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Schweizerisches Bundesblatt.

XIX.

Jahrgang. ll.

Nr. 45.

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19. Oktober

1867.

Votum des

Herrn Nationalrath Dr. Joos, als Minderheit der nationalräthlichen kommission, betreffend eine Petition des schweiz.

Auswanderungsvereins in Auswanderungssachen. )

(Vom 16. Juli 1867.)

Tit..

Die Miuderheit Jhrer Kommission beehrt sich , Jhuen folgenden Antrag zu stellen und denselben kurz zu begrüuden : 1) .......er Vuudesrath ist eingeladen , seine Bemühungen dahin zu richten , dass die schweizerischen Konsulu in den grossen Ein- und Aussehiffuugshäfen (Havre, New-York, Buenos-Aires) in den Stand gesetzt werden, dieseuigen Dienste zu leisten, die das Jnteresfe der dort befindliehen Schweizer erheischt.

2) Die in den betreffenden Hafen augestellten schweizerischen Konsulu haben ihre gauze Thäligkeit diesen Diensten zu widmen , und es werden ihnen uothigensalls die Mittel zur Anstellung eines besondern

Gehülsen gewährt.

Der Berichterstatter beginnt sein Referat mit dem Bedauern , dass seine jahrelangen Bestrebungen sür eine organiate, colonisator i sche Auswanderung bisher am Widerstande und an der Gleichgültigst

) Vergl. den Bericht dexst..nderälhllchenKommission, S. 527 .... 532.

Bundesblatt. Jahrg. XIX. Bd. II.

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752 der sog. schweiz. gemeinnützigen Gesellschaft gescheitert sind. Was er gewollt , wäre dem Wunsche des Auswandernngsvereins weit vorzuziehen gewesen. Uebrigens glaubt er, dieser Verein sei mit seiner Eingabe im Rechte ; und wenn er den Wortlaut des Betitums derselben etwelchermassen modifiât, so geschieht das einzig im Jnteresse der Sache.

Die Massregeln einer Anzahl Kantone zum Behuse einer Benützung der auswandernden Angehörigen erweisen sich häufig als nnzweckmässig und hemmend. Ein Auswanderer ist ein Bürger wie ein anderer, der eben seine Arbeitskrast da verwerthet, wo dies ihm am besten dünkt.

Jm Kanton Bern ist aber die Gesetzgebung nicht für^s unbedingte Gehenlassen der Auswandernngslustigen , sondern er bereitet denselben , wie denen, die sie spediren,^mancheriei ausnahmsweise Hindernisse. So müssen sich z. B. die Auswanderer gleich den Falliten einer Ausschreibung im Amtsblatt unterziehen, während ein anderer Sterblicher einfach ein Billet direkt nach Hapre und von da nach Rew-^orl. löst, ohne alle und jede Anmeldung noch Ausschreibung. Ein berneris.her Auswanderungsage..t ist schlimmer gestellt, als andere Geschäftsleute. denn er muss laut Grossrathsdekret vom Jahr 1851 Fr. 5000 baar hinterlegen, wosür ihm der ^taat bloss 3.^. Zinsen vergütet, er muss einem klagenden Auswanderer Rede stehen vor irgend einem auswärtigen schweiz. Konsul, ohne nnr von dem Urtheil appelliren zu dürfen. Er befindet sich im .....achtheil. gegenüber von Kollegen aus Kantonen , wo derartige Verfügungen nicht getroffen sind. Viele Auswanderer entziehen sich denn auch den schützenden Umarmungen der kantonalen Gesetzgebung, uud es kann so nicht einmal eine Statistik unseres Auswandernngswesens angefertigt werden.

Die Schweiz als Staat kennt bloss e i n e Art von Konsuln , und es hat das Wort Handelskonsul keine andere als eine konventionelle Bedeutung. Forderung der gemeinsamen Wohlfahrt alle... Schweizer ist die Ausgabe des Staats und mithin auch seiner Konsuln. Die Ratnr der Dinge zeichnet hier die Grenze vor, niemals aber die Art der Beschästigung von Bersonen. Alle gegnerischen Einwendungen gegen die Art der vorgeschlagenen konsularischen Dienstleistung huldigen stillsch....eigend der Voraussetzung , dass ein nach den.. Auslande reisender oder dort niedergelassener schweizerischer Kaufmann ein würdigeres
Objekt staatlicher Fürsorge sei, als ein dem Handwerker- oder Bauernstaude Angehöriger. Die Redensart: .,Bleibe im ^ande und nähre dich redlich^. scheint eigens für die niederen Stände erfunden zu sein. Di^ sakramentale Vhrase ,,der Staat soll die Auswanderung nich^ befördern^ Stammt denn auch aus demjenigen Baradiese, wo die Befriedigung des.

immer wachsenden Bedürfnisses nach wohlseilen Arbeitskräften als das .^lpha und das Omega der bürgerlichen .Lausbahn erscheint. Jm vor-

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liegenden Falle handelt es sich lediglich um Beförderuug , nicht der Auswanderung, sondern des Wohles schweizerischer Angehorigen. Bef o r d e r e r der Auswauderung sind jene Kantone und Gemeinden, welche Hunderttausende von Franken verwenden , um Arme nach Amerika ...b^schieben. So ergibt sieh ans einem bundesräthlichen Berichte vom 3. Juli 1863, dass von 1850-1861 allein aus dem Kanton Aargau 8376 auswandernde Bersonen vom Staate und den Gemeinden mit ^usammen Fr. 1,264,585 unterstü^t wordeu sind.

Wenn Referent sich damit begnügen kann , dass einzig dem Konsul in R e w - ^ o r k die Bflicht Verbunden werde, seine gan^e Thätigkeit

den Diensten hülssbedürstiger Schweizer zu widmen , so geschieht das

ans dem Grunde , weil neunzehn Zwanzigstel der schweizerischen Auswanderer jenen Ausschissungshafen passtren. Man macht sich^ gemeiniglich unklare Vorstellungen über den Sch.^, den ein sogenannter Handelskonsul dem Kausmannsstande zu gewähren im Falle ist.

Richterliche und administrative Angelegenheiten erlauben in keinem eivilisirten Staate eine konsulare Beeinflussung weder zu Gunsten des Handels- noch irgend eines andern Standes. .Lasse man unsere Leute nicht im Glauben an eine Art des Schuhes, die mau nicht gewähren kann ; sondern kläre man sie aus über das Wesen und die Grenzen der Konsularthätigkeit.

Ob Derjenige , der im Ramen der Eidgeuossensehast den hülssbedürftigen Schweizern in Rew-^ork beizustehen beauftragt ist, als Spe^ialagent n e b e n dem bisherigen Konsul seiner Bsl.icht nachkomme , ist

sur die ^ache selbst gleichgültig, und Befürchtungen vor etwaigen Kom-

petenzkonslikten zwischen den Beiden verdienen um so weniger Berücksichtigung , als der je^ige Rew^orker Konsul, Hr. de Lu^e, seine

Vflicht nicht erfüllt, vielleicht wegen seines hohen Alters nicht ersüllen kanu. Am besten kommt man zum ^wecke, weun man den Konsul ändert und dem neuen Konsul die Bslichten überbindet, welche sonst einem provisorischen Spe^ialagenten Angekommen wären.

Wie bei allen wichtigen Amtsverrichtungen, kommt es hauptsächlich auf die Wahl der Versonlichkeit au, und es erheiseht die Stelle eines Rew^orker Konsuls einen Mann von erprobter Charakterfestigkeit , Vater-

landsliebe, .^.hätigkeit, Geschästskenutniss , Menscheukenntniss, ^prachgewandtheit und Liebe zn seiner Ausgabe.

Die Obliegenheiten eines schweizerischen Konsuls in Rew-^ork wären folgende : Vor Allem muss V e r t r a u e n gepflanzt werden an der Stelle des bisherigen Mißtrauens. Besser .^ar keinen Konsul, als einen, von dem die Hülssbedürstigen vergebens Beistand hoffen. .Der Konsul muß den Leuten im eigentlichen Sinne des Wortes e n t g e g e n k o m m e n , seine Dienste anbieten, und nicht, wie Hr. de ^e, in einer obseuren

754 Gasse, drei Viertelstunden vom Hafen weg , sie a.tf ein bureau verweisen und Stunden lang warten lassen, bis es einem sei..er Unterangestellten gefällt, Audienz zu ertheilen. Den Sommer über befindet sich Hr. de Lnze ans seiner Eampagne, 6 Stunden von Rew-.^ork entfernt, und kommt bloß dann und wann nach d..^ Stadt. Rath und Aniei^ tung sollte aber unter den eigenthümliehen Verhältnissen von Ort und Leuten fast immer mündlich ertheilt werden.

Ein schweizerischer Konsul sollte bei der .Landung von Answandererschiffen in Eastle Garden oder Hoboken anwesend sein , sich dort sogleich bei unsern .Leuten erkundigen, ob sie gegründete Klagen gegen den Kapitän oder die Schiffsmannschaft zu führen haben. Die Geschädigten haben meist keine Zeit, erst zu einem amerikanischen Advokaten zu eilen, um einen Bro^ess zu instruiren ; noch weniger pflegen sie die 5 Dollars entbehren zu konnen , die sie dem Advokaten sur sede Eonsultation bezahlen müssen. Durch alle schweizerischen Zeitungen lief Ende November 1865 die Nachricht: ,,75 Zwisehendeck-Bassagiere des Aus-

wanderungsschiffes .^ltlanta^ beklagen sich bitterlich über die Behandlung, die sie auf dem genannten Schiffe erfuhren , sie sagen : wir glauben sicherlich, dass, wenn wir das Unglück gehabt hätten, durch irgend einen Umstand noeh 14 Tage länger aus hoher See bleiben zn müssen, beinahe die Hälfte von uns zu Grunde gegangen wäre und zwar wegen Mangel an^ genügender Nahrung, sowie schlechter Behandlung und ungesunder Räumet Wer sich bei Ankunft des Schiffes in Rew^ork nicht um das Schicksal seiner Landsleute bekümmerte , keinerlei Reklamationen erhob --- war der schweizerische Konsul, Hr. de .Lnze.

Die meisten Klagen, zumal auch Klagen gegen Kapitäne und Schiffsvolk, werden in Rew.^ork durch Eingelochter und mündlieh abgewandelt. Von grossem Belang pflegen da die Aussagen der .^assagiere zu sein. Verbeiständung des benachteiligten schweizerischen Angehörigen durch seinen Konsul erspart Zeit und Geld. Nirgends mehr als in den Vereinigten Staaten gilt der Grundsatz: Selbst ist der Mann. Ein blosser U n t e r g e b e n e r des Konsuls würde wenig Gehor finden , weder bei seinen .Landsleuten , noch bei den Rew-^orker Behorden. Erscheint der Konsul nicht selbst, so bedarf es ei^er Menge von Verumständungen, Vollmachten, schristliche Rapporte u. s. w , -

und hiemit geht die köstlichste Zeit verloren.

Sehr häufig bringen die Schiffe Kranke oder sonst Arbeitsunfähige

mit.

Gewöhnlich kennen diese die nothigen Schritte nicht, oder zu spät, um in Wohlthätigkeitsanstalten untergebracht zu werden. Es wäre höchst nothwendig, unser Konsul liesse ihnen die nöthige Belehrung angedeihen.

755 .

Todesfälle schweizerischer Augehoriger sind ebenfalls kein sel.^ tenes Vorkommen. Art. 20 des Reglemeuts für die schweizerischen Konsülu hat dergleichen vorgesehen und drückt steh darüber folgendermassen aus : ,,Bei Todesfällen sind die Konsulate befugt, so weit es die .^andesgese^e. gestatten , provisorisch^ die Obliegenheiten einer Vormundschaftsbehorde , im Juteresse der minderjährigen oder abwesenden schweizerischen Erben ^u versehen, iusosern sie darum angegangen werden, oder der ^all ihnen sonst bekannt ist, nnd ans einer Vernachlässigung Sehnen entstehen konnte.^ Etwaige ^engen des legten Wi.lens sind s o g l e i eh bei Anknnst des ^..hiffs ein^uvernehmen , weil deren Begleiter vielleicht am nächsten ^age sehon nach dem Westen reisen und es eiue schwere Zumuthung sur die Zeugen wäre, sich von Reisegesährten zu trenuen um einer Angelegenheit willen, die sie personlich meisteus gar nichts anseht. Dass es für die Erben nieht gleichgültig ist, ob ein beliebiger E o m m i s , der von einem handeltreibenden Konsul hingeschickt würde, oder aber der vom Bundesrathe ernannte K o n s u l ihre Jnteressen wahrnehme, liegt aus flacher Hand.

Die schweizerischen Bundesebene enthalten ein Reglement für die schweizerischen Konsuln (1. Mai 1851). Art. 9 besagt: .,Die Konsuln haben die Verpflichtung, die Jnteressen der Schwei^erbür^er^, wo ste darum angegangen werdeu , o d e r die V e r h ä l t n i s s e es s o n s t erf o r d e r n , ^ nach Kräften zu wahren und z.... schüfen, insoweit dieses uach deu ^andesgesel^eu ihres Konsularb^irks geseheheu kaun. Sie werden daher ihre.. Mitbürgern mit gutem Rath ^..r ^eite stehn , sich ihnen nü^lich zu macheu sucheu , ihren Versouen und ihrem Eigeuthum den Schu^ des Staats verschaffen und gerechte Reklamationen unterstü^en.^ Man sieht, das Reglement hat z w e i e r l e i Kategorien von konsulari^ sehen Dienstleistungen aufgestellt: Dienstleistungen, um welche die Konsuln angegangen werden, und Dienstleistungen, wo die Verhältnisse ein anderes Vorgehen erheischen. Run zählt die .^tadt Rew^ork mehr wie eine Million .Anwohner. Was ist da einfacher: dass V i e l e sich durch das Gewühl durcharbeiten bis ^um Kousul, mit dem Risiko, die Sprechstunde des Handelsherrn zu verfehlen , sich ihm nicht verständlich machen zu kounen, - oder dass E i n e r sich ^u den Vielen
verfüge^ Die bequemste Ausrede für das Riehtsthun eines Konsularageuten ist allerdings , zu behaupten, Riemand habe ihn nm Hülfe angesprochen.

Die Wahl der Mittel, sich Recht zu verschaffeu, ist den dem Kauton Bern augehoreuden Auswanderern ausdrücklich vorgeschrieben : ^ 4 lit. ^ des bernischen Dekrets betreffend die Auswanderungsagenten lässt u. A.

dem Auswanderer iu alleu mit seinem Agenten bezüglichen Streitigkeiten die Auswahl, vor dem nächsten schweizerischen Konsul Reeht ^u nehmen.

- 756 Das Urtheil des Konsuls ist inappellabel . er ist zu einer Art Schiedsrichteramt gezwungen und es steht ihm nicht frei, den Recht Suchenden an einen Unterangestellten zu verweisen.

Endlich wäre die Ausstellung eines pslichtgetreuen Konsuls zu Rew^ork das einzige praktische Mittel, um das grausame Verehren gewisser schweizerischer Gemeinden in seiner ganzen Ansdeh..nng zur .^enntniss der öffentlichen Meinung zu bringen, jenes Versahren , durch welches schon so viele Tausende von Eidgenossen hülslos an^s amerikanische Ufer ausgesetzt wurden. D i e s e Art der Besördern..g der Auswanderung kann nicht strenge und laut genug getadelt werden , denn ihre Folgen laufen aus ein Abschreckuugss.^stem hinaus. Es ist nicht auffallend, wenn Diejenigen, welche die wohlseilen Arbeitskräste so gerne im schweizerischen Vaterlande behalten , stumm bleiben im Angesieht dieser zu verdammenden Beförderung der Auswanderung.

^Referent erwähnt sodann mehrere an schweizerische Konsuln gerichtete Schreiben, u. a. eines, welches vom Bundespräsidenten au den fehweizerischen Generalkonsul in Washington gerichtet wurde, damit. dieser seine Anschauung und Meinung kundgebe über die Stellung unseres Rew-.^orkerKonsulats sowohl als über die zum Schutze unserer auswandernden ..^andsleute etwa nöthigen und möglichen Vorkehrungen, die von Seite der heimatlichen Behörden zu treffen wären. Er durchgeht hieraus die Antworten der Konsuln in Havre , Buenos-A^res und Rew-^ork, die Art der Fürsorge sür die Auswanderer in diesen drei Hafen und kommt zum Sehluss, dass man einstweilen von erstern beiden Hasen abstrahlen könne.)

Allerdings würden dann auch die betreffenden Konsuln sast überflüssig, indem ihnen , nach eigenem Geständniss , eine ganz geringe Konsnlar-.

thätigkeit erübrigt. Vom Konsul in Rew-^ork muss behauptet .werden, ge-

stützt ans eine bei den ulkten liegende schriftliche Anssage des Hrn. John Hitz, Generalkonsul in Washington , dass derselbe seinen konsularischen ^fliehten mangelhast nachkommt, trotz der Fr. 6000, die er jährlich von

der Eidgenossenschaft bezieht. Zu beklagen ist die Ungenauigkeit des

vorliegenden gedruckten Berichtes des Bundesrathes. . Niemand wird indess einer Behorde deswegen einen eigentlichen Vorwurs machen; denn, müsste der Bundesrath Altes selbst ausarbeiten, was ^seinen Ramen trägt, so reichten die 24 Stuuden täglich nicht aus zur Bewältigung einer solchen Aufgabe. Als Hauptdokument sür die Beurtheilung muss der. Bericht unseres Generalkonsuls in Washington angesehen werden: ,,Jch weiss^, heisst es an einer ungedruckt gebliebenen Stelle des Originals, ,,ich ^weiss die Angaben des Oltener Auswanderungsvereins aus eigener Erfahrung zu wohl als begründet zu schätzen, als dass ich irgend welche davon streitig machen möchte.^ Jn unmittelbarem Anschlusse an die Worte des g e d r u c k t e n Berichtes: .,Mir will der vorgeschlagene

^7 57 Blan eines vom Konsulat unabhängigen besoldeten Agenten nicht al.^ praktisch einleuchten.

.^...ie gründe, warum ich diese Ansicht hege , sind z... vielfach, um hier weitläufig ausgeführt werden ^n konnen. Jch bin überzeugt, es würde Anlass geben ^u hoehst widerlichen Zwistigkeiteu.^ -erschienen im Originaldokumente die Worte: ,,Und dennoch, um provisor.sch den hier einwandernden Schweizern hülfreich die Hand reichen ^u.

konnen , wird es doch der einige Weg fein , der einzuschlagen ist.^ Ledere Stelle ist der Kern - und Angelpunkt der Beurtheilung , und gerade sie ist im bundesräthlichen Berichte weggelassen.

Referent weist auf eine weitexe Ausführung der Jdeen des Herrn John Hi^ hin, die derselbe in einem Sehreiben aus Washington vom ..). Juni zur Kenntniss des Bundesrathes gebracht , und denen alle Anerkennung gebührt. Er billigt es, wenn im Berichte der Kommission des Nationalrathes über die Geschäftsführung des Buudesrathes während des Jahres 1866 gewünscht wird , ,,dass genaue und zuverlässige Angaben über die Zahl unserer Auswanderer, über das Ziel der Au...^ wanderung, über die wirklich erfolgte Ansiedelung , Rückkehr der Auswanderer ins Vaterland u. s. s.^, von Bundes wegen bekannt gemacht werden sollten.^ Bis je^t herrseht nämlich noeh eine gewaltige Anarchie in den saehbe^ügliehen Angaben. So z. V. haben sieh laut Bundes-

blatt vom 24. März 1866 im Jahre 1865 2662 schweizerische Ange-

horige naeh Amerika eingeschifft. Laut dem Jahresbericht unseres Konsuls in Antwerpeu schisften sich daselbst im Jahr 1865 2000 Schwei^er nach Amerika ein , ,.von denen die Halste die Reise auf Kosten ihrer Gemeinde machten , ^ was sieh daraus ergab , dass der Konsul im ^alle war, die Eius..hissuugsbeseheiuigungen von 1000 Schweizern ^..t legalisiren.^ .Laut dem Berichte des schweizerischen Konsulats in Bhiladelphia au den Bundesrath vom 6. ^ebruar 1867 ^landeten im

Jahre 1866 zu Rew.^ork 3685 Schwerer, 1173 mehr als im Jahr

1865.^ Jm ^ernern heisst es dort : ,,Aus den dem Konsul in seiner Stellung vor die Augen treteuden Beispielen ersieht er vielfach , dass die Zahl der mit Unterstützung ihrer Gemeinden herübergekommenen Personen zunimmt.^ Bekanntlieh schiffen sich nun in Havre eine grossere Menge von schweizerischen Auswanderern ein, als in Antwerpen; Viele nehmen ihren Weg über Bremen, Hamburg und Li.verpool, so dass man annehmeu darf, die Zahl von 3685 sei offenbar zu tief gegriffen.

Einen glänzenden Zug im schweizerischen Volkseharakter bildet das

Gefühl der Zusammengehorigkeit. Ausgezeiehuete Gelegenheit , dasselbe

^u pflegen und z.t leiten wäre für einen patriotischen ^ehwei^erkonsnl in Rew^ork vorhanden. Es würde seinem Einflüsse bei Renten , welche noch kein bestimmtes Reiseziel haben , leicht werden , dass eine grosse Menge uach d e r s e l b e n Gegend sieh hinwenden , beisammen bleiben

758 und so ein inniges Wechselverhältniss unter sich und mit der alten Hei-

math hegen. E... ist die Macht der Umstände, die Art der Besehastigung, nicht aber Mangel an Vaterlandsliebe, wodnrch bei Kaufleuten häufiger ein z e i t w e i s e s , bei Ackerleuten häufiger ein ... e f i n it i v e s Verlassen des Vaterlandes bedingt wird. Die Liebe zum

ursprünglichen Vaterlande erkaltet nicht, das schweizer Heimweh bleibt.

Die Eidgenossenschaft leihe ihren Sohnen jenseits des Meeres den Beistand energischer Empathie - und Wenigere als bisher werden mittelst Schwörens des nordamerikanischen Bundeseides sich und ihre ....achkommen uns entfremden , Mehrere als bisher werden nach der schönen Schweiz zurückwandern und ihren ..gemeinden geistige und materielle Bereicherung bringen.

Laut dem Berichte der Kommission des Nationalraths über die Ge-

sehäftsführung des Bundesraths während des Jahres 1864 ^) ist der unter

der Ausschrist ,,Auswanderungswesen^ eröffnete Kredit von Fr. 23,000 in seinem g a n z e n Umfange zu Entschädigungen an Konsuln verwen^ det worden: Fr. 6000 für den Konsul in Rio. Fr. 6000 für denjenigen in Rew-Orleans, 5000 ^für denjenigen in Havre. Jedes dieser Konsulate sollte hiedureh in den Stand gese^t werden, eine Berson, fei es unter dem Titel Kanzler, Sekretär, Gehülfe oder Agent zur .Besorgung des Auswandernngswesens anzustellen. Jn lester Zeit erhält der Konsul in Rew-Orleans noch Fr. 2000. Verwende man die Summe von 23,000 Fr. nur passender und in richtigem Ver^.ältniss zu der Zahl derer, für welche sie eigentlich bestimmt ist, und sie wird vollkommen ausreichen. Es wäre eigentümlich, wenn Einige aus dem Umstande, dass die für das schweizerisch.. .^luswanderungswesen bestimmten Gelder i r r i g verwendet wurden, einen Grund herleiten wollten gegen den Minderheitsantrag.

Gegenwärtig bezieht der schweizerische Generalkonsul in Rio de Janeiro Fr. .)000 jährliche Besoldung. Für welche Leistungen eine fo grosse Summe ausgeworfen wird , erhellt aus den Berichten des Herrn Generalkonsuls keineswegs. Jn einem den Kantonen übermittelten lithographirten Rundschreiben lässt sich der Bundesrath also vernehmen: ,,^chon im März 1865 beklagte sich Herr Barbosa da Eunha (Advokat des Bundesraths im Brozess gegen Verguei...o), dass von Seite des schweiz. Generalkonsuls die .Ansage, bei der Regierung

sich für eine Einwirkung zur Beschleunigung des Rechtsganges , soweit

diese gese^lich zulässig, verwenden zu wollen , nicht Erfüllung gefunden

.habe. .^lm 23. August 1866 wiederholte Barbosa da Eunha diese Be^) Bundesblatt von 18..^, Bd. II, S. .^1.

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schwerde. Der Bundesrath hat dann auch in seiner Simung pom 2l.

September 1866 beschlossen : bei dem Generalkonsul die Verwunderung d.^.. Bundesrathes darüber auszudrücken, dass ein so .einfacher Rechtshandel seit anderthalb Jahren herumgeschleppt werden könne. Sosern die brasilianische Gesetzgebung und Verwaltung es irgend möglich mache und der Generalkonsul es nicht für den Ausgaug der Sache schädlich erachte, moge er geeigneten Ortes daraus hinwirken , dass ein Entscheid

endlich ausgefällt werden

Referent nimmt für seine Anschauung eine von Hrn. Stampai betonte Aeusserung ebenfalls in Anspruch, als dieser die Rothwendigkeit einer diplomatischen Vertretung der Sehwe^ in Washington u. A. damit begründete, dass es ,,Schmaro^erei^ sei, wenn die Schweiz die Jnteressen ihrer Angehörigen im fernen Osten durch die amerikanische Flotte mit schüfen helfen lasse, ohne der Unionsregierung zum weuigsteu durch einen Ak.. internationaler Höflichkeit einen Gegendienst zu leisten. Jst es nicht auch eiue Art pou Schmaro^erei, wenn so viele mit Staatsund Gemeindeunterstü^ung nach den Vereinigten Staaten ausgewanderte Schweizer den amerikanischen Wohlthätigkeitsanstalten förmlich ^geschoben werden ^ Jst es nicht auch eine Art von Schmarol^erei , wenn wir die franzosische und nordamerikanische Regierung vermittelst der von denselben besoldeten Auswanderungskommissäre schweizerischen Auswanderern Dienste leisten lassen , ohne unsererseits in ähnlicher Weise für unsere Angehörigen zu sorgen^ Die Bevölkerung der Vereinigten Staaten be^ steht dermalen grossteutheils aus Raehkommeu von Auswanderern. Sonder Zweifel würden schweizerische Gewerbtreibende eine Erweiterung des amerikanischen Absatzmarktes sehr gerne sehen. Es hiesse aber erndten wollen, was wir nicht gesäet haben, wenn Jemand eine Vermehrung der Zahl amerikanischer Käuser in Folge von Auswanderung von Arbeit^ krästen aus a n d e r n Staaten mit Freuden begrüsste , dagegen die Answanderuug s c h w e i z e r i s c h e r wohlfeiler Arbeitskräste durch Vorenthaltung geeigneter Dienstleistungen hintertreiben hülfe.

Referent betont nochmals, dass es ihm unmöglich ist, die Auswan^ derüngsangelegeuheit vom Staudpunkt Derjeuigeu zu betrachten, die aus

das Jmlandebleiben wohlseiler menschlicher Arbeitskräste spekulireu.

Es ist die von ihm vertretene ^rage im ^ch.oosse der eidgeuossischen Räthe vorzugsweise von der staatsmännisehen und volkswirthschastlichen Seite ausznsassen, und in Verbindung mit der Frage der Kolonisation hat sie gerade in der Reuzeit die glänzendsten zivilisatorischen Ergebnisse geliefert. Jrland hat vor 20 Jahren zwei Millionen mehr Einwohner gezählt als jel^t , wo in ^olge der Auswanderung sowohl ^die Weggezogenen als die Zurückgebliebenen sich besser befinden , als wenn die Bevo..kerung dort unverändert geblieben wäre. Fabrikanten und

760 Werboffiziere mögen sich da beklagen über Vertheurung des Arbeitsmarktes ; Hauptsache für den ehrenwerthen Bürger bleibt, dass im eigenen Vaterlande die Konkurrenz von ihrer selbstmörderischen Energie verliert und man hoffen darf, dass recht Viele sich aus einer gedrückten in eine unabhängige Stellung emporarbeiten. Jst auch die Aussicht dermalen noch etwas trübe . dass sich die eidgenössischen Räthe seinen Anschau^ ungen hinsichtlieh der staatlichen Vetheiligung bei einem nationalen Kolonisationsunternehmen anschliessen , so hofft er doch, es werde dies später der Fall sein. Jnzwisehen wird er es sich angelegen sein lassen, die öffentliche Meinung der Schweiz vermittelst öffentlicher Vortrage in sein Fahrwasser zu lenken.

Bern, den 16. Juli 1867.

Die Minderheit der nationalräthlichen Kommission : Dr.

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Votum des Herrn Nationalrath Dr. Joos, als Minderheit der nationalräthlichen Kommission, betreffend eine Petition des schweiz. Auswanderungsvereins in Auswanderungssachen. ) (Vom 16. Juli 1867.)

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19.10.1867

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