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Bundesblatt

8l. Jahrgang.

Bern, den 20. März 1929.

Band I.

Erscheint wöchentlich. Preis SO Franken im Jahr, 10 franken in Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- and Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr : 50 Rappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an Stämpfli & de. in Bern-

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Botschaft

des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Spielbanken.

(Vom 19. März 1929.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

I. Die Entstehungsgeschichte des sogenannten Spielbankartikels 35 der Bundesverfassung ist vor allem in den vorausgegangenen Botschaften des Bundesrates vom 27. Mai 1916 und 27. Juni 1927 zu den verschiedenen Verfassungsänderungen so eingehend geschildert worden, dass wir wohl ohne nochmalige Wiederholung darauf verweisen dürfen. Nicht ganz überflüssig dürfte es dagegen sein, die Bedeutung der letzten Volksabstimmung vom 3. Dezember 1928, wie sie nicht bloss aus dem neuen Verfassungstexte selbst, sondern noch besser aus den vorausgegangenen Beratungen der Bundesversammlung, der Diskussion in der Öffentlichkeit und den nachfolgenden Kommentaren der Anhänger und Gegner der Initiative hervorgeht, festzuhalten. Ethische und wirtschaftliche Gesichtspunkte wurden ins Treffen geführt und haben den Entscheid gegeben.

Anhänger und Gegner der Initiative waren einig darüber -- und das ist wichtig --, dass am bisherigen Fundamente des Art. 35, dem grundsätzlichen Verbote der Spielbank, des eigentlichen Glücksspiels, nicht gerüttelt werden wolle. Einig war man auch darüber, dass der Schweizer zu seinem eigenen Bedarf e dieses Glücksspiel, auch wenn es nur als Unterhaltungsspiel ohne die Nebenabsicht des mühelosen Gewinns, betrieben werden sollte, nicht nötig hat und dass um seinetwillen ein Einbruch in das Verbot nicht verlangt würde. Wohl aber wurde anerkannt, dass für eine Reihe unserer Fremdenorte der Bestand von Kursaalspielen eine lebenswichtige Rolle einnehme, so dass im Interesse unserer Volkswirtschaft ernstlich geprüft werden müsse, wie weit hier die Bedenken wegen der Spielgefahr hintangesetzt bzw. durch taugliche Mittel ausgeschaltet werden können. Das Ergebnis war das, dass als wirtschaftlich notwendige und ethisch unbedenkliche Ausnahme ein Spiel mit Hasardcharakter zugelassen wird, das von allen Seiten mit Kautelen eingehegt ist durch VorBundesblatt 81. Jahrg. Bd. I.

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Schriften über die Bewilligung, über die Art des Betriebs, über die Zeit und Dauer des Betriebs, über die Kontrolle des Betriebs, über die Rechnungsablage und Zweckverwendung der Einnahmen, so dass praktisch keine volksverderbende Spielbank, sondern ein harmloses Unterhaltungsspiel übrigbleibt. Diese auf die Fremdenindustrie zugeschnittene Ausnahme wird, wie dies schon im Verfassungsartikel selbst vorgesehen ist, durch eine bundesrätliche Verordnung geregelt, welche bereits erlassen wurde, um den einen wirtschaftlichen Hauptzweck der Initiative -- Rettung der Kursäle vor dem Niederbruch -- noch zur rechten Zeit zu erfüllen.

Diese in der Kompetenz des Bundesrates liegende Verordnung, die wir unserer Botschaft zu Ihrer Kenntnisnahme beilegen, dient nur der Regelung der Spielverhältnisse in den Kursälen; sie durfte die Gewährung des Ausnahmeprivilegs in relativ freier Weise von Erwägungen des öffentlichen Wohls abhängig machen.

II. Welches soll nun aber der künftige Rechtszustand ausserhalb der Kursäle sein ? -- Während man unter dem alten Rechte dem Art. 35 B V keine Ausfiihrungsbestimmungen hatte folgen lassen -- abgesehen von dem Kursaalreglemente des Bundesrates vom 12. September 1913 ---, glauben wir für die Zukunft nicht mehr ohne solche auskommen zu können. Die bisherigen Erfahrungen zwingen uns zu einem weiteren Schritte. Der Spielbetrieb suchte seine Befriedigung eben nicht nur in den der öffentlichen und der polizeilichen Kontrolle offenstehenden Kursälen, sondern auch an weniger leicht zugänglichen Orten, im Versteck und in den sich unter der Maske des Geschicklichkeitsspiels präsentierenden Spielautomaten. Die letzteren haben zu Hunderten ihren Eingang in die Schweiz gefunden, wurden in beliebigen Hotels, Restaurants aufgestellt, dem Fremden wie dem Einheimischen, dem unerwachsenen Kinde, dem Kleinangestellten, dem Liftboy wie dem Vergnügungsreisenden zur Verfügung gestellt. Sie bilden eine grössere Gefahr, als man gemeinhin glaubt. Die Frage der Unterstellung unter das Spielbankverbot lag in den Händen der kantonalen Polizei und der kantonalen Gerichte. Diese haben in Ermangelung einer gesetzlichen Definition der Spielbank oft Gutachten eingezogen, welche die Abgrenzung gegen das -- erlaubte -- Geschicklichkeitsspiel ohne jedes Verständnis für die wahre Bedeutung des Verfassungsartikels
vornahmen. Statt auf die Regel des Lebens, auf das normale :Spielpublikum, auf den täglichen Wechsel dieses Publikums und die Verstellbarkeit der Automaten abzustellen, haben diese auf der subjekt i v e n M ö g l i c h k e i t , dass bei längerer Übung und gleichbleibendem Apparate ausnahmsweise einzelne Spieler einen Geschicklichkeitserfolg erzielen können, den Geschicklichkeitscharakter des Spiels aufgebaut. Man ging so weit, dass auch dann, wenn nur ein einzelner die eigentliche Spielhandlung vornimmt, also z. B. eine Feder, einen Ball in Bewegung setzt, während der Einsatz vielleicht von Dutzenden von Zuschauern vorgenommen wird, doch auch für diese Zuschauer ein angebliches Geschick-

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lichkeitsspiel konstruiert wird. Die Geschicklichkeitsoll in der Beurteilung der Geschicklichkeit des effektiv Spielenden liegen oder dann in der Beurteilung der Bewegung der Kugel, der petits chevaux usw. im Zeitraum zwischen deren Abgang und der Ankunft am Ziel. Dass mit derartiger Auslegung, wenn sie einmal von den Gerichten eines Kantons akzeptiert und gestützt darauf auch in andern Kantonen Schule gemacht wird, der Verfassuagsartikel zur absoluten Bedeutungslosigkeit verurteilt wäre, liegt auf der Hand. Zu all dem kommt die weitere Schwierigkeit, dass bis jetzt die Strafsanktionen kantonal differierende waren -- soweit überhaupt solche bestehen.

III. Dem geschilderten unbefriedigenden Rechtszustande soll nunmehr durch das vorgelegte Bundesgesetz abgeholfen werden. Wir möchten ausdrücklich feststellen, dass damit nicht nur den Wünschen der Gegner der letzten Verfassungsinitiative Rechnung getragen wird, sondern dass auch ein Grossteil ihrer Anhänger damit durchaus einig geht. Auch aus dea Kantonen ist wiederholt der Ruf nach eidgenössischer Regelung, die einen sichern Boden sohaffe, an uns ergangen. -- Die Kompetenz zum Erlass von bundesgesetzlichen Ausführungsbestimmungen dürfte durch Aufstellung der eidgenössischen Verbotsnorm in AI. l des Art. 35 ohne weiteres gegeben sein. Das geht a fortiori wohl schon aus der dem Bundesrate ausdrücklich eingeräumten Verordnungsbefugnis hervor. Sie muss auch daraus abgeleitet werden, dass der Schlusssalz des Art. 35, wonach der Bund a u c h in Beziehung auf die Lotterien geeignete Massnahmen treffen könne, ebenfalls durch ein B u n d e s g e s e t z mit Definition der normwidrigen Tatbestände, mit Verwaltungs- und Strafsanktionen ausgeführt worden ist. Es mag ferner darauf hingewiesen werden, dass im Bundesgesetze über die eidgenössische Verwaltungs- und Disziplinarrechtspflege, im Anhang VI, AI. l, ausdrücklich Entscheide des eidgenössischen Justizund Polizeidepartementes über den bundesrechtlichen Begriff der Spielbank vorgesehen sind. Keinem Zweifel dürfte endlich unterworfen sein, dass, wo bereits eine verfassungsrechtliche verbietende Norm aufgestellt worden ist, der Bund jedenfalls kraft Art. 64Ws B V befugt ist, diese mit den nötigen Strafsanktionen zu umgeben, d. h. den Deliktstatbeatand durch ein Gesetz zu umschreiben. Ob das erst im kommenden
allgemeinen eidgenössischen Strafgesetz (vide Art. 307 .des Strafgesetzentwurfes) oder in einem Sondergesetze geschehen soll, ist eine Frage der praktischen Abwägung. Wir halten es für notwendig, gerade jetzt, in der ersten Periode der Anwendung des neuen Verfassungsartikels auch die wirksamen Strafsanktionen zur Verfügung zu haben. Ob diese später durch das allgemeine Strafgesetz abzulösen seien, mag dann dort entschieden werden.

IV. Was versteht nunmehr die Verfassung unter der ,,Spielbank", deren Errichtung und Betrieb sie verbietet? -- Wollte man dadurch, daes man im neuen Verfassungsartikel den früheren Satz strich, wonach die Spielbank ein Unternehmen sei, das ein Glücksspiel betreibt, diese

372 Umschreibung als unzutreffend erklären? -- Gewiss nicht. Dafür spricht keine einzige Äusserung der Initianten selber, welche wohl am besten wusstèn, was sie wollten, noch auch die Diskussionen vor und nach der Volksabstimmung. Die durch jenen Satz ausgesprochene Regel ist wohl nur deshalb in den Hintergrund geschoben worden, weil dem Zweck der Initiative und ihrem Titel gemäss die e i n e Ausnahme, das erlaubte Kursaalspiel, in den Vordergrund gestellt wurde -- aber typisch eben als Ausnahme! Der Begriff der Spielbank deutet wohl schon auf einen Betrieb hin, wo dem Spieler ein Unternehmer, ein Bankhalter, ein Arrangeur gegenübersteht, der in der Regel auch vom Spielbetriebe in irgendeiner Form Nutzen ziehen will, ohne dass diese letztere Absicht indessen zum begriffsbestimmenden Tatbestandsmerkmal erhoben zu werden braucht. -- Die Unternehmung oder Veranstaltung kann dadurch zum Ausdruck kommen, dass ein bestimmter Spiel a p p a r a t aufgestellt, zur Verfügung gestellt wird: ein Roulettetisch, ein Spielautomat, unter Umständen auch ein dem Hasardzweck durch bestimmte Ausführung oder Regeln angepasstes Würfel- oder Kartenspiel.

Das Spiel, welches der Unternehmer arrangiert, muss, um strafbar zu werden, ein Glücksspiel, d. h, der Spielerfolg muss vom Zufall abhängig sein. Vom reinen Zufall? -- Nein. Wir stellen -- und weisen dabei auf das im Abschnitt II Gesagte hin -- auf die Durchschnittserfahrung des Lebens und nicht auf spitzfindig konstruierte Möglichkeiten und Ausnahmen ab bei Aufstellung des für Richter und Verwaltungsbehörden massgebenden Begriffs des Glücksspiels. Gibt es Spiele, bei denen Zufall und Geschicklichkeit miteinander konkurrieren können? Die Praxis wird das ebenso bejahen müssen, wie sie z. B. bei der Eisenbahnhaftpflicht zu einer Konkurrenz von Zufall und Ungeschicklichkeit gelangt ist, obwohl die Theoretiker ursprünglich erklärten, der Begriff des Zufalls schliesse logisch die Mitwirkung eines Verschuldens ohne weiteres aus. Wir begnügen uns also damit, dass der Spielerfolg v o r w i e g e n d vom Zufall abhänge. Wenn dieser Definition der Vorwurf gemacht werden will, dass sie nicht wissenschaftlich präzis sei, so mag darauf erwidert werden, dass wir sowohl im Zivil- wie im Strafrecht unendlich oft mit derartigen durch das praktische Leben geprägten Begriffen zu arbeiten
haben, welche dem Richter häufig viel besser erlauben, dem Willen des Gesetzgebers gerecht zu werden als ein subtil zugestutzter Tatbestand mit seinen Umgehungs-Schlupfhöhlen, die sich dem Dialektiker öffnen. So wird beispielsweise ausgeschlossen sein jene von uns bereits gekennzeichnete Entgleisung, dass ein Spiel, wobei jemand als blosser Zuschauer seinen Einsatz macht, als Geschicklichkeitsspiel deklariert wird. -- Von diesen grundsätzlichen Erwägungen und Zielpunkten ausgehend ist der Gesetzentwurf aufgestellt worden, der im nachfolgenden in seinen Einzelheiten charakterisiert werden soll.

V. Der Gesetzentwurf gliedert sich in drei Abschnitte: Allgemeine Bestimmungen, Straf- und Schlussbestimmungen.

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I. Allgemeine Bestimmungen.

In diesem Abschnitt wird vorerst das Spielbankverbot, wie es Art. 35.

Absatz l, der Bundesverfassung vorsieht, wiederholt.

Dann wird der Begriff der Spielbank umschrieben. Als Spielbank gilt jode Unternehmung, welche Glücksspiele betreibt. Demnach muss das Glücksspiel mit einer gewissen Organisation verbunden sein, das Glücksspiel, welches als Spiel erscheint, bei dem gegen Leistung eines Einsatzes ein Geldgewinn in Aussicht gestellt wird, über dessen Erwerbung ganz oder vorwiegend der Zufall entscheidet, für dessen Bestimmung wiederum die Durchschnittserfahrung des Lebens in Betracht fällt. Der Einsatz braucht keineswegs in Geld zu bestehen. Auch dann, wenn Gegenstände irgendwelcher Art, die einen wirtschaftlichen Wert repräsentieren, eingesetzt werden sollten, würde ein Glücksspiel im Sinne des Gesetzentwurfes vorliegen, sofern die übrigen Merkmale zutreffen. Dagegen muss der in Aussicht gestellte Gewinn immer ein Geldgewinn sein. Besteht er in etwas anderem, so liegt kein bundesrechtlich verbotenes Glücksspiel vor. Es bleibt, sofern dann nicht die bundesrechtlich verbotene Lotterie in Frage kommt, dem kantonalen Recht vorbehalten, solche Glücksspiele zu verbieten oder bestimmten Vorschriften zu unterwerfen. -- Spielautomaten und ähnliche Apparate, die zum Spiel aufgestellt werden, gelten als Unternehmung, welche Glücksspiele betreibt, wenn nicht der Spielausgang in unverkennbarer Weise vorwiegend auf Geschicklichkeit beruht, wobei wiederum die Durchschnittserfahrung des Lebens in Betracht zu ziehen ist. Verboten ist ausdrücklich nur das Aufstellen solcher Apparate zum Spiel, nicht schon die Fabrikation von solchen. -- Eine Vereinigung von Spielern, die zur Ausübung von Glücksspielen organisiert ist, gilt naturgemäss als Spielbank. Und selbst ohne solche Organisation wäre sie dann als Spielbank aufzufassen, wenn die Glücksspiele gewohnheitsmässig botrieben werden und der Zutritt tatsächlich jedermann offen steht. Dagegen könnte das nicht organisierte Spielen einzelner Privater, die sich gelegentlich durch Glücksspiel die Zeit vertreiben, als Glücksspielunternehmung nicht angesehen werden. Sobald aber jedermann der Zutritt zürn Spiele praktisch möglich ist, sei es auch etwa nach Bezahlung eines Eintrittsgeldes oder eines sogenannten Mitgliederbeitrages, so unterliegt
das von einer Spielervereinigung betriebene Glücksspiel dem Spielbankverbot.

Dass die Unterhaltungsspiele in den Kursälen den besonderen Bestimmungen der bundesrätlichea Verordnung vom 1. März 1929 über den Spielbetrieb in Kursälen unterstehen, betont Art. 2, Abs. 5. Diese Verordnung ist in Ausführung der Absätze 2 und 3 des neuen Artikels 35 der Bundesverfassung am 20, März 1929 in Kraft getreten.

Ob im Einzelfalle eine unter das Spielbankverbot fallendo GlücksspielUnternehmung vorliegt, werden bei der strafrechtlichen Verfolgung die Gerichte zu entscheiden haben. Doch sieht der Gesetzentwurf vor, dass

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dem eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement der Entscheid darüber zusteht, welche Apparate bei Aufstellung zum Spiel als Spielbank zu erklären sind. Ein administrativer Entscheid über diese Frage wird vorgesehen, damit im Zweifelsfalle die Interessenten sich danach richten und eine strafrechtliche Ahndung vermeiden können. Die Betrauung einer eidgenössischen Behörde mit diesem Entscheid ist geeignet, eine einheitliche Praxis fdr die ganze Schweiz zu gewährleisten, was nach den bisher gemachten Erfahrungen eine dringende Notwendigkeit ist. Der Entscheid des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes unterliegt gemäss Anhang VI des Bundesgesetzes vom 11. Juni 1928 über die eidgenössische Verwaltungs- und Disziplinarrechtspflege der Anfechtung durch Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht.

II. Strafbestimmimgen.

In erster Linie wird mit Busse von dreihundert bis zu zehntausend Franken bestraft, wer eine S p i e l b a n k errichtet, betreibt, hierzu Platz oder Spielgeräte beschafft.

Dem Spielbankgesetz liegt dann ob, die u n z u l ä s s i g e n S p i e l e in K u r s ä l e n unter Strafe zu stellen. Der Entwurf sieht vor, dass, wer die Unterhaltungsspiele in Kursälen in Missachtung der besonderen Vorschriften, d. h. der in der bundesrätlichen Verordnung aufgestellten Bestimmungen, betreibt, mit einer Busse von fünfhundert bis zu zehntausend Franken bestraft wird ; ferner, dass gegenüber dem verurteilten Inhaber eines Kursaals die Schliessung des Unternehmens angedroht und bei neuer Zuwiderhandlung innert fünf Jahren ausgesprochen werden kann.

Da die bundesrätliche Verordnung über den Spielbetrieb in Kursälen in Artikel 18 dem Bundesrat vorbehält, den Spielbetrieb durch Organe des Bundes kontrollieren zu lassen und ihn in einem Kursaal jederzeit gänzlich zu verbieten, wenn die Organisation des Knrsaals oder der Betrieb des Spiels den Bestimmungen der Verordnung nicht entspricht, besteht neben der richterlichen Massnahme die Möglichkeit des administrativen Spielverbots.

Sind die unter Strafe gestellten Handlungen im Geschäftsbetrieb einer juristischen Person, einer Kollektiv- oder einer Kommanditgesellschaft begangen worden, so finden die Strafbestimmungen auf die für die Begehung verantwortlichen Gesellschafter, Direktoren, Bevollmächtigten, Liquidatoren oder Mitglieder der Verwaltungs- oder Aufsichtsorgane Anwendung.

Bei Rückfall, d. h. wenn der Täter während der letzten fünf Jahre, von der Zuwiderhandlung an gerechnet, schon einmal auf Grund des Spielbankgesetzes verurteilt worden ist, wird die Busse verdoppelt. Überdies soll in diesem Falle Gefängnis bis zu sechs Monaten ausgesprochen werden können.

Erfolgt die Errichtung und der Betrieb einer Spielbank in einem Beruf, Gewerbe oder Geschäft, deren Ausübung von einer behördlichen

375 Bewilligung abhängt, so haben es die zuständigen Kantonsbehörden in der Hand, diese Bewilligung nach Massgabe der kantonalen Gesetzgebung zurückzuziehen. Sie werden also z. B. dem dem Patentzwang unterstehenden Wirt gegebenenfalls das Wirtsehaftspatent entziehen können.

In einer weitem Bestimmung gibt der Gesetzentwurf dem Richter die Befugnis, ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung der Spielgeräte und Spielgelder zu verfügen ; eine vorausgehende Beschlagnahme richtet sich nach dem massgebenden Prozessrecht.

Endlich enthält der Abschnitt noch eine Bestimmung über die gerichtliche Zuständigkeit. Danach soll die Beurteilung der Zuwiderbandlungen der Bundesstrafgerichtsbarkeit unterliegen, was namentlich auf Grund der bisherigen Schwierigkeiten in der Handhabung des Spielbankverbotes zweckmässig erscheint. In der Regel dürften die Zuwiderhandlungen als Delegationsstrafsachen behandelt und demgemäss den Kantonen zugewiesen werden. Nur in besonderen Fällen wird die Inanspruchnahme des Bundesstrafgerichtes in Betracht gezogen werden.

III. ScJhlassbestimmnngen.

Dieser Abschnitt regelt das Verhältnis des Gesetzes zum kantonalen Recht und das Inkrafttreten des ersteren.

Artikel 10 setzt fest, dass dem Bundesrecht nicht widersprechende Bestimmungen des kantonalen Rechtes über die Glücksspiele vorbehalten bleiben. Die meisten Kantone besitzen Vorschriften über die Glücksspiele.

Das Bundesgesetz dürfte in Verbindung mit der mehrfach erwähnten bundesrätlichen Verordnung vom 1. März 1929 über den Spielbetrieb in Kursälen geeignet sein, dem Artikel 35 der Bundesverfassung, wie er in der Volksabstimmung vom 2. Dezember 1928 angenommen worden ist, eine seinem Sinne entsprechende Ausführung zu geben.

Wir empfehlen Ihnen den beigelegten Entwurf zu einem Bundesgesetz über die Spielbanken zur Annahme.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 19. März 1929.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Dr, Haab.

Der Bundeskanzler : Kaeslin.

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(Entwurf)

Bundesgesetz über

die Spielbanken Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, in Ausführung von Art. 35 der Bundesverfassung, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 19. März 1929 ; besohliesst:

I. Allgemeine Bestimmungen.

Art. 1.

Die Errichtung und der Betrieb von Spielbanken sind verboten.

Art. 2.

Als Spielbank gilt jede Unternehmung, welche Glücksspiele betreibt.

Glücksspiele sind Spiele, bei denen gegen Leistung eines Einsatzes ein Geldgewinn in Aussicht gestellt wird, über dessen Erwerbung ganz oder vorwiegend der Zufall entscheidet.

Das Aufstellen von Spielautomaten und ähnlichen Apparaten zum Spiel gilt als Unternehmung, welche Glücksspiele betreibt, wenn nicht der Spielausgang in unverkennbarer Weise vorwiegend auf Geschicklichkeit beruht.

Eine Vereinigung von Spielern gilt als Unternehmung, wenn die Glücksspiele gewohnheitsmässig betrieben werden und der Zutritt tatsächlich jedermann offen steht.

Die Unterhaltungsspiele der Kursäle unterstehen den besonderen Bestimmungen der bundesrätlichen Verordnung vom 1. März 1929 über den Spielbetrieb in Kursälen.

Art. 3.

Dem eidgenössischen Justiz- und -Polizeidepartement steht der Entscheid darüber zu, welche Apparate bei Aufstellung zum Spiel als Spielbank zu erklären sind.

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II. Strafbestimmungen.

Art. 4.

Wer eine Spielbank errichtet, betreibt, hierzu Platz gibt oder Spielgeräte beschafft, wird mit Busse von dreihundert bis zu zehntausend Franken bestraft.

Art. 5.

Wer die Unterhaltungsspiele in Kursälen iü Missachtung der besonderen Vorschriften betreibt, wird mit Busse von fünfhundert bis zu zehntausend Franken bestraft, Dem nach Absatz l verurteilten Inhaber eines Kursaalbetriebes gegenüber kann dessen Schliessung angedroht und bei neuer Zuwiderhandlung innert fünf Jahren ausgesprochen werden.

Art. 6.

Werden die unter Strafe gestellten Handlungen im Geschäftsbetrieb einer juristischen Person, einer Kollektiv- oder einer Kommanditgesellschaft begangen, so finden die Strafbestimmungen auf die für die Begehung verantwortlichen Gesellschafter, Direktoren, Bevollmächtigten, Liquidatoren oder Mitglieder der Verwaltungs- oder Aufsichtsorgane Anwendung.

Art. 7.

Ist der Täter während der letzten fünf Jahre, von der Zuwiderhandlung an gerechnet, schon einmal auf Grund dieses Gesetzes verurteilt worden, so wird er mit Busse von sechshundert bis zu zwanzigtausend Franken bestraft. Überdies kann Gefängnis bis zu sechs Monaten ausgesprochen werden.

Art. 8.

Der Richter verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung der Spielgelder und Spielgeräte.

Art. 9.

Zuwiderhandlungen gegen dieses Gesetz unterliegen der Bundesstrafgerichtsbarkeit.

III. Sehlussbestimmungen.

Art. 10.

Dem Bundesrecht nicht widersprechende Bestimmungen des kantonalen Rechtes über die Glücksspiele bleiben vorbehalten.

Art. 11.

Der Buudearat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Spielbanken. (Vom 19. März 1929.)

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20.03.1929

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