# S T #

N o

4 5

«

3

Bundesblatt 103. Jahrgang

Bern, den 8. November 1951

Band III

Erscheint wöchentlich. Preis US Franken im Jahr, 15 Franken im Saltjahr zuzüglich Nachnahme- and Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr: 50 Happen die Petitzeile oder deren Baum. -- Inserate franko an 1 ·. · Stämpfli & de. in Bern j

# S T #

6135

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesgesetzes betreffend die Abänderung von Bestimmungen über die fiskalische Belastung des Tabaks im Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (Vom 26. Oktober 1951) Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen eine Botschaft betreffend die i Abänderung von Bestimmungen über die fiskalische Belastung des Tabaks im Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung zu unterbreiten.

I.

Ermässigung der Fiskalbelastung a. Für die Zigarrenindustrie Nach Artikel 34quater BV leistet der Bund vom 1. Januar 1926 an einen Beitrag in der Höhe der gesamten. Einnahmen aus der fiskalischen Belastung des Tabaks an die Alters- und Hinterlassenenversicherung. Durch die Verfassung wird somit die fiskalische Belastung des Tabaks in enge Beziehung mit der Alters- und Hinterlassenenversicherung gebracht, weshalb denn auch die Vorschriften über die Fiskalabgaben auf Tabak in das erwähnte Gesetz aufgenommen wurden. Die Zollansätze sind im Anhang zum Gesetz festgesetzt, die Ansätze der Fabrikationsabgabe in den Artikeln 120 und 122. Die Artikel 114, 120 und 122 ermächtigen den Bundesrat, die einzelnen Ansätze um höchstens 20 Prozent zu erhöhen oder herabzusetzen, wenn die Lage des Rohtabakmarktes es erfordert oder sofern der Gesamtbetrag aus der Tabakbelastung den Betrag von 80 Millionen Franken nicht erreichen oder wesentlich überBundesblatt. 103. Jahrg. Bd. III.

36

494

steigen sollte. Für die Zigarrenindustrie ist auf ihr Begehren durch den Bundesratsbeschluss vom 81. Januar 1949 die Fiskalbelastung bereits um rund 16 Prozent herabgesetzt worden. Die noch verbleibenden 4 Prozent, um die der Bundesrat im Eahmen seiner Kompetenzen die Fiskallast noch weiter ermässigen könnte, ergäben einen Betrag von nur ca. 200 000 Franken, welcher der Zigarrenindustrie die erneut notwendig gewordene Erleichterung nicht zu bringen vermöchte. MUSS die fiskalische Belastung der Zigarren gemäss dem Begehren der Verbände der Zigarrenindustrie weitergehend herabgesetzt werden, so ist eine Abänderung der gesetzlichen Vorschriften, d. h. eine Gesetzesrevision, erforderlich.

Anlässlich der Beratung des Gesetzes im Jahre 1946 war man in Industriekreisen allgemein der Ansicht, die Eohtabakpreise würden, gleich wie nach dem Kriege 1914-1918, wieder sinken. In Tat und Wahrheit ist nun aber für die zur Zigarrenfabrikation bestimmten Eohtabakë das Gegenteil eingetreten, indem die Preise für die meisten Tabaksorten eine weitere Erhöhung erfahren haben. Der Durchschnittspreis der für die Zigarrenfabrikation unerlässlichen indonesischen Tabake (Java und Sumatra) hat sich gegenüber dem Jahre 1946 annähernd verdoppelt. Über die Durchschnittspreise der Zigarrentabake gibt die nachstehende Tabelle Auskunft.

Einfuhrmittelwerte je 100 kg in den Jahren 1936-1951 Jahr

1936. . . . .

1937. . . . .

1938 1939 1940 1941 1942 1943 1944 1945 ..

1946. . . . .

1947. . . . .

1948. . . . .

1949 1950. . . . .

1951 (IL Q.) .

Kentucky

RioGrande

Virg.

dkl.

Domingo

Brasil

Java

Sumatra

Havana

Total

Fr.

Fr.

Fr.

Fr.

Fr.

Fr.

Fr.

88 105 121 130 145 166 191 213 248 302 288 306 333

246 256 321 316 364 379 446 409 433 517 494 572 653 642 670 637

Fr.

79 79

Fr.

138 152 168 181 190 248 268 301 331 375 370 373 410 418 425 439

122 118 130 152

193 199 282 246

515 559 651 688 611 689 908

249 297 328 339 304 331 358 534 501 620 674 700 726 669 629 617

149 158 175 186 192 229 277 314 352 407 414 431 484 527

388 331 317

89 95 109 136 164 205 226 305 288 260 271 262 260 250

150 170 189

222 256 380 362 319 332 834 360 883

284 358 449 583 676 753 908 931 v!044 1185 1771

1772

1048 1403 1332 1402 1611 2058 2195 2493 3199

574 582

Diese Preisentwicklung liess sich anlässlich der Beratung des Gesetzes im Jahre 1946 nicht voraussehen, ansonst man die Zollansätze für Zigarrentabake niedriger hätte ansetzen müssen.

Im Spätjahr 1950 war die Situation derart, dass im Vergleich zum Jahre 1939 die Eohtabakpreise durchschnftth'ch um 209 Prozent aufgeschlagen hatten, während der Preisaufschlag auf den fertigen Zigarren im Durchschnitt nur

495 58,5 Prozent betrug. Überdies hat eine Anpassung der Löhne an die Teuerung stattgefunden. Bedenkt man, dass die Arbeitslöhne und die Bohtabake die weitaus bedeutendsten Kostenfaktoren der Zigarrenindustrie darstellen, so kann sich auch der Aussenstehende ein ungefähres Urteil von der Ertragslage dieser Industrie bilden. Die meisten kleinern und mittlern Fabriken arbeiten schon seit drei Jahren mit Verlusten, die grössern seit einem oder zwei : Jahren, so dass die Beserven aufgebraucht sind. Trotzdem glaubte die Industrie damals, einen Preisaufschlag auf den Fertigprodukten vermeiden zu können, sofern eine Ermässigung der Fiskallast vorgenommen würde. Die Verschlimmerung der weltpolitischen Lage hat jedoch auch auf dem Sektor des Eohtabaks zu massiven Preissteigerungen geführt. In Java wurden anlässlich von Unruhen zahlreiche Tabaktrockenschuppen samt ihrem kostbaren Inhalt verbrannt, so dass diese schon heute in ungenügenden" Mengen erhältlichen Deckblattabake noch knapper und wesentlich teurer geworden sind. Für diese Tabake, welche zur Herstellung von guten Zigarren und Stumpen unerlässlich sind, müssen Preise bezahlt werden, die bis auf das Zehnfache der Vorkriegspreise gehen. Arn Jahresende 1950 musste die Industrie ganz allgemein feststellen, dass sich die Ertragslage gegenüber dem Vorjahr noch wesentlich verschlechtert hatte. Sie sah sich daher, trotz schwerster Bedenken wegen eines Konsumrückgangs, gezwungen, .

die Detailverkaufspreise für Stumpen und Zigarren zu erhöhen. Die Industriekreise vertreten die Ansicht, dass ausser den Preiserhöhungen eine weitere Herabsetzung der Fiskallast unumgänglich sei, wenn die Zigarrenindustrie erhalten bleiben solle.

Die Zigarrenindustrie ist hauptsächlich im Aargau samt angrenzenden Gebieten von Luzern, in der Westschweiz und im Tessin ansässig. Für die Wirtschaft dieser Gegenden bildet sie einen wichtigen Faktor, bietet sie doch rund 5000 Arbeitskräften Verdienst. Die Herstellung der Zigarren erfolgt in Handarbeit, weshalb diese Industrie durch die Arbeitslöhne sehr stark belastet wird. Aus diesem Grunde vermag die Zigarrenindustrie nicht eine gleich hohe fiskalische Belastung zu ertragen wie die Zigarrettenindustrie, die ihre Produkte maschinell herstellt. Diesen Verhältnissen ist seit der Einführung der fiskalischen Belastung des Tabaks und auch
bei der Festsetzung der Fiskalansätze anlässlich des Erlasses des Gesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung weitgehend Bechnung getragen worden.

Über die Struktur der Zigarrenindustrie orientiert die folgende Aufstellung, wobei zu bemerken ist, dass in der Zahl der Beschäftigten nicht nur die Arbeiterschaft figuriert, sondern auch die leitenden Personen sowie das Bureau- und Eeisepersonal.

Kleinbetriebe

;

;

Anzahl Betriebe

ÄÄ

15 25

78 693

40

766

1-10 Beschäftigte 11-50 » . . . . ; .

Übertrag

496 Anzahl der Anzahl Betriebe i B AuzahlBetriebee eschäftigtenl

Übertrag Mittelbetriebe 51-100 Beschäftigte 101-200 » 201-300 » Grossbetriebe 301-800 Beschäftigte . . . :

40

766

10 7 2

707 1044 492

4

1986

:

Total 63

:

4995

Davon sind 1147 männlichen und 3848 weiblichen Geschlechts. Auf die einzelnen Landesgegenden verteilen sie sich wie folgt: Aargau. .

2924 Tessin . . .

. 870 Luzern.

514 Waadt. . .

. 323 Bern. . . .

211 Fribourg... .

, 91 Wallis .

39 Glarus 23 Die Preiskontrollstelle des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes hat die Ertragsverhältnisse in einer Anzahl von Betrieben gründlich untersucht. Von 63 Firmen der Zigarrenindustrie wurden 13 einer einlässlichen Prüfung unterzogen, und zwar 3 Grossbetriebe, 5. Mittelbetriebe und 5 Kleinbetriebe. Auf diese 13 Betriebe entfällt ungefähr die Hälfte der Gesamtproduktion der Zigarrenindustrie, so dass sich aus den Untersuchungen zuverlässige Schlüsse über die Ertragslage der gesamten Industriegruppe ziehen lassen.

Die Erhebungen der Preiskontrollstelle umfassen die Jahre 1947 bis 1950.

Sodann ist auch ein Budget aufgestellt worden unter Zugrundelegung der heute geltenden Eohtabakpreise. In den Berechnungen wurde das in den Betrieben arbeitende Kapital (ausgewiesenes Eigenkapital, stille Eeserven und Fremdkapital) mit 3 Prozent verzinst. Nach dem umfangreichen durch die Preiskontrolle erhobenen Zahlenmaterial ergaben sich für die Jahre 1947 bis 1950 folgende Rechnungsabschlüsse :

1947: 3 Grossbetriebe...........

5 mittlere Betriebe 5 Kleinbetriebe .

aktiv 3 aktiv, 2 passiv 2 aktiv, 3 passiv

1948: 3 Grossbetriebe 5 mittlere Betriebe 5 Kleinbetriebe-

2 aktiv, l passiv 2 aktiv, 3 passiv alle passiv

497

1949: 8 G r o s s b e t r i e b e . . . . . . . . . . . l aktiv, 2 passiv 5 mittlere Betriebe l aktiv, 4 passiv 5 Kleinbetriebe . . . . . . . . . . . . alle passiv 1950: ' 3 Grossbetriebe 5 mittlere Betriebe 5 Kleinbetriebe . . . . . . . . . . .

:

· '

·

alle passiv l aktiv, 4 passiv l aktiv, 4 passiv

Für das letzte abgeschlossene Geschäftsjahr ergibt sich folgendes Bild: Gesamtheit der untersuchten Betriebe: Nettoumsatz davon: 8 Grossbetriebe 5 mittlere, Betriebe 5 Kleinbetriebe

» » »

,

Millionen Fr.

Fr.

26,8

Verlust 422000 = 1,57

%

17,4 8,2 1,2

» \ 184,400 = 1,06 » 224400=^2,73 » 13200 = 1,1

Die Umsatzgewinn-, bzw. -verlustrate schwankt zwischen l Prozent Gewinn und 9,3 Prozent Verlust.

Die Ergebnisse wären noch bedeutend ungünstiger, wenn nicht auf den grossen Mengen der aus Brasilien eingeführten Tabake hohe Kompensationsprämien gewährt worden wären.

Auffallend ist, dass ini letzten Geschäftsjahr die Kleinbetriebe prozentual einen niedrigeren Verlust auf weisen als die Betriebe mittlerer Grosse. Diese Peststellung ist auf den Umstand zurückzuführen, dass die finanzielle Lage diesen Firmen die Beschaffung der für ein gutes Fabrikat unerlässlichen, aber sehr hochpreisigen indonesischen Tabake schlechterdings nicht mehr erlaubte. Sie verwendeten billigere Brsatztabake, stellten ein qualitativ weniger gutes Produkt her und stiessen daher beim Absatz immer mehr auf Schwierigkeiten, So dass sie die ihnen zugeteilten Kontingente nicht ausnützen kpnnten. Auf diese Weise werden sie nicht mehr lange im Konkurrenzkampf bestehen können.

Sollen aber die Zigarren nicht ganz durch die Zigaretten verdrängt werden, so muss die Zigarrenindustrie Qualitätsprodukte herstellen.

Bei der Aufstellung des Budgets durch die Preiskontrollstelle hat sich herausgestellt, dass bei den gegenwärtig geltenden Preisen ' für den Jahresbedarf an Eohtabaken der gesamten Zigarrenindustrie Aufwendungen von rund 6 Millionen Franken mehr erforderlich wären als im Jahre 1950. Der anfangs Januar 1951 eingetretene Preisaufschlag auf den Fertigprodukten bringt der Industrie eine Mehreinnahme von ca. 3,4 Millionen Franken, so dass noch 2,6 Millionen Franken nicht ausgeglichen sind.

Die Untersuchungen der Preiskontrolle haben ergeben, dass die Ertragslage der Zigarrenindustrie eine ungünstige ist, dass sie sich aber, trotz der anfangs

498

.

1951 vorgenommenen Preiserhöhung auf den Fertigfabrikaten, in der Zukunft noch verschlechtern wird. Die Eohtabakpreise steigen weiterhin an, auch die Kosten für die Hilfsmaterialien (Papier, Karton, Kohlen etc.) sind gestiegen, die Löhne der Arbeiterschaft, mussten im letzten Frühjahr um durchschnittlich 3 Prozent erhöht werden. Zudem macht sich ein starker Nachholbedarf geltend, weil zufolge schlechten Geschäftsgangs in den letzten Jahren nur die absolut unerlässlichen Instandstellungsarbeiten ausgeführt wurden. Die Lage ist im allgemeinen bei den Klein- und Mittelbetrieben bedeutend ungünstiger als bei den Grossbetrieben.

Die Neuregelung muss daher in dem Sinne getroffen werden, dass die Fiskalbelastung der Klein- und Mittelindustrie mehr ermässigt wird als diejenige der .Grossbetriebe. Eine unterschiedliche Belastung durch die Zölle ist der Konsequenzen wegen nicht angängig, dagegen kann die Fabrikationsabgabe der Leistungsfähigkeit der verschiedenen Grössenklassen der Industrie angepasst werden, indem auf dieser Abgabe nach der Menge des Kohtabakverbrauchs gestaffelte Ermässigungen eingeräumt werden. Heute ist jedoch der Ansatz der Fabrikationsabgabe zu niedrig, um die kleinern Fabriken genügend begünstigen zu können. Der Abgabesatz muss daher von gegenwärtig 70 Franken per q auf 90 Franken, d. h. um 20 Franken erhöht werden. Anderseits sind die Zollansätze nicht nur um die erwähnten 20 Franken, sondern um 56 bis 120 Franken per q zu ermässigen, damit auch die grossen Betriebe die notwendige fiskalische Entlastung erfahren.

· Ein Zollschutz für die inländische Tabakproduktion ist für Zigarrentabake nicht notwendig, weil die Zigarrenindustrie ohnehin nur minime Mengen von Inlandtabaken verarbeiten kann. Sie übernimmt ungefähr l Prozent der inländischen Tabakernte.

Wie aus .der nachstehenden Tabelle ersichtlich, ist der Zigarrenkonsum heute schon rückläufig, während der Zigarettenverbrauch ständig in raschem Ansteigen begriffen ist.

Produktion in den Jahren 1936-1950 In Millionen Stück Jahr

Zigarren Zigaretten kontingentiert nicht kontigentiert

1936..........

1937..........

1938 ....

1939 '.'...

1940. . . . . . . . . .

422 441 402 407 480

68 75 66 69 78

1882 1935 2098 2413 2772

1941 1942.

519 482 483 487 418

95 93

2954 2931 3226 3468 3961

1943 1944

.

..

1945. . , , . , . , . .

84 63

55

499 Jahr

,

1946. .

Zigarren Zigaretten kontingentiert nicht kontingentiert

477

86

4456

1947.

510 85 5354 1948.

: 491 71' 5989 1949!

390 51 6181 1950. . . , . . . '.. . .

385 57 6772 Zu diesen Zahlen muss allerdings bemerkt werden, dass von den im Inland hergestellten Zigaretten in den letzten vier Jahren je 1000 bis 1700 Millionen Stück ausgeführt wurden. Immerhin ist der Zigarrettenkonsum in unserem Lande von rund 2000 Millionen im Durchschnitt der letzten Vorkriegsjahre auf über 5000 Millionen Stück im Jahre 1950 angestiegen. Die Ausfuhr von Stumpen und Zigarren dagegen ist unbedeutend. Die Jahre 1949 und 1950 weisen für Zigarren aller Art einen empfindlichen Produktionsrückgang auf.

Trotz starken Anwachsens der Bevölkerung unseres Landes ist der Zigarrenkonsum heute niedriger als in der Vorkriegszeit. Diese Erscheinung ist sicher zum Teil darauf zurückzufahren, dass im letzten Jahrzehnt die Zigarrenpreise bedeutend stärker gestiegen sind als die Zigarettenpreise. Die billigsten Stumpen kosten heute pro Päcklein l Franken, bzw. 1.10 Franken, die billigsten Zigaretten dagegen nur 65 bis 75 Eappen. Vor dem Kriege war der Preis eines Päckleins der meistgerauchten Stumpen nur 5 Eappen höher als derjenige für ein Päcklein der gangbarsten Zigaretten. Heute. aber kosten die erstem 25 Eappen mehr.

Gegenüber der Vorkriegszeit haben die Stumpen um durchschnittlich ca. 66 Prozent, die Zigaretten dagegen im Durchschnitt nur um 43 Prozent aufgeschlagen.

Noch mehr als durch die Preisentwicklung aber sind die Zigarren durch die Mode benachteiligt worden. Die jungen Leute, selbst auf dem Lande, rauchen heute nicht mehr !wie ehedem Stumpen, sondern vornehmlich Zigaretten.

Die Zigarrenindustrie hat bei ausserordentlich stark erhöhten Kosten einen sinkenden Absatz. Die Eohtabakpreise aber steigen weiterhin. Wegen der Konkurrenz der Zigarette wagt die Zigarrenindustrie nicht eine noch weitergehende Preiserhöhung. Unter diesen Umständen bleibt als einziger Ausweg die Ermässigung der Fiskalbelastung, wenn die sehr arbeitsintensive Zigarrenindustrie in unserem Lande erhalten bleiben soll. Die Verhältnisse sind in andern europäischen Ländern ganz ähnliche. Westdeutschland und Belgien haben in letzter Zeit die Steuer auf Zigarren ebenfalls herabsetzen müssen.

Nach der gegenwärtig geltenden Ordnung sind 100 kg Eohtabak für die grossen Betriebe durchschnittlich mit 194.57 Franken belastet, während
sich nach dem vorliegenden Gesetzesentwurf noch eine Belastung von 142.60 Franken ergibt. Die Mittel- und Kleinindustrie ist heute bereits wesentlich begünstigt.

Diese Begünstigung soll in Zukunft noch vergrössert werden.

Das Päckchen Stumpen zu 10 Stück in der Preislage von l. 20 Franken ist heilte mit 10,8 Eappen belastet, nach der neuen Ordnung werden es noch 7,7 Eappen sein. Für die Preislage von 1.60 Franken beträgt die Belastung zurzeit 14,3 Eappen, in Zukunft nur noch 10,1 Eappen.

500

Der Ertrag aus. der fiskalischen Belastung der Zigarren, welcher im Jahre 1950 noch 5,6 Millionen Franken betrug, wird nach der vorgeschlagenen Regelung auf ungefähr 3 Millionen Pranken sinken. Eine noch weitergehende Ermässigung kann unseres Erachtens nicht in Erwägung gezogen werden, ansonst von einer fiskalischen Belastung der Zigarren nicht mehr gesprochen werden könnte.

Wir verhehlen uns nicht, dass in der gegenwärtigen Zeit des vermehrten Finanzbedarfs des Bundes der Abbau der Fiskalbelastung eines Artikels des Luxuskonsums unerwünscht ist. Wir würden diese Massnahme nicht beantragen, wenn wir nicht die Überzeugung hätten, dass sich die Zigarrenindustrie tatsächlich in einer äusserst schwierigen Lage befindet. Nachdem sie den Preis ihrer Produkte erst zu Beginn des laufenden Jahres zu erhöhen gezwungen war, ist zurzeit ein weiterer Preisaufschlag untragbar. Ein solcher könnte für diese altangestammte Schweizerindustrie mit 5000 Beschäftigten sehr schwere Folgen haben.

b. Für gesponnenen Tabak und Schnupftabak In der Schweiz- wird nur noch wenig Tabak gesponnen (d. h. Rohtabak durch . eine Drehvorrichtung in ähnlicher Weise zusammengedreht wie Gespinstfäden zu einem Seil) und in Form von kleinern lind grössern Rollen auf den Markt gebracht. Der Rollentabak wird zum weitaus grössten Teil in der Pfeife geraucht, nur ein kleiner Teil dient als Kautabak. Konsumenten sind namentlich Bergbauern und Holzhauer. Sie ziehen den gesponnenen Tabak dem geschnittenen vor, weil ersterer sich länger frisch hält. Eine grosse Bedeutung kommt diesem Industriezweig nicht zu. Die Jahresproduktion beträgt nur 500 bis 700 q gegenüber 23 000 bis 25 000 q Schnittabak.

Technisch betrachtet hat die Herstellung des Rollentabaks viel Ähnlichkeit mit der Zigarrenfabrikation, indem sie gleich wie die letztere in Handarbeit erfolgt. Der Rollentabak wird daher durch die Arbeitslöhne weit höher belastet als der Schnittabak. Die Preise sollten jedoch nicht wesentlich : höher sein als diejenigen des Schnittabaks, wenn nicht dieser kleine, altangesessene Industriezweig verschwinden und die darin beschäftigten 40 Arbeitskräfte den Verdienst verlieren sollen.

Gegenwärtig unterliegen die zur Rollentabakherstellung bestimmten Rohtabake der nämlichen Zollbelastung wie die zur Schnittabakfabrikation dienen-: den, während die
Fabrikationsabgabe 40 Franken niedriger ist, d. h. 140 Franken per q beträgt gegenüber 180 Franken. Um die Rollentabakfäbrikation, welche mit den gleichen Schwierigkeiten zu kämpfen hat wie die Zigarrenindustrie, erhalten zu können, müssen Zoll- und Abgabeansätze ermässigt werden. Fiskalisch kommt dieser Massnahme wenig Bedeutung zu.

Der Schnupftabak war seit jeher in der nämlichen Position eingereiht wie der gesponnene Tabak und soll es auch fernerhin bleiben. Zu seiner Herstellung werden beinahe ausschliesslich Abfälle aus den andern Gruppen der Tabakindustrie verwendet, für welche die Fiskalabgaben bereits von diesen entrichtet worden sind. Fiskalisch ist somit der Schnupftabak bedeutungslos.

501 II.

Kontingentierung der Zigarreuproduktion Artikel 127, lit. ö, des Gesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung erteilt dem Bundesrat die Kompetenz, Massnahmen zu treffen zur Erhaltung einer leistungsfähigen Tabakindustrie. In der Botschaft zum.

Entwurf des erwähnten Gesetzes vom 29. Mai 1946 an die eidgenössischen Bäte wurde ausgeführt, dass wir gestützt auf diese Befugnis die unter dem Fiskalnotrecht auf Begehren der Zigarrenindustrie eingeführte Kontingentierung des Eohtabakverbrauchs weiterführen würden (BB11946, II, 589). In den eidgenössischen Eäten ist dagegen keine Opposition erhoben worden. Die Industrie hatte sich damals einhellig und mit Nachdruck für die Weiterführung dieser Massnahme ausgesprochen. Die Kontingentierung ist somit l der Zigarrenindustrie nicht etwa gegen ihren Willen auferlegt worden. Die Bundesbehörden haben erst auf ausdrückliches Verlangen der interessierten Kreise, und zwar sowohl der Arbeitgeber wie der Arbeitnehmer, eingegriffen.

Erst nach der Volksabstimmung über das Gesetz, anlässlich der Besprechungen betreffend die durch den Bundesrat zu erlassende Verordnung über die fiskalische Belastung des Tabaks, hat eine einzige Firma gegen die Weiterführung der Kontingentierung Opposition erhoben, während alle andern dafür eintraten. Diese machten namentlich geltend, dass eine Ordnung, die sich während 10 Jahren bewährt habe,! nicht aufgehoben werden könne, ohne die Klein- und Mittelindustrie der Gefahr des Untergangs auszusetzen. Im Falle der Aufhebung der Kontingentierung würden nur noch wenige grosse Betriebe verbleiben, die auch die Preise diktieren könnten, was sich auch zum Nachteil der Konsumenten auswirken müsste.

In dem von der opponierenden Firma eingeholten Eechtsgutachten von Prof. Euck-Basel wird die eingeführte Kontingentierung als verfassungs- und gesetzwidrig bezeichnet. Die Union zentralschweizerischer Zigarrenfabrikanten hat hierauf Eechtsgutachten von Prof. Blumenstein-Bern vorgelegt. Diese kommen zum Schluss, dass die Einführung einer Kontingentierung der Zigarrenproduktion durch Vollziehungsverordnung des Bundesrates nach Verfassung und Gesetz zulässig sei.

Durch Artikel 46 und 47 der bundesrätlichen Verordnung vom 30. Dezember 1947 betreffend die fiskalische Belastung des Tabaks ist daher die Weiterführung der Kontingentierung verfügt
worden. Von der Massnahme nicht erfasst werden die spezifischen Tessinerprodukte,,d. h. die Virginia-Brissago und Toscani; weil diese Industriegruppe die Kontingentierung nie verlangt hat. Die Folge davon war, dass in den letzten Jahren die Kleinbetriebe im Tessin eingegangen sind.

In der Öktobersession 1949 wurde im Nationalrat eine Motion eingereicht, welche den Bundesrat ersuchte, die Vorschriften über die Kontingentierung der Zigarrenproduktion in seiner Verordnung vom 30. Dezember 1947 aufzuheben, Hierauf sind in der nämlichen Session Interpellationen eingereicht wor-

502 den, in denen der Bundesrat angefragt wurde, ob er bereit sei, die Kontingentierung der Zigarrenproduktion zum Schutze der kleinen und mittlern Betriebe und der darin beschäftigten Arbeiter beizubehalten. Die Motion um Aufhebung der Kontingentierung wurde am 14. Dezember 1949 vom Nationalrat mit 68 gegen 23 Stimmen abgelehnt.

Die Begelung der Kontingentierung durch eine bundesrätliche Verordnung ist trotzdem von verschiedener Seite weiterhin als verfassungswidrig angefochten worden. Wir haben daher über die umstrittene Frage ein Bechtsgutachten von Herrn Bundesrichter Dr. Steiner eingeholt. Dasselbe kommt in der Hauptsache zu folgenden Schlüssen: Der Bundesrat habe mit den Bestimmungen über die Kontingentierung die ihm durch Artikel 127, lit. b, des Bundesgesetzes erteilte Ermächtigung nicht überschritten. Die Frage, ob der Artikel 127, lit. b, seinerseits verfassungsmässig sei, beurteile sich nach den neuen Wirtschaftsartikeln. Dem Inhalte nach sei er, auch wenn er 'die Befugnis zur Kontingentierung des Bohtabakverbrauchs in sich schliesse, nicht verfassungswidrig, d. h. er stelle nicht eine Ermächtigung zu inhaltlich verfassungswidrigen Massnahmen dar. Die Kontingentierung hätte gestützt auf Artikel 31bls, Absatz 3, BV, angeordnet werden dürfen. Artikel 127, lit. b, des Bundesgesetzes verstosse aber, weil der Gesetzgeber nicht selbst die Kontingentierung eingeführt, sondern lediglich den Bundesrat ermächtigt habe, sie einzuführen, gegen die Formvorschrift des Artikels 32, Absatz l, BV, der die Kompetenzdelegation an den Bundesrat für die Einführung der in Artikel 81bls, Absatz 3, BV, vorgesehenen Vorschriften ausschliesse. Dieser Mangel, der durch kein Bechtsmittel geltend gemacht werden könne, sei baldmöglich zu beseitigen und der Kontingentierung des Bohtabakverbrauchs eine einwandfreie Grundlage durch das Gesetz selber zu geben.

Im Sinne der Schlussfolgerungen dieses Gutachtens beantragen wir Ihnen gestützt auf Artikel 31bls, Absatz 3, lit. a, BV, die Ergänzung von Artikel 127 des Gesetzes' über die Alters- und Hinterlassenenversicherung durch Aufnahme der grundsätzlichen Bestimmungen über die Kontingentierung in das Bundesgesetz. Damit wird der Mangel behoben, dass die,Kontingentierungsvorschriften lediglich durch eine Verordnung des Bundesrates erlassen wurden, statt wie in Artikel 32,
Absatz 1,.BV, vorgeschrieben, durch ein Bundesgesetz oder einen Bundesbeschluss, für welche die Volksabstimmung verlangt werden kann. ^ Die Weiterführung der Kontingentierung stellt unzweifelhaft eine Abweichung von der, Handels- und Gewerbefreiheit dar. Gemäss Artikel 31bls, Absatz 3, lit. a, BV, ist jedoch der Bund befugt, .wenn das Gesamtinteresse es rechtfertigt, nötigenfalls in Abweichung von der Handels- und Gewerbefreiheit, Vorschriften zu erlassen zur Erhaltung wichtiger, in ihren Existenzgrundlagen gefährdeter Wirtschaftszweige. Laut Absatz 4 des nämlichen Artikels dürfen solche Vorschriften nur erlassen werden, wenn der betreffende Wirtschaftszweig diejenigen Selbsthilfemassnahmen getroffen hat, die ihm billigerweise zugemutet werden können,.

503 Niemand wird bestreiten, dass die Zigarrenindustrie für verschiedene Gegenden unseres Landes einen wichtigen Wirtschaftszweig bildet und dass das Gesamtinteresse die Erhaltung dieser Industrie erfordert. Ohne die Schutzmassnahme der Kontingentierung wäre die Industrie in ihrer Existenzgrundlage gefährdet, weil die gesamte Klein- und Mittelindustrie derart schwere Bückschläge erleiden müsste, dass sie in wenigen Jahren ruiniert wäre.

Die der Industrie zumutbaren Selbsthilfemassnahmen sind getroffen worden durch eine Konvention, welche die Gewichte und Preise der Fabrikate und die dem Handel zu gewährenden Eabatte und Skonti allgemein verbindlich regelt.

Bei Aufhebung der Kontingentierung wäre zu befürchten, dass nabh kurzer Zeit auch diese Konvention dahinfallen würde.

In Artikel 32, Absatz 2 und 3, BV, wird verlangt, dass vor Erlass der in Absatz l genannten Gesetze die Kantone und die zuständigen Organisationen der Wirtschaft anzuhören seien. Wir haben in der Angelegenheit die^Ansichts.äusserung der Kantone eingeholt. Von den neun Kantonen, welche,Zigarrenfabriken aufweisen, haben sich acht für die Weiterführung der Kontingentierung ausgesprochen. Luzern hat keine Antwort erteilt. Die Antworten derjenigen Kantone, in denen sich keine Zigarrenindustrie befindet, lauten zum Teil auf Zustimmung, zum grössern Teil dahin, dass keine Einwendungen erhoben würden oder dass man, weil nicht direkt betroffen, auf eine Stellungnahme verzichte. Einzig St. Gallen äussert Bedenken, und zwar solche grundsätzlicher Natur. Es erklärt, dass es dem Gesetzesentwurf unter Wahrung seines grundsätzlich ablehnenden Standpunktes nur in dem Sinne zustimme, als bei relativer Betrachtungsweise das Schutzbedürfnis der Zigarrenindustrie dasjenige der Uhrenindustrie überwiegen dürfte und daher in diesem Falle eher ein Anspruch auf Erlass von Vorschriften im Sinne von Artikel 31bls, Absatz 3 BV bestehe. Unter den Befürwortern der Weiterführung befindet sich der an der Stumpenindustrie weitaus am stärksten interessierte Kanton Aargau.

Aus den Antworten der au der Zigarrenindustrie direkt interessierten Kantonsregierungen sei folgendes hervorgehoben: Der bernische Begierungsrat schreibt u.a.: Wir halten dafür, dass die unbeschränkt freie Konkurrenz ihre Grenzen dort finden muss, wo das Allgemeininteresse im Spiele steht. Es
würde unseres Erachtens zweifellos nicht im Interesse der nationalen Wirtschaft liegen, wenn durch die ungehemmte Entwicklung einiger weniger kapitalkräftiger Grossunternehmungen über ein halbes Hundert Kleinbetriebe einer Branche ausgeschaltet würde. Es kann nicht eingewendet werden, die Konkurrenz werde durch die Kontingentierung ganz unterdrückt, da die Existenz nicht leistungsfähiger Betriebe auch bei diesem System nicht garantiert ist.

Auch im Bahmen der Kontingentierung wird die zeitgemässe Entwicklung der Betriebe durchaus nicht unterbunden. Aber dem schrankenlosen Wett'· kämpf werden vernünftige Grenzen gesetzt, :

504

Die Eegierung von Basel-Stadt hält die Kontingentierung im Interesse von Arbeitnehmer und Arbeitgeber für notwendig und auch vom Standpunkt des Konsumenten nicht unerwünscht, da sich die ungehemmte Konkurrenz nicht in besserer und billigerar Ware, sondern nur in vermehrter Eeklame auswirken würde.

.

Die waadtländische Eegierung schreibt u. a. (Übersetzung) : Wenn man die Statistik der Jahre 1911 und 1949 vergleiche, stelle man fest, dass die waadtländische Zigarrenindustrie vor 39 Jahren in 16 Fabriken 1600 Arbeitskräfte beschäftigte, wahrend im Jahre 1949 nur noch 6 Fabriken mit 360 Arbeitskräften bestunden. Man müsse befürchten, dass die Aufhebung der Kontingentierungsmassnahmen diese Entwicklung noch beschleunigen würde. Die waadtländische Eegierung würde dadurch vor heikle wirtschaftliche und soziale Probleme gestellt, welchen nach Möglichkeit vorgebeugt werden müsse, um so mehr als sie im Eahmen der gesamten waadtländischen Wirtschaft zu betrachten seien, von welcher die Zigarrenindustrie einen integrierenden Bestandteil bilde.

Wenn zwischen 1911 und 1949 die 1240 Arbeitskräfte, welche die Zigarrenindustrie verliessen, ihr tägliches Brot anderweitig fanden, so erkläre sich das aus der im ganzen günstigen Entwicklung der kantonalen Wirtschaft, trotz den Eückschlägen, die auch sie erfahren habe. Vom allgemeinen Standpunkt aus betrachtet, scheine aber heute die Struktur der Wirtschaft des Kantons einen Zustand erreicht zu haben, der nicht eine ausgesprochene Stagnation, aber doch eine langsamere Umwandlung bedeute. Wenn auch die Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt befriedigend blieben, so könne doch die Unsicherheit der Verhältnisse, auf welche die Behörden keinen Einfluss hätten, nicht unbeachtet bleiben. Diese Verhältnisse könnten früher oder später in dem Sinne einen nachteiligen Einfluss ausüben, als keine Sicherheit bestehe, dass die Arbeiter aus einer Branche mit absinkender Tätigkeit innert nützlicher Zeit von einem gedeihenden Wirtschaftssektor absorbiert werden könnten. Aus diesem Grunde erachte es der Staatsrat als opportun, im Eahmen des Möglichen und soweit er einen Einfluss ausüben könne, eine Verminderung der Beschäftigungsmöglichkeiten zu vermeiden. Dieser Grundsatz gelte im konkreten Falle auch für die Kontingentierung der Zigarrenproduktion, weil die Aufhebung dieser Massnahme
vielleicht die Schliessung von'kleinen Betrieben und infolgedessen für eine bestimmte Zahl von Beschäftigten Arbeitslosigkeit zur Folge hätte. Der Staatsrat erachte daher die Beibehaltung der Kontingentierung des Eohtabakverbrauchs für die, Herstellung von Stumpen und Zigarren als notwendig.

Die drei Fabrikantenverbände der Zigarrenindustrie, d. h. die «Ucifa», Union zentralschweizerischer Zigarrenfabrikanten,,, die «Union romande des fabricants de cigares» und der Mittel- und Kleinfabrikantenverband der Zigarrenindustrie sowie die drei beteiligten Arbeiterorganisationen, d. h. der Verband der Handels-, Transport- und Lebensmittelarbeiter der Schweiz, der

505 schweizerische Verband evangelischer Arbeiter und Angestellter und der Verband christlicher Transport-, Handels- und Lebensmittelarbeiter haben sich einhellig für die Weiterführung dieser Schutzmassnahme ausgesprochen.

Der wichtigste Industrieverband der Branche, die Union zentralschweizerischer Zigarrenfabrikanten, begründet seinen Standpunkt u. a. wie folgt: Der Kontingentierung ist es zu verdanken, dass Ordnung in die Produktions- und Absatzverhältnisse der Zigarrenindustrie gebracht und den Arbeitern ein angemessener, rechter Lohn bezahlt werden konnte. In den Jahren vor dem Kriege bestand auf dem schweizerischen Zigarrenmarkt eine ausserordentliche Absatzkrise, die auf eine unvernünftige Überproduktion einiger weniger Grossbetriebe zurückzuführen war. Diese Fabrikanten, die auch Zigarrenfabriken in Deutschland betrieben, verwendeten das dort verdiente viele Geld, um ihre Betriebe in der Schweiz auf Kosten der kleineren, weniger kapitalkräftigen Konkurrenten zu vergrössern. Um die so herbeigeführte Überproduktion abzusetzen, wurde mit überbordender Reklame, Preisunterbietungen, Einführungsrabatten und verheerenden Zugaben an die Abnehmer gearbeitet. Kleine und mittlere Betriebe wurden dadurch in ihrer Existenz gefährdet, und es schien nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis diese den Expansionsbestrebungen der Grossen zum Opfer fallen werden.

Mit der Kontingentierung wird die Produktion der Nachfrage angepasst.

Mit oder ohne Kontingentierung wird nicht mehr und nicht weniger Bohtabak eingeführt, nicht mehr und nicht weniger geraucht und nicht mehr und nicht weniger produziert. Die Kontingentierung hat auf: den Umfang der , Tabakverarbeitung überhaupt 'keinen Einfluss. Sie stellt indessen heute : die einzig wirkungsvolle Massnahme dar, um den unschweizerischen Expansions- und Konzentrationsbestrebungen entgegenzuwirken.

Durch die Erhaltung der kleineren Betriebe ist es möglich, den Arbeitern den Arbeitsplatz und den Gemeinden die Steuern zu erhalten. Dabei darf nicht ausser acht gelassen werden, dass der Konsum an Zigarrenfabrikaten .seit Jahren konstant gebheben ist, und ein Mehrverkauf einer Firma einen Minderabsatz der andern zur Folge hat. Die Konzentration der Produktion auf einige wenige Betriebe bedingt demzufolge das Aufgeben der Produktion durch die andern. Das ist, vom
Standpunkt des Fabrikanten, des Arbeiters und der betroffenen Gemeinden aus gesehen, eine höchst unerwünschte Erscheinung. Aber auch die Allgemeinheit hat kein Interesse an einer solchen Entwicklung; :das ganze Land ist interessiert daran, dass alle seine Angehörigen Arbeit und Verdienst haben und nicht einige wenige auf Kosten der andern grosse Reichtümer ansammeln und die wirtschaftliche Macht auf sich konzentrieren.

! Der Schweizerische Gewerbeverband sagt in seiner1 Stellungnahme, die Hauptvoraussetzung für den Erlass derartiger Bestimmungen, nämlich die Gefährdung des in Frage stehenden Berufszweiges, sei im vorliegenden Falle

506 erfüllt. Er befürwortet daher die vorgesehene Eegelung und schreibt, dabei leite ihn insbesondere auch die Überlegung, dass nicht nur die Beteiligten, sondern auch die Allgemeinheit'ein direktes Interesse daran hätten, dass der Konzentrationsprozess in der Zigarrenindustrie nicht weiter fortschreite. Die vorgesehenen Massnahmen bildeten das geeignete verfässungsmässige Mittel zur Erhaltung der bisherigen Struktur in dieser Branche.

Der Schweizerische Bauernverband schreibt, der Vorschlag scheine ihm eine gute Grundlage für die Weiterführung der Kontingentierung und ihre Verbesserung.

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund sagt, man möge sich in dieser Präge an die Stellungnahme des ihm angeschlossenen und meistinteressierten Verbandes, d. h. des Verbandes der Handels-, Transport- und Lebensmittelarbeiter der Schweiz, halten. Dieser befürwortet die Kontingentierung.

Der Vorort des Schweizerischen Handels- und Industrievereins steht auf dem Standpunkt, dass die Tabakkontingentierung mangels einer verfassungsmässigen Grundlage und weil finanz- und wirtschaftspolitisch überwiegend nachteilig, nicht in ein Bundesgesetz übergeführt, sondern aufgehoben werden sollte. Er erachtet den Abgabezuschlag für, den über das Kontingent hinaus verarbeiteten Eohtabak als zu hoch und ist der irrigen Ansicht, dass neue Betriebe denselben für den gesamten Kohtabakverbrauch zu entrichten hätten, wodurch praktisch der numerus clausus eingeführt werde. Er bezweifelt, dass die für die Abweichung von der Handels- und Gewerbefreiheit in Artikel 81bls, Absatz 3, BV erwähnte Voraussetzung der Existenzgefährdung erfüllt sei und bemängelt, dass nicht im Gesetze selbst als Voraussetzung für die Kontingentierung Selbsthilfemassnahmen vorgeschrieben werden. Schliesslich wird dargelegt, die Kontingentierung laufe dem Gesamtinteresse deswegen zuwider, weil sie mit beträchtlichen Zolleinbussen und mit erheblichen: Aufwendungen für Arbeitslosenentschädigung verbunden sei.

Die Kontingentierung besteht nun bereits seit 14 Jahren. Es ist zuzugeben, dass sie nicht vermocht hat, alle Klein- und Mittelbetriebe zu erhalten. Im grossen und ganzen hat sie sich jedoch als wirksamer Schutz ; der Klein- und Mittelindustrie erwiesen. Das beweist die nachstehende Aufstellung über die Verteilung der Eohtabakverbrauchs auf die verschiedenen
Grössenklassen der Industrie im Jahre 1950, im Vergleich zum Jahre 1937, in der der Kontingentierung nicht unterstellten Tessiner Industrie einerseits und^der kontingentierten Industrie der übrigen Schweiz anderseits: Tessin 1937

Anzahl Betriebe.

grosse .

mittlere kleine .

Anzahl Betriebe

Verarbeiteter Eohtabak Q

2 5 10

5371 1989 762

17

8122

2 4 3

q 5331 1074 32

9

6437

%

66,1 24,5 9,4

100

1950

Verarbieiteter Kohtabak % 82,8

16,7 0,5

100

507 Übrige Schweiz Anzahl Betriebe

mittlere kleine .

1937 Verarbeiteter Rohtabak q %

3 24 52

10779 17807 4172

79

32 758

82,9 54,3 .12,8 100

: Anzahl Betriebe

.; ' 1950 Verarbeiteter Eohtabak q %

3 19 82

13218 10176 2 755

54;

26149

50,5 89,0 10,5 100

Grossbetriebe = über 200 000 kg Bohtabakver brauch pro Jahr.

Mittelbetriebe = über 30 000 kg bis 200 000 kg Eohtabakverbrauch pro Jahr.

Kleinbetriebe = bis 30 000 kg Eohtabakverbrauch pro Jahr.

Während in der angegebenen Zeit von 14 Jahren bei der nicht kontingentierten Zigarrenindustrie der Anteil der Kleinbetriebe von 9,4 auf 0,5% gesunken ist, verzeichnen die Kleinbetriebe der kontingentierten Industrie nur einen leichten Eückgang von 12,8 auf 10,5%. Bei den 19 in der Zentral- und Westschweiz eingegangenen Kleinbetrieben befinden sich zahlreiche kleinste Unternehmen. Aus diesem Grunde ist der prozentuale Eückgang nicht grösser.

Der Eohtabakverbrauch und damit die Produktion ist sowohl im Tessin als auch in der übrigen Schweiz stark zurückgefallen. Im Tessin ist auch der Produktionsanteil der Mittelbetriebe wesentlich mehr zurückgegangen als in der übrigen Schweiz. Diese Kategorie wird nun dadurch einen noch vermehrten Schutz erhalten, dass ihr auf der Fabrikationsabgabe höhere Ermässigungen gewährt werden.

: Der Handel mit zugeteilten Kontingenten (Verbrauchsquoten) ist nicht statthaft. Dagegen steht es jedem Fabrikanten selbstverständlich frei, seinen Betrieb mit dem gesamten Kontingent, den Einrichtungen, den Tabakvorräten, usw., mit oder ohne Immobilien, zu verkaufen bzw. für längere oder kürzere Zeit zu verpachten. Er muss aber die Fabrikation einstellen.

, Die in Art. 46 der bundesrätlichen Verordnung vom 30. Dezember 1947 betreffend die fiskalische Belastung des Tabaks enthaltene Bestimmung, wonach neu eröffnete Betriebe auf dem gesamten Eohmaterialverbrauch den Abgabe. Zuschlag zu entrichten haben, soll aufgehoben werden. Neu entstehende Betriebe, die ausschliesslich eigene Marken herstellen und in Jeder Beziehung selbständig geführt werden, sollen ebenfalls ein gewisses Kontingent erhalten.

Es besteht keine Gefahr für zahlreiche Neugründungen. Von den in den dreissiger Jahren gegründeten sieben Zigarrenfabriken besteht nur noch eine.

Die Kontingentierung des Bohtabakverbrauchs durch Festsetzung eines hohen Abgabezuschlages für diejenige Menge Eohmaterial, welche ein durch die Oberzolldirektion quartalweise für den einzelnen Betrieb festgesetztes Kontingent überschreitet, ist ohne Zweifel die wirksamste Massnahme zur Erhaltung der Zigarrenindustrie in ihrer heutigen Struktur. Eine Überschreitung der Kontingente ist möglich. Für die das Kontingent übersteigende Menge wird

508 i jedoch ein wesentlich erhöhter Abgabesatz angewendet. Hohe Überschreitungen werden dadurch praktisch verunmöglicht, kleinere sind dagegen tragbar, wenn der Zuschlag auf den gesamten Verbrauch umgerechnet wird. Vor der Festsetzung der Kontingente holt die Oberzolldirektion die Ansichtsäusserung sämtlicher Fabrikanten ein, überdies wird eine vom Finanz- und Zolldepartement ernannte Kommission konsultiert, in welcher die Fabrikanten, die Arbeiterschaft, der Grosshandel, der Kleinhandel und das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit vertreten sind. Die Kontingente werden stets so hoch angesetzt, dass die Qualitätskonkurrenz sich gleichwohl auswirken kann. Firmen, welche die Qualität nicht pflegen, können trotz der Kontingentierung ihre Produkte nur mit grosser Mühe absetzen und das ihnen zugeteilte Kontingent nicht voll ausnützen.

Von den Gegnern der Kontingentierung ist geltend gemacht worden, der Eückgang des Zigarrenkonsums sei zum Teil eine direkte Folge der Kontingentierung. Diesem Argument ist entgegenzuhalten, dass im Jahre 1950 gegenüber 1939 die Produktion der nichtkontingentierten Zigarren, d. h. der VirginiaBrissago und Toscani um 19 Prozent, diejenige der kontingentierten Zigarren (Stumpen, Kopfzigarren, Cigarillos etc.) dagegen nur um 4 Prozent zurückgegangen ist. Dadurch dürfte der Beweis erbracht sein, dass der Eückgang des Zigarrenkonsums auf ganz andere Gründe als auf die Kontingentierung zurückzuführen ist.

Die Festsetzung der Kontingente der einzelnen Betriebe erfolgte bis anhin gestützt auf den Eohtabakverbrauch im Jahre 1937. Es. ist kaum angängig, dieses nun weit zurückliegende Jahr auch in alle Zukunft der Festsetzung der Kontingente zugrunde zu .legen. Wir haben daher eine weniger weit zurückliegende Periode, d. h. die Jahre 1946 bis 1950 als neue Stichperiode in Aussicht genommen. Nach je fünf Jahren werden die Kontingente neu festgesetzt, wobei stets die fünfjährige Periode, die dem Jahre vor der Neufestsetzung vorausgegangen ist, als neue Grundlage dient. Betrieben, welche ihr Kontingent nicht . ausnützen konnten, wird somit in der folgenden Periode ein kleineres Kontingent zugeteilt. Demzufolge wird das Kontingent der andern Betriebe höher.

Die Kontingentierung wird auf diese Weise der ihr bis anhin angehafteten Starrheit entledigt und elastischer gestaltet.
Um den Arbeitnehmern der Zigarrenindustrie den Arbeitsplatz in der Gegend, wo sie ansässig sind, zu erhalten, sieht der Gesetzesentwurf vor, dass die Verlegung von Kontingenten nur mit Bewilligung der Oberzolldirektion zulässig ist. Durch Verordnung soll vorgeschrieben werden, dass die Oberzolldirektion ihren Entscheid erst nach Anhören der lokalen und kantonalen Behörden, der interessierten Arbeitnehmerorganisationen sowie des Bundesamtes für Industrie, Gewerbe, und Arbeit treffen kann. Der Entscheid der Oberzoll.direktion kann durch Beschwerde an das Eidgenössische Finanz- und Zolldepartement, unter Vorbehalt der Verwaltungsbeschwerde an den Bundesrat, angefochten werden.

:

509

Die Erhaltung des Arbeitsplatzes am bisherigen Standort ist in der Zigarrenindustrie darum von besonderer Wichtigkeit, weil von der Arbeiterschaft rund 55% auf verheiratete Frauen entfallen, die nicht an einen andern Ort versetzbar sind.

Mit der neuen Regelung haben sich sämtliche Interessenten, sowohl Arbeitgeber als Arbeitnehmer, einverstanden erklärt. Auch die Firma, welche die Kontingentierung bis anhin bekämpfte, hat der vorgesehenen Ordnung zugestimmt, obwohl sie grundsätzlich Gegnerin der Kontingentierung ist.

Hinsichtlich der Verfassungsmässigkeit der durch ein Gesetz eingeführten Kontingentierung erklärt. Herr Bundesrichter Steiner unter anderem, wenn dem Bund ein Eecht zur Erhebung von Gewerbesteuern zustehe, wie z. B. auf Grund von Art. 41 te* B V das Eecht zur Erhebung der Tabaksteuer, so dürfe er bei Ausübung dieses Eechtes vom Grundsatz der Handels- und Gewerbefreiheit abweichen. Die Eingriffe müssten in Wahrung der allgemeinen Interessen der schweizerischen Gesamtwirtschaft erfolgen, dürften also diese Interessen nicht verletzen. Gesamtwirtschaftliche Interessen, die durch die Kontingentsabgabe verletzt würden, könnten aber keine namhaft gemacht werden. Im Gesamtinteresse liege alles, was von einem übergeordneten Standpunkt, d. h.

vom Standpunkt des Wohles des Landes aus, wertvoll ist. Von diesem Standpunkt aus wertvoll sei aber auch der Fortbestand der Klein- und Mittelbetriebe.

Aus der Entstehungsgeschichte der neuen Wirtschaftsartikel ergebe sich, dass sie den Erlass von Vorschriften zum Schutze der Klein- und Mittelbetriebe ermöglichen wollten.

.

; Ein Eingriff in die Handels- und Gewerbefreiheit dürfe nur «nötigenfalls» erfolgen, d. h. nur dann, wenn das Gesamtinteresse, also im vorliegenden Fall die Erhaltung der Klein- und Mittelbetriebe in der Tabakindustrie, nicht innerhalb der Handels- und Gewerbefreiheit verwirklicht werden könne. Es fehle aber jeglicher Nachweis dafür, dass dieses Ziel auch mittels einer die Handelsund Gewerbefreiheit nicht beeinträchtigenden sogenannten gewerbepolizeilichen Massnahme erreicht werden könnte.

Unter den erwähnten Voraussetzungen dürfe ein Eingriff in die,Handelsund Gewerbefreiheit erfolgen u. a. zur Erhaltung wichtiger, in ihren Existenzgrundlagen gefährdeter Wirtschaftszweige oder Berufe. Die Tabakverarbeitung dürfe als ein «wichtiger»
Wirtschaftszweig oder Beruf aufgefasst werden. Ihr komme schon deshalb eine grosse Bedeutung zu, weil sie die weitaus Richtigste Einnahmequelle zur Finanzierung des Bundesbeitrages an die AH V ', ist.

Bei Prüfung der Frage, ob eine « G e f ä h r d u n g der E x i s t e n z g r u n d l a g e » vorliege, sei weder auf einzelne besonders gut fundierte noch auf einzelne gefährdete Betriebe abzustellen, sondern auf die Lage leistungsfähiger Durchschnittsbetriebe. Ein Wirtschaftszweig oder Beruf sei daher in den Existenzgründlagen gefährdet, wenn sich ohne staatliche Schutzmassnähmen die Kleinund Mittelbetriebe nicht mehr halten können.

Wir sind überzeugt, dass die Weiterführung der Kontingentierung zur Erhaltung geordneter Verhältnisse in der Zigarrenindustrie notwendig ist. Würde Bundesblatt. 103. Jahrg. Bd. III.

37

510 sie fallengelassen, so entstünde wieder ein erbitterter Konkurrenzkampf wie vor ihrer Einführung, als sich die Fabriken in der Verabfolgung von Eabatten und Gratiszugaben gegenseitig überboten. In einem derartigen Kampfe könnte die Klein- und Mittelindustrie, die nur über beschränkte finanzielle Mittel verfügt, nicht bestehen, sondern würde schon nach wenigen Jahren untergehen.

Die Arbeiterschaft, die nicht an. Orten ansässig ist, wo die wenigen grossen Firmen Betriebe besitzen, namentlich diejenige in der. Westschweiz, würde den Verdienst verlieren. An verschiedenen Orten müsste eine geradezu katastrophale Lage entstehen.

III.

Die Abgabeermässigungen für die kleinen und mittlern Betriebe Diese Ermässigungen bestehen nicht nur in der Zigarrenindustrie, sondern auch in der Zigaretten- und Pfeifentabakindustrie, und zwar bereits seit 13 Jahren. Sie haben sich bewährt und sind bis anhin von keiner Seite beanstandet worden. Ihr Zweck ist ebenfalls die Erhaltung der kleinern Betriebe. Die Unkosten für die Fabrikation, namentlich aber diejenigen für den Absatz der Ware, belasten kleinere Fabriken verhältnismässig weit mehr als die Grossbetriebe.

Die erstem vermögen unmöglich eine gleich hohe Fiskallast zu tragen wie die grossen Fabriken. Mit den Abgabeermässigungen ist es möglich, die steuerliche Belastung der Tragfähigkeit der verschiedenen Grössenklassen der Fabriken anzupassen und für den Fiskus ein Maximum an Einnahmen herauszuholen.

Die Abgabeermässigungen für alle drei Industriegruppen (Zigarren, Zigaretten und Pfeifentabak) beziffern sich gegenwärtig auf rund 3 Millionen Franken pro Jahr, wozu nun noch ca. 800 000 Franken für eine vermehrte Begünstigung der kleinen und mittlern Betriebe der Zigarrenindustrie hinzukämen.

IV.

Bemerkungen zum Gesetzestext Art. 1: Abänderung von Art. 120 des Gesetzes: Die Fabrikationsabgabe für Eohmaterial zur Herstellung von Zigarren, die laut Gesetz per 100 kg 80 Franken beträgt und durch den Bundesratsbeschluss vom 81. Januar 1949 eine Ermässigung auf 70 Franken erfahren hat, wird auf 90 Franken erhöht. Auf diese Weise ergibt sich die Möglichkeit, die kleinern Fabriken gegenüber den Grossbetrieben in vermehrtem Masse zu begünstigen, indem ihnen auf der Abgabe nach der Menge des Eohtabakverbrauchs differenzierte Ermässigungen eingeräumt werden. Für die grossen Betriebe wird die Erhöhung, die sie in Kauf nehmen müssen, mehrfach ausgeglichen durch die weitgehende Eeduktion der Zölle. Der Ansatz für Eohmaterial zur Herstellung von Pfeifentabak und Zigarettentabak bleibt unverändert. Dagegen wird derjenige für gesponnenen Tabak und Schnupftabak von 140 Franken auf 100 Franken ermässigt.

511 Abänderung von Art. 127: Lit. fc von Absatz l lautet im. bestehenden Gesetz dahin, dass der Bundesrat Massnahmen treffen könne «zur Erhaltung einer leistungsfähigen Tabakindustrie». Auf Grund dieser Ermächtigung wurde die Kontingentierung des Eohtabakverbrauchs in der Zigarrenindustrie durchgeführt, ferner wurden den kleinern und mittlern Betrieben in der ganzen Tabakindustrie Ermässigungen auf der Fabrikationsabgabe gewährt. Die Kontingentierung wird nun in das Gesetz selbst aufgenommen, so dass diese Bestimmung nur noch die Grundlage für die Abgabeerrnässigungen bildet. Im Interesse der Klarheit der Gesetzesvorschriften empfiehlt es sich, den konkreten Zweck anzugeben, d. h. die Erhaltung ' der kleinen und mittlern Betriebe. Die Ansätze für die den kleinen und mittlern Fabriken gewährten Ermässigungen auf der Fabrikationsabgabe werden durch Verordnung festgesetzt. Die Ermässigung ist am höchsten für die kleinsten Betriebe, indem der höchste Errnässigungsansatz angerechnet wird für die ersten 10 q des monatlichen Eohtabakverbrauchs, für weitere 20 q gelangt bereits ein niedrigerer Ansatz zur Anwendung usw. Für die grössern Betriebe wird die Gesamtsumme der Ermässigungen um einen progressiven Prozentsatz herabgesetzt, um bei den Grossbetrieben vollständig wegzufallen.

.

Die lit. a, c und d weisen den nämlichen Wortlaut auf wie im Gesetz vom 20. Dezember 1946.

Die Absätze 2 bis 6 betreffen die Kontingentierung. Der Ansatz für den Abgabezuschlag, der für das Eohmaterial zu entrichten ist, welches über das Kontingent hinaus verarbeitet wurde, ist auf der bisherigen Höhe von 300 Franken belassen worden. Dieser Zuschlag genügt, um wesentliche Kontingentsüberschreitungen zu verhindern.

Betriebe, denen wegen Nichtausnützung des Kontingentes in der Folge ein niedrigeres Kontingent zufällt, haben bei steigender Nachfrage gleichwohl die Möglichkeit, ohne Entrichtung des Abgabezuschlages, über das Kontingent hinausgehende Mengen bis zur durchschnittlichen Verbrauchsquote der Bemessungsperiode zu verarbeiten und damit auch ihr Kontingent für die nächste : Periode wieder zu erhöhen.

Absatz 5 stellt eine besondere Schutzbestimmung zugunsten der selbständigen Kleinbetriebe dar.

: Die durch die Tessiner Zigarrenindustrie hergestellten Virginia-Brissago und Toscani sollen, wie bis anhin, durch die Verordnung
des Bundesrates von der Kontingentierung ausgeschlossen bleiben.

Art. 2: Absatz l betrifft die Nachzahlung von Zolldifferenzen auf Abfällen von Tabaken, für welche die niedrigen Zölle für Zigarrentabake entrichtet wurden, die nun aber zur Herstellung von Pfeifentabak oder Zigaretten verwendet werden.

Absatz 2 betrifft den Tarif der Tabakzölle im Anhang zum Gesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung. Die Ansätze werden wie folgt ermässigt: :

512

Pos.

» » » » » »

Ansatz laut ERB vom 31. 1. 1949 per 100 kg brutto Fr.

96.-- 104.-- 115.--

Ansatz laut Gesetz per 100 kg brutto Fr.

120.-- .

130.. 140.-- 190.--

2a .

2b . . .

3 4 . .

220.-- 5a . .....

. . , . 240.-- 5b 6 6 . . . . . . . . 300.--

155.-- 180.-- 1 200.-- J 300.--

neuer Ansatz per 100 kg brutto Fr.

30.-- 50.-- 60.-- 70.-- 80.-- 160.--

Bei der Neufestsetzung der Ansätze musste darauf Bedacht genommen werden, dass die Tessiner-Industrie, welche zur Herstellung ihrer Produkte (Virginia und Toscani) beinahe ausschliesslich Tabake der Nr.2 o verarbeitet, ungefähr im gleichen Ausmasse entlastet wird wie die Zigarrenindustrie der übrigen Schweiz. Die bisherigen Tarifnummern 5 a und 5 6 werden in der neuen Nr. 5 mit dem einheitlichen Ansätze von 80 Franken vereinigt. Bei den heutigen Verhältnissen ist eine höhere Belastung der Havana- und Sumatratabake gegenüber den Javatabaken nicht mehr gerechtfertigt.

Die heutige Tarif-Nr. 6 wird in 6 a und 6 b unterteilt. Unter Nr. 6 a fallen die Bohtabake zur Herstellung von Schnittabak mit dem unveränderten Ansatz von 300 Franken per q, während nach 6 fe mit dem reduzierten Ansatz von 160 Franken per q die Bohtabake zur Herstellung von gesponnenem Tabak und Schnupftabak gehören.

Art. 3: Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Bohtabakpreise in spätem Jahren wieder sinken. Für diesen Fall muss die Möglichkeit geschaffen werden, ohne nochmalige Gesetzesrevision, die Fiskalbelastung der Zigarrenindustrie wiederum zu erhöhen.

Art. 4: Die Verbände der Zigarrenindustrie hatten bereits im Mai 1950 das Begehren um Ermässigung der Fiskalbelastung gestellt. Die eingehenden Untersuchungen der Preiskontrollstelle haben jedoch sehr viel Zeit beansprucht. In Anbetracht der nachgewiesenen Tatsache, dass die meisten Betriebe seit mehreren Jahren mit Verlust arbeiten, rechtfertigt es sich, den Steuerpflichtigen für die Periode vom 1. Januar 1951 bis zum Inkrafttreten des Gesetzes die Differenz zwischen der bisherigen und der neuen Fiskalbelastung rückzuerstatten.

·

.

V.

Schlussbemerkungen Über die finanziellen Auswirkungen der Gesetzesvorlage ist folgendes zu sagen: Die Herabsetzung der Zollansätze wird einen Ausfall von rund 2,4 Millionen Franken bewirken, wogegen die Erhöhung der Fabrikationsabgabe einen Mehrerlös von ca. 600 000 Franken ergäbe. Für vermehrte Ermässigungen an

513 kleinere Betriebe der notleidenden Zigarrenindustrie sind jedoch ungefähr 800 000 Franken erforderlich, so dass auch bei der Fabrikationsabgabe ein Minderertrag von 200000 Franken entstehen wird. Der Ausfall wird somit bei der Zigarrenindustrie rund 2,6 Millionen Franken betragen. Dazu kommen noch ungefähr 55 000 Franken infolge Ermässigung der Fiskallast auf dem Bollentabak.

Für die Finanzierung der Alters- und HinterlassenenVersicherung durch Mittel des Bundes soll die fiskalische Belastung des Tabaks jährlich 85 Millionen Franken einbringen. Die effektiven Einnahmen betrugen: 1 9 4 8 . . . . . . . . . . 108 Millionen Franken, 1949 107 Millionen Franken, 1950 116 Millionen Franken.

Die Mehreinnahmen sind auf die sehr starke Zunahme des Zigarettenkonsums zurückzuführen. Der vorgesehene Abbau ist somit ohne weiteres tragbar.

Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen beehren wir uns, Ihnen zu beantragen, es sei auf die Beratung des nachfolgenden Gesetzesentwurfes einzutreten und derselbe zum Beschluss zu erheben.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

,

Bern, den 26. Oktober 1951.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: Ed. von Steiger Der Vizekanzler: Ch. Oser

514 (Entwurf)

Bundesgesetz betreffend

die Abänderung von Bestimmungen über die fiskalische Belastung des Tabaks im Bundesgesetz über die Altersund Hinterlassenenversicherung

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der Schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 26. Oktober 1951, beschliesst::

Art. l Die Artikel 120, Absatz l, und 127 des Bundesgesetzes über die Altersund Hinterlassenenversicherung vom 20. Dezember 1946 werden aufgehoben und durch folgende Bestimmungen ersetzt: Art. 120, Abs. 1: Die Fabrikationsabgabe beträgt für je 100 kg netto des gemäss Artikel 119, Absatz l, in Verarbeitung genommenen Eohmaterials: ' zur Herstellung von Zigarren Fr. 90.-- zur Herstellung von Pfeifentabak und Zigarettentabak . . . » 180.-- zur Herstellung von gesponnenem Tabak (Bollen- und Kautabak) und von Schnupftabak. .

» 100.--

Art. 127: 1 Der B'undesrat trifft Massnahmeii: a. zur Sicherung einer bäuerlichen Tabakkultur; b. zur Erhaltung der kleinen und mittleren Betriebe der Tabakindustrie, insbesondere durch Gewährung von Ermässigungen auf der Fabrikationsabgabe ; c. zur Erhaltung der Handarbeit in der Tabakindustrie, insbesondere durch Festsetzung niedrigerer Ansätze für Tabakerzeugnisse, deren Herstellung oder Verpackung in Handarbeit erfolgt; d. zur Begelung des Kleinhandels mit Tabakwaren und Zigarettenpapier.

515 2

Zur Erhaltung der kleinen und mittleren Betriebe der ZigarrenIndustrie sowie dea Arbeitsplatzes der darin Beschäftigten wird für jeden Betrieb alle fünf Jahre, erstmals für die Jahre 1952 bis 1956, ein Kontingent an Eohmaterial (Eohtabak und Tabakersatzstoffe) festgesetzt. Es entspricht der Menge des Bohmaterials, das der Betrieb in den fünf dem Vorjahre der Festsetzung vorangehenden Jahren verarbeitet hat. Für die Verlegung des Kontingentes in eine andere Ortschaft ist eine Bewilligung der Oberzolldirektion erforderlich.

3 Die Oberzolldirektion gibt vom Kontingent vierteljährlich unter Berücksichtigung der Absatzverhältnisse und der Arbeitsmarktlage sowie nach Anhörung der Zigarrenindustrie und einer vom Eidgenössischen Finanzund Zolldepartement eingesetzten konsultativen Kommission für sämtliche Betriebe einen bestimmten Anteil (Verbrauchsquote) frei. Betrieben, welche arbeitslose Zigarrenarbeiter der Gegend einstellen, kann eine zusätzliche Verbrauchsquote bis zu 5% ihres Kontingentes bewilligt werden.

4 Für Eohmaterial, das über die zugeteilten Verbrauchsquoten hinaus verarbeitet wird, ist ein Zuschlag zur Fabrikationsabgabe von 300 Franken je 100 kg zu entrichten. Betriebe, deren Kontingent kleiner ist als in der vorhergehenden Bemessungsperiode, haben den Abgabezuschlag nur soweit zu entrichten, als die verarbeitete Rohmaterialmenge den Durchschnitt der Verbrauchsquoten jener Periode überschreitet.

5 Kleinbetriebe, die nicht mehr als 80 000 kg Eohmaterial im Jahr verarbeiten, ausschliesslich eigene Marken herstellen und in jeder Beziehung selbständig geführt werden, entrichten keinen Abgabezuschlag.

6 Das Nähere wird durch Verordnung geregelt. Der Bundesrat kann insbesondere bestimmte Spezialprodukte von der Kontingentierung ausnehmen.

^ Art. 2 In den Vorbemerkungen zum Tarif der Tabakzölle werden die Abschnitte IV b 5 und IV c aufgehoben und durch folgende neue Bestim: mungen ersetzt: TV & 5: Blattabschnitte sowie Blattabfälle (Kleinbruch, Picadura), soweit die unter Ziffer 4 hievor zugestandene Grosse oder Höchstmenge überschritten wird: Nachzahlung der Zolldifferenz zwischen dem für rohe Tabakblätter zur Herstellung von Zigarren bezahlten Ansätze und dem Ansatz für Eohtabak zur Herstellung von Pfeifentabak;!

IV c : Bei Verwendung zur Herstellung von Zigaretten oder Zigarettentabak:
Blattabfälle, Blattabschnitte, Eippen, Zigarrenabschnitte usw.: Nachzahlung der Zolldifferenz zwischen dem für rohe Tabakblätter zur Herstellung von Zigarren bezahlten Ansätze und dem Ansatz für Eohtabak zur Herstellung von Zigaretten und Zigarettentabak.

.

1

516 2 Im Tarif der Tabakzölle werden die Zollansätze für die nachgenannten Tarifnummern wie folgt neu festgesetzt : Tarif Nummer

,

.

:

2a 2b 3 4 5 6« 60

gegen Verwendungsverpflichtung : zur Herstellung von Zigarren: -- Kentucky, Virginia dunkel -- -- -- Rio Grande '. . .

-- Domingo, Carmen, Blumenau, Plantagenabfälle von Tabaken der Nummern 4 und 5 .

Brasil. . .

Java, Sumatra, Ha vana, Mexiko -- zur Herstellung von Pfeifentabak. . . . . . .

-- -- zur Herstellung von gesponnenem Tabak (Bollenund Kautabak) und von Schnupftabak . . . .

NB. ad Nr. 6 a. Der zur gewerbsmässigen Herstellung von Zigarrenabschnitten verwendete Tabak fällt unter Nr. 6 a.

Art. 3 ;

Zollansatz Per 100 kg brutto

30.-- 50.-- 60.-- 70.-- 80.-- 300.-- 160.--

Der Bundesrat ist ermächtigt, im Falle des Sinkens der Eohtabakpreise nach Massgabe der Verhältnisse die Fiskalbelastung der Zigarren sowie des gesponnenen Tabaks und der Schnupftabake wieder bis auf den im Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung vom 20. Dezember 1946 angegebenen Stand zu erhöhen.

Art. 4 : \ Der Bundesrat ist ermächtigt, für die Periode vom 1. Januar 1951 bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes die Differenz zwischen der bisherigen und der neuen Fiskalbelastung auf Zigarren und Bollentabak zurückzuerstatten.

Art. 5

'

Der Bundesrat wird mit dem Vollzug und der Bestimmung des Datums des Inkrafttretens dieses Gesetzes beauftragt.

336

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesgesetzes betreffend die Abänderung von Bestimmungen über die fiskalische Belastung des Tabaks im Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (Vom 26. Oktober ...

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1951

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

45

Cahier Numero Geschäftsnummer

6135

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

08.11.1951

Date Data Seite

493-516

Page Pagina Ref. No

10 037 639

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.