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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend finanzielle Lage des Bundes.

die

(Vom 17. Juni 1907.)

Tit.

Wir sind die Verpflichtung eingegangen, genau zu prüfen, wie sich unsere künftigen Voranschläge gestalten und welche finanziellen Mittel uns in den nächsten Jahren zur Verfügung stehen werden, und Ihnen über das Ergebnis dieser Prüfung Bericht zu erstatten.

Wir hätten uns gerne dieser Aufgabe schon in der Aprilsession entledigt, allein es fehlten uns Daten, die wir erst seither erhalten haben, u. a. das endgültige Resultat der Staatsrechnung pro 1906 und bestimmte Angaben über den Ertrag der Zölle in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres.

Diese Prüfung ist zur Notwendigkeit geworden angesichts der bevorstehenden neuen Ausgaben, die mit dem von den eidgenössischen Räten bereits angenommenen Gesetze über die Militärorganisation und mit dem Gesetzesentwurfe betreffend die Kranken- und Unfallversicherung zusammenhängen.

Die Frage, deren Prüfung uns obliegt, kann folgendermassen umschrieben werden : Ist anzunehmen, dass, wenn wir uns im Rahmen einer vorsichtigen Schätzung halten, das eidgenössische Budget in den nächsten Jahren über genügende Mittel verfügen wird, um eine Mehrausgabe von 12 Millionen bestreiten zu können?

Bundesblatt. 59. Jahrg. Bd. IV.

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Wir müssen in erster Linie trachten, die gute Finanzlage unseres Landes, seinen Kredit und das Gleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben aufrecht zu erhalten. Laufen wir aber, wenn wildern Budget eine so grosse finanzielle Last aufbürden, nicht Gefahr, dieses Gleichgewicht zu stören, ein chronisches Defizit herbeizuführen, und damit unseren Kredit, der zurzeit ersten Ranges und für uns unentbehrlich ist, in Frage zu stellen?

Die Frage würde zu keinen Besorgnissen Anlass bieten, wenn dem Budget der Eidgenossenschaft ebenso grosse Dotationen und verschiedenartige Einnahmen zur Verfügung stünden, wie denjenigen anderer Staaten, wenn ihm mannigfaltige Auflagen und Steuern zu Grunde .lägen, die leicht zu erhöhen sind und deren Ertrag den wachsenden Bedürfnissen angepasst werden kann. Die Lage unseres Budgets ist aber eine ganz andere ; es kennt alle diese Einnahmequellen und die Unzahl von Steuern nicht, welche den Budgets der übrigen Staaten zur Verfügung stehen und denselben einen Umfang und eine Elastizität verleihen, die dem unsrigen vollständig abgehen. Wir sind nicht in der Lage, Zuschlagssteuern zu erheben, wie es z. B. in Deutschland der Fall ist. Wir können auch nicht, wie andere Staaten, mit den Einnahmen unserer Eisenbahnen rechnen; wir wollen nur hoffen, dass der Betrieb derselben immer einen genügenden Ertrag abwerfen und die Verwaltung ihr Möglichstes tun werde, um ein Defizit und die bedauerliche Notwendigkeit zu verhüten die finanzielle Intervention des Bundes anzurufen. Der Bundesversammlung liegt es zum Teil ob, dieser Gefahr vorzubeugen.

Es geht auch nicht an, die Geldkontingente der Kantone in Anspruch zu nehmen. Wir müssen eher darauf bedacht sein, der je länger je mehr und fast im Übermass zu Tage tretenden Tendenz zu wehren, auf die Geldkontingente des Bundes Anspruch zu erheben und Subventionen zu allen möglichen Zwecken zu verlangen.

Man begreift freilich diese Tendenz, wenn man die schwierige finanzielle Lage der Mehrzahl der Kantone ins Auge fasst. Verschiedene unter ihnen haben alle Steuerquellen erschöpft und sind gleichzeitig auf dem Punkt angelangt, wo die Steuern nicht mehr erhöht werden können und wo man von den Steuerpflichtigen keine weiteren Opfer verlangen darf, ohne dass man Gefahr läuft, die Entwicklung des Nationalwohlstandes zu gefährden und eine oppositionelle
Bewegung der öffentlichen Meinung zu provozieren.

Wir fügen noch bei, dass der Bund etwas voreilig auf das Kecht verzichtet hat, an gewissen Einnahmen zu partizipieren,

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die ausschliesslich den Kantonen zugewiesen worden sind *). So hätte er füglich einen Teil des Ertrages des Alkoholmonopols beanspruchen können, wie man ihm auch einen angemesseneu Anteil von den künftigen Erträgnissen der Nationalbank zuerkannt hat.

Dem Bunde steht somit zur Bestreitung seiner Ausgaben nur der Ertrag der Zölle und des Postregals zur Verfügung.

Der letztere wird aber durch die vom Publikum verlangten Verbesserungen und Erleichterungen zusehends geschmälert und dürfte, wenn es so weiter geht, in absehbarer Zeit für das Budget nicht mehr in Betracht fallen. Wir würden es natürlich lebhaft begrüssen, wenn uns die finanzielle Lage gestattete, den Überschuss der Postverwaltung und denjenigen, den unseres Erachtens die Telegraphenverwaltung unter einer geschickten Leitung abwerfen dürfte, ausschliesslich auf die Verbesserung des Dienstes und auf Verkehrserleichterungen zu verwenden. Man darf aber nicht vergessen, dass diese Erträgnisse nicht mit einem eigentlichen industriellen Geschäftsgewinne verglichen werden dürfen, da sie hauptsächlich dem der Verwaltung übertragenen Monopol zu verdanken sind. Die Bundesverfassung schreibt übrigens in Art. 36 vor, dass der Nettoertrag der Post- und Telegraphenverwaltungen in die eidgenössische Staatskasse falle und verleiht demselben damit den Charakter einer zur Speisung des eidgenössischen Budgets bestimmten Auflage. Die von unseren Post-, Telegraphenund Telephonverwaltungen bezogenen Taxen haben übrigens, als Ganzes betrachtet, einen Vergleich mit denjenigen des Auslandes, was Billigkeit anbelangt, nicht zu scheuen. Wir müssen also darüber wachen, und die eidgenössischen Räte werden uns in diesem Bestreben unterstützen, dass die Postverwaltung auch in Zukunft zum Haushalte des Bundes beitrage, und wir warnen dringend davor, in dem neuen Gesetze betreffend das Postwesen über die vom Bundesrate vorgeschlagenen Erleichterungen hinauszugehen und so eine Binnahmsquelle, welche dem Bund unentbehrlich ist, zu beeinträchtigen oder ganz verschwinden zu machen.

In Wirklichkeit bilden aber die Zölle unsere einzige sichere Einnahme, und wenn einmal diese Zölle durch Verträge festgelegt *) Wir müssen noch hervorheben, dass im neuen Zolltarife der Eingangszoll auf Alkohol herabgesetzt worden ist, was für den eidgenössischen Fiskus eiue Einbusse von Fr. 600,000
bedeutet, die den Kantonen zufliessen.

Mit dem Gesetz über den Eisenbahnrückkauf hat das eidgenössische Budget auch eine Einnahme von Fr. 250,000 an Konzessionsgebühren eingebüsst, die nicht ersetzt worden ist.

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sind, wie es gegenwärtig für eine zehnjährige Periode der Fall ist, so sind wir nicht mehr berechtigt, sie abzuändern und unseren Bedürfnissen entsprechend zu erhöhen. Wir können nur diejenigen Ansätze unseres Zolltarifes abändern, die nicht durch Vertrag gebunden sind, und auch da darf man nur mit der grössten Vorsicht zu Werke gehen, um nicht einzelne wirtschaftliche Verhältnisse zu stören, welche der Stabilität bedürfen.

Diese Abänderungen könnten übrigens auch nicht ausschliesslich im Sinne einer Erhöhung der Zölle vorgenommen, sondern es müssten der Bevölkerung auch Erleichterungen gewährt werden, so dass schliesslich das finanzielle Resultat gleich Null wäre. Wir müssen uns also immer vor Augen halten, und es ist dies das charakteristische Merkmal des Budgets der Eidgenossenschaft, dass es zur Bestreitung der laufenden Ausgaben und der neu hinzukommenden Lasten sozusagen über einen einzigen Einnahmeposten, den Ertrag der Zölle verfügt, und dass, wenn diese einmal ihren Höhepunkt erreicht haben oder wenn in stillen Geschäftsjahren ein Rückschlag eintritt, unsere Finanzen sofort aus dem Gleichgewicht geraten, ohne dass es uns möglich wäre, uns durch Erhöhung der Zollsätze oder durch andere Einnahmen aus der Verlegenheit zu ziehen und ein Defizit zu vermeiden.

Es bliebe uns nur übrig, am Budget Abstriche zu machen,diejenigen Ausgaben zu streichen, die nicht absolut notwendig sind und nicht in die Kategorie der vorwiegend produktiven Ausgaben gehören, und die anderen xu reduzieren. Jeder weiss aber, dass solche Reduktionen keine kleine Arbeit sind und dass es oft nicht möglich ist, sie vorzunehmen, ohne öffentliche Verwaltungszweige in Mitleidenschaft zu ziehen und ihren regelmässigen Gang zu stören.

Es ist in der Presse und anderswo oft auf diesen schwachen Punkt unseres Finanzsystems aufmerksam gemacht worden und man hat uns auch vorgeworfen, wir trieben unvorsichtige Finanzpolitik, weil wir nicht auf neue Einnahmequellen, neben den Zolleinnahmen, bedacht seien, die uns als Sicherheitsventil dienen und in Defizitjahren die ungenügenden Zolleinkünfte ergänzen würden.

Es ist leichter, einen solchen Vorwurf auszusprechen, als neue Einnahmequellen vorzuschlagen und erhältlich zu machen, besonders in einer Periode der Überschüsse wie diejenige, in der wir uns zur Zeit befinden. Wir glauben nicht, dass die Bundesversammlung und das Volk einem Vorschlage ihre Zustim-

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mung geben würden, der eine neue und dauernde Belastung der Steuerpflichtigen zur Folge und den Zweck hätte, einer bloss eventuellen Gefahr vorzubeugen und unser Finanzsystem auf eine solide Grundlage zu stellen. Welche neue Einnahmequellen könnten wir aber überhaupt in Aussicht nehmen? Da wir nicht befugt sind, eidgenössische Steuern neben denjenigen der Kantone einzuführen, so bliebe uns nur noch eine Tabaksteuer. Würde aber das Volk derselben unter den gegenwärtigen Verhältnissen zustimmen? Wir glauben es nicht. Überhaupt scheint es uns zweckmässiger, diese Steuer für den Fall vorzubehalten, dass einmal ausserordentlich schwierige Verwicklungen politischer oder finanzieller Natur uns zwingen sollten, neue Einnahmequellen aufzusuchen.

Unser finanzielles Gleichgewicht hängt also hauptsächlich von dem Ertrage der Zölle ab, der mehr als jede andere Steuer Schwankungen unterworfen ist. Unsere zollpflichtige Einfuhr wird durch unsere industrielle und kommerzielle Tätigkeit, unser wirtschaftliches Gedeihen bedingt. So lange unser Handel blüht und unsere Ausfuhr im Wachsen begriffen ist, befinden wir uns in der Periode der Überschüsse, sobald aber das Gegenteil eintritt und unsere Ausfuhr abnimmt, so nimmt mit unserer Produktionskraft auch unsere Konsumtionskraft ab, und wir treten in die Periode der Mindereinnahmen und der Defizite ein. Wir wollen hoffen, dass der industrielle und kommerzielle Unternehmungsgeist unseres Landes sich erhalten und noch zunehmen wird, und dass wir in diesem Punkte den anderen Ländern nie nachstehen werden. Wir müssen uns hüten, etwas zu tun, das ihn einschränken oder vermindern könnte, dürfen uns aber nicht verhehlen, dass er heute im Auslande mit immer grösseren Schwierigkeiten, dass er gegen gefährliche Zollerhöhungen und mit Konkurrenten zu kämpfen hat, die auf allen Märkten der Welt stets zahlreicher auftreten und eine stets zunehmende Tätigkeit entfalten.

Die grossen Schwankungen, die wir bei unseren Zolleinnahmen zu verzeichnen haben und die eine genaue Schätzung nicht ermöglichen, gestatten uns nicht, uns leichthin dem Optimismus hinzugeben, der gewöhnlich in den Perioden der Überschüsse zu Tage tritt, denn wir müssen bei einem fast ausschliesslich auf den Zolleinnahmen beruhenden Budget immer befürchten, dass wir nicht in der Lage sein werden, den mageren Jahren Stand zu halten. Eine weise Vorsichtsmassregel, die schon lange hätte getroffen werden können und in Zukunft, je nach Um-

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ständen, getroffen werden sollte, bestünde darin, jedes Jahr einen bestimmten Teil jener Einnahmen einem Reservefonds zu überweisen, dem auch die jeweiligen Überschüsse der Staatsrechnung ganz oder teilweise zugewiesen werden könnten. Damit wäre ein Mittel geschaffen, den Mindereinnahmen und Defiziten zu wehren, ohne die Disponibilitäten und das Vermögen des Bundes anzugreifen. In den Jahren des Überflusses und des Gedeihens soll man der Hungerjahre und der schlechten Zeiten gedenken und die nötigen Massnahmen treffen, um die Zukunft sicher zustellen.

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II.

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Nach diesen allgemeinen Betrachtungen gehen wir zu einer möglichst genauen Schätzung unserer Zolleinnahmen, während der bis zum Ablauf der Handelsverträge, also bis zum Jahre 1917 sich erstreckenden Periode über.

Zu diesem Zwecke werden wir in erster Linie feststellen müssen, welche Zolleinnahmen wir in der dem Abschlüsse unserer früheren Handelsverträge folgenden Periode, also von 1894 bis 1904, zu verzeichnen gehabt haben. Wir gehen von 1894 aus, weil in diesem Jahre die Wirkung der in den Jahren 1891, 1892 und 1893 abgeschlossenen Handelsverträge zum erstenmal in normaler Weise sich geltend gemacht hat.

Nachfolgend eine Übersicht der Zolleinnahmen während dieser Periode : 1894 Fr. 41,200,681 1895 ,, 43,279,725 1896 ,, 46,269,224 1897 ,, 47,898,510 1898 ,, 48,807,512 1899 ,, 51,091,754 1900 ,, 48,010,011 1901 , 46,471,948 1902 '.n 50,408,430 1903 ,, 53,361,589 1904 ,, 53,850,624 Aus diesen Zahlen erhellt, dass unsere Zolleinnahmen stets gestiegen sind, mit Ausnahme der Jahre 1900 und 1901, welche einen Rückschlag von 3 und sogar 5 Millionen aufweisen. Vom Jahre 1902 an stiegen sie wieder, um in den Jahren 1903 und 1904 den Betrag von 53 Millionen zu erreichen. Die grössten

459 Mehrerträge fielen in die Jahre 1899 und 1903. Innert dieser Periode von 11 Jahren und auf Grund eines neuen Zollsystems haben also unsere Zolleianahmen um 12,650,000 Franken zugenommen, was einem jährlichen Zuwachs von Fr. 1,265,000 gleichkommt.

Angesichts der Tatsache, dass unter der Herrschaft der alten Zölle innert 11 Jahren eine Steigerung der Einnahmen um 121/a Millionen eingetreten ist, wird man sich fragen müssen, was uns die neuen, in den Handelsverträgen und in dem Zolltarif festgelegten Zölle während einer gleich langen Periode einbringen werden?

In das Budget für das Jahr 1906 haben wir den Ertrag ·der Zölle mit 55 Millionen eingestellt, indem wir der Meinung waren, dass dieser Ertrag durch die ausserordentlich starke Einfuhr, welche in den Monaten November und Dezember 1905, vor dem Inkrafttreten der neuen Verträge, stattgefunden hatte, ungünstig beeinflusst werden würde, und dass es unvorsichtig wäre, Über diesen Betrag hinauszugehen. Die Zolleinnahmen waren im Jahre 1905 auf Fr. 63,786,020 gestiegen und wiesen mit Fr. 16,443,180 einzig in den Monaten November und Dezember einen Zuwachs von Fr. 6,907,793 gegenüber den entsprechenden Monaten des Vorjahres auf.

Trotz dieser aussergewöhnlichen Einfuhr ist der Ertrag im Jahre 1906 auf Fr. 62,401,849 gestiegen, was gegenüber dem Voranschlag einen Überschuss von Fr. 7,162,849 bedeutet.

Im Voranschlag für 1907 haben wir den Ertrag der Zölle auf Fr. 61,700,000 geschätzt. Am 31. Mai haben wir aber schon einen Mehrertrag von Fr. 6,729,303 zu verzeichnen. Wird diese Steigerung in den übrigen Monaten des Jahres 1907 sich auf der gleichen Höhe halten? Wird die Einfuhr im zweiten Halbjahr 1907 in gleicher Weise zunehmen? Wir können hierüber nur Vermutungen aussprechen. Gestützt auf die bisherigen Erfahrungen glauben wir jedoch annehmen zu dürfen, dass die Einfuhr in den Monaten Juli, August und September sich verlangsamen und wie noch jedes Jahr in den letzten Monaten des Jahres wieder zunehmen wird. Jedenfalls darf als sehr wahrscheinlich vorausgesetzt werden, dass beim gegenwärtigen Geschäftsgang der Ertrag der Zölle im zweiten Halbjahr 1907 hinter demjenigen des Jahres 1906 nicht zurückbleiben wird, was zuzüglich des am 31. Mai schon feststehenden Überschusses ·eine Zolleinnahme von 67 Millionen in ziemlich sichere Aussicht stellt.

460 Wir machen darauf aufmerksam, dass die mindestens zwei Millionen betragende Herabsetzung des Zuckerzolles, die sich im Jahre 1906 nicht fühlbar machte, auch in den ersten Monaten des Jahres 1907 keinen grossen Einfluss auf die Zolleinnahmen ausgeübt hat, waren sie doch am 31. Mai um Fr. 6,729,000 höher als diejenigen vom Jahre 1906.

Aber der Ertrag der Zölle, den wir für das Jahr 1907 auf 67 Millionen schätzen, wird kaum stationär bleiben. Er wird, wie in den frühem Perioden, seine steigende Tendenz beibehalten, wobei allerdings Perioden des Stillstandes und Rückschläge in Zeiten flauen Geschäftsganges und von Gescbäftsstockung nicht ausbleiben werden. Seit drei Jahren stehen wir auf industriellem und kommerziellem Gebiete in einer Periode der Hochkonjunktur.

Diese rege Tätigkeit wird aber unfehlbar abflauen ; die ersten Anzeichen eines ruhigen Geschäftsganges machen sich heute schon bemerkbar, und es dürfte derselbe hauptsächlich in den Jahren 1909 und 1910 fühlbar werden. In diesen Jahren werden unsere Zolleinnahmen in grösserem oder kleinerem Masse zurückgehen, um aber sicher eine Steigerung zu erfahren, sobald wir wieder in eine Periode des wirtschaftlichen Aufblühens und Gedeihens eintreten. Ist es nun möglich, diese Progression im voraus annähernd zu bestimmen und ihren Höhepunkt festzusetzen?

Wir können diesfalls nur Wahrscheinlichkeitsberechnungen aufstellen, indem wir uns auf die bisherigen Erfahrungen und die in früheren Perioden erzielten Ergebnisse stützen. Innert des Zeitraumes von 1894 bis 1904 sind unsere Zolleinnahmen um Fr. 12,650,000 gestiegen, was per Jahr durchschnittlich Franken 1,265,000 ausmacht. Wenn wir einerseits die durch unseren Zolltarif und die Handelsverträge eingeführten erheblichen Zollerhöhungen, anderseits den Bevölkerungszuwachs, die wachsenden Bedürfnisse aller Klassen der Bevölkerung, die stetige Entwicklung unserer Industrie und ihrer Produktionsmittel, die Zunahme unserer verfügbaren Mittel in Betracht ziehen, dürfte es kaum als zu gewagt, zu optimistisch erscheinen, wenn wir annehmen, dass die jährliche, durchschnittliche Steigerung unserer Zolleinnahmen mindestens Fr. 1,500,000 betragen wird, und dass wir für die Bedürfnisse unseres Budgets während dieser zehnjährigen Periode mit einem Mehrertrag von Fr. 15,000,000 werden rechnen können.

Wir gehen vom Jahre 1907 aus und legen unseren Berechnungen die Schätzung der Zolleinnahmen für dieses Jahr mit Fr. 61,000,000 zu Grunde.

461 Dieser Berechnung zufolge, würde also der Ertrag unserer Zölle während der Periode von 1907 bis 1917, allmählich, nicht sprungweise, mit mehr oder weniger grossen, von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Landes abhängigen Schwankungen auf Fr. 76,000,000 ansteigen.

Wir halten dafür, dass diese unsere Schätzung durch den Ertrag der Zölle im Jahre 1906, den in den ersten fünf Monaten des Jahres 1907 erzielten Überschuss von Fr. 6,729,303 und den Vergleich mit den Zolleinnahmen in den Jahren 1894 bis 1904 gerechtfertigt wird.

Wir werden somit, unseres Erachtens, über annähernd genügende Mittel verfügen, um die neuen Ausgaben, welche das Gesetz Über die Militärorganisation und die Versicherungsgesetze für unser Budget noch zur Folge haben werden, bestreiten zu können. Diese Ausgaben werden übrigens das Budget nicht auf einmal in ihrer Gesamtheit belasten, sondern erst nach und nach ihre volle Höhe erreichen. Es liegt also einstweilen keine Notwendigkeit vor, neue Mittel und Wege zu suchen, um die erforderlichen Geldmittel zu beschaffen.

III.

Nach dieser Schätzung unserer Zolleinnahmen liegt uns noch ob, uns über die mutmassliche Gestaltung der Einnahmen und Ausgaben unseres künftigen Budgets auszusprechen.

Als Ausgangspunkt für unsere künftigen Budgets wählen wir das Jahr 1909, weil in diesem Jahre die neuen Ausgaben zum erstenmal in Betracht fallen werden. Dessen Budget wird mit den durch die neue Militärorganisation verursachten Ausgaben in ihrem ganzen Umfange belastet werden müssen und auch die aus der dreijährigen Besoldungserhöhung sich ergebenden Mehrausgaben zu tragen haben.

Budget pro 1909.

Einnahmen.

Wir behalten die Schätzung der Einnahmen, wie sie im Voranschlag für 1907 figurieren, bei, soweit es sich um den Ertrag der Liegenschaften und Kapitalien, die allgemeine Verwaltung und die Departemente, mit Ausnahme des Finanz- und Zoll- und des Post- und Eisenbahndepartementes handelt. Es sind dies :

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Ertrag der Liegenschaften und Kapitalien Fr. 3,743,137 A l l g e m e i n e V e r w a 1tuag ,, 90,000 PolitischesDepartement ,, 19,000 DepartementdeslnDern 47,900 n Justiz-undPolizeidepartemcnt . . ,, 680,800 Militärdepartement ,, 3,844,370 Laut Artikel 155 der neuen Militärorganisation besorgen die Kantone den Bezug der Militärsteuer und haben dem Bunde die Hälfte des Reinertrages abzuliefern. Bisher erhielt der Bund die Hälfte des Bruttoertrages. Derselbe erleidet durch diese neue Bestimmung einen Verlust, der aber durch die Steigerung der aus der Militärsteuer sich ergebenden Einnahmen aufgewogen werden dürfte. Wir glauben dementsprechend den in das Budget eingesetzten Betrag beibehalten zu sollen.

F i n a n z - und Zo l l d e p a r t e m en t . . . ,, 66,000,000 Infolge des Gesetzes über die Nationalbank biisst unser Budget den Betrag der Banknotensteuer ein ; es steht aber zu hoffen, dasis diese Einbusse kompensiert werde, einerseits durch die Überweisung gewisser Kassageschäf'te an die Nationalbank und anderseits durch den in einigen Jahren zu erwartenden Drittelsanteil des Bundes an dem Reinertrag derselben.

Handels-, Industrie- und L a n d w i r t schaftsdepartement, wie im Voranschlag pro 1907 . . . . ,, 556,380 Post- und E i s e n b a h n d e p a r t e m e u t.

Laut einer Mitteilung des Post- und Eisenbahndepartementes vom 17. April 1907 wird angenommen, dass das neue Postgesetz die nachstehenden Mehr- und Mindereinnahmen zur Folge haben werde: Mindereinnahmen . . . Fr. 1,329,000 Mehreinnahmen . . . . ,, 800,000 Fr. 529,000 Übertrag Fr. 74,981,587

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Übertrag Fr.

Wenn wir diese Summe von dem für 1907 in das Budget, eingesetzten Betrag der Einnahmen von Fr. 48,961,400 in Abzug bringen, so können wir als mutmassliche Einnahme in Rechnung stellen fl Der Ertrag der Telegraphenverwaltung wird für das Jahr 1907 geschätzt auf . . . ,, die wir unverändert aufnehmen, und derjenige der Eisenbahnen auf ,, Unvorhergesehenes ,, Total .der Einnahmen

74,981,587

48,432,400 12,216,400 124,770 18,843

Fr. 135,774,000

Wir sehen von der Einstellung des Ertrages des Versicherungsfonds in das Einnahmenbudget ab, weil wir nicht wissen, in welcher Weise dieser Fonds verwendet werden wird. Derselbe beträgt heute mehr als 15 Millionen Franken.

Ausgaben.

I. Abschnitt.

Amortisation und Verzinsung.

Die öffentliche Schuld der Eidgenossenschaft, die vollständig konsolidiert und deren Zinsfuss durch Konversionen und Vereinheitlichungen auf 3 % herabgesetzt worden ist, beträgt Fr. 93,850,000.

Sie beruht auf zwei Anleihen. Das eine, vom Jahr 1897, betrug ursprünglich Fr. 24,248,000 ; es ist durch eine erste Amortisation auf Fr. 23,850,000 reduziert worden und bis 1940 rückzahlbar; die Eidgenossenschaft ist aber berechtigt, diese Rück.Zahlung schon früher vorzunehmen. Das andere datiert von 1903 und beträgt Fr. 70,000,000. Die Amortisation dieser Anleihe ·soll erst 1913 mit einer Annuität von Fr. 930,000 ihren Anfang nehmen und im Jahr 1952 beendigt sein. Der Bund ist ebenfalls berechtigt, diese Annuitäten zu erhöhen oder das Anleihen nach Gutfinden ganz oder teilweise zurückzuzahlen.

Diese Schuld bildet für unser Budget keine allzuschwere Last. Sie bietet also zu keinen Besorgnissen Anlass, hauptsächlich ·wenn man in Betracht zieht, dass wir, abgesehen von der Einrich-

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tung regel massiger Amortisationen, zwei Amortisationsfonds gebildet haben. Einmal einen Amortisationsfonds, dem wir jedes Jahr eine im Budget festgesetzte Summe von l Million überweisen und der am 31. Dezember 1906 Fr. 10,000,000 betrug.

Diese Einlage einer Million dürfte mit dem Jahr 1913, wenn einmal die Amortisationsquote von Fr. 930,000 an das Anleihen von Fr. 70,000,000 bezahlt werden wird, ihr Ende erreichen.

Sodann noch einen Spezialfonds für die Amortisation des Feldartilleriematerials von 1903. Dieser Fonds, dem gemäss Bundesbeschluss vom 23. Juni 1903 jährlich eine Summe von Fr. 1,500,000 überwiesen werden muss, betrug am 31. Dezember 1906 Fr. 4,500,000.

Unsere finanzielle Lage ist also in dieser Hinsicht befriedigend. Wir dürfen uns dazu Glück wünschen, dass wir in den letzten zehn Jahren dazu gelangt sind, das Kapitel der schwebenden Schuld zu schliessen und unser finanzielles Gleichgewicht aufrecht zu erhalten, trotzdem wir allen ordentlichen Anforderungen des Budgets gerecht geworden sind und ausserordentlicheAusgaben bestritten haben, ohne zu einem Anleihen Zuflucht nehmen zu müssen. So haben wir unter anderem auf dem Budgetwege dem Kanton Graubünden, eine Subvention von Fr. 6,000,000 für die Rhätischen Bahnen ausgerichtet, den beteiligten Kantonen die ersten Annuitäten für den Simplondurchstich und unsern Anteil an die Kosten der Rheinkorrektion bezahlt, sowie Ausgaben für Strassenbauten, wie die Klausenstrasse., und für den Bau einer Reihe von Postgebäuden bestritten.

Wir haben gleichzeitig die Primarschulsubvention im Betrage von Fr. 2,000,000 aus dem ordentlichen Budget bestreiten können.

Wir erinnern auch daran, dass das Budget mit ausserordentlichen Militärausgaben im Betrage von Fr. 13,592,000, auf zwei oder drei Jahre verteilt, belastet worden ist, bestehend aus; 1. einer Summe von Fr. 10,400,000, verteilt auf die Voranschläge des Jahres 1906, 1907 und 1908, für die Mimitionsvermehrung ; 2. einer auf zwei Jahre zu verteilenden Summe von Fr. 677,000 für die Gebirgsausrüstung der Infanterie; 3. einer dritten, auf die Jahre 1906 und 1907 zu verteilenden Summe von Fr. 2,515,000 für die Neubewaffnung der Gebirgsartillerie.

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Das Budget für 1908 wird aus diesem Grunde noch mit einer ausserordentlichen Annuität von Fr. 3,250,000 belastet werden müssen.

Diese Lage wird für die Zukunft durch die in Aussicht stehenden grossen Lasten insofern verändert werden, als es uns nicht mehr möglich sein wird, grössere neue Ausgaben in unsere ordentlichen Budgets einzustellen, ohne deren Gleichgewicht zu .gefährden. Wir werden uns jeweilen, wenn derartige Ausgaben für Militärzwecke oder für öffentliche Bauten an uns herantreten, mehr als wir es bisher getan haben, mit der Frage beschäftigen müssen, welche Folgen dieselben für unser Budget haben werden.

Wir werden uns auch in den meisten Fällen genötigt sehen, zur Deckung dieser Ausgaben den Weg der Anleihen zu beschreiten oder zum Hülfsmittel der provisorischen Abrechnungen und der schwebenden Schuld unsere Zuflucht zu nehmen.

Wir halten es dessen ungeachtet nicht für angebracht, jetzt schon die Erhöhung des im Budget pro 1907 für die Amortisation und Verzinsung der öffentlichen Schuld vorgesehenen Ausgabepostens in Aussicht zu nehmen und setzen denselben unverändert hier ein mit Fr. 5,795,500 Für die nächste Zeit stehen uns eine ganze Reihe von Ausgaben in Aussicht, von denen wir nicht sagen können, in welcher Weise wir sie bestreiten werden, ob wir gezwungen sein werden, Anleihen aufzunehmen oder ob sie in das ordentliche Budget werden eingestellt werden können. Wir können sie nicht alle aufzählen und müssen uns beschränken, auf die neue Subvention an den Kanton Graubünden, diejenige an den Kanton Bern für den Lötschberg, die dem Kanton Zürich laut Vertrag für das .

Polytechnikum zu bezahlende Entschädigung, die Ausgaben für Um- und Neubauten am Polytechnikum, unseren Anteil an der Nachsubvention für die Rheinkorrektion, die Ausgaben für neue Postgebäude hinzuweisen. Diese ausserordentlichen Ausgaben betragen mindestens 30 Millionen Franken.

Wir begnügen uns damit, ohne weiteren Kommentar auf diese bevorstehenden Ausgaben hinzuweisen.

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H. Abschnitt.

Allgemeine Verwaltung.

Wir sind der Meinung, dass die in diesem Abschnitt figurierenden Kredite unter den gegenwärtigen Verhältnissen genügen werden und dass von einer Erhöhung für 1909 abgesehen werden kann.

Diese Kredite betragen Fr. 1,336,000 IH. Abschnitt.

A. Politisches Departement.

Wir behalten die dem politischen Departemente zur Verfügung gestellten Kredite unverändert bei, indem wir darauf aufmerksam machen, dass wir in der letzten Zeit zwei neue Gesandtschaften in St. Petersburg und Tokio errichtet und mit Zustimmung der eidgenössischen Räte zum erstenmal in das Budget von 1906 einen Kredit von Fr. 80,000 zur Bestreitung der Ausgaben der verschiedenen Gesandtschaften für Miete, Heizung und Beleuchtung aufgenommen haben Fr. 960,709 B. Departement des Innern.

Die dem Departement des Innern im Budget für 1907 eröffneten Kredite belaufen sich auf Fr. 12,562,382.

Wir halten dafür, dass es dem Departement des Innern möglich sein sollte, hauptsächlich in der Rubrik dei' Strassenund Wasserbauten, die Lasten unserer künftigen Budgets zu verringern und die Ausgaben einzuschränken, ohne irgendwelche Interessen zu verletzen oder die Kantone zu benachteiligen. Es dürfte mit einem derartigen Vorgehen im Gegenteil den letztern ein Dienst erwiesen, uns selber die Herstellung des Gleichgewichtes in den Budgets bis 1917 wesentlich erleichtert werden.

Eine solche Massregel würde keineswegs zur Folge haben, dass die Kantone der finanziellen Mithülfe des Bundes und der Subventionen, die ihnen bis dahin gewährt worden sind, entrateti müssten. Es handelt sich nicht darum, die Subventionen einzustellen, sondern nur darum, das Tempo der Ausgaben KU verlangsamen, sie auf eine grössere Reihe von Jahren zu verteilen und nicht allzuviele Unternehmungen auf einmal zu subventionieren. Man wird allgemein zugeben müssen, dass man auf diesem Gebiet oft zu weit gegangen ist und die Grenzen überschritt, die hätten eingehalten werden sollen. Es liegt aber

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kein Grund vor, zu bedauern, dass dem so gewesen ist, denn wir haben dadurch zur Verwirklichung von Werken beigetragen, die für die Verteidigung und die Sicherheit des Landes von grossem Werte sind, und mit denen die Kantone sowohl als der Bund Ehre einlegen.

Gegenwärtig darf man wohl sagen, dass das Programm, dessen Durchführung auf dem Gebiete der öffentlichen Bauten den Kantonen und der Eidgenossenschaft oblag, zum grössten Teil seine Erledigung gefunden hat, und dass die Periode der grössten Ausgaben vorüber ist. Die Korrektions- und Verbauungsarbeiten an der Rhone, am Rhein und am Tessin sind beendigt oder gehen ihrer Vollendung entgegen. Die wichtigsten und gefährlichsten unserer Wildbäche sind verbaut; an einer grossen Anzahl anderer Wasserläufe sind Schutzbauten und Wehren aus^ geführt worden.

Was die Postgebäude anbelangt, so besitzen deren heute die meisten Kantone, und auch hier ist somit der grösste Teil unserer Aufgabe beendigt. Wir können deshalb ohne Unzukömmlichkeit bei der Subventionierung der noch zu bewältigenden Arbeiten langsamer vorgehen und die Ausrichtung von Bundesbeiträgen an öffentliche Werke etwas einschränken, ohne sie ganz einzustellen.

Die Kantone werden darunter nicht leiden ; ein solches Vorgehen wird ihnen gestatten, ihrerseits ihre Finanzen zu schonen, die in den letzten Jahren durch die für derartige Unternehmungen gebrachten Opfer auf eine harte Probe gestellt -worden sind.

Aus einer vom Oberbauinspektorat ausgearbeiteten Übersicht der Verteilung der Bundesbeiträge geht übrigens hervor, dass die finanziellen Verpflichtungen für Verbauung von Wildbächen, soweit ihnen Bundesratsbeschlüsse zu Grunde liegen, im Jahre 1909 nur noch Fr. 624,998, im Jahre 1910 noch Fr. 382,204, im Jahre 1911 noch Fr; 251,477 betragen und im Jahre 1912 mit einem Saldo von Fr. 452,282 vollständig erfüllt sein werden.

Aus der gleichen Übersicht ergibt sich, dass die auf Bundesbeschlüssen beruhenden finanziellen Verpflichtungen für Subventionierung von öffentlichen Werken im Jahre 1909 auf Fr. 1,259,800, im Jahre 1910 auf Fr. 910,700, im Jahre 1911 auf Fr. 768,500, im Jahre 1912 auf Fr. 578,800 sinken und auch später allmählich abnehmen werden. Man darf aus diesen Zahlen wohl den Schluss ziehen, dass es möglich sein wird, die Kredite für an die Kantone auszurichtende Buodesbeiträge an öffentliche Werke vom Jahre 1910 an auf den Maximalbetrag von Fr. 1,800,000 und in den nachfolgenden auf Fr. 1,500,000 herabzusetzen. Es

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dürfte auch möglich sein, die Ausgaben für Neubauten auf den Betrag von Fr. 1,500,000 per Jahr zu beschränken, wenn man sie auf eine grössere Zahl von Jahren verteilt. Wir können also, wenn wir den festen Willen dazu haben, die Belastung unserer Budgets jährlich um eine Summe von Fr. 1,500,000 bis Fr. 2,000,000 erleichtern, ohne dass wir Gefahr laufen, berechtigte Interessen in Mitleidenschaft zu ziehen.

Gestutzt auf die vom Oberbauinspektorat vorgelegte Übersicht, stellen wir in das Budget für 1909 eine Summe ein von Fr. 2,200,000 und für Neubauten eine solche von Fr. 2,000,000, was gegenüber den im Voranschlag für 1907 vorgesehenen Zahlen eine Minderausgabe von rund Fr. 650,000 bedeutet.

Wir sind auch der Ansicht, dass es möglich sein wird, mit einem durchschnittlichen Kredit von Fr. 350,000 per Jahr die für Wiederaufforstungen erforderlichen Bundesbeiträge zu bestreiten.

Als neue Ausgabe fallen die durch die Durchführung des Lebensmittelpolizeigesetzes verursachten Kosten in Betracht, wofür wir Fr. 200,000 einstellen.

Das Budget des Departements des Innern für das Jahr 1907 beträgt in seiner Gesamtheit . . . . Fr. 12,562,382 Jlinderausgaben ,, 650,000 Bleiben Mehrausgaben

Fr. 11,912,382 ,, 200,000 Fr. 12,112,:3S2

Wir stellen diese Summe in das Budget für 1909 ein.

C. Justiz- und Polizeidepartement.

Der in den Voranschlag für 1907 eingestellte Betrag von Fr. 720,300 kann für 1909 beibehalten werden. Die durch das neue Gesetz über den Erfindungsschutz verursachten Ausgaben werden durch den Ertrag der in demselben vorgesehenen Gebühren aufgewogen.

Was die Ausgaben betrifft, die mit dem Inkrafttreten des neuen Zivilgesetzbuches, speziell mit der Einführung des Grundbuches und des Katasters zusammenhängen, so ist es nicht möglich, dieselben zurzeit auch nur annähernd zu schätzen, und es muss deshalb davon abgesehen werden.

Wie im Voranschlag für 1907 Fr. 720,300

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D. Militärdepartement.

Mit Schreiben vom 13. April 1907 hat unser Finanzdepartement das Militärdepartement ersucht, die Mehrausgaben, welche die neue Militärorganisation, so wie sie aus den Beratungen der eidgenössischen Räte hervorgegangen ist, zur Folge haben wird, mit der grösstmöglichen Genauigkeit festzustellen.

Das Departement hat dementsprechend eine detaillierte Aufstellung der auf Grund des neuen Gesetzes dem Budget erwachsenden Mehrausgaben vorgelegt, die am 5. Juni 1907 dem Finanzdepartement übermittelt worden ist. Aus derselben erhellt,
Wir treten auf die in dieser Aufstellung enthaltenen Berechnungen und Zahlen nicht näher ein. Wir begnügen uns damit, von dem angegebenen Betrag, als der aus dem neuen Gesetze dem Budget erwachsenden Mehrbelastung, Vormerk zu nehmen, indem wir darauf aufmerksam machen, dass mehrere der in diesem Betrage von Fr. 4,994,000 erscheinenden Ausgaben auf andere ·Gründe, wie die Vermehrung der Mannschaftsbestände, die Erhöhung der Eintrittspreise etc. zurückzuführen sind.

Die für das Militärdepartement in das Budget pro 1907 eingestellten Kredite belaufen sich auf . . . . Fr. 39,572,951 Für das Budget von 1909 kommt die in .

·dasjenige von 1907 eingestellte Annuität von Fr. 4,846,000 der Kredite in Wegfall, welche ·die eidgenössischen Räte für die Anschaffung der Gebirgsausrüstungen für die Infanterie, die Neubewaffnung der Gebirgsartillerie und die Munitionsvermehrung bewilligt und auf die Jahre 1906, 1907 und 1908 verteilt haben. Die letzte im Jahre 1908 zu tilgende Annuität beträgt Fr. 3,250,000.

Weniger im Jahre 1909 ,, 4,846,000 Fr. 34,726,951 Dagegen kommen neu hinzu die durch die neue Militärorganisation verursachten und vom Militärdepartement auf geschätzten Mehrauslagen.

,,

4,994,000

Fr. 39,720,951 Dementsprechend stellen wir in das Budget von 1909 diese Summe ein von Fr. 39,720,950.

Bundesblatt. 59. Jahrg. Bd. IV.

31

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E. Finanz- und Zolldepartement.

Wir glauben, den dem Departement für das Jahr 1907 eröffneten Kredit für das Jahr 1909 beibehalten zu sollen mit Fr. 7,683,325.

F. Handels-, Industrie- und Landwirtschaftsdepartement.

Die Kredite sind die gleichen wie die in das Budget für 1907 eingestellten, mit Ausnahme einer Summe von Fr. 500,000, die gemäss einem den eidgenössischen Räten vorgelegten Gesetzesentwurfe für Bundesbeiträge zum Zwecke der Wiederherstellung der durch die Reblaus zerstörten Weinberge verwendet werden soll und eine Mehrbelastung von gleicher Höhe darstellt Fr. 6,823,359.

G. Post- und Eisenbahndepartement.

Zu den im Budget von 1907 figurierenden Betrage Fr. 59,362,550 treten laut Schreiben des Departementes vom 22. Mai 1907: a. eine der Postverwaltung durch das neue Gesetz über das Postwesen verursachte Mehrausgabe von ,, 21,700 b. eine der Telegraphenverwaltung durch das neue Gesetz über die Organisation der. selben erwachsende Mehrausgabe von . ,, 177,000 Fr. 59,561,250

IV. Abschnitt.

Bei Unvorhergesehenes behalten wir den in das Budget von 1909 eingestellten Betrag bei mit Fr. 47,924.

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Zusammenstellung der Ausgaben.

I . Amortisation u n d Verzinsung . . . . F r . 5,795,500 II. Allgemeine Verwaltung ,, 1,336,000 III. Departemente : A . Politisches Departement . . . . ,, 960,709 B. Departement des Innern . . . . ,, 12,112,382 C. Justiz- und Polizeidepartement . . ,, 720,300 D. Militärdepartement .

,, 39,720,950 E. Finanz- und Zolldepartement . . . ,, 7,683,325 F. Handels-, Industrie-u. Landwirtschaftsdepartement ,, 6,823,359 G. Post- und Eisenbahndepartement . ,, 59,561,250 IV. Unvorhergesehenes 47,924 fl Total der Ausgaben Fr. 134,761,699 Wir stellen überdies noch eine Summe von Fr. 1,600,000 ein, mit denen das Budget von 1909 zweifellos belastet werden wird. Es ist dies der Betrag, den die eidgenössischen Räte behufs Ausrichtung von Teuerungszulagen an einen grössern Teil unseres Personals bewilligt haben und der wiederkehren wird, sei es nun in der gleichen Form oder als Bestandteil der durch das das neue, in Arbeit stehende Besoldungsgesetz festzusetzenden Besoldungen . . Fr.

1,600,000 Mit dem Jahre 1909 nimmt ausserdem eine neue dreijährige Verwaltungsperiode ihren Anfang, .woraus sich die Notwendigkeit ergibt, auch der dreiährigen allgemeinen Besoldungserhöhung von je Fr. 300 und der damit verbundenen Mehrbelastung des Budgets Rechnung zu tragen.

Dieselbe stellt sich für das Jahr 1909 auf ,, 1,700,000 Das Budget von 1910 wird aus dem gleichen Grunde eine Mehrausgabe von Fr. 600,000 zu verzeichnen haben. In das Budget ist auch noch eine Mehrausgabe einzustellen von mindestens .

^ 300,000 welche die Revision des Besoldungsgesetzes zur Folge haben wird. Die ungenügend gewordenen Besoldungen eines Teils unseres Personals, sowie diejenigen einer Anzahl Abteilungschefs werden erhöht werden müssen.

Summa der Ausgaben Fr. 138,361,699

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Bilanz pro 1909.

Die mutmasslichen Einnahmen betragen . Fr. 135,774,000 Die mutmasslichen Ausgaben . . . . ,, 138,361,699 Überschuss

Fr.

2,587,699

Es wird vielleicht schwer halten, im Jahre 1909 mit unseren ordentlichen Einkünften die in Aussicht stehenden Ausgaben zu bestreiten.

Wir sind aber der Meinung, dass unsere Zolleinnahmen genügend steigen werden, um das Defizit, das wir möglicherweise im Jahre 1909 zu verzeichnen haben werden, schon im Jahre 1910 wieder aus der Welt zu schaffen und uns zu gestatten, im Jahre 1911 die aus der Kranken- und Unfallversicherung sich ergebenden Ausgaben zu decken. Werden diese Ausgaben schon im Jahre 1910 das Budget belasten? Die auf der Unfallversicherung beruhenden werden sich vielleicht erst im Jahre 1911 einstellen. Man hat zwei Jahre gebraucht, urn die Geschäftseröffnung der Nationalbank, die in den nächsten Tagen stattfinden wird, ,,vorzubereiten, zwei Jahre werden die Vorarbeiten für den Vollzug des neuen Lebensmittelpolizeigesetzes in Anspruch nehmen und eine ebensolange Frist wird notwendig sein, um die Durchführung der Kranken- und hauptsächlich der Unfallversicherung in die Wege zu leiten.

Wir glauben also, gestützt auf unsere bisherigen Erfahrungen und den Vergleich mit früheren Perioden folgendes annehmen zu dürfen, und unsere Meinung über diesen Punkt wird durch diejenigen kompetenter Persönlichkeiten bestätigt, die wir um ihre Ansichtsäusserung ersucht haben: In den Jahren 1907 und 1908 werden wir, unter den gegenwärtigen günstigen Verhältnissen, grosse Überschüsse zu verzeichnen haben. Wir werden die Frage prüfen müssen, ob wir dieselben nicht ganz oder teilweise zurücklegen wollen, um damit die Ausgaben der mageren Jahre zu bestreiten. In den Jahren 1909, 1910 und 1911 werden wir mit grösseren Schwierigkeiten zu kämpfen haben, weil einerseits die wirtschaftlichen Verhältnisse voraussichtlich sich weniger gut anlassen werden und anderseits unsere Zolleinnahmen noch nicht genügend gestiegen sein werden, um den Ausgaben das Gleichgewicht zu halten. Von 1911 ab aber hoffen wir, dass dieses Gleichgewicht sich ohne Schwierigkeit werde durchführen lassen.

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IV.

Man wird uns vielleicht den Vorwurf machen, dass wir allzuviel von der Zukunft erwarten und zu sehr auf unser gutes Glück bauen, indem wir das Budget mit den neuen Ausgaben belasten, welche die Militärorganisation (5 Millionen) und die Versicherung (7 Millionen) zur Folge haben werden, und uns darauf verlassen, dass die Steigerung unserer Zolleinnahmen genügen werde, um das finanzielle Gleichgewicht, trotz dieser neuen Last von über 12 Millionen, aufrecht zu erhalten.

Wir wollen nicht verhehlen, dass wir unsere künftigen Einnahmen ziemlich hoch eingeschätzt haben, glauben indessen doch, trotzdem einige Bedenken begreiflich sein mögen, die nötige Vorsicht nicht ausser acht gelassen zu haben. Freilich unterliegt es keinem Zweifel, dass unsere finanzielle Lage in Zukunft eine andere sein wird, dass wir mehr als bisher mit Schwierigkeiten und Gefahren zu kämpfen haben werden, die uns bis jetzt unbekannt waren oder von uns leicht überwunden werden konnten.

Es steht fest, dass man auf die grossen Überschüsse wird verzichten müssen, welche man während einer Reihe von Jahren erzielt hat und die es ermöglichten, grosse ausserordentliche Ausgaben in das ordentliche Budget einzustellen, dass wir Alle grosse Anstrengungen machen und mit der äussersten Vorsicht, Sparsamkeit und Energie werden vorgehen müssen, wenn Defizite vermieden werden sollen. Diese Lage wird uns auf lange Zeit hinaus in die Notwendigkeit versetzen, uns einzuschränken, die Beiträge an öffentliche Werke und andere Ausgaben auf eine Reihe von Jahren zu verteilen und darauf zu verzichten, zuviel auf einmal unternehmen zu wollen, da wir sonst in ernste finanzielle Schwierigkeiten geraten könnten. Wir dürfen nicht mehr mit der Bereitwilligkeit, wie sie bisher üblich gewesen ist, Verwaltungsreformen zustimmen und organische Gesetze erlassen, da unser Budget über die zu deren Durchführung nötigen Mittel nicht mehr verfügen wird. Wir werden auch bei der Aufstellung unserer Budgets und bei Einstellung von Ausgaben in dasselbe sehr vorsichtig sein und alle nicht produktiven Ausgaben, deren Notwendigkeit nicht durchaus feststeht, abweisen müssen. Diese Periode der Sammlung und der Einschränkung wird übrigens auch ihre guten Folgen haben ; sie wird dazu beitragen, auch die Kantone zu veranlassen, das Tempo ihrer Ausgaben zu verlangsamen, das ein viel zu schnelles ist und ihre finanzielle Lage mehr und mehr verschlimmert. Man wird

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also dem Anwachsen der Ausgaben eine Schranke setzen müssen, und wird es ohne Bedauern tun, da man sich dann das Zeugnis wird geben können, die Durchführung zweier wichtiger Reformen ermöglicht zu haben, deren Verwirklichung in Frage gestellt wäre oder doch grosse Schwierigkeiten geboten hätte, wenn man zu ausserordentlichen finanziellen Mitteln hätte greifen müssen.

Wäre es möglich gewesen, durch eine andere Politik das Zusammentreffen so grosser Ausgaben zu verhüten? Wäre es möglich gewesen, diese Reformen nacheinander vorzunehmen, etappenweise vorzugehen, indem man einem der Gesetze den Vorzug gegeben und das andere auf spätere Zeiten verschoben hätte? Wir glauben es nicht. Die Macht der Dinge hat diese Lage geschaffen. Ist nicht durch eine ganze Reihe von Kundgebungen aus dem Volke auf beförderliche Anhandnahme der sozialpolitischen Aufgabe der Kranken- und Unfallversicherung hingedrängt worden, auf die unsere Demokratie schon lange wartet und die in ändern Ländern schon durchgeführt worden ist? Konnte die im Volke herrschende Stimmung ignoriert und auf spätere Zeiten vertröstet werden ? Wir hätten damit nur den Ungeduldigen Recht gegeben, welche eine Initiativbewegung in die Wege leiten wollten, und vielleicht das Zustandekommen eines grossen, demokratischen und sozialen Werkes definitiv in Frage gestellt, das berufen erscheint, der grossen Masse unserer Bevölkerung unschätzbare Dienste zu leisten und nur mit Hülfe und gutem Willen Aller verwirklicht werden kann.

Durfte man anderseits zu gunsten dieses grossen sozialen und humanitären Werkes, auf die Reform unserer Militärorganisation verzichten, die notwendig war, um diese mit den Bedürfnissen unserer Landesverteidigung in Einklang zu bringen, und ging es an, diese Reform zu verschieben und dadurch vielleicht die Interessen der Landesverteidigung zu gefährden?

Wir haben es nicht tun wollen ! Wir waren der Meinung, dass es nicht angehe, eine dieser Reformen der anderen zum Opfer zu bringen, die eine zu gunsten der anderen zu verschieben oder ganz fallen zu lassen, und dass, da beide Reformideen nun einmal miteinander aufgetaucht seien, man Mittel und Wege suchen müsse, sie auch beide gleichzeitig zu einem guten Ende zu führen. Es wäre jedenfalls für uns Alle und für unser patriotisches Gefühl ein schweres Dilemma gewesen, wenn wir uns für das eine oder das andere Projekt hätten entscheiden und eine Wahl hätten treffen müssen zwischen den Ausgaben,

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welche die Interessen der Sicherheit und der Verteidigung unseres Landes erheischen, und denjenigen, welche das Solidaritätsgefühl uns aufnötigt, um in unserer Demokratie die Lage des grösseren und weniger begüterten Teiles der Bevölkerung zu verbessern.

Dank der Steigerung unserer Zolleinnahmen und trotz der von ·den wirtschaftlichen Verhältnissen abhängigen Schwankungen, welchen dieselben mehr als jede andere Einnahme unterworfen sind und die eine genaue Schätzung nicht zulassen, halten wir dafür, dass es möglich sein wird, die Mehrausgaben, welche die neue Militärorganisation u n d die Kranken- und Unfallversicherung zur Folge haben werden, in unserem Budget unterzubringen, ohne dessen Gleichgewicht zu stören. Dies ist das Ergebnis ·der von uns vorgenommenen Prüfung der für die nächsten Jahre aur Verfügung stehenden Mittel, einer Prüfung, die bei uns mehr 'Schwierigkeiten bietet als anderswo. Sollte dieses Ergebnis den Tatsachen nicht entsprechen und sollten unsere Voraussetzungen und Berechnungen durch die Ereignisse zu nichte gemacht werden, so würde die Aufgabe an uns herantreten, die finanziellen Massnahmen zu studieren, die in diesem Falle getrofien werden müssten.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unser vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 17. Juni 1907.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Müller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die finanzielle Lage des Bundes. (Vom 17. Juni 1907.)

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4

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27

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26.06.1907

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453-475

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