des n e u e n Z o l l t a r i f e s.

Der Bericht des Bundesrates verbreitet sich neuerdings über die viele Anstände, zu denen die Anwendung des Gesetzes vom 10. Oktober 1902 Anlass gibt.

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Diese Anstände, welche sozusagen ausschliesslich durch die Vermehrung und Spezialisierung der Positionen des neuen Tarifes und durch den Umstand verursacht werden, dass bei dessen Ausarbeitung einzelne wichtige Artikel vergessen worden sind, haben manchmal grosse Diskussionen zur Folge und rufen von seilen der Interessenten einer lebhaften, oft ungerechten Kritik der Zollverwaltung.

Wir hoffen indessen, dass diese Schwierigkeiten nur vorübergehenden Charakter haben werden. Man kann natürlich nicht verlangen, dass die Anwendung eines neuen Zolltarifes, der in vielen Punkten vom vorhergehenden abweicht, durchgeführt wird, ohne dass sich im Anfang eine grosse Zahl von Meinungsverschiedenheiten ergeben. Einzig eine auf eine einheitliche Interpretation der Tarifpositionen sich stützende Praxis wird hier zum grössten Teil Abhülfe schaffen.

Wir haben mit Vergnügen festgestellt, dass das eidg. Finanzund Zolldepartement bestrebt ist, allen die gleiche Zollbehandlung zu teil werden zu lassen.

Es ist ein besonderes Inspektorat geschaffen worden, dein obliegt, über die einheitliche Anwendung der Ansätze des Zolltarifes zu wachen; damit z. B. eine Ware bei ihrer Einfuhr in die Schweiz von allen Grenzzollämtern gleich behandelt werde.

Wir zweifeln nicht daran, dass durch solche Massregeln die Lage sich schnell bessern wird und hoffen, dass schon der Bericht über das laufende Jahr eine erhebliche Abnahme der Reklamationen wird feststellen können.

Ihre Kommission erteilt dem Beschluss betreffend die Zollbehandlung der ab den Hafenplätzen Triest und Venedig eingeführten, verdächtigen Weine ihre vorbehaltlose Zustimmung. Sicher hätte man dem einheimischen Konsum einen grossen Dienst erwiesen, wenn man schon seit einigen Jahren auf diese Art und Weise energisch vorgegangen wäre und damit die unheilvolle Überschwemmung unseres Landes mit gefälschten Weinen verhindert hätte. Wir nehmen mit Vergnügen Notiz von der Ernennung eines besonderen Inspektors, der sich ausschliesslich mit der Weinkontrolle zu befassen haben wird.

III. Zolleinnahmen.

Wie wir schon ausgeführt haben, betrug die Totaleinnahme der Zollverwaltung im Jahre 1906 Fr. 62,156,690. 30.

205 Wenn wir auf die einzelnen Zollkreise eintreten, so bemerken, wir, dass, wie gewohnt, Basel mit Fr. 22,301,006. 28 die grösste Einnahme und gegenüber 1905 eine Zunahme von Fr. 57,101. 56aufweist. Eine erhebliche Zunahme von Fr. 576,032.33 gegenüber 1905 ist beim Zollkreis Schaffhausen zu verzeichnen, dessen Jahreseinnahme damit auf Fr. 14,609,807. 67 steigt.

Dagegen hat Genf eine sehr bedeutende Einbusse zu verzeichnen. Von Fr. 10,638,340. 03 im Jahre 1905 sind die Einnahmen im Jahre 1906 auf Fr. 8,793,992. 70 zurückgegangen, was eine Mindereinnahme von Fr. 1,844,347. 32 bedeutet, die zum.

grossen Teil der enormen Weineinfuhr im Dezember 1905 zugeschrieben werden muss.

VII. Grenzschutz.

Das Grenzwachtkorps zählte am 31. Dezember 1906 954 Mann, nämlich 11 Offiziere, 77 Unteroffiziere und 866 Grenzwächter.« Gegenüber dem Jahr 1905 hat dasselbe eine Vermehrung von 32 Mann zu verzeichnen. In der Organisation des Korps sind keine nennenswerten Änderungen eingetreten, es sei denn, dass heute sämtliche Grenzwächter mit dem Kurzgewehr Modell 1889/100 ausgerüstet sind.

Wir haben dagegen in Erfahrung gebracht, dass das eidg.

Finanz- und Zolldepartement beabsichtigt, die sogenannte ,,Grenzwächtermasse'1 aufzuheben.

Diese Masse wird durch ein von jedem Mann bei seiner Ernennung verlangtes Depot gebildet, das dazu bestimmt ist, allfällige ihm zur Last fallende Beschädigungen der ihm anvertrauten Gegenstände und Kleidungsstücke zu decken. Dieses Depot, im Betrage von Fr. 100, bleibt Eigentum des Mannes, wird regelmässig verzinst und dem Mann bei seinem Austritt aus dem Korps zurückbezahlt.

Die Zolldirektion hat sich die Verwaltung dieser Masse vorbehalten und dieselbe den Kreisdirektionen übertragen. Einige dieser Direktionen legen nun das Geld in Sparheften, auf den Namen jedes einzelnen Mannes lautend, an, während andere den Gesamtbetrag der Hinterlage bei einer Bank anlegen.

Wie es sich auch mit dieser Verwaltung verhalten möge, so steht doch fest, dass durch die vielen Mutationen und die-

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regelmässige Auszahlung der Zinsen einer ohnehin schon stark in Anspruch genommenen Behörde noch eine neue, ziemlich erhebliche Arbeitslast und Verantwortlichkeit aufgebürdet wird.

Wenn wir uns aber fragen, welches der Nutzen dieser Rc-serve ist, so ist in Betracht zu ziehen, dass das Grenzwächterkorps den militärischen Vorschriften und der militärischen Disziplin unterworfen ist, dass regelmässige Waffen- und Kleiderinspektionen stattfinden und dass Nachlässigkeit oder Unreinlichkeit im Dienst streng geahndet wird, dass derartige Fälle infolgedessen nur selten vorkommen und dass, wenn sich ein solcher ereignen sollte, es immer ein Leichtes wäre, den Schaden durch einen Abzug am Solde des Beteiligten zu decken.

Unter diesen Umständen scheint uns das Finanzdepartement und Zolldepartement mit seinem Vorhaben das Richtige zu treffen.

Die Aufhebung dieses Fonds, der den Kreisdirektionen ihre Arbeit ohne irgendwelchen Nutzen erschwert und den Leuten die oft schwer zu erfüllende A^erpflichtung auferlegt, den nötigen Betrag zu beschaffen, ist vollständig gerechtfertigt.

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Geschäftsführung des Bundesgerichtes.

Das Buudesgericht macht in dem allgemeinen Teile seines Berichtes auf die starke Vermehrung seiner Geschäfte aufmerksam, und zwar sowohl der anhängig gewesenen als der erledigten.

Die Gesamtzahl der anhängigen Geschäfte betrug im Jahre 1906 : 1738 (gegen 1695 im Jahre 1905, 1495 im Jahre 1904 und 1299 im Jahre 1903) und diejenige der erledigten Geschäfte 1312, gegenüber 1219 im Jahre 1905, 1199 im Jahre 1904 und 1003 im Jahre 1903.

Die Gesamtzahl der anhängigen Geschäfte des Jahres 1906 hat sich demnach gegenüber dem Jahre 1903 um 439 vermehrt, und es sind im Jahre 1906 309 Geschäfte mehr erledigt worden als im Jahre 1903.

An Zivilsachen (Zivilberufungen und direkte Zivilprozesse) sind im Jahre 1906 397 Neueingänge mehr zu verzeichnen als im Jahre 1903 und an staatsrechtlichen Beschwerden gingen im Jahre 1906 418 ein, a-lso 87 mehr als im Jahre 1903 und 99 mehr als im Jahre 1905.

Es bedeutet dies eine ganz erhebliche Vergrösserung der Geschäftslast des Bundesgerichtes, indem diese beiden Kategorien von Geschäften das Gericht am meisten in Anspruch nehmen.

Die fortwährende Zunahme der Geschäfte des Bundesgerichtes, die im Jahre 1906 eine ganz besonders starke war, muss selbstverständlich auf den Geschäftsgang ihre Wirkung ausüben. Diese zeigt sich einmal darin, dass die Zahl der in das neue Jahr hinübergenommenen Geschäfte noch nie so gross war als im abgelaufenen Jahre, und äussert sich ferner in bezug auf die Dauer der Rechtsstreitsachen.

Das Bundesgericht macht deshalb die Anregung, es werde in Erwägung zu ziehen sein, sofern die folgenden Jahre die gleiche Erscheinung der Geschäftszunahme aufweisen wie das verflossene, ob nicht diesem Übelstande durch eine zweckmässige Änderung der Organisation des Gerichtes entgegenzutreten sei.

Wir sind der Ansicht, es sollte damit nicht allzulange zugewartet werden, denn die jetzt schon bestehende und immer noch zunehmende Geschäftsüberlastung des Bundesgerichtes liegt nicht im Interesse einer sorgfältigen und prompten Rechtsprechung.

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Bericht der Kommission des Ständerates über die Geschäftsführung des Bundesrates und des Bundesgerichtes im Jahre 1906. (Vom 22. Mai 1907.)

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