#ST#

Schweizerisches Bundesblatt.

XIX. Jahrgang. l.

Nr. 16.

#ST#

B

e

r

i

ch

13. April 1867.

t

de...

schweiz. Bundesrathes an die h. Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahr 1866. ^

Geschäftskreis des Justiz- und Polizeidepartements.

A. Gesezgebung, Konkordate, Vertrage ...e.

.

.

l.

Gesezgebung.

1. Das von der Regierung von Basel-Stadt v..ranlasste postulat betreffend Prüfung der Frage, ob und in welcher Weise B e s t i m m u n g e n ü b e r die i n t e r k a n t o n a l e n Zeugenreq u i s i t i o u e n ausgestellt werden konnten, fand in der Botsehast des Bundesrathes vom 6. April 1866 seine Beantwortung. (Bundesblatt l 866, ll, 1.) Jn Würdignng der darin enthaltenen Gründe und in Uebereinstimmung mit dem Antrage .des Bundesrathes, beschloss die Bundesversammlung, dass jenem postulate keine weitere Folge zu geben sei , indem das .Konkordat von

180..) und das Auslieferungsgesez vom 24. Juli 1852 (lll. 16l) dem

Bundesrathe bereits die Mittel an die Hand Konfliktes dahin zu eutscheideu , dass ein Zeuge als auch in bloss korrektionelien fällen vor kompetenten Richter zu erseheinen habe. Der

B...nde...blall.. Jahrg. XIX. Bd. l.

gebeu , im Falle eiues sowohl in Verbrechensden. zur Beurtheilung Bericht der stäuderäth-

46

560 lichen .Commission spricht sich hierüber noch des Rahern aus (Bundes-

blatt 1866, ll, 476).

2. Eine zweite Frage , betreffend R e v i s i o n des B u n d e s str a fr echt es vom 4. ^ebruar 1853 mit Rüksicht aus jene Bestimmungen.

die sieh aus Vergehen beziehen, die Ursache oder ^olge von Unruhen waren, durch welche eine bewafsnete eidg. Jntervention veranlasst wurde, ist ihrer besondern Wichtigkeit wegen der Vorprüsung von Saehverständigen unterbreitet worden. Diese ziemlich eingreisende Frage verdient eine reifliche Vrüsung nnd wird daher in einer besondern Botschast behandelt werden.

3.

Eine dritte Frage l..at stch ans verschiedenen Konflikten entwikelt, die seit einer Reihe von Jahren wiederholt anstauchten. Bei der Differenz der Ansichten kann dieselbe nur gesezlich geregelt werden.

Sie betrisst die. V e r g ü t u n g der K o s t e n f ü r d e n T r a n s p o r t v o n V a g a n t e n , V e r b r eche r n und A n g e schu l d i g t e n . Das

eidg. Justiz- und Bolizeidepartement sah sich schon int Oktober 1864 peraulasst, von den Kantonen Bericht ^ erheben, über das sowohl nnter sich als gegenüber den auswärtigen Staaten in Uebung stehende Verfahren. Die kantonalen Boli^eibehordeu sprachen sich fast einstimmig für die Wünsehbarkeit einer übereinstimmenden Regnlirnng dieser Materie aus. Jndess blieb die Sache liegen , bis eine neue Differenz mit Oesterreich hinzutrat. Es wnrde dann das vorhandene Material einer umfassenden Vrüsnng unterstellt , deren Resultat war , dass nur durch eine Revision der bezüglichen Vorschristen des Bnndesgesezes über die Auslieferung von Verbrechern und Angeschuldigten nnd desjenigen über die Heimatlosigkeit den ossenbaren Uebelsländen abgeholsen werden konnte.

Das eidg. Jnstiz- nnd Volizeidepartement legte desshalb den sämmtlichen

Volizeibehorden zwei diessällige Entwürfe vor, die sie einer nähern Kritik unterwerfen sollten. Rach Anhorung der eingegangeneu Bemerkun^en und einer uochu.aligen Revision der Entwürfe sind dieselben mit ^einschreiben des Bundesrathes vom 5. November 1866 (Bnndes-

blatt 1866, lll, 130) den Kautousregierungen mitgetheilt worden, da-

mit fie neben dem rein polizeiliehen auch die allsällig bestehenden anderweitigeu Gesichtspunkte geltend machen mochten, ^..mal diese Augelegenheit wesentlich kantonale Jnteressen l.^eschlage.

ll. ^.^n^.^rdate.

1. Die Regierung des Kantons ..^hurgau erklärte ans den 1. Oktober 1 866 den R ü k t r i t t v o n . K o n k o r d a t e b e t r e s s e n d v e r s ch i e d e n e l.. ü r g e r l i ch e V e r h ä l t n i s s e von. 15. Juli 1822 (alte offi^. Samml. ll, 34), so weit dasselbe d^ie vormundsehaftliehen und

561 erbrechtlichen Verhältnisse betrifft. Der Danton Thnrgau nahm nämlich für diese Materien das Territorialprinzip an.

2. Zwischen den Kantonen St. Gallen und Appenzell beider Rhoden ist ein K o n k o r d a t b e t r e f f e n d die E i n f ü h r u n g e i n e s g e m e i n scha s t l i eh e n J a g d b a u n e s auf Gemsen und Rehe abgeschlossen worden. Dasselbe erhielt am 10. Dezember 1866 die Genehmigung des Bundesrathes. (Bundesblatt 1866, Hl, 367.)

3.

Ebenfo ertheilte der Bundesrath dem K o n k o r d a t e b e-

t r e s s e n d g e g e n s e i t i g e V e r g ü t u n g p o n V e r p f l eg u n g s - u n d B e g r ä l. n issk o st e n f ü r a r m e A n g.e h ö .. i g e seine Genehmigung. ^(Oss. Samml. ^lll, 820.)

Demselben sind bis jezt nur die Kantone Bern, Lnzern, Schw^, beide Unterwalden, Solothurn und Wallis fremd geblieben (loc cit. pa^. 896). Dieses Konkordat ist zwar unter den Auspizien des eidg. Departements des Jnnern abgeschlossen worden.^ es wird daher nur der Vollstäudigkeit wegen hier . rubrizirt.

Bei Anlass der Beitrittserkläruug des Standes Glarus machte die dortige Regierung auf eine Unklarheit in Ziff. 2 des Kostentarifes auf.merksam. Es wurde ihr unterm 14. Februar 1866 geantwortet, dass zwar Missverständnisse kaum^zu erwarten seien, übrigens dahin zu erledigen wären, dass in der sür Abwart per Tag und Racht ausgesehen Vergütung von Fr. 4 die Verkostung inbegriffen sei.

4. Die Verhandluugen betreffend die E i n s ü h r u n ^ g e i n e s .

s ch w e i z e r i sche n H a u d e l s g e s e z b u eh e s. sollten in dem Bun-

desbeschlusse vom 22. Februar 1866 (off. Samml. Vlll, 753), womit die Erstellung eines schweizerischen Handelsgesezbuches als im wohlverstandenen Juteresse der Eidgeuossensehast liegeud erklärt wurde, einen wirksamen Anstoss finden. Der bezüglichen Einladung der Bundesversannnlung entsprechend , wurde jener Beschluss nebst der Botsehast vom 5. Ehristmonat 1864 mit Kreisschreiben vom 28. ^ebruar ^866 sämmt-

liehen Ständen mitgetheilt, mit der Einladung, diese Angelegenheit

einer nähern Vrüsung zu unterstellen und im .^ause des Jahres 1866 ihren Entschluss darüber mitzuteilen , ob sie geneigt seien , an einer Konseren.^ Theil zu nehmen, welche sich mit der Erstellung eines schweizerisehen Handelsgesezbnches oder anch nur einzelner Theile eines solchen befassen würde. Dabei wurden namentlich das Weehselrecht , Bestimmungeu übe.r Transportverhältnisse und solche über industrielle Gesellschasten herausgehoben.

^is je^t haben 16 Kantone geantwortet, von denen .l 4 sich bereit erklären, an einer Konferenz Theil zu nehmen. Es sind dieses die Kantone Zürich, ^nzern, Uri, Unterwalden nid. dem Wald, Glarns , Freiburg, Solothurn , Basel-S.tadt,

562 St. Ballen, Graubünden, Aargau, Thurgau, Tessin und Gens.

gegen haben abgelehnt Appenzell J. Rh. und Obwalden.

Da-

5. Die im Berichtsjahre fortgeben Verhandlungen betretend das K o n k o r d a t behuss V e r e i n f a c h u n g d e r F o r m a l i t ä t e n in E h e s a ch e n führten zu einem Entwurse , der den Kantonen zur Prüfung mitgetheilt wurde. Jn dieser Weise werden die .Abgeordneten der Kantone im Stande sein, bei der aus die Zeit der nächsten BundesVersammlung anberaumten Konferenz zur Feststellung des definitiven Entwurfes mitwirken zu konne.n. Das lezte bezügliche Kreisschreiben, nebst dem provisorischen Entwurfe, befindet steh im Bundesblatt 1867,

l, S. 86.

Die näheren Beratungen überzeugten die von der Konferenz niedergeseze Kommission, dass ^nr Zeit noch abgesehen werden müsse von allen Bestimmungen, welche in das materielle Ehereeht hinübergreifen würden.

Der vorlaufige Entwurf behandelt desshalb bloss sormelle funkte. Da-

bei waltet gleichwohl die Ansicht, dass eine materielle Regnlirung ein-

zelner solcher Verhältnisse aus die Dauer nicht vermieden werden könne.

Jn der That mehren sich die Konflikte und Beschwerden in Ehesachen von Jahr zu Jahr, und zwar ebensowohl zwischen den Kantonen als namentlich auch gegenüber dem Auslande. Da aber dieses Gebiet vorherrschend in die Kompetenz der Kantone fällt, so konnen in den wenigsten Fällen massgebende Entscheide, sondern höchstens gute Räthe gegeben werden.

lll.

Garantie .^n ^..nton...ner^..^un^en.

E s wurde einzig eine R e v i s i o n d e r V e r s a s s u n g d e s . f a u t o n s G l a r u s zur Genehmigung vorgelegt, die auch von der Bundesversammluug am .^. Juli 1866 ertheilt wurde. (Oss. ^amml.

Vlll, S. 846.) Diese Revision bezog sieh aus die ^ 46, 50 und 51 der Verfassung von Glarus und be^wekte lediglich, die Zahl der MitGlieder des Rathes und des dreifachen Landrathes nach der jeweiligen Volkzahl einer Gemeinde wählen zu lassen, während bis anhin die Zahl si^.irt war.

lV. ^nlulat^erhalt...^.

l . Der schweizerische G e n e r a l k o n s u l in J a p a u berichtete über die Behaudlung des im Oktober 1865 vor dem Konsulate gemäss

.^lrt. V und VI des ^reundschasts- und Handelsvertrages zwischen der

Schweiz und Japan vorgekommenen ersten Eivil- und Strasprozesses.

Der Hr. Generalkonsul hatte ans den dort angesessenen Schweizern zwei Beider Angezogen und sür sieh selbst die Leitung der Verhandlun^en vorbehalten. Drei Japaner waren die Kläger, ein Schweizer

563 der Beklagte. Es. handelte sich um eine Forderung aus Kauf und Misshandluug eines der Kläger durch den Beklagten bei Anlass einer Mahnung zur Zahlung. Der Beklagte wurde zur Bezahlung verschiedener Summen an die Japaner verurtheilt, ferner in eine Busse von Fr. 120 und in dieBro^esskosten, welche nach Massgabe des Bundesgesezes

über die Kosten .der Bnudesrechtspflege vom 24. September 1856 be-

stimmt wurden und ^r. 378 betrugen (Inbegriffen ein Gerichtsgeld von Fr. 100).

Da der Hr. Generalkonsul die Ansichten des Bundesrathes über ^as beobachtete Verfahren zu kennen wünschte , so wurde nach Einsicht des Brotokolles geantwortet, es sei dasselbe zu billigen , insbesondere auch der Beizng von Assessoren. Mit Bezug auf das Materielle wurde

lediglich beigefügt, dass es in den Wünschen des Bundesrathes liege,

dass in allen solchen Streitigkeiten den Japanern oder andern Fremden ganz gleiches Recht gehalten werden solle, wie den Schweizern.

Mit der ausgesprochenen Busse soll uach Art. VlI des Vertrages verfahren werden.

Mit Bezug ans das Begehren des Generalkonsulates , dass die Jurisdiktion desselben für die Zukunst regulirt werden mochte , wurde geantwortet, dass in Ermanglung eines schweig. Eivil- und Bolizeistrafgesezbuches diesem Verlangen nicht entsprochen werden konne.

Am .,wekmässigsteu werde es sein, wenn das Konsulat in solchen Fällen nach Billigkeit und nach den aus dortigen Blähen unter den Europäern wal^ tenden Rechtsansehauungen richte.

Sollten steh dabei in der .^olge erhebliche Uebelstände ergeben, so möge er weiter berichten.

2. Das neu errichtete K o n s u l a t in Müll.. a u s e n perlangte von dem eidg. Jnsti^ und Bolizeidepartement, dass ihm für dort sich aufhaltende schweizerische Arbeiter Livrets zugestellt werden mochten, indem einzelne zuweilen in Verlegenheit kommen, da sie oft nur den Taufschein besten und damit von keinem ^abrikherrn eingestellt werden.

Das Departement ging bei der Behandlung dieses Gesuches davon

aus, dass, dadurch Art. 28^32 des Konsulatreglementes (off. S. Il,

293) die Konsulate ermächtigt seien, Bässe auszustellen, sie auch, wenn die Verhältnisse des betreffenden Blaues oder Staates es erfordern, Livrets an die Arbeiter ausstellen konnen; nur haben die Konsulate hinsichtlich des Ausweises über die heimatliche Augehorigkeit des Jnhabers die gleiche Vorsicht anzuwenden , wie bei der Ausstellung von Vässen.

^ie Fremdenpolizei sei aber Sache der Kantone, somit sei die Ausstelluug vou Bässen zuuäehst ^aehe der Kantouspolizei. Die Konsulate nehmen somit in diesem Falle unr die Stelle der Kautonspoli^ei ein und seien desshalb aueh verantwortlich , wie schon die im Reglemeute erwähnte Mogliehkeit von Kautionen daraus hindeute.

564 Jn diesem Sinne wurde ein den französischen Livrets analoges Formular genehmigt , jedoch in der Meinung . dass vor dessen Einfuhrung noch eine Verständigung mit dem Bräfekten des Departements zu erfolgen habe.

V.

^er^ltn^e ^u an^wartiaen Staaten.

a. A b schl u ss o d e r A u s l o s u n g v o n S t a a t s v e r t r ... g e n . .

1. Die im lezten .Geschäftsbericht erwähnten Verhandlungen zwischen dem K a n t o n A a r g a u und den. G r ossh e r z o g t h u m B a d e n ,

betreffend die gegenseitige Vollziehung rechtskräftiger ^ivilurtheile, kamen im Berichtsjahre noch zu keinem definitiven Abschlusse ; iudess steht derselbe nahe bevor.

2. Von besonderer Wichtigkeit ist die durch Bostulat der Bundes^ Versammlung pom 18. Juli l866 (off. Samml. Vlll , 857) angeregte R e v i s i o n d e s V e r t r a g e s m i t F r a n k r e i c h v o m Jahre 1828, da gerade die von der Kommission des Ständerathes in

ihrem Berichte über die Geschäftsführung im Jahr 1865 (Bundesblatt

1866, Il, 101-103) hervorgehobenen Uebelstände es sind, welche die grössten Schwierigkeiten bereiten. Der Bundesrath übersah die Mangelhastigkeit des Vertrages von 1828 nicht, und gab desshalb schon bei Anlass der Verhandlungen über die Verträge vom 30. Juni 1864 seinem Bevollmächtigten bezügliche Jnstruktionen , die derselbe in der 20. Kouferenzsizuug vom 2. Januar 1864 (siehe die gedrnkten Konferenz Verhandlungen S. 111, 121-123 und S. 130) eroffnete. Die franzosischen Bevollmächtigten hielten aber an dem Grnndsaze fest , dass

alle damals abzuschliessenden Verträge g l e ichz e i t i g in Kraft treten und sich in ihrer Gültigkeit gegenseitig bedingen sollten, u^.d da man

sich allseitig von der Rotl..wendigkeit überzeugte^ dass die hier zur Sprache kommenden fragen einer ganz besondern Aufmerksamkeit bedürfen , so wurden die . in z^ei besondere Verträge verwiesenen Fragen über d^u

Gerichtsstand und über die Vollziehung der gerichtlichen Urtheile einer-

seits und über die gegenseitige Auslieferung von Verbrechern andererseits (Konferenzprotokoll S. 130) verschoben.

Dennoch wurde schon damals sranzosischerseits eiu revi^irter Entwurf zu einem Vertrage über Geriehtsstaud und Vollziehung zivilgerichtlicher Urtheile vorgelegt ; auch sprach die sranzosische Regieruug schou im Rovember 1864 ausdrüklieh ihre Geneigtheit aus, die Verhandlungen über diese fragen gesondert wieder aufzunehmen. Es lag also zur Zeit,

als die Bundesversammlung das bezügliche Boftnlat beschloss , die Be-

xeitwilligkeit beider Regierungen zu einer bessern Regulirung dieser Verhältnisse bereits vor , und es konnte sich nur srageu , ob der Zeitpunkt hiesür nun gekommen sei. Der Bundesrath versäumte nicht, den

565 schweizerischen Ministex in Baris mit den geeigneten Erkundigungen zu beauftragen. Jnzwischen sind die Materialien gesammelt und vervollständigt worden.

3. ^ieraü reiht sieh die V o l l z i e h u n g d e s V e r t r a g e s mit F r a n k r e i ch v o m 30. Juni 1864 , hinsichtlich der V e r m i n d e r u n g d e r A u se n t h a l t s g e b ü h r e n f ü r A r b e i t e r aus schweizerischer ^eite und die A u s h e b u n g d e r B a s s v i s a g e b ü h r e n ans französischer Seite.

Was den erstern Bnnkt betrifft. so brachte die französische ^esandt^ s.haft dessen Ausführung schon in den ersten Tagen von 1866 abermals in Erinnerung Die am meisten betheiligten Kautone wurden desshalb neuerdings gemahnt. Jndess konnte der Bundesrath nicht umhin , die frauzosisehe Regierung darauf aufmerksam zu machen , dass er durch die

begliche Erklärung im Vertrage vom 30. Juui 1864 keineswegs eine

Verpflichtung für Erwirkung der gewüuschten Reduktionen übernommen habe, indem jene Erklärung vielmehr nur dahin laute, dass wenn der Bundesrath erhebliche Ermässigungen zu erwirken vermöge , die Regierung des Kaisers geneigt sein werde , auch die Bassvisagebühren gegenüber. der Schweiz salleu zu lassen. Jn dieser Erklärung liege also nicht eine positive Verpflichtung der Schweiz, sondern eine bedingte Verpflichtn..g der französischen Regierung, und es müsse ihr bekannt sein, dass die ^rage der Besteuerung der Riedergelasseuen und der Ausenthalter lediglich Sache jedes einzelnen Kantons sei, und dass die Bundesbehörden keiue Besngniss haben , über diese Verhältuisse ^u statuixen. Dabei wurde aufmerksam gemacht, dass im Allgemeinen von einer allzuschweren Bedrütung der französischen Unterthauen in der Schweiz keine Rede sein könne, da ste nach dem neuen Vertrage nicht nnr in jeden. Kantone in gleichen Verhältnissen stehen wie die Schweizer aus andern Kantonen, sondern sogar wie die Angehörigen des gleichen Kautons , die in einer andern Gemeinde wohnen. Die obwaltende ^rage beschlage auch uieht bloss die Kantone , sondern sogar die .^ekonomie jeder einzelnen Gemeinde , woraus sür eine ...lenderung der bestehenden Verhältnisse grosse Schwierigkeiten entspringen. Jndessen ermangle der Bundesrath nicht, bei jeder Gelegenheit diejenigen Kantone, deren Gesezgebung noch einige Härten enthalten mochten, an deren Beseitignng ^u erinnern.

Die französische Regierung liess sodauu mit Rote vom 23. April 1866 eröffnen, ^ass sie auf dem Bunkte stehe, die Gebühren für Bassvisa als allgemeine Massregel gegenüber allen Staaten, die Gegenreeht halten, aufzuheben , dass sie aber die Schweiz davon ausuehmen müsste , wenn^ die ^lnsenthaltsgebühren nicht vermindert würden , worauf mit Kreiss..hrei.ben vom 27. April 1866 sämmtlichen Kantonen angelegentlich eine .^forderliche Durchsicht ihrer bezüglichen Gesezgebung empfohlen wurde

(Buudesblatt 1866 l, 624 und 625).

.^66 Die zwei Kantone , weiche in dieser Angelegenheit vorzugsweise in Frage kamen, waren .....euenburg und Gens. Beide nahmen nun wirklieh eine Revision ihrer Gesezgebung vor , wobei namentlich Gens eine erhebliche finanzielle Einlasse machen wird. Renenbnre. sezte die Gebühr

sür die Ausenthaltsbewillignng aus Fr. 1 und Geus aus Fr. 1 . 50 per

Jahr fest.

Bald nachdem diese neuen Geseze der franzosischen Regierung mitgetheilt waren, ersolgte (13. Juli) von Seite Frankreichs die Verfügung, dass die am 30. Juni allgemein gewährte Erleichterung im Basswesen bestehend in der A u f h e b u n g d e r G e b ü h r e n s ü r d i e A u sst e l l u u g u n d V i s i r u n g v o n B ä s s e n anch auf die Schweiz auszudehnen sei. Diese Ausdehnung aus die Schweig wurde in... der

Rote vom 13. Juli ausdrüklich damit begründet, dass durch die neuliche

Änderung der Gesetzgebung in den Grenzkantonen die Bedingungen,

welche in der Erklärung vom 30. Juni 1864 stipulirt worden, erfüllt

seien. (^Les conditions stipulées par la déclaration du 30 .lnm 18^ se trouvant. remplies par ..uite des dispositions l^sia^ves .^cemmcn..

votées dans les Cantons limitrophes. ^ Die sranzosische Regierung sprach zugleich ihr Bedauern ans , dass es ihr nicht moglich sei, die Bässe zu Guuften der Schweiz gäuzlich zu unterdrükeu, wie dies kurz vorher gegenüber einigen europäischen Staaten (England nud Belgien) geschehen sei. Sie, die franzosische Regierung, habe sieh nämlich ungeachtet dieser provisorisch ausgedehutern Vergünstig gung deunoch immer das Recht vorbehalten und werde durch keiu Engagemeüt aus dieses Recht verzichten , in Sachen der Bolizei die volle Freiheit der Handlung zu behalten und das Recht zu haben , jeden Moment und je nach Umständen die Bässe wieder obligatorisch zu erklaren. Deuuoch werde di.^ ^usieheruug gegeben, dass sobald die politische Situation von ^eutraleuropa es gestatte , die soebeu gewährten Erleichterungen im Basswesen gegenüber der Schweig dadurch verooilstäudigt werden sollen , dass auch die .^ehweizerbürger , wie die Angehorigen aller andern Staaten, von jeder Formalität besreit werden.

Der friede ist bekanntlich schon lange wieder znrükgekehrt. dennoch wurde diese Zusieherung bisher nicht ganz erfüllt. Gegen Ende des Jahres entwikelte sieh desshalb eine neue Korrespondenz hierüber, in welcher sranzosiseherseits allervorderst Auskunft verlangt wurde , ob nicht anch andere Grenzkantone eine ähnliehe Reduktion der Aufenthaltsorten versügt .haben, wie die Kantone Reuenburg uud Genf. Jn einer Antwort hieraus wies Herr Minister Kern , gestuft ans die oben erwähnten , auch vom Bundesrathe sri.her schon erorterten Gesichtspunkte, eine diessällige Zumuthung zurük und verlangte die früher versprochene vollkommene Gleichstellung der Schweizer mit den Engländern und Belgiern. Eine be^ügliche Antwort ersolgte noch nicht. Jnzwischen ist nach einer Erosfnung,

567 welche die franzosische ..^esaudschastskanzlei im August 1866 der Bundeskan^lei machte , zum Reisen nach Frankreich auch ein B a s.. v i s u m w e i t e r n icht e r s o r d e r l ich, dagegen wurde den Reisenden empsohlen, sich auf alle Fälle mit irgend einem Ausweise über ihre Bersonlichkeit , sei es Bass , Wanderbuch oder ein anderes ..Dokument zu versehen (Bundesblatt 1866, l.l, 421). dieses Verfahren ist bis in die neueste Zeit praktisch geübt worden , und zwar mit solcher Konsee.uenz , dass selbst das verlangte Visum verweigert wird. Da schwere..

rischerseits ein Mehreres billiger Weise nicht verlangt werden kann, indem auch die Schweiz von dem fremden Reisenden unter Umständen einen Ausweis über seine Bersonlichkeit verlangt, so gedenken wir in dieser Sache keine weitern Sehritte mehr zu thuu. dagegen wird es passend sein , wenn die Kautonspolizeibehorden die Frage in Erwägung ziehen, ob nicht ihren Angehorige.n ein einfaches und wohlfeiles Ausweispapier, .,. B. in ^orm einer Basskarte, behändigt werden koune , wobei moglichste Verständigung über ein einheitliches formular wünschbar sein dürste.

4.

Ein Nachtrag zum Handels- und Riederlassuügsvertrag zwischen

der Schweiz und B e l g i e n , b e t r e f f e n d d e n S ch u z d e s l i t t e r a r i f eh e u und k ü n st l e r i sche u E i g e n t h u m s , ist fortwährend unter Mitwirkung des eidg. Jnsti^ und Bolizeidepartemeutes behandelt worden. Da die ^rage selbst anderswo erortert wird, so kann hier eine nähere Behandlung unterbleiben. (Siehe Abtheilung .

Handel.)

.^. Die Vollziehung der fran^ostseh-schweizerischeu ^taat^verträge vom 30. Jnni 1864 beschäftigte den Bundesrath noch in einer andern Richtung, nämlich mit Bezng ans die R e p r o d u k t i o n v o n m u..

s i k a l i s eh e n K o m p o s i t i o n e n d u r ch M n s i k d o s e n o d e r ä h n l i c h e J n s t r u m e n t e . Die von der sranzosischeu Regierung im ^chlussprotokoll gegebene Zusieherung, dass derartige Reproduktionen nicht als Nachahmung des betresfeuden Musikstnkes zu gelteu haben, sollte in Frankreich mittelst eines formlichen Gesezes die Sanktion erhalten. Dieser Vorschlag fand jedoch anfänglich im Senate keine günstige Aufnahme, indem behauptet wurde, ein solches Gesez verstosse gegen

die versassüugsmässige Unverle^lichkeit des Eigentumsrechtes. Bei An-

lass einer Erklärung über den schweizerischen ..Standpunkt sprach der Bundesrath sur den ^all, dass jeues Gesez in Frankreich nicht angenommeu würde, sich dahin aus, dass dann der bezügliche Vertrag nach hierseitiger Ansicht gan^ dahin sallen musste. Da bezüglich der Klassifikation der mechanischen Bianos Anstände walteten , so erklärte der Bundesrath , dass er nichts dagegen habe , wenn der Senat erklären wolle, dass die Pianos mécaniques nicht ^u den instruments an.^lo^nes gehoben , da keine derartigen Bianos in der Schweiz sabrizirt werden.

Hingegen gehoren Drehorgeln, Mobel u^it kleinen Musikkasten u. dgl.

568 offenbar in die Kategorie der Musikdosen, und es nehme der Bundesrath.

an, dass bei einer etwaigen Beschränkung des Gesezes aus blosse Musikdosen jene offenbar ganz analogen Jnstrumente, welehe in der Schweiz vielfach verfertigt werden, unter dem Begriffe M u s i k d o s e n mit inbegriffen seien.

Das Gesez wurde jedoch in seiner einfaehern Form und ohne einen Zusaz angenommen , so dass diese Angelegenheit vollkommen nach den Wünschen der Schweiz ihre Erledigung fand.

Dieses Gesez vom 20. Jnni 1866 enthält einen einzigen Artikel, der lautet wie folgt .

^La fabrication et la vente des msl^umenls servant à reproduire ^mécaniquement des airs de musique qui sont du domame prive ne ^constituent pas le f.^it de contrefaçon musical prévu. et .^um par la ^loi dn 19 .lnillet 1793, combinée avec le... articles .........^ et smv...nt.s ^du Code pénal. .'

6. Die Vorbereitungen zu weitern Verhandlungen mit D ä n e m a r k betreffend einen A u s l i e f e r u n g s v e r t r a g wurden wieder ausgenommen, indem der dänische Gesandte am franzosischen Hose daraus zurükkam. Zugleich kam auch der Abschluss eines Handelsvertrages mit Dänemark wieder zur Sprache. Der Bundesrath erkärte sich nicht abgeneigt zu diessälligen. Unterhandlungen , jedoch in dem Sinne , dass vorher ein Schema über die zu behandelnden Materien festgestellt werden

soll. Auch wurde beigesügt, dass sehweizerischerseits gewünscht werde,

vorher noch den Vertrag mit den Riederlanden ins Reine zu bringen, und dass auf Verhandlungen über den Schnz des sogenanuteu geistigen Eigenthums nicht eingetreten werde.

b. S p e z i a l f ä l le.

7. Hr. ...^amnel G e r b e r in .Langnau, Kts. Bern, hatte an Kamille H o r n u n g in Mülhauseu Fr. 7.)26 für Holzliefernngen zu fordern, und betrieb denselben. Jnfolge dessen intercedete Hr. Zimmermeister Bühler in Mülhausen, indem er im J a n u a r 1864 gegen Abtretung der Gesammtforderung dem .^rn. Gerber zwei auf den 30. April 1864 zahlbare Wechsel im Betrage von Fr. 4.^00 ausstellte.

Rnn wurde Horuuug am 11. März 1864 durch Dekret des Haudelsgerichtes von Mülhausen als ^allit erklärt und am 1.). April gl. J., gemäss Artikel 441 des Code de commerce der Ansangstermiu der

Einstellung der Zahlungen ^aus den 11. R o v e m b e r 1863 festgesezt.

Gestü^t aus diesen leztern Entscheid und uaeh Vorschrift der Artikel 446

und 447 des Code de commerce wurden sodann die Erben des inzwischen verstorbenen .^rn. S. Gerber, welehe ebenfalls in Langnau wohnen, du^ch den Massaverwalter zur Rü^ahlung der empfangenen Fr. 4500 in die Masse ausgesordert und .....n ^alle des Widerspruchs

569 auf den 4. Oktober 1864 vor das Handelsgericht nach Mülhausen vorgeladen. Da die Erben Berber nicht erschienen, so wurden sie i.... con^ .

tnmaciam zu jener Rükzahlung verurtheilt.

^um ^weke der Vollziehung dieses Urtheils .verlangte nun der Massaverwalter der Fallite Hornuug bei dem Appellations- und Kassationshos des Kantons Bern das Ex^natur für dasselbe. Am 11. März

.l 865 lehnte es jedoch

Gerichtsverhan in Mülhauseu hätten erscheinen sollen, insinuirt worden war,

und weil

das Urtheil ^nieht die im Art. 1 des Staatsvertrages von 1828 vorge-

sehriebene Legalisation der sranzosischen Gesandtschaft trug, endlich weil

nach Art. lll des gleichen Staatsvertrages das Handelsgericht von

Mülhausen .in dieser Sache inkompetent sei.

Dennoch wurde vor dem Handelsgerichte in Mülhausen ein zweites Verfahren^ gegen die Erben Gerber eingeleitet, zu welchem ste rechtzeitig vorgeladen wurden. Die Beklagten erschieuen indess nicht, und es erfolgte desshalb am 20. Juni 1865 ein zweites Kontumazurtheil gegen sie.

.Nachdem nun mit Bezng ans dieses zweite Urtheil die vorgeschriebenen Formen ersüllt waren , gelaugte es durch Vermittlung der franzosischen Gesandtschaft an den Bundesrath mit dem Gesuche um An-

ordnung der Vollziehung desselben. Sie berief sich aus Art. lV des

bereits erwähnten Staatsvertrages, wonach die einfachen Gläubiger gleich behandelt werden sollen, ohne Rüksicht darauf, welchem ^ande sie angehoren , ^m^.is toujours co.^ormement .^n^ lois de clique pay.^ ^ sodann auf den Art. 5.) des sranzosischen Code de procédure , welcher vorschreibe, dass in ^allimentssaehen der Beklagte sich vor dem Richter des Wohnortes des ^alliten einlassen müsse, und folgerte hieraus, dass weun schon der Anspruch au die Erben Gerber personlicher Ratnr sei, er doch unbestreitbar mit dem Fallimente Hornung in Eonuex^ität stehe und desshalb der Richter von Mülhausen der zuständige sei. Ueberdies machte die franzosische Gesandtschaft den Art. l.lI des angesührten Staatsvertrages geltend, wonach die schweizerischen Angehörigen in deu Fällen il^rem natürlichen Richter entzogen und vor sranzosisehen Gerichten belangt werden konnen, wenn sie in Frankreich mit einem sranzosischen Bürger einen Vertrag geschlossen haben . nun sei aber der Vertrag vom Januar 1864 in M ü l h a u s e n geschlossen und Hr. Gerber sei auch in dieser Stadt um die ^r. 4500 bezahlt worden.

Der^ Appellations - und Kassationshos des Kantons Bern verwei^erte indess auch dem ^weiten Urtheil sein Ex^uatur. Jn seiner Antwort an den Bundesrath berief er steh zunächst daraus, dass die Vor-

schrist des ^ 3.)1 des bernischen Zivilprozesses nicht erfüllt worden sei, wonach das Begehren um Vollziehung auch dieses zweiten Urtheils

570 z u n ä eh st b e i i h m hätte angebracht werden sollen. Sodann beharxte erwähnter Gerichtshof darauf, dass das Handelsgericht zu Mülhausen in dieser Angelegenheit inkompetent sei. Es wurde namentlich geltend gemacht, dass der Art. I^ des erwähnten Staatsvertrages bl.oss die Rangordnung der Gläubiger im .Konkurs behandle und nur dann anwendbar wäre, wenn etwa die Erben Gerber ihrerseits Ansprüche an die Masse Hornung machen würden. Da dieser Fall nicht vorliege, so sei auch die Berufung aus Art. 5..) des franzosischen Code de procedure irrig. Uebrigens sei die Auslegung dieses Artikels in Frankreich selbst sehr bestritten, und abgesehen davon, sei er aus den im Gebiete des Kantons Bern wohnenden Bürger nicht massg...bend. Es komme somit einzig der Art. Ill des Staatsvertrages zur Anwendung, da auch die französische Rote zugebe, d.^ss es sich um einen persönlichen Anspruch gegen die Erben Gerber handle , diese müssen sonnt an ihrem Domizil eingeklagt werden. Die in der Rote ausgestellte Ansicht würde ein den Grundsäzen des Staatsvertrages total widersprechendes Verhältniss ergeben. Eine bernische Konkursmasse müsste nach hiesiger Gesezgebung in persönlichen Streitigkeiten den in Frankreich wohnenden Beklagten vor den dortigen Gerichten belangen . eine französische Masse dagegen dürste einen in seiner Heimat angesessenen Berner in ganz derselben Streitigkeit vor die französischen . Gerichte laden. Jn einen. ganz ahnlichen ^all, in welchem das betreffende sranzösische Gericht seine Kompetenz auch aus Art. 59 des Code de .^ocednrc basirt habe , sei von der franzosischen Regierung selbst die Jnkompetenz dieses Gerichtes anerkannt worden. (Ullmer, staatsrechtliche .^rax^s Rr. 628.) Die Ausnahmsbestimmung im Art. Hl des Vertrages würde nur dann anwendbar sein, wenn bei ^lnhebung der Klage die Erben Gerber in Mülhausen anwesend gewesen wären.

Die Erben Gerber wiesen in ihrer besondern Antwort auf den Umstand hin, dass sie von dem Konknrsit..n H o r n u n g keine Zahlung, weder in Geld uoch in Geldeswerth empfangen haben , sondern dass S. Gerber lediglich e i n e m D r i t t e n seine Forderung an Hornung verkaust habe , der von Bühler bezahlte Kaufpreis könne jedenfalls nicht in die Konkursmasse Hornung fallen.

Der Bundesrath entschied am 16. ^ebruar 1866, es sei auf die Beschwerde der sranzosisehen
Gesandtschast nicht weiter einzutreten. Die Entscheidungsgründe lauten dahin .

1) Es kann vorerst keinen. Zweifel unterliegen, dass die Konkursmasse H o r u u n g , wenn sie das Urtheil eines französischen Gerichtshofs im Kanton Bern zur Exekution bringen will . hiesür die Bewil-

ligung des appellations- und Kassationshofes von Bern uachzu-

suchen hat, welchem iusbesondere das^ Recht zusteht , die Kompetenz des ausläudisehen Gerichtes zu prüfen. Da dies im vor-

571

liegenden Falle bezüglich des Urtheils vom 20. Jnni 1.^65 noch nicht geschehen ist , so konnte schon ans formellen gründen dem Begehren der sr.anzosischen Gesandtschaft zur ^eit keine Folge gegeben werden.

2) Da indess die Aktenlage schon jezt einen sachlichen Entscheid zulässt, so nimmt der Bundesrath keinen Zustand. sich gegenwärtig schon auch darüber anzusprechen.

.^) Massgebend sür den Entscheid in der vorliegenden ^rage ist der Staatsvertrag vom 18. Juli 1828. Da es sich hier um eine F o r d e r u n g der Konkursmasse an einen Dritten handelt, so fällt vorerst Art. lV dieses Staatsvertrages gä.^lich ausser Betrach^ denn er handelt nicht von den Forderungen der Konkursmasse, sondern umgekehrt nur von den Rechten der ^..laubiger an dieselbe.

4) Dagegen ist Art. lIl des Vertrages entscheidend. Dieser bestimmt ausdrül.lieh , dass sür personne Klagen der Besagte vor seinem natürlichen Richter gesucht werden müsse. Darnach waren im Spezialsal.le die Gebrüder Berber in Langnau, Kts. Bern, rechtlieh ^u suchen.

5) Wenn behauptet wird , es trete eine Ausnahme von der Regel ein, weil Gerber im Jauuar 1864 nach Mülhausen gereist sei

und in dieser Stadt die Zahlung von Fr. 4500 in Empfang

genommen habe, so widerspricht diese Behauptung eben so sehr dem Wortlaute des Art. lll als dem leiste des Artikels, indem das Vrin^ip dieses Art. 1ll in der ^hat allen und jeden Werth verl.eren würde , wenn eine vorübergehende Reise ins andere Land oder die Annahme einer Zahlung daselbst die Gerichtsstandverhältuisse ändern konnten.

6^ Wenn seruer behauptet werden will, dass der Gerichtsstand des Konkursgerichtes in ^olge Konne^ität dieses Prozesses mit dem

Konkurse ^la^ gleise, so ist an^.h diese Ansicht gan^ irrthümlich.

Wenn Konknrsit H o r n u n g selbst die Gebrüder Gerber aus irgend einem Grunde zur Rukgabe der bezahlten ^r. 4500 hätte anhalten wollen, so würde wohl Niemand daran gezweifelt haben, dass er sie an ihrem Wohnorte hätte suchen müssen. Die Konkursmasse ist nun einfach iu die Rechte des Konkursiteu eingetreten.

Der uaehherige Ausbrnch des Konkurses konnte das Recht eines Dritten aus seinen natürlichen Richter uumoglich schmälern.

7) Wenu schliesslich die erweiterte Kompetenz des Konkursgeriehtes mit einer Bestimmung des srauzosisehen Zivilp.^o^esses begründet werden will, so mag hierorts dahin gestellt bleiben, ob diese Allégation der sran^osischen Vra^is entsprechend sei , auf jeden ^all.. aber konnen die .Bestimntungen des sranzosischen Zipilpro^esses sür internationale Verhältnisse nicht massgebend sein.

572 Dieser Entscheid des Bundesrathes wurde der französischen Gefandtschaft in einer Rote vom 27. Februar 1866 mitgetheilt, wogegen jedoch die erwähnte Gesandtschaft in einer weitern Rote vom 28. August 1866 nachdruksam reklamirte. Diese neue Rote .bemühte sich, die Anschauungsweise des Bundesrathes als unrichtig darzustellen und eröffnete, dass, sosern die schweizerischen Gerichtsbehörden aus dieser Jnterpretation des Art. lV des Vertrages von 1828 beharren sollten, der kaiserliche Justizminister die Absicht h^abe, den sranzosischen Gerichten Jnstruktionen zu ertheilen, welche die bisher anerkannten Wirkungen der Fallimentsurtheile schweizerischer Gerichte beschränken würden. Bevor jedoch zu solchen Repressalien geschritten werde, wünsche die französische Regierung durch eine Konferenz von Sachverständigen beider Länder die Fragen untersuchen und entscheiden zu lassen, weiche sich an diesen Vertragsartikel knüpfen. ^) Der Bundesrath beantwortete diese Rote unterm 10. September

1866 wie folgt :

Der Unterschied der schweizerischen und franzosischen Anschaunngsweise lässt sich in wenigen Worten bezeichnen. Der französische Code de commerce enthält in Art. 441 und 446 die Ausnahmsbestimmung, dass das Gericht unter Umständen die Wirkungen des Fallimentes vor den Tag der wirklichen Eröffnung der Fallite zurükdatiren kann und dass daunzumal die inner diesem Zeitraume erfolgten Zahlungen an . Kreditoren von diesen wieder zurük zu erstatten sind. Die französische Regierung verlaugt nun, dass die Frage, ob schweizerische Kreditoren, welche inner jenem Zeitrau.ne befriedigt worden sind , die empfangene Zahlung wieder zurük erstatten müssen , jeweilen von dem französischen Fallimentsgerichte zu entscheiden sei, während der Bundesrath der Ausieht ist, dass Personen, welehe gax keine Forderungen an eine fran..,..^ sische Fallimentsmasse stellen, sondern umgekehrt von dieser für eine Leistung beansprucht werden, nicht als ^allimentsgläubiger behandelt, sondern nach Art. lll des Vertrages von 1828 vor dem natürlichen Richter ihres Domizils belaugt werden müssen.

^) Die franzofifche Gesandtschaft zi.^e auch einen ^affus aus der Antwort des Bundesrathes in dem unien folgenden ^all C h a me ein und . f o n t a i n e in Salins, worin der Bundesrath erklar.^ habe. ,,qu^I e^ incou^^le ..1ne . ^.n.

,,la production d.nn ^u^e^en.^ de faillite rendu d^ns I.nn des deu^ ^ta.^, ,,I.on peu.^ réeIa^ner I Application de la faillite au^ oiens qne le idilli ^o^^ède ,,dans I.an^e I^a.^ I.e.^éeu.^ion du ^^en^en.^ devant alo^, co^n^ne dan^ .^ons ,,Ies au^es cas^ intervenir ^ ^^^^^^ ^ l^ ^ ^^.^ re.^éraiit.^ .^s ist dies jedoch tediglieh eln^ehler in der Ausfertigung der ^ o t e . ^n der ^.^m Bundesrathe genehmigten deutschen ....edak^ion des Beschlusses in Sachen Chameein steht deu^ich^ ,,naeh den G e s e z e n des re.unrirten S t a a t e s . ^ .^n der Uebersezung des Beschlusses hei^ es daher ganz richtig . ,,en con^rnité au^ lois de I^i.a.^ de ^ui eIie ^I.e^écu.^ion) est .1einan..tée.^

573 Der Bundesrath hat die Begründung seiner Anschauungsweise in seiner Rote pom 27. Februar 1866 näher entwikelt. Die franzosische Rote sührt dem Gesagten gegenüber zuerst aus , dass nach einer Reihe von Bestimmungen des sranzosisehen Code de procédure und des Code d... commerce dergleichen Fragen in Frankreich als Konkurspendenzen ausgefasst werden. Der Bundesrath hat keinerlei Grund, die Richtigkeit dieser Ausführungen zu bezweifeln, aber es ist selbstverständlich, dass die Bestimmungen des srauzosischen Rechts sür Beurtheilung einer internationalen Streitfrage durchaus bedeutungslos sind. Es wäre ein Leichtes, an der Hand schweizerischer Gesezgebungen den umgekehrten Rachweis zu leisten, dass solche Fragen in der Schweiz nicht als Konkurspendenzen behandelt werden. Wir ^tiren hiesür den Entscheid des Bundesrathes und der Bundesversammlung in Sachen Schindler, von welchem wir ein Exemplar in srauzosischer Uebersezung beilegen.

Die französische Regierung kann sich daraus selbst überzeugen , dass wir

die Richtigkeit ihrer Argumentation nicht einmal sür das Verhältniss

^wischen den Kantonen der Schweiz selbst anerkennen und demgemäss sie noch viel weniger sür internationale Verhältnisse als massgebend betrachten konnen.

. Die sranzosische Rote geht sodann über zur Betrachtung des. einzig und allein maßgebenden Vertrages vom Jahr 1828. Sie sagt, das Brin^ip des Art. lll ^ctor seqn^ur kornni rei^ sei nicht absolut massgebeud, denn es seien in diesem Artikel selbst drei Ausnahmen gemacht,

nämlich sür Jmmobiliar-, Erbschafts- und Vormundschafts-Streitigkeiten.

^s ist dies ganz richtig , aber es sind dies eben Ausnahmen und die einzigen Ausnahmen, und es ist unzulässig, diesen ausdrüklichen Ausnahmen noch andere willkürlieh zuzugesellen.

Die Argumentation der frauzosischen Rote schreitet nun weiter zu Art. lV des Vertrages selbst. . Hier ist festgesezt , dass bei Verteilung einer Fallimentsmasse kein^ Unterschied zwischen sran^osischen und sehweiArischen Glänbigern des nämliehen Ranges gemacht werden solle. Aus diesem einsaehen und klaren Saze des materiellen Rechts will nun im Wege der Jnterpretation deduzirt werdeu, dass erstlieh das gleiche Gesez des Ortes der Fallimentserossnung und zweitens der gleiche Fallimentsrichter über alle Streitigkeiten, die bei einem Konkurse entstehen konnen, ^u entscheiden habe.

Der Bundesrath kann weder die eine noch die andere dieser Folgerungen in dieser Ausdehnuug^ als richtig anerkennen.

Richtig ist gewiss , dass alle diejenigen Bersonen , welche mit A nsprücheu an eine Fallimentsmasse auftreten, damit auch sich unter das

Gesez des Ortes des Falliments und unter die Jurisdiktion des Falli-

mentsrichters stellen.

574 Der Bundesrath wird keinen Anstand nehmen , den bezeichneten Grundsaz auch in Zuknnst strikt zu handhaben. Dagegen kann er die weiter gehenden Schlüsse aus diesem Artikel nicht als richtig anerkennen, und muss sogar fehr bezweiseln, ob die französische Regierung selbst alle Konsequenzen aus dem von ihr ausgestellten Saze aeeeptiren würde.

Wenn z. B. ein Fallimentsgläubiger Pfänder in seiner Hand hat, so hat über die Gültigkeif des Bsandvertrages gewiss nicht das Gesez des Ortes des Falliments und nicht der Fallimentsrichter zu entscheiden, sondern es hat die Fallimentsmasse den Brozess por dem natürlichen

Richter des Vfandbesizers zu führen. Jn ganz gleicher Weise muss die

Fallimentsmasse auch Diejenigen vor ihren.. natürlichen Richter suchen, welche sich nicht als Gläubiger der Masse konstituiren wollen , sondern als Schuldner von ihr in Anspruch genommen werden.

Wenn die frauzosische Regierung einwendet , es entstehen daraus

Ungleichheiten, so ist dies allerdings richtig. Der vertrag von l 828 hat aber keineswegs den Zwek, alle Ungleichheiten aufzuheben, was nur mittelst gemeinsamer Gesezgebung geschehen konnte, sondern er sehreibt nur vor, dass die ^ranzosen in der Schweiz gleich den Schweizern und die Schweizer in Frankreich gleich den Franzosen behandelt werden sollen. Das pon der franzosischen Regierung empfohlene Verfahren würde zu eben so grossen Ungleichheiten führen . denn . es konnten di..

Franzosen bei jeden. schweizerischen Konkurse Alles behalten, was sie bis zum ..^age der Fallimentseröffnung an Zahlung empsang.m habeu, während die Schweizer das unter gleichen Verhältnissen ^.mpfangene in französischen Konkursen zurükgeben müssten , ein Verhältniss , welches

die französische Regierung gewiss selbst nicht als billig anerkennen würde^ Unter solchen Umständen ist nicht wohl anzunehmen , dass bei Be^ sprechuug der Angelegeuh..it durch Sachverständig.. beider Länder eine Verständigung aus anderer Grundlage als der vom Bundesrathe l.ezeich^ neten erhältlich sein werde, und der Bundesrath muss in erster .^inie wünschen , dass die kaiserliche Regierung sich bei nochmaliger Brü^ fnng der ^.ache zur Aeeeptation der Jnterpretation des Bundesrathes herbeilasse.

Sollte indess die franzosische Regierung aus dem Vorsehlage von Konferenzverhandlungen beharren , so wird der Bundesrath im Hinblik aus Art. l^. des Vertrages von 1828 und in voller Anerkennung der konziliatorischen Bestrebungen der kaiserlichen Regierung keinen Anstand nehmen , aus ihren Vorschlag einzutreten. Der Bundesrath würde in diesem ^alle die nähern Vorschläge der sranzosischen Regierung über die ^ahl der beiderseitigen Abgeordneten , sowie über Ort und ^eit ihres Zusammentrittes gewärtigen.

Der Bundesrath nimmt die Freiheit, der sranzosischen Regieruug seinerseits noch einen andern Vorschlag zu machen.

Der Vertrag

^ ^

.575

zwischen der Schweiz und Frankreich vom 18. Juli. 1828 . entspricht schon seit längerer Zeit, namentlich was die Materie der Auslieferungen ...nbetrisst, den Bedürfnissen der Gegenwart nicht mehr, wie solches von den Regierungen beider Staaten schon wiederholt gefühlt worden ist.

Es dürste daher die ^rage entstehen , ob es nicht besser gethan wäre, statt sieh in Jnterpretationen des bestehenden Vertrages einzulassen, einen neuen Vertrag an dessen Stelle ^u se^en, bei dessen Formulirung man beiderseits etwas freiere Hand hätte. ^alls die kaiserliche Regierung dieses wünschen sollte , so erklärt sich der Bundesrath zur Er-

offuung diessälliger Unterhandlungen jederzeit geneigt.. er hosst, dass es

dadurch möglich würde, die Ergreifung einseitiger Massregeln zu ver^ hindern, welche unter Umstanden auch wieder Gegenmassregeln zur Folge haben müssten.

Den Spezialsall der Faillite H o r n n n g gegen die Erben Gerber anbelangend, kann der Bundesrath in dieser Angelegenheit keine weitern Verfügungen treffen. Jndess steht es, wie schon in der Rote von.

17. Februar angedeutet würde, der Faillite Hornung durchaus srei, in gewohnter Form Rechtens die ^ekution des Urtheils des Gerichtshofes von Mülhansen bei den bischen Gerichten nachzusuchen , obschon natürlich von diesen. Schritte ein günstiger Ersolg kaum erwartet werden darf.

.^u weiterer diplomatischer Korrespondenz konnte indess dieser

Spezialsall keinen Stoff mehr bieten . . indem die Erledigung desselben

eiusach Sache der beruischen Gerichte sein wird.

8. Das.^ Hans E h a m e .^ i n u n d F o n t a i n e zu Salins Frankreich), war Kreditor eiuer .^bligaton mit .^pothek von Fr. 15,000 ans die in Konkurs gekommene Soeietät R i v e r t und B r e t i n g in LaEhau^ de-Fonds , aus der andern .^eite aber schuldeten Ehameein und Fontaine ^..en Herren Herrl... uu^ G r e n b iu Ridau, Kts. Beru, eine. fällige Wechsel forderung von zirka Frkn. ^000. Un^ Dekung zu erlangen, wirkten Herrl..^ und Greub im Juli 1864 in Ehaur^de.^onds einen Arrest aus zuhanden der Konknrsmassa R i v e r t und B r e t i n g aus die erwähnte Obligation von ^r. 15,000. .dieser Arrest wurde sowohl dem .^errn Advokaten Eneh.^ i.n .^a ^h^u^de-^ond.^, als Repräsentant von .^hameein und Fontaine a..s diesen. ^la^e,^^ie auch den leztern selbst in Salins insinuirt , verbunden mit der Vorladung aus den 1.. September zur

sriedeusrichterlichen Verhandlung über die Gültigkeit des .Arrestes. ...^ie

Mittheltnng au ^han^eein und fontaine erfolgte am 13. August 1864, allein am 16. August fielen anch sie ihrerseits in Konkurs, und es wurde die Suspension der Zahlungen aus den 3l. Juli l 864, zurükdatirt.

Die Masse R i v e r t und B r e t i u g verachtete ans eine Bestreitung de....

Arrestes^ dagegen trat der Bevollmächtigt.. der Masse Eham^in und

B..nde.^t.t. ^ .. l, r a. . .^lX. Bd. I.

^

47

^576 Fontaine mit einer protestation auf und bestand den Brozess vor den n^uenburgischen Berichten. Der Arrest wurde jedoch von beiden Jnstanzen bestätigt , weil der in Frankreich über Ehameein und Fontaine eröffnete Konkurs nicht aus Vermögensstüke derselben stch erstreken könne, die in der Schweiz liegen . das französische Konkursdekret könne daher nicht die Annuliirung eines Arrestes zur Folge haben, weicher ans solche

in der Schweiz befindliche Mobilien gelegt worden sei.

liegen diesen Entscheid führten die französische Gesandtschaft sowohl, als der Repräsentant der Masse Ehameein und Fontaine Besehwerde bei dem Bundesrath und vertheidigten, gestüzt ans den Art. IV des Staatsvertraget von 1828, die Universalität des Konkurses in beiden Staaten,

sowie die Rechtskrästigkeit und Voll^iehbarkeit der Konkurs^dekrete.

Der Bundesrath erklärte jedoch am 16. Februar 1866 diese Beschwerde als unbegründet, und rechtfertigte diesen Entseheid mit folgender

Begründung :

1) Die vorliegende Beschwerde beruht aus der Voraussezung , die von ihr entwikelten Grundsäze über die Universalität und Attraktivkrast des Konkurses seien nicht nnr anerkanntes Recht der einzelnen Staaten, sondern sie bilden auch internationales Recht in den. Sinne , dass die Behörden eines Staates gegenüber den Behörden oder Bürgern eines.

andern dieselben anerkennen und anwenden müssen, und dass ihre Richt-

beachtung ein Eingriff in das Völkerrecht sei.

2) Diese Auffassung ist aber nicht stichhaltig, sondern sie widerspricht

geradezu dem völkerrechtlichen Grnndsaze , nach welchem es zur Landes-

hoheit und Unabhängigkeit jedes Staates gehört, mit Ausnahme der

Ex^.erritorialperhältnisse und durch Staatsverträge sreiwillig anerkannter Beschränkungen, seine Zivilgesezgebung und Jurisdiktion über alle in seinem Gebiete befindlichen Bersonen und Sachen auszudehnen und nach seinem Ermessen ^u ordnen.

(Erwägungen des Bundesrathes im Entscheide Ma es und Pächter,

Bnudesblatt 1857, Bd. l, ^. 216).

(^^^s Nr. .^88, ..^ Tome 6).

3) Es bleibt also lediglieh in ^.rage , ob der ^laatsvertrag vom

18. .Juli 1828 die Einheit und Universalität des Konkurses in den

Beziehungen zwischen der Schweiz und Frankreich ausdrüklieh festgesezt habe.

4) Vorab ist es unzulässig , aus Art. Hl dieses Vertrages , welcher für Erbschaftspro^esse den Gerichtsstand der .^.eimat vorsehreibt , durch Analogie Sehlnsse auf die davon verschiedenen und im Art. IV besonders geordneten Konkursverhältnisse zu ziehen.

5) Der in diesen. Punkte allein massgebende Art. IV lautet gan^ klar dahin . dass bei dem Fallimente eines Franzosen, w e l eh e r G ü t e r

577 in F r a n k r e i eh b e s i z t , die schweizerischen Kreditoren den frantosischen Kreditoren und umgekehrt l.ei dem Fallimente .eines Schweizers, w e l ch e r G ü t e r in d e r Schw e i z b e s i z t , die französischen den schweizerischen Kreditoren gleicher Art gleich gehalten werden sollen.

Weiteres bestimmt dieser Artikel nicht, und es folgt aus diesem Wort-

laute, ^dass es keineswegs im Willen der kontrahireuden Staaten lag, ihrer Justizhoheit zu entsagen , betreffend Kollokation der Güter eines Franzosen, die in der Schweiz liegen oder der Güter eines Schweizers,.

welche in Frankreich liegen.

6) .^ass unter dem Worte Güter (biens) nicht bloss das unbewegliche Gut, sondern Mobiliar- und Jmmobiliar-Güter perstanden sind , ergibt stch nicht nur aus dem allgemeinen Wortlaute , sondern auch aus dem gesammten Jnhalte des Artikels lV.

7) Ganz im Einklang mit dieser Anschauungsweise war auch die Vra^is, welche seit pollen 62 Jahren den Artikel, der aus^dem Allianzvertrage von 1803 in den Staatsvertrag von 1828 unverändert übergegangen ist , stets nur in der vorbezeichneten Weise seinem Wortlaute

gemäss in Anwendung gebracht hat. Es ergibt sich daraus zugleich hinlänglich, dass mit diesem Versahren erhebliche praktische Uebelstände nicht

verbunden sind.

8) .^..ie Ansicht, dass durch ein solches Verfahren di... schweizerischen, oder im ..umgekehrten Falle die sranzosischen Kreditoren ein Vorrecht erhalten , beruht auf einem volligen Jrrthum . denn die praktische Konse^uenz der hierseitigen Anschauungsweise ist nur die , . dass über die auf schweizerischem Gebiete gelegenen Güter eines ^ran^osen in der Schweiz auf Verlangen ein Separatkonkurs stattzufinden hat , wie er im umgekehrten Falle über die in Frankreich gelegenen Güter eines Schweizers in Frankreich angeordnet werden kann.

.)) Zu diesen.. Separatkonkurs steht aber auch den Kreditoren des andern Landes der Zatriit ieweilen ganz frei, und es haben dieselben nach Art. lV Anspruch auf gleiche Behandlung mit den Einheimischen, immerhin in der Meinung, dass die Geseze desjenigen Landes mass-

gebend sind, wo der Konkur... stattfindet, was allerdings z. B. für die

Frage . welchen Kreditoren H^pothekarrechte oder Privilegien zustehen , von erheblicher Bedeutung sein kann..

. 10) Mit dieser Anschauungsweise steht die Zwekb..stimmung des

.^taatsvertrages im Eingange desselben in volligem Einklang , indem die Grundlage volliger Reziprozität gewahrt ist. Ebenso harmonirt

damit die Bestimu.nng des Art. l, indem unzweifelhaft, gestüzt ans das in einem Staate ergangene ^allimentsurtheil , aueh die Anordnuug des Konkurses über Güter des ^alliten , die im andern Staate liegen , gefordert werden darf, wobei aber, wie in allen anderu Fällen, die E^ekntion d e s Urtheils n a c h d e n G e s e z e n d e s r e . ^ u i r i r t e n S t a a t e s z u e r f o l g e n hat.

57^8 Diese gründe wurden der französischen Gesandtschaft mit Rote von..

27. Februar 1866 mitgetheilt, welche sich veranlagt sah, mit Rote vom 15. Mai 1866 verschiedene Gegenbemerkungen des franzosischen Justizministers dem Bundesrathe mitzuteilen. Diese Rote nimmt im Wesentlichen Bezug daraus, dass der Bundesrath anerkannt habe, es seien Konkursdekrete des einen Staates in dem andern vollziehbar, wenn die Exekution, wie in allen andern Fällen , n a c h d e n G e s e z e n des

regniriren^elt S t a a t e s ersolge , und kommt zu dem Schlösse : da im vorliegenden Falle die im Art. l des Staatsvertrages vorgeschriebenen formen für die Voll^iehbarkeit des Fallimeutsurtheils nicht erfüllt gewesen seien , so werde zugegeben , dass die franzosischen Kreditoren nicht behaupten können , es erstreken sich die durch Eröffnung des Konkurses erworbenen Rechte auch auf Beweglichkeiten in der Schweiz.

Es ist aber bereits oben im Falle H o r n u n g nachgewiesen worden , dass die Voraussezung dieses Raisonnements irrig ist und aus einend Fehler in der Anssertigung der Rote des Bundesraths vom 27.

Februar 1866 beruht, wesshalb auch der Schlug, den die Antwortsnote zieht, ein unrichtiger ist.

9. Der Kaufmann Bhilipp V e i t zu Emmendingen, Grossherzogtl..um Baden, gab den Handelsleuten Madeux^ und W o h n l i c h in Basel verschiedene Waaren in Kommission und empfieug Vorschüsse.

Jm Rovember 1865 kam er in Konkurs. Der Eonto-Eorrent schloss mit einem Guthaben der Herrn Madeux^ und ^Wohnlich im Betrage von ^r. 15,816. 94, wosür sie an den noch in ihrem Besize befindlichen Waaren ein Faustpfandrecht geltend machten. Die Veit'sche Konkursmasse machte zwar hiegegen keine Einwendung . sie anerkannte ausdrük-

lich das Vfaud-, resp. Retentiousrecht sür die Vorschüsse aus fragliche

Waaren , sowie auch ein Vorzugsrecht für Spesen , Bracht , Zoll ^e.

.Dagegen verlangte der Repräsentant der Konkursmasse. dass die streitige ^rage darüber. welche Zahlungen als wirkliche Vorschüsse auf die Waaren zu betrachten seien, vor dem Koukursgeriehte in Emmeudiugen beurtheilt .werden müssen. . Die Basler Gerichte sprachen sich jedoch dafür aus, .^ass sie sür alle fragen kompetent seien ^ wogegen die Veit'sehe Masse den Rekurs an den Bundesrath ergriff.

Mit Beschluss vom 31. Dezember 1866 wurde der Reknrs der Veit'seheu Konkursu^asse im ....^inne folgender Erwägungen abgewiesen : .

1) Es entsteht allervorderst die ^rage , ob der Weg , den die Rekurreutin zur Anfechtung des Entscheides der Basler-Gerichte eingesehlagen hat, formell richtig sei.

2) Diese ^rage muss ohne weiters verneint werden. Wenn eine badische Fallimentsmasse sieh über Verlegung eines ...^taatsvertrages zwischen der Schweiz und Baden dureh Urtheile schnei-

57.9 zerischer Gerichte beklagen zu sollen glaubt, so hat sie sich hiefür zunächst an die eigene .Landesobrigkeit zu wenden, welche den Vertrag mit der Schweiz abgeschlossen und dessen Vollziehung zu überwachen hat.

Es steht alsdann bei dieser, als der eigentlichen Vertragskontrahentin, ob sie der Reklamation die gewünschte Folge geben und die Angelegenheit aus diplomatischem Wege von Staat zu Staat weiter betreiben will.

3) Es ist um so weniger Grund vorhanden , von diesem regelmäßigen Versahren abzugehen, als gerade im vorliegenden Falle die badischen Staatsinteressen bei dem Entscheide dieser ^rage im Allge-

meinen betheiligt sind , da die grossherzogliche Staatsregierung

dem Bundesrathe für. die von der Rekurrentin angestrebte Juterpretation des Vertrages jedenfalls eine Rezipro^itäts^usicherung ertheilen müsste , und es dann im Fernern wohl auch keinem Zweifel unterliegen konnte, dass, wenn von der grossher^ogliehen Regierung eine dem schweizerischen gemeinen Recht und allen übrigen Staatsvertragen zuwiderlaufende Vertragsauslegung angestrebt werden wollte , eine .Losung dieses Vertragsverhältnisfes schweizerischerfeits ^ur unausweichlichen Rothwendigkeit würde.

10.

Ein neues Gesez

über

die R e eh t e d e r

E r b e n und

R e c h t s n a c h f o l g e r v o n S c h r i f t s t e l l e r n , welches am 14. Juli 1866 vom gesezgebenden Korper F r a n k r e i c h s

erlassen und

im

^Bnllelm des Lol.^, Rr. 1405 publizixt ist, fi^irt die Rechte der Jute-

ressenteu auf den Zeitraum von 50 Jahren nach dem Tode des Versassers. Es schien der frauzosischen Regierung wichtig , dass die aus.^ landischen .......^.riststeller und Künstler dieses Gesez kennen ; sie machte desshalb dem Bundesrathe Mittheilung davon, welcher desseu Publikation im Buudesblatl (1866, ll, 461) anordnete.

11. Jn gleicher Weise machte die sranzosisehe Regierung Mittheilung des Gesezes vom 17. Juni l866 b e t r e f f e n d V e r b r e c h e n , V e r g e h e n u n d V o l i ^ e i ü l.. e r t r e t u u g e u , die im Auslande verübt worden sind. Dureh dieses Gesez (Bulletin d.^s Lois, Rr. 1400) wurden dle Art. 5 , 6 , 7 und 187 des Code d'instruction criminelle ausgehoben und durch andere ersezt. Jn Folge dieses Gesezes werden nun solche Vorgänge , wie sie kaum .^inen Tag vor dem Jnkrasttreten desselben im Bois d'.^mont auf. der waadtländiseh-sranzosisehen Gränze vorkamen, wenn auch nicht verhindert, so doch künstig ans dem Grunde nieht mehr straflos bleiben, weil die Thäter aus der Schweiz entkommen und in Frankreich wegen des im Auslande verübten Verbrechens nieht bestrast wenden konnten. Eine Reihe kleinerer Vergehen, welche frankosisehe Unterthanen auf Schwei^ergebiet , vielleicht gerade im Vertrauen aus ...^traflosigkeit , verübten , werden künstig auch einen Richter finden.

580 Da dieses Gesez hauptsächlich die Gränzkantone berührt, so wurde es nur diesen mitgetheilt, mit dem Bemerken, der Bundesrath überlasse es ihnen , demselben die nüzlich scheiuende Verbreitung zu geben. Er mache aber darauf aufmerksam , dass Verbrechen , welche von Franzosen im Auslande perübt worden, mittelst dieses Gesezes verfolgt werden, ohne dass es hiezu spezieller Vereinbarungen mit Frankreich bedürfe.

Anders verhalte es sieh dagegen mit Bezug ans Vergehen und Bolizeiübertretungen. Diese werden nach Art. H nur dann von Amtes wegen i..

Frankreich verfolgt , wenn von andern Staaten Reziprozität gehandhabt werde. Bekanntlich sei solche bezüglich der Bestrafung der .^.olzfrevel zwischen der Schweiz und Frankreich bereits im Vertrage vom 30. Juni 1.864 vereinbart worden.

Wenn nun aber der eine oder andere Kanton das Bedürsniss fühle, weiter gehende Vereinbarungen mit Frankreich zu tresfen , so gewärtige der Bnndesrath spezielle Anträge hierüber , in welchem Falle er nicht säumen werde, die diessälligen Vermittlungen zu übernehmen.

12. Ans eine Aufrage des schweif. Konsulates in Trieft, nach welcher Vorschrist i u O e ft e r r e i ch d i e V e r st e. u e r u n g d e r V e r l a s s e n sch a s t e n , V e r m ä ch t n i s s e ^e. durch schweizerische Erben und Legatare zu geschehen habe, wurde mit Hinweisung aus den immer noch in Krast stehenden Vertrag zwischen der Schweiz und Oester.^ reich vom 3. August 1804, welcher im Jahr 1818 bestätigt und auf alle Staaten des Kaiserreiches, sowie aus alle 22 Kautone der Schweiz

ausgedehnt wurde, (Alte Off. Samml. l, S. 361 ---363) beantwortet, verbunden mit der weitern Ausführung, dass nach diesem Vertrage gegen-

seitig gleiche Behandlung der beidseitigen Angehörigen zugesichert und

in Art. Il der Bezug von Schreib- und Haudänderungs-Gebühren vorbehalten sei, die selbstverständlich nur gleich sein konneu, wie sie unter gleichen Umständen von den eigenen .Staatsangehörigen bezahlt werden müssen. .^o lange also die Schweizer in Triest gleich behandelt werden, wie die Oefterreicher , so lange sei kein Grn...d zu einer Reklamatio..

vorhanden.

13. Aus das Gesuch des David S e g a l l a von Loeea, im Tirol, .velcher im Kanton Tessin mit einer dortigen Bürgerin eine Zivilehe eingegangen hatte , dass die Ehefrau in seineu Vass eingetragen werden möchte , antwortete die k. k. österreichische Gesandtschast : die Ehe sei .nach österreichischer Gesezgebung nur dann gültig, wenn der Vorstand der Heimatgemeinde des Segalla diesem den sogenannten p o l i t i sche n ^E h e k o n s e n s durch Vermittlung der Vrätur ertheilt habe und wenn die Ehe von dem hierzu befugten k a t h o l i s c h e n S e e l s o r g e r eingesegnet worden sei (^ 75, 81 und 82 des bürgerliehen Gesezbuches für den österreichischen Kaiserstaat). Jm Falle die kirchliche Trauung noch nicht stattgesunden habe, so müsse sie nachträglich vor steh gehen.

5.^1 Der Ehekonsens und dex Nachweis über die kirchliche Trauung müssen der Gesandtschaft in Original vorgelegt werden.

14. Ein Bürger von Aarburg, Kts. Aargau, Ramens Bohnen.^

blust, ste.rb in Guebwiller, Elsass, und hiuterliess daselbst eine Witwe mit 2 Kindern nebst einigem Vermogen in Werthschristen und Baarschaft.

Der Gemeindrath von Marburg ernannte nun der Wittwe einen Bei.^ stand, den Kindern einen Vormund und verlangte von der Ortsb.ehorde.

zu Gnebwiller die Jnventarisirung des Nachlasses, sowie die Ablieferung desselben nach Aarburg.

Alles dieses wurde verweigert, weil die Witwe und Kinder Bohuenblust sranzosische Bürger seien.

D^ jedoch eiu Verzicht auf das Bürgerrecht des Kantons^ Aargau nie erfolgt war, so wurde aus Verlangen der dortigen Regierung an da^ französische Ministerium das Begehren gestellt, dass die Vormundschaft über die Kinder Bohnenblust den heimatliehen Behorden überlassen oder dass die ganze Familie als franzosische Bürger definitiv anerkannt werde.

Mit Rote von. l2. Juli 1866 antwortete der Minister des .^luswärtigen . Die Witwe Bohnenblust habe zwar durch die Ehe ihr ursprüngliches Heimatrecht iu Frankreich verloren . allein da sie nach dem Tode

ihres Gatten in Frankreich geblieben, so sei sie gemäss Art. ^19, ^ 2

des Code Napoleon wieder Franzosin geworden.

Was die Kinder Bohuenblust betreffe, so sei ihre Staatsangehorigteit in gewissem Sinne suspendirt. Da sie in. Frankreich geboren worden, so kennen sie während des Jahres uaeh Eintritt ihrer Majorenuität die Eigenschaft als^.ran^osen ansprechen, wenn sie die in ^.lrt. ....desgleichen Code Napoleon vorgeschriebene Erklärung hierüber abgeben.

Die am meisten akkreditirte Jurisprudenz gebe dieser Erklärung rük.virkende Kraft, so dass die Kinder, welche sie geben konnen, schon.

von ihrer Geburt a.. als ^ranzosen betrachtet werden.

Was nun gegenwärtig die Frage betreffe, nach welcher Gesezgebung die Vormundschaft sich richten müsse , so gehore diese Frage zu d.en schwierigsten. Es sei kein Zweifel, dass wenn die Witwe Bohnenblust nicht ursprünglich franzosische Bürgerin gewesen wäre, oder wenn sie ihre Eigenschast als ^ranzosin nicht wieder geltend gemacht hätte , die Vormnndschast über ihre Kinder nach dem Versonalstatus des Vaters ausgeübt werden müsste, d. h. nach der Gese^gebnng des Kantons Aargau.

^Die Vra^is ^der Gerichtshofe uud die Doktrin der Schriftsteller scheinen uber diesem ^uukt einig zu sein.

Da al^er die Mutter gerade durch den Tod. ihres Gatten wieder ^ranzosin geworden, so konne es sich fragen, ob man nicht fagen müsse,

sie sei gemäss Art. 39.0 des Code Na.^l.^on von Rechtswegen in die

Vormundschaft über ihre Kinder eingetreten.

5^2 Der Grosssiegelbewahrer neige sich zu dieser Ansicht, indess scheine ihm die Frage so wichtig und schwierig, dass deren Entscheid den kompetenten Gerichten überlassen werden müsse.

Der Minister des Aeussern glaubte daher, es sei nicht Sache der Administration , eine Antwort zu geben , welche für die Gerichte doch

nicht bindend wäre und dass es desshalb passend sei, gemäss Art. 3 des Vertrages vom 18. Juli 1828 die Prüfung der über diesen Bnnkt sich erhebenden Schwierigkeiten und den Entscheid darüber den Gerichten zu überlassen.

15.^ Der J t a l i e n e r D e l s r a t e , wohnhast in Wald, Kantons Zürich, war verlobt mit einer Glarnerin, ^.konnte aber von seinem heimatlichen Bsarramte die von dem glarnerischen Bsarramte verlangten Bapiere. Taufschein, Kommunionsscheiu, .Leumundsschein, Verkündschein und Bewilligung der kompetenten Staatsbehörde zur Kopulation ini Auslande nicht erhalten. Die Regierung von Glarus ersuchte desshalb den Bundesrath um seine Vermittelnng. Es wurde geantwortet.

Die verlangten Bapiere werden nicht erhältlich sein , seien aber auch überflüssig. Da Delsrate im Danton ^ürich domizilirt zu sein scheine, so habe das Aufgebot dort zu erfolgen. Für das Ausgebot in seiner Heimat moge er sich nochmals an die kompetente Heimatbehorde wenden und zugleich anzeigen, dass er sur den Fall, als er die Be^ scheinigung des stattgehabten Ausgebotes nicht binnen ein paar Wochen erhalte , sofort eine Beschwerde dnrch Vermittelung des schweizerischen Bundesrathes bei der Regierung anheben werde. Für die Bnblikation durch die Gesandtschast habe er sich an diese selbst zu wenden. .-- Einer

Bewilligung zur Kopulation im Auslande bedürfe er nicht , da die

italienische Gesandtschaft in Bern oder ein Konsulat den Absehluss der Ehe vornehmen werde, wobei er naeh seiuem Belieben sieh aueh noeh kirchlich trauen lassen konne. Die Schwierigkeiten scheinen überhaupt mehr daher zu rühren , dass die glarnersehen Gemeiudsbehorden sür die Vereheliehung eines Jtalieners nicht die Vorsehristen seiner Heimat, sondern diejenigen der Heimat der Braut in Anwendung bringen wollen und desshalb Forderungen stellen , .velche nach gemachten Erfahrungen ^den italienischen Behorden gan^ unverständlich seien (22. Juni 18.^6.^ 16. Es kamen auch im Berichtsjahre wieder einige ^älle vor, dass S e h w e i ^ e r in F r a n k r e i c h mit ^ranzosinneu sieh verehelichten, ohne die Zustimmung der heimatlichen Behorden erhalten zu habeu. Ge-^ wohnlich kamen sie mit Kindern zurük und hielten sieh zunächst in andern Kantonen auf. Wenn nun einer dieser Kautone die Ergänzung der Legitimatiouspapiere von den heimatliehen Behorden des Mannes und damit also die Anerkennung der ^rau und Kinder verlangte, so wnrde diese Anerkennung entweder absolut verweigert wegen ^des Mangels vor..

.heriger Zustimmung oder doeh temporär bis die Einkaussbeträge für die

583 ^rau bezahlt seien, was diesen Familien gewohnlich nicht möglich war.

Die hierauf erhobenen Besehwerden konnte der Bundesrath nicht ent^ scheiden und die Wiederausnahme von Frau und Kindern in Frankreich war uach vielsaehen Ersahrungen nicht erhältlich, indem die französische Regierung daran festhält , dass die nach den Vorschriften des Code Napoleon geschlossenen Ehen gültig seien und dass daher die Frau und Kinder dem Heimatrechte des Mannes folgen. Jn solcher Weise kamen dann diejenigen Kantone in Verlegenheit , auf deren Gebiet diese Familien in gutem ^Glauben Aufnahme fanden.

Wenn nicht eine andere Lösung dieser Uebelstände sich finden lässt, so wird durch Anwendung des Bundesgesezes über die Heimatlosigkeit geholfen werden müssen , dessen Tendenz ossenbar nicht blos aus Bereinigung der vorhanden gewesenen , sondern auch ganz besonders auf Verhinderung neu entstehender Heimatlosenfälle geht.

17. Das Amtsgericht Freibur^, Grossherzogthum Baden, erkannte geg.^n Jakob G ö r n e r von Freiburg, Augestellter der grossherzoglieh badischen Bahn in Basel , einen Arrest auf dessen in der grossher.zogliehen Eisenbahnkasse zu Basel liegendes Guthaben und . verlaugt...

von dem Präsidenten des Eivilgerichtes Basel die Notifikation desselben.

dieser lehnte jedoch seine Mitwirkung ab , weil die Bahnkasse der Jurisdiktion des Kantons Basel^.Stadt unterstellt sei, ans dessen Gebiet sie sich befinde, und die begehrte Zustellung als ein Aeeessorium zu einer auf schweizerischem Gebiete ohne Mitwirkung des zuständigen Gerichtes vorgenommenen Beschlagnahme erscheine.

Hieraus nahm die grossherzoglieh badische Regierung Veranlassuug mit Rote von. 11. Juni 1866 durch Vermittelung des Bundesrathes jene Notifikation zn verlangen. Allerdings sei diese eine uothwendige Voraussezung zum Vollzöge des Beschlages und durch die Zustellung

leihe das schweizerische Eivilgericht seine Mitwirkung zum Voll^uge, wozu es au sich nicht verpflichtet erscheine , da über die Vollstreknng der Urtheile zwischen dem Grossherzogthum und der Schweiz kein Staatsvertrag bestehe.

Rach der Ansieht der grossherzoglichen Regiernng dürfte jedoeh dem Ersuchen des Amtsgerichtes ^reiburg gleichwohl im Jnteresse der b e i d e r s e i t i g e n Rechtspflege entsprochen werden können.

Raeh ^ 847, Ziff. 1 der bürgerlichen Bro^essordnung für das Grossherzogthum Baden werde nämlich , wo weder ein .^taatsvertrag noch eine aus Gruud^ der Gegenseitigkeit erlassene Vorschrist über die Voll^ strekung der Urtheile ausländischer Gerichte bestehe, auf Ersuchen solcher Gerichte die Vollstrekuug vou Urtheilen gegen Angehörige des Staates, dessen Gerichte das Urtheil gesprochen ^haben, nach Vernehmung des Beklagten, so .^vorgenommen , als wäre die ^ollstrekbarkeit von einem in-

ländischen Gerichte erklärt. Die Billigkeit und die Rükficht aus de..

584 nachbarlichen Verkehr dürste d.ie schweizerischen Behorden^ wohl veran^ laßen , ...on dem gleichen^ Gesichtspunkte auszugehen., wenn es sich um den Vollzug der Urtheile badischex Berichte auf schweizerischem Gebiete handle. Auch bestimme der ^ 848 der badischen Zivilprozeßordnung, dass wenn in den Fällen des ^ 847 der Kläger ein Ausländer sei, un.d der Beklagte vorsehüze , es werde. von dem betreffende.. auswärtigen Staate eine gleiche Willfährigkeit bei der Vollstreku.ng von. Urtheilen

badischer. Berichte nicht beobachtet, dem Kläger vor der Vollstrekuug. die

Rachweisung abzufordern sei, dass jener ausländische Staat in ähnlichen

Fällen die Urtheile badischer Gerichte ebenfalls vollziehe.

Unter diesen Umständen wünschte die^ badische Regierung, dass die..

jenige von Basel im Allgemeinen aus dem Wege der Reziprozität die Vollziehung von badisehen Urtheilen gegen im Kanton sich aushaltende.

Badener in der Weise , wie dieses in dem oben erwähnten ^ 847 der badischen Zivilprozeßordnung porgesehen sei, übernehmen und auch im Spezialsalle Corner die Zustellung der in Frage stehenden Arrestve.rsügung anordnen mochte.

Die Regierung des Kantons Basel.^tadt lehnte jedoch beide Bekehren ab und ^war die Zustellung des Arrestes aus dem bereits exwähnten Grunde und die Zusichernng der Reziprozität darum, weil das Brozessgesez des Kautons Basel (^ 230) ohnehin leichtere Vorschriften enthalte, um die Voltziehung eines ausländischen Urtheils zu erlangen,

als das badische Gesez. Jn Basel sei die Er^uirbarkeit Regel, aueh ohue die Voraussezung der Reziprozität. und es sei bloss die ..^erueh^ mung des Verurtheilteu vorgesehrieben, der lediglich Einreden gegen die

Authentizität und Rechtskraft des Urtheils, gegen Art und Umfang der

verlaugten Exekution und gegen die Kompetenz des urtheilenden Riehters vorbringen konue. Es geschehe soumit jezt sehou Alles, was das Jnteresse beiderseitiger Rechtspflege. und eines guten nachbarlichen Verkehrs sordern konne.

Vl.

^ammlnna ^taat^r.^.^tli^er ^nt^eide.

Jm September 1866 erschien der zweite Band dieser Sammlung, bearbeitet von Hrn. ^bergerichtspräsident Dr. U l l m e r in Zürich.

Raeh dem beim Erscheinen des ersten Bandes von der Bnndesversammlnng empfohlenen Verfahren wurde aueh für den zweiten Band eine

Entschädigung aus der Bundeskasse bewilligt, um den Verkaufspreis

ans Fr. 5 herunterzubringen und zugleich das Recht zu erwer.ben, sowohl eine srauzosische als eiue italienische Uebersezung des Werkes zu veranstalten. Hierüber ist mit Hrn. Dr. Ull.mer ein Vertrag geschlossen worden , dessen Jnhalt bei Anlass des nothig gewordene^ Nachtragskreditbegehrens besprochen wurd.^.

585 Sobald das Uebersezungsreeht erworben war, wurde auch die fran.^ zosische Uebersezung des zweiten Ba.ndes^ eingeleitet. Der Uebersezer des ersten Bandes, Hr. Ständerath B or e l ,. erklärte sieh hiezu bereit, und es wurde auch mit ihm ein diesfäll.iger Vertrag abgeschlossen, wonach

diese Arbeit bis Ende Juni 1867 beendigt und zur ..Ausgabe bereit

sein soll. Zu Ende des Monats Februar 1867 waren beinahe 1/2 des Werkes überseht und zum guten Theil gedrukt , so das^ der angezeigte Termin voraussichtlich nicht wird überschritten werden.

Es ist aus den. lezten Berichte bekannt, dass auch eine italienische Uebersezuug dieses Werkes gewünscht wurde. Jn Folge eine.^ bezüglichen Vorlage machte die Bundesversammlung durch Gestaltung des nothigen Kredites es moglieh, diesem Wnnsche entsprechen ^u konnen. Der.Staat^ rath des Kartons Tessin übernahm den Druk in der Staatsdrukeret und übertrug die Uebersezung unter seiner Verantwortlichkeit dem Herrn Advokat Meschini, Sekretär des Justi^departemeutes des Kts. Tessin.

Dabei wurde Hr. Ständerath B. E. Planta in Ehur gewonnen für eine sorgfältige Revision der Uebersezung. Raeh. den neuesten Berichten dieser beiden Herren ist die^ Uebersezung des ersten Bandes. bald beendigt und^die Revision und ^ der Druk bis ungesähr zur Hälfte porge-

schritten. Es wird daher die Ausgabe dieses. Bandes in wenigen

Monaten erfolgen konnen. Aus den Wunsch des Staatsrathes von Tessin ist nebenbei in gleicher Weise die italienische Uebersezung auch des zweiten Bandes in Aussicht genommen und es wird Hr. Meschini nach Beendigung des ersten Bandes sofort mit dem ^weiten Baude bcginnen, indem wohl vorauszusezeu ist, dass die Bundesversammlung auch hiefür einen entsprechenden. Beitrag bewilligen werde. Die ^italienische Ausgabe soll , wie die deutsehe und sranzosische , hoehstens ^r. 5 per Band kosten.

Vll.

^itwirl.un^ ^nr ^nnde^re^t^plIeae.

Reue Prozesse wurden im Lause des Berichtsjahres nicht an das Bundesgerieht gewiesen. Der im legten Gesehästsberiehte erwähnte Pro^ zess ^wischen den Kantonen Bern und Solothurn wurde vom Buudesgeriehte zuxükgewiesen, da die Regierung von Solothurn dessen Kompetenz bestritten hatte Gemäss Art.. 93 des Buudes-Zivilprozesses wurde sodann von der Regierung des Kantons Bern der Entscheid über diese Kompetenzfrage bei der Bundesversammlung eingeleitet, allein die Regierung von Solothnrn zog nun ihre Protestation znrük, woraus die Regiernug von Bern^ ihre Klage direkt wieder bei dem Bundesgeriehte eingab.

586 ^ ^ns^.

l. ^ll^emeine^ und ^tati^il..

Jm Jahr 1865 blieben 14 Rekurse pendent, und im Lause des Jahres 1866 kamen 111 neue^ ein, so dass im Ganzen 125 zu behandeln waren. Davon wurden 115 erledigt und 10 bleiben pendent.

Die Gesammtzahl der Rekurse verminderte sich wieder um 8, mie im Jahr 1865, und ist aus die gleiche ^ahl von 1862 zurükgegangen.

Jm Jahr 1862 waren es nämlich ebenfalls 125 . 1863: 136. 1864.

141 ; 1865: 133. Es sind einzig die Kantone Ridwalden und Appen-

zell J. Rh., gegen welche kein Rekurs gerichtet war. Der Kanton Freiburg steht mit 15 Rekursen obenan , von denen aber 6 dureh Richt^ eintreten , 6 durch Abweisung erledigt und nur 1 begründet erklärt wurde. Dann stehen die Kantone .Luzern, Aargau, Waadt und Reuenburg je mit ..) Rekursen neben einander, ebenso Bern und St. Gallen j.e mit 8. Hieraus folgen Zug mit 7, Solothurn mit 6, Zürich, Uri^,

Schwr.z, Basel-.^tadt und Tessin je mit 5 ^.

Von den 115 erledigten Rekursen wurden bloss l 6 begründet er-

klärt , 44 dagegen als nicht begründet abgewiesen . 48 Rekurse aber

mussten ohne weiteres Eintreten von der Hand gewiesen werden, sei es wegen Mangel an Kompetenz, oder sei es weil die kantonalen Jnstanzen noch nicht durchlaufen waren.

Dem Gegenstand nach bezogen sich 23 Beschwerden ans Riederlassungsverhältnisse , und zwar 12 aus Rükhalte oder Verweigerung der Legitimationspapiere am Ausenthalts- und Heimatsort, und 11 ans Verweigerung des Domizils resp. Ausweisung. Jn 12 Fallen wurde Besehwerde geführt über Verweigerung der Ehe , wovon jedoch 4 nicht aus gemischte Ehen sich bezogen und desshalb sofort von der Hand gewiesen wurden. Von den übrigen wurden 3 zuerst an die kantonalen Jnstanzen zurükgewiesen. Es kamen also nur 5 Besehwerden zum wirklichen Entscheide : 1 gegen Solothurn und 1 gegen St. Gallen wurden abgewiesen, 2 gegen .Luzern und 1 gegen Schw^z begründet erklärt.

ferner bezogen sich 7 Rekurse aus Steuerfragen ; die grosste Zahl dagegen aus fragen des Gerichtsstandes.

An die Bundesversammlung kamen 26 Rekurse, und 3 waren aus

dem Jahr 1865 bei ihr pendent, so dass sie nicht weniger als 2.) ^älle

zu behandeln hatte, wovon aber 23 als unbegründet abgewiesen wurden.

Abgeseheu von. ^all R . ^ n i k e r , der in einer motivirten Tagesordnung seine Erledigung fand, wurde nur ein einziger Rekurs, T a v e l , begründet

erklärt. 5 Fälle blieben pendent.

Das weitere Detail zeigt die naehsolgende Uebersieht.

....ich.^

.Cantone.

Zürich

.

Bern

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

Uri

.

.

.

.

.

.

.

Schw^z

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

^ .

.

.

.

Glarus

^..a

.

.

.

.

^reiburg . . . . . .

Solothurn . .

Basel-Stadt . . . .

Basel^andsehast . . .

Schafshausen . . . .

Appenzell ...l. Rh. . . .

St.

Ballen

.

.

.

.

.

^raubünden Aargau . .

. . . .

. . . .

Thurgau

.

.

Tessin

.

Waadt

.

Wallis

.

.

.

.

. . .

.

.

.

.

.

.

.

.

Reueuburg

.

.

.

.

.

^ens

.

.

.

.

.

.

.

Be^ gründe^

eintreten. weisung. erllarung

Luzern

^Obwalden

.

^

4

3 5 1 2 6 3 2 1 1 3 5 1 3 4 1 3 48

1 3 1 4 2 1 1 6 2 ^1 3 2 1 3

..ug

.e.

1 3

4

4 1 1

1

2 1

1

1

1 4 1 5 2

1 1 1 1

16

1 6

1

2

1 1 . 1 1

Bleiben Dle .Rekurse waren gerichtet gegen Gericht ^ .^erwal....n.g.^ pendent.

behorden.

1

3 1

2 3 5 1 44

.

.

.

.

.

ü .

.

^

7 ^

1 2 6 1

2 1

5 4

10

45

4 2 .)

1 4 1 1 6 .1 5 2 1 2 2 2 8 1 5 4 3 5 1 .^0 ^

Summa.

5 .^ 9

.

. 5 5 2 .

1 7 15 6 5 4 1 3 4 8 ^ 9

1 5 9 3 9 1 125

.

.^ .^ .^

588 H.

1.

^.nt^e^e uber ..^...n.^endnn^ d.er ..^..mde.^er^^..^.

G l e i c h s t e l l u n g ^.or de^m G e s e z e .

Steuexwesen.

1. Das früher in ..^enenburg bestandene Bankgeschäft ^Martin et I^.n.^ loste sich im Dezember 1856 auf, und es kehrte der Theilhabex Herr Jean Louis Martin von Erans, Kantons Waadt, in seinen Heimatkanton zurük.

dagegen beteiligte ex sieh an dem neuen Geschäft unter der Firma .,Bur.^ und Eomp.^ als Kommandier

mit einem Kapital von Fr. 150,000 und blieb auch Miteigentümer

an dem Hause , in welchem das neue Geschäft betrieben wird. Jm Jahr 1863 erst wurde dieses Verhältnis^ bekannt. Das Haus B n r n und Eomp. versteuerte zwar das Grundeigenthum gehorig, dagegen verweigerte es die Steuer von dem Kommandite-Kapital des Hrn. Martin.

Dieser wurde daher für die rükständigen Jahrgänge von zusammen Fr. 1728 im Kanton Waadt belangt., allein er reklamirte dagegen bei dem Staatsrath von Reuenburg , welcher am 24. Oktober 1864 dahin entschied, dass Herr Martin die Steuer von dem als Commandite im Geschäft Bur^ und Eomp. liegenden Kapital im Kanton Reuenbnrg zu bezahlen habe, dass er dagegen dort von der Steuer sür die Revenüen dieses

Kapitals besreit sei, und reduzirte demgemäss den Betrag auf Fr. 1080.

Herr Martin reknrrirte gegen diesen Entscheid, da derselbe eine bundesrechtlich unzulässige Doppelbesteurung konstituire, indem er sein sämmtliches Vexmogen im Kanton Waadt versteuern müsse , und eine Kommandite keineswegs ein Jmmobil , sondern lediglieh ein Blaeement von beweglichem Vermogen sei. . Sie fei in gewissem Sinne eine biosse Bürg^ sehaft, da die betreffende Summe nicht absolut eingeworfen sein müsse.

(Art. 9 des Reuenbnrgisehen Handelsgesezes und Art. 26 des Code de commerce kr^u.^s).

Der Staatsrath des Kantons Reueuburg machte geltend , dass die Commandite nicht dem übrigen beweglichen Vermogen des Herrn Martin im Kanton Waadt gleichstehe. Sie sei eine Kapitalanlage (mise en konds), die einen Soeietätsvertrag mit Theilreehten am Gewinn vorausseze und die Wahl eines gesezliehen Domizils erfordere. Die Kommandite eharakterisire sich somit als ein Vermogen, das in einem andern .Lande für bestimmte Unternehmungen besonders verwaltet werde, selbst-

ständig Gewinn mache und bis zur Hohe des Kapitals sür .^erlnste hast.....

Als solches salle es unter ...lrt. 4 , ^ h des Reuenburgischen Gesezes über die Vermögenssteuer. Die Berufuug des .^.ekurreuten aus den

Entscheid des Bundesrathes in Sachen Baris sei nicht gerechtfertigt^).

Einmal sei der gegenwärtige ^all nicht identisch mit jenem. Sodann konne der Staatsrath die Jnterpretation des Bundesrathes in Sachen

^) BundesbIatt 18^5, Bd. II, S. 1.^.

589 Baris uicht anerkennen und noch weniger ihr sich fügen , .da er , der Staatsrath, den Wortlaut von Art. 16 der^n der Buud.esvexsammlung genehmigten Verfassung des Kantor Reuenburg von 1.858 für sich habe, dessen Jnhalt durch eine Jnterpretation des Bundesrathes nicht ^erstort werden dürste.

Der Bundesrath .oeranlasste auch d.eü Staatsrath des Kantons Waadt, sich über die vorliegende Frage auszuspreehen. Dieser erklärte, dass nach Art. 6 des waadtl.ändischen ^iskalgesezes vom 21. August

1862 (in Kraft seit 1. Januar 1863) die Kommandite des Hrn. Martin

im Kanton Reuenbnrg au seinem Wohnorte im Kanton Waadt versteuert werden müsse. Dabei sprach der Staatsrath die Erwartung aus , dass der Bundesrath Dieses Recht des .Kantons Waadt sehüzen werde.

Mit Entscheid vom 5. März 1866 wurde jedoch dieser Rekurs abgewiesen, gestuft auf folgende Gründe : 1) Der vorliegende Rekurs beruht auf der Voraussezung, dass eine Doppelbesteurnng eines gewissen Vermogensstükes unter allen Umständen unzulässig sei.

2) Die bisherige Brax^is der Bundesbehorden hat den bezeichneten Grundsaz allerdings sanktionirt, indess doch immer unter der Voraussezung , dass diese Doppelbefteurung eine und dieselbe Berson betreffe.

3) Jm porliegenden Falle mangelt nun gerade dieses Hauptree.uisit.

Das Kommandit- Kapital ist allerdings ein Vermogensstük des Rekurreuten, aber es bildet gleichzeitig auch einen Theil des Vermögens einer Gesellsehast , welehe als besondere Bersonliehkeit von derjenigen des Rekurrenten verschieden ist. Diese Gesellsehast hat ihre besondere Firma, ihr besonderes Vermogen , ihr besonderes Domizil , ihren Gerichtsstand und steht demzufolge als besondere Bersouliehl.eit, wie unter der Justiz-, so auch unter der Steuerhoheit des Kantons Reuenburg.

4) Es ist demuaeh im vorliegenden ^alle eine Kollision zweier Souveränitäten nicht vorhanden , da jeder Kanton eine andere Bersonlichkeit besteuert und kein Kanton angehalten werden kann , auch noch auf iunere Verhältnisse, in welchen verschiedene Bersouliehkeiten zu einander stehen mogen, Rüksieht zu nehmen.

Mit Rüksi.ht aus jene Stelle in der Antwort des Staatsrathes von Reuenburg, worin er erklärt, den Entscheid des Buudesrathes in Sachen Baris nicht .anerkennen zu konnen, sprach der Bundesrath in einem besondern Schreiben an den Staatsrath dahin sich aus : .Der Bundesrath verlange zwar keineswegs ohne weiteres .^lnerkennung seiner Rekurseutscheide , es stehe der Regierung , wie ihr wohl bekannt , gegen dieselben der Rekurs an die Bundesversammlung ^u.

Diese konne dann frei darüber entscheiden, ob in jenem Spezialfalle die in Konflikt geratenen Vorsehristen von Reuenburg und Waadt neben

590 .einander bestehen können , oder verneinendenfalles , ob eine andere

.Losung des Konfliktes möglich sei.

dagegen könne der Bundesrath sich das Verfahren nicht gefallen lassen, dass die Regierung von Reuenburg seinem Entscheide die RaehAchtung verweigere, ohne zum Rechtsmittel des Konkurses an die BundesVersammlung zu greisen. Er nehme übrigens an, die Regierung werde bei näherm Rachdenken selbst von einer Anschauungsweise zurükkommen, weiche wenig erspriessliche Früchte hervorbringen müsste.

2. Hieher gehört auch der unter Rr. ... des lezten Geschästsberiehtes erwähnte und durch Rekurs an die Bundesversammlung bekannt gewordene Entscheid vom 8. Dezember l 865, betreffend Besteuru..g des ^Kunkler^schen Fideikommisses in St. Gallen (Bundesblatt 1866, Il.

77). Es bleibt nur noch zu bemerken, dass die Bundesversammlung in

Bestätigung des Beschlusses des Bundesrathem den Rekurs abgewiesen hat,

und zwar der Nationalrath am 7. und der Ständerath am 10. Juli 1866.

3. dagegen ist zn erwähnen, dass der unter Rr. 4 des legten Geschäftsberichtes erwähnt^ Entscheid in Sachen des Herrn August Ta v e l.

in Beterlingen, Kantons Waadt, betreffend Doppelbesteur....g eines im Danton Freiburg auf Grnn^stüken h..potheeirten Kapitals, am 19. Jnli 1866 von der Bundesversammlung begründet erklärt worden ist. Dieser für das Steuerwesen bedeutungsvolle Beschluss lantet wie folgt.

D i e B u n d e s v e r s a m ni l u u g d e r schw e i z e r i s eh e n E i d g e n o s s e n s eh a s t , in Erwägung.

1) dass nach dent von der Bundesversammlung aus Beschwerde des Herrn Dur in Burgdors gefassten Entscheid sede Doppelbest.urung un-

zulässig ist,

2) dass Herr T a ve l für seine hypothekarische Forderung von Fr. .9000 sowohl im Kanton Waadt als ini Kanton ^reiburg mit einer

Steuer belastet worden ist, indem es als vollig gleichgültig erseheint, ^ob

der sreiburgisehe Fiskus die .^tener direkt oder durch Vermittlung des Schuldners bezogen habe ,

b e s eh l i esst .

Es sei der Rekurs im ^inne der Erwägungen begründet erklärt.

Der vollständige Beschluß des Bundesrathes befindet sich im Bun-

desblatt 1866, ll. 17^, und die Berichte der Kommissionen am gleichen .^rte, ^eite 615 und 621.

4. Eine weitere Frage in Steuersachen kam ebenfalls an die Bundesversammlung. Johann Schüreh in Waldek, Gemeinde Düdingen, Kantons Freiburg , beschwerte sich nämlich über die Hohe des Steuer-

591 ^nsazes pon seinen in. Danton Freiburg befindlichen Liegenschaften. Er wurde vom Friedensrichter zur Bezahlung des von der ^emeindsbehorde geforderten Betrages verurtheilt und beschwerte sich da^nn bei dem Staatsrathe des Kantons Fre.iburg , welcher ihn an die .Richte verwies.

^ Hierauf reknrrirte er an den Bundesrath , erhielt aber unterm 3. Mai 1866 zur Antwort, dass aus seine Beschwerde nicht eingetreten werden könne. Der Staatsrath des Kantons Fre^ur^ habe ihm schon den Weg gezeigt , anf welchem Beschwerden gegen den Spruch eines frei^ burgischen Friedensrichters anzubringen seien , nämlich vor dem freiburgischen Kassationshofe. Ueber fragen , welche sich auf Besteurung des Gruudeigenthums beziehen , habe nur der Richter des Kantons zu

entscheiden, wo das Grnudftük liege. Die Art. 50 und 53 der Bundes-

versafsuug finden daher aus den vorliegenden Fall keine Anwendung.

Dass der^ Art. 48 der Bundesverfassung verlezt sei , dürse nicht ...loss behauptet, sondern müsste bewiesen werden.

Schürch rekurrirte aneh noch a^i die Bundesversammlung. allein er

wurde am 10. Juli 1866 unter Bestätigung des bundesräthliehen Besehlusses abgewiesen.

2. R echt s v e r w e i g e r n n g.

5. Herr Joseph Anton R i e d e r b e r g e r , Holzhändler von Staus, Kanlons Uuterwalden nid dem Wald, Eigentümer eines Waldes im Kanton Uuterwalden ob dem Wald , wurde beschuldigt , die erhaltene Bewilligung zum Holzschlag überschritten und verschiedene daran gel.uüpste Bedingungen nicht erfüllt zu haben, und demzusolge in eiue Busse von ^r. 400 versällt, oder wenn sie in Zeit von drei Monaten nicht bezahlt würde, zu sechs Monaten Ges.ingniss , sowie zur Bezahlung sämmtlichex Kosten.

R i e d e r b e r g e r bemühte sich lange, einen sogenannten ^esensivprozess zu erhalten, d. h. die Bewilligung, seine Entlastungszeugen vorzuführen; alleiu er konnte nicht zun. Ziele gelangen.. Er beschwerte sich daher bei dem Bundesrathe wegen Rechtsverweigerung und stellte das Gesuch, der Bundesrath moehte eiue unparteiische Untersuchung über das gegen ihn beobachtete Verfahren anordnen und sodaun die Regierung von ^bwalden anhalten , ihm d^u verlangten ^efeusivprozess zu gestatten.

Rel^rrent produzirte eiue grosse Zahl von Zengnisseu, nm die faktischen Voransse^un^en des ^trasnrtheils zu widerlegen , und erwähnte im

Weitern, dass die ihm auserlegte Busse das gesezlich zulässige Maximum

a^tfaeh übersteige.

Der Beschluß des Bundesrathes von. 5. Mai 1866 lautet wie folgt.

Es fällt in Betracht.

1) Da die Verwaltung der ^trafiustiz Sache der Kantone ist, so steht den Bundesbehorden keine Berechtigung zu, sich in diessällige .

.

.

.

.

. u n d e .

^ .

.

.

^ .

J

a l . r g .

X l .

.

^ .

B d .

I .

4^

592 Prozesse formell oder materiell einzumischen , woraus folgt , dass der Bundesrath weder im Falle ist, näher zu prüfen, ob die Veraehtsaehung des Maximums der als Regel angedrohten Geldbusse im Spezialsalle gerechtfertigt gewesen sei , noch Augenschein anzuordnen , eine Untere suehuna^kommission zu wählen, die Stellung von Kautionen vorzuschreiben, oder über die endliche Kostenzntheilung Vorschriften zu erlassen.

2) Der Bundesrath hat einzig und allein zu prüfen , ob der in

Obwalden für die dortigen Bürger zulässige Rechtsgang dem Rekurrenten

nicht verweigert oder verkürzt werdet (Art. 48 der Bundesverfassung.)

3) Jn dieser Beziehung gewähren die Akten nun nicht ganz die gewünschte .Klarheit , indem die Regierung von Obwalden zwei verschiedene Din^e , die allerdings dortseits mit dem gleichen Ramen bezeichnet werden, verwechselt zu haben seheint. Rekurrent will nämlich augenscheinlich unter dem Titel eines Desensivprozesses eine^ Revision

des kantonsgerichtlichen Urtheils vom 7. April 1864 anstreben auf Grund

einer.. neu anzuhebenden Untersuchung. Diesem Begehren lässt sich nun nicht entgegenhalten , es habe das Kantonsgericht schon als Revisions..

behorde entschieden, da dessen Entscheid in That und Wahrheit im . A p p e l l a t i o n s ^ und nicht im Revisions-Wege, d. h. aufgrundlage der nämlichen Akten, wie der erstinstan^liche Entscheid , erfolgte.

. 4) Die Frage stellt sich daher einsaeh dahin . Jst im Kanton Ob^ waldeu die Anfechtung Deines Strasurtheiles o b e r s t e r Jnstanz moglich, wenn in der ^olge ein Unsehnldsbeweis geführt , resp. dessen Führung anerboten wird^ - Da fast alle Länder in mehr oder weniger beschränkter Form eine solche Revision moglieh machen, indem ja sonst eiu Jrrthum oder eiue Täuschung des Richters gar nicht wieder gut gemacht werden konnte, so muss der Bundesrath vermuthen, dass auch im Kanton ^.bwalden eine solche Revision von a b g e u r t h e i l t e u Bro^essen nicht absolut unzulässig sei.

5) dieses vorausgesezt , konnte. dem Rekurrenten der A^eess zur Revision nicht verweigert werden , oder es darf mit andern Worten ein Revisionsgesneh des Riederberger nicht ohne Weiteres ^d ...c.^ gelegt .verden, sondern es muss vom Kantonsgericht, an welches sieh Reknrrent zu wenden hat, .eine Vrüsuug stattfinden, ob die neu auerboteueu Beweise erheblich wären, sofern sie erbracht .verden konnten. Würde das Kantonsgericht diese Beweise uuerheblich finden, so wäre Rekurreut einfach abzuweiseu. Würdeu die Beweise dagegeu als erheblieh gesunden, so wäre alsdann die Untersuchung nach .^eiteu der neu behaupteten Thatsachen weiter ^u führen und am Schlusse derselben zu entscheiden, ob nunmehr das frühere Urtheil ausgehoben und eiu anderes im ordeutlichen Jnstanzenzuge an dessen Stelle gese.^t werden solle. Diese beiden Entscheidungen wären abermals ^ache der Kantonsbehorden , ohne dass eiu weiterer Rekurs an die Bundesbehorden zulässig wäre ,

593 b e schl o s s e n :

Es sei der Rekurs .in dem Sinne als begründet erklärt, dass das Kantonsgericht von Obwalden sür den Fall, als nach dortigen Gesezen oder Uebungen Revision gerichtlicher Strasurtheile zulässig ist, dem Rekurrenten ebenfalls Zutritt zu solcher Revision zu gestatten hat, wogegen der materielle Entscheid über die Erheblichkeit und Begründetheit des Revisionsgesuches einzig in die Kompetenz der betreffenden Gerichtsbehorden einschlägt ; im Uebrigen sei auf den Rekurs nicht weiter einzutreten.

3. V e r k e h .. s - u n d G e w e r b e f r e i h e i t.

6.

Johannes S t a c h e r von Egnach, Kantons Thurgau, beschwerte

sich darüber , dass ihm in der Stadt St. Gallen nicht gestattet werde, von der nahen Gemeinde Stranbenzell ans, durch Besorgung von Kommissioneu für Geschäftsleute, sein Brod zu suchen, indem gefordert werde, dass er Niederlassung nehme ; dieses könne er aber nicht , da ihm durch gerichtliches Urtheil die bürgerlichen Ehren und Rechte entzogen seien.

Diese Beschwerde wurde unterm 31. Januar 1866 abgewiesen, mit folgender Begründung : 1) Es besteht keine Bundesvorschrift, welche den Kanton St. Gallen hindern würde, die Niederlassung derjenigen Kantonsfremden zu sordern, welche im dortigen Kanton ein Gewerbe betreiben wotlen.

2) Wenn Rekurrent die Bedingungen süx Erwerb der Niederlassung nicht ersüllen kann , so sind die St. Gallischen Behorden demgemäss befugt, ihm auch den Gewerbebetrieb im Kanton zu untersagen und ihn im ^alle der Widerhandlung zu bestrafen und fortzuweisen.

4.

R i e d e r l a s s u n g s v e r h ä l t n i s s e.

^. V e r w e i g e r u n g der A u . ^ w e i ^ s c h r i f t e n durch den .^eimatkanton.

7. Der im Kanton Waadt wohnhast gewesene Seharsschüz J e a n V i e r r e E o r p a t a u r ^ von ^reiburg verlaugte im Mai 1866 von dem Militärdepartement des Kantons Freiburg einen Urlaub, damit er einen Bass nach Amerika erhalten koune. Er erhielt die Antwort, dass er vorher ^. den Betrag der Milil.ärta^en zu deponiren habe für alle noch rükstäudigen Dienftjahre (Art. 15 des Militärgesezes), - also im ^pe^ialfalle sür 7 Jahre Auszug

.. Fr. 8 j äh r li eh (Minimum) . . . . . . . . Fr. 56

h. idem sür 5 Jahre Reserve .^ Fr. 4 . . . . . .

c. idem für 10 Jahre Landwehr .^ Fr. 2 . . . . .

,,20 ,, 2 0

Depot Fr. 96

594

Depot Fr. 96 d. endlich de^.. im Art. 5 des Dekretes. vom 26. Rovember 1861 sestgesezten Betrag sur Abnuznng der Uniform zu bezahlen habe, welcher Betrag .. Fr. 5 per Dienstjahr im Auszug und in der Reserpe berechnet werde,

also für 12 Jahre . . . . . . . . . . . , , 6 0 Vergütung uud Depot Fr. 156

^ür den Fall der Rükkehr und den Wiedereintritt in sein Korps wurde dem Vetent.^n die Rükzahlung der Tarnen sür die noch restirenden Dienstjahre in Aussicht gestellt.

^..chdem der Staatsrath des Kantons Freiburg ans erfolgte Beseh.werde die erwähnten Bediuguuge.n bestätigt hatte, rekurrirte Eorpatau^ au den Bundesrath, welcher am 1. Oktober 1866 den Rekurs in der Hauptsache als. begründet erklärte. Es wurde Dämlich Folgendes in Er.vä^ung gezogen : 1) ^emäss mehrsa.cher Entscheidungen der Bundesversammlung ^vergl.

Ullmer Bd. I, S. 106) ist in dem im Axt. 41 der Bundesverfassung gewährleisteten Recht der freien Niederlassung nicht nur die Besugniss enthalten, aus seinem Heimatkanton wegziehen zu dürfen, sondern auch

die Verpflichtung sür die Behorden dieses Kantons, die nothigen Legitimationsschristen auszuliefern.

2) ^eruer ist in den Artikeln 144 und 145 des Gesezes über die Militärorganisation der Schweiz. Eidgenossenschast der Grnndsaz ausgestellt, dass der Wehrpflichtige seine Dienste in den. Kauton leisten solle, in welchem er uiedergelassen ist und dass bei theilweiser oder gänzlicher Entlassung aus dem Militärdienste der Riederlassuugskantou auch zum Bezu^e der Steuer berechtigt ist.

3) .^lrt. 15 des Gestes über die Militärorganisation des Kantous .^reiburg vom 18. Dezember 1858 ist mit dieseu Grundsäzeu theilweise

im Widerspruch. Es steht den fxeibuxgischen Behorden allerdings die Berechtigung ^u, sich sür diejenige Zeit, für welche von einen. Militär-

.pflichtigen ein Urlaub verlaugt wird, die Militarle zum voraus eut^ richteu zu lassen. Dagegen maugelt ihnen jede Berechtigung zum Vorausbezug eiuer solchen Steuer aus unbestimmte Zeit , da es gau^ ungewiss ist, wer in Zukunst ans diese Steuer rechtlichen Anspruch hat und in einer derartigen Belastung des Bürgers ^..dem ^eine ganz ungehorige Erschwerung des sreien Riederlassungsreehtes liegt. Mit ganz den gleichen Gründen konnten Staat und Gemeinden auch für alle andern Steuern ...in solches Verfahren einführen, was zur ^olge hätte, dass der Bürger aus eine neue Art an die Seholle gefesselt würde , ein System , das mit allen ^undamentalgrundsä^en der Bundesverfassung im Widerspruch stünde.

595 4) dagegen erscheint der auf Art. 5 des Dekrets vom 26. November 1861 sich stupende Theil des Beschlusses des Stäatsrathes von Freiburg

völlig gerechtfertigt ,

und daher beschlossen:

1. Es sei der Rekurs im Sinne der Erwägungen 1 bis 3 begründet, im Uebrigen unbegründet, und es sei demzufolge die Regierung von Freiburg gehalten, dem Rekurrenten Ausweispapiere zu seiner Riedexlassnng ausser dem Heimatkanton abzuliefern, wofern derselbe die Summe von achtuudseehzig Franken bezahle.

2. Es werde die Regierung von ^reibnrg eingeladen, den Art. 15 der Militärorganisation des Kantons Freibnrg mit den Grundsäzen des Bundesrechts in bessere Uebereinstimmung zu sezen.

8. Die W i t w e F u eh ... , geb. H a m m e r , von Schwar^nberg, Kts. Luzern, wollte sich mit vier erwachsenen Kindern in Schooren, Kts. Zürich, niederlassen, wo alle fünf Bersonen in der Spinnerei- und Steingutfabrik des Hrn. Scheller Arbeit und einen Verdienst bis auf ^r. 50 per Woche fanden. Die Heimatsgemeinde und die Regierung von Luzern verweigerten jedoch die zur Niederlassung erforderlichen Ausweis-

papiere. Jn Folge des Rekurses der Witwe Fuchs rechtfertigte die

Regierung von Luzern ihre Weigerung wie folgt : Der Art. 4l der Buudesversassuug konne nicht die Bedeutung haben, dass die Riederlassungsbesuguiss eine unbedingte sei und dass kantonale Geseze weichen müssten , wenn sie ans besondern Gründen die freie Bewegung der Bersonen beschränken. Run schreibe ^ 50 des Aru.engesezes des Kantons Luzern vor, die Gemeindräthe seien verpflichtet, über waisenamtlieh unterstüzte Bersoneu eine besondere Aussieht walten zu lassen. Sie konnten aber ihrer Bflicht nicht genügen, wenn die betreffenden Versonen weit entfernt wohnen. Sämmtliehe Betenten haben theils waisenamtliche Unterstüzung genossen und noch nichl.. restituirt, theils geniesseu sie solche jezt noch. Sie mogen daher allervorderst das Empsaugeue zurükzahleu , bevor sie von den heimatlichen Behorden sich emanzipiren wollen.

Der Bundesrath erklärte aber am 16. April 1866 diese Beschwerde als begründet, und lud die Regieruug v.^n .^u^eru ein, ^die uothi.gen Austräge sur Ertheilung der Ausweispapiere an die ^Rekurrenten zu geben.

Gründe .

1) Das Recht der sreien .Niederlassung der Schweizerbürger verpflichtet nicht nur den erwählten ^iederlassungskanton, die Niederlassung zu gewähren, soudern auch den .Heimatkanton, den Wegzug nicht zu verhindern und ihn. nicht durch Verweigerung von Legitimationspapieren

596 Hindernisse in den Weg zu legen (.^ergl. Entscheidungen der Bundes-

behoben bei Ullme.r, Rr. 121, l 22. t 31 u. fs.).

2) Jm vorliegenden Falle sind nach unwidersprochener Erklärung der Rekursschrist alle Betenten eigenen Rechtes und unbestraft . ferner sind sie nach den Erklärungen ihres Arbeitgebers im Stande , sich am Riederlassungsorte ihr gutes Auskommen zu verschassen. Unter solchen Umständen kann ihnen das Recht der Wahl eines ^andern Niederlassung^ ortes nicht entzogen werden.

3) Die Thatsache, dass dieselben in ihrer Heimat ihr Auskommen nicht zu finden vermochten, ist eher geeignet, die Verlegung ihres Wohn.^ sizes zu rechtfertigen, als sie daran zu verhindere. Jndessen steht der Heimatgemeinde das Recht zu, die Rükkehr derjenigen Bersoneu zu sordern, welche sich in der Folge ohne Belästigung derselben auswärts nicht durchzubringen vermochten.

4) Die von der Regierung von Lnzern endlich ausgestellte Behaup..

tnng, dass ein einmal Unterstüzter vorerst das Empfangene zu restituiren habe, bevor er^stch von den heimatlichen Behorden emanzipiren dürfe, entbehrt aller staatsrechtlichen Begründung und würde geradezu eine neue Form der ^leh.^ .^dscriptio begründen, welche mit den Fundamentalgrnndsäzen der Bundesversassung (Art. 4) im Widerspruch stünde.

9. Einer Frau B a u l i n e G r e u t e r von Welihausen , Kts.

Thurgau, welche von ihrem Ehemann sich entfernte , dann eine Scheidungsklage eingab und hieraus sieh beschwerte , dass die thurgauischen Behorden ihr einen besondern provisorischen Heimatschein verweigern, wurde nach Auhornng der Regierung von Thurgau (welche aus ^ 81 des dortigen privatrechtlichen Gesezbuches sich beries) geantwortet , der Bundesrath konne der Regierung von Thurgau keine Weisungen ertheilen, einer Ehesrau, die sieh eigenmächtig von ihrem Manne entfernt habe, Ausweisschristen zuzustellen , da eine Verpflichtung hie^u erst von dem Momente an eintrete, wo die zeitweise oder gänzliche Trennung von der hiezu kompetenten Behorde bewilligt worden sei. (5. Januar 1866.)

I^. V e r w e i g e r u n g und E n t z u g d e r N i e d e r l a s s u n g .

10. J o h. B a p t i. st G sch w e u d und dessen ^rau , aus dem .^auton St. Gallen, beschwerten sich, dass sie ans der Gemeinde ^reuzlingen und ans dem Kanton Thnrgau, wo sie eiuige Jahre als Arbeiter sich aufgehalten. ausgewiesen worden seien, weil er in Konkurs gekommen sei . während er materiell nicht insolvent gewesen und nur in Folge
ungeschikter Manipulationen ein Verlust eingetreten sei. Die Ausweis sung rechtsertige sieh um so weniger, als sie , die Betenten, obschon Schweizer, uaehtheiliger behandelt würden, als ein Badeuser und eiu Franzose, die bedeuteudere ^altimente gemacht haben und dennoeh gednldet werden , oder sogar nach den bestehenden Staatsverträgen ge-

597 duldet werden müssen, lediglich ans dem Grunde. weil in jenen Staaten ^in Konkursit der bürgerlichen Ehrensähigkeit nicht verlustig werde.

^ Die

Betenten erhielten unterm 3. Mai 1866 die Antwort:

Es

konne im Hinblik aus Art. 41, Ziffer 6, Litt. b. der Bundesverfassung aus ihre Besehwerde nicht eingetreten werden, da sie selbst erklären, dass J. Baptist Gschwend in Konkurs gerathen sei, und einem Aufenthalter selbstverständlich nicht mehr Rechte zustehen können , als einem Riedergelassenen. Die Bemerkung, dass Franzosen und ^adenser auf Grund des Konkurses nicht ausgewiesen werden konnten , beruhe auf vollstendigem Jrrthum ; deun nach feststehender Brax^is entscheide sich die Frage

der bürgerlichen Ehrensähigkeit im^ Falle eines Riederlassungsbegehrens

nicht nach dem Geseze der Heimat des Betenten , sondern nach den Gesezen des Riederlassnngskantons. Uebrigens scheine sich aus dem Beschlösse des Regierungsrathes von Thnrgau zu ergeben, dass eine ...lus-

weisnng im Spezialsalle nicht sowohl aus Grund des Konkurses , als aus andern, ebenfalls nach den eitirten Bestimmungen der Bundesverfassnng ganz berechtigten Gründen versügt worden sei.

1 1 . Ein B ü r g e r d e s K a n t o n s S t. G a l l e n war längere Zeit in Ehur, ohne die Riederlassnng zu erlangen; sie wurde ihm zu^.

lezt vo.. de.r Regierung formlich perweigert. Rnn machte er dem Bundesrathe die Anzeige, dass er rekurriren werde, und perlaugte eiue pro-

visorisehe Verfügung zur Sicherung seines Aufenthaltes bis zum desinitiven Entscheide. Der Bundesrath lehnte jedoch dieses Gesuch ab, da er nieht i... ^alle sei, eiue provisorische ...^rsugung zu erlassen über ein Verhältniss, das noch gar nicht er^iftire. Die Bewilligung zur fernern provisorischen Duldung sei lediglieh bei deu Behorden des Kantons Graubünden nachzusuchen .

12. Hr. ^orstverwalter M e r, e r in Baden, Kts. Aargau , ver^ langte im Kauton Zürich ein Jagdpatent, wurde jedoch abgewieseu, weil er nicht im .Kanton Zürich wohne.. Dann verlangte er die Riederlassung, wurde jedoch wieder abgewiesen, weil er nach seineu eigenen Angaben nicht die Absicht habe, im Kanton Zürich seinen Wohnsiz zu nehmen. sondern nur da...in zu jagen. Hr. Me..er rekurrirte nun hiegegen, indem er im ^alle sei, den Vorschristen der Bundesversassuug über die Gestattuug der Niederlassung zn genügen.

Der Bundesrath wies am 16. Februar 1866 diesen Retnrs ab.

Gründe .

1) Es besteht keine Bnndesvorsehrift, welche die Kantone hindern konnte, das Recht zur Betreibung der Jagd in einem Kanton den Kantonseinwohnern vorzubehalten, da es ganz begreiflich ist, dass ein Kautou sich die Jurisdiktion zu sichern sucht über Bersonen, welche mit geladenen Schiessgewehren das Land zu durch-

598 ^.

streifen und selbst die ...^üter von Bripaten zu betreten autorisât werden.

2) Dagegen soll unter den .^a.nton^einwohnern selbst nach Art. 48 der Bundesverfassung kein weiterer Unterschied gemacht , sondern es sollen Bürger nnd Niedergelassene gleich gehalten werden.

(Beschluss des Bundesrathes in Sachen des Jagdrechtes der Riedergelassenen in Gxanbündeu.)

3) Rach den Erklärungen der Regierung von Zürich werden bei Ertheilung von Jagdpatenten die vorbezeichneten Grundsäze beobachtet, und da Rekurrent aarganischex Beamter und in Baden , also ausser dem Kanton .Zürich, wohnhast ist, so stünde ihn. somit kein Recht aus ein zürcherisches Jagdpatent zu.

4) Es bleibt daher lediglich in Fr..ge, ob die zürcherischen Behörden gehalten seien, dem Rekurrenten, troz seines Ausenthaltes in Baden, dennoch die Niederlassung im Kanton Zürich ..zu bewilligen.

5) Da Reknrreut selbst erklärt, dass er mit dieser Niederlassung nur . bezweke, die im Kanton Zürich bestehenden Vorschriften über Ertheiluug von Jagdpat^nten zn umgehen, so kann schon aus diesen..

Grunde den Behörden des Kantons Zürich nicht wohl zugemutet werden, ^u einem solchen Vorgehen hilfreiche Hand zu bieten.

6) Allein das Verhältniss doppelter Niederlassung passt überhaupt sür

den vorliegenden Fall nicht , denn es ist dieses Verhältniss überall,

wo es vorkommt, nur eine rechtliche Konse^nenz v o . ^ t h a t s ä c h ^ li^ch bestehenden Verhältnissen, z. B. vom Besiz von Grnndeigenthum oder gewerblicher oder Handelsetablissementen ausser den. ge^ wohnlichen Wohuorte, während im vorliegenden Falle das Rieder^ lassungsverhältniss in Zürich alles und jedes thatsäehlu.hen Gehaltes entbehren würde. Auch ist sehr zu bezweiseln , ob de^n .Rekurrenten selbst die Folgen seines Begehrens ganz klar find, z. B. ^dass er dureh die Niederlassung auch anderweitig unter die Steuer- und Justi^hoheit des Kantons Zürich fallen würde. Jedenfalls aber kann es nicht Sache des Bundes sein , ohne Roth solche Doppelverhältnisse zu schassen , welehe zu unabsehbaren Komplikationen Anlass geben.

13. Die Behorden des Kantons Aargau endogen dem Johann Ulrich Schü tz uud dessen ^amilie , wohnhaft gewesen in Schostland, die Niederlassung, weil er in Konkurs geraten war. Sehü^., besehwerte sich hierüber und stellte eventuell das Gesuch, dass seiner .^rau die Riederlassung zu gestatten sei. Der Bundesrath mnsste (10. Juli ..8..^ gemäss Art. 41 der Bundesverfassung das Recht der Behorden von Aargau zur Ausweisung dieser Fan.ilie anerkennen ; dagegen sprach er sieh mit Bezng anf das Gesnch der Frau Schül^ um Gestattung der Rieder-

599 .lassung dahin aus., dass aus dieses Begehren jedenfalls n...... bei einer .Trennung der Familie näher eingetreten werde.n konnte, d. h. w.^.n ^er Ehemann nicht mehr in e i n e r Hanshaltung mit ihr leben würde, son^ dern z. B. in einem andern Danton domizilirt wäre. Jn diesem Falle hatte ein sachbezügliches Besuch mit Nachweis dieser Trennung di^ ordentlichen Jnftanzen des Kantons Aargau durchzumachen, da die Frage unter diesem Gesichtspunkte noch nicht behandelt worden sei.

c. W i r k u n g d e r .^n ...weisung.

14. ^..er im ^Kauton Reuenburg wohnhaft gewesene Abraham E h r i st i n ..^ von Ehabre^, Kts. Waadt, wurde im Jahr 1865 wegen ^iebstahls zu einer Gesäuguissstrafe und zu 9 Jahren Verweisung aus dem Kanton Reuenburg verurtheilt. Er nahm später seinen Auseuthalt im Kanton Waadt, und wollte von dort aus im Karton Reuenburg Geschäfte machen . allein er wurde jedesmal , wenn ...... in diesem Kanton erschien, ausgewiesen. Hiegegen beschwerte er sieh ^beim Buudesrathe .

allein unterm 25. April 1866 wurde ihm die Antwort ^u Theil: Jn

der Strafe der g e r icht l iche n Kautousverweisuug .sei auch das Ver^ bot der freien Eireulation aus dem Gebiete des betreffenden Kantons Inbegriffen. Was die Zufässigkeit der Kantonsperweisung im Kautou Reuenburg überhaupt betreffe, so sei bei Anlass des Rekurses von Mo .^ rini und B e r n a s e o n i ^koustatirt worden, dass diese Strafe im Kanton Reuenburg il^re gleiehn.ässige Anwendung finde gegenüber von ^.lngehorigen anderer Kantone, worüber er in^ Geschästsberichte pro l 864 (Bun-

desblatt 1865, 1l, 164^ da^ Räh^.e nachlesen moge, ^ie Beschwerde ermangle also auch ^n dieser Richtung jedes Grundes.

15. ^ie Besehwerde des Matthias T a m o n i von l^ama, Kts.

Graubüudeu, dass ihn die Voli^eibehorden des Kautons Waadt aus dem Kantou transportât, dann sigualifirt habeu und nun nicht .uehr in den Kanton Waadt zurükkehren lasseu wolleu, wurde au. 21. Dezember 1866 im Sinne sollender Erwäguugeu erledigt : 1) Aus deu Berichten der ^vaadtländiseheu Behorden ergibt sieh, ^ass Rekurrent in. Kanton Waadt weder niedergelassen, noch Aufenthalter war, sondern dass er nur auf Märkten herumzog und dabei uaeh verschiedeueu Richtungen hin Stoff zu Beschwerden bot.

2) Es ist keine Vorschrift der Bundesversafsung vorhanden, welehe den Kanton Waadt verhindert hätte, gegen einen solchen Besucher seines Gebietes sein Hausrecht zu gebrauchen und ihn hinaus zu weisen.

3) Eine derartige Ausweisnug kann indessen keine Wirknug sur die Zuknnft haben , da sie nur die Ratur eiuer momentaueu Selbfthilse hat. Rekurrent ist daher allerdings berechtigt, sich wieder in deu Kauton Waadt zu begeben und daselbst, .sofern er sich mit der geglichen Or...^ nung nicht in ueuen Konflikt sezt, zu zirkulären , wobei es den waadt-

600 ländischen Behörden indessen auch freisteht , ihm eine besondere polipiliche Obsorge zuzuwenden.

16. Aus dem im Bundesblatt 1866, l, 306, abgedrukten .^Besehlusse ergibt sich, dass Friedrich Schürch in Waldeck, Kts. Freiburg, gestraft wurde, weil er seinem aus diesem Kanton ausgewiesenen Vater Johann Schüreh längern Ausenthalt gestattete. Das Detail dieses Falles ist aus dem erwähnten Beschiusse zu entnehmen und aus den

aus die Ausweisung seines Vaters bezüglichen Akten (Bundesblatt 1864, l, 12, 168 bis 174 und 342). Friedrieh Schürch reknrrirte be-

kanntlich an die Bundesversammlung, wurde aber am 10. Juli 1866 abgewiesen.

17. Hiermit steht in Verbindung die wiederholte Beschwerde des Vaters Johann S ch ü r ch , die er bei der Bundesversammlung eingab bezüglich seiner Ausweisung aus dem Kanton Freibnrg im Jahr ^863.

Bekanntlich ist diese Ausweisung am 22. Dezember 1863 von der Bun-

desversammluug als gerechtserttgt erklärt worden. Schürch gelangte nun unterm 2. Februar 1866 neuerdings an die Bundesversammlung und stellte das Besuch, es möchte, in Abänderung des srühern Beschlusses, die Regierung von Freiburg angewiesen werden, ihm die Niederlassung wieder zu ertheilen, eventuell möchte erklärt werden, dass mit der Entziehung der Riederlassungsbewilligung das Betreten eines Kantons nicht untersagt sei.

Der Staatsrath von Freiburg trug aus Verwerfung des ersten Begehrens an , und bemerkte mit Rüksicht aus das zweite , dass dem Schürch das Betreten des Kantons ^reiburg nie verboten worden und dass er im Gegentheil sehr fleissig dort erschienen sei.

Am 10. Juli 1866 verwarf die Bundesversammlung anch diese zweite Beschwerde.

5.

18.

B ü r g e r r e eh t.

Zwei Schwesteru E o r u u z , wohnhast in Ollon, Kts.Waadt,

gleichzeitig Bürgerinnen von Mur, Kts. Waadt, und von Haut^Vuill..., Kts. Freiburg, waren im Falle, jede für ein aussereheliehes Kind össent..

liche Unterstüzung anzusprechen. Die Munizipalität von Mur gewährte solche, sprach aber auch die Munizipalität von Haut^Vuill... snr die Tra^ gung der Halste an, gemäss einem im Jahr 1828 in einen. ähnliehen ^alle zwischen den beiden Regierungen getrossenen Abkommen.

Die Munizipalität von Haut-Vuillh verweigerte aber einen jeden Beitrag, weil jene Kinder dort unbekannt und nie den Müttern gerichtlich zngesproehen worden, also in Haul^Vuill..., nieht Bürger seien. Ein gerechtlieher Zuspruch der Kinder an die Mütter sei gegenwärtig im Kanton .^reibnrg nicht mehr möglich, und die Gerichte des Kantons Waadt seien

601 nicht kompetent, Jemanden ein sreiburgisehes Bürgerrecht zuzusprechen.

(Ullmer, Staatsrechtl. Brax^s, l, Rr. 262 und 263.)

Der Staatsrath des Kantons Waadt sah sich desshalb veranlagt, an den Bundesrath zu rekurriren , welcher in seinem Beschlusse vom

23. April 1866 dahin sich aussprach :

1) Die Frage, ob die sreiburgische Gemeinde Haut^Vnill^ an die Unterstüzung der unehelichen Binder der Schwestern Eornnz mit bei^utragen verpflichtet sei , hängt von dem Entscheide der Vorfrage^ ab , ob die betretenden Kinder als Bürger .dieser sreiburgisehen Gemeinde betrachtet werden konnen.

2) dieser Annahme steht dermalen das formale Hinderniss noch im Wege, dass die betreffenden unehelichen Kinder ihren Müttern nicht durch den sreiburgischen Richter sormlich zugesprochen worden sind, indem dieses allerdings von Freiburg verlangt werden kann, da die durch die waadtländisch.m Behorden ersolgte Anerkennung der Maternità für Freiburg bezüglich der Bürgerrechtssrage nicht ohne Weiteres massgebend ist.

(Vergl. Entscheid des Bundesrathes vom 23. April 1859 in Sachen

des E.^prian Desponds von Biole^Orjulaz sWaadt^ Ullmer Rr. 263.)

3) ^.bschou es uun^ angesichts der Verständigung in Sachen der Françoise Baron vom Jahr 1828 , angesichts serner des Art. 225, Zisser 4 des sreiburgischen Eivilgesezbuches und des Art. 43 der Bundesversassnng, passend gewesen sein dürste, wenn die freiburgischen Behorden von der bezeichneten Formalität abstrahirt hätten , so kann von Bundes wegen doch uicht davon dispensirt werden , wogegen es selbstverständlieh der Regierung von Waadt srei steht , mit einer neuen Besehwerde bei den Bundesbehorden auszutreten , wenn die kompetenten sreiburgischen Gerichte den Kindern Eornuz ^as sreibnrgische Bürgerrecht vorenthalten wollten, was nicht vorauszusehen. ist.

6 . ^ B r esss r e i h e it.

19. ^ie Beschwerde des J. J. R h n i k e r von Schinznach, Kts. Aargau , über die im Kanton Uri ihm gerichtlieh zugesprochene Strafe der körperlichen Züchtigung wegen Verbreitung seiner Broschüre: ,,Die Garantien des allgemeinen Wohls^ basirte wesentlich ans die be^ hauptete Beeinträchtigung der Vresssreiheit. Da der bezügliche abweisende Entscheid des Bundesrathes vom 28. ^ebruar 1866 (Bundesblatt 1866

ll, 393) dnreh den Rekurs an die Bundesversammlung hiulanglieh be-

kanut geworden ist, so genügt hier eine allgemeine Erwähnung desselben.

Der bezügliche Bericht der Kommission des Nationalrathes befindet sich

im Bundesblatt 1866 Hl. 383 und. 392. -^ Am l9. Dezember 1866

s.hritt die Bundesversammlung über den Rekurs des R.^uiker zur Tagesordnuug, sprach jedoch die Erwartung aus, dass der Kanton Uri seine Strasgesezgebung mit den Anforderungen der Humanität in Einklang

602 bringen und die Wiederholung von Urtheilen, w^ie das in Fra^e stehende, in Zukunft unmöglich machen .werde.

20. Das neue S t .. a f g e s.e z ^ u ch d e s K a n t o n s B.e r n , welches auf den .1. Januar 1867 für den ganzen Kanton in .^rast trat.

enthält auch die erforderlichen Bestimmungen ^übl.r .den Missbrauch der Bresse und sezt .das Bressgesez vom 7. Dezember 1 852, ^...wie das Dekret

über Abänderung einiger Artikel desselben ...om 24. Juli 1854 ausser

Kraft. Unter .Berufung aus Art. 54 .der Bundesverfassung wünschte nun die Regierung des Kantons Bern , dass die neuen Vorsehristen über die Bresse geprüft und genehmigt werden möchten.

Das erwähnte Strafgesezbnch enthält über die Bressperg^.hen keine besondern Vorschriften , sondern es bestimmt im Allgemeinen , dass sie nach den Vorschriften dieses Gesezes zn bestrasen seien , und zwar soll

mit Rüksicht auf den Umstand, dass die strasbare Handlung durch die

Bresse verübt wurde, das Si.rasmass verschärst werden. Die gleichen Bestimmungen finden auch aus Zeichnungen, Bilder, Stiche und Aehnliches Anwendung. Der Gerichtsstand ist por den Assisen desjenigen Bezirkes, in welchem die Drukschrist herausgekommen ist. Hat die Herausgabe derselben außerhalb des Kantons stattgesunden , so tritt der Ge-

richtsstaud des Beklagten ein.

Mit Bezug aüf die Vorschriften über die Verantwortlichkeit sür

Br^ssvergehen, sowie über jene betretend die^ eigentliche Bresspoiizei, konnte nichts gesunden werden, was mit den Gruudsäzen im Widerspruch. wäre, die in frühern ähnlichen Entscheiden des Bundesrathes und der Bundesversammiung aufgestellt wurden. ^Materiell und formell gewähren die neuen Bestimmungen die nothigen Garantien für die Freiheit der Bresse mit den zulässigen Schuzmitteln gegen den Missbrauch derselben. Mit Beschluß vom 5.. Dezember 1866 wurde daher de^ Vorschriften über die Bresse, welche das neue Strafgesezbueh des Kantons Bern enthält,

die Genehmigung des Buudes erteilt (Bundesblatt 1866 ll... 294.)

7.

B e t i t i o n s - u n d B e schw e r d e r echt.

21.

^lus Anlass des unten erwähnten Rekurses der Herren G i a n i u i , D e i n i und d^l n .......... a von Sobrio, Kts. Hessin, er.hob der Staatsrath des ^Kantons Tessin gegen die genannten drei Rekurrenten eine gerichtliche Klage wegen Besehimpsnng und Berleun^dung, dereu sie in der Rekursschrift an den Bundesrath von. 20. September

1865 über de.n Staatsrath steh schuldig gemacht haben. Die Anklage-

kammer des Kantons Hessin verlangte dauu die Vorlage des Originalaktenstükes, um durch Schriftvergleichnng oder aus andere Weise darzuthun, dass wirklieh die Augeklagten unterzeichnet haben , da sie einer blossen Abschrift gegenüber behaupten konnten, sie hätten ein solches Aktenstük nicht unterzeichnet.

^03 ^ Auf diessälliges Ansuchen von Seite des Staatsrathes von Hessin antwortete der Bundesrath unterm 19. Mär^ 1866, er glaube zwar das. Begehren der Anklagekammer. nicht ablehnen zu sollen und er über-

sende desshalb^ das inkrimini^te Schriststük mit dem Wunsche, es mochte

ihm nach Abschl.uss des Brousses wieder. z.urükgesendet werden.

Der Bundesrath konue indess nicht umhin , der Regierung den Wunsch aus^udrüken , sie mochte diesem Prozesse keine weitere Folge geben. Er begnüge sich, ihr anzudeuten, dass ihr Versahreu leicht als eine Beeinträchtigung des freien Betitions- und Beschwerderechtes ausaesasst werden und dass sieh daraus uoeh weitere schwierige Fragen erBeugen. konnten.. E^ solle damit keineswegs gemeint. sein , dass der Bundesrath die von den^ Betenten geführte Sprache billige ; er habe sie vielmehr ebeusalls unziemeud befunden ; dagegen konue er sich mit strafrechtlicher Verfolgung derselben weui^ befreunden.

Endlich müsse der Bundesrath sich jedenfalls ausdrüklich vorbe.halten, für. den ^all einer spätern Besehwerde gegen ein allfälliges Strasurtheil, iu nähere Brüfnng zu ^ehen, ob dasselbe nicht eine Beeinträel.^ tigu.ug des^ freien Beschwerderechtes enthalte, dessen Wahrung Sache der eidgenossische.. Behorden. sei. (Vergleiche unten den Entscheid Rr. 61).

8. A r r e st.

22. Jafob K a u s m a n n von Steffisburg , als Bächter wohn^ hast in Sonvillier, Kts. Bern, depouirte im Februar 1866 seine Bapiere in Dou.^xessou, .^ts. Reueuburg, .^o er mit einem theile seiuer ^amilie und mehrern Arbeitern während des Sommers verblieb. ^lm 13. ...^eptember 1866 verliess er Dombresson, um nach ....^ouvillier ^urükzugehen.

.^lm gleichen ..^age erwirkten aber einige seiner Kreditoren einen Arrest (saisie par voie de b^.rre) auf ein Bferd sammt Gesehirr, welches Kauf^ manu bei Wirth Vauthier in Ba.^uier, Kts. Reuenburg, eingestellt hatte.

Dieser Arrest wurde aus die Art. 10.) und 110 de^ neuenburgisehen Sch.uld.betreibungsgese^es und daraus basirà, dass Kaufmann^insolvabel sei.

Bei der sriedensrichterlichen Verhandlung vo^n 16. Oktober 1866 beschränkte sieh Kaufmann daranf, die Kompetenz der ueuenburgiseheu Gerichte zu bestreiten. Der Richter bestätig^ jedoch den Arrest und sprach die Jnvestitur zu Gunsten der saisirenden Kreditoren ans, gestüzt daraus, dass Kaufmann unrichtig gehandelt, da er bloss ans eine peremtorisehe Einrede sich beschränkt und dann sich entfernt habe, vielmehr hätte er im kontradiktorisehen Verfahren aus die Hauptsache sieh einlassen sollen , zudem finde Art. ....0 der Bundesverfassung hier keine Anwendung. da Kausmanu bis zuni Arrest im Kanton Reue.uburg wohnhast ge.veseu sei.

Gegen diesen Entscheid rekurrirte Kausmann unter Berufung ans Art. 48 und 50 der Bundesverfassung Rach Art. 50 müsse er an

604 seinem bekannten und immer beibehaltenen Hauptdomizil in Sonvillier gesucht werden. Wenn man aber annähme, dass er zur Zeit des Arrestes noch im Kanton Reuenburg domizilirt gewesen sei, so würde derselbe dem Art. 48 widersprechen, indem nach Art. 109 des neuen-

burgischen Schuldbetreibungsgesezes ein Arrest auf Effekten in Dritt-

mannshand , die einem im Kanton wohnhasten Reuenburger gehören, gegenüber diesem nicht zulässig sei. ein solcher Arrest könne daher auch nicht gegen einen Bürger des Kantons Bern gestattet werden.

Unterm 31. Dezember 1866 wurde dieser Rekurs mit folgender Begründung abgewiesen : 1) Beschwerden über Missachtung des Art. 50 der Bundesverfassung können jederzeit, ohne dass zuvor kantonale Jnstanzen durchlaufen werden müssten, bei den .Bundesbehörden angebracht werden. (Ullmer Bd. I..

Rr. 357.) Es steht desshalb der Behandlung dieser Beschwerde kein formelles Hindernis.. im ^ege.

2) Es ergibt sich ans den porliegenden Akten, dass Reknrrent sein Hauptdomizil im Kanton Bern hat, und es sind keine genügenden Gründe vorhanden, um ihn als nicht ausrechtstehend (non solv^ble) zu bezeichnen.

Dagegen fragt sich, ob Rekurrent nicht zur Zeit der Legnng der angefochtenen Arreste auch im Kauton Reuenburg domizilirt gewesen sei.

3) Diese thatsäehliche Frage muss bejaht werden, da ans den beigebrachten Zeugnissen erhellt, dass er seine Bapiere bei der neuenburgischen Behörde hinterlegt, Wohnung in Dombresson genommen, Kinder

daselbst in die Schule gefchikt und Steuern bezahlt hat. Da nun Re-

kurrent dieses Domizil erst am 17. September durch Rükzng seiner ^Vapiere ausgegeben hat, so sind die am 25. Angust und 13. September erfolgten Bfändungen und Arreste zu einer Zeit erfolgt, wo Reknrrent nicht ausser dem Kautou wohnte , in u.^lehem der Arrest gelegt wnrde, so dass Art. 50 der Bundesverfassung auf diesen Fall keine Anwendung finden kann.

4) Die weitere .^rage , ob der Arrest nach den Gesezen des .^an^ tons Reuenburg selbst zulässig gewesen sei, ist dermalen noch nicht spruehreis, da Rekurrent seine diessälligen Einreden zuerst por den kom.^ petenten Gerichten des Kautons Reuenburg im ordentlichen Jnftauzenzuge anzubringen hat, wobei ihm für den ^all der Abweisung übrigens d^r weitere Rekurs an die Bundesbehörden offen steht.

23. Robert M e ^ e r von Männedorf, wohnhaft in Aarau, .besehwerte sieh , dass die Walliser Bolizeibehorden ihm das Wanderbn^h zurükbehalten, weil sein srüherer Meister in Sitten Arrest daraus gelegt habe , während er diesem nichts schulde , eventuell in Aarau belangt werden müsse , wo er seit 2 Monaten als Geselle arbeite und auch fernerhin guten Verdienst finde.

605 Dieser Rekurs wurde am 18. Jnni 1866 als unbegründet abgewiesen, weil: 1^ Art. 50 der Bundesverfassung zwar allerdings den Gerichtsstand des Wohnsizes und das Verbot von Arresten als Regel ausstelle, aber ausdruklich nur für Schuldner, welche einen festen Wohnsi^ haben .

2) der Bundesrath habe sich aber schon mehrfach dasür ausgesprochen, dass Jemand , der ausser seiner Heimat bald da bald dort als geselle arbeite, ohne selbststäudig etablirt ^u sein, den bezeichneten Bedingungen des Art. 50 nicht genüge.

24. Jm Entscheide über den Rekurs des Lambert Moll von Lostors, welcher im Jahr 1^59 vom Riehteramte Sol.othurn-Labern zu Alimenten für ein uneheliches Kiud .verurtheilt worden , indess er als Geselle im Danton R.euenburg war, wurde ebenfalls ausgesprochen, es konne keine Rede davon sein, dass ein aus der Wanderschast da und dort arbeitender geselle daraus Anspruch machen konne, an seinem jeweiligen Anstellung^ orte als Schuldner mit festem Wohnsiz zu gelten. ^23. April 1866.)

25. Der Ehefrau des Joseph Anton M e s s m e r ^ Ber g ami n in Thal, Kt. St. fallen, fiel in Schleus, Kts. Graubünden, ein ganz liquider Antheil an einer Erbschaft zu. Ein Miterbe erwirkte aber einen Sequester daraus sür seineu Antheil au einer srühern noch nicht bereinigten Erbschaft, die von der Frau Messmer zu Handen genommen worden sei, und verteidigte den bündnerischen Gerichtsstand damit, dass die Erbsehast in ^ehleuis eroffnet worden , also von den dortigen Geruhten ..,n bereinigen sei. Uebrigens sei eine Einrede versäumt , da nach Art. 7.) des bündnerisehen Eivilpro^esses der Arreftbeklagte vor dem Vermittleramte hätte erseheinen und über die Jnkompetenz des Richters dort hätte plädiren und entscheiden lassen sollen.

Die Beschwerde gegen dieses Versahreu von ^eite des Joseph Anton Messmer wurde am 7. Dezember 1866 als begründet erklärt und der Sequester ausgehoben, weil es sich lediglich um eine personliehe Forderung haudle, die uaeh Art. 50 der Bundesverfassung am Wohn^ orte des solveuten Schuldners eingeklagt werden müsse ; dieser s^i daher ganz berechtigt gewesen , jedes Erscheinen vor dem graubündnerischen Richter zu perweigern.

26.

Der Rekurs der Erben des Hru. A. W issm a .. n von Uznaeh ,

resp. der ^irma ,,Adols Wissmann ^ Eomp. in Rappersweil^ , gegen

Arre.stversügungen aus das Gesellsehaftsvermogen im Kauton ^chw...z ist durch die Weiterziehung au die Bundesversammlung bekannt geworden.

Der Beschlnss des Buudesrathes ist m ebenso abgedrukt, Bundesblatt

1866, lll, 158, und der bezügliche Bericht der ständeräthlichen Kommission im Bnndesblatt 1867 I.. 21. Am 21. Dezember 1866

606 .wies der Ständerath den Rekurs gegen den Bundesrathsbeschluss ab, der Nationalrath verschob seinen Entscheid.

27. Die aus frühere Rekursen bekannte Frau Katharina Wender , geb. G a b e l e , von Thierachern, Kts^. Bern, sah sich zu einer neuen Beschwerde veranlasst, weil ihr Mobiliar, das sie am 4. Oktober 1865 bei ihrem Wegznge von Basel dort zurükgelassen habe, am 23. Oktober durch Hrn. Amtmann Mazinger aus einer sogenannten "freiwilligen Gant" versteigert und der Erlös einem ihrer Kreditoren abgeliefert worden sei. Rach ihrex Ansicht hätte sie in Bern belangt werden. sollen. Aus dem Berichte der R..gieru^ von, Basel ergab es sich , dass kein amtlicher. Arrest und überhaupt keine amtliche Versteigerung stattgesunden hatte. Der Rekurs wurde daher am 16. April 1866 abgewiesen, da in einen.. solchen Falle von einer Verlegung des ^.lrt. 50 der Bundesversassung keine Rede sein konne, es stehe der Reknrrentin frei, alle diejenigen Versonen rechtlich zu belangen, welche ihr eiuen .^.haden zugefügt haben sollen.

28. Die Herren S chieder und Z w e i s e l, Holzhändler in Lintthal, Kts. Glarus, beschwerten sich, dass Hans Christian .^orez und Jann Haag von Fanas, sowie Dietegen Aebli von ^...ewis, Kts. Graubünden , theils für eine gemeinschaftliche Forderung sür Holzfuhren, theils zur Dekung einer besondern Ansprache des Leitern sür angeblich an sie verkauftes .^.olz einen Arrest aus das geführte Holz ausgewirkt und sie zur Benrtheilnng über Existenz und Grosse der rein persönlichen Forderungen vor das Kreisgericht nach Seewis zitirt und ungeachtet der Bestreitung des Gerichtsstandes eiue Vexurtheilung m contum^c^ui erwirkt haben.

.^iedurch sei Art. 50 der .Bundesverfassung verleg worden.

Die Re^.r^eklagten rechtfertigten das angesoehteue Versahren damit, dass es sich nicht um rein personlich.. Ansprachen handle, indem ein gesezliches Vsand- oder Retentions -Reehl. dafür angesprochen un...

vom Gerichte gesehüzt worden^ sei. ^ 307 des Eivilgesezbnehes des Kan^ tons Graubünden si.here wirklich ein ^anstpfandreeht für Verarbeitung und Transport des fragliehen Holzes. Der Umstand , dass ein kleiner Theil der ^rderuug von einem angeblichen Holzkaufe^wisehen den Re^ kurrenten und einem ^treitgenossen der Beklagten herrühre , sei irrelevant , da der grösste Theil der Hauptsordernng ans Verarbeitung^und
Transportkosten bestehe. Uebrigens ^seien die Reknrrenten nicht mehr zu horen , da sie ihrer Einrede gegen die Kompetenz nicht rechtzeitig und in der von der^ Gesezgebung des Kantons Graubünden vorgeschriebenen Form ^olge gegeben haben.

Der Bundesrath hat unterm 29. Oktober 1866,

607 Jn Betracht : 1) Der Arrest, um den es sich im vorliegenden Falle handelt, wurde für zwei verschiedene Forderungen gelegt, nämlich einerseits für Fuhrleistungen der Herren Lorez, Haag und Aebli, und andererse.ts für eine behauptete Holzlieferung des leztern.

2) Was nun lettere Forderung im Betrage von Fr. 70 betrifst, so ist ohn.e weiters klar, dass sie eine rein personliche Forderung ist, für welche Rekurrent an seinem Domizil zu Lintthal. gesucht werden muss , und für welche daher ein Arrest in Seewis nicht gelegt werden dars.

3) Anders verhält es sieh dagegen bezüglich des Arrestes für Fuhrleistungen. Es ist den Kautonen keineswegs benommen , durch ihre Gese^ebnng für gewisse Klassen von Forderungen eiu Re-

tentions oder Pfandrecht auszustellen (Uilmer Bd. I, R... 312 bis 315).

4^ Streitigkeiten darüber, ob ein solches Retentions- oder Pfandrecht zu Recht bestehe, beziehungsweise, ob es durch uachsolgende Akte erloschen sei , sind alsdann keineswegs am Wohnorte des Beklagten, sondern vielmehr am Orte, wo die streitige Sache liegt, . auszutragen.

5) Dagegen war der Arrest jedenfalls von vornherein nur gerechtfertigt an demjenigen ^nantum Holz, welches durch jene Fuhrleute geliefert worden war.

6) Die Behauptung der Rekursbeklagten , dass Rekurrent durch ^verschiedene Rechtshandlungen die Kompetenz des Preisgerichtes Seewis anerkaunt habe, ist unstichhaltig, da Rekurreut wiederholt die Kompetent jenes Gerichtes bestritt und es ihn.. frei stand , vor Betretuug des Rekursweges an die Buudesbehorden den ordentliehen Rechtsweg vor den Kantonalgerichten zu erschopsen (Vergl.

Ullmer Bd. l. Rr. 361),

b e s eh l o s s e n : Der Rekurs wird so weit begründet erklärt , als er sich aus die Forderung des Aebli wegen Hol^lieferungen erstrekt und sofern der Arrest auf Holz ausgedehnt worden ist , welches nicht von den drei Klägern geführt wnrde , und es werden demzufolge die Urtheile des Preisgerichtes ...^eewis in dem Umfange, als sie diesen. Entscheide entgegenstehen, ausgehoben.

Jm Uebrigen wird der Rekurs als unbegründet abgewiesen.

Bund^bIal... Jahrg. XlX. Bd.1.

.

49

60^ 9.

a.

^ e r i eh t s st .. n d.

G e r i c h t s s t a n d des W o h n o r t e . ^ .

29. Jn einem Speziaifalle sprach sich der Bundesrath am 2. März 1866 dahin aus : Art. 50 der Bundesverfassung sezt sür seine Anwend-

barkeit zunächst die Zahlungsfähigkeit des Schuldners voraus. Diese Vorausseznug scheint aber im Spezialsalle nicht vorhanden zu sein, da Rekurrent in Vivis nicht nur die grossere Anzahl seiner Brivatglaubiger nicht zu befriedigen , sondern sogar nicht einmal die Handänderuugs^ gebühren an den Staat zu zahlen vermochte , und da nach einem vorgelegenen Zeugniss mit seiner Zahlungsfähigkeit in Gens es sieh ähnlieh

verhält. Rekurrent wurde somit nicht als zahlungsfähig betrachtet.

30. Die Betriebsgesellschast der schweizerischen Westbahnen, die

HH. L a u r e n t , B e r g e r o n ^ Eomp. in Lausaune, beschwerten sieh, dass die Berichte des Kantons Freiburg sich kompetent erklärt hatten, um über eine Forderung des Heinrich B ä t t i g in Freiburg zu urtheilen, die er an Bierre M i v e l a z in Freiburg, Angestellter jener Gesellsehast, machte und wosür er bei der Stationskasse in Freibnrg aus den Gehalt des leztern Sequester hatte legen lassen.

Es wurde namentlich eingewendet, dass die Betriebsgesel.lschast nie ein sormliches Dom^il im Kanton Freiburg gewählt habe , und dass

die ansieht, als sei sie Dritten gegenüber in der gleichen Stellung wie die Eisenbahugesellschaft selbst, ganz irrig sei. Der Akt des Grossen

Rathes des Kantons ^reiburg, betreffend die Gründung der Betriebs^ gesellsehaft , habe von dieser nnr die Wahl eines Domizils verlangt bezüglich auf Geschäfte, die im Kanton Freiburg ^abgeschlossen worden seien. Dieser Besehluss sei aber durch spätere Verhandlungen modifiât worden und dann ganz dahingefallen. Zndem sei Mivelaz in Lausaune, am eigentlichen Domizil der Betriebsgesellsehaft, engagirt worden und erhalte von dort aus seine Besoldung.

Die .Regierung des Kautons ^reiburg beries sich daraus, dass die Konzession sür die Eisenbahn ^ausanne^^reiburg^ense , so wie das sür den Kanton ^reiburg ausgestellte Bfliehtenhest, die Bestimmung enthalten, dass die Gesellschaft im Kauton ^reibnrg ein Domizil zu wählen

habe. Die Betriebsgesellsehaft sei in die gleichen Verpflichtungen eingetreten, wie die Gesellsehast selbst. Jenem Domizil sei natürlich ^llles unterworfen, was ans die Verwaltung Bezug habe. Mivelaz sei allerdings am Zentralsiz der Betriebsverwaltung, in Lausanne, engagirt worden, aber sür einen Geschästskreis aus freiburgisehem Territorium; er werde auch in ^reiburg bezahlt und geniesse den .^ehu^ der sreiburgischen Konzession.

Die Regierung von ^reiburg gab den au den Westbahuen betheiligten Regierungen der Kautoue Bern, Reuenburg und Gens von diesem

609 Verhältnisse Kenntniss. Diese erklärten sich völlig einverstanden mit den Ansichten der Regierung von Freiburg.

Der Bundesrath konnte ebenfalls den Ansichten der Rekurrenten

nicht beipflichten. Er wies am 3. August 1866 den Rekurs ab, mit

folgender Begründung : 1) Es unterliegt keinem Zweifel, dass die HH. L a u r e n t , B e r g e r o n ^ Eomp. für Schulden an Dritte nur an ihrem Domizil belangt werden können, und es hängt daher der Entscheid der gegenwärtigen Rechtsfrage ganz davon ab , ob jene Gesellschaft im Danton Freibnrg domi-

zilirt sei oder nicht.

2) Diese Frage muss durchaus bejaht werden , da der Gesellschaft ,,zum Bau und Betrieb^ der Eisenbahn des Kantons Freiburg sowohl

im Kouzessionsal.te vom 8. April 1856, als im Art. 3 des pflichtenheftes vom. 12. Rovember 1856 ausdrüklich die Verpflichtung, iu Frei-

burg Domizil zu nehmen, auserlegt wurde, die Betriebsgesellschast der HH. Laurent, Bergeron ^ Eomp., als theilweise Rechtsnachsolger der konzessionirten Gesellschaft , naturgemäss auch in deren konzessionsmässige Verpflichtungen einzutreten hatte und seit dem Zeitpunkte der Genehmigung jener Akten vom 8. April und 12. November 1856 von Seite der Bundesversammlung keinerlei die Konzession in diesen Bunkten abändernde Schlussnahmen gefasst worden sind.

3) Bei dieser Sachlage ist es durchaus überflüssig , aus die weitern Erörterungen der Rekurreuten einzutreten. Falls diese glauben , dass durch spätere Akt.. der Regierung von ^reibuxg Aeuderungen in den von der Bundesversammlung ratifizirten Verträgen eingetreten seien, so haben sie allervorderst solche Aenderungen durch die Bnndesversammlung abermals ratisi^iren zu lassen , ehe darauf von den Bundesbehorden weiter Rüksieht genommen werden kann.

31. Jm Rekurse des Johann U n t e r n ä h r e r , Federnhändler zu Marbach, Kts. Ln^ern, welcher in Thun ein Magazin gemiethet hatte und von da ans bernische Märkte besuchte, dann aber für eine person^ liehe Forderung vor das dortige Gerieht zitirt wurde, sprach sich der Bundesrath dahin aus , dass der Besuch der Märkte sür die Domizil-

frage gleichgültig sei und blosse Miethe eines Maga^ius sich weder

sprachlich noch rechtlich als ein fester Wohnuz charakterisire (31.

tober 1866).

^

Ok-

32. Hr. Jost Sehmied^Drer.ler in Zug eedirte im März 1865 an Hrn. Joseph T h i e r r y in Basel eine Obligation von ^r. 9670 ans ^ranz G a.um a uud dessen Ehefrau in .Altdorf, Kts.

Uri.

Als Hr. Thierr... den Gamma in Altdorf belangte, beftritt dieser,

etwas schuldig zu sein, uud perlaugte einerseits deu Ausstand der mit dem.. Bedeuten Jost Schmied verwandten Richter und andererseits das

610 personliche Erscheinen. und die Beeidigung des Jost Schmied und seiner Ehefrau vor Bezirksgericht Uri. Das Bericht entschied diese beiden Begehren in bejahendem Sinne. Hiegegen rekurrirte Hr. Thierry, weil die Eheieute Schmid gar nicht im Brozesse stehen, weil eine personliche Ansprache gegen sie nach Art. 50 der Bundesverfassung an ihrem Wohnorte in ^ug geltend gemacht werden müsste und weil überhaupt nicht klar sei , zu welchem Zweke sie porgeladen und beeidigt werden sollen.

Das Bezirksgericht von Uri ^rechtsertigte seinen Entscheid damit, dass es unbestritten für die Hanptklage gegen Gamma kompetent sei, ..ilso sei es auch kompetent für Rebensragen , welche ans demselben faktischen Verhältniss hervorgehen, oder zur bezüglichen Rechtsverhandlnng gehören. Solche Rebensragen seien durch den angesogenen E..tscheid erledigt worden. Ob und in welcher Weise die Beeidigung der

Ehelente Schmid stattfinden moge , sei Sache des Gerichtes. Rach

^ 46, Lut. c der urnerschen Zivilprozeßordnung sei sie ein rechtliches Beweismittel und finde nach ^ 62 vor dem versammelten Gerichte persönlich statt. Dass aber ein Eedent unter Umständen im Streitsall über die von ihm abgetretene^ Forderung als Bartei provozirt und beeidigt werden konne, liege nach dortseitiger Rechtsanschaunng und Gesezgebung ansser Zweifel. Art. 50 der Bundesverfassung sei somit irrig angerufen und auch in der Ansstandssrage sei keine Bn..desvorschrift verlezt.

Der

Bundesrath zog bei dem Entscheide dieses Balles untern.

26. Februar 1866 in Betracht:

1) Bei der ^etwelchen Unklarheit der verschiedenen Barteibegehren wird es nothig, die einzelnen Bunkte schars auseinander zu halten.

2) Die Klage des Hrn. Thierry von Basel gegen die Eheleute Gamma in Uri wegen Forderung .ist unzweifelhaft vor den Gerichten von Uri zn erledigen.

.3) Wenn das Bezirksgericht von Uri sür Erledigung dieser Klage die Eheleute Schmid von Zug als Zengen vor sich ^itirt, so handelt es ganz innerhalb der Schranken seiner Befugnisse , ebenso wenn

es die Beeidigung dieser Zengen in Aussicht nimmt, dagegen

steht es den Zeugen frei, ob sie der Vorladung vor die Urnerscheu Gerichte .^olge leisten wollen oder nicht, da eine Verpflichtung zu persouliehem Erscheinen vor den Gerichten eines andern Kantons in Zivilsachen nicht besteht.

4) Dergleichen ist es Sache des Urnersehen Gerichts, über allsällige ...lusstandsbegehren zu entscheiden.

5) Wenn dagegen , was dermalen übrigens noeh unklar ist , beab-

sichtigt würde, die als Zengen zitirten Eheleute Sehmid in ^ug

611 zur Brozesspartei zu machen, so wären diese, nicht aber der heutige Rekurrent, allerdings befugt, wegen Verlegung des Art. 50 der Bundesverfassung Beschwerde zu erheben und brauchten sich ein gegen sie gerichtetes Urtheil der Berichte von Uri nicht ge^ fallen zu lassen. es wäre dies nicht ein Fall von Provokation, sondern der Fall einer Streitverkündung (Litisdenunziation), durch welche nach mehrfachen Entscheidungen der Bundesbehorden der natürliche Gerichtsstand keineswegs willkürlich verändert wer.^ den kann ^vergl. Entscheid in Sachen B r e i s w e r k contra Jauch,

resp. Müller ^ Eomp., vom 20. April 1864, Bundesblatt 1865, Band Il, Seite 170),

und sasste den Beschluss: Es sei der Rekurs als unbegründet abgewiesen, in der Meinung jedoch , dass den Eheleuten Sehmied für den Fall , als sie zur Brozesspartei gemacht werden wollten, das Beschwerderecht gewahrt bleibe.

33. Mit Bezugnahme aus obigen Entscheid machten noch die dass Gamma, ungeachtet des klaren Jnhaltes der Erwägungen des Bundes..

rathes , auf ihrer Vorladung nach Uri und aus der Beeidigung por dem dortigen Bezirksgericht beharre, also sie als Brozesspartei behandeln wolle , indem er vorsehüze , der Rekurs Thierry sei als unbegründet erklärt worden und die Erwägungsgründe erlangen keine Rechtskrast.

Der Bundesrath antwortete hierauf am 21. Mai 1866: er habe in seinem Entscheide vom 26. ^ebruar deutlich auseiuandergesezt , dass die Gerichte von Uri befugt seien, die Eheleute Schmied ^als Zeugen zu zitiren, aber es stehe diesen srei, ^u erscheinen oder nicht. Sofern wegen allfälligen Nichterscheinens ihnen durch gerichtlichen Spruch irgend welche Rechtsnachtheile zugefügt werden wollten , so mogen sie sieh dann an den Bundesrath senden, welcher nicht ermangeln werde, sie zu schüzen.

Auf Glosse Absichten der Gegeupartei hin koune der Bundesrath keine Beschlüsse fassen , das Gericht von Uri werde aller Wahrscheinlichkeit nach schon von sich aus solche Absichten in ihre ^ gehörigen Schranken weisen.. Es sei daher diese Beschwerde dermalen noch ganz versrüht.

Dagegen bleibe das Besehwerderecht für den Fall gewahrt , als gegen Erwarten der klare Bescheid des Bundesrathes vom 26. ^ebrnar 1866 nicht in allen Theilen respektirt werden sollte.

34.

Der im Geschäftsbericht pro 1863 unter Rr. 28 (Bundes-

blatt 1864, l, 362) erwähnte Reknrsentscheid in machen der Firma Jakob .... eh n e .. l i und S o h n e in Walleustadt führte zu einem neuen Rekurse. Die HH. Schneeli stellten nämlich zu Gunsten des Andreas Hartmann, um die Abfuhr des Holzes zu ermöglichen, in der Berson des Hrn. Christian ^brecht in Trimmis einen Bürgen und Zahler für

612 den streitigen Betrag des Lagergeldes. Der Kläger Hartmann gerieth aber in .Konkurs , und es wurde dessen Forderung an die erwähnte Firma dem Ban^uierhause S. und J. B. lavier in Ehur überlassen.

Die neuen Kreditoren gingen nun von der ursprünglichen Klage gegen die Hauptschnldner ab und belangten vor dem betreffenden graubündnerischen Berichte den ..Bürgen Obrecht, welcher seinerseits die Firma Jakob Schneeli und Sohne in Wallenstadt, so wie die Konkursmasse des Raspar Schneeli in Wallenstadt, serner Jakob Schneeli in ^ürich und Meinrad Schneeli in Ehur ins Recht ries. Jm Uebrigen erhob der Bürge die Einrede , dass die Hauptschuldner zuerst auszuklagen und dass somit die Gerichte des Kantons Graubünden nicht kompetent seien.

Das Kantonsgericht von Graubünden perwarf jedoch die Kompetenzeinrede, weil der Entscheid des Bundesrathes, dass die Hauptschnldnerin, die Firma Jb. Schneeli und Sohne , an ihrem Domizil zu belangen sei, ans den Bürgen und Zahler keine Anwendung finden konne, indem diesem nur Einreden zustehen, die aus der Berson des Hauptschuldners, beziehungsweise aus dem in Frage stehenden Vertragsverhältnisse ab^ geleitet seien.

^ Gegen diesen Entscheid wurde von der Firma Jakob Schneeli und Söhne rekurrirt, weil er eiue Umgehung des durch den Bundesrath fest.^ gestellten Forums im Kanton St. Gallen enthalte. Weder der Uebergang der Forderung an eine andere Berson , noch der Umstand , dass dermalen die Klage gegen den Bürgen gerichtet werde , konne etwas ändern, denn es sei die Grosse der Forderung streitig, nicht aber, ob der Bürge für eine bereits ausgemittelte Forderung einzustehen habe.

Gerade weil die Forderung selbst streitig, sei die Firma ins Recht gerufen worden. Jn Graubünden würde zwar formell gegen den Bürgen, materiell aber gegen die den Graubündner Gerichten nicht unterworfene Firma geurtheilt.

Jn seinem Beschlusse vom 6. August 1866 hat der Bundesrath in Betracht gezogen : 1) Rach feststehender Bra^is der Bundesbehorden kann durch das Mittel der ^itisdenunziation der verfassungsmäßige Gerichtsstaud eines Schuldners nicht verändert werden. Es ist demzufolge die Firma J. Schneeli und ^ohne nicht verpflichtet, als .^itisdeuunziatin vor dem graubündnerischen Richter sich einzulassen.

2) Dagegen steht der Belangung eines Bürgen vor dem Richter seines Wohnortes kein konstitutionelles Hinderniss im Wege.

3) Sollte sich aus dem endlichen Entscheide des graubündnerischen

Richters über das Bürgschastsverhältniss ergeben, dass in die Kompetenz des St. Gallischen Richters übergegrissen worden, so stünde den Rekurrenten das Recht weiterer Beschwerde offen.

613 ....Dermalen ist aber um so weniger Grund zu einem diesfälligen Einschreiten der Bundesbehorden vorhanden , als keineswegs sicher ist, dass der graubündnerische Richter sich auch damit befassen werde, über Existenz nnd Grosse der verbürgten Schuld selbst abzusprechen ; und daher beschlossen : Es sei der Rekurs der Firma J. Schneeli und Sohne , so weit es

deren Stellung als Litisdenunziatin betrifft , begründet erklärt und dieselbe nicht schuldig , in dieser Stellung vor dem graubündnerischeu Richter sich einzulassen.

Jm Uebrigen sei der Rekurs als dermalen unbegründet abgewiesen.

l^. G e r i c h t s s t a n d der g e l e g e n e n Sache.

35. Hr. Henri B i g u e t in Belleripe, Kts. Waadt, erhob gegen Jean Baptist Maeherel in Rusf^ , Kts. Freiburg , für eine personliche ^ordernug die gerichtliehe Betreibung und nahm zu diesem Zweke Do^ mizil im Danton ^reiburg. Die Bfändung wurde an dem Antheil des Schuldners an der Verlafsenschast seines Vaters vollzogen, welche Verlassenschaft in 12 Schuldtiteln bestand , wovon jedoch der Witwe Maeherel die lebenslängliche Ruzniessnng zukommen sollte. Am 29. Ro-

vember 1865 wurde gemäss Art. 59 des sreiburgisehen Betreibungsgesezes

die Adjudication dieser Schuldtitel zu Gunsten des ^.rn. .^iguet bis zum Betrage seiner Forderung gerichtlieh ausgesprochen , . da zu dieser Gerichtsverhandlung weder der ^chnlduex , uoeh die Witwe Maeherel erschienen waren.

. .

Jezt erst erhob der Bruder des Schuldners, Albin Macherel,^ auch wohnhaft im Kanton Waadt, Einsprache, geftüzt daraus, dass sein Bruder schon früher, nämlich durch notarialisehen Akt vom 7. Juli 1865, seineu Autheil an der Gesammtheit der väterlichen Erbsehaft ihm, Albin Maeherel, abgetreten habe, und eitirte Hrn. Viguet vor das ^riedens^ richteramt Dompierre, Kts. .^reiburg , falls er diesen altern Akt nieht anerkennen wollte.

Hr. Biguet bestritt jedoch die Kompetenz der sreiburgischen Gerichte.

Allein diese Einrede wurde als uubegrüudet erklärt , indem die Klage

als eine dingliche ^an Beweglichkeiten sich .^ualisizire , die nach Art. 21 des sreiburgischen Eivil.pro^esses am .^rte, wo diese Beweglichkeiten liegen, angehobeu werden müsse. Gegen diesen Entscheid rekurrirte Hr.

V.guet an den Bundesrath, und berief sieh darauf, dass der eitirte Art. 21

des sreibnrgischen Eivilprozesses mit Art. 48 der Bundesversassung im Widerspruche stehe , indem er eine Klage der vorliegenden Art , wenn sie zwischen Einwohnern des Kantons Freiburg pendent sei, vor den Richter des Domizils des Beklagten verweise, eine Klage, die nur dann

^14 an dem Orte angebracht werden müsse, wo die Sache liege, wenn der Beklagte nicht im Kanton Freiburg wohnhast sei.

Am 7. September 1866 würde dieser Rekurs abgewiesen, gestüzt aus folgende Gründe : 1) Rekurrent gesteht selbst zu, dass die Klage, um welche es sieh im

vorliegenden Falle handelt, eine dingliche , auf bewegliches Gut

gerichtete sei und von der sreiburgischen Gesezgebung als solche bezeichnet werde. Unter solchen Umständen kann vorerst von einer Verlegung des ^lrt. 50 der Bundesversassung nicht gesprochen werden.

2) Die Beschwerde des Rekurrenten stüzt sich in der That auch mehr aus Art. 48 der Bundesverfassung , mit der Behauptung, dass Art. 21 der sretbnrgischen Eivilprozessordnung den .^orschristen dieses Versassungsartikels widerspreche.

3) Diese Ansicht beruht indessen auf einer ganz unrichtigen Aussas^

sung des Art. 48. Dieser schreibt allerdings vor , dass alle

Schweizerbürger im gerichtlichen Versahren den Bürgern des eigenen Kantons gleich zu halten seien. Dagegen schreibt er nicht vor, dass die ausser dem Kanton Wohnenden gleich zu halten seien den im Kauton Wohnenden, was ja ganz unmoglieh wäre. Es ist daher jedem Kanton gestattet , solche Unterschiede zu machen .

^nur muss auch bei diesen Unterschieden wiederum die Regel beobachtet werden, dass die ansser dem Kanton wohnenden Kantons^ bürger nicht besser berechtigt werden dürfen , als die dort wohnenden Schweizerbürger.

4^ Art. 21 der freiburgischen ^rozessordnnng beobachtet nun diese Regel vollständig, indem allen ini Kanton Wohnenden, ohne Rüksieht aus ihre Qualität als .Kantons- oder ^hw^erbnxger, der gleiche Gerichtsstand angewiesen ist. die Vorschrist aber, dass

die dingliche, auf bewegliches Gnt gerichtete Klage vor dem Richter

des Orts angebracht werden soll, wo der Streitgegenstand liegt, wiederum ganz allgemein gilt für alle ausserhalb des Kautons wohnenden Kantons- und ^ehweizerbürger.

c. G e r i eh t s st a n d in .^ ^ n k u r ^ s ache n.

36. Hiehergehört zunächst der Rekurs des Herrn De larue, älter, in Ber^, Kantons Waadt, gegen die Erofsnnng des Konkurses über Joseph Gerothwohl, genannt Gras de Ero.^Ehanel, und dessen Sohne Engelbert und Heinrich durch das Zivil-Gerieht des Bezirkes ........t. Mauriee, Kantons Wallis. Der Bundesrath wies diesen Reknrs unterm 2. Rovember 1866 als unbegründet ab, aliein .^r. Delarne erklärte den Rekurs an die Bundesversammlung , welche in ihrer nächsten Session sieh damit zu beschästigen haben wird. Da in Folge dessen der Entscheid

615 des Bundesrathes vollständig gedrukt wurde , so wird hier lediglich auf denselben verwiesen, (Bundesblatt 1867 I. 138).

37. Ein anderer hieher gehöriger Entscheid betrifft den Rekurs der R e g i e r u n g v o n Zürich gegen .die Gerichte des Kantons Basel-Stadt, betreffend den Gerichtsstand im .Konkurse des verstorbenen Melchior Kübler^Troll von Winterthur. Der diessällige Entscheid des Bundes-

rathes ist vollständig abgedrukt im Bundesblatt 1866 H, 763. Auch dieser Fall ist noch bei der Bundesversammlung pendent. Siehe die vier Kommissions -Berichte im Bundesblatt 1867 I, 305-351.

38. Die Regierung des Kantons A p p e n z e l l J. Rh. beschwerte sich gegen jene des Kantons Appenzell A. Rh. in folgendem Falle :

Ein gewisser Enzler in Meistersrüti , Kts. Appenzell J. Rh., her dem Johann Jakob Engster in Bühler. Kts. Appen^ell A. Rh.,

gerieth am 22. Juni 1865 in Konkurs, nachdem er am 11. Juni voreine Schuld von Fr. 70 abbezahlt hatte. ^ Rach Art. 2 der inner^ rhodenschen Konkursordnung sollen alle im Lause des lezten Monates vor Ausbruch des Konkurses vom Konkursen bezahlten Schulden wieder in die Masse zurükbezahlt werden. Der Massaverwalter forderte daher jene Fr. 70 znrük und da Engster dessen sich weigerte . so wurde er gerichtlich belangt, allein vom Obergerichte des Kantons Appenzell A. Rh. iiberirt, weil es sich nicht um Vollziehung eines rechtskräftigen Urtheils handle und für den hier kompetenten ausserrhodensehen Richter das Gesez von Jnnerrhoden nicht maßgebend sei.

Die Regierung des Kantons Appenzell J. Rh. stüzte ihre Besehwerde darauf: Da der Koukurs in Appenzell ^. Rh. ausgebrochen, so komme das ^allimentsgesez dieses Kantons zur Anwendung.

Die Gerichte von Jnnerhoden wären daher kompetent gewesen , den Engster zu verurtheilen , und dieses Urtheil würde nach Art. 49 der Bundesversassung in Ausserxhodeu vollziehbar gewesen sein. Eine Verurtheilung sei aber nicht mehr nothig gewesen, da ein klares Gesez vorliege. Ueberdies müssen alle Kreditoren gleich behandelt werden , ob sie im Kanton wohnen oder ausserhalb. Wenn aber Eugster die fragliehe Zahlung behalten könnte, so würde er besser gestellt sein als die eigenen Kantonsangehörigen von Jnnerrhoden.

Mit Beschluß von.. 30. Mai 1866 wurde diese Beschwerde abgewiesen.

Gründe : 1) Der Enzler'sche Massakurator hat die Frage , ob Engster die vor dem Konkurse empfangene Zahlung wieder in die Masse .einznwerfen habe, selbst vor die Gerichte des Kantons Appenzell A. Rh.

zum Entscheide gebracht. Gesezt nun, dieselben hätten selbst nn-

richtig geurtheilt , so stünde den Bundesbehörden keinerlei Be-

616

rechtigung ^ur Aufhebung dieses Urtheiles zu , da fie fieh nicht in der Stellung einer Oberappellationsinstanz befinden.

2) Die Bundesbehörden könnten nur dann einschreiten, wenn die Ge^ richte von Appenzell A. Rh. die^ Bundes- oder Kantonsversassung oder ein Konkordat verlebt hätten , was aber von der Regierung von Appenzell J. Rh. selbst nicht behauptet wird. Die Forderung, dass jene Gerichte von Ausserrhoden gehalten gewesen wären, nach dem Landrechte von Jnnerrhoden zu sprechen , beruht aus keinem der genannten Fundamente , und die Gerichte von Ausserrhoden waren daher vollständig befugt, eine solche Znmuthnng abzuweisen und der Ratur der Sache ^emäss nach ihrem eigenen Landrechte zu richten.

3) Die Regierung von Appenzell J. Rh. beruft sich zwar aus eine Analogie des Art. 49 der Bundesverfassung , indem sie von der Ansicht ausgeht, dass wenn die Gerichte von Appenzell J. Rh. den

Fall nach ihrem Recht beurtheilt hätten , nach Art. 49 die Voll.^

ziehung dieses Urlheils in Appeuzell A. Rh. hätte gefordert werden können. Allein, abgesehen davon, dass dieser Fall eben nicht vorliegt , beruht diese Ansicht aus einem völligen Jrrthum. Andere Kantone find nur dann zur Mitwirkung bei der Vollziehung eines

auswärts gefällten Zivilurtheils verpflichtet, wenn es dort rechtskräftig, worunter namentlich verstanden wird von kompetenter Ge-

richtsstelle, ausgefällt worden ist. Appenzell A. Rh. wäre daher im Spezialfalle keineswegs gehalten gewesen , ein vo^ innerrhodischen Gerichten entgegen Art. 50^ der Bundesverfassung ausgefälltes Urtheil zur Vollziehung zu bringen.

4) Die Unhaltbarkeit des ganzen Räsonnements des Reknrrenten ergibt sich übrigens am allerschlagendsten aus der Erklärung von Appenzell J. Rh. , worin dieser Kanton den Beitritt zum Konkordate über das Konknrsrecht in Fallimentssällen vom 15. Juni 1804,

bestätigt den 8. Juli 1818, ablehnte. (Alte osfiz. Samml. Bd. l,

^.ite 285).

Diese ablehnende Erklärung beruht gerade auf der Annahme , dass andere Kantone keiue Lust haben dürften , das bezeichnete Rükfallsreeht Jnnerrhodens anzuerkennen. Der Fall, welcher jezt eingetreten ist, wurde also ganz richtig vorausgesehen.

Es ist nun allerdings gan^ wahr , dass durch eine solche RichtAnerkennung des i..nerrhodisehen Landrechtes ausserhalb diesem Kautone demselben Raehtheile erwachsen konnen. Fälle der Art find aber nicht selten, wie z. B. viele Kantone genothigt worden sind , aus ähnlichen Gründen die bisherigen Grundsäze über Baternität und über Steuerpflicht zu Gunsten der Heimatgemeinde u. drgl. zu modifiziren. Es wird eben Sache der Gesezgebung Jnnerrhodens sein , dem drohenden Schaden durch zu.ekmässige

617 Massregeln zu steuern.. aber wegen einer derartigen Unannehmlichkeit eines Kantons sind die Bundesbehorden keineswegs befugt, andern Kantonen zu verbieten, von ihrem Rechte ...gebrauch z n machen.

d. G e r i c h t s s t a n d des V e r g e h e n s (Jnsurie..).

39. Siehe unten die^ unter der Rubrik ^Vollziehung kantonaler Ur^ theile^ ausgeführten Entscheide in Sachen Hegnex, Dr. Michel, Schwarz und S t u d e x , indem dort auch die Kompetenz der betreffenden Berichte zur Beurtheilung der in den einzelnen Fällen eingeklagten Jnjurien zur Sprache. kam.

40. Folgender Fall beschästigte auch die Bundesversammlung , ist aber nirgends weiter erwähnt. .-..^ Jm September 1859 wurde die geschiedene Maria Fischer vom Bezirksgerichte Zofingen wegen zweiter ansserehelicher Wiederkunft zu 10 Tagen Gesängniss verurteilt. Vor Vollziehung dieses Urtheils verehelichte sie sich mit Johann Sommer von Sumiswald , wohnhaft in Reiden , Kts. Luzern , uud zog dann in den Kanton Luzern.

Jm März 1865 trafen die Regierungen der Kantone Luzern und Aargan die Verabredung, dass sie in beiden Kantonen die von den kompeteuten Behorden des andern Kantons erlasseneu Volizeistrafurtheile sowohl gegen eigene Kantousangehorige als gegen Angehörige des andern Kantons in ihren.. Gebiete (jedoch aus Kosten des ree.uirirenden Kantons) so vollziehen lassen wollen , als wären sie von den eigenen Gerichten erlassen.^ Gestüzt auf diese Uebereinkunst verlaugte nun das Bezirksamt Zofingen von dem Statthalteramte Willisau die Vollziehung jenes Urtheils an ^rau Sommer. Lezteres beaustragte einen Wachtmeister, dieselbe nach Willisau zu bringen . allein der Wachtmeister transportirte sie nach Zofingen, wo sie^dann zur Erstehuug der Strase augehalten wurde.

Der Ehemann Sommer beschwerte sieh nun über diese Auslieferung seiner ^rau wegen eiues blossen Volizeivergehens und verlangte Entschädig gung . allein die Regierung von Luzern wies ihn ab , uud der Grosse

Rath erklärte, es sei zwar ein Missgrisf, aber kein absichtlicher Missbrauch der Amtsgewalt verübt worden, woraus kein Schaden entstanden sei.

Run gelaugte Sommer mit der gleieheu Besehwerde an den Bundesrath, welcher ihm erofsnen liess, er sei nicht im Falle, kantonalen Voll-^ ziehungsbeamten Weisungen zu ertheiien oder Eutschädigungsbegehren gegen solche zu behandeln , vielmehr seien diese bei den kompetenten Gerichten anzubringen. Sommer rekurrirte nun auch noch au die Bundes-

versammlung , welche ihn jedoch am 5. Juli 1866 in Bestätigung des Bundesrathsbesehlnsses ebenfalls abwies.

61.^ 10. V o l l z i e h u n g k a n t o n a l e r U r t h e i l e .

41. Hr. Jngenieur H e g n e x in Lachen erhob im Jahr 1865 bei

dem Bezirksgerichte Küssnacht , Kts. Schw.^ , eine Jnjurienklage gegen er bestritt die Kompetenz des

Berichtes und gab der Vorladung keine Folge. Allein das Gerieht erklärte sich kompetent und perurtheilte Hrn. Stadlin in contumaciam zu Fr. 90 Busse, Fr. 186. 90 Entschädigung und Kosten zuhanden des Klägers, sowie wegen des Nichterscheinens ^u einer Ordnungsbusse von^

Fr. 5. 71.

Hr. Stadlin machte die Kompetenz-Eiurede auch bei dem Bundes-

rathe geltend, wurde aber mit Beschluss vom 4. August 1865 abge-

.wiesen , weil die Jnjurie auf dem Gebiete des Kantons Schwyz stattgesunden habe und nach der Gesez^ebung des Kantons Schw...^ die Straskiagen wegen Jnjurien den Bezirksgerichten zugewiesen seien.

Run verlaugte Herr Hegner bei der Regierung des Kantons Zug die Vollziehung des Urtheils, und stellte gestüzt darauf eine Forderung von Fr. 321. 30. Er wurde jedoch abgewiesen und ^betrat dann ebenfalls den Weg des Rekurses an den Bundesrath. Hier aber verlangte

er, geftüzt auf Art. 49 der Bundesverfassung, die Vollziehung des Urtheils nur mit Bezug auf die ihm zugesprochene Entschädigung , welche

zu bestimmen nach ^ 368 der Strasprozessordnung des Kantons Schw.^ das Bezirksgericht Küssnacht auch kompetent gewesen sei.

Der Bundesrath erklärte am 26. Februar 1866 auch diesen zweiten

Rekurs als unbegründet, gestüzt auf folgende Erwägungen : 1) Rach der Erklärung der Regierung von ^ug hat Rekurrent ursprünglich die Exekution des in Küssnacht ausgesagten Urtheils in seinem ganzen^ Umfange in Zug verlangt , während er sich in seiner jezigen Beschwerde daraus beschränkt, bloss die Voll^iehbar-

keit der ihm in jenem Urtheil zugesprochenen Zivilentschädigung zu begehren. Obsehon damit der ursprüngliche Standpunkt verändert ist , so wäre dennoch eine Zurükweisung zu neuer Behandluug uieht am Blaze, da angenommen werden kann, die Regierung von Zug habe bei Abweisung des Begehrens in seiner Gesammtheit auch über die jezige beschränktere Fassung desselben mitentschieden.

2) Art. 49 der Buudesversassung schreibt vor, dass die rechtskräftigen Zivilurtheile in der ganzen Schweiz vollzogen werden konnen, und es fragt sich nun lediglich, ob im vorliegenden Falle ein Zivilurtheil vorliege , da die Rechtskrästigkeit des Urtheils weiter nicht beanstandet wird.

3) Das vorliegende Urtheil ist nun unzweifelhaft seiner Wesenheit nach ein Strasurtheil . denn gerade unter diesem Gesichtspunkte

hat der Bundesrath im Entscheid vom 4. August 1865 die Ge-

. richte des Kantons Schw^ als kompetent erklärt.

619 4) Die anhangsweise Erledigung eines Zipiipunktes in einem Strafurtheile macht dieses aber keineswegs zu einem Zivilurtheil , und es ist nicht zulässig , die Bestimmung des Art. 49 über .ihren Wortlant auszudehnen.

5) dieses Versahren erscheint um so weniger thunlich , als die Art

der Erledigung des .^ivilpunktes, wenn sie im gleichen Verfahren und Urtheil mit dem Strafpunkte ersolgt , ossenbax ganz vom

leztern abhängig ist, während Art. 49 gerade die Vollziehbarkeit

rechtskräftiger Strafnrtheile in der ganzen Schweiz nicht vorzuschreiben willens war.

6) Auch läge dariu eine weitere Begünstigung des für Jnjurien nach Wahl des Klägers zulässig erklärten doppelten Gerichtsstandes, während ein umgekehrter. Entscheid das natürliche Korrektip gegen Belangung eines Jnjurianten ausserhalb des Gerichtsstandes seines Wohnortes bilden wird.

42. Hieher gehort auch der Rekurs der Kinder Guex^Bere^ in Eossona.^, Kts. Waadt, gegen den Beschlnss des Bundesrathes vom

12. November 1862 (Bundesblatt 1863 ll, 86) betreffend Voll-

ziehung eines Urtheils des Bezirksgerichtes Eossona^ vom 9. Mai 1859, beziehungsweise Aushebung eines diese Vollziehung ablehnenden Urtheils des Obergerichtes des Kantons Zürich vom 3. April 1862.

Diese Angelegenheit gelangte bekanntlich zum zweiten Male an die Bundesversammlnu^ , wo sie gegenwärtig noch pendent ist. Die srühern Verhandlungen sind ersichtlich aus dem Bnndesblatt 1861 lll, 66, Jahr

1862 l, 432, lll, 159 und 168. --- Der gegenwärtige ^tand der

Frage ist ersichtlich aus dem Berichte des Bundesrathes vom 26. Februar

1866 (Bundesblatt 1866 Il, 184) und aus den nenesteu Kommissionalberichten (Bnndesblatt, gleicher Band, ^. 725 und 742).

43. Hr. Dr. Michel, B^irkslehrer in Aarburg, Kts. Aargau, wurde von ^errn Reallehrer Schwarz in Heiden, Kts. Appenzell A. Rh., bei den dortigen Behorden wegen Verleumdung und Beschimpsung au-

geklagt, deren er sich in Briesen an Hrn. Dr. Hohl in Heiden schuldig gemacht haben sollte. Herr Michel wurde nach Heiden zitirt ^ allein er bestritt die Kompetenz der dortigen Behorden und wurde dann in contumaeiam verurtheilt. Einerseits entschied die Vorstehers.haft von Heiden den Zivilpunkt, indem sie den Hrn. Michel zur Entschädigung sür die

Ehrenkränkung und sür die Mühen des Klägers verfällte , und verwies

deu ..Strafpunkt an die zweite Jnstanz (Kleiner Rath vor der Sitter).

Andererseits ver.irtheilte diese zweite Jnstanz den Herrn Michel zu

^r. 90 Busse und im ^alle sie nicht bezahlt würde, zu 18 Tagen Gefäugniss. ^

Als die Vollziehung dieser Urtheile im Kanton Aargau verlangt wurde, nahm die Regierung des Kantons Aargau die von der Regierung

620 pon Appenzell A. Rh. anerbotene Gegenrechtserklarung an , und sprach sich in ihrem Beschluß dahin aus: a. dass lediglich das lettere Urtheil als Strasurtheil für die begangene Jnjurie sieh darstelle . welchem, als vom kornni delicti ausge-

gangen, die Zuständigkeit des appenzellisehen Strasrichters nicht abgesprochen werden könne.

b. dass dieses leztinstanzliche Urtheil daher auch als rechtskräftig anzuerkennen und insosern im Kanton Aargau vollziehbar sei, als auf die Gegenrechtserklärung der Regierung von Appenzell A. Rh. im vorwürfigen Falle eingegangen werde, immerhin jedoch nur so weit, als es die wirkliche Strafe mittelst Geldbusse betreffe , also mit Ausschluss von Gefängniss und von Rossen Zivilentschädigungsansprüehen , c. dass dagegen das Urtheil der Vorsteherschast von Heiden nicht als Strasurtheil und auch nicht als rechtskrästig anzuerkennen sei, indem es eine Zivilentschädigung an den Kläger betresse , für welche nach Art. 50 der Bundesverfassung der Richter am Wohnorte des Beklagten kompetent sei.

Jn Folge dieses Entscheides rekurrirte Herr Dr. Michel an den Bundesrath, und suchte die Jnkompetenz der Gerichte von Appenzell A. Rh.

nachzuweisen. ^Ev..ntuell stellte er die Behauptung auf, dass die Regierung des Kautons Aargau ohne Vollmacht des Grossen Rathes nicht das Recht habe, die Reziprozität in der Vollziehung von Strafurtheilen eines andern Kantons zuzusichern. Ueberdies beziehe sich Art. 4..) der Bundesversassung nur aus Zivilurtheile.

Am 20. Juni 1866 wurde dieser Rekurs als unbegründet abgewiesen, gestüzt ans folgende Gesichtspunkte.

1) Raeh bundesxeehtlieher Vra^is konnen Jnjurien ani Orte ihrer Begehung strafrechtlich verfolgt werden.

2) Wenn sich im vorliegenden Falle die appenzellisehen Gerichte, gestüzt

auf diesen Grundsaz, für kompetent erachtet haben zur Beurtheilung einer Jnjurie , welche mittelst eines nach dem Kanton AppenzelI versandten Brieses verübt wurde, so haben sie nichts gethan, was die Bundesbehorden zu eiuer, übrigens vom Reknrrenten nicht einmal geforderten Kassation ihres Urtheiles veranlassen konnte.

3) Die Vollziehbarkeit eines ....^trasurtheiles in einem ^andern Kanton

betreffend, so ist es allerdings richtig, dass dieselbe in der Bundes-

versassüng nicht vorgesehrieben ist, indem Art. 49 nur zur Voltziehung re.^tskrästiger Zivilurtheile verbindlich maeht . daraus folgt aber keineswegs , dass die Kantone nicht aus freien Stufen auch die Vollziehung der in einem andern Kanton ausgesagten Strasurtheile bewilligen konnen , und es steht einer derartigen

Bewilligung jedensalls keine Buudesvorsehrist im Wege.

621 ^ 4) Wenn Rekurrent schliesslich glaubt, es sei nicht der Regierungsrath von Aargan, sondern nur dex Trosse Rath zu einem solchen Entscheide kompetent gewesen, so ist auf diesen Einwurs hierorts nicht weiter einzutreten , da es dem Rekurrenten frei steht , eine solche Beschwerde bei dem aargauischen Grossen Rathe selbst anzubringen.

44. Bald nach dem so eben erwähnten Entscheide in Sachen Michel reknrrirte auch Hr. Lehrer S c h w a r z , srüher in Heiden, gegenwärtig in Stasa , Kts. Zürich , und stellte unter Berufung ans die Bundesverfassung, sowie aus die zwischen den Regierungen von Aargau

und Appenzell A. Rh. vereinbarte Reeiproeität , das Gesuch , dass die Regierung des Kantons Aargau anzuhalten sei , dem Urtheil der Vorsteherschaft Heiden die Vollziehung zu gewähren.

Auch

dieser

Rekurs wurde

am 27.^ August

1866

abgewiesen.

Gründe : 1) Rekurrent verlangt Vollziehung eines gegen den Rekursbeklagten

außerhalb seines Domizils ausgefällten Zivilurtheiles, gestüzt anf Art. 49 der Bundesverfassung. .

2) Dieser Artikel schreibt indessen nur die Vollziehbarkeit rechtsk r ä f t i g e r Zivilurtheile vor. Das vorliegende Urtheil der Vorsteherschast Heiden ist aber darum nicht rechtskrästig, weil es den Vorschriften des Art. 50 der Bundesversassung nicht entspricht.

Es kann desshalb kein Danton zur Mitwirkung bei der Vollziehung

dieses Urtheils angehalten werden.

3) Die Behauptung, dass fragliches Zivilurtheil mit dem .^trafurtheil konner^ sei, ist thatsächlieh unrichtig, weil jenes dem Strasurtheil nicht naehsolgte, sondern vorausging, und überhaupt zwei getrennte, sogar .von verschiedenen Behorden erlassene Urtheile vorliegen.

Uebrigens hätte jene Behauptung , selbst wenn sie thatsäehlich richtig wäre , keine rechtliche Bedeutung. (Siehe Entscheidungen des Bundesrathes im ^alle des Herrn Jngeuieur H e g n e r in Lachen (Schw^z) gegen Herrn Jngenieur S t a d l i n in Zug vom 28. ^ebruar 1866 und des Herrn Jakob S t u d e r von Subingeu (Solothurn) gegen Gottlieb E g g i n. a n n von Klein^

dietwhl und Jakob R v s e r von Huttw^l (Bern), d^ d. 27. Juli 1866.)

45. Der eine gleiche Frage betreffende Entscheid des Bundesrathes in Sachen des Jakob S t u d e r von Subingen, Kts. ...^olothurn, wurde

noch an die Bundesversammlung gezogeu. Der diessällige Entscheid des Bundesrathes wurde jedoch bestätigt.

(Bundesblatt 1866 l.H, 347 und 3^8).

622

46. Die Frage der Rechtskrästigkeit eines Urtheils , dessen Vollziehung verlangt wird , hängt von der andern Frage ab , ob das betreffende Gericht zur Ausfällung des Urtheiles kompetent gewesen sei .

somit erledigt sich die Frage, ob ein K o n t u.m a z u r th e i l auch die Bedeutung eines definitiven Urtheils habe, nach der Gesezgebnng desjenigen Kantons, dem die Gerichtsbarkeit zusteht. (Bittet und Eomp.,

16. Mai 1866).

IH. ....i.nts^de u l. e r .....^nmendnnn der ^nde.^ese^.

a. B u n d e s g e s e z b e t r e f f e n d d i e p o l i t i s c h e n und p o l i z e i l i eh e n G a r a n t i e n z u G u n st e n d e r E i d g e n o s s e n scha s t.

47. Sämmtliche eidg. B e a m t e a u s d e r B o st v e r w a l t u n g zu F r e i b u r g besehwerten sich , dass sie in Freiburg zur Bezahlung einer Riederlassungsgel.mhr (denier d'liabitation) angehalten werden, während sie bis anhin davon besreit gewesen.

Diese Beschwerde wurde unterm 19. Oktober 1866 beantwortet wie folgt : 1) Art. 6 des Bundesgesezes über die politischen und polizeilichen Garantien zu Gunsten der Eidgenossenschast vom 23. Dezember 1851 bestimmt, dass die eidgenossischen Zentralbeamten als solche am Orte ihrer Amtsverxichtn..g keiner Riederlassungsbewilligung bedürfen. Demgemäß haben ^selbstverständlich anch keine Kanzlei gebühr sür die Anfertigung der Riederlassnugsbewilligung (Art. 41, ^iss. 3 der Bundesverfassung) z.. bezahlen.

2) Jm Uebrigen haben eidgenossisehe Beamte in den Kantonen und Gemeinden, in weleheu sie wohnhast sind, ganz die gleichen Lasten zu tragen , wie die übrigen Niedergelassenen , indem keine Brivi-

legien sür sie feftgesezt sind.

^3) Der Bezug von Riederlassungsgebühren (nicht zu verwechseln mit deu in Erwägung 1 bezeichneten Kanzleigebühren für die Riederlassungsbewillignng) steht jedem Kanton frei, innerhalb der Grund^

säze des Art 48 und Art. 4l, Ziffer 5 der Bundesverfassung.

4) Wenn die eidgenossischen Beamten der Ansieht sein sollten, dass ste ausnahmsweise behandelt werden, so hätten sie sieh im Beschwerdewege zunächst an die kantonalen Oberbehorden zu wenden , was dermalen noch nicht geschehen ist. Diesen Behorden steht insbesondere in erster ^inie auch der Entscheid über die ^rage zu , ob

die eidgenössischen Beamten aus Billigkeits- oder Reehtsgründen ebensalls Anspruch auf die den kantonalen Beamten in Art. 223 des Gesezes über die Gemeinden und Bsarreien poni 7. Mai 1864 eingeräumten Privilegien haben sollen.

623 48. Die Gemeinde T h i e r a c h e r n forderte von dem eidg.

Finanzdepartement die Gemeindesteuern sür denjenigen Theil der eidg.

Allmend in Thnn, welcher in ihrer Gemarkung liegt, und die Gemeinde

Thun stellte eine ähnliche Forderung für den übrigen Theil der Allmend in Aussicht. Man wollte nämlich dem Art. 7 des Bundesgesezes über die politischen und polizeilichen Garantien die Auslegung geben, dass nur die K a n t o n e von den unmittelbar zu Bundeszweken bestimmten Gebäuden und Anstalten ^keiue direkten Steuern fordern dürfen , wohl aber die G e m e i n d e n .

Am 5. November 1866 wurde dieses Ansinnen abgelehnt, mit solgender Begründung : Wenn ein Bnndesgesez von der Stellung des Bundes zu den Kantonen handelt, so wird unter dem Ausdruk Kanton das ganze der Souveränetät dieses Kantons unterworfene Dominium begriffen , wobei es danu Sache der Kautoualgewalten selbst ist , die nothigen Befehle zu geben, dass die dem Kauton auferlegten Verpflichtungen auch in allen einzelnen Theilen des Kautons beobachtet werden. Der Bund fasst den Kauton als Ganzes und denkt gar nicht an die im Kanton weiter gemachten Unterscheidungen zwischen Kanton im engern Sinne und BeDirken, Gemeinden u. s. f. Man braucht nur die Artikel 5, 6 und 8 des erwähnten Gesezes zu lesen, um sosort daraus zu ersehen, dass der Ausdrnk ..Kanton^ immer in dieser allgemeinen Bedeutung ausgesagt und dass er nicht im Gegeusaze zu den Gemeinden in das Gesez aufgenommeu wurde, sondern gan^ umfassend, die Gemeinden mit in sieh begreifend, gemeint war.

^.chou im Jahr 1856 wnrde von bernischen Gemeinden. ein ahnlieher Versuch gemacht, aber mit Schreiben an die Regierung von Bern.

vom 10. Oktober 1856 in obigem Sinne zurükgewiesen.

Um nun überall eiue übereinstimmende Durchführung des erwähnten Grnudsazes zu erzielen, wurde am 5. Rovember 1866 noch folgender Besehluss gefasst .

Sämmtliche eidgenossisehe Departement seien angewiesen , für die

Zukunft gemäss Art. 7 des Bundesgesezes über die politischen und po-

lizeiliehen Garantien zu Gunsten der Eidgenossenschaft keine weitern Steuern für Liegenschaften , Anstalten und Materialien , welche sür Bnudeszwel.e bestimmt find, weder an die Kantone, uo.h an die Gemeinden ^n entrichten , mit selbstverstäudlieher Ausnah^ue ^er Brandassekurau^steuer. Dabei habe es immerhin die Meinung, dass eidgenossisehe Gebäude und ^iegeuschasten, welche an fremde nicht zur Verwaltung gehörende Versonen vern.iethet, oder sonst zu andern als Bundeszweken bennzt werden, sowie Liegenschaften, welche der Eidgeuosfenschast im Konkurse zufallen, der Stenerpflicht sowohl gegenüber den Kantonen, als den Gemeinden unterliegen.

Bunde.^lall.. Jahrg. ^IX. ^d I

50

^

624

h. Bundesgesez b e t r e f f e n d die gemischten Ehen.

(Rene offiz. Samml. H, 130, Vll, 126.)

49.

Die kompetenten Behörden des Kantons Solothurn verwei-

gerten dem Witwer Ferdinand Eng von Stüsslingen , Kts. Solothurn, die Ehe mit einer protestantischen Bernerin , wegen seines leichtsinnigen .Lebenswandels, wegen Verlegung seiner Vaterpslicht gegen ein Kind aus erster Ehe und wegen Mangels jeden haushälterischen Sinnes. Als Ferdinand Eng an den Bundesrath reknrrirte, bestritt der Gemeinderath von Stüsslingen, dass der Bundesrath kompetent sei, einen abändernden Entscheid zu sällen, weil solche Rekurse nur dann vor den Bundesrath gezogen werden können , wenn die Verweigerung der Ehe aus konsessionellen Gründen erfolgt sei , dieses sei aber hier nicht der Fall, und werde vom Rekurrenten auch nicht behauptet.

Gestüt auf die pom Rekurrenten vorgelegten Belege sah sich der Bundesrath veranlasst, mit Beschluß vom 29. Januar 1866, diesen Rekurs als begründet zu erklaren und die Behorden des Kantons Solothnrn anzuhalten , dem Reknrrenten die zu seiner Verehelichung noth^ wendigen Schriften auszustellen.

Es wurde bei diesem Entscheide folgendes in Betracht gezogen .

1) Jm Art. 3 des Bundesgesezes von.. 3. Dezember 1850, betretend die gemischten Ehen , ist der Grnndsaz enthalten , dass die Bewiliigung zum Abschlösse gemischter Ehen nicht verweigert werden konne, sobald gegen eine solche Ehe sonst keine geglichen Ehehindernisse bestehen, und es hat somit der Bundesrath ohne weiteres Eintreten auf konfessionelle Verhältnisse im Spezialfalle jeweilen nur zu untersuchen , ob nach der Gesezgebnng des betreffenden^ Kantons gesezliche Hindernisse bestehen.

2) Der ^ .)..) des Zivilgese^es des Kantons .^olothur.. gewährt den Eltern und Gemeinden volljährigen Kindern gegenüber nur ein beschränktes E i n s p r a c h s- Recht, und es liegt naturgemäß den Einsprechen der Beweis für ihre Einsprache ob, wobei vage Zweifel und Befürchtungen keinerlei Werth haben, sondern nur bestimmte Thatsachen und Verhältnisse in Erwägung kommen konnen, welche den sittlichen Eharakter oder die okonomischen Kräfte der Brautleute zur Rührung eines selbstständigen .^aushaltes in Zweifel ^u ^ieheu geeignet sind.

3) ...lns den Akten ergibt sich nun als unwidersprochene Thatsaehe, dass Rekurrent sowohl während seiner frühern Ehe, als seither, sich stets selbstständig durchgebracht hat, obgleich die Arbeitsverhältnisse in den legten Jahren ungünstig waren , und dass ihn.

serner von seinem Arbeitsherrn , sowie von den Behorden derjenigen Gemeinde, welche er schon seit 14 Jahren bewohnt , ein

durchaus günstiges ^euguiss ertheilt wird.

625 4) diesen Thatsaehen gegenüber kann vorerst ein allgemeines Gerücht, dass Rekurrent Schulden besize, nicht erheblich in Betracht fallen, zumal derselbe seinen Vermogensstand mit Offenheit vorgelegt hat und keine Einwendungen dagegen erfolgt sind , und es kann auch der zweite Vorwurf , dass er während seines Witwerstandes sein Kind den Eltern zur Erziehung übergeben habe , nicht ent-

scheidend gegen ihn ins Gewicht fallen, da es gerade nichts Un-

natürliches hat, dass ein allein stehender Mann für die Erziehung eines jüngern Kindes seine ^amilie in Anspruch nimmt.

50. Jn ähnlicher Weise wurde am 31. Oktober 1866 der Rekurs des Luzerners, Joseph Leonz M e y e r von Gettnau, Säger in Daehsselden, Kts. Bern, gegen die Verweigerung seiner Ehe mit einer protestantischen Bernerin begründet erklärt.

Die Erwägung 1 des porstehenden Beschlusses in Sachen Eng wurde auch hier adoptirt. Die Erwägung 2 lautet dahin : ,,Das Gesez des Kantons .Luzeru über Ehebewilligungen vom ,,11. März 1835 gestattet die Verweigerung der Ehe nur dann, wenn .,eine b e g r ü n d e t e Besorgniss obwaltet, dass die Verlobten mit ihrer ,,Familie der Heimatgemeinde zur Last fallen werden , indem sie k^iu

,,hinlangliches eigenthumliche... Vermogeu, oder in Abgang desselben

,,keinen hinreichenden Verdienst haben , es sehreibt also nicht nothweudig ,,Vermögensbesiz vor, sondern begnügt sich auch mit hinreichendem Ver,,dienft^ Jm ^ernern wurde in den Entscheidungsgrüuden ausgesührt , dass die Brautleute neben dem .guten Leumund auch hinlänglichen Verdienst nachgewiesen haben.

Der spezielle. Einwurf, dass Reknrrent bei einem Bruder Geld zu entlehnen versucht habe , um dadurch bei der Gemeiudsbehorde die der Ehe in den Weg gelegten Hindernisse ^u besiegen, wurde als nicht stark ins Gewicht fallend beseitigt , indem die von manchen Gemeindsbehordeu des Kantons Luzern selbst gegeuüber braven und arbeitsamen Personen geübte Eheverweigerungspra^is eben solehe , immerhin nicht entschuldbare Täusehnngsversnehe veranlasse.

51. Der Rekurs des Alois O berli von Me^erleu, Kts.^ Solothurn , und der Eeeilie Eueui vou Dittingen, Kts. Bern, betretend Verweigerung der Ehe dnrch die Regierung vou Solothurn, musste nach einer grosseu Anzahl früherer Entscheide schon desshalb abgewiesen werden, weil Beschlüsse kantonaler Behorden über Eheverweigeruug nur dann an die Bundesbehorden rekurrirt werden konnen, wenn es sich um gemischte Ehen handelt.

Jm vorliegenden ^alle wurde aber der n.eue Gesichtspuukt geltend gemacht , dass gemäss Art. 5 ^der Bundesverfassung auch die Gründung

626 einer Familie als ein ^jedem Bürger gewährleistetes Recht anerkannt werden müsse. Ferner wurde geltend gemacht, dass ein Konflikt zwischen Behorden zweier Kantone vorliege, indem ein solothurnischer .^e^eindrath das amtliche Leumundszeugniss eines bernischen Gemeindrat.^s

als ungültig erklärt und dadurch die Rechtssphäre des Kantons B^rn ver-^ lezt habe.

Hieraus antwortete der Bundesrath unterm 7. Rovember 1866.

Die oben erwähnte Bra^is der Bundesbehorden in Ehesachen stüze sich auf Art. 3 der Bundesverfassung , wornach der Bund sich des Eingreisens in die Souveränität der Kantone zu enthalten habe , so weit dieselbe nicht durch die Bundesverfassung besehränkt worden sei , und aus das Richtvorhandensein emer solchen Beschränkung in der Bundesversassung. Dass die Bundesversammlung durch das Gesez über die gemischten Ehen ausnahmsweise dem Bunde, gestuft auf Art. 44 der Bundesverfassung, gewisse Kompetenzen bei dieser Art von Ehen eiugeräumt habe, bekräftige nur die obige Regel, denn wenn die Bundesversammlnng die Argumentation des Rekurrenten als richtig erachtet .hätte , so würde ste damals nicht bloss ein Gesez über die gemischten Ehen, sondern ein solches über Regulirnng des Ehereehtes im Allgemeinen erlassen haben. Endlich konne von einem Konflikte zwischen ^wei Kantonen ernstlieh nicht wohl die Rede sein , wenn die Behorden eines Kantons aus den einem Leumundszeugnisse zu Grunde liegenden Tatsachen andere Schlüsse ziehen, als die Behorden des andern Kautons. Solche Verschiedeuheit der Ansichten konstituire noch keinen Konflikt, da die bernischen Behorden gar kein Recht haben, .^u beanspruchen, dass die solothurnischeu Behorden auch ihr sub^ektes Urtheil über die

Grenzen von Sittlichkeit und Unsittlichkeit adoptiren müssen.

IV. ^ntseh.^de nl.er Anwendung .^n .^nl.ardaten.

a.

K o n k o r d a t e b e t r e f f e n d d a s K o n k u r s r e c h t i n ^allimentssälleu.

(...llte offiz. Sammluug l , 2.^4.)

52. Der Rekurs der . ^ t a n d e s l . o m m i s s i ^ o u d e s K a n t o n s ^..larus, betretend die Anwendung des Rüksallsrechtes im Konkurse des Banquier S chiudler gegeuüber dem Bananier Koruer in Zürich, dessen im legten Geschäftsberichte Erwähnung geschah, ist im .^ause des Berichtsjahres von der Bundesversammlung behaudelt und vom Rationalrathe am 6. Juli , vom ^änderath ani 9. Jnli 1866 abgewiesen

worden. Der hiedurch bestätigte Bundesrathsbeschluss ist abgedrukt im

Buudesblatt 1866 l, 20.), und der Bericht der nationalräthlichen Kom-

inissiou im Band ll, S. 575.

627 53. Der im obigen Rekurse erwähnte .Banaler K o r n e r in Zürich machte in der Liquidation der Schindlerschen Masse Anspruch auf die gleichen Brozente für den ihm noch zustehenden Saldo von Fr. 1322. Er wurde jedoch abgewiesen, weil seine Forderung bestritten werde. Run sah steh .^r. Korner veranlasst, an den Bundesrath zu rekurriren, indem er geltend machte, sein restanzliches Guthaben sei bei verschiedenen Anlässen pon der Schindlerschen Fallimentskommission anerkannt worden. gemäss Konkordat vom ...... Juli 1818 und Art. 48 der Bundesverfassung sei er gleich zu halten , wie die glarnerschen Kreditoren ; es sei nur daraus abgesehen, jene Summe von Fr. 2333, welche nicht mittelst des Rüksallrechtes zur Masse habe gezogen werden konnen, nun in Form der Widerklage geltend zu machen. allein dieses

sei unzulässig , da das Rül.sallsreeht durch rechtskräftiges Urtheil beseitigt sei.

Mit Entscheid vom 7. Dezember 1866 wurde jedoch dieser Rekurs

mit folgender Begründuug abgewiesen : 1) Die Beschwerde des Rekurrenten , dass er nicht zur Partizipation an der Vertheiluug der Schindler'schen Konkursmasse im Kanton Glarns zugelassen werde, beruht aus der Vorausfezung , dass feine Forderung vo.n Fr. 1322. 95 au diese Masse anerkannt sei.

2) Diese Voranssezung ist aber unrichtig. Diese Forderung ist vielmehr vou der Masse gegenwärtig bestritten. Ob deren ^nter andern Umständen früher erfolgte Anerkennung rechtsgültig oder die .^iften^ der Forderung anderweitig erweislich sei , wird von dem Entscheide des Konkursgerichtes abhangen.

3) Die Behauptuug, dass schon ein oder mehrere gerichtliche Urtheile vorliegen , in welchen jene Forderung anerkannt sei , beruht aus volligem Jrrthum, wie denn auch Rekurrent nicht im Falle war,

ein diessälliges Urtheilsdispositiv anzusühren. Jnsbesondere haben

die von den zürcherischen Gerichten erlassenen Urtheile sich mit der ^rage, ob dem Reknrrenten eine Forderung an die Schindiersche Masse zustehe, weder besasst, noch besassen konnen, da sie umgekehrt nur die ^orde.ung der Masse an den Rekurrenten zum Gegenstande hatten. Will Rekurrent nun seinerseits eine Forderung an die Masse geltend machen, so muss er vor den glarner. scheu Richter treten und sieh aus alle rechtlichen Folgen dieses Schrittes gesasst machen.

54. Die K o n k u r s k o m m i s s i o n des B e z i r k s g e r i c h t e s .

Bischof^ell machte solgende Beschwerde anhängig.

Jm Konkurse des Jakob W e b e r in Hasum , Kts. Tl..urgau, besind..n sich Liegenschaften, von denen der grossere .^heil im Kanton Thurgau, ein anderer Theil im Kanton St. Gallen und ein dritter Theil

628 im Kanton Appenzell A. Rh. liege. Jedermann sei dan.it einverstanden gewesen, dass nicht drei, sondern nur ein Konkurs, und zwar am Domizil des Schuldners, ausgeführt werden soll. Zu diesem ^weke seien die kompetenten Behorden von St. fallen und Appeseli A. Rh. ersucht worden, die zur Masse gehörigen Liegenschasten nach den dort üblichen Formen zu verkausen, dabei aber gemass ^ 74-87 und 107,

sowie 110 des thurgauischen Konkursgesezes, das Ueberschlagsrecht zu^

Gunsten der nach dem gleichen Geseze hiezu berechtigten Gläubiger vorzubehalten. Jm Kanton St. Gallen sei bereitwillig entsprochen .vorden.

dagegen habe die Gantkommission von Teufen sich geweigert, jenen Vorbehalt auszunehmen, oder überhaupt andere Bedingungen zuzulassen, als die Gesezgebung von Ausserrhoden gestatte , und die Standeskommission des Kantons Appenzeil A. Rh. habe dieses Verfahren gebilligt. Rach den Konkordaten vom 15. Jnni 1804 und 7. Jnni 1810 müssen aber hier die Geseze des kompetenten Konknrssorums Anwendung finden.

Es handle sich gar nicht darum, das thurgauische Jnstitut des Ueberschlagsrechtes im Kanton Appeseli A. Rh. zur Anwendung zu bringen,

sondern lediglich darum, dass dieser Vorbehalt dem Vublikum znr Kenntniss gebracht werde , damit die Käuser wissen , dass sie noch nicht im Eigenthum seien, indem aus der betreffenden thurgauischen Notariatskanzlei noch das Ueberschlagsrecht ausgeübt werden konnte. Die Gesezgebung von Ausserrhoden stehe diesem Versahren nicht entgegen. Die Konkürskommission von Bisehoszell stellte daher das Gesuch, die Gantbehorde von Ausserrhoden sei anzuhalten , den erwähnten Vorbehalt, oder doch eventuell eine von ihr, der thurgauischen Konknrskommission, zu bestimmende Bedenkzeit für die ^n- oder Absage in die Gantbedingungen aufzunehmen.

^lm 17. ..^eptemb^r 1866 wurde diese Beschwerde abgewiesen, aus folgenden Gründen : 1) Der Grnndsaz, dass die Hoheitsrechte eines Kantons aus alle.

innerhalb seiner Grenzmarken liegenden Grundstufe sieh ausdehnen, ist durch das Konkordat vom 15. Jnui 1804 nicht beschränkt, da es nicht von Liegenschaften redet, sondern in ^ 3 bloss die

Einheit des Konkurses in Bezug ans das bewegliehe Vermogen in Das Konkordat vom 7. Juni 1810 berührt auch die Jmmobilien uicht, es enthält nur allen konkordireuden Kantonen vorschreibt.

eine kleine Erweiterung und Erläuterung jenes ^ 3 und hat mit dem Worte ,,Esfekten^ nicht ein entgegengeseztes System einführen und auch L i e g e n s c h a f t e n begreifen wollen. (Vergl.

Entscheid des Bundesrathes vom 12. März l 851, Ullmer l, .....r. 543.)

2) Demgemäss sind die appenzellisehen Behorden vollständig berechtigt, das Lia^uidationsverfahren über aus ihrem ^Gebiete besindliehe Liegenschaften ihren Landesgesezen gemäss zu ordnen.

629 3) Die Kantone folgen dabei bekanntlieh verschiedenen Systemen, indem die Einen reines Gant-, Andere reines Zngs- nnd Dritte ein gemischtes Verfahren vorziehen. Art. 48 der Bundesverfassung sordert nun bioss, dass jeder Kauton in dem von ihm gewählten Versahren alle Schweizerbürger gleich halten solle. Keineswegs aber kann aus diesem Artikel gefolgert werden, dass bei einem in mehreren Kantonen sich abwikeluden Konkurse ein Kanton zur Beseitigung von Ungleichheiten sich der Hoheit eines andern unterwerfen und dessen Gesezesvorschristen vollziehen müsse.

4) Die Bundesbehorden sind daher nicht im Falle, weder in das Haupt^ , noch in das eventuelle Rechtsbegehren der Rekurrentin eintreten zu konnen. Es hat diese sieh vielmehr in allen und jeden Beziehungen den Vorschriften der appenzellischen Gese^ebnng zu sügen , auch ist der Buudesrath nicht kompetent, sich in eine weitere Erorteruug der Frage einzulassen , ob die appenzellisehen Behorden ihre Geseze richtig anwenden , da er sieh nicht in der Stellung einer Oberappellationsinstanz befindet.

55.

Ein anderer hieher gehöriger Rekurs des .^rn. Advokat D e l a p a l u d , namens der Konkursmasse des Jules B o u v i e r in Genf, gegen Se^nesterverfügungeu im Kanton Reuenburg wurde sowohl vom Bundesrath (Bundesblatt 1866, Ill, 109), als auch von der

Bundesversammlung (Buude.^blatt 1867, l, 47) abgewiesen. Für das

Detail wird ans die zitirten Stellen des Bundesblattes verwiesen.

b. K o n k o r d a t (R) b e t r e f f e n d T e st i r u n g s s ä h i g k e i t u u d E r b r e eh t s v e r h ä l t n i s s e.

(Alte osfiz. Sammlung, Bd. ll, Seite 36.)

56. Der unter diese Rubrik sallende Rekurs der Marianne W a g n er und des Beuedikt B o r r e r von Erschwil, Kts. Solothurn . ist durch die Weiterziehung an die Bundesversammlung bekannt ; es wird

daher lediglich auf den Bundesrathsbesehluss vom 11. April 1866 ver-

wiesen. (Bundesblatt 1866, lll, S. 290.) Der Rekurs gegen diesen Beschluß wurde von der Bundesversammlung am 12. Dezember 1866

als unbegründet erklärt. (Bnndesblatt 186^, lll, S. 398.)

c.

K o n k o r d a t ü b e r v o r m u n d s eh a s t l i eh e u n d Bevogtungsverh.iltnisse.

(Alte osfiz. Sammlung H, 34.)

57. Jn Sachen Vaul G é l ^ , Bürger von Lausanne und Genf, ist der Nationalrath am 5. Juli 1866 dem Besehlusse des Ständerathes vom 22. ^ebruar gl. J. beigetreten, wodurch der Beschluss des Bundesrathes (Bundesblatt 1866 l, 219) bestätigt worden war. Die

630 Kompetenz der Behörden des Kantons Waadt zur Bevogtung des ..^l^ wurde somit anerkannt , und der Erwerb des zweiten Bürgerrechts in Gens blieb ohne Einfluss. Der Bericht der Kommission des National-

rathes befindet sich im Bundesblatt 1866 lI, 627^ V.

a.

^..n..^..l.una der .^ant^n^^er^ssunaeu.

S t i m m - u u d W a h l r.e ..l, t d e r N i e d e r g e l a s s e n e n.

58.

Hr. Burkhard B a ch m a n u von Hohenrain , Kts. Luzer..,

wohnte se^it April 1863 in Dietwhl, Kts. Aargan. Er deponirte seine Bapiere und wurde auch als Ersazmaun des Gemeinderathes gewählt.

Dennoch war er noch nicht im Besize einer sormlichen Riederlassnugs-

bewilligung, als er am 8. März 1866 zum Mitglied des Gemeinderathes gewählt wurde.

Ans erfolgte Besehwerde kassirte die Regierung

des Kantons Aargau diese Wahl, weil nach ^ 36 und 37 der Kantonsversassung nur diejenigen kantonssremden Schweizerbürger stimmund wahlfähig se^en, welche seit einem Jahr in der Gemeinde wohnen und Riederlassungsbewilligung besten.

Hr. Bachmann rekurrirte an den Bundesrath und beries sich darauf, dass er die in. Art. 4 der aargauischen Versassung geforderten Re..

a^uisite besize und seit mehr als einem Jahr in der Gemeinde Dietw^l niedergelassen sei. Er habe seinerseits alle gesezlichen Formen sur die Niederlassung erfüllt, und sei auch stets als Niedergelassener behandelt, insbesondere auch auf die Stimmregister getragen worden. Die Raeh.^ lässigkeit der Gemeindsbehör^eu in der formellen Regulirung seiner Riederlassung konne ihm nicht zum Rachtheil gereichen.

Der Bundesrath erklärte am 3. August l866 diesen Re^.rs als unbegründet, und ging hiebei von folgenden rechtlichen Gestehtspnnkten aus:

1) Rach den Al^ten steht fest, dass Reknrrent erst seit dem 23. Mai 1866 mit sormlieher Riederlassungsbewillignng versehen ist und erst von da an die Tax^e sur diese Bewilligung bezahlt hat.

.2) Da die aargauische Verfassung ^und Gesezgebung, gestüzt anf die im Art. 42 der Bundesverfassung gegebene Ermächtigung, nur die seit einem Jahre mit Riederlasfnngsbewilligung angesessenen Schweizerbürger in Gemeindesachen als stimm- und wahlfähig erklärt, so folgt daraus, dass für de.n Rel.urrenten diese ^timmuud Wahlfähigkeit mit dem 23. Mai 1867 beginnt und vor diesem Zeitpunkte gese^lich unzulässig war und ist.

3) Der Umstand, dass Rekurrent schon seit dem Jahre 1863 die sal.tischen und rechtlichen Voraussezungen zur Erlangung der Riederlassungsbewilligung besass, ändert hieran nichts . denn das Gese^ stellt nicht ans jene Voraussezungen, sondern ans die T h a t s a e h e der erworbenen Riederlassnngsbewillignug ab.

631

4) Eben so gleichgültig sür die Rechtssrage ist die Behauptung des Rekurrenten, dass nicht ihm, sondern dem Gemeinderathe die Schuld an der Verzogerung der Riederlassungsbewilligung zur .....ast falle. Rekurrent mag den Gemeinderath für solche Rachlassigkeit verklagen, wenn er Grund hiefür zu haben glaubt^ allein

die Thatsache, dass das gesezliche Requisit früher nicht erfüllt wurde, bleibt dessen ungeachtet bestehen, und es ist für Verhältnisse des öffentlichen Rechts einz.g diese Thatsache entscheidend.

5) Vollends bedeutungslos ist endlich die angeführte Thatsache, dass Rekurrent troz mangelnder Riederlassungsbewilligung doch das Stimmrecht ausübte und sogar Ersazmaun des Gemeiuderathes war, da solches nur aus Jrrthum und Unkenntniss zugelassen wurde, und sich somit aus solchem ungeselligem Missbrauch keine Schlüsse aus ein bestehendes Recht ziehen lassen.

b . E i n s eh r ä n k u n g v o n H o h e i t s r e eh t e n .

5.). Jm Frauenklofter Wonnenstein, welches zum Kanton A p p e n z e l i J. Rh. gehort, aber eine Enklave nn Kanton A p p e n z e i l A. Rh.

bildet, starb als Beichtiger Hr. Jgnaz S c h n e i d e r aus dem Kanton

^hurgau. Seine Erbin, die Witwe Katharina B e e r l i , geb. Schueider, in Asseltrangen, Kts. Thurgan, verlaugte desshalb von den Be-

horden des Kantons Appenzeli A. Rh. die Jnventarisiruug des Rach-

lasses , was diese jedoch ablehnten, weil die Territorialho^heit über das Jnnere der ini Kanton ^lppen^ell A. Rh. liegenden Klostex Wonnenftein und Gxin..menstein den. Kanton Appenzell J. Rh. Anstehe und diejenige^ von ^lusserxhoden nur bis an die Klostermauern reiche.

Die Witwe Beerli reknrrirte hiegegen, weil der Verstorbene nicht Mitglied der klosterliehen Genossenschaft gewesen, seine Verlassenschaft also gleich zn behandeln sei, wie wenn ein anderer Thurgauer inner den Kantonsgrenzen von Ausserrhoden gestorben .^äre. Raeh den bestehenden erbrechtlichen Konkordaten seien also die Behorden von Ausserrhoden zur Jnventarisirung verpflichtet.

Ein au.^nahmsweiser Verzicht aus das .^erritorialrecht widerstreite diesen Konkordaten und sei auch versassungs^

widrig.

Der Bundesrath erklärte am 5. ..September

1866 diesen Rekurs

als unbegründet, gestüzt auf folgende Erwägungen : 1) ^Reknrrentin , resp. ihr Anwalt , beklagt sich nicht darüber , dass der gegenwärtige Jnhaber der Territoxialhoheit über das Wonnenstein die Jnventarisation des Nachlasses einer in Kloster verstorbenen Verson nicht besorgen wolle , sondern vom Bundesrathe bestimmt wissen, dass Appenzell A. Rh.

torialherr über Wonnenstein sei.

Kloster diesem er will Terri-

632 2) Rekurrent mischt sich damit in eine Frage, die ihn nicht berührt, da es für ihn gleichgültig sein kann , ob A oder B dort Territorialherr ist. Er hat um so weniger Grund zu einer Beschwerde, da das Verhältniss während des zwischen den beiden Appenzell hängenden Streites ganz geordnet ist und Appenzell A. Rh. selbst seine Vrätensionen nicht unterstüzt.

3) Wenn Rekurrent von der Ansicht ausgeht, dass die Territorialverhältnisse sich überall streng naeh den äussern Hauptlandesgrenzen richten müssen , so kann er sich , abgesehen von den.. häufig vorkommenden Verhältniss der sogenannten Enklaven , von der Unrichtigkeit seiner Ansicht selbst überzeugen durch einen Blik aus die unter eidgenossische Garantie genommene Uebereinknnft der nämlichen Kantonstheile mit Bezug aus das Kloster Grimmenstein

..om 14. und 22. April 1817 (alte ofsiz. Samml. Bd. l, Seite 4l).

Wenn es auch wünschbar ist, dass an die Stelle solcher künstlicher Verhältnisse einsachere treten , so kann solches nicht bei einem

Spezialfalle diktirt, sondern es muss der Entscheid des hängenden Streites im ordentlichen Rechtswege abgewartet werden.

c.

Z u l ä s s i g k e i t des

E x p r o p r i a t i o n s v e r s a h r e n s.

60. Es gehort hieher einzig der Rekurs des Wasfenhändlers Alois B r a s t in Aarau, welcher mit Beschluss vom 5. Januar 1866 als unbegründet abgewiesen wurde. Dieser Beschluss findet sich voll-

ständig im Bundesblatt von 1866 Il, 174. Brast rekurrirte noch an die Bundesversammlung, welche ihn am 18. Juli 1866 ebenfalls abwies. (Loc. cit. p^. 387.)

d.

Freiheit der G e m e i n d e v e r w a l t u n g .

61 . Die Herren G i a n i n i , D e i n i und D ' A n d r e a in Sobrio, Kts. Tessiu, beschwerten sich, dass der Staatsrath von Hessin einen Gemeiudebeschluss, wodurch der Vsarrer Eattaneo abberufen worden , genehmigt habe , während jene Gemeindeversammlung ungesezlich

publizirt gewesen , bei Abwesenheit der Mehrzahl der Bürger stattge-

snnden habe und das darüber angesertigte Brotokoll Unrichtigkeiten enthalte.

Jn einem ersten Entscheide lehnte der Bundesrath es ab, aus diese Angelegenheit einzutreten, bis der Grosse Rath von Tessiu, als oberster Wächter über die kantonale Versassung und Gesezgebung , entschieden habe. Der Grosse Rath unterwarf diese Beschwerde einer reifliehen Brüsung durch eine Kommission und erorterte sie in einer einlässlicheu Diskussion , worans mit Mehrheit der Besehlnss des ...^taatsrathes genehmigt wurde.

633 Auf erneuerten Rekurs entschied jedoch der Bundesrath am 18. April 1866, es sei nicht weiter darauf einzutreten, indem die Frage über die Gültigkeit der Beschlüsse einer Gemeindeversammlung , um die es sich hier handle, in das Gebiet der Kompetenz der betreffenden kantonalen

Behörden falle , da es sich lediglich um Auslegung und Anwendung

kantonaler Gesezesbestimmungen handle. Es stehe daher dem Bundesrathe nicht zu, in eine nähere Untersuchung darüber einzutreten, ob die Beschwerde^ materiell begründet sei, nachdem die kantonalen Behorden in allen Jnstanzen dieselbe als unbegründet erklärt haben. (Vergleiche oben Rubrik ,,Betitions- und Beschwerderecht^, Rr. 21.)

e. K o m p e t e n z ..t b e r schr e i t n n g k a n t o n a l e r B e h ö r d e n .

62. Hr. Stephan F a u r e , Franzose, Weinhändler in ^ens, wurde im Januar 1865 in Ehatel St. Denis , Kts. Freiburg , ange.^ halten , von einer Ladung Wein die Eintrittsgebühr sür ausländischen

Wein zu bezahlen, d. h. 12 Eent. per Mass, während die Ladung mit

Ursprungszeugnissen von Gens begleitet war, so dass Hr. Faure nur das

sür inländische Weine festgesezte Ohmgeld von 7 Ets. per Mass bezahlen zu müssen glaubte. Die Regierung des Kantons Freiburg hielt diese Tarifirung ausrecht, und überwies Hrn. Faure überdies an den Strafrichter wegen Uebertretung des Gesezes über die Getränksabgabe , indem perschiedene Unregelmässigkeiten in den Ursprungszeugnissen enthalten seien.

Die Gerichte gaben jedoch ein freisprechendes Urtheil, und Hr. Faure verlangte dann, gestüzt ans die nun anerkannten Ursprungszeugnisse, die

Reduktion des .^..hmgeldes aus den Tarif sür inländische Weine.

Die

Regierung von ^reiburg hielt jedoch an dem ersten Ansage fest, weil die Ursprungszeugnisse von den Gerichten nur vom allgemein strasrechtlichen Standpunkte haben geprüft werden konnen , während die ^rage, ob sie auch den fiskalischen Vorschriften^ des Gesezes über die Konsumsteuer genügen , der Regierung zustehe , und weil jene Zeugnisse diesen Vorschriften in verschiedenen funkten nicht genügen.

Hr. Faure rekurrirte nun an den Bundesrath, welcher auf Grnnd seiner Oberaussieht in Zollsaehen kompetent sei, in diesem Konflikte zwischeu den sreiburgischen Gerichts- und Administrativbehorden zu entseheiden.

Mit Besehluss vom 3. August 1866 wurde dieser Rekurs abgewiesen, gestüzt auf folgende Gründe.

1) Rekurrent hat als Franzose gemäss den bestehenden Verträgen Anspruch aus gleiche Behandlung wie die Schweizerbürger anderer Kantone. hinwieder hat er, wie diese auch, sich den Gesezen und Anordnungen des Kantons Freiburg im Verkehr mit demselben ^u unterwerfen.

634 2) Jm vorliegenden Falle ist von Seite der sreiburgischen Berichte entschieden worden, dass Rekurrent siel^ durch Produktion der in Frage stehenden Ursprungszeugnisse keines unter das Strafgesez fallenden Vergehens schuldig gemacht habe. Dagegen hatten sieh die sxeiburgischen Berichte weiter nicht mit der Frage ^n besassen, ob diese Ursprungszeugnisse auch formell den fiskalischen Vorschriften entsprochen haben, wie denn auch das Volizeigerieht der Veve^se

..m Schlusse seiner Erwägungen ausdrüklich beifügt: .^..ie si

meme des irrégularités avaien.. été commises, elles seraient cou.

vertes par le paiement des droits et la délivrance des coupons. ^ 3) Rach den sreibnrgisehen Gesezen war leztere Frage von den Administrativbehorden und in lezter Jnstanz vom Staatsrathe ^u entscheiden, welcher dann auch auf Grnnd verschiedener formeller Unregelmässigkeiten die Entrichtung der hohern Tax^e verlangt hat.

4) Es fragt sich nun lediglieh, ob gegen diesen Entscheid ein weiterer Rekurs an die Bundesbehorden zulässig sei.

5) Diese Frage mnss verneint werden. Die. Anwendung der sreiburgischen Geseze ist Sache der freiburgischen Staatsbehörden, und der Bundesrath hat keinerlei Kompetenz zur Einmischung in die

diesfälligen Entscheide , sobald dieselben von kompetenter Stelle erfolgt sind.

6) Wenn von Seite des Rekurreuten diese Kompetenz anf Art. 32 der Bundesverfassung gegründet werden will, so ergibt sieh aus Liu. e jenes Artikels zwar, dass der Bundesrath die Geseze und Verordnungen der Kantone über den Bezng der Kousnmogebühren

^zu genehmigen hat, damit die Richtbeachtung der in diesem Artikel niedergelegten Grundsäze verhindert werden kann , welche Genehmigung den sreiburgisehen Gesezen wirklich ertheilt worden ist,

dass aber im Uebrigen im Eingang jenes Artikels die regelmässi-

gen Befugnisse der Kauto^e ausdrüklich gewahrt worden sind.

63. Der Rekurs des J. J. .^ii.t von Basel, wohnhaft in Mammern , Kts. Thurgan , wegen Uebersehreitung der Kompetenz der Basler Gerichte durch Ausscheidung der güterrechtliehen Verhältnisse bei Anlass der ^wischen ihm und seiner Frau ausgesprochenen Scheidung wird hier bloss der Vollständigkeit wegen erwähut , indem er durch die Berusung an die Bundesversammlung bekannt wurde. Der abweisende ^ Beschluß des Bundesrathes befindet sich im Bundesblatt von 1866 llI.. 153. Die Buudesversammlung verwarf den Rekurs ohne irgend näher^ daraus einzutreten (12. Dezember 1866).

64. Der Rekurs der Gemeinden S eh ü b e l b ach, T u g g e n .r. , .^ts. Schw.^, gegen die Versass..ngsmässigkeit der vom Kantonsrath von

Schw.^z erlassenen Schu l d b e t r e i b u n g ist durch die Weiterziehung

^635 an die Bundesversammlung ebenfalls hinlänglich bekannt geworden. Der Beschluss des Bundesrathes pom 16. Februar 1866 ist im Bundesblatt

. 1866 ll.. 1^77 und die Kommissionsberichte ebendaselbst Seite 520, 528 und 546 abgedrukt. Die Beschwerde wurde als unbegründet abgewiesen.

65.

Hieher gehort auch der bei den eidg. Re.then noch pendente Rekurs der Gemeinde L a ch e u und mehrerer anderer Gemeinden des Kantons Schw..z gegen die vom Kantonsrath beschlossene Subvention^ rung einer Eisenbahn über den Gotthard. Der Beschluß des Bundes-

rathes vom I3. April 1866 ist abgedrukt im Bundesblatt 1866 Il, 587.

66. Mehrere B ü r g e r u n d E i n w o h n e r d e s K a n t o n s F r e i b n r g beschwerten sich darüber , dass der Grosse Rath des Kantons Freibnrg beschlossen habe, das im Art. 114 de... Bundesverfassung und in Art. 4 und .) des Bundesgesezes betreffeud die Revision der Bundesverfassung vom 1.). November 1865 vorgesehene Standesvotum über die Revision der Buudesversassnug von sieh aus abzugeben .^ dieses Votum komme jedoch gemäss Art. 28 der Verfassung des Kantons Freiburg dem Volke zu. Die Bevölkerung von Freiburg sei somit berech-^ tigt gewesen, am 14. Januar 1866 bei der Abstimmung über die Revision der Bundesversassung nicht bloss das allgemeine Volksvotum, sondern auch die Standesstimme abzugeben.

Dieser Rekurs wurde am 29. Januar 1866 abgewiesen.

Gründe :

1) Das Votum des Grossen Rathes und dasjenige des Volkes des Kautons ^reiburg sind übereinstimmend bezüglich der Revisionspunkte 1, 2 und 6, welche beiderseits angenommen, uud der Revisionspunkte 3, 4, 7 und 9, welche beiderseits verworfen sind.

Abweichend sind die beiden Voten nur bezüglich der Revisions-

pnukte 5 und 8, welche der Grosse Rath augenommen, das Volk aber verworfen hat. Da indessen diese Vunkte in der allgemeinen schweizerischen Abstimmung verworfen worden sind , so hat jene Meinungsverschiedenheit dermalen keine praktische Bedeutung und es kann sich mehr nur. um einen Entscheid sür die Zukunft handeln.

2) Durch den Entscheid der Bundesversammlung ist anlässlich der Berathung des Buudesgesezes vom 19. Wintermouat 1865 festgestellt worden, dass die Kantoue berechtigt seien, ein besonderes Standesvotum abzugeben , und^ zwar durch die uaeh ihrer Verfassung hiezu besagten .Organe .^A.rt. 9).

3) Die freiburgische Verfassung spricht sich nun nicht bestimmt darüber aus, welchem ^rgaue die Abgabe der Standesstimme zustehe, und es sind desshalb allerdings in gnten Treuen Zweifel moglieh.

4^ ^ür die Berechtigung des Grossen Rathes sprechen indess sollende

Umstände .

636 ^ a. Der Wortlaut der deutschen Ausgabe der Verfassung, welche in etwelcher Abweichung vom französischen, allgemeiner lautenden . Tex^te (...sur les quest.o...s de révision de la constitution kéd..^ ral^) die politischen Versammlungen einbexusen lässt zur Abstimmung : ,,2) über die Frage , ob die Bundesverfassung revidirt werden soll.^

Run ist zwar die eidgenössische Gewährleistung für die Ver-

fassung in französischem Te^te ausgesprochen worden . indess lag dem deutsehen Kantonstheil bei der Abstimmung die deutsche Ausgabe vor, und es ergibt sich aus dieser Uebersezung jedenfalls die Thatsache , dass man bei Abfassung der Versassung keinen Entscheid darüber geben wollte , wem die Abgabe des Standesvotums zustehe.

h. Art. 45, m. der sreiburgischen Verfassung bestimmt, ,,dass der ,,Grosse Rath aile diejenigen Theile der Souveränität ausübe, ,,welche durch die Versassung nicht a u s d r ü k l i eh einer ,,andern Gewalt übertragen worden sind.^ Es kann nnn

jedenfalls nicht gesagt werden, dass die Abgabe des Standes-

votums ausdrüklich dem Volke übertragen worden sei.

c. Der Kanton Freiburg ist ein repräsentativ konstitnirter Staat.

Jn einem solchen ist nicht die Aktion des Volkes , sondern

diejenige der gesezgebenden Behörde die Regel.

5) Bei der etwelchen Unklarheit des Art. 28 der Verfassung war aber jedensatls der Grosse Rath der natürliche Ausleger derselben, wie seiuerzeit von der Bundesversammlung bei Anlass der Geuehmigung der Verfassung von Schw.^ (Ullmer Bd. l, Seite 37) entschieden worden ist. Der Bund ist nur da zu einem Einschreiten berechtigt, wo eine unzweideutige Versassnngsverlezuug stattgesunden hat.

6) Jm vorliegeuden ^alle kann lezteres mit Grund nieht behauptet werden , da den politischen Versammlungen ihre Stimmgabe in keiner Weise verkümmert worden ist.

67.

Aus den Rekursentscheid des Bundesrathes in Aachen der

Gemeinde ......omils, Kts. Graubünden, d. d. 8. August 1866, welcher im Buudesblatt 1866, lll. 146 abgedrukt ist, wird hier lediglich verwiesen. Die Herren Vrosper E a v i e z e l und Konsorten haben bekanntlich gegen jenen Beschluss bei den eidg. Räthen Besehwerde erhoben, worüber indess noeh nicht entschieden ist.

68. Die S t a d t S o l o t h u r n, als Eigentümerin grösserer Waldungen , gab an die Bewohner mehrerer umliegenden Ortschaften bis zur srauzösischeu Revolution Holz ab. Raehdem sie durch jene Revolution ihre Souveränität verloren hatte, kau. bei der Ausscheidung

637 zwischen Staats- und Stadtgut in Frage, ob die Stadt fernerhin perpflichtet sei, den Bewohnern jener Ortschaften Holz abzuliefern. Die Aussteuruugsurkunde pon 1803 enthielt keinen diessälligen Vorbehalt, wesshalb dann weder die Stadt, noch der Staat jene Holzlieserungen übernehmen wollte. Da aber das Recht jener Ortschaften nicht bestritten werden konnte, so stellte die Regierung von Soloth^.rn im Jahr 1804 an die schweizerische .Liquidationskommission das Gesuch um eine ErLäuterung der erwähnten Aussteurungs-Urkunde , in dem Sinne , dass die Stadt gehalten sei, die durch Verjährung entstandenen ..Drittmannsrechte^ auch fernerhin anzuerkennen, zumal die Regierung ausser Stand sei, den Berechtigten anderswo Holz anzuweisen.

Die Liquidationskommission gab hierans den Bescheid . Die Waldungen seien der Stadt unter denjenigen Beschränkungen eigenthümlich abgetreten worden, die schon in einer Sondernngsurkunde von 1801 enthalten seien. Jnsosern nun in dieser Urkunde die Drittmannsrechte gewahrt seien , und (wortlieh) ,,iu wie fern nun die Kantonsregierung ,,vou Solothurn als b e f u g t e r R i c h t e r , behauptet und abspricht, ,,dass mehrere Gemeinden in jenen Waldungen ein verjährtes Behol.^ungsrecht besizen^, insofern habe auch die Aussteurnngsurkunde dieses Recht anerkannt.

Gestüzt aus diesen Bassus machte die Regierung von Solothurn

bis aus die Gegenwart die Kompetenz geltend in Streitigkeiten über

die fraglichen Holzansprüche, sogenannte Drittmannsrech^.e, zu entscheiden.

Sie entschied nicht bloss darüber, ob Jemandem überhaupt ein Anspruch aus Holz ans den Waldungen der Stadt Solothurn zustehe , sondern anch über den Umsang eines solchen im Vrinzipe anerkannten Rechtes.

.^eit 1845 jedoch und namentlich seit 1851^, da durch ein besonderes

Gesez die Verwaltungs- und Gerichtsbarkeit der Regierung aufgehoben worden war, bestritt die Stadtgemeinde, dass die Regierung in solchen Fragen kompetent sein tonne, indem diese rein eivilrechtlicher Ratur seien , und gemäss der Versassung den Gerichten zustehen. Der Grosse Rath des Kantons Solothuru erklärte aber diese Einsprache als nube-

gründet, weil die Regierung .,als k o m p e t e n t e r Richter^ ausgestellt sei und

die Aussteurungsurknude mit

den Erläuteruugen gemäss der

Mediationsverfassnng ein Theil des ossentlichen Rechtes bilde, das durch die Aender..ngen der Kantons- und Bundesverfassungen nicht beeinflusse werde.

Die Stadtgemeinde Solothurn rekurrirte aber au den Buudesrath, welcher in seinem Beschlusse vom 29. Oktober 1866 folgende Umstände in Erwägung zog .

1) Darüber, dass nach der gegenwärtigen Versassung und Gesezgebung des Kautons Solothurn Streitigkeiten, ob Dritten Beholzungsrechte in den Stadtwaldungen von Solothuru zustehen und in

.638 welchem Umfange, im regelmäßigen Rechtsgange durch die ordentliehen Berichte zu erledigen wären, sind die Barteien. einig. Es handelt sich nur darum , ob nicht der Regierung außerordentliche.

richterliche Kompetenzen zustehen aus Grund der von der schweb Arischen Liquidationskommission gegebeneu Aussteurungsurkunde

der Stadt Solothurn und der unterm 15. März 1804 beige^

fügten Erläuterungen.

.....) Wenn die Rekurrentin behauptet, dass solche ansserordentliche richterliche Kompetenzen der Regierung, anch wenn sie früher zu Recht bestanden hätten, durch Art. 53 der Bundesverfassung ausser Kraft gesezt worden wären , so konnte dieser Ansieht nieht ohne weiters beigepflichtet werden. Wenn die streitenden Gemeinden ^. B. am heutigen Tage die Regierung zum Schiedsrichter aus^ rufen wollen , so steht der Art. 53 der Bundesverfassung einer derartigen Funktiou der leztern durchaus nicht im Wege, und das Gleiche wäre der Fall, wenn die Li.^dationskommission , ihre Berechtigung dazn vorausgeht , die Regierung von vornherein

zum Schiedsrichter für alle derartigen Streitigkeiten bezeichnet hätte.

3) Es bleibt daher nur in Frage , ob nach den vorgenannten Urkunden der Regierung wirklich ein solches außerordentliches Entscheidungsrecht eingeräumt worden sei.

4) Thatsache ist nun , dass in Erläuterung 4 ein Entscheidungsrecht der Kautousregieruug angenommen wird, und wenn die Reknrrentin behaupten will,. dass mit dem Ausdruke K a n t o n s r e g i e r u n g nicht sowohl der Kleine Rath als das gesammte Kantonsregiment, und zwar im Gegeusaze zu eidgenossiseheu Behorden habe bezeichnet werden wollen , so sind dies lediglich Vermuthungen , die dem Wortlaute Zwang anthun, und zudem aneh wenig innere Wahr-

scheinlichkeit für sieh haben..

5) Dagegen spricht eben so wenig für die Behauptung der Rekurs-

beklagten, dass die .Liquidationskommission der Regierung, als oberster ^ a n d e s a u t o r i t ä t , ausnahmsweise Besngnisse habe zutheilen wollen. Die .Liquidationskommission hatte erstlich dazu gar keine.

Veranlassung , da die Regierung selbst solche ausserordentliche Kom^ petenzen nicht verlangt hatte. Für^s Zweite hätte die Liquidations^ kommission zur Ausstellung eines solchen ausualunsweisen Gerichtsstandes auch kein Recht und keine Vollmachten gehabt, welch' lettere im Art. Vll des Nachtrages znr Mediationsversassuug ganz bestimmt begrenzt waren.

^) Die Liquidationskommission spricht die fraglichen Kompetenzen der Kautonsregierung vielmehr nur ,,als besagtem. Richter^ zu. Damit hatte sie ossenbar ein bestimmtes konstitutionelles Verhältnis. der

.

639

Regierung im Ange,^ worüber die solothuxnische Kantonsverfassung der Mediation ganz ^aren Ausschluß gibt. Rach Art. VI derselben war nämlich die Kantonsregierung Richter in allen Verwaltungsstreitigkeiten , und da nach daznmaliger Anschauung die Streitigkeiten über je..e Drittmannsrechte zu den Verwaltungstreitigkeiten gehorten, s.. war es vollständig richtig und versassungsgemäss, dass die Liquidationskommission der Kantonsregierung das

Entscheidungsrecht ,,als befugtem Richter^ zusprach.

7) Aus dieser Sachlage s.. l.gt nun aber von selbst , dass mit dem Momente, wo die Kant ..nsregiernng in Folge veränderter Stellung aushorte , befugter Ri.lter für solche Streitigkeiten zu sein , auch

ihr dadurch bedingtes Entscheidungsrecht in den vorliegenden Streitigkeiten dahin fie. und diese Streitigkeiten den gewohnlichen Weg Rechtens zu geh^u hatten. dieser Moment trat ein mit dem Jnkrasttreten des gesezes über die Aufhebung der ....^rwal-

tuugsgerichtsbarkeit von^ Jahre l 851.

8. Dagegen ist es ansser ^weisel, dass die Regierung von Solothurn die angefochtene Befngniss bisher in gntem glauben ausgeübt hat, und es ist daher arch kein Grund vorhanden, auf schon angegebene Entscheide zurük zu kommen, sondern es genügt, wenn das Rechtsverhältniss sür die Znknnft anders regnlirt wird.

Der Beschluss lantet dahi...

Der Rekurs der Stadt^emeinde Solothur.^ ..^ird als begründet erklärt, in der Meinung , dass von jezt an die Streitigkeiten über die sogenannten Drittmannsreehte in den Waldnugen der Stadt vor d^n ordentlichen Richter gebracht w.rden sollen.

69. Der im Ges.häftsberi^te sür das 1864, ..nter .^r. 49 (^nndesblatt l865, ll, 201) erwähnte Reknrsentscheid in machen des patrio^ tischen V e r e i n s im Kan.on ^ a s e l - ^ a ^ . d s c h a s t , rüksichtlich dessen die eidg. Räthe sich ni^t einigen konnten (^undesblatt 1865 lll, 212 nnd^213, 1866, l, ^.74) führte zu einem ^eiten Rekurse, weil die Mitglieder des Zentralkomitee des patriotischen Vereins dasur gestraft wurden, dass sie die Bev .^lk..r....ng einluden, diednrch den Bundes-

rath verfügte Suspension der Volksabstimmung vom 29.. Mai 1864 zu beachten. Dieses ^trafurtl^eil w^.rde z.var u.it Bes^hlnss vo^u 15. Januar

1866 (Buudesblatt ^866, lll, 1^9) anfgehoben^ allein der Landrath von

Basel^Landschaft beschloss auch ^egeu diesen Entscheid a.^ die eidg. Räthe zu reknrriren. Die nähexe Begründung dieses Rekurses ist indess noch uicht eingegangen, und die seither eingetretene neue Regierung erklärt, dass sie diese Begründung dem ...andrathe selbst vorbehalten u.üsse.

70. Zum ^chlusse ist no^ eines Rekurses zu erwähnen, .^r ni^i.

bloss staatsrechtlich, sondern auch politisch von hervorragendem Juteresse

..^..ndesbla^. Ja^rg. Xl.^. Bd.I.

5l

640 ist, nämlich desjenigen in Sachen de.. j u r a s si sch e n Mitglieder des ..^rossen R a t h e s des C a n t o n s B e r n gegen die Ausdehnung des Einkommensteuergesezes von. 18. März 1865 auf den neuen Kantonstheil und gegen das Gesez über die Regnlirnng der Steuerverhältnisse zwischen dem alten und neuen Kantonstheil vom 19. Dezember

1865. Mit Entscheid von. 5. März 1866 wurde diese Besehwerde als unbegründet abgewiesen. Die Wichtigkeit dieses Falles rechtfertigt wohl hinlänglich , dass der Entscheid m .....^...nso in das Bundesblatt ausg..nommen worden ist. (Siehe Bundesblatt 1867 l, 352.)

Ein formeller Vorentscheid in dieser gleichen Angelegenheit befindet

sich im Bundesblatt von 1863 llI, 603.

^. Polizei.

l. Allgemeinem.

1. Die franzosische Gesandtschaft machte den Buudesrath aufmerksam auf den offentliehen Handel, der. mit S.hriften von äusserst beschimpfendem Jnhalte gegen die Berson des Kaisers und der Kaiserin in Gens immer wieder auftauche. Die Gesaudtschast wünschte, dass der Bundesrath das

bezügliche Kreisschreiben des eidg. Jnsti^ .und Bolizeidepartements (von.

I8. Mai 1865) erneuere, indem es Zeit sei, den Klagen. die sie schon so oft zu machen Gelegenheit gehabt und von denen si.. lebhaft wasche befreit zu sein, einmal ernstlieh abzuhelfen.

Jn einem ausführlichen Berichte erorterte der ..^...a^ratl,. von Genf den Gesichtspunkt , dass unsere politischen Grnndsä^e und Jnstitutionen gegen die Freiheit der Bresse einen Eingriff nicht gestatten, so lange sie

nur a..s dem Gebiete einer rein politischen Diskussion sich bewege, selbst

wenn diese Diskussiou der französischen Regierung feindlich gesinnt wäre. Dagegen verhalte es sieh ganz anders mit jener Bresse , die an.

Skandal sich freue und die öffentliche Moral verlebe. Aber eine solche Bresse, di.. speziell gegen ^das Brivatlebeu des Kaisers und ......... Kaiserin der Franzosen gerichtet wäre , sei in Gens nicht geduldet und eben so wenig sei der offeutliche Verkauf solcher Werke gestattet. Gleichwohl kouue es vorkommen, dass die Verbote übertreten werden. Ramentlieh wurde^ in dieser Richtung ein schweizerischer Buchhändler signalisirt, den der Staatsrath pour motif de .^r.^ auszuweisen auerbot , wenn der .Bundesrath es verlangen würd...

Judem der Bundesrath diese Antwort des Staatsrath...s von Gens der französischen Gesandtschaft mittheilte, erklärte er sich mit den dariu

641 entwikelten Prinzipien einverstanden, und fügte bei: er habe als selbstverständlich angenommen, d.ss die erhobene Beschwerde sich nur auf Schriften beziehe, welche die ossentliche Moral beleidigen, indem es der französischen Regierung besten.. bekannt sei , dass die schweizerischen Jnstitutionen das^ Einschreiten g .gen politische Schriften, auch wenn sie oppositionell und sogar beleidigend gehalten seien, nur im Wege eines ordentlichen gerichtlichen Prozesses gestatten, während dagegen die schweiArischen Behörden niemals Anstand genommen haben. gegen den ihnen gekannt gewordeneu Verkauf von Schriften der erstern Art im Wege einfacher Volizeimassregeln einzuschreiten.

^ Aus dem Berichte der Regierung von Gens werde die Gesandtschaft sich überzeugen, dass jene von sich aus lo^al bemüht sei , den von ihr erkannten Uebelständen zu begegnen. Der Bundesrath habe die Regierung von Gens in diesem Vorgehen bestärkt uud er glaube sieh demzufolge der Hoffnung hingeben zu dürfen, dass auch die kaiserliche Regierung durch diese Erklärungen beruhigt sein werde. Der Bundesrath wisse, dass allerdings im Begi.ln der Sommersaison, wo das Reisendenpublikum in der Schweiz si..h s^hr vermehre, diese Art von unmoralischer Jndustrie sieh jedesmal stark vordränge, während sie nach Beendigung derselben fast ganz verschwinde, und er werde nicht ermangeln, auch in Zukunft der Sache ein wachsames Auge zuzuwenden. Die französische Regierung dürse überzeugt sein , dass der Bundesrath ihre Jndignation über die Verbreitung derartig^ Schrieen vollig theile und er werde nothigensalls auch daraus Bedae.t nehmen, das frühere ^irkularschreiben an die Kautonspolizeibehörden z . erneuern.

Von dieser Antwort an d.e französische Gesandtschaft wurde der Regierung von Gens auch Kennt ^.iss gegeben, mit dem Beifügen: der Bundesrath sei durch ihre Erkl.ruugen befriedigt. Was ihre Frage über Ausweisung eines einem andern Kanton angehörigen Buchhändlers anbelange, so g.^be Art. 4l, Ziss 6, b der Bundesverfassung genügende Mittel an die Hand, uni gegen den Verbreiter ob^eöner Schriften die Ausweisung zu begründen, und der Bundesrath wäre allerdings der Ansieht , dass , sofern der betreffende Buchhändler eine lezte Warnung nicht beachten würde, unnachsicht. ich gegen ihn un^er den.. bezeichneten Gesichtspunkte , nicht aber aus ^ Demjenigen der ossentlichen Sicherheit, eingeschritten werden sollte.

642 ll.

.^n.^l.efernnaen.

A. Statistik der von der Schweiz bei auswärtigen Staaten nael^ gesuchten Auslieferungen.

Anzahl der

^^t^^

Jndi-

Ausgelieferte.

Unent-

dekte.

Rendent.

viduen.

.^

Zürich Bern

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.Luzern

.

.

.

.

.

Schw^z

.

.

.

1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1

1 3

^

^

2

^

1

.^

.

.

Freiburg . . .

Solothurn . .

Basel^Stadt . .

Basel-Landschaft

.

.

.

.

.

.

.

.

St.

.

.

.

Gallen

.

Aargau

.

.

.

.

.

Hessin

.

.

.

.

.

Waadt

.

.

.

.

.

^euenburg Genf

.

.

. . . .

.

.

.

.

18

1 ^...^

.

.

.

.

.

^

.

.

1 1

^^ ^

.^.^

.

.

^

1 1 1 1 1 1 -

-^

-

.

.

.

.

.

--^

^...^

^--

-

-

^-

1

^^

.

^ ^

-

.

-

11

3

1

^ 1 ^^ 2

-

-

1 4

Staaten , bei welchen diese ^.luslieserungen verlangt wurden.

Baden

.

.

.

.

.

Belgien . . . . .

Bremen . . . . .

Frankreich . . . .

Julien

^efterreieh Schweden

.

.

.

.

.

. . . .

. .

1 1 1 11 ^2 1 1 18

^ .

1 7 2 -

^-

.

.

^ -

11

3

^ -

^-

2 -

1 1

4

643 B. Statistik der durch die Schweiz an auswärtige Staaten bewilligten Auslieferungen.

Anzahl der

Staaten.

Ausge-

Jndi-

lieferte.

1 2 1 22 19 2 3 1 2 53

1 2 1 12 4 1 3 1

Abdekte. schlage.

Unent^

Bendent.

viduen.

Baden Bauern

.

.

. .

Belgien

.

.

. .

.

.

.

Frankreich . . . .

Jtalien . . .

Rassan Oesterreich . . . .

Breussen

.

.

.

.

Württemberg .

.

. . .

7 12 1 2

1

2 3

-

-

5

25

22

3 1

2 2

1

9

2

1

Kantone, bei denen diese Auslief.^rungen verlangt wurden.

Zürich Bern

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

Basel.-Stadt . . . .

Basel.^andschast St.

Gallen

.

. .

.

.

.

Graubünden . . . .

Aargau

.

.

Hessin

.

.

Waadt

.

.

Wallis

. . . . .

Reuenburg Genf

.

.

.

.

^ .

.

.

.

.

.

.

. . . .

.

.

.

^ .

Schweiz (allgemein)

. .

5 1 3 1 2 1 1 14 2 1 4 13 5 53

1 2 1 1 3 2 3 8 25

1 3 5 22

1

2 -

1

5

644 2. Zwei Franzosen, B a l m o n t und E o u r t e s , deren Aus.^ lieferung wegen Fälschung von Handelsschristen perlangt wurde, machten aus dem Gefängniss zu Genf, wo sie arretixt worden waren, Einsprache gegen ihre Auslieferung , weil der Thatbestand einer Fälschung nicht hergestellt sei.

Dessen ungeachtet wurde die Auslieferung verfügt und den Reklamanten durch den Staatsrath von Genf eröffnet , der Bundesrath sei nicht in der Stellung, in eine Brüfnug dieser rein gerichtlichen Frage

einzutreten. Für ihn sei lediglich entscheidend, ob die Vorschriften des

Staatsvertrages mit Frankreich über die Auslieferung erfüllt seien, und da dieses hier geschehen, so könne von der Auslieferung uicht llm^aug genommen werden. Sie wurde also vollzogen.

Später schrieben die Genannten aus dem Gefängniss zu L...on an den Bundesrath , es sei die Anklage wegen Fälschung von Handelssehrisfen gefallen und nicht einmal der Brüsung der Auklagekammer unterstellt worden. Statt sie frei zu lassen , habe man sie nun aber wegen Betruges in Untersuchung gezogen, währeud die Ausliesernug wegen eines solchen Vergehens nach dem Vertrage zwischen der Schweiz und Frankreich nicht zulässig gewesen wäre. Sie perlangten desshalb, dass der Bundesrath ihre Rüklieserung nach der Schweiz auswirken möchte.

Der schweizerische Gesandte ^ in Baris erhielt zwar den Austrag, über den Sachverhalt sich zu erkundigen, allein es hatte das sranzosisehe Ministerium schon vorher von sich ans die Rüklieserung Verfügt, wodurch diese Angelegenheit, die in England sogar als Gegenstand einer Broschüre gegen Frankreich bennzt wurde, ihre ganz geregelte Erledigung fand.

3. Di^ seit mehrern Jahren zwischen der S c h w e i z und F r a n k reich gegenseitig geübte Erweiterung der im Anslieferungsvertrage euthalteuen Skala auf alle jene strafbaren Handlungen , welche nach der Gesezgebung des die Auslieserung verlangenden Staates als Verbrechen (crimes) erklärt und im Verbreehensgrade strasbar, resp. bereits bestrast sind ^politische Verbrechen ausgenommen) wurde in neuerer Zeit dahin modifizirt, dass nicht mehr die allgemeine Erklärung über diesen Verbreehenscharakter der strasbaren Handlung genügt, sondern dass in jedem speziellen ^all eine Reziprozität^usicherung von Frankreich verlangt und in Folge dessen auch von der Schweiz gesordert wird.

4. Als bei Anlass des hierseitigen Gesuches um die Auslieferung des Franz Joseph H ä n e r , welcher im Jahr 1857 wegen Todtschlages zu 10 Jahren Kettenstrafe pexurtheilt worden war, aber später aus dem Zuchthause in Solothurn entweichen konnte, eine spezielle Reziprozitätszusicherung verlangt ..^urde, versäumte der Bundesrath nicht , die franzosische Regierung daraus aufmerksam zu machen, dass sie selbst jene an-

645 dere Praxis hervorgerufen, nachdem sie in .mehreren Fällen daraus hingewiesen, dass die im Vertrage erwähnten Verbrechen gewissermassen nur als Beispiele gelten und dass die engen Schranken des Vertrages schon früher gegenseitig überschritten worden seien durch Gestattung der AusLieferung, wenn die Handlung als V e r b r e c h e n sieh ^ualisizirt habe.

Der Bundesrath glaube nun, es wäre zwekmässiger, lediglich bei dieser Praxis stehen zu bleiben.

Um indess keine weitern Schwierigkeiten zu machen , wurde Hr.

Minister Kern ermächtigt, wenn aus eine spezielle Reziprozitätserklärung Werth gesezt werden sollte, diese in dem Sinne zu geben, dass sehweizerischer Seits ^eiue entsprechende Praxis bei Todtschlag im Verbrechensgrade gegenüber Frankreich werde geübt werden. Die Abliesernng er-

solgte dann wirklich unter der Bedingung der Reziprozität.

Die Regierung von Solothurn erhob dann aber Bedenken gegen die Annahme der Auslieferung wegen .der so eben erwähnten Bedinguug, indem sie von der irrigen Ansieht ausging, als stünde die Zu^ sicher..ng der Reziprozität ihr, respektive dem Grossen Rathe des Kantons ...^olothurn, zu. Sie wurde jedoch belehrt, dass die Auslieferungsangelegenheiten in die Kompetenz des Bundes gehören.

5.

Jn gleicher Weise wurde zwischen der S c h w e i z und Frank-

reich die Reziprozität bedungen rüksiehtlich der Auslieferung wegen des Verbrechens der Münzfälschung, bei Anlass der von Frankreich bewil-

ligte.. Auslieferung des Joseph Rickenbacher von Schw..z.

^. Der Friedensrichter von R ^ o n , Kts. Waadt, erliess an die italienisehen und srauzosiseheu Behorden einen Verhastsbefehl und das Auslieseruugsbegehren gegen einen gewissen R i s p a l. Von den Regierungen beider Staaten wurde jedoch über dieses Verstreu Besehwerde erhoben, .veil das Auslieferung^sbegehren nicht im diplomatischen Wege gestellt worden sei. Zudem ergab sich, dass der Betreffende franzosischer Uuterthan sei. ^i^ Regierung des Kantons Waadt wurde daraus aufmerksam gemacht, dass kein ^taat seine eigenen Bürger ausliefere und dass untere Volizeibehorden zwar wohl die Verhaftung eines Jndividuums bei auswärtigen Behorden verlangen können, dass aber die Auslieserung aus diplomatischem Wege nachgesucht werden müsse, wofür stets unverzüglich die noi.higen Schritte zu tl..un seien.

7. Eine ähnliche Reklamation wnrde von der österreichischen Gesandtschast erhoben. Es wurde nämlich in Zürich ein gewisser ..^ ö w i verhastet, welcher von Wien aus wegen eines bedeutenden Diebstahl.^

stekbrieflich verfolgt war. Auch bewilligte die .^olizeidirel.tion von ^ü-

rich ans Gesuch des k. k. Landgerichts in Wien die Auslieferung. Dieser in der Presse erzählte Vorgang veranlage die k. k. österreichische Ge.^.

saudtschast , den Bundesrath daraus ausmerksam zu machen , dass nach

646 ^

dem zwischen der Schweiz und Oesterreich bestehenden Ausliesernngsvertrage von 1855 ^Art. 1) die Auslieferungsangelegenheiten ieweilen aus diplomatischem Wege erledigt werden müssen.

Die Regierung von Zürich rechtfertigte das Versahren ihrer VolizeiDirektion und berief sich daraus, dass in einem Falle, wo die Anslieserung nicht zweifelhast und von keiner Seite beanstandet sei, der diplomatische Weg nur bedeutende Zeitversäumuiss und dem Kanton, wo der Verfolgte arretirt Borden, nuzlos grosse Kosten verursache. Es liege im Jnteresse der Strafsustiz wie der Angeklagten, wenn das Ausliesernngsbegehren nicht auf diplomatischem Wege gestellt werden müsse , sondern durch direkten Verkehr der betreffenden Bolizeibehorden oder Gerichtsstellen erledigt werden könne. Sie stellte daher das Gesuch, es mochte die k. k. österreichische Regierung veranlasst werden , diesem Verfahren

ihre Zustimmung zu geben , ähnlich wie es kürzlich im Auslieferungvertrage mit dem Grossherzogthum Baden bestimmt worden sei.

Diese Mittheilnng wurde zwar der österreichischen Gesandtschaft zngestellt, allein eine entsprechende Modifikation des Vertrages wurde nicht beantragt. Auch sah sieh der Bundesrath nicht veranlasst , über das erwähnte Verfahren sich auszusprechen, da das Gleiche den Grenzstaaten gegenüber ost vorkommt und die Kompetenzen des Bundes in allen diesen Fragen vorbehalten bleiben.

8. Die im lezten Geschäftsberichte erwähnte Korrespondenz mit der Regierung der V e r e i n i g t e n S t a a t e n von R o r d a m e r i k a , betreffend die Auslieferung des Daniel S e n n , fand ihre Erledigung dadurch, dass Senn freiwillig nach Basel zurükkam und zur Erstehung des Restes der Strafe sich stellte.^ l l l .

...^und^^ra^e.^t.

0. Die Regierung des Kautons G r a n b ü n d e n beschwerte sieh bei dem Bundesrathe darüber , dass das schweizerische Handels- und Zolldepartement sich weigere , die Brozess- und Strasvollziehungsl.osten zu bezahlen., welche durch die den Gerichten des Kantons Graubüuden übertragene Untersuchung und Verurteilung des gewesenen eidg. ZollEinnehmers R o t h von Martinsbruck, wegen Unterschlagung von eidgeuossischen Zollgebühren und kantonalen. Ohmgelde, entstanden waren.

Bei der nähern Vrüfung dieser Frage ergab es sieh, dass bei den eidg. Departements in ähnlichen Fällen ganz verschieden versahren wird.

Es wurde daher am 10. Januar 1866 nicht nur beschlossen, dass iene Kosten aus die Bundeskasse zu nehmen seien , sondern es erhielten zugleich sämmtliche Departement^ die Ermächtigung, in ähnlichen fällen in gleicher Weise zu versahren.

647 Dieser Entscheid stüzt sieh im Wesentlichen ^auf folgende Gesichtspunkte : Bei denjenigen Strafprozessen, welche wegen Veriezung des Buu-

desstrasgesezes vom 4. Hornung 1853 (Off^. Sammlung lll, 404) nach Art. 74 desselben eingeleitet werden, hat, im Falle der Verurteilung,

der Angeklagte, und im ^alle der Zahlungsunfähigkeit ^der Freisprechung

des Angeklagten, die Bundeskassa, nach M a s s g a b e der g e s e z e des b e t r e f f e n d e n K a n t o n s , die B r o z e s s k o s t e n ^ z u tragen..

(Art. 15 des Bundesgesezes über die Kosten der Bundesrechtspslege vom 24. September 1856, ossiz. Sammlung V, 408.)

Mit Bezug aus diesen Theil der Kosteussrage kommen somit die Vro^es.geseze der Kantone zur Anwendung und es hat in diesen Fällen die Bundeskassa insoweit für die Brozesskosten einzustehen, als dieselben dem kantonalen Fiskus zufallen würden, wenn die Verfolgung einer Uebertretung von kantonalen gesezen stattgesunden hatte. Hiermit stimmt auch überein die Botschaft des Bundesrathes zu dem Geseze über die Kostender Bundesrechtspslege. (Bundesblatt 1856 l, 254.)

...lus dem soeben erwähnten Brinzipe hätte aber eine Ungleichheit entstehen konnen mit Bezug ans die Kosten der S t r a s p o l l z i e h u n g , indem. die einen kantonalen Brozessgeseze diese leztern Kosten dem Staate auflegeu, die andern dagegen auch den Vernrtheilten dasür belasten und

den Fiskus nur snbsidiär eintreten lassen. Allein der Art. 188 des

Gesezes über die Bundesstrasrechtspflege von 1851 (ossiz. Sammlung ll, 743) hat schon vor dem Gesez über die Kosten der Bundesreehts pflege als allgemeine Regel aufgestellt. ,,die K o s t e n der Ur.theilsv o l l z i e h u n g w e r d e n von d e r B u u d e s k a s s a getragen^, und dieses neuere Gesez enthält nichts , ^ wodurch jene ältere Vorsehrist ausgehoben worden wäre.

Rach bestehender Gesezgebung und srühern Entscheiden stellt sieh nun folgendes System heraus .

l. Jst ein Bundesgesez verlebt, so ist der Angeklagte gemäss Art. 2

des Bundesgesezes über die Buudesstrasrechtspflege der ^trafgerichtsbar..

keit des Buudes unterworfen.

^iese Gerichtsbarkeit übt der Bund entweder direkt, oder er überträgt sie an die Kantone.

.^. Wenn der Bund seine Gerichtsbarkeit selbst ausübt, so werden ^ sämmtliehe Kosten dureh die Bundeskassa ti.^uidirt und bleiben ihr zu Lasten, so weit sie vom Verurtheilten nicht erhältlich sind, oder nieht gesordert werden können. (Art. 183 bis und mit 188 der

Bundesstrasreehtspflege.)

b. ^ie Uebertragung der Strasgeriehtsbarl.eit des Bundes an die Kantone ist entweder gesezlich vorgeschrieben oder sie ist fakultativ

in die Besugniss des Bundesrathes gelegt.

64.^

1) Durch Art. 16 des Bundes-Fiskalgesezes sind Uebertretungen der fiskalischen und polizeilichen Bundesgeseze den Gerichten derjenigen Kantone übertragen, in denen die Uebertretung verübt wurde.

^.ahin gehoren die Uebertretungen der Bundesgeseze über Zolle, Bosten, Vulver, Münzen, Mass und Gewicht, so wie anderer fiskalischer und polizeilicher Bundesgeseze, namentlich auch die Uebertretungen des Bundesgesezes betreffend die Werbung und den Eintritt in sremde Kriegsdienste, vom

30. Heumonat 1859.

Mit Bezug aus alle diese Fälle bestimmt Art. 29 des Fiskalgesezes. ,,Die Gefängnisskoften, so wie die Gerichts-

^kosten, welche der Uebertreter nicht bezahlen kann, oder zu ,,welchen er nicht verurtheilt worden ist, werden durch den ,,Bund getragen.^ Raeh der Bra^.is muss die Zahlungsunfähigkeit dureh ein Armuthszeugniss bewiesen sein.

^ie Geldbnssen fallen in die Bundeskassa , so weit sie

nicht erhältlich sind, müssen sie nach Art. 28 des Fiskalgesezes

in Gefangenschaft oder ofsentliche Arbeit umgewandelt werden.

(Art. 30 desselben Gesezes.)

Mit Bezug auf die Kosten in den Strassällen wegen Uebertretung des Werbgesezes wird ganz gleich versahren. Ein..

zig besteht hier die Abweichung, dass nach dem Kxeissehreiben des Bundesrathes vom 16. August 1859 betreffend die VollZiehung des Werbgesezes, die Umwandlung der Geldbusse in

Gesangensehast nicht nach der Skala des Fiskalgesezes (ein

T-- ........ Fr. 4) , sondern nach Art. 8 des Bundesstrafgesezes (ein Tag - Fr. 5) zu ersolgen hat.

Endlich gehoreu aueh in diese Klasse und sind sonnt be-^ züglich der Kosten analog zu behaudeln jene ^ille , welche nach Art. 20..) des Militärstrafgesezes den Kantonen zur Beurtheilung ,,von Bundes wegen^ überwiesen werden müssen.

2) Art. 74 des Bundesstrafgesezes bestimmt , dass die in diesem Geseze bezeichneten Verbrechen (mit Ausnahme del. im Art. 73 des gleichen Gesezes speziell den Bundesassisen zugewieseneu ^älle) den Kautonalbehorden zugewiesen werden tonnen.

Jn diesen fallen findet die allgemeine Regel Blaz, wonach die Kosten der Untersuchung zunächst dem Vernrtheilteu, subsidiär der Buudeskasse , die Kosten der Strafvollziehuug aber immer der Bundeskasse auffallen.

H. Jst dagegen von^ einem eidg. Beamten oder Angestellten in seiner amtlichen Stellung ein gemeines Verbrechen verübt worden , ^ so tritt nach Art. 75 des Bundesstrafgese^es ohne Ausnahme die kantonale Strasgeriehtsbarkeit ein,weil eben lediglieh das gemeine Strafgesez über^

649 treten und^ keines der in Art. 53 bis 5.^ aufgeführten Amtsverbrechen verübt wurde. Jn diesen Fällen versteht es sich ^von selbst, dass die Vrozess- und ......ollzie.^ungskosten , wenn der Verurteilte sie nicht zahlen kann oder nicht dazu verpflichtet wird , von dem betreffenden Kanton zu tragen sind.

lll.

Jm Falle endlieh Jemand eine verbrecherische Handlung begeht, die in das Gebiet der Strasgerichtsbarkeit des Bundes gehort und eine andere, die dem kantonalen Strafgebiete zufällt, so dass er gleichzeitig für beide Handlungen vor demselben kantonalen Gerichte beurtheilt werden kann, so hat, bestehender Vrax^is gemäss, durch den urtheilenden Richter eine Ausscheidung der Kosten zu erfolgen^ je nach dem Umsange der Untersuchung, welche jede. einzelne Handlung sür sich verursacht hat und je nach dem Gewichte, das ihr bei Ausmessung der Strafe beigelegt worden. ist.

Jn Uebereinstimmung mit diesen Grnndsäzen wurde ebenfalls am 10. Januar 1866 eine ähnliche Besehwerde der Regierung von B a s e l -

Stadt erledigt. Während der Artilleriesehule in Frauenfeld im Mai 1865

machten sich nämlich der Frater J. S e n u von Basel-Stadt und der ^ Krankenwärter J. S eh a u b aus Basel-Land einer Dienstnachlässigkeit schuldig und wurden, da sie um die gleiche Zeit aus dem Dienste traten, gemäss Art. 20..) des Bundesgesezes über die Strasrechtspflege sür die

eidgenossischen Truppen vom 27. August 1851 znr Benrtheiluug an das

kantonale Kriegsgericht von Basel-Stadt überwiesen. Es ersolgte eine Freisprechung, worauf die Kosten von ^r. 718. 14 .^ent. von de.m eidg.

^bertriegskommissariat verlangt wurden. Lezteres, im Einverständnisse mit dem eidg. Militärdepartemente, verweigerte ^die Bezahluug, wesshalb eine wiederholte Reklamation der Regierung von Basel. ..^.tadt die nähere Vrüsnng dieses Verhältnisses dureh das eidg. Justiz- und Volizeidepartement veranlasste.

Aus den bereits oben erorterten Gründen und gemäss srüherer Entscheide, die aber in Vergessenheit gekommen waren (Ullmer, staatsreeht^

liche Vra^is .l. Rr.^538, 1l. Rr. 1073 und 1074) wurde beschlossen,

es seien die oben erwähnten Kosten zu bezahlen und es sei das Militärdepartement ermächtigt, in allen derartigen Fällen dasselbe zu thun.

10. Die Frage, wer kompetent sei, die im Art. 28 des eidg. Fiskalgesezes vorgeschriebene U m w a n d l u n g der Z o l l b u s s e u in Ges ä n g n i s s anszusprechen, kam im Berichtsjahre ebensalls in Eroberung.

Jn einem Falle, wo die Thäter sreiwillig sich unterzogen, sprach uämlieh

die eidgenossische Zollverwaltung gleichzeitig mit der Busse gemäss Art. ..), 10 und 11 des ^iskalgesezes , bei der notorischen Zahlungsunsähigkeit der Schuld gen, zugleich auch die im Art. 28 vorgesehene Umwandeluug der Bnsse in Gesäugniss aus, und verlangte dann von den kantonalen

650 Behörden lediglich die Vollziehung. Die Behorden von Gens weigerten sieh dessen (im Spezialfalle Genoud) , weil alle auf Vollziehung gerichtlicher Urtheile oder e.^uivalenter Akte bezüglichen fragen Sache der Ge-

richte seien. Jm Hinblik aus eine seit 1853 speziell gegenüber dem Danton Gens beobachtete Uebung, wurde am 9. März 1866 beschlossen: Das Handels- und Zolldepartement sei ermächtigt . in allen vor-

kommenden Fällen, gestüzt aus Art. 28 des Fiskalgesezes, die Umwandtung von Geldbussen in Gesängnissstrasen bei den kompetenten Gerichten ^es Kantons Gens zu betreiben.

11. Wegen G e f ä h r d u n g v o n E i s e n b a h n z ü g e n wurden 8 Fälle und wegen V e r l e g u n g des P o s t g e h e i m n i s s e s 1 Fall

eingeleitet , die in Anwendung von Art. 74 des Bundesstrafgesezes

sämmtlich den Gerichten der betreffenden Kantone zur Beurtheilung und Bestrasung überwiesen wurden. Die diesssälligen Mittheitungen sind lediglich aus den Kantonen Bern (3), Thurgau (4) uud Waadt (2) erfolgt. Ohne Zweisel sind auch in andern Kantonen derartige Fälle vorgekommen und dort beurtheilt worden, ohne dass die Kompeteuz der Gerichte eine Anfechtung erlitten hätte. Jn den überwiesenen 9 Fällen waren 11 Bersonen betheiligt, 4 Fälle wnrden abgeurteilt, 5 blieben pendent.. Jn den abgeurteilten Fällen wurden zwei Personen zwar von Strafe sreigesprochen . aber zur Bezahlung der Kosten verurtheilt. Eine Person (Bern) wurde zu 8 Monat Gesängniss und 150 Fr. Busse und zwei andere (Thurgan) wurden zu 20 Tag und 2 Tag ..Gesängniss mit geringer Busse perurtheilt.

IV.

..^u...n.art^er ^ilitardien^ ^erbnn^.

12. Die Werbung in päpstliche Dienste findet immer noch einigen Anklang , obsehon die Berichte über die Ratur dieses Dienstes nicht einladend sind. Die grosse Zahl derjenigen , die desertiren und zwar meistens nach ganz kurzer Zeit, scheint auch dafür zu sprechen, dass

die Klagen über die Behandlung und Bezahlung ^e. gerechtfertigt^ sind.

Jm Laufe des .Berichtsjahres sind nicht weniger als 84 solcher Deserteurs in Genua augekommeu , und nach der Schweiz in ihre Heimat instradirt worden , von denen die meisten nur einige Monate in Rom w^.ren. Es sind aber viele noch aus andern Wegen ebenfalls zurük-

gekehrt.

Jm Lause des Berichtsjahres wurden verschiedene Orte bezeichnet, wo von bestimmten Personen nach Rom angeworben werde . allein die angestellten Untersuchungen hatten nie ein erhebliches Resultat. Sicher ist dagegen, dass in Frankreich, nahe der Grenze von Basel-Stadt, ein sormlieh organisâtes Werbbüreau unter eiuem schweizerischen Ossifier mit zwei Gehülsen aus dem Grossherzogthum Baden besteht, wo indess Jeder-

651 mann., nicht bloss Schweizer, angeworben wird. Von da ans gehen die Transporte ziemlich regelmässig nach Marseille ab, um daselbst nach Eivitaveechia eingeschifft zu werden. Es sollen gewohnlich auch Schweizer bei diesen Transporten sein. doch ist die Ziffer offenbar zu hoch gegriffen , wenn der schweizeriche Konsul zu Marseille berichtet, dass nach der dortigen Lokalpresse bei jedem Wochentransporte 20--^30 Schweizer sich befinden. Auch der Hr. Konsul bestätigt , dass diese Militärs in Rom und selbst auf dem Transporte sehr schlecht behandelt werden , so dass Einzelne schon von Marseiile aus desertiren, wenn sie das traurige Loos erkennen, das ihnen bevorstehe.

Jm Weiteru berichtet dieses Konsulat, dass auch etwa 10 Schweizer auf dem ^u Marseille bestehenden Werbbüreau der a r g e n t i n i s c h e n R e p u b l i k augeworben worden seien und dass die Werbungen für das f r a n z ö s i s c h e F r e m d e n r e g i m e n t ebenfalls im Gang seien , nur gehen die Transporte nicht mehr nach Mexiko, sondern nach Algier.

Von diesem leztern Dieuste bemerkt der Hr. Konsul, dass die Soldaten des franzosischen Fremdenregimeuts ganz gleich gestellt seien, wie ..as

französische Militär selbst.

13. Die Zahl der ...Deserteurs aus Rom wurde so gross, dass .^eschwerden eingingen über die Lasten, welche durch ihre Unterstü ...ng auf der Heimreise verursacht werden. Das schweizerische Konsul^ in Genua meldete mit Depesche vom 14. Mai 1866, dass namentlich aus dem dortigen Vlaze viele Deserteurs p a ssire n ; dass die Bolizei an j^..em ..^age ihm eine ^iste von 31 solcher Jndividueu, die ausgegrisfen wo^oen,

mitgetheilt habe , und dass täglich andere uachsolgeu. Die dortige

Hülssgesellsehaft sei aber uieht im .^alle, an solche Leute, uamentlich aber uicht in solcher Menge , Unterstüzuugeu zu gewähren. Der Hr.

Konsul wünschte daher zu vernehmen, ob das eidgenössische Jnst.^ und Volizeidepartement Reisesubsidien verabreichen könne.

Von einer ausnahmsweisen Behandlung solcher Leute konnte aber natürlich keine .^ede sein. Der Bundesrath beschloss daher, keine Sub^ sidien für Deserteurs anzuweisen ; es mögen dieselben einfach wie andere Vagabunden von der italienischen Volizei an die schweizerische Grenze gebracht werden, von .vo sie aus gewohnliehem ..^chub in die Heimat ^u instradiren seien. Zugleich wurde den betreffenden Kautonsregiernngen die Liste ihrer Angehörigen und die Ramen der Werber mitgetheilt, damit Untersuchung eingeleitet und dem Geseze ^achachtung verschafft werde.

14. Auch der Kanton Tessin wurde von diesen Leuten belästigt.

Die Regierung sah sich desshalb veranlasst, ^ dem Bundesrath zu erösfuen^ dass sie diese Last nicht mehr tragen könne ; es frage sich desshalb , ob die Eidg.euosfenschaft dafür einstehen .oolle, oder ob die Heiu.atkantone belangt werden dürfen.

652 Am 17. August 1866 wurde hierauf geantwortet, der Bundesrath könne keine derartigen Untexstüzungen übernehmen ; sie hangen mit der gewöhnlichen Fremdenpolizei zusammen und seien somit, ^wie diese, Sache der Kantone. Dagegen seien nach Art. 18 und 19 des Bundesgesezes

über die Heimatlosigkeit die tessinisehen Behörden berechtigt, die bezüg-

lichen Auslagen von den Heimatkantonen^ der Betreffenden direkt zurükzuperlangen, wobei indessen jeweilen gehörige Rachweise sowohl über die Bersonen der Unterstufen als auch über die Art der .Unterstüzuna^ zu geben wären.

15. Jm Laufe des Berichtsjahres sind nur 5 Urtheil.e, betreffend acht Personen, wegen Uebertretung des Werbgesezes eingekommeu. Rur zwei davon waren als Werber angeklagt. einer wurde freigesprochen, der andere verurtheilt. Der als Werber verurtheilte Joseph Me^er von .Luzern stellte bekanntlich bei der Bundesversammlung das Gesuch um Begnadigung, wurde aber abgewiesen, wie überhaupt noch kein Werber begnadigt wurde. Zwei angeworbene Soldaten dagegen erhielten Begnadigung . jeder war von aargauisehen ..Berichten zu 1 Monat Gesangenschast und l Jahr Einstellung im Aktivbürgerrecht verurteilt.

Aus den Angaben der. Deserteurs und ans der Untersuchung gegen Joseph Me^er ergibt sieh , dass in der Schweiz Leute in der Weise bei der Anwerbuug thätig sind, dass sie Jndividneu , die geneigt scheinen, bereden, ihnen die Reise bis Basel oder Evian bezahlen, und eine Adresskarte mitgebeu , durch die sie sich erkenntlich maeheu konnen.

16. Jn einer Untersuchung, die in Bern waltete, gegen ein Jndividuum, das sich in k ö n i g l i eh u i e d e r l ... u d i sche K r i e g s di e n st. e für die überseeischen ^esi^ung.^. anwerben liess, ^uxd.^ ^u..eif..l erhoben, ob diese niederländischen Gruppen als R a t i o n a l - Truppen anzusehen seien oder nieht, da nnr im leztern ^alle gemäss den Vorsehriften des Bnndesgesezes von einem verboteneu Kriegsdienste die Rede sein konnte.

Das Generalkonsulat der Riederlande antwortete aus eine bezüg^

liche ...lnsrage, dass die niederländisch^indischen Truppen wirklich zu den Rationaltruppen zu zählen seien. Diese bilden zwar ein sür sich selbst

bestehendes, von den im Mutterlande dienenden Truppen getrenntes Heer. aber es werden aus den sür den Dienst in Jndien angeworbenen Ansiändern keine eigenen gesonderten Korps, keine sogenannten fremden..

legionen gebildet, sondern es werden diese fremden ganz wie die für den indischen Dienst im Mutterland angeworbenem. R l e d e r l a n der denselben kolonialen Truppenkorpern einverleibt.

653 V. ^re^- i^d ..l.^mdenp^ei.

17. Der gegenwärtige Stand des B a s s w e s e n s g e g e n ü b e r F r a n k r e i c h ist oben erörtert worden. Jm Verhältnis.. zu J t a l i e n

ist eine Modifikation eingetreten. Allerdings sind auch jezt die Bässe dazu angehalten. Dagegen ist mittelst Dekret pou. 28. Juni 1866

nach Jtalien und deren Visa bloss fakultativ, und es wird Niemand im Jnteresse der Finanzen eine Erhöhung der Tarife über die Tarnen für Bässe, Vidimationen^ und Legalisationen eingeführt worden.

Hinsichtlich des Visums der Bässe ist die srühere einheitliche Ta^e von

Fr. 3 auf Fr. 5 erhöht worden für Bässe ^erster Blasse, d. h. für wohlhabende Leute, dagegen herabgesezt auf Fr. 1 für. Bässe zweiter blasse, d. h. für nicht wohlhabende Leute. Ein Bass erster. Klasse kostet Fr. 20 , ein solcher zweiter Klasse Fr. 2. Diese Ta^.en fallen aber nur den Jtalienern selbst auf, oder demjenigen, der einen Bass^absolut haben will und dann des speziellen Jnteresses wegen diese Gebühr gerne bezahlt.

18. Was O est e r r e i c h betrifft, so wird auf das Kreisschreiben

vom 2l. Mai 1866 (Bundesblatt 1866 I, 893) verwiesen. Die temporär während des Krieges auf einigen Grenzgebieten eingeführte Revision der Bässe ist später wieder ausgehoben worden. Es ist also in Oesterreieh nur der Besiz eines Basses noth^g, ein Visum aber wird auch auf Verlangen nicht ertheilt.

19. Jn dem alteu Vertrag zwischen der Schweiz und dem Konigreich S a r d i n i e n über gegenseitige .....iederlassungsverhältnisse vom Jahr 1827 wurden zweierlei Ausweispapiere unterschieden, ^e nachdem der Jnhaber eine längere Zeitdauer in der Schweiz bleuen und ein eigeues Gewerbe treiben, oder nur vorübergehend als Arbeiter ^e. hier bleiben wollte. Die erstern mussten einen Passeport a domicile deponiren, die zweiten konnten einen bl.ossen Bass, oder auch einen einsaehern Ausweis besten.

Als nun der Jtalien er Eolombo mit ^amilie im Kanton Freiburg die Niederlassung verlangte und einen einfachen Reisepass produ^irte, aus bloss noch einige Monate gültig, wurden dort Bedenklichkeiten laut, theils wegen der Form des Basses, theils weil bei einer verhältuissmässigen Reduktion der Gebühr vou ^r. 6 per 4 Jahre nur einige Centimes bezogen werden könnten , während die gleichen Mühen entstehen.

Es ergab sich nun aber, dass Jtalien durch ein neues Konsulats^ reglement die Passeports a donnole abgeschafft habe, und die italienische

Gesandtschast erklärte, dass die gewohnlichen Reisepässe ganz den gleichen

Effekt haben. wie die a domale ausgestellten.

654 Mit Rüksicht auf die Gebühren wurde der Regierung von Freiburg bemerkt, sie konne sich selbst helfen, indem nirgends vorgesehrieben sei,

dass in Fällen , wo die ..^ässe nicht mehr ein volles Jahr Gültigkeit

haben, die Tax.en nur sür den Rest zu berechnen seien. (10. Juli 1866.)

20. Die kriegerischen Ereignisse im Sommer 1866 erforderten an der o st lichen und s u d o strichen G r e n z e vorübergehend besondere polizeiliche V o r k e h r e n , die einen Bestandtheil derjenigen Verordnung bildeten, welche der Bundesrath am 16. Juni zur Handhabung der Neutralität im Allgemeinen erlassen ^ hatte nnd die bekanntlich nach Beendigung des Krieges sofort wieder ausgehoben wurde. Diese VerOrdnung wurde allgemeiu bekannt gemacht. dieselbe findet sich in der Gesezsammlung Bd. Vlll, S. 842, un.^ ist i.m Bundesblatte abgedrnkt in der

Botsehast des Bundesrathes betreffend die Stellung der Eidgenossenschast

bei der gegenwärtigen europäischen Weltlage (Bundesblatt 1866 ll. 223) und hat mit dieser die Genehmigung der Bundesversammlung erhalten.

Vl. ^iti^e ^tu^tlinae.

21. Zur ^eit befinden sieh keine andern politischen Flüchtlinge in der Schweiz, um die sich die Bundesbehorden bekümmern würden, als iene aus B o le n. Es werden in Bezng ans sie immer noch die gleichen Grundsäze geübt , die in dem Spe^ialberichte vom 6. November 1865 dargelegt nn^ später von der Bundesversammlung genehmigt worden sind. Der im Bundesrathsbeschluss vom 31. Mai 1865 vorgesehene Beitrag an die Kautone, welche Flüchtlinge wegen Alter, Verwunduug oder langwieriger Krankheit untersten , wurde im Dezember 1866 nur noch für 8 Mann befahlt. Die im Jal..r 1866 ans der Bundeskasse für die ^olen verwendete ..^.umme beträgt ^r. 2613. 35 Rp.

Die ..Verantwortlichkeit des Bundes gegenüber den Kantonen für

die Folgen der Duldung dieser Flüchtlinge besteht ebenfalls uoeh sort, indem es nicht drängend schien , den in Zisf. 6 des Bundesrathsbeschlusses vom 15. ^ebrnar 1865 vorgesehenen Termin sür den Uebergang der Gefahr auf ^die Kautone sestznsezen. Jndess wird diess nun in nicht ferner Zeit geschehen müssen , damit diese .Angelegenheit nicht gar zu lauge pendent bleibe und die Flüchtlinge selbst veranlagt werden, die

Befestigung ihrer bürgerlichen Stellung ernstlich zu betreiben , sei es

durch ihre Abreise , sei es durch Beschaffung von Rapieren oder durch Einbürgerung. Der Termin wird hiesür eine genügende Frist gewähren.

Gerade weil die soeben erwähnte Verantwortlichkeit des Buudes

für die Gewährnng des Asr..ls an die polnischen Flüchtlinge uoeh sort-

besteht , konnte aus die Beschwerden verschiedener Kantone nicht eingetreten werden, wenn sie verlangten, dass ein anderer Kanton, aus dem

655 ein Flüchtling gekommen war, Garantie für alle Folgen ans der Duidung leisten soll. Es seheint , dass einige Kantone dieses Versahren unter sich üben. Andere verweigerten jedoch eine solche Verpflichtung, offenbar weniger wegen Besorgnissen , als vielmehr weil sie ihrerseits rüksichtsvoll allen jenen Bolen Ashl gewähren, die Niemandem zur Last fallen und sich gnt betragen, und desshalb von der Ansieht ausginge^, dass die andern Kantone das gleiche Verfahren beobachten sollten. Jhre Weigerung zur Leistung jener Garantie wurde zwar begründet gefunden, indess nicht aus dem Grunde , weil jenen andern Kantonen das erwähnte liberalere System für Gewährung des As.^ls hätte zugemuthet werden wollen , sondern weil zur Zeit kein Kanton ein Jnteresse hat, eine solche Garantie zu verlangen, da gegenwärtig nicht die Kantone, sondern, wie bereits erwähnt, der. Bund noch verantwortlich ist.

Gleichwohl kann diese Verantwortlichkeit des Bundes auch nicht aus alle Eventualitäten ausgedehnt werben. Als ein in Gens geduldeter polnischer Flüchtling^ von den Genfer Behörden selbstverständlich keine Bewilligung erhalten konnte, sich dort zu verehlichen, so begab er sieh nach L^on und konnte dort, gestüzt ans einen ^cte de notorietà, der von andern polnischen Flüchtlingen in Genf ausging, die Verehelichuug erlangen. Bald nachher kam er nach Gens zurük und verlangte nun für sich und die Frau die Bewilligung zum Ausenthalt. Der Staatsrath von Gens sah sich desshalb veranlasst , den Bundesrath darüber anzufragen, und er bemerkte dabei, es stehe eine .grosse Zahl von Bolen aus .^em Bunkte den gleichen Weg einzuschlagen. Der Bundesrath erklärte hieraus, dass er seinerseits jede Verantwortlichkeit für diesen Bolen (...^awi^ki) ablehne und es rathsam finde, dass ihm auch der .^taatsrath den sernern Ausenthalt verweigere, denn es müssteu auswiese Familie nun die Vorschriften des Bundesgesezes über die .Heimatlosigkeit ihre Anwenduug finden.

Die weitern Verhandlungen in Sachen der Boleu bezogen sich nur ans AusstelIuug von Bässen an solche, welche die ....Schweiz verliessen, und aus Vermittlung von Betitionen au die russische Regieruug um

Bewilligung zur Heimkehr.

D. .^eimatlosenwesen.

Die außergewöhnlichen Arbeiten , welche sich durch die Bolenangelegenheit bei dem eidgenossischen Justiz- und Bolizeidepartemeut anhäusten, verhinderten während zwei Jahren ein erhebliches Vorrüken der Bereinignng des Heimatlosenwesens. Man musste sich im Wesentlichen aus die Behaudlung und theilweise Erledigung der neuen Geschäfte be-

Bundes........ Jahrg. XlX. Bd. I.

52

656 schränken. Zu diesen neuen Geschäften zählen namentlich einige Unter^ Buchungen betreffend Familien , deren Heimatxecht streitig ist zwischen Graubünden und Hessin. Da dieses meisteus zahlreiche Familien sind, so vermehrte sich die Zahl der noch einzubürgernden Bersonen bis^Ende 1865 ans 159 Bersonen. Jm Laufe des Berichtsjahres kamen 4 neue Untersuchungen hinzu, die 21 Bersonen zählen, so dass die Gesamtzahl im Jahr 1866 auf 180 Personen stieg.

Jm Jahr 1866 konnten nun aber diese Geschäfte ganz erheblich gefördert werden , wofür namentlich einige Reisen des Untersuchung^ beamten sehr wirksam waren.

Es wurden 9 Untersuchungen mit 41 Bersonen erledigt und zwar 6 mit förmlichen Beschlüssen nach durchs ^ geführten , ^ theilweise sehr mühsamen Untersuchungen.

Drei Untersuehungen betreffend 13 Bersouen fanden ihre Erledigung dadurch, dass nach ihrer Beendigung die freiwillige Anerkennung einer Familie mit 6 Bersonen durch einen Kanton erfolgte und zwei andere Familien mit 7 Bersonen , in ^olge diplomatischer .Verwendung , von auswärtigen Staaten anerkannt wurden.

Zu den erwähnten 41 Versonen sind noch drei andere zu zählen,

die im Laufe des Berichtsjahres gestorben sind , so dass sich die Ge-

sammt^ahl um 44 vermindert hat.

Es bleiben also noch 136 Bersonen in Untersuchung, die ans 30 Faszikel sieh vertheilen.

Von den seehs Einbürgernngsbe^schlüssen bezogen sich zwei ans Untersuchungen, die ^u den ältesten zählen, da sie schon 1850 pendent waren.

Die andern Untersuchungen waren neuern Datums. Fünf Beschlüsse betreffend 27 Personen wurden von den belasteten Kantonen anerkannt , nur ein Beschluß betreffend eine Berson wurde protestirt und in ^olge dessen bei dem Bundesgerichte zum Entscheide eingeleitet.

Von den 4 neuen Untersuchungen mit 21 Versonen , konnten zwei erledigt werden: ein ^all mit 12 Personen durch Einbürgerung und ein zweiter Fall mit 1 Berson durch Abschiebung in einen andern Staat.

Was die noch pendeuten Untersuchungen betrisft , so beziehen sieh 3 aus ^amilieu, die zwischen Tessin und Graubünden streitig sind, und zusammen 52 Personen zählen. Diese Untersuchungen sind im Tessin selbst sehr gesoxdert worden.

Zwei andere Untersuchungen betreffen ebenfalls ^amilien im Kanton Tessin mit 10 Personen, die möglicherweise andern Staaten zufallen werden. Die Untersuchungen sind beendigt und die diplomatischen Verhandlungen im Gange. Sollte das Resultat ungünstig sein , so würden die betreffenden Familien nur .den. Kanton Tessin znsallen können.

^eehs andere Untersuchungen sind nebenbei ebeusalls erheblieh gesordert worden. Eine ^amilie aber, die aus Jtalien kam, verursachte sehr weitläufige Verhandlungen. Nachdem es nun gelungen ist , den

657 falschen ^amen, den diese Familie seit fast 30 Jahren in Jtalien führte und unter dem sie sieh vermehrte , zu zerstoben und den wahren Ramen und die Heimat der Veihälterin zu ermitteln , gibt zwar diese Famille nicht mehr viel zu thun . wohl aber der Ehes derselben , der nun wirklich heimatlos ^u sein scheint.

Diese znlezt erwähnten sechs Untersuchungen . sowie jene , die den Danton Tessiu beschlagen, zählen zusammen .).... Bersonen, die nicht weiter vagiren und deren Verhältnisse in der Hauptsache klar sind. Es bleiben somit noch 38 Bersonen, welche zum grossern Theil schon in den ersten Untersuchungen , die nach Erlass des Vnndesgesezes erofsnet wurden.

erscheinen. Eine erhebliehe Anzahl dieser Bersonen ist aber seither nie mehr zur Sprache gekommen. Wahrscheinlich sind ste damals unter salschen Ramen erschienen und haben seitdem ihren wahren .^amen wieder angenommen. Jedenfalls werden mehrere Bersouen wegen Un^ bekanntheit aus der Liste gestrichen werdeu konnen. Unter diesen Umständen steht .nun die Erledigung des Heimatlosenwesens (vorbehaltlich neuer ^älle) in naher ^eit bevor.

^..^..^

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des schweiz. Bundesrathes an die h. Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahr 1866.

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1867

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

16

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

13.04.1867

Date Data Seite

559-657

Page Pagina Ref. No

10 005 428

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.