No. 39

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B Bundesblatt 78. Jahrgang.

Band II.

Bern, den 29, September 1926.

Erscheint wöchentlich. Preis 20 Franken im Jahr, 10 franken im Haltjahr, zuzüglich Nachnahme- and Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr : 00 Kappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko »n

Stampfli & de. in Bern.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Gewährleistung der durch Volksabstimmung vom 16. Mai 1926 beschlossenen Abänderung der Verfassung des Kantons Unterwaiden ob dem Wald.

(Vom 21. September 1926.)

In der Abstimmung vom 16. Mai 1926 hat das Volk des Kantons Unterwaiden ob dem Wald eine Revision der in der Kantonsverfassung vom 27. April 1902 niedergelegten Bestimmungen über die Gerichtsorganisation angenommen. Mit Schreiben vom 24. Mai 1926 stellt deshalb der Regierungsrat des Kantons das Gesuch, es sei diesen Abänderungen der Verfassung die Gewährleistung des Bundes zu erteilen.

Die von der Revision betroffenen Bestimmungen lauten in der bisherigen und in der neuen Fassung wie folgt : Alter Text.

Netter Test.

Vierter Titel.

Richterliche Behörden.

A. Allgemeines.

Art. 41.

Alle Zivilstreitigkeiten, mit Inbegriff der Privatinjurien und der Ehescheidungsklagen müssen, ehe sie vor Gericht gelangen, zum Zweck gütlicher Ausgleichung vor den Friedensrichter gebracht werden. Eine Ausnahme findet einzig hinsichtlich jener Fälle statt, welche durch Vereinbarung der Parteien einem Schiedsgerichte zum Entscheide übertragen Bundesblatt. 73. Jahrg. Bd. U.

Art. 41.

Alle Zivilstreitigkeiten, mit Inbegriff der Pri vatehrbeleidigungsklagen, müssen, ehe sie vor Gericht gelangen, zum Zwecke gütlicher Ausgleichung vor den Friedensrichter gebracht werden. Eine Ausnahme findet einzig hinsichtlich jener Fälle statt, welche durch Vereinbarung der Parteien einem Schiedsgericht zum Entscheide übertragen werden oder für welche 37

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werden oder für welche durch die Gesetzgebung der Sühneversuch ausgeschlossen ist.

Art. 42.

Zur Beurteilung von Straffallen muss das Gericht immer in der Stärke der vollen Mitgliederzahl besetzt sein.

Im Falle Verhinderung oder gesetzlichen Ausstandes einzelner Mitglieder ergänzt sich das Kantonsgericht zunächst aus seinen Ersatzmännern und, soweit nötig, möglichst aus den Vermittlungsgerichten.

Das Obergericht sodann ergänzt sich im Bedürfnisfalle zunächst aus seinen Suppleanten, den nach Massgabe des Gesetzes verfügbaren Mitgliedern und Ersatzmännern des Kantonsgerichtes und, sofern dieselben nicht ausreichen, aus freier Wahl.

Bei Zivilprozessen kann auch das nicht vollzählige Gericht gültig urteilen, wenn beide Parteien auf die vollständige Ergänzung desselben verzichten.

Ob und inwiefern die Verhandlungen vor Gericht öffentlich sein sollen, bestimmt die Gesetzgebung.

durch die Gesetzgebung der Sühneversuch ausgeschlossen ist.

Forderungsstreitigkeiten aus Ansprüchen öffentlich-rechtlicher Natur zwischen dem Fiskus und Gemeinden oder Korporationen oder zwischen Gemeinden und Korporationen unter sich, sowie Klagen gegen den materiellen Inhalt von Gemeinde- oder Korporationsbeschlüssen gemäss Artikel 62, Abs. l, 3 und 4, der Kantonsverfassung werden von den gleichen Instanzen und im gleichen Verfahren beurteilt, wie die Zivilstreitfälle, Art. 42.

Zur Beurteilung von Straffällen muss das Gericht immer vollzählig besetzt sein.

Bei Zivilprozessen kann auch das nicht vollzählige Gericht gültig urteilen, wenn die Parteien auf die vollständige Ergänzung verzichten.

Im Falle Verhinderung oder gesetzlichen Ausstandes einzelner Mitglieder ergänzt sich das Kantonsgericht zunächst aus seinen Ersatzmännern, der Gerichtsausschuss aus den ihm nicht angehörenden Mitgliedern und denErsatzmännern des Kantonsgerichtes, im weitern aber beide Behörden, soweit nötig, durch freie Wahl.

Das Obergericht ergänzt sich zuerst aus seinen Ersatzmännern, dann aus den nach Massgabe des Gesetzes verfügbaren Mitgliedern und Ersatzmännern des Kantonsgerichtes und, sofern dieselben nicht ausreichen, durch freie Wahl.

Zur Ausfällung eines Todesurteiles sind mindestens fünf Stimmen erforderlich.

Ob und inwiefern die Verhandlungen vor Gericht öffentlich sein sollen, bestimmt die Gesetzgebung.

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Art. 43.

Sollte auf dem Wege der Revision des Strafrechtsverfahrens die Abhörung des Angeklagten und der Zeugen vor Gericht eingeführt werden, so kann für diese Fälle der Instanzenzug beseitigt werden.

Art. 43.

Die Berufungsmöglichkeit ist gegeben : 1. gegen zivilrechtliche Verfügungen und Entscheidungen des Einzelrichters, soweit sie unter Abs. 2 des Art. 46 fallen und soweit die Gesetzgebung die Berufung zur lasst, ans Kantonsgericht; 2. gegen Urteile und Entscheide des Kantonsgerichtes in Ehescbeidungs-,Ehelichkeits-,Vaterschaftsund Ehrverletzungsklagesachen sowiein solchen Zivilstreitigkeiten, bei denen mit Ausschluss von Zinsen und Kosten der Streitwert den Betrag von sechshundert Franken übersteigt, oder bei denen es sich um dem Werte nach nicht äuszumittelnde Gegenstände oder um immerwährende Rechtsamen handelt, ans Obergericht; 3. gegen Entscheide des Einzelrichters im Schuldbetreibungs- und Konkursverfahren und gegen vom Kantonsgericht als Konkursgericht getroffene Entscheide, soweit der Weiterzug gesetzlich zulässig ist, an das Obergericht; 4. gegen die Bussen- und Kostenentscheide so wie die Urteilsanträge der Untersuchungs- und Überweisungsbehörde an den Gerichtsausschuss ; 5. gegen Strafenteeheide des Gerichtsausschusses und des Kantonsgerichtes, wenn dieselben auf Geldbusse über hundert Franken oder auf Freiheitsstrafe über sieben Tage lauten, oder mit Ehrenfolgen, Gewerbeentzug, Trinkverbot oder nächtlichem Hausarrest verbunden sind, ans Obergericht.

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Die Berufungsfristen werden von der Gesetzgebung festgesetzt.

Der Weiterzugin Strafsachen kann vom Angeschuldigten und von der Staatsanwaltschaft ergriffen werden.

B. Friedensrichter und Vermittlungsgericht.

Art. 44.

In jeder Gemeinde wird ein Friedensrichter, sowie ein aus drei Mitgliedern und zwei Suppleanten bestehendes Vermitthmgsgericht gewählt. Die Mitglieder des letzteren vertreten im Falle der Verhinderung oder des Ausstandes auoh den Friedensrichter.

In das Vermittlungsgericht ist unter Vorbehalt von Art. 17, Abs. l, jeder Stimmfähige wählbar.

Kann ein Streitanstand vom Friedensrichter nicht vermittelt werden, so gelangt derselbe, sofern der Wert des Streitobjektes die Summe von hundert Franken nicht übersteigt, an das Vermittlungsgericht, in allen andern Fällen an das Kantonsgericht.

Vorbehalten bleibt die Verständigung der Parteien, einen Streitanstand mit Übergehung der ersten Instanz sofort dem Obergericht zu unterbreiten.

Sofern der Friedensrichter und das Vermittlungsgericht einer Gemeinde sich im Ausstande befinden, sorgt, der Obergerichtspräsident für den notwendigen Ersatz.

C. Untersuchungs- und Überweisungsbehörde.

(Justizkommission.)

Art. 45.

Die Untersuchungs- und Überweisungsbehörde besteht aus drei

B. Friedensrichter.

Art. 44.

Der Friedensrichter versucht, zwischen den Streitparteien eine gütliche Verständigung herbeizuführen.

Er besitzt die endgültige Spruchbefugnis zur Beurteilung nicht vermittelter Zivilstreitigkeiten bis auf einen Streitwert von fünfzig Franken, ausschliesslich Zins und Kosten. Der Friedensrichter bestimmt den Streitwert, sofern er in der Rechtsfrage nicht zahlenmässig angegeben ist.

Sofern sowohl der Friedensrichter als der Stellvertreter sich im Ausstand befinden, sorgt der Obergerichtspräsident für den Ersatz.

In Engelberg ist das erste nicht im Ausstand befindliche Mitglied des Yermittlungsgerichtes ordentlicher Stellvertreter des Friedensrichters.

C. Untersuchungs- und Überweisungsbehörde.

Art. 45.

Die Untersuehungs- und Überweisungsbehörde besteht aus dem Polizeidirektor, dem Verhörrichter und dem

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Mitgliedern und zwei Ersatzmännern.

Dieselbe wird auf je ein Jahr aus der Mitte des Regierungsrates gewählt und besorgt alle auf den Strafuntersuch bezüglichen Geschäfte. Sofern sie in minderwichtigen Straffällen eine Überweisung an die Gerichte nicht für notwendig erachtet, kann sie von sich aus Konventionalbussen, sowie Kostentragungen beschliessen. Dieselben können indes von den Beteiligten innert acht Tagen von Erhalt der Anzeige an den GerichtsauHSchuss rekurriert werden.

Staatsanwalt, sowie aus zwei alle zwei Jahre, nach der ordentlichen Teilerneuerung der kantonalen Gerichte, zu wählenden Ersatzmannern.

Ausserordentlioherweise bezeichnet der Obergerichtspräsident die erforderlichen Ersatzmänner.

Die Untersuchungs- und Überweisungsbehörde leitet den Strafuntersuch und verfügt die Überweisung an den zuständigen Strafrichter. In minderwichtigen Straffällen hat sie das Recht, von sich aus Bussen und Eostentragungen auszufällen. Bei Polizeivergehen kann sie dem Angeschuldigten einen Urteilsantrag zustellen, der in Kraft erwächst, falls er nicht rechtzeitig weitergezogen wird.

D. Kantonsgericht und Gerichtsausschuss.

Art. 46.

Das Kantonsgericht besteht aus sieben Mitgliedern und fünf Ersatzmännern. Dasselbe hat nachfolgende Kompetenzen :

D. Kantonsgerichtspräsident und Vermittlungsgericht Engelberg.

Art. 46.

Der Präsident des Kantonsgerichtes oder in dessen Vertretung der Vizepräsident beurteilt im alten Kantonsteil endgültig alle Zivilstreitigkeiten, deren Streitwert die Spruchsumme des Friedensrichters, aber nicht den Betrag von zweihundertfünfzig Franken, ausschliesslich Zins und Kosten, übersteigt. In Engelberg werden diese Zivilfälle durch ein aus drei Mitgliedern und zwei Ersatzmännern bestehendes Vermittlungsgericht beurteilt.

Ferner übt der Präsident oder der Vizepräsident des Kantonsgerichtes die weitern durch die Gesetzgebung ihm als Einzelrichter übertragenen Befugnisse aus. Inwieweit für die Gemeinde Engelberg diese Befugnisse dem Präsidenten des

I. in z i v i l r i c h t e r l i c h e r Beziehung: a. Es urteilt über alle Zivilklagen, welche den Wert von hundert Franken übersteigen.

Sofern indessen solche Streitigkeiten mit Ausschiusa der Gerichtskosten die Summe von 300 Pranken übersteigen, oder sofern es sich um Streitigkeiten von nicht auszumittelndem Werte oder um immerwährende Rechtsamen, um Ehrverletzungs-, Ehescheidungs- und Vaterschaftsklagen handelt, können die Entscheide

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des Kantonsgerichtes weiter gezogen werden.

b. Es übt die weitern ihm durch Gesetze und Verordnungen zugewiesenen Kompetenzen im Betreibungs- und Konkursverfahren aus.

Der Gerichtspräsident übt die ihm durch die Zivilprozessordnung als Einzelrichter überbundenen Befugnisse aus.

Die bisher vom Präsidenten des Zivilgerichtes in Engelberg als Einzelrichter ausgeübten Befugnisse werden dem Präsidenten des dortigen Vermittlungsgerichtes übertragen.

dortigen Vermittlungsgerichtes zustehen, bestimmt die Gesetzgebung.

E. Gerichtsausschuss.

Art. 47.

Aus der Mitte des Kantonsgerichtes wird jeweilen nach dessen ordentlichen Teilerneuerung ein Gerichtsausschuss von fünf Mitgliedern gewählt.

Der Gerichtsausschuss beurteilt die von der Untersuchungs- und Überweisungsbehörde an ihn überwiesenen Übertretungen und Vergehen und die Berufungen gegen Bussen- und Kostenentseheide und H. in s t r a f r i c h t e r l i c h e r Urteilsanträge der UntersuchungsBeziehung: und Überweisungsbehörde sowie dieDas Kantonsgericht beurteilt erst- jenigen gegen weiterzugsfähige Strafinstanzlich alle Kriminalstraffälle, so- entscheide der Gemeindebehörden.

wie die Ehrverletzungs- und Vaterschaftsklagen nach ihrer strafrechtF. Kantonsgericht.

lichen Seite; letztere beide gleichArt. 48.

zeitig mit Erledigung der Zivilfolgen.

Das Kantonsgericht besteht aus Ein vom Kantonsrate aus der Mitte des Kantonsgerichtes auf die sieben Mitgliedern und vier ErsatzDauer von je zwei Jahren zu er- männern.

Dasselbe hat folgende Befugnisse : nennender Gerichtsausschuss von a. Es urteilt über alle Zivilklagen, fünf Mitgliedern entscheidet als Polizeigericht über die Vergehen und welche den Wert von zweihundertÜbertretungen, sowie über die Re- fünfzig Franken übersteigen, über kurse gegen Kouventionalbussen und Streitigkeiten von nicht auszumittelnStrafen der Untersuchungs- und Über- dem Werte oder um immerwährende weisungs-, sowie der Gemeinde- Rechtsamen, sowie über Ehescheidungs-, Ehelichkeits-, Vaterschaftsbehörden.

Sämtliche Urteile in Kriminal- und Ehrverletzungsklagen, über die klagefällen, sowie alle diejenigen letztern unter gleichzeitiger ErlediEntscheide des Gerichtsausschusses, gung der Straffolgen, ferner endwelche auf eine Geldbusse von über schaftlich über die in Art. 43, Ziff. l, 40 Franken oder Freiheitsstrafen vorgesehenen Berufungen, übt die über sieben Tage lauten, oder mit Befugnisse eines Konkursgerichtes in welchen die Verhängung des Trink- den von der Gesetzgebung vorgeverbotes, des nächtlichen Haus- sehenen Fällen aus und entscheidet

479 alle Angelegenheiten, die ihm weiterhin durch die Gesetzgebung zugewiesen sind.

6. Das Kantonsgericht beurteilt erstinstanzlich alle Kriminalfälle.

E. Obergericht.

Art. 48.

Der Präsident und zwei vom Obergerichte jährlich aus seiner Mitte zu wählende Mitglieder bilden die Justizkommission des Obergerichtes.

Derselben kommt zu: a. Die Wiedereinsetzung in die bürgerlichen Rechte und Ehren.

b. Der Entscheid über Provokationsklagen (Ansetzung von Fatalterminen) nach Anhörung der Par* teien.

c. Die Bewilligung von Nachlassstundungen und die Genehmigung der Nachlassverträge, d. Die Bewilligung von Verschollenheitsrüfen und die Ansetzung der Fatalfristen für Anfechtung testamentlicher Verfügungen.

e. Die Bewilligung des amtlichen Inventars und die Verfügung konkursamtlicher Liquidation ausgeschlagener Hinterlassenschaften.

f. Die Prüfung der Schlussberichte der Konkursämter.

g. Die Ausübung der ihr im weitern durch Gesetze oder Verordnungen zugewiesenen Funktionen.

G. Obergerichtliche Justizkommission.

Art. 49.

Der Präsident des Obergerichtes und zwei von dieser Behörde alle zwei Jahre, nach ihrer ordentlichen Teilerneuerung, aus ihrer Mitte zu wählende Mitglieder und zwei Ersatzmänner bilden die Justizkommission des Obergerichtes.

Derselben kommt zu: a. die Wiedereinsetzung in die bürgerlichen Rechte, und Ehren ; 6. der Entscheid über Provokationsklagen und die Ansetzung von Fatalfristen ; c. die Bewilligung von Nachlassstundungen und die Bestätigung und der Widerruf der Nachlassverträge; d. die Verfügungen im Verachollenheitsverfahren ; e. die Prüfung der Schlussberichte in Konkursen und der Schluss dés Konkursverfahrens ; f. die Bewilligung des öffentlichen Inventars und die Anordnung der amtlichen Liquidation; g. die Aufsicht über den Kantonsgerichtspräsidenten als Einzelrichter, die Friedensrichter, das Vermittlungsgericht Engelberg und die Wechselprotestbeamten ; A. die Beurteilung von Revisions- und Kassationsklagen gemäss Art. 51 ; i. die Ausübung der ihr im weitern durch die Gesetzgebung zugewiesenen Obliegenheiten.

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H. Obergericht.

Art. 47.

Das Obergericht besteht aus neun Mitgliedern und drei Ersatzmännern.

Es entscheidet in letzter Instanz : a. Über alle Strafurteile des Kantonsgeriohtes und des Gerichtsausschusses, welche auf dem Wege der Appellation an dasselbe gelangen. Zu einem Todesurteile werden sieben von neun Stimmen erfordert.

o. Über alle appellierten Zivilstreitigkeiten, deren Betrag die Summe von 300 Franken übersteigt, oder welche dem Wert nach nicht auszumittelnde Gegenstände oder immerwährende Rechtsamen betreffen.

c. Über die appellierten Ehrverletzungs-, Ehescheidungs- und Vaterschaftsklagen.

d. Diejenigen Zivilstreitigkeiten, welche mit Übergehung der ersten Instanz dem Obergerichte unterbreitet werden.

Dem Obergerichte kommt auch die Aufsicht über die untern gerichtlichen Behörden und Beamten, sowie die Befugnis der Strafumwandlung zu, sofern hiefür gewichtige Gründe vorliegen.

Art. 50.

DasObergerichtbestehtaus sieben Mitgliedern und vier Ersatzmännern, Es entscheidet: a. über die nach Art, 43, Ziff. 2, weitergezogenen Zivilstreitigkeiten ; b. über diejenigen Zivilstreitigkeiton, welche zufolge Verständigung der Parteien m it Üb ergehung der ersten Instanz dem Obergericht unterbreitet werden oder ihm gesetzlich als einziger Instanz zufallen ; c. über die nach der^ Gesetzgebung zulässigen Berufungen gegen den Einzelkonkursrichter und gegen das Kantonsgericht als Konkursgericht ; d. über die nach Art. 43, Ziff. 5, weitergezogenen Strafurteile des Gerichtsausschusses und des Kantonsgerichtes ; e. über die zeitweise oder gänzliche Einstellung im Advokatenberuf anhand der durch die Gesetzgebung festzusetzenden Voraussetzungen.

Dem Obergericht kommt die Aufsicht über die Untersuchungs- und Überweisungsbehörde, den GerichtsausBchuss und das Kantonsgericht, sowie die Befugnis der Strafumwandlung zu.

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F. Revisions- und Kassationsinstanz.

I. Revisions- und Kassationsbehörde.

Art. 51.

Gegen Urteile und Entscheide des Obergerichtes gibt es keine Kassationsbeschwerde an eine kantonale Instanz.

Reyisionsgesuche gegen Urteile des Obergerichtes sowie RevisionsArt. 50.

und Kassationsgesuche gegen Urteile Für die Zuständigkeit zur Be- und Entscheide der untern Gerichtsurteilung von Revisionagesuchen be- instanzen werden von der obergerichttreffend Zivil- und Strafurteile gelten lichen Justizkommission im Wege des schriftlichen Verfahrens erledigt.

folgende Grundsätze: 1. Revisionsgesuche gegen UrDie Voraussetzungen, unter welteile des Vermittlungsgerichtes und chen Revision oder Kassation gerichtEntscheide des Einzelrichters werden licher Entscheide und Urteile gewährt von der obergerichtlichen Justiz- werden kann, bestimmt die Gesetzkommissicm erledigt.

gebung.

2. Revisionsgesuche gegen Urteile des Gerichteausschueses als Polizeigericht und des Kantonsgeriohtes werden vom Obergerichte abgewandelt.

3. Revisionsgesuche gegen Urteile des Obergerichtes behandelt dieses selbst.

Art. 49.

Die Voraussetzungen, unter welchen Revision oder Kassation gerichtlicher Entscheide oder Urteile gewährt werden kann, bestimmt die

Art. öl.

Kassationsgesuche betreffend rechtskräftig gewordener Urteile und Entscheide unterer Inatanzen beurteilt das Obergericht.

Kassationsbegehren betreffend Urteile des Obergerichtes, welche nicht an das Bundesgericht weiter gezogen werden können, beurteilt ebenfalls das Obergericht. Bei Erledigung solcher Fälle muss die Mehrheit des Gerichtes aus solchen Mitgliedern bestehen, welche bei Ausfällung des Urteils, dessen Kassation anbegehrt wird, nicht mitgewirkt haben. Die Bezeichnung derjenigen Mitglieder

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des Obergericlites, welche zu urteilen haben, sowie die Wahl der Ersatzmänner, steht von Fall zu Fall dem Obergerichte selbst zu.

G. Strafbefugnisse der Verwaltungsbehörden.

K. Strafbefugnisse der Verwaltungsbehörden.

Art. 52.

Die Militärdirektion übt die dem Kanton in Militärsachen zustehende Strafkompetenz aus, soweit dieselbe nicht andern Amtsstellen zugewiesen ist.

Der Polizeidirektion stehen die ihr durch Gesetze und Verordnungen eingeräumten Strafbefugnisse zu ; überdies kann dieselbe innerhalb ihres Geschäftskreises Konventionalbussen ausfällen.

Art. 52.

Die Militärdirektion übt die dem Kanton in Militärsachen zustehende Strafkompetenz aus, soweit dieselbe nicht andern Amtsstellen zugewiesen ist.

Der Polizeidirektion stehen die ihr durch Gesetze und Verordnungen eingeräumten Strafbefugnisse zu ; überdies kann sie innerhalb ihres Geschäftskreises Konventionalbussen ausfällen.

Art. 53.

Die Bestrafung wegen Frevel am Korporationsgut oder wegen Übertretung von Korporationsverordnungen bleibt den zuständigen Ortsbehörden vorbehalten, insofern nicht Klagestellung bei der kantonalen Strafbehörde vorgezogen wird. Eine solche Strafe darf jedoch mit Inbegriff des Schadenersatzes 80 Franken nicht übersteigen und sie kann unter Vorbehalt von Art. 55 an die kantonale Strafbehörde rekurriert werden. Der Bestrafung hat immer ein gehöriger Untersuch vorauszugehen und dem Beklagten muss vor Avisfällung der Strafe Anlass zur Verantwortung gegeben werden.

Art. 53.

Die Bestrafung wegen Frevel am Korporationsgut oder wegen .Übertretung von Korporationsverordnüngen bleibt den zuständigen Korporationsbehörden vorbehalten, insofern nicht Klagestellung bei der kantonalen Strafbehörde vorgezogen wird.

Die von der Korporationsbehörde ausgefällte Strafe darf jedoch mit Inbegriff des Schadenersatzes hundert Franken nicht übersteigen und sie kann unter Vorbehalt von Art. 55 an die kantonale Strafbehörde rekurriert werden.

Der Bestrafung hat immer ein gehöriger Untersuch vorauszugehen, und dem Beklagten ist vor Ausfällung der Strafe Gelegenheit zur Verantwortung zu geben.

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Art. 54.

Übertretungen von Gemeindeverordnungen, sowie von Verordnungen der Gemeindebehörden, wenn letztere vom Regierungsrate genehmigt worden sind, können von den Gemeindebehörden abgewandelt werden, sofern die auszufällende Busse 20 Franken nicht übersteigt. Eine solche-Busse kann indessen unter Vorbehalt von Art. 55 an die kantonale Strafbehörde weiter gezogen werden.

Dem Gemeinderate Engelberg bleibt wie bisan vorbehalten? auch minderwichtige Polizeiübertretungen von sich aus abzuwandeln.

Art. 54.

Übertretungen von Genieindeverordnungen, sowie solcher Verordnungen von Gemeindebehörden, welche vom Regierungsrat genehmigt worden sind, können von den Gemeindebehörden abgewandelt werden, sofern die auszufällende Busse vierzig Franken nicht übersteigt. Eine solche Busse kann indessen unter Vorbehalt von Art. 55 an die kantonale Strafbehörde weitergezogen werden.

Art. 53, Abs. 2, findet ebenfalls Anwendung.

Art. 55.

Wenn indessen die nach Massgabe der Artikel 53 und 54 ausgefällten Bussen 5 Franken nicht übersteigen, ist ein Weiterzug an die kantonale Rekursinstanz ausgeschlossen.

Art. 55.

Wenn indessen eine nach Massgabe von Art. 53 oder 54 ausgefällte Busse den Betrag von zehn Franken oder eine nach Massgabe von Art. 53 ausgefällte Busse einschließlich Schadenersatz den Betrag von dreissig Franken nicht übersteigt, so ist ein Weiterzug an die kantonale Rekursinstanz ausgeschlossen.

Art. 56.

Die nach Massgabe des Artikels 53 ausgesprochenen Bussen fallen in die betreffende Gemeinde- resp. Teilen-

Art. 56.

Die nach Massgabe der Art. 53 und 54 ausgesprochenen Bussen fallen in die betreffende Korporations- bzw.

Gemeindekasse.

Die nach Art. 54 ausgefällten Bussen fallen stetsfort in die betreffende Gemeindekasse.

Im Zusammenhange mit dieser Revision des vierten Titels wird die Verfassung noch durch folgende Bestimmungen abgeändert und ergänzt: Art. 17, neuer (vierter) Absatz.

Die Mitglieder des Regierungsrates, der Verhörrichter und der

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Art. 33.

Dem Kantonsrate stehen folgende Wahlen zu:

Staatsanwalt sowie die Ersatzmänner der Untersuchungs- und Überweisungsbehörde dürfen nicht dem Kantonsgericht oder dem Obergericht angehören.

Art. 33.

Dem Kantonsrate stehen folgende Wahlen zu:

c. der Untereuchungs- und Überweisungsbehörde.

o. der Suppleanten der Untersuchungs- und Überweisungsbehörde.

Art. 65.

Die Einwohnergemeinde hat folgende Aufgaben:

Art. 65.

Die Einwohnergemeinde hat folgende Aufgaben:

*6. Sie trifft ferner die ihr verfassungsgemäss zukommenden Wahlen in den Kantonsrat und wählt den Friedensrichter, das Vermittlungsgericht und dessen Präsidenten, den Gemeindeweibel, sowie diejenigen Beamten und Angestellten, deren Wahl ihr durch Gesetze oder Verordnungen zugeschieden ist.

6. Sie trifft ferner die ihr verfassungsmässig zukommenden Wahlen in den Kantonsrat und wählt den Friedensrichter und, mit Ausnahme von Engelberg, den Friedensrichterstellvertreter, den Gremeindeweibel, sowie diejenigen Beamten und Angestellten, deren Wahl ihr durch Gesetze oder Verordnungen zugeschieden ist. Die Einwohnergemeinde Engelberg wählt ferner das dortige Vermittlungsgericht und dessen Präsidenten.

Übergangsbestimmungen.

l. Bis die bezügliche gesetzgeberische Regelung erfolgt ist, und ohne Präjudiz für diese, wird bestimmt : a. Die Berufungsfristgegen Bussenund Kostenentscheide und Urteileanträge der Untersuchungs- und Überweisungsbehörde beträgt aoht Tage.

b. Vor dem Friedensrichter und dem Kantonsgerichtspräsidenten fin-

485 det in Streitfällen, die gemäss Art. 44, Abs. 2, und Art. 46, Abs. l, innerhalb ihrer endgültigen Spruchbefugnis Hegen, das durch die derzeitige Gesetzgebung '''für die Vermittlungsgerichte vorgeschriebene Verfahren analoge Anwendung. Die Parteivertretung vor dem Kantonsgerichtspräsidenten ist in diesen Fällen frei.

c. Auf Revision eines Strafurteils ist zu erkennen, wenn zugunsten oder zuungunsten des Bestraften erst später neue, dem urteilenden Gerichte unbekannte wesentliche Milderungs- oder Belastungsgründe zutage treten.

d. Ein Strafurteil ist zu kassieren, wenn vom Gericht Verfassung oder Gesetze oder gesetzliche Formen im Prozessverfahren unzweifelhaft verletzt worden sind, oder wenn auf , dem Wege des Strafprozesses erwiesen wird, dase ein Richter, der an der Ausfällung des Urteils teilgenommen hatte, bestochen war, oder dass der Angeklagte oder der Kläger oder ein zu ihren Gunsten Handelader ein Verbrechen oder ein Vergehen verübt hatte, um das in Frage liegende Urteil auszuwirken.

2. Im Frühjahr 1927 findet eine Gesamterneuerung des'Obergerichtes statt. Inzwischen amtet es in der bisherigen Zusammensetzung weiter.

Bei der Teilerneuerung im Jahre 1929 werden die in Austritt kommenden Mitglieder und Ersatzmänner durch das Los festgesetzt. Die Erneuerungswahlen des Kantonsgerichtes und des Gerichtsausschusses nehmen ihren ordnungsgemässen Fortgang. Betreffend den Beginn der Amtstätigkeit der Untersuchungs- und Überweisungs-

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behörde in der neuen Zusammensetzung und betreffend die erstmalige Wahl ihrer Ersatzmänner und diejenige der Friedenßrichterstell Vertreter erlässt der Regierungsrat die erforderlichen Anordnungen.

3. Allfällige im Zeitpunkt des Inkrafttretens gegenwärtiger Verfassungsänderung vor den Vermittlungsgerichten des alten Kantonsteils hängige Fälle und vor dem Obergericht hängige Kassationsbegehren gegen Urteile des Obergerichtes werden noch von diesen Instanzen beurteilt. Die Beurteilung aller anderen beim Inkrafttreten hängigen Fälle richtet sich nach den neuen Bestimmungen.

Wie sich aus dem Text der angeführten neuen Verfassungsbestimmungen ergibt, bringt die Volksabstimmung vom 16. Mai 1926 eine wesentliche Änderung der bisherigen Gerichtsorganisation mit sich. In ihrem Schreiben vom 24. Mai führt die Regierung des Kantons Unterwaiden ob dem Wald die Gründe an, die zu dieser Revision Anlass ge geben haben.

Die Verminderung des Geldwertes hatte eine Verschiebung der Streitwertgrenze und damit der Kompetenzen der zuständigen Behörden wünschenswert erscheinen lassen. Zur Vereinfachung der Behördenorganisation sollen deshalb die Vermittlungsgerichte in den Gemeinden, die nur selten angerufen wurden, wegfallen ; nur in der abgelegenen Gemeinde Engelberg ist sein Fortbestand vorgesehen. Dafür erhalten inskünftig der Friedensrichter und der Kantonsgerichtspräsident bei niedrigen Streitwerten endgültige Spruchbefugnis zuerkannt. Überdies wird der Streitwert, der zur Appellation an das Obergericht berechtigt, von Fr. 300 auf Fr. 600 erhöht.

Durch die vorliegende Revision wird ferner dem Grundsatze der Gewaltentrennung dadurch in vermehrtem Masse Rechnung getragen, dass für die Überweisungsbehörde eine andere Zusammensetzung vorgesehen ist als bisher, indem Mitglieder der Regierung hierfür nicht mehr gewählt werden dürfen. Auch von der Wahl in das Kantonsgericht oder das Obergericht sind die Mitglieder des Regierungsrates, die Verhörrichter, der Staatsanwalt nnd die Ersatzmänner der Untersuchungs- und Überweisungsbehörde ausgeschlossen.

Weitere revidierte Bestimmungen sehen eine Beschränkung der Möglichkeit der Berufung an eine höhere Instanz vor, um diese zu entlasten

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und das Verfahren zu vereinfachen. Gegen Urteile und Entscheide des Obergerichtes gibt es keine Kassationsbeschwerde an eine kantonale Instanz mehr; die Möglichkeit eines staatsrechtlichen Rekurses gegen Obergeriohtsurteile soll da genügen, wo eine Berufung nicht zulässig ist. Damit kann auch die Zahl der Mitglieder des Obergerichts von neun auf sieben und der Kassationsinstanz von neun auf drei vermindert werden.

Die Einzelheiten der Abänderung der Kantonsverfassung ergeben sich ohne weiteres aus der vorstehenden Gegenüberstellung der Texte der bisherigen und der neuen Vorschriften, so dass es sich erübrigt, sie eingehender zu erläutern.. Sie haben durchweg ein Rechtsgebiet zum Gegenstande, dessen Regelung Sache der Kantone ist, indem die Bundesverfassung in Art. 64, Abs. 3, und Art. 64Ms, Abs. 2, die Organisation der Gerichte, das gerichtliche Verfahren und die Rechtsprechung den Kantonen überlässt. Die neuen Vorschriften enthalten denn auch nichts, das dem Bundesrechte widersprechen würde, so dass die Gewährleistung erteilt werden kann. Wir beantragen Ihnen deshalb die Annahme des nachstehenden Beschlussesentwurfes.

B e r n , den 21. September 1926.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Häberlin.

Der Bundeskanzler: Kaeslin.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

die Gewährleistung der in der Volksabstimmung vom 16. Mai 1926 beschlossenen Abänderung der Verfassung des Kantons Unterwaiden ob dem Wald vom 27. April 1902.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 21. September 1926 über die Gewährleistung der abgeänderten Art. 17, 33, lit. c, 41--56, 65, lit. &, der Verfassung des Kantons Unterwaiden ob dem Wald, in Erwägung, dass diese Verfassungsänderung nichts den Vorschriften der Bundesverfassung Zuwiderlaufendes enthält, in Anwendung von Art. 6 der Bundesverfassung, beschliesst: 1. Der in der Volksabstimmung vom 16. Mai 1926 angenommenen Abänderung der Verfassung des Kantons Unterwaiden ob dem Wald wird die Gewährleistung des Bundes erteilt.

2. Der Bundesrat wird mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Gewährleistung der durch Volksabstimmung vom 16. Mai 1926 beschlossenen Abänderung der Verfassung des Kantons Unterwalden ob dem Wald. (Vom 21. September 1926.)

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