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Bundesblatt 8l. Jahrgang.

Bern, den 29. Mai 1929.

Band I.

Erscheint wöchentltch. Prêts 20 Franken im Jahr, 10 Franken im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr, - Einrückungsgebühr : 50 Rappen die Petitzeile oder deren Baum. -- Inserate franko an Stämpfli £ Cie. in Bern,

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Botschaft des

Bundesrates au die Bundesversammlung betreffend die vorläufige Ordnung der Getreideversorgung des Landes.

(Vom 18. Mai 1929.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren !

In der Abstimmung vom 8. März 1929 hat das Schweizervolk über die Sicherung der Getreideversorgung folgende Entscheidungen getroffen: 1. Das Volksbegehren für Aufnahme eines Art. 23bis in die Bundesverfassung ist mit 18,487 Ja gegen 672,004 Nein und mit allen Ständestimmen verworfen worden.

2. Der Gegenentwurf der Bundesversammlung für eine monopolfreie Ordnung der Getreide Versorgung ist dagegen mit 461,176 Ja gegen 228,857 Nein und 18 ganzen und 6 halben Ständestimmen gegen eine Standesstimme angenommen worden.

8. Das Bundesgesetz über die Abänderung von Art. 14 des Bundesgesetzes vom 10. Oktober 1902 betreffend den schweizerischen Zolltarif (Erhöhung der statistischen Gebühr im Warenverkehr zum Zwecke der Deckung der Kosten der monopolfreien Ordnung der Getreideversorgung) ist mit 443,231 Ja gegen 227,244 Nein ebenfalls angenommen worden.

Durch dieses Abstimmungsergebnis wurde die verfassungsrechtliche Grundlage für eine dauernde Ordnung der Getreideversorgung des Landes geschaffen.

Der Bundesbeschluss betreffend die vorläufige Ordnung der Getreideversorgung vom 7. Juni 1927 bleibt bis zum 30. Juni 1929 in Kraft. Bis zu diesem Zeitpunkt gilt das Getreidemonopol, das seinerzeit auf Grund der ausserordentlichen Vollmachten des Bundesrates zu Anfang des Weltkrieges eingeführt wurde. Wie wir aber schon in unserer Botschaft vom 31. Januar 1928 ausführten, muss das Getreideeinfuhrmonopol unwiderruflich am 30. Juni 1929 dahinfallen. Die eidgenössischen Bäte haben der letzten provisorischen Verlängerung des Getreideeinfuhrmonopols nur unter der Bedingung zugestimmt, dass mit dem 30. Juni 1929 das Monopol endgültig verschwinde.

Bundesblatt. 81. Jahrg. Bd. T.

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. . - ' · · .

Da bis zum Ablauf der Wirksamkeit der bisherigen Getreideordnung nur eine geringe Zeitspanne besteht, müssen unverzüglich die nötigen Schritte getan werden, damit am 1. Juli 1929 eine auf dem neuen Verfassungsartikel beruhende Ordnung der Getreideversörgung in Kraft treten kann. Es ist dies um so.nötiger, als gerade für die Landwirtschaft die lückenlose Überleitung von der Monopolwirtschaft zur monopolfreien Ordnung die grösste Bedeutung hat.

Für die endgültige Durchführung der neuen Getreideordnung ist der Erlass eines Ausführungsgesetzes zu dem am 3. März 1929 angenommenen Verfassungsartikel nötig. Die Vorbereitung, Beratung, Inkraftsetzung und Vollziehung eines solchen Ausführungsgesetzes kann jedoch im Zeitraum vom 8. März bis zum 3.0. Juni, d.h. bis zum Ablauf derMonopolordnung,.nicht vorgenommen werden. Allein die Beachtung der Referendumsvorschriften erfordert mehr als drei Monate vom Datum der Schlussabstimmung über das Gesetz in den eidgenössischen Eäten an gerechnet.

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Die einzige Lösung besteht daher im Erlass eines Bundesbeschlusses als Übergangslösung bis zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Ausführungsgesetzes. Da dieser Beschluss auf alle Fälle am 1. Juli 1929- in Kraft treten muss, ist er notwendigerweise als dringlicher BundesbeschlusB zu gestalten. Dieses Vorgehen bietet auch den Vorteil, dass die. neue. Lösung der Getreideversorgung einer Bewährungsprobe unterzogen werden kann. Die unter dieser neuen provisorischen Ordnung gesammelten Erfahrungen können dann bei der Ausarbeitung des Ausführungsgesetzes verwertet werden.

Die neue provisorische Ordnung kann um so leichter getroffen werdenf als sie in manchen Punkten nichts anderes enthalten wird, als die bisherige erprobte Praxis. Insbesondere werden in der zu den schwierigsten Teilen der Getreideordnung gehörenden Regelung des Inlandgetreides nur wenig Änderungen eintreten müssen. Änderungen ergeben sich zur Hauptsache beim Auslandgetreide. Aber auch da können die Erfahrungen, welche die Verwaltung auf andern Gebieten bereits gemacht hat, mit Vorteil verwertet werden.

Der Entwurf zu einem Bundesbeschluss, den wir Ihnen unterbreiten, ist, auf den Grundsätzen aufgebaut, wie sie dem neuen Verfassungsartikel zugrunde liegen. Bei seiner Ausarbeitung sind sowohl die Ergebnisse der Beratungen von Kommission und Plenum beider Kate,
als auch die Eingaben der verschiedenen interessierten Wirtschaftsgruppen nach Möglichkeit berücksichtigt worden.

In den folgenden Ausführungen werden wir uns bei der Behandlung der Fragen, bei denen an der heutigen Ordnung nur wenige Änderungen vorgenommen werden, kurz halten. Unsere Hauptaufmerksamkeit wird sich auf die Gebiete zusammendrängen, bei denen von uns neue Lösungen vorgeschlagen werden. Es betrifft dies vor allem den weiteren Ausbau der Mahlprämie, die Förderung der Züchtung und Beschaffung hochwertigen inländischen Saatgutes für die Verbesserung des Getreidebaues, die Ordnung der Frachten zum.

Zwecke der Gewährung von Erleichterungen auf den Transportkosten an Mühlen im Innern des Landes, die Massnahmen für die Erhaltung des ein-

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heimischen Müllereigewerbes, die Wahrung der Interessen der Brot- und Mehlkonsumenten und die Gestaltung der Aufsicht gegen Missbrauch mit Auslandgetreide.

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I. Die Haltung von Vorräten.

Der Bundesbesehluss betreffend die vorläufige Ordnung der Getreideversorgung vom 7. Juni 1927 überlässt die Bestimmung der Höhe der Getreidevorräte dem Bundesrate. Wir halten es für richtig, im Bundesbeschlusse selbst die Lagermenge für die Vorräte des Bundes an Brotgetreide festzusetzen.

Entsprechend den Ausführungen unseres Berichtes vom 2. April 1928 schlagen ·wir vor, die Lagermenge des Bundes endgültig auf 8000 Wagen zu 10 Tonnen zu bestimmen. Sie sichert in Verbindung mit den bei den Mühlen, Bäckern und Landwirten Hegenden Vorräten die Brotversorgung der Schweiz für drei Monate.

Dazu schlagen wir .vor, dem Bundesrat das Eecht einzuräumen, die Vorratsmenge bei ausserordentlichen wirtschaftlichen oder politischen Verhältnissen angemessen zu erhöhen.

Wenn auch gemäss Art. l des Bundesbeschlusses dem Bunde 80,000 Tonnen Brotgetreide als Lagervorräte zur Verfügung stehen sollen, so ist es doch nicht nötig, dass er alle 80,000 Tonnen selber lagern muss. Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und der Vereinfachung schlagen wir deshalb in Art. 2 vor, die Hälfte der normalen Lagermenge des Bundes, d. h. 40,000 Tonnen, durch die Handelsmühlen lagern zu lassen. Es geschieht dies aber so, dass auch diese Lagervorräte im Eigentum des Bundes bleiben und für ihn jederzeit verfügbar sind.

· Die Lagerverpflichtung trifft alle Handelsmühlen gleichmässig auf Grund der vorjährigen Gesamtvermahlung an Getreide. Sie werden für sachgemässe Einlagerung, Besorgung und Beaufsichtigung des Lagergetreides verantwortlich gemacht; doch beteiligt sich der Bund an den Kosten durch die Übernahme der Feuerversicherung. Dagegen findet eine besondere Entschädigung der Handelsmühlen für die Lagerhaltung nicht statt. In Ausnahmefällen, namentlich bei kleinen Mühlen und während der Übergangszeit, kann die Getreideverwaltung besondere Abmachungen treffen. Unter der gegenwärtigen Ordnung lagern die Handelsmühlen kostenfrei einen dreiwöchigen Getreidebedarf, d. h. rund 2500 Wagen. Die Neuordnung wird in dieser Hinsicht für die Mühlen eine gewisse Mehrbelastung bringen.

II. Das Inlandgetreide.

A. Die Abnahme von Inlandgetreide.

In enger Anlehnung an die bisherige Ordnung kauft der Bund von den Produzenten unter Ausschluss von jeglichem Zwischenhandel selbstgebautes, mahlfähiges Brotgetreide einheimischer Provenienz. Der Ankauf erfolgt, wie

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bisher, zur Hauptsache durch die Vermittlung der landwirtschaftlichen Genossenschaftsverbände, die das Getreide auf Bechnung des Bundes übernehmen.

Wir verweisen dafür auch auf unsere Ausführungen im Bericht vom 2. April 1928 betreffend die Getreideversorgung der Schweiz.

Der Bund zahlt für das ihm angebotene Getreide, verladen auf die Abgangsstation oder in eine Mühle oder in ein Lagerhaus der Umgebung geliefert, einen Preis, der für 100 kg Weizen Fr. 8. 50 höher ist, als die mittleren Marktpreise franko verzollt Schweizergrenze von Auslandgetreide gleichwertiger Qualität. Als Preisrahmen ist ein Mindestpreis von Fr. 40.-- und ein Höchstpreis von Fr. 45.-- für 100 kg Weizen festgesetzt worden. Auf Grundlage des Wöizenpreises werden die Preise für die übrigen Getreidearten berechnet, indem ihr Mahlwert berücksichtigt wird.

Wie bisher ist beim Ankauf die Qualität des zu übernehmenden Inlandgetreides im Preise zu berücksichtigen. Für sehr gutes Getreide ist mehr, für solches geringerer Güte weniger als der durchschnittliche Ankaufspreis zu bezahlen. Getreide, das nicht von landesüblich guter Beschaffenheit oder nicht, mahl- und backfähig ist, soll wie jetzt vom Bund überhaupt nicht übernommen werden.

Die Einzelheiten für die Abnahme des Inlandgetreides durch den Bund und das hierbei zu beobachtende Verfahren werden vom Bundesrate in enger Anlehnung an die bisherige Praxis festgesetzt.

B. Die Mahlprämie.

Die Leistung der Mahlprämie ist ein ausgezeichnetes Mittel zur Förderung des Getreidebaues. Die Mahlprämie ist geeignet, den Getreidebau auch in den kleinbäuerlichen Gewerben zu halten und ihn vor allem in den Gebirgsgegenden, wo nicht für den Markt produziert werden kann, zu vermehrter Entfaltung zu bringen. Sie fördert die Selbstversorgung des Landvolkes mit Brot und begünstigt die Beibehaltung öder, wo es die Verhältnisse ergeben, die Eückkehr zu der gesunden Sitte, das Brot im eigenen Hause zu backen.

Für den Kleinbauer und Gebirgsbauer ist die Möglichkeit, Getreide an den Bund abzuliefern, von verhältnismässig geringer Bedeutung. Dem Produzenten der Gebirgstäler bringt sie sozusagen keinen Vorteil. Wichtig ist für den Kleinbauer und den Gebirgsbauer vielmehr, dass er durch Anpflanzung des nötigen Getreidebedarfes für seine Famüre kein Mehl und kein Brot zukaufen muss.

Es ist eine nicht
wegzuleugnende Erfahrung, dass Kleinbauer und Gebirgsbauer bei weitgehender Naturalwirtschaft und Selbstversorgung am ehesten ihr Auskommen finden. Die Eentabilitätsbereohnungen des schweizerischen Bauernsekretariates zeigen ganz gesetzmässig, dass der Verpflegungs- oder Kosttag im bäuerlichen Betrieb um so billiger zu stehen kommt, je weniger Lebensmittel angekauft werden müssen.

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Die Landwirtschaft und vor allem die Kleinbauern befinden eich in einer heftigen Krisis. Die Herbeiführung ihrer Lösung durch jedes wirksame Mittel ist eine nationale Pflicht. Die Untersuchungen über die ^Rentabilität der schweizerischen Landwirtschaft haben klar ergeben, dass namentlich die Grossbauernbetriebe für den Markt produzieren. Nach den letzten statistischen Erhebungen ist der zur Selbstversorgung dienende Anteil an der Produktion in den Klein- und Mittelbauernbetrieben bedeutend grösser als bei den Grossbauernbetrieben. Ferner ist erwiesen, dass sich dieser Unterschied in der Produktionsverwendung besonders im Getreidebau fühlbar macht. Das zeigt sich deutlich in den Rentabilitätsberechnungen des schweizerischen Bauernsekretariates. Das landwirtschaftliche Jahrbuch 1929 gibt für den prozentualen Anteil der Marktproduktion und der Selbstversorgung am Gesamtrohertrag an Getreidekörnern im Mittel der Jahre 1908--1927 folgende Zahlen: Anteil der Marktproduktion o/ ta

Kleinbauernbetriebe, 3--5 ha Kleine Mittelbauernbetriebe, 5--10 ha Mittelbauernbetriebe, 10--15 ha Grosse Mittelbauernbetriebe, 15--30 ha Grossbauernbetriebe, über 80 ha Durchschnitt aller Betriebe .

29 '48 52 59 71 , 56

Anteil der Selbstversorgung o/ /o

71 57 48 41 29 44

Es zeigt sich ferner, dass gerade in kleinbäuerlichen Betrieben kein anderer Betriebszweig einen so hohen Anteil der Selbstversorgung am Eohertrag aufweist wie der Getreidebau. Die nachstehende Übersicht gibt darüber deutliche Auskunft.

Anteil der Marktproduktion

Getreidekörner Kartoffeln Milch Eindviehzuwachs.

Schweine Obstbau Gemüse

Anteil der Selbstversorgung

/o

7o

29 31 67 97 58 61 49

71 69 33 3 42 39 51

Schon lange vor dem Krieg ist von einsichtigen Landwirten auf die Bedeutung der Selbstversorgung mit Lebensrnitteln für den Betriebserfolg der Landwirtschaft hingewiesen worden. Herr J. J. Gabathuler hat hierüber eine sehr interessante Studie «Die Selbstversorgung.mit Lebensmitteln in der Landwirtschaft» veröffentlicht.

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Seit 19ÌO sind in der Landwirtschaft die Kosten der Produktionsmittel in ständigem Steigen begriffen. Sie haben heute 170 % der vorkriegszeitlichen -Indexzahlen erreicht, während der mittlere Index der Produktenpreiso nur 140 % beträgt. In dieser Tatsache liegt zu einem grossen Teil die Krise der Landwirtschaft begründet, nicht nur bei uns in der Schweiz, sondern auch im Ausland. Die offiziellen Hilfeleistungen, insbesondere die Bundesbeiträge, vermögen, ohne Zweifel die Krise fühlbar zu mildern. Voraussichtlich wird sie ihre endgültige Lösung aber erst mit der richtigen Preisangleichung finden.

Die Förderung der Selbstversorgung mit Lebensmitteln ist unbestreitbar dazu geeignet, die Preisanpassung zu begünstigen.

Die Selbstversorgung ist für die Kleinbauern und namentlich für die Gebirgsbevölkerung von hohem "Wert. Sie stärkt die Verbindung mit der heimatlichen Scholle und arbeitet der Proletarisierung und Abwanderung dieser Bevölkerungsgruppen entgegen. "Man hat festgestellt, dass überall da, wo. der Ackerbau zur Selbstversorgung gepflegt wird, die Abwanderung in die Städte und ins Ausland verhältnismässig geringer ist, als in den Gebieten der reinen Graswirtschaft.

Um die Landbevölkerung der Scholle zu erhalten, muss dafür gesorgt werden, dass ihre Arbeit angemessenen Lohn findet und dass ihr so die Mittel zum Dasein erhalten bleiben. . Um unsere Gebirgsbevölkerung vor der Proletarisierung und Abwanderung zu schützen, müssen die nötigen Opfer zur Erhaltung und Förderung des Ackerbaues in den Gebirgsgegenden gebracht werden! Gräswirtschai't in Verbindung mit Gemüse- und Getreidebau bedeutet auf der gleichen Bodenfläche die Ernährung einer mehrfach grösseren Bevölkerung, als sie die reine Gras- und Viehwirtschaft zu erhalten vermag. Es steckt also eine tiefe Wahrheit in dem Worte : «Wo nur Gras wächst, können nur reiche Leute wohnen, wo Gras, Getreide und Kartoffeln wachsen, können : alle Leute leben.» Die Mahlprärnie, d. h. die Förderung des Getreidebaues zur Selbstversorgung, ist unbestreitbar die beste Stütze zur Selbstversorgung des Kleinbauers und des Gebirgsbauers mit Brot. Die Mahlprämie entgilt dem Kleinbauer und dem Gebirgsbauer die Mühe des Anbaues kleiner Äcker; sie bringt ihnen noch etwas bares Geld in das Haus und lässt ihnen das Getreide zur Selbstversorgung. Sie ist.deshalb ein
vorzügliches Mittel zur Hebung der. Lage des Kleinbauernstandes und "der Gebirgsbevölkerung.

Die Mahlprämie sichert dem Bauer billiges Brot, das noch billiger wird, wenn das in einer Kunden- oder Bauernmühle zu Mehl verarbeitete Getreide auch im Hause gebacken wird. Versuche und Berechnungen, welche von Berta Schnyder, I-Iaushaltungslehrerin der land- und hauswirtschaftlichen Schule Waldhof bei Langenthal durchgeführt worden sind, ergeben über den Verdienst beim Brotfruchtanbau mit eigenem Brotbacken ein lehrreiches Bild*) : *) Veröffentlicht im 8. Jahresbericht der kantonalen land- und hauswirtschaft. liehen Schule Waldhof, Langenthal, für das Jahr 1927/28, S. 48.

" . .

731 Preis für 100 kg Weizen, dem Bund vertauft . , Preis für 100 kg Weizen, bei Eigenversorgung a. 981/2 kg Brot zu 55 Rp.. . . . . Fr. 54,17 b. 8 kg.Futtermehl zu 26 Rp.. . . » 2.08 c. 18 kg Krüsch zu 18 Rp.. . . . . » 3. 24 Zusammen

Fr. 42. 50

.

Fr. 59.49 Fr. 59.49

Backkosten: 150 gr Presshefe zu Fr. 2. 40 für das kg Fr. --.36 1875 gr Salz à 25 Rp: für das kg » --. 47 8 Stück Scheiterwellen zu 80 Ep.

das S t ü c k . . . . . . . . . . » 6.40

»

7-. 28

Fr. 52. 26 Der Mahllohn von Fr. 5.--wird durch die Mahl.

prämie ausgeglichen.

Bewertung der Ofenwärme nach dem Backen » 2. 20 Preis für 100 kg Weizen bei Eigenversorgung Fr. 54. 46 » 54. 46 Mehrpreis des Weizens bei Eigenversorgung gegenüber dem Verkauf.

. . . . . . . . F r . 11.96

Der Bauer, der aus eigenem Mehl Brot backt, verwertet somit nach dieser Aufstellung den Weizen des Betriebes um Er. 12. -- besser, als wenn die Körner dem Bunde verkauft worden wären.

Bei dieser Berechnung ist zu beachten, dass bei dem heutigen, etwas niedrigeren Brotpreise der Vorteil der Selbstversorgung um rund Fr. 5. -- geringer ausfällt, als ihn die Aufstellung ausweist. In Gebirgsgegenden aber erreicht und überschreitet der Brotpreis nicht selten den in Rechnung gestellten Ansatz von 55 Ep. für das Kilogramm Brot. Für den Gebirgsbauer hat somit die Selbstversorgung mit Brot und die Mahlprämie eine ganz besondere Bedeutung. Nun darf nicht übersehen werden, dass die Selbstversorgung .erhöhten Arbeitsaufwand erfordert. Es ist aber ein Arbeitsaufwand, der sich, -wenn die richtigen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, bezahlt macht und der geeignet ist, gerade beim Kleinbauer das Arbeitseinkommen zu erhöhen.

Unter der neuen Ordnung wird die Mahlprämie beibehalten. Bei ihrer Einführung im Jahre 1925 wurde sie auf Fr. 5. -- für 100 kg Getreide angesetzt; sie konnte für Gebirgsgegenden auf Fr. 8. -- erhöht werden. Diese Ausätze sind bis 1929 unverändert aufrechterhalten worden.

Vor der Einführung der Mahlprämie genoss nur das vom Bund übernommene Brotgetreide eine staatliche Unterstützung in Form des Überpreises.

Das zur Selbstversorgung verwendete Getreide ging leer aus. Nachdem der Zwangsanbau dahingefallen war und das Brot wieder billiger gekauft wer-

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den konnte^ fehlte der Anreiz zum Getreidebau für die Selbstversorgung.

Die Förderung des Getreidebaues fehlte namentlich den Kleinbauern und den Gebirgsbauem, bei denen der. Getreidebau vorwiegend der Selbstversorgung zu dienen hat. Um den Gebirgsbauer, der nicht Marktgetreide erzeugt, gleichwohl zum Getreidepflanzen aufzumuntern, muss die Mahlprämie beibehalten und erhöht werden. Es sollen dabei neben den für die Ablieferung an den Bund zugelassenen Getreidearten, d. h. neben Weizen, Boggen, Dinkel und Mischelfrucht wie bisher auch Mais, Einkorn und Ernmer, sowie in Gebirgsgegenden die Gerste als mahlprämieberechtigt anerkannt werden.

In bezug auf die Gestaltung der Ansätze der Mahlprämie schlagen wir vor, den bisherigen Ansatz um 50%, d.h. von Fr. 5.-- auf Fr. 7.50 zu erhöhen. Für die Gebirgsgegenden beträgt der Höchstansatz Fr. 11.--.

Die vorgeschlagene Erhöhung ist unvermeidlich, sofern die Mahlprämie ihren Zweck ganz erreichen soll. Solange ihr Ansatz Fr. 5. -- und der Überpreis für das dem Bund gelieferte Getreide Fr. 8. 60 für 100 kg beträgt, ist der Unterschied zu gross, um noch einen wirksamen Anreiz für die Selbstversorgung der bäuerlichen Haushaltungen abzugeben. Der Produzent wird der Versuchung kaum widerstehen, seine ganze Ernte abzuliefern. Bei der Einführung der Mahlprämie war den Produzenten für die Ernte 1925 die Verpflichtung zur Selbstversorgung auferlegt worden. Der Bund sollte nur dasjenige. Getreide übernehmen^ das nicht zur Ernährung des Produzenten und seiner Fa'milie zu dienen hatte. Die Schwierigkeiten, auf welche dabei die Getreideverwaltung stiess, zog bald die Aufhebung dieses Vorbehaltes nach sich. Die Wirkung dieses Zugeständnisses blieb nicht aus. Die Getreideverwaltung hat dann im Jahre 1928 festgestellt, dass im Flachland die Mahlkartenzahl fühlbar zurückgegangen war. Dagegen verzeichneten die Anbaugebiete, wo die Mahlprämie Fr. 6.-- und Fr. 7. -- betrug, geringere Rückgänge, während in den eigentlichen Gebirgsgegenden mit einer Mahlprämie von Fr. 8. -- sogar eine Zunahme von Karteninhabern festzustellen war. Diese Tatsachen sind sehr lehrreich. In Berücksichtigung der gemachten Erfahrungen sehen wir demnach eine wesentliche Erhöhung der Mahlprämie vor, um die von den Anregern erwartete Wirkung zu sichern. Die Durchführung dieser wichtigen Massnahme wird zur
Hebung und Förderung des Getreidebaues beitragen, die erfolgreiche Arbeitsgelegenheit und die Tatkraft der Bergbevölkerung vermehren und ihr helfen, ihr Auskommen als Frucht der eigenen schweren Arbeit zu finden.

Die Erhöhung der Mahlprämie auf Fr, 7. 50 wird einen günstigen Einfluss auf die mittleren und grösseren Bauernbetriebe ausüben, deren Selbstversorgung ganz oder fast ganz aufgehört hat. Es ist in der Tat bedauerlich, dass gewisse Getreidebauern ihr sämtliches selbstgebautes Getreide dem Bunde abliefern und das Brot für den eigenen Bedarf kaufen. Dieser Zustand bleibt indessen so lange weiter bestehen, als der dem Produzen' :i gebotene Vorteil bei Ablieferung seiner Ernte verlockender als die Ar .sieht auf die Mahlprämie ist. Es ist natürlich, dass der Bauer derjenigen Verwendung

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den Vorzug gibt, die ihm am meisten einbringt. Wenn nun aber Überpreis und Mahlprämie einander ziemlich gleichgestellt werden, so darf man auch wieder erwarten, dass ein jeder Getreidebauer seinen Bedarf aus der eigenen Erzeugung deckt und nur den Überschuss an den Bund abliefert. Wir möchten diese Forderung, nachdem ihre Durchführung erstmals vor der Ernte 1926 fallen gelassen worden ist, nicht im jetzigen Zeitpunkt zwingend gestalten. Die Verpflichtung bestand ja nur während eines Jahres. Wir erachten es aber als angezeigt, dem Bundesrat das Bechi einzuräumen, die Abnahme von Inlandgetreide zu Vorzugspreisen von der Durchführung der ganzen oder teilweisen Selbstversorgung durch die Produzenten abhängig zu machen, wenn dies die Umstände erlauben. Doch statt zu Zwangsmitteln zu greifen, die lebhaften Widerstand auslösen könnten, ist es besser, den Bauer zum Verzicht auf die angenommene Gewohnheit zu veranlassen, indem man ihm in anderer Form einen Ausgleich für den derzeitigen Vorteil bietet.

Schh'esslich sei erwähnt, dass die Erhöhung der Mahlprämie die Kundenmühlen aus der schlimmen Lage befreit, durch welche in der Vorkriegszeit mehrere zugrunde gegangen sind. Wenn der Produzent seine ganze Ernte dem Bund abliefert und sein Brot in der Bäckerei kauft, muss die Kundenmühle verschwinden. Und doch liegt es im Landesinteresse, alle die kleinen Kundonmühlen, die im Krieg so wertvolle Dienste leisteten, beizubehalten. Ihr Dasein muss durch die Aufrechterhaltung ihrer Tätigkeit geschützt werden.

In diesem Zusammenhang dürfen wir auch darauf hinweisen, dass der schweizerische Kundenmüllerverband uns die schriftliche Erklärung hat zukommen lassen, dass die Erhöhung der Mahlprämie nicht für eine Erhöhung des heutigen Mahllohnes ausgenützt werden soll. Der Mahllohn soll unverändert bleiben. Die Erhöhung der Mahlprämie wird somit ausschlieselich den Getreideproduzenten zugute kommen.

Wir haben ferner die Frage geprüft, ob nicht auch eine Mahlprämie für Eoggen oder Dinkel gewährt werden soll, deren Mahlprodukte für die Fütterung des Viehstandes des Produzenten Verwendimg finden. Indem eine solche Prämie bisher nicht gewährt wurde, zog es der Getreidebauer vor, seinen Eoggen dem Bund zum Überpreis abzugeben und seinen Futtermittelbedarf einzukaufen. Der Eoggen machte dann oftmals den für den Bund kostspieligen
Weg vom Produzenten zum Bund, vom Bund zu den Handelsmühlen und landwirtschaftlichen Genossenschaften, um zum Teil als Futtermittel wieder zum Produzenten zurückzukehren. Bei der Entrichtung einer Prämie, welche die Kosten der Vermahlung zu Futtemvecken deckt, würde der Landwirt voraussichtlich seine Futtermittel durch die Kundenmühle aus eigenem Getreido mahlen lassen. Er würde dies wahrscheinlich auch tun, wenn die Mahlprämie mit Rücksicht auf die notwendige Qualitätsabstufung für Getreide zu Futtermahl zwecken wesentlich niedriger als die Mahlprämie für Brotgetreide angesetzt worden wäre. Wir sind dann aber doch davon abgekommen, eine solche

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;

neue Maßnahme vorzuschlagen. Die Ausrichtung verschiedener Mahlprämien je nach der Verwendung der Mahlerzeugnisse hätte voraussichtlich zu Schwierigkeiten bei der Durchführung Anlass gegeben. Die Gefahr wäre geschaffen worden, Getreide, dessen Mahlerzeugnisse zu Futterzwecken verwendet werden sollten, als zur menschlichen Ernährung bestimmtes Brotgetreide in die Mahlkarten einzutragen, um so die höhere Prämie zu erhalten. Die. Versuchung .zur Erlangung der Brotgetreidemahlprämie bei blosser Vermahlung auf. Futtermehl hat freilich auch schon beim bisherigen: System bestanden. -Wir schlagen deshalb vor, allfälligen Umgehungen in der .angegebenen Bichtung in Zukunft durch Ansetzung einer Höchstmenge des mahlprämieberechtigten Getreides für jede im. Haushalte des Produzenten verpflegte Person zu "begegnen, ohne au bestimmen, zu welchem Zweck die Mahlprodukte verwendet werden müssen.

Diese Menge würde in der Verordnung so hoch angesetzt, dass sich daraus für den Bauer, keinerlei Einengung in der Selbstversorgung mit Backmehl und Brot ergeben -kann. Es würde ihm damit vielmehr ermöglicht, durch ent-.

sprechende Wahl der Ausinahlquote noch Futtermehl für den eigenen land-wirtschaftlichen Betrieb zu gewinnen,.

.

In finanzieller Beziehung wird eine erhöhte Mahlprämie für Brotgetreide iür den Bund eine gewisse Mehraufwendung bedingen. Es darf dabei aber nicht ·übersehen werden, dass die Massnahme geeignet ist, die Ablieferung von Inlandgetreide an den Bund zu vermindern. Die Übernahme des Inlandgetreides ïommt den Bund teurer zu stehen als die erhöhte Mahlprämie. Die Mehrausgaben für die Mahlprämie, wenigstens für Getreide aus dem Flachland, -werden somit wohl teilweise durch Minderausgaben bei der Übernahme von Inlandgetreide aufgewogen werden.

In dieser Bichtung sehen wir auch vor, dass der Bund in Gebirgsgegenden an die Erstellung geeigneter Mahleinrichtungen oder für die Durchführung wesentlicher Verbesserungen an bestehenden, den Anforderungen der'Zeit nicht mehr genügenden Mühlen Beiträge leisten kann, wenn dadurch der. Getreidebau nachweisbar gefördert wird. Es hat sich bei der. bisherigen Ausrichtung der Mahlprämie gezeigt, dass in einzelnen Alpentälern die Erhaltung des Getreidebaues von der Verbesserung der Mahleinrichtungen abhängt. Dio kleinen, weit abgelegenen Siedelungen sind aber nicht
immer imstande, die nötigen Verbesserungen mit eigenen Mitteln durchzuführen. "Ein Beitrag erhält hier in bestimmten Fällen die Bedeutung einer tatkräftigen Aktion zugunsten der beteiligten Getreideproduzenten.

Die Ordnung der Mahlprämie auf neuer Grundlage wird zum Schutz der Kleinbauernbetriebe wesentlich beitragen. Damit wird auch erfolgreiche Arbeit im Sinne der von allen Seiten lebhaft unterstützten Motion Baumberger, welche ·sich die Hilfeleistung für unsere Bergbevölkerung zum Ziele gesetzt hat, geleistet.

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· .

.-

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C. Die Verbesserung des Getreidebaues.

Der Bund erhält durch den Verfassungsartikel die Aufgabe, den Anbau von Brotgetreide im Inland zu fördern. Die Förderung und technische Verbesserung des einheimischen Getreidebaues wird neben andern Massnahmen vor allem erreicht durch die Züchtung und Beschaffung :von hochwertigem inländischem Saatgute. Es ist in der Tat von Wichtigkeit, dass die Bestellung des Ackers mit Saatgut erfolgt, das den Bedürfnissen unseres Getreidebaues angepasst ist und die Ansprüche der Müllerei und .der Bäckerei befriedigt. .

Die staatlichen Massnahmen zur nachhaltigen Verbesserung der einheimischen Getreideaorten auf dem Wege der Selektion (Zuchtwahl mit Einzelauslese) haben in unserem Lande unter Führung der eidgenössischen Samenuntersuchungs- und Versuchsanstalten in Lausanne und Örlikon am Anfang dieses Jahrhunderts eingesetzt. Mit der Wertschätzung des Getreidebaues während der letzten Kriegszeit haben die Bestrebungen in der Getreidezucht einen erfreulichen Aufschwung genommen und schöne Resultate gezeitigt.

Die selektionierten Getreidepflanzen werden durch die Versuchsanstalten zunächst auf eigenen Versuchsfeldern oder bei den betreffenden Züchtern einzeln ausgesät und einer genauen Prüfung unterzogen, alsdann in kleinerem Umfange unter verschiedenen Verhältnissen angebaut und die Resultate eingehend verfolgt. Züchtungen, welche diese Prüfungen während mehreren Jahren gut bestanden haben, werden in der Folge in grösserem Urnfange angebaut, die Bestände auf den Feldern durch Fachleute gemustert und, soweit sie den Anforderungen genügen, offiziell anerkannt.

Seit 1918 werden aus den Landwirtschaftskrediten des Volkswirtschaftsdepartementes folgende Subventionen zur Förderung der Saatzucht verabfolgt: einmalige Gründungsbeiträge an Saatzuchtgenossenschaften, im Umfange der kantonalen Leistung Beitrage an Saatgutreinigungsanlagen, Übernahme der Kosten der Feldbesichtigung und Anerkennung, Gewährung einer Umsatz- und Ablieferungsprämie für durch Saatzuchtgenossenschaften geliefertes, selektioniertes und anerkanntes Saatgut und ferner Beiträge an den Schweiz. Saatzuchtverband. Seit 1927 "werden auch kleine Prämien an Einzelzüchter für die Reinhaltung der Zuchten verabfolgt. Die Aufwendungen für diese Massnahmen beliefen sich im Jahre 1928 auf Fr. 91,870. 25, wovon Fr. 79,387.20
für Urnsatz- und Ablieferungsprämien. Dazu kommen die bedeutenden Aufwendungen des Bundes für die landwirtschaftlichen Versuchsanstalten, die sich aber naturgemäss nicht nur mit Getreidezucht, sondern mit der Förderung der Pflanzenzucht überhaupt und mannigfachen weitern Aufgaben zu befassen haben.

Um die Qualitätsverbesserung unserer Getreidesorten noch nachhaltiger zu fördern,, wurde die Getreideverwaltung im Jahre 1924 vom

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Bundesrat ermächtigt, für selektioniertes Brotgetreide (Weizen, Roggen, Dinkel) eine spezielle Verbilligungsprämie zu verabfolgen. Durch eine hierdurch bewirkte bescheidene Herabsetzung der Verkaufspreise erfuhr die Verbreitung des hochwertigen Saatgutes eine wirksame Förderung.

Bis zum Jahre 1927 betrug diese Prämie per 100 kg. Fr. 3.-- bei Weizen und Dinkel und Fr. 2.-- bei Roggen. Auf Grund eines Bundesratsbeschlusses wurden diese sehr bescheidenen Ansätze für die Ernte 1928 um je Fr. 2.-- erhöht. An Verbilligungsprämien hat die Getreideverwaltung im Jahre 1927 Fr. 34,745.60 und im Jahr 1928 Fr. 69,046.40 aufgewendet.

Mit diesen Unterstützungen gelang es den Saatzuchtgenossenschaften, jährlieh zu etwas verbilligten Preisen 100 bis 120 Wagen einheimisches, durchgezüchtetes und feldbesichtigtes Saatgut zu liefern. Als Ergebnis der bisherigen Züchterarbeit und Erfahrung weist unser Inlandgetreide heute eine bedeutend verbesserte Qualität auf. Anstelle der frühern Sortengeinische sind reine Züchtungen getreten, die sich durch gutes Korn sowie durch hohen Mahl- und Backwert auszeichnen. Indessen bleibt noch viel zu tun. Die Menge erstklassigen einheimischen Saatgutes sollte noch bedeutend vermehrt werden.

Unter der am l, Juli in Kraft tretenden Ordnung der Getreideversorgung muss darnach getrachtet werden, die bereits bestehenden Massnahrnen zur Verbesserung des Saatgetreides weiter auszubauen. Hochwertiges, feldbesichtigtes Saatgut sollte in einer Menge zur Verfügung stehen, die ausreicht, um das gesamte, vom schweizerischen Getreidebau benötigte Saatgut je alle 4--5 Jahre einmal zu erneuern. Um diese Erneuerung regelmässig durchzuführen, sollten die Saatzüchter den schweizerischen Getreidebauern jährlich etwa 300 Wagen hochwertiges Saatgut zu erschwinglichen Preisen liefern können.

Erst dann wird unser Inlandgetreide neben der ebenfalls stets verbesserten Auslandware ebenbürtig dastehen und sich jedes Jahr weiter verbessern.

Dieses Ziel kann erreicht werden, wenn die Züchtung erstklassigen Saatgutes vom Bunde wirksam unterstützt wird. Die Saatgutzüchter müssen so entschädigt werden, dass sie dem Schweizerbauer .jedes Jahr das Saatgetreide zu vorteilhaftem Preise liefern können, dessen er zur Erneuerung bedarf.

Wir verstehen darunter, dass das. feldbesichtigte und anerkannte Saatgetreide nicht
zu teuer, d. h. zu einem Preise, der nicht mehr als etwa Fr. 5.-- über dem Übernahirrepreis der Getreideverwaltung für gewöhnliches Inlandgetreide an den Bauer steht, geliefert werden soll. Nur wenn der Mehrpreis des Saatgetreides nicht grösser ist, wird sich der Bauer das vorzügliche, aber für ihn doch fremde Saatgut beschaffen. Er versteht dann auch, welches Interesse die rationelle Erneuerung für ihn hat. Er wird nicht mehr .sein eigenes Getreide zur Aussaat verwenden und auch auf den Ankauf fremdländischer Ware verzichten, wenn man ihm zu günstigen Preisen hochgezüchtetes einheimisches Saatgut anbietet, das hinsichtlich Körnerertrag, Mahl-und Backwert an der Spitze steht. Der Getreidebauer wird somit durch eigenes In-

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teresse und eigene Überzeugung dahin geführt werden müssen, seinen Saatgutbedarf, soweit er ihn nicht aus eigenen Beständen deckt, bei den Saatzuchtgenossenschaften zu beziehen.

Um dieses bedeutungsvolle Ziel zu erreichen, müssen die Prämienbeträge für selektioniertes, feldbesichtigtes und anerkanntes Saatgut entsprechend erhöht werden. In Berücksichtigung der bedeutenden Mehrkosten für die Gewinnung und Herrichtung solchen Saatgutes wird künftig mit einem Zuschüsse zu rechnen sein, der über den Betrag des in der Vorlage festgesetzten Überpreises für Mahlgetreide von Fr. 8.50 per 100 kg hinausgeht. Rechnen wir mit einem Zuschlag vou Fr. 10.-- per 100 kg, so wordea die jährlichen Aufwendungen au Prämien für selektioniertes und anerkanntes Saatgut betragen : Fr. 150,000.-- bei einem Umsatz von 150 Wagen, Fr. 200,000. -- bei einem Umsatz von 200 Wagen, Fr. 250,000. -- bei einem Umsatz von 250 Wagen.

Selbst wenn ein Gesamtaufwand von Fr. 400,000.-- erforderlich würde, so erachten wir den Betrag angesichts der Bedeutung der Sache nicht als zu hoch.

Die vermehrte Züchtung von inländischem Saatgute setzt voraus, dass die einheimische Saatgetreideerzeugung gegen die ausländische Konkurrenz einen genügenden Schutz erhält. Der Schutz besteht in der vorliegenden Ordnung im wesentlichen darin, dass der Importeur von ausländischem Saatgetreide einer amtlichen Bewilligung bedarf. Diese Massnahme rechtfertigt sich auch zur Verhinderung der Einfuhr von Saatgetreide, das mit Krankheiten behaftet ist, oder von Getreidesorten, die für unser Land 'nicht passen.

Die Durchführung der Inlandgetreideabnahme und der Mahlprämie gehört zur Getreideverwaltung. Sie ist in der Lage, durch richtige Sortenprüfung und Qualitätsabstufung bei der Getreideabnahme, die Anforderungen der Müllerei und Bäckerei zur Geltung zu bringen und damit dem Getreidezüchter den Weg für seine verbesserte Ware vorzubereiten. Die Getreideverwaltung wird eine enge Zusammenarbeit mit der Abteilung für Landwirtschaft, den Saatzuchtgenossenscbaften und ihrer Zentralstelle anstreben.

Saatgutüberschüsse würden auch fernerhin in guten Getreidejahren durch die Getreideverwaltung zur Anlage von Eeserven für die Sicherstellung der Saatgutversorgung nach schlechten Ernten übernommen. Dadurch ist gleichzeitig dem Saatzüchter der schlanke Absatz des gesamten
von ihm erzeugten, erstklassigen Saatgutes gewährleistet. Die Getreideverwaltung würde auch fortfahren, in enger Zusammenarbeit mit den übrigen Interessenten Mahlund Backversuche durchzuführen, um bei auf dem Markte neu auftretenden Sorten den Mahl- und Backwert zu ermitteln und den Einfluss der weitern Züchtung und Kreuzung auf diese wichtigen Faktoren zu verfolgen. Die Erfahrung lehrt, dass im grossen vorgenommene Mahl- und Backversuche nicht immer die im Laboratorium mit kleinen Versuchsmengen erzielten

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Ergebnisse bestätigen. Gewisse Getreidesorten zeigen in der Müllerei-, und Bäckereipraxis etwas andere Eigenschaften, als nach den blossen Laboratoriumsversuchen erwartet werden dürfte. Hier hat die Getreideverwaliung auch fernerhin eine Lücke auszufüllen. .

Sie wird in gewissem. Umfange wie bisher auch am Saatgutgeschäfte beteiligt bleiben, nicht nur wegen des erwähnten Ankaufes-, von Wintersaatgutüberschüssen, sondern namentlich infolge ihrer vorläufig unentbehrlichen Mitarbeit bei der Beschaffung von einwandfreiem Sommersaatgut, wo-die Nachfrage durch einheimische Züchtungen noch nicht gedeckt werden kann. Bis zum Jahre 1927 wurde jedes Frühjahr eine grössere Menge ausländischer Sommerroggen zu Saatzwecken eingeführt. Die Qualität befriedigte indessen nicht.. Die Getreideverwaltung begann dann bei den Getreideübernähmen ihr angediente schöne Posten von Sommerroggen einheimischer Landsorten auszuscheiden und zu sammeln, um sie im Frühjahr, nach erfolgter gründlicher Nachreinigung, als Saatgut der Landwirtschaft zu massigem Preise zur Verfügung zu stellen. Auf diese Weise ist es in kürzester Zeit gelungen, den Bedarf an Sommersaätroggen aus der eigenen Produktion zu decken. : Die Landwirtschaft machte mit diesem Saatgut gute Erfahrungen. Der Absatz der Getreideverwaltung erreichte deshalb dieses Frühjahr schon beinahe 30 Tonnen Sommersaatroggen. Als Sommerweizen wird man noch auf Jahre, hinaus in erheblichem Umfange kanadischen Manitoba zu Saatzwecken verwenden.

Diese Sorte hat sich bei uns bewährt, namentlich wenn Jahr für Jahr neu aus dem Ursprungslande eingeführte Ware zur Aussaat gelangt. Da die Getreideverwaltung ständig eine grosse Menge Manitobaweizen lagert, hat sie es wie kaum jemand anders in der Hand, unter ihren zahlreichen Partien die beste als Saatgut auszuwählen und in Verkehr zu bringen.

Bei den Getreideablieferungen an den Bund und der Weitergabe des Getreides an die Mühlen können die Organe der Getreideverwaltung allgemein die Fortentwicklung der Qualität des Getreides .verfolgen. Sie sehen, wo die Bestrebungen zur Verbesserung des Saatgutes einer Nachhilfe bedürfen, und wissen, welcher Art diese Hilfe sein muas. Das setzt die Getreideverwaltung in die Lage, in Verbindung mit der Abteilung für Landwirtschaft, dem Saatzuchtverband und den landwirtschaftlichen Versuchsanstalten
wirksame Massnahmen vorzukehren und ihren Einfluss auf eine richtige Sortenwahl geltend zu machen.

Es ist also von höchster Bedeutung, dass die Getreideverwaltung nach wie vor dem Getreidebau ihre nutzbringenden Feststellungen und wertvollen Erfahrungen, die sie bei ihrer vielseitigen Tätigkeit sammelt, zugute kommen lässt. Wir schlagen demnach vor, am bisherigen Zustand grundsätzlich nichts zu ändern. Auch in Zukunft wird die Abteilung für Landwirtschaft die verschiedenen von ihr bis jetzt ausgerichteten Subventionen und die Getrei.deverwaltung in Zusammenarbeit mit ihr eine Verbilligungsprämie für feldbesichtigtes und anerkanntes Saatgut von Brotgetreide bezahlen.

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III. Das Müllereigewerbe.

A. Handelsmühlen.

Unter der monopolfreien Ordnung werden die Handelsmühlen ihren Getreidebedarf zur Hauptsache wieder frei und nach eigenem Gutdünken eindecken können. Immerhin müssen ihnen gewisse. Verpflichtungen auferlegt werden, so namentlich hinsichtlich der Getreidelagerung und der Übernahme von Inlandgetreide und von Lagergetreide des Bundes. Die Durchführung dieser zur Sicherung der Getreideversorgung notwendigen Massnahmen setzt voraus, dass die Handelsmühlen einer Aufsicht unterstellt werden. Die Verpflichtungen der Handelsmühlen werden in den Art. 9---12 des Beschlusses umgrenzt.

Über die Ordnung der Aufsicht werden wir uns später im Zusammenhang äussern. Sie wird ähnlich, wie bisher, durch ein Pflichtenheft näher umgrenzt werden. Notwendig ist vor allem die Peststellung der Gesamtvermahlung und des Umsatzes der Handelsmühlen; um gestützt darauf die Zuteilung des zu übernehmenden Lagergetreides und Inlandgetreides vorzunehmen. Zur Erleichterung der Aufsicht haben die Handelsmühlen über den Eingang und die Vermahlung des Getreides, sowie über den Ausgang des Backmehles, der Mahlerzeugnisse und Abfälle Buch zu führen. Sache der Verordnung wird es sein, die erforderlichen Vorschriften für diese Buchführung festzusetzen. Sie werden im grossen und ganzen den heutigen Vorschriften entsprechen.

Die Organe der zuständigen Behörden müssen jederzeit Zutritt zu den.

Geschäfts-, Betriebs- und Lagerräumlichkeiten der Handelsmühlen haben.

Es muss diesen Organen auch Einsicht in den Betrieb und in die Buchführung gewährt und überhaupt jede erforderliche Auskunft erteilt werden. Die Erfahrung auf diesem Gebiet hat erwiesen, dass eine in solcher Art ausgeübte Aufsicht genügt, ohne lästig zu fallen.

Den Handelsmühlen wird es, von Bewilligungen für Ausnahmefälle abgesehen, nicht gestattet sein, das ihnen zugeteilte oder freihändig gekaufte Getreide in unverarbeitetem Zustande wieder aus der Mühle zu entfernen.

Diese Vorschrift ist notwendig zur Verhütung von Missbrauch (Unterschiebung von Auslandgetreide als abh'eferungs- oder mahlprämieberechtigtes Inlandgetreide) ; sie besteht übrigens schon unter der derzeitigen Ordnung.

B. Kundenmühlen.

Die Kundenmühlen oder Bauernmühlen, die nicht gewerbsmässig Backmehl verkaufen und Getreide ausschliesslich zur Selbstversorgung
der Produzenten vermählen, sind von den weitergehenden Verpflichtungen, der Handelsmühlen betreffend die Getreidelagerung und die Übernahme von Inlandund Lagergetreide des Bundes ausgenommen. Es handelt sich bei diesen Bauernund Kundenmühlen ohnedies meistens nur um kleinere, oft gemeindeweise oder genossenschaftlich geführte Betriebe. Eine Aufsicht ist aber gleichwohl

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erforderlieh zum Zwecke der Vermeidung von Unterschleifen bei der Ausrichtung der Mahlprämien. Diese Aufsicht bedeutet, dass die Kundenmühlen Mahlkontrollen zu führen, Einsicht in ihren Betrieb und in die Buchführung zu gewähren haben und zur Auskunfterteilung verpflichtet sind. Selbstverständlich werden diese Kontrolhnassnahmen auf das streng .Notwendige beschränkt; doch sind sie so ausreichend zu gestalten, dass der Bund gegen jede Betrugsgefahr geschützt ist.

C. Getreidelagerung und Übernahme des Getreides durch die Handeismühlen.

Die Neuordnung legt den Handelsmühlen die Verpflichtung auf, 4000 Wagen Getreide kostenfrei einzulagern, die im Eigentum des Bundes verbleiben.

Die Auswechslung erfolgt auf Eechnung und Gefahr der Mühlen, jedoch unter Aufsicht des Bund.es. Da das gesamte Lager ständig der Getreideverwaltung verfügbar bleiben muss, kann die Wegnahme des auszuwechselnden Getreides erst erfolgen, wenn die als Ersatz bestimmte Getreidemenge im Mühlenlager eingegangen ist. Diese Mitwirkung der Mühlen vermeidet, dass der Bund, der bereits für die Auswechslung des durch ihn selbst gelagerten Getreides zu sorgen hat, noch in weiterem Umfange als Getreidehändler auftreten muss. Es ist entschieden viel zweckmässiger und entspricht den Grundgedanken der neuen Ordnung der Getreideversorgung, dass die Handelsmühlen das von ihnen für den Bund gelagerte Getreide selbst zur Auswechslung bringen. Als einziges Erfordernis hat der Bund sich darüber Sicherheit zu verschaffen, dass die Auswechslung sachgemäss vorgenommen wird, und dass das auszuwechselnde Getreide im Zeitpunkt der Entnahme sofort durch eine übereinstimmende Menge gleichwertigen Getreides ersetzt wird. Die Müller selber haben alles Interesse daran, vollwertiges Auswechslungsgetreide zu stellen, da sie dieses später wieder zu übernehmen und für die Bedienung ihrer Kundschaft zu vermählen haben.

Die Handelsmühlen sind fernerhin auch zur Übernahme des vom Bunde selbst gelagerten Getreides verpflichtet. Die Auswechslung dieses Teiles der Reserve wird nur so oft vorgenommen werden, als sie im Interesse der Erhaltung einer guten Qualität des Lagergetreides erforderlich ist. Der Übernahmepreis für das vom Bunde gelagerte, eventuell den Mühlen zuzuteilende Getreide wird unter Berücksichtigung der Weltmarktlage franko nächstgelegene Eisenbahnstation
festgesetzt werden. Wir hoffen, die Getreideverwaltung -werde nicht oft in die Lage kommen, das zur Auswechslung bestimmte, von ihr selbst gelagerte Getreide den Mühlen zwangsweise zuzuteilen. In der Hegel dürfte die Auswechslung auf dem Wege des freihändigen Kaufes und Verkaufes oder eines Austausches erfolgen. Die Handelstätigkeit dieser Verwaltung wird sich für die Zukunft auf diejenigen Geschäfte beschränken, welche für den Unterhalt und die Erneuerung des ständigen Bundeslagers erforderlich sind. Die Getreideverwaltung wird dabei den eingesessenen Handel möglichst berücksichtigen.

741 Das vom Bunde erworbene Inlandgetreide muss von den Handelsmühlen übernommen werden. Die Verteilung auf die einzelnen Mühlen richtet sich nach ihrem vorjährigen Mehlausstoss. Da gerade beim Inlandgetreide beträchtliche qualitative Unterschiede vorkommen, ist es wichtig, dass die verschiedenen Arten des Inlandgetreides. den Handelsmühlen in gleichem Verhältnis zugeteilt werden. Diese Tatsache schliesst aber nicht aus, dass die Getreideverwaltung ihr Augenmerk auf möglichste Vermeidung unwirtschaftlicher Transporte richtet. Es wäre widersinnig, Getreidemengen schematisch zu verteilen, statt sie, gestützt auf besondere Vereinbarung, namentlich den in der Nähe der Produktionsgebiete gelegenen Mühlen zuzuweisen. Alle diese Vereinbarungen müssen jedoch so durchgeführt werden, dass schlussendlich die Verpflichtungen aus der Inlandgetreideübernahme gleichmässig und gerecht auf die Handelsmühlen verteilt sind. Bei der Festsetzung der von den Handelsmühlen für das Inlandgetreide zu bezahlenden Preise muss die Weltmarktlage berücksichtigt werden. Die Berücksichtigung der Qualität hat in ähnlicher Weise zu geschehen, wie sie bei der Übernahme des Inlandgetreides durch den Bund stattfindet.

Der Beschluss sieht weiter vor, dass der Bund das Inlandgetreide nach seiner Wahl in die Handelsmühlen oder bis zur nächstgelegenen Eisenbahnstation liefert. Ein Teil der Frachten wird von den Mühlen getragen. Zur Erleichterung einer zweckmässigen und wirtschaftlichen Verteilung des Inlandgetreides wird ihnen der Frachtanteil nach einem für das ganze Land einheitlichen Ansätze verrechnet.

D. Die Erhaltung des einheimischen Müllereigewerbes.

Es muss uns vom Standpunkt des Gemeinwohls aus daran liegen, das einheimische Müllereigewerbe zu erhalten. Da ihm nun zur Sicherung der Getreideversorgung Verpflichtungen auferlegt werden, so rechtfertigt es sich um so mehr, gewisse Massnabmen zu seinem Schutz zu treffen.

Der Verfassungsartikel öffnet dem Gesetzgeber für die Lösung der Aufgabe zwei "Wege: Der Bund trifft die nötigen Masenahmen zur Regelung der Einfuhr des Backmehls durch entsprechende Ansetzung des Zolles oder er behält sich das ausschliessliche Recht vor, Backmehl einzuführen.

Wir sehen zunächst einen Zollschutz vor. Auch die uns umgebenden Staaten wenden zugunsten ihrer Müllerei dieses Mittel an. Um den tatsächlichen Schutz der Müllerei in diesen Ländern zu erkennen, ist es nötig, vom Mehlzoll den Getreidezoll abzuziehen. Es ergibt sich dann unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Mehlausbeute folgendes Bild: Mehlzoll fUr 100 kg

Fr.

Frankreich . . . . . . . . 12. -- bis 16. -- Deutschland 14.35 , Italien 11.50 Bundesblatt. 81. Jahrg. Bd. L

Getreidezoll fllp 100 kg

^A^S0" '"ÄTg

Fr.

7. -- 6.25 7.50

Fr.

2.90 bis 6.90 6.25 1.65 58

742

In der Schweiz wird das Getreide nur mit dem geringen Zoll von Fr. --. 60 für 100 kg belastet. Der schweizerische Zollansatz für die Mehleinfuhr beträgt heute Fr. 4. 50 für 100 kg Backmehl. Der wirkliche Zollschutz der schweizerischen Müllerei beträgt somit rund Fr. 3. 70 für 100 kg Mehl.

Die Erfahrung zeigt, dass der Schutz, den Frankreich und Deutschland ihrer Müllerei gewähren, ausreichend ist, um sie vor dem ausländischen Wettbewerb zu schützen. Um das gleiche Ziel in unserem Lande zu erreichen; ist ein Zollzuschlag nötig, der aber höher angesetzt werden muss, als in den uns umgebenden Staaten, weil der schweizerischen Müllerei Verpflichtungen auferlegt sind, die das Mullereigewerbe im Ausland nicht beschweren.

Zurzeit ist die Grenze sozusagen geschlossen, da die Einfuhr von ausländischem Mehl von jährlich 5000 Wagen in der Vorkriegszeit auf 30 Wagen im Jahre 1927 gesunken ist. Die Erfahrung hat gezeigt, dass zur Erhaltung der schweizerischen Müllerei ein kräftiger Zollschutz nötig ist.

Er wird so zu gestalten sein, dass er einen wirksamen Schutz gegen den Wettbewerb des ausländischen Mehles gibt, ohne jedoch dazu anzureizen, den Mehlpreis zum Nachteil der Verbraucher zu übersetzen. Der Bundesrat wird daher den Zollzuschlag entsprechend festsetzen und ihn bei Dumpinggefahr sofort erhöhen. Anderseits wird or ihn herabsetzen oder von seiner Erhebung überhaupt absehen bei der Einfuhr von Backmehl für solche Betriebe, die das eingeführte Backmehl nicht zur Broterzeugung verwenden.

Sollte der vorerwähnte Zollschutz sich infolge unvorhergesehener Umstände als ungenügend erweisen, so wäre immer noch die Möglichkeit gegeben, zu dem im Verfassungsartikel an zweiter Stelle genannten Mittel, d. h, zum Einfuhrmonopol für Backmehl, zu greifen.

Der Verfassungsartikel schreibt vor, dass der Bund nötigenfalls den Müllern Erleichterungen auf den Transportkosten im Innern des Landes gewährt. Die Ordnung der Frachten ist damit als eine Aufgabe erklärt, welche der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des neuen Getreiderechtes zu lösen hat.

Seit der Einführung des Monopols wird sämtlichen Mühlen das Brotgetreide zu einem Einheitspreis franko Empfangsstation geliefert. Die Rückkehr zum freien Handel wird hierin wesentliche Änderungen bringen. Jede Mühle wird die Frachten zu tragen haben, die sich aus ihrer
geographischen Lage ergeben. Die Mühlen an der Landesgrenze oder in deren Nähe werden in Zukunft mit geringeren Frachten zu rechnen haben als die Mühlen im Innern des Landes. Der Vorteil für Mühlen an der Landesperipherie gegenüber den Mühlen im Landesinnern ist fühlbar, weil jene bloss die Frachten der ausländischen Eisenbahnen zu tragen haben.

Der Verband schweizerischer Müller hat schon in seiner Eingabe vom 80. April 1927 auf diese Verschiebung der Frachtverhältnisse hingewiesen, die

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als Folge des freien Getreidehandels eintreten wird. Er hat der Befürchtung Ausdruck gegeben, dass sie zu einer Verlegung innerschweizerischer Mühlenbetriebe an die Grenze Anlass geben könnte. Tatsache ist, dass bei der Berechnung der Frachten nach den heute gültigen Tarifen die Gestehungskosten des Getreides für die einzelnen Mühlen sehr verschieden ausfallen würden.

Während zwei Mühlen in Basel und Interlaken zur Zeit des Getreidemonopols gleichmässig mit einer schweizerischen Durchschnittsfracht von etwa Fr. 1. 60 für 100 kg belastet waren, hätte die Mühle in Basel im freien Verkehr nur die Auslandfracht Antwerpen-Basel, die Mühle in Interlaken dazu noch Fr. 8. 85 Schweizerfracht zu entrichten. Die Anwendung des gewöhnlichen Tarifes hätte demnach starke Unterschiede in der Transportkostenbelastung zwischen den Mühlen an der Grenze und solchen im Landesinnern zur Folge. Die Unterschiede blieben fühlbar, wenn auch etwas weniger scharf ausgesprochen, zwischen Mühlen in bescheidener Entfernung von der Grenze, solchen unmittelbar an der Grenze und Mühlen an den von Basel, Genf und Chiasso am weitesten entfernten Punkten wie z.B. Interlaken. Die Mühle in Weinfelden z. B. würde ab Antwerpen bei direkter Verschiffung bis Basel mit zirka Fr. 2.60, ab Kehl mit zirka Fr. 1. 70 Fracht für 100 kg belastet, wogegen für Baar die Frachtbelastung zirka Fr. 8. 50 bzw. Fr. 2. 65 betrüge. Die Unterschiede würden mithin 90 Ep. bzw. 95 Ep. für je 100 kg betragen. Cossonay hätte ab Marseille etwa Fr. 2. 50, Granges-Marnand etwa Fr. 8. 70 zu zahlen.

Es ist erklärlich, dass solche Frachtunterschiede, die nicht in den Grenzgebieten niedergelassenen Mühlen beunruhigten und dass sie in irgendeiner Form einen Frachtausgleich verlangten. Die ausserparlamentarische Vorberatungskommission für eine Lösung der Getreidefrage ohne Monopol sprach sich denn auch im November 1927 mehrheitlich für die Ausrichtung von Frachtbeitragen aus, damit die aus obigen Beispielen ersichtlichen Frachtunterschiede etwa auf die Hälfte ausgeglichen werden.

Im neuen Verfassungsartikel 28Ws ist die Grundlage für die Gewährung von Erleichterungen auf den Transportkosten im Innern des Landes geschaffen.

Der Wunsch, die Schwierigkeit durch eine einfache und praktische Formel zu beheben, führte uns dazu, im Benehmen mit den Bundesbahnen nach einer
Lösung zu suchen. Das Frachtrückvergütungssystem mit den einzelnen Mühlen, das gewisse Kreise angeregt hatten, wäre mit der Überprüfung vieler Tausende von Frachtbriefen und mit der Errichtung eines Kontrollbureaus verbunden gewesen. Wir glauben, eine einfachere und billigere Lösung gefunden zuhaben.

Zunächst sei festgestellt, dass die Aufhebung des Monopols auch die Aufhebung der Frankolieferung nach sich zieht, d. h. für jede Mühle die Wiederanwendung des Transporttarifs. Jede Mühle wird die Frachtkosten auf Grund der tatsächlich durchfahrenen Taxstrecken zu zahlen haben. Die Aufhebung des Getreidemonopols zieht somit auch diejenige des Getreidetransportmonopols der Bundesbahnen nach sich. In Zukunft ist der Importeur in der Wahl der Transportmittel frei, d. h. er wird dem billigsten den Vorzug geben. Da der Getreide-

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transporttarif der Bundesbahnen zurzeit verhältnismässig hoch ist, wird der Lastwagen nach Aufhebung des Monopols den S. B. B. scharfe Konkurrenz machen. Die Bundesbahnen sind daher gezwungen, auf den 1. Juli eine wesentliche Tarifherabsetzung ins Auge zu fassen, wenn sie die Gefahr vermeiden wollen, dass die Kundschaft zum Lastwagen übergeht. Der von der Generaldirektion der Bundesbahnen ausgearbeitete neue Tarif sieht denn auch eine bedeutende Herabsetzung der gegenwärtig geltenden Ansätze vor. Diese starke Prachtermässigung wird die von der Müllerei im Innern des Landes zu übernehmenden Frachtkosten bedeutend vermindern. Die Frachtuntersehiede zwischen den einzelnen Mühlen sind aber immer noch zu gross und müssen weiter gemildert werden. Dieser Umstand hat zur Aufstellung einer besondern Taxserie für Brotgetreide im schweizerischen Getreidetarif geführt. Mit diesem besondern Tarif für Brotgetreide ist es nun gelungen, die Frachtunterschiede weiter zu verringern und sie in den oben erwähnten Beispielen zwischen Basel und Interlaken von Fr. 8. 85 auf etwa Fr. 1. 40 und zwischen Cossonay und Granges/Marnand von Fr. 1. 20 auf etwa 80 Ep. für je 100 kg herabzusetzen. Diese Unterschiede werden erträglich sein. Ganz beseitigen lassen sich die Frachtunterschiede durch das Mittel des Eisenbahntarifs nicht.

Hierzu liegt aber auch keine Notwendigkeit vor, indem, wie wir schon in unserem Bericht vom 2. April 1928 über das Initiativbegehren für die Aufnahme eines Artikels 28bifl in die Bundesverfassung erwähnten, für die einzelnen Mühlen sich aus der Verschiedenheit der örtlichen Betriebs Verhältnisse ohnehin eine ungleiche Stellung ergibt, die oft mehr als nur ausgleichend wirkt. Auch die für den Absatz des Mehles zu zahlenden Frachten sind in diesem Zusammenhang mitzuberücksichtigen, weil in dieser Beziehung die Vorteile auf der Seite der Mühlen im Landesinnern liegen, deren Kundschaft im allgemeinen weniger weit entfernt ist als bei den Mühlen an der Grenze.

In vielen Fällen spielen auch die Steuern sowie die Ausgaben für Motorkraft und Handarbeit eine ausgleichende Rolle. In dieser Hinsicht stehen die Grenzmühlen oft weniger vorteilhaft da als diejenigen im Landesinnern.

Es ist daher nicht notwendig, dass die Frachtermässigungen eine vollkommene Gleichstellung herbeiführen. Die Müller selbst haben
die Herabsetzung der Frachtunterschiede bei dem jetzigen Tarif um 50 % als genügend bezeichnet.

Der Frachtenausgleich, der zur Anwendung gelangen soll, betrifft zweifelsohne nur die Frachten im Landesinnern. Nun ist es aber auch von Bedeutung, wie hoch die Transportkosten bis zur Grenze sind. Diese sind nicht nach allen in Betracht fallenden Grenzstationen gleich gross. Die Seefracht ab allen überseeischen Hafenplätzen ist grösser nach Mittelmeerhäfen (Marseille und Genua), als nach den nordischen Häfen (Antwerpen und Botter dam). Der Unterschied, um welchen sich der Cif-Preis für das Getreide verschiebt, beträgt normal:

745 Für Sendungen ab atlantisch-kanadischen Häfen nach Marseille oder Genua + 70--80 Rp. pro 100 kg für Sendungen ab südamerikanischen oder australischen Häfen oder ab pazifischen Häfen Nordamerikas nach Marseille oder Genua . . , + 80--35 Ep. pro 100 kg Da nun aber hauptsächlich Getreidebezüge ab kanadischen Verschiffungshäfen in Betracht fallen, so muss der Müller, welcher das Getreide über Marseille oder Genua bezieht, mit einem durchschnittlich um 60--70 Eappen höheren Einkaufspreis des Getreides cif Seeplatz rechnen.

Die Umschlagskosten und Transportkosten ab europäischen Seeplätzen sind je nach Tarifen und Distanzen verschieden gross. So kosten z. B. nach heutigen Tarifen: Umschlag in Marseille und Transport bis Genf loco Fr. 2.-- pro 100 kg, Umschlag in Antwerpen und Transport per Wasser bis Basel » 1. 65 pro 100 kg, Umsehlag in Genua und Transport bis Pino. . . . » 1.28 pro 100 kg, » » » » » » Chiasso . . » 1.25 pro 100 kg, » » n » » » Iselle . . . » 1.85 pro 100 kg.

Daraus ergibt sich, dass durchaus nicht alle Grenzmühlen in Bezug auf Transport- und Umschlagskosten gleich günstig gestellt sind. Diese Tatsachen müssen festgehalten werden, um der irrigen Auffassung zu begegnen, alle Grenzmühlen seien ausserordentlich begünstigt. Es kann damit aber auch der ungerechtfertigte Anspruch einzelner Mühlen, die weitergehende Vergünstigungen im Ausnahmetarif der Bundesbahnen verlangten, zurückgewiesen werden.

Jede Mühle wird selbstverständlich denjenigen Hafenplatz und Zufuhrweg benützen, welcher die niedrigste Belastung des Getreidepreises bringt. Zieht man einerseits die Freiheit in der Wahl der Zufuhrwege in Betracht und anderseits die starke Degression des neuen Spezialgetreidetarifes, so lässt sich feststellen, dass die Frachtunterschiede zwischen den einzelnen Mühlen durchaus erträglich sind. Nach dem Spezialgetreidetarif stellen sich die Frachtbelastungen einschliesslich Umschlagskosten im Bestimmungshafen pro 100 kg Getreide bei Benützung des günstigsten Zufuhrweges vom betr. Hafen bis zur Schweiz.

Empfangsstation wie folgt: Basel über Antwerpen/Rotterdam. . . . . . . Fr. 1. 63 Zürich 2.49 St. Gallen 2.57 Chur 3.07 Aarau 2.22 Zug 2.59 Bern » » » » 2.65 Interlaken » » » . . . , . . » 2 99 Freiburg » » » » 2.80 Lausanne » » » >, 2,93

746

Lausanne über Marseille Genf (Mühlenstation) über Antwerpen Genf (Mühlenstation) über Marseille Brig über Genua Lugano über Genua Locamo über Genua

·. , .

Fr.

» » » » »

3. 02 2.85 2.93 2. 86 2. 48 2.87

Endlich ist darauf hinzuweisen, dass die bisherige Frachtbelastung durch die Frankolieferung der Monopolverwaltung für alle Mühlenstationen gleichmassig rund Fr. 8, 20 pro 100 kg betrag. Die vorstehenden Beispiele beweisen, dass auch im ungünstigsten Falle die Frachtbelastung inskünftig nicht höher sein wird als bisher, meistens aber erheblich niedriger.

Der auf das Brotgetreide vom 1. Juli nächsthin anzuwendende Spezialtarif bringt dem Müllereigewerbe eine Frachtherabsetzung, die gfösser ist als die von den Müllern verlangte Reduktion. Hartweizen, der zu 20 % der Brotversorgung dient, wird ebenfalls dem Spezialtarif unterstellt.

Der Frachtunterschied zwischen dem bisherigen und dem neuen Tarif ist bedeutend. Die Herabsetzung der Frachten, die die Bundesbahnen gewähren müssen, um mit dem Lastwagen erfolgreich in Wettbewerb zu treten, d. h. die Einführung eines Konkurrenztarif s an Stelle des bisherigen Tarif s, wird mit etwa zwei Millionen Franken von den Bahnen übernommen werden müssen. Dagegen soll der Unterschied zwischen dem Konkurrenztarif und dem zugunsten der Mühlen im Landesinnern aufgestellten besondern Staffeltarif den Bundesbahnen vom Bunde vergütet werden. Diese ausserordentliche Frachtreduktion wird auf rund l ,5 Millionen Franken berechnet. Die Kosten der Frankolieferung der Getreidemonopolverwaltung betrugen jährlich 6 Millionen Franken.

In Zukunft werden sie um 8,5 Millionen herabgesetzt, d. h. auf Fr. 2,500,000. -- zurückgeführt. Technisch ist die vorgeschlagene Lösung sehr einfach; sie erfordert keine besondern Berechnungen, sondern nur den Ersatz des gegenwärtigen Tarifs durch den erniässigten Spezialtarif. Die vorgeschlagene Ordnung bringt ferner den Vorteil, durch die Frachtermässigung zur Verbilligung des Mehlpreises beizutragen.

Der Bundesrat wird im weitern ermächtigt, die nötigen Vorschriften vorzubereiten, um die Transportkosten für Mehl und Brot zugunsten der Gebirgsbevölkerung herabzusetzen. Die in dieser Sache zu ergreifenden Massnahmen werden sich eng an das bis heute von der Getreideverwaltung befolgte Vorgehen anlehnen. Wir haben zu diesem Zweck in dem Bericht vom 2. April 1928 einen Betrag von Fr. 850,000. -- vorgesehen.

IV. Die Wahrung der Interessen der Brot- und Mehlkousumenten.

Der Schutz der einheimischen Müllerei ist eng verknüpft mit der Wahrung der Interessen der Brot- und Mehlkonsumenten. Der ausreichende Schutz

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darf der Müllerei nur so lange gewährt werden, als eich die Preise des einheimischen Backmehles nicht erheblich über seine normalen Gestehungskosten stellen. Der Verfassungsartikel fordert ausdrücklich, dass die Interessen der Brot- und Mehlkonsumenten zu wahren sind und dass der Bund im Bahmen der ihm übertragenen Aufgaben den Verkehr mit Brotgetreide, Backmehl und Brot, sowie deren Preise zu beaufsichtigen hat.

Die Getreideverwaltung erhält deshalb die Aufgabe, die Preisbewegung für Backinehl und Brot zu überwachen. Sie hat über ihre Feststellungen, die sich auch auf die Gestehungskosten des Backmehles in der einheimischen Müllerei und auf die Gestehungskosten des Brotes erstrecken müssen, Bericht zu erstatten. Die Getreideverwaltung wird nötigenfalls auch Mahl- und Backproben zur Durchführung zu bringen haben.

Die Handelsmühlen haben der Getreideverwaltung jede erforderliche Auskunft zu geben und Einsicht in ihre Bücher zu gewähren. Für die Feststellungen der Getreideverwaltung wird es nötig sein, auch die Bäckerei zur Auskunfterteilung heranzuziehen.

Weiter sieht der Beschlussesentwurf vor, dass in Fällen, wo die Preisbildung von Backmehl und Brot in einzelnen Orten oder Landesgegenden ungerechtfertigt die Gestehungskosten übersteigt, der Bundesrat eine Untersuchung anordnet. Der Bundesrat kann zu diesem Zwecke auch die kantonalen Behörden zur Mitwirkung heranziehen. Die Erzeuger und Verkäufer von Backraehl und Brot werden ausdrücklich verpflichtet, den Untersuchungsorganen alle nötigen Auskünfte zu erteilen.

Ergibt die Überwachung oder Untersuchung der Preisbildung von Backmehl und Brot, dass die Gestehungskosten in ungerechtfertigtem Masse überschritten werden, so wird die Getreideverwaltung durch Einfuhr von Backmehl auf eigene Rechnung oder durch Herabsetzung des Zollzuschlages auf ausländischem Backmehl eine Preissenkung des Backmehles herbeiführen.

Y. Der Getreidehandel.

Während anfänglich für den Handel mit Brotgetreide eine Bewilligung in Aussicht genommen war, kann, dem Wunsch der ausserparlamentarischen Kommission Eechnung tragend, die Bewilligung durch einen blossen Begistereintrag ersetzt werden.

Der Bundesaufsicht muss auch die gewerbsmässige Einlagerung von Getreide in Lagerhäusern unterstellt werden. Es entspricht dies der Notwendigkeit, das Getreide vom Zeitpunkt der Einfuhr bis zu dessen Vermahlung unausgesetzt zu überwachen. Darum muss auch dieses Gewerbe, das eng mit dem Getreidehandel zusammenhängt, wie der Getreidehandel, der Anmeldeund Eintragungspflicht unterstellt werden.

Der Handel mit Brotgetreide sowie die Lagerhäuser und Mühlen werden der ausschliesslichen Aufsicht der Zollverwaltung unterstellt. Die Zollämter

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und Inspektoren der Oberzolldirektion, verstärkt um einige Kontrolleure der gegenwärtigen Getreideverwaltung, die über die" nötigen technischen Müllereikenntnisse verfügen, dürften für eine wirksame Überwachung genügen.

Damit werden eine bereits bestehende und mit allen Kontrollmassnahmen durchaus vertraute Organisation nutzbringend verwendet und die Schaffung sowie die Kosten eines neuen Beamtenapparates vermieden.

Die Zollverwaltung beaufsichtigt in erster Linie den Getreidehandel.

Der Getreidehändler hat über seme Ankäufe, Verkäufe und Lieferungen gemäss den Verpflichtungen des Eeverses Buch zu führen und wie die Handelsmühlen den Organen des Bundes Einsicht in diese Buchführung zu gewähren. Er hat jede Auskunft zu erteilen, soweit sie zur Durchführung dieses Beschlusses dienlich sein kann.

Zur Vermeidung der Unterschiebung von Auslandgetreide als ablief erungsoder rnahlprämieberechtigtes Inlandgetreide muss die Vorschrift getroffen werden, dass Getreide .nur an Handelsmühlen oder andere Eeversinhaber verkauft und geliefert werden darf. Wird das Getreide nicht unmittelbar an die Mühlen geliefert, so darf es nur in Lagerhäuser verbracht werden, welche von der Zollverwaltung als Getreidelager anerkannt sind. In Art. 28 wird die notwendige Voraussetzung zur Erzwingung der Unterziehung und der Einhaltung der Eeversverpflichtungen geschaffen.

Wenn ein Getreidepflanzer dem Bunde ausländisches Getreide als inländisches Brotgetreide verkauft und hierfür Überpreis oder Mahlprämie bezieht, so wird der Bund geschädigt. Es muss daher Vorsorge getroffen werden, dass ein solches Verfahren nicht möglich ist, oder dass es sogleich entdeckt wird.

Die Organisation und die Überwachung bezwecken in der Hauptsache, dass sich der Produzent kein Auslandgetreide verschaffen kann, ohne von der Getreideverwaltung dazu ermächtigt zu sein. Ferner hat die Aufsicht zu verhindern, dass dem Inlandgetreide ausländische Ware unterschoben wird.

Auch die Monopollösung kam um eine Überwachung nicht herum. Obwohl unter dem Monopol das Auslandgetreide direkt an die Mühlen gegeben wurde, musste verhindert werden, dass der Müller Getreide unvermahlen an den Bauer weitergab. Dies zur Vermeidung der Betrugsgefahr. Deshalb wurden die Mühlen einer strengen Kontrolle unterstellt, die auch unter der neuen Ordnung fortbestehen wird.
Die künftige Ordnung bringt eine wesentliche wirtschaftliche und auch administrative Neuerung mit sich. Das ist die freie Einfuhr ausländischen Getreides. Diese Einfuhrfreiheit, die jedem zusteht, der die verlangten Voraussetzungen erfüllt, erfordert eine scharfe Beaufsichtigung, die wir der Zollverwaltung übertragen möchten. Die Zollverwaltung führt derartige Aufgaben seit 1906 bei zahlreichen Handelszweigen und Industrien durch. Es ist dies überall da der Fall, wo unter Vorbehalt eines bestimmten Verwendungszweckes ein ermässigter Zollansatz zugebilligt werden musste. In Frage kommen dabei Tausende von Firmen. In der langen Zeit seit 1906 hat die vielverzweigte

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Kontrolltätigkeit der Zollverwaltung vollkommen genügt, ohne lästig zu fallen.

Beschwerden kamen äusserst selten vor, so dass angenommen werden darf, dass die Kontrolle reibungslos funktioniert. Die Zollverwaltung hat den Grundsatz, dem zu überwachenden Betriebe von vorneherein Vertrauen entgegenzubringen. Solange dieses Vertrauen nicht missbraucht wird, stellt sich auch keine Belästigung des Betriebes ein. Wird es missbraucht, so erfolgt eine empfindliche Strafe und die Verschärfung der Massnahmen gegen die Fehlbaren. Die Zollverwaltung hat mit diesem Verfahren gute Erfolge erzielt. Die bisherigen Erfahrungen kommen zweifelsohne den Zollbeamten zugut, welche die Anwendung des Bundesbeschlusses betreffend die Getreideversorgung des Landes werden überwachen müssen.

Auch das Futtergetreide wird zu überwachen sein. Alle leicht erkennbaren Sorten werden als Füttergetreide zugelassen und können frei eingeführt werden. Dagegen wäre Brotfrucht, die als Futtergetreide deklariert würde, wie Brotgetreide der Überwachung zu unterstellen, bis das Schroten oder Mischen es als Futtergetreide leicht erkennbar macht. Wir sind überzeugt, dass sich auch hier keine Schwierigkeiten zeigen werden.

Futtermehle unterliegen keiner Überwachung. Das Verfahren an der Grenze, wie es vor dem Kriege bestanden hat, wird wieder eingeführt werden.

Die gründliche Prüfung der ganzen Kontrollfrage lässt erwarten, dass das neue System sich einfach gestalten und keine zu grossen Kosten verursachen werde. Es wird der Verwaltung die notwendige Sicherheit verschaffen, ohne für den Händler und Gewerbetreibenden lästig zu werden.

Tl. Die Organisation.

Die Durchführung der neuen Getreideordnung ist dem eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement übertragen, dem wir am 22. März 1929 die Getreideverwaltung zugeteilt haben. Die Getreideverwaltung wird beibehalten; über ihre Eingliederung und Ordnung wird der Bundesrat auf dem Verordnungswege beschliessen. Das Departement hat in Verbindung mit der Getreideverwaltung die Voraussetzungen zur neuen Organisation geprüft. Eine nähere Untersuchung hat ergeben, dass zur Sicherung des Normalbetriebes 25 Dienstpflichtige genügen.

Die Getreideverwaltung wird wie bisher für die Lagerhaltung und Auswechslung der Bundesvorräte sorgen. Wie bis heute wird sie sich der Vermittlung der landwirtschaftlichen Genossenschaften in den Produktionggebieten für die Übernahme des Inlandgetreides und die Verteilung an die Mühlen bedienen. Dem Selbstversorger zahlt sie die Mahlprämie und überwacht das Saatgutgeschäft. Ihr liegt ferner der Schutz der Müllerei und die Wahrung der Interessen der Brot- und Mehlkonsumenten ob.

Doch auf dem Gebiete der Getreideversorgung sind stetsfort eine ganze Keine von reinen faehtechnischen Verfügungen zu treffen. Wir denken hier

7SO

namentlich an die zahlreichen Verfügungen betreffend die Verpflichtungen der Handelsmühlen, die Anlass zu Anständen geben können. Die Handelsmühlen werden zweifelsohne verlangen, dass für Beschwerden gegen diese Verfügungen ein rasch wirkender, sicherer Eechtsschutz gewährt wird. Der Prozessweg über die ordentlichen Gerichte wäre zu langwierig und umständlich und namentlich für den Privaten, aber auch für die Behörden ungeeignet. Anderseits muss angesichts der Wichtigkeit und der wirtschaftlichen Bedeutung der hier zu treffenden Entscheidungen ein weitgehender Eechtsschutz Platz greifen. Dazu kommt noch der weitere Umstand, dass diese Entscheidungen vorwiegend Fachfragen betreffen. Zur Beurteilung von Fragen betreffend die Einlagerung, die Auswechslung und Übernahme von Getreide, die Mahlprämie und die Inlandgetreideübernahme müssen Fachleute zugezogen werden. Es ergibt sich daraus der Schluss, dass alle diese Anstände am besten durch eine besondere, fachlich für diese Aufgabe geeignete Instanz entschieden werden.

Aus diesen Gründen kommen wir dazu, Ihnen für die Entscheidung von Anständen zwischen der Getreide Verwaltung und den Handelsmühlen betreffend Einlagerung, Auswechslung und Übernahme von Getreide die Schaffung einer eidgenössischen Getreidekommission zu empfehlen.

Auch Anstände, die sich aus der Ausrichtung der Mahlprämie oder bei der Abnahme von Inlandgetreide ergeben, wären durch diese Kommission zu entscheiden.

Die aus 5 Mitgliedern und 2 Ersatzmännern bestehende Getreidekommission wird der Leitung eines rechtskundigen Präsidenten unterstellt werden, während die übrigen Mitglieder der Kommission den beteiligten Fachkreisen, d.h. der Müllerei, dem Ackerbau und dem Getreidehandel, entnommen werden.

Im Interesse der Unabhängigkeit dieser Getreidekoramission wird die Vorschrift aufgestellt, dass kein Mitglied der Bundesverwaltung angehören darf.

Die Wahl der Mitglieder erfolgt durch den Bundesrat.

Für die Anfechtung der übrigen Verfügungen der Getreideverwaltung und der Verfügungen der Zollverwaltung gelten die Bestimmungen des Bundesgesetzes über die eidgenössische Verwaltungs- und Disziplinarreohtspflege. Demnach ist die Beschwerde auf dem ordentlichen Instanzenwege bis an den Bundesrat nach MäSbgabe der Art. 22 ff. und 50 des erwähnten Gesetzes zulässig; Verfügungen betreffend
Zollzuschläge unterliegen jedoch der Beschwerde an die Zollrekurskommission und Verfügungen betreffend Kautionen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht.

VII. Strafbestinimungen.

Die Strafbestiminungen bedürfen einer besonders sorgfältigen Ordnung, Die Durchführung des Bundesbeschlusses wird Anlass zu Widerhandlungen der verschiedensten Art geben. Dabei stehen sowohl für den Bund als auch für die Wirtschaft des Landes sehr grosse vermögensrechtliche und ethische Inter-

751 essen auf dem Spiel. Es ist deshalb dringend notwendig, den sich zeigenden Missbräuchen von vornherein energisch entgegenzutreten.

In gewissen Fällen handelt es sich um Vermögensdelikte, die bereits nach dem gewöhnlichen Strafrecht (als Diebstahl, Unterschlagung, Betrug oder Sachbeschädigung) bestraft werden können. Da jedoch einheitliche bundesstrafrechtliche Bestimmungen hier fehlen und es nicht angängig wäre, je nach dem Orte der Begehung eines der 25 kantonalen Strafrechte in Anwendung zu bringen, empfiehlt es sich, die Strafbarkeit für diese Widerhandlungen besonders zu normieren. Dies um so mehr, als diese Widerhandlungen naturgemäss stets in engem Zusammenhang mit den technischen Vorgängen der Getreideverwaltung stehen.

Die Bestrafung schliesst natürlich den Täter von der Schadenersatzp f l i c h t gegenüber dem Bund für einen allfällig verursachten Vermögensschaden nicht aus. Dabei handelt es sich um eine zivilrechtliche Forderung, deren Beurteilung den ordentlichen Zivilgerichten obliegt, soweit die Forderung nicht adhäsionsweise in einem gerichtlichen Strafverfahren geltend gemacht wird.

Mit Bezug auf die allgemeinen Grandsätze der B e s t r a f u n g läge es nahe, den allgemeinen Teil des Bundesstrafrechtes als anwendbar zu erklären.

Dem steht jedoch entgegen, dass die einschlägigen Bestimmungen stark veraltet sind und teilweise den besondern Verhältnissen der vorliegenden Materie nicht genügen. Infolgedessen stellt hier der Entwurf in möglichster Kürze eigene Vorschriften auf. Dies geschieht vor allem nach der subjektiven Bichtung hin durch eine Normierung der Teilnahme im weitesten Sinne des Wortes, indem die Strafbarkeit der Anstifter, Gehilfen und Begünstiger geregelt wird.

Einer besondern Ordnung bedarf dabei der Fall, wo die strafbaren Handlungen im Betriebe einer juristischen Person (Aktiengesellschaft oder Genossenschaft) oder einer Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft begangen werden.

Nach der herrschenden Auffassung in der modernen Strafrechtswissenschaft, der sich auch das Bundesgericht angeschlossen hat, sind nur natürliche Personen, nicht aber juristische Personen und Gesellschaften deliktsfähig. Infolgedessen bezeichnet der Entwurf in derartigen Widerhandlungsfällen einzig diejenigen Personen als strafbar, die als Organe oder Beauftragte gehandelt haben. Dagegen
wird die juristische Person oder Gesellschaft selbst für die verhängten Bussen und Kosten, sowie für den geschuldeten Schadenersatz als solidarisch haftbar erklärt (sogenannte solidarische Mithaftung).

Nach der objektiven Seite hin werden V e r s u c h und Eückfall, der erstere im Sinne einer Strafmilderung, der letztere als Straferschwerung geregelt.

Die V e r j ä h r u n g erfährt eine Regelung sowohl nach der Bichtung der Strafverjährung als auch nach derjenigen der Vollstreckungsverjährung hin.

Für das S t r a f v e r f a h r e n findet grundsätzlich das Bundesgesetz vom 30. Juni 1849 betreffend das Verfahren bei Übertretungen fiskalischer und

752 polizeilicher Bundesgesetze Anwendung, wobei allerdings einige Verbesserungen jener stark veralteten Vorschriften notwendig sind. Grundsätzlich wird demnach die Strafe in erster Linie durch administrative S t r a f v e r f ü g u n g verhängt. Diese wird durch die Oberzolldirektion getroffen, sofern die Widerhandlung bei Ausübung der den Zollorganen übertragenen Funktionen festgestellt wird, in allen andern Fällen durch die Getreideverwaltung. Scheint die Art" der Widerhandlung die Verhängung einer Gefängnisstrafe zu rechtfertigen, so wird die administrative Strafverfügung ausgesetzt und der Fall dem Finanzdepartement vorgelegt, das eine unmittelbare Überweisung an die Strafgerichte anordnen kann. In allen andern Fällen wird die Strafverfügung dem Angeschuldigten durch eingeschriebenen Brief eröffnet und erwächst in Eechtskraft, sofern jener nicht binnen 20 Tagen dagegen Einspruch erhebt.

Bei Unterlassung der Einsprache kann der Angeschuldigte den Betrag der ausgesprochenen Busse durch Beschwerde anfechten.

Die blossen Ordnungsverletzungen werden durch Ordnungsbussen von Fr. 5--200 geahndet, die von den in Betracht fallenden Verwaltungsorganen (Zollorgane oder Getreideverwaltung) ausgesprochen und mit der ordentlichen Beschwerde angefochten werden können.

VIII. Finanzielle Bestimmungen.

Die Getreideverwaltung führt gesonderte Rechnung über ihre Einnahmen und Ausgaben. Sie wird den jährlichen Voranschlag vorlegen und eine Gewinn- und Verlustrechnung aufstellen. Für sie beginnt das Bechnungsjahr am 1. Juli und schliesst am 80. Juni des folgenden Jahres.

Die Kosten aus der Lagerhaltung, dem Überpreis für Inlandgetreide, aus der Mahlprämie und die Verwaltungsausgaben bestanden schon unter der gegenwärtigen Ordnung. Für die Zukunft ist hier noch der Beitrag an die Bundesbahnen hinzuzurechnen, der den Ausgleich zu dem am 1. Juli in Kraft tretenden Spezialtarif für den Transport von Brotgetreide und Hartweizen schaffen soll. Dieser Beitrag beläuft sich auf rund 1,B Millionen Franken.

Es sei daran erinnert, dass die durch die Förderung des Getreidebaues verursachten Kosten künftig nicht mehr auf den Getreidepreis abgewälzt werden dürfen. Der Bund wird sie übernehmen.

Zurzeit werden die Kosten der Mahlprämie von der Bundeskasse getragen und erscheinen in der Verwaltungsrechnung des Bundes.

Der Ertrag der erhöhten statistischen Gebühr im Warenverkehr mit dem Auslande wird zur Deckung der Kosten für die Getreideversorgung des Landes unter der neuen Ordnung wesentlich beitragen. Die statistische Gebühr soll den Ausgleich bringen für die grosse Entlastung zugunsten des Getreidehandels, des Müllereigewerbes und des Brotkonsumenten. Wie bisher kommt die Bnndeskasse für die ungefähre Belastung aus der Mahlprämie auf.

Sollte die neue Einnahme nicht ausreichen, um die wesentlich vermehrten

753 Ausgaben für die Selbstversorgung vollständig zu decken, so bedeutet diese Massnahme doch eine wirksame Hilfe für die Landwirtschaft und rechtfertigt als solche vollkommen die sich für die Bundeskasse ergebende Mehrausgabe.

Gestützt auf unsere Ausführungen möchten wir Ihnen die Genehmigung des beiliegenden Entwurfs zu einem Bundesbeschluss angelegentlich empfehlen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte-Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 18. Mai 1929.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates: Der Bundespräsident:

Dr. Haab.

Der Bundeskanzler: Kaeslin.

754

ßundesbeschluss über

die vorläufige Ordnung der Getreideversorgung des Landes.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, in Anwendung von Art. 23bi", 28, 29 und 80 der Bundesverfassung, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 18. Mai 1929, beschliesst: A. Haltung von Vorräten.

Art. 1.

i. Umfang.

Der Bund unterhält zur Sicherung der Versorgung des Landes Vorräte an lagerfähigem Brotgetreide, die rund 80,000 Tonnen betragen sollen.

Der Bundesrat ist ermächtigt, die Vorräte bei ausserordentlichen wirtschaftlichen oder politischen Verhältnissen angemessen zu erhöhen.

Art. 2.

il. Lagerung.

Die Handelsmühlen (Art. 8 und ff.) sind verpflichtet, in der Eegel insgesamt 40,000 Tonnen Brotgetreide ohne besondere Entschädigung zur Lagerung zu übernehmen.

Der Anteil der einzelnen Handelsmühle an dieser Lagerpflicht wird zu Beginn jedes Jahres auf Grund der vorjährigen Gesamtvermahlung an Brotgetreide festgesetzt.

Das den Handelsmühlen "zur Lagerung übergebene Getreide bleibt im Eigentum und in der Verfügung des Bundes. Es wird vom Bund gegen Feuerschaden versichert.

Die Handelsmühlen sind für sachgemässe Lagerung, Besorgung und Beaufsichtigung des Getreides verantwortlich.

755

B. Inlandgetreide.

Art. 3.

Der Bund kauft von den Produzenten, unter Ausschluss jeglichen Zwischenhandels, selbstgebautes, mahlfähiges Brotgetreide einheimischer Provenienz (Weizen, Roggen, Dinkel und Mischel aus Weizen und Roggen).

Der Bund zahlt für das von ihm abgenommene Getreide, bahnverladen auf die Abgangsstation oder in eine Mühle oder in ein Lagerhaus der Umgebung geliefert, einen Preis, der für 100 kg Weizen um durchschnittlich Fr. 8. 50 höher ist als die mittleren Marktpreise franko verzollt Schweizergrenze für Auslandgetreide gleichwertiger Qualität. Der Abnahmepreis beträgt indessen wenigstens Fr. 40. -- und höchstens Fr. 45. -- für 100 kg Weizen. Auf Grund dieses Preises werden die Preise für die übrigen Getreidearten berechnet, wobei ihr Mahlwert zu berücksichtigen ist.

I. Die Al>nulime von Itilandge* treide.

l. Ankaufspreis.

Art. 4.

Die Ankaufspreise für die verschiedenen einheimischen Getreidearten werden vom Bundesrat alljährlich spätestens im September auf Grund der Marktlage und nach Anhörung der Beteiligten festgesetzt.

Dabei soll für sehr gutes Getreide mehr, für solches geringerer Güte weniger als der durchschnittliche Ankaufspreis bezahlt werden.

Getreide, das nicht von landesüblich guter Beschaffenheit oder nicht mahl- und backfähig ist, wird vom Bund nicht übernommen.

Die Bedingungen für die Abnahme von Inlandgetreide durch den Bund und das hierbei zu beobachtende Verfahren werden vom Bundesrate festgesetzt.

a.PrelsfestsetziiDg.

Art. 5.

Der im Inlande niedergelassene Landwirt, welcher selbstgebautes, mahlfähiges Brotgetreide, sowie selbstgebauten Mais, Einkorn und Emmer, in Gebirgsgegenden auch selbstgebaute Gerste, einheimischer Produktion, im eigenen landwirtschaftlichen Betriebe verwendet, hat Anspruch auf eine Mahlprämie. Sie beträgt Fr. 7. 60 für je 100 kg vermahlenes Getreide und wird bis zu einer durch die Ausführungsverordnung festzusetzenden Höchstmenge, berechnet nach der Zahl der im Haushalte des Produzenten verpflegten Personen, ausgerichtet.

Für Gebirgsgegenden kann die Mahlprämie bis auf Fr. 11. -- für 100 kg Getreide erhöht werden.

II. Die Malilprämie.

756 Der Bundesrat ist ermächtigt, die Abnahme von Inlandgetreide zu Überpreisen von der Durchführung der ganzen oder teilweisen Selbstversorgung durch die betreffenden Produzenten abhängig zu machen.

Der Bundesrat ordnet das Verfahren für die Ausrichtung der Mahlprämie und setzt die Zuschläge für Gebirgsgegenden fest,

Art. 6.

Iti. Gemeinsame Bestimmungen.

IV. Die Verbesserung des Getreidebaues.

. ··

.

Die Bestimmungen über die Abnahme von Inlandgetreide und über die Mahlprämie gelten auch für Ährenaufleser.

Das durch in der Schweiz wohnhafte Produzenten in der ausländischen Grenzzone für eigene Bechnung erzeugte und auf Grund der Zollgesetzgebung im landwirtschaftlichen Grenzverkehr zollfrei eingeführte Getreide ist dem Inlandgetreide gleichgestellt.

Zur Förderung des Getreidebaues in Gebirgsgegenden kann der Bund an die Erstellung geeigneter Mahleinrichtungen oder für die Durchführung wesentlicher Verbesserungen an bestehenden, den Anforderungen der Zeit nicht mehr genügenden Mühlen Beiträge leisten.

Wer Inlandgetreide an den Bund verkauft oder die Mahlprämie bezieht, darf nur ausnahmsweise, auf Grund einer amtlichen Bewilligung, ausländisches Brotgetreide ankaufen.

Art. 7.

Der Bund unterstützt die Bestrebungen zur Verbesserung des Getreidebaues.

Zu diesem Zwecke wird er insbesondere die Züchtung und Beschaffung hochwertigen inländischen Saatgutes von Brotgetreide durch Beiträge fördern.

Zur Einfuhr von ausländischem Saatgetreide bedarf es bei Weizen, Eoggen und Dinkel einer Bewilligung der Getreideverwaltung.

C. Müllereigewerbe.

· I. Handelsmublen, 1. Begriff.

Art. 8.

Handelsmühlen sind Betriebe, die Brotgetreide gewerbsmäßig verarbeiten und die Mahlerzeugnisse verwerten, verkaufen oder sonstwie veräussern.

Art. 9.

2. Aufsicht.

Die Handelsmühlen stehen unter der Aufsicht des Bundes gemäss den nachfolgenden Bestimmungen.

757 Art. 10.

Wer eine Handelsmühle betreiben will, hat sich bei der GetreideVerwaltung anzumelden. Er muss sich den bundesrätlichen Vorschriften unterziehen und für die Erfüllung der dadurch übernommenen Pflichten genügende Sicherheit leisten.

;. Anmeldüng und Sieherheitsleistung.

Art. 11.

Die Handelsmühlen haben über den Eingang und die Verwendung des Getreides, sowie über den Ausgang des Backmehles, der Mahlerzeugnisse und Abfälle gemäss den durch Verordnung festzusetzenden Vorschriften Buch zu führen.

Die Handelsmühlen sind verpflichtet, den Organen des Bundes jederzeit Zutritt zu ihren Geschäftsräumlichkeiten und, soweit dies für die Durchführung dieses Beschlusses nötig ist, Einsicht in ihren Betrieb und in ihre Buchführung zu gewähren. Sie haben überdies jede Auskunft zu erteilen und insbesondere auf Verlangen der GetreideVerwaltung die Verkaufspreise der Mahlerzeugnisse bekanntzugeben.

4. Kontrollmassnahmen.

Art. 12.

Die Handelsmühlen sind verpflichtet, das in die Mühlenanlagen verbrachte Brotgetreide zu verarbeiten. In unverarbeitetem Zustande darf Brotgetreide nur ausnahmsweise, auf Grund einer amtlichen Bewilligung, aus den Mühlenanlagen entfernt werden.

5. Pflicht der Vermahlung.

Art. 13.

Kundenmühlen sind Betriebe, die lediglich dag von Selbstversorgern eingelieferte Brotgetreide zu Backmehl oder Futtermitteln gegen Mahllohn verarbeiten und die mit Brotgetreide gewerbsmässig keinen Handel treiben.

II. Kundenmühle».

1. Begriff.

Art. 14.

Die Kundenmühlen sind, gleich wie die Handelsmühlen, der Auf- 2. Aufsicht.

sicht des Bundes unterstellt.

Art. 15.

Die Kundenmühlen sind verpflichtet, Mahlkontrollen zu führen und die durch die Vollzugsverordnung vorgesehenen Eintragungen in die Mahlkarten vorzunehmen.

Sie haben den amtlichen Kontrollorganen jederzeit die nötigen Aufschlüsse zu liefern und Einsicht in den Betrieb und in die Buchführung zu gewähren.

Bundesblatt.

81. Jahrg.

Bd. I.

59

3. Kontrollmassnahmen.

758

Art. 16.

III,Die ÜberDas den Handelsmühlen zur Lagerung übergebene Getreide (Art. 2) nähme des Getreides ist von diesen auf eigene Eechnung und Gefahr sachgemäss auszuwechseln.

durch die HandelB- Dabei ist das auszuwechselnde Getreide durch eine übereinstimmende mübleu.

Menge möglichst gleichwertigen mahlfähigen Getreides im Zeitpunkt l Auswechslung der Entnahme sofort zu ersetzen.

desBundeaAuf Verlangen der Getreideverwaltung haben die Handelsmühlen getreides.

auch das vom Bunde selbst gelagerte Getreide zur Durchführung der nötigen Auswechslung nach Massgabe ihres vorjährigen Mehlausstosses zu übernehmen. Der Übernahmepreis -wird für solches Getreide unter Berücksichtigung der Weltmarktlage festgesetzt, Art. 17.

2. Abnahme von Inland(?etrclde.

3. Preisfestsetzung.

Die Handelsmühlen sind gehalten, dem Bunde das von ihm erworbene Inlandgetreide abzunehmen. Über den Zeitpunkt der Abnahme befindet die Getreideverwaltung.

Die Ubernahmepflicht richtet sieh für jede Handelsmühle nach ihrem vorjährigen Mehlausstoss.

Vom Bunde geliefertes Inlandgetreide darf zur Auswechslung des Pflichtlagers verwendet werden.

Die verschiedenen Arten des Inlandgetreides sollen den Handelsmühlen im gleichen Verhältnis zugeteilt werden. Indessen kann die Getreideverwaltuag zur Vermeidung unwirtschaftlicher Transporte mit den Mühlen besondere Vereinbarungen treffen.

Art. 18.

Die von den Handelsmühlen dem Bunde zu bezahlenden Preise werden für die verschiedenen Inlandgetreidearten unter Berücksichtigung der "Weltmarktlage festgesetzt.

Der Bund liefert den Handelsmühlen das Inlandgetreide zu einheitlich festgesetzten Preisen. Dabei ist die Qualität des Getreides in gleicher Weise zu berücksichtigen, wie bei der Abnahme des Inlandgetreides durch den Bund. Die Frachten sind teilweise durch die Mühlen zu tragen ; sie werden ihnen nach einem einheitlichen Ansätze berechnet.

Der Bundesrat ordnet das Verfahren der Zuteilung und der Preisfestsetzung des von den Handelsmühlen zu übernehmenden Getreides.

Art. 19.

IV. Die Erhaltung dea einheimischen Mullereigewerbes, l. Mehlarten.

Mehl im Sinne dieses Beschlusses ist das durch Mullereiapparate grob oder fein zerkleinerte Brotgetreide (Feinmehl, Griess, Grütze, Schrot usw.).

Backmehl ist das zum menschlichen Genuss geeignete Mehl.

759

Art. 20.

Um der einheimischen Müllerei einen wirksamen Schutz zu gewähren, wird bei der Einfuhr von Backmehl ein Zollzuschlag erhoben. Die Höhe dieses. Zuschlags wird vom Bundesrat unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse festgesetzt.

Der Bundesrat kann unter Wahrung der Interessen des Müllereigewerbes, gestützt auf Art, \ 8, Absatz 2 des Bundesgesetzes über das Zollwesen vom 1. Oktober 1925, die Zollzuschläge herabsetzen. Er kann von der Erhebung solcher Zuschläge überhaupt absehen, wenn es sich um Gewerbebetriebe handelt, die das eingeführte Backmehl nicht zur Broterzeugung verwenden.

2. Backmehleinfuhr.

a) Zollzuschlag.

Art. 21.

Wenn die Umstände es verlangen, wird der Bundesrat von der ihm durch Art. 23bis der Bundesverfassung erteilten Ermächtigung Gebrauch machen und sich das alleinige Recht vorbehalten, Backmehl einzuführen. Ein dahingehender Beschluss ist der Bundesversammlung zur Kenntnis zu bringen.

b) Ausschlüge-

Art. 22.

Zur Unterstützung der weit von den Einfuhrgrenzstationen entfernt liegenden Mühlen trifft der Bund Massnahmen, um die Eisenbahnfrachtkosten des ausländischen Getreides von der Laudesgrenze bis zur Bestimmungsstation zu ermässigen.

Der Bund wird den Bundesbahnen jährlich einen Betrag anweisen, der bestimmt ist, sie für die finanziellen Folgen der Anwendung eines ausschliesslich für den Transport von Brotgetreide bestimmten Spezialtarifes angemessen zu entschädigen.

3. Frachterleichterungen.

D. Wahrung der Interessen der Brot- und Mehlkonsumenten Art. 28.

Der Bund wahrt die Interessen der Brot- und Mehlkonsumenten.

Die Getreideverwaltung überwacht fortgesetzt die Preisbewegung für Backmehl und Brot und erstattet über ihre Feststellungen, insbesondere auch über die Gestehungskosten des Backmehles in der einheimischen Müllerei, Bericht.

Der Bundesrat erlässt Vorschriften, um durch Zuschüsse an die Transportkosten einen Ausgleich der Mehl- und Brotpreise zugunsten der Gebirgsbevölkerung herbeizuführen.

I. Grundsatz.

760

II. Aufsicht:

Art. 24.

Scheinen die Preise Von Backmehl oder Brot allgemein oder in einzelnen Orten oder Landesgegenden in ungerechtfertigter Weise die Gestehungskosten zu übersteigen, so ordnet der Bundesrat eine Untersuchung an.

.

Die Verkäufer von Backmehl, wie die Bäcker und Brotverkäufer, sind verpflichtet, den Untersuchungsorganen alle nötigen Auskünfte zu erteilen.

Art. 25.

III. Besondere Massnahmen.

Bei Missbräuchen wird der Bundesrat eine Preissenkung des Backmehles und des Brotes herbeiführen durch Herabsetzung des Zzollzuschlages auf ausländischem Backmehl oder durch Einfuhr VOTI Backmehl auf eigene Rechnung.

E. Getreidehandel.

Art. 26.

Der Handel mit Brotgetreide wird der Beaufsichtigung durch den I, Brotgetreide. Bund unterstellt.

1. Aufsicht über den Als Brotgetreide gelten die in Art. 8 genannten Arten mahlfähigen Getrelde, handel.

Getreides einheimischer oder fremder Herkunft.

Art. 27.

!. Kontroll£flichtcn.

Wer Handel mit Brotgetreide betreiben -will, hat sich bei der Zollverwaltung anzumelden.

Der Getreidehändler muss im Schweizerischen Handelsregister eingetragen sehi. Er hat eine Erklärung (Eevers) abzugeben, worin er sich verpflichet : 1. gemäss den durch Verordnung festzusetzenden Vorschriften eine klare Buchhaltung zu führen; 2. den Organen des Bundes Einsicht in diese Buchführung zu gewähren und ihnen jede Auskunft zu erteilen, soweit sie für die Kontrollsicherung notwendig erscheint; 3. Brotgetreide nur an Handelsmühlen oder andere Eeversinhaber zu verkaufen oder zu veräussern; 4. auf Verlangen zur Sieherstellung der Forderungen des Bundes eine Kaution zu leisten.

Diese Bestimmungen gelten auch für Betriebe, die gewerbsmässig Brotgetreide lagern.

761 Art. 28.

Wer Getreide aus dem Auslande einführt und sich den Bestimmungen der vorstehenden Artikel nicht unterziehen will, hat neben dem tarif massigen Zoll einen Zuschlag von Fr. 15. -- für je 100 kg brutto rohes Getreide zu entrichten.

3. ZollZuschlag.

Art. 29.

Als Futtergetreide gilt das nicht mahlfähige Getreide, sowie Sorten II. Futterund Arten von mahlfähigem Getreide, die sich vom inländischen Brot- i. mittel, Futtergetreide.

getreide im Aussehen leicht unterscheiden lassen.

Andere Sorten und Arten von Brotgetreide, sowie Mais, Gerste und Müllereiabfälle, können unter Vorbehalt von Sicherungsmassregeln ebenfalls als Futtergetreide zugelassen werden.

Art. 80.

Diese Bestimmungen gelten auch für die aus Mühlenanlagen aus- 2. Müllereiabfalle.

gehenden zu Futterzwecken bestimmten Müllereiabfälle.

Art. 31.

Futtermehl ist das zum.menschlichen Genuas nicht geeignete Mehl, 3. Futtermehl.

sowie Mehl besserer Qualität, das nach amtlichen Vorschriften denaturiert worden ist. Futtermehl darf nicht zu menschlichem Genuss verwendet werden.

Art. 32.

Der Handel mit Futtergetreide unterhegt den Bestimmungen der i. Handel mit FuttergeArt. 26 bis 28 hiervor.

treide.

F. Strafbestimmnngen.

Art. 38.

I, ÜbertreInhaber von Handelsmühlen, welche 1. ihnen zur Lagerung anvertrautes Getreide des Bundes unbefugter- l. tungen, Bei der Lagerung von weise sich aneignen, veräussern, vernichten, durch schuldhaftes VerGetreide desBundes.

halten verderben lassen oder unbefugterweise aus den Lagerräumlichkeiten entfernen; 2. sich bei der Auswechslung des Lagergetreides oder bei der Übernahme von Inlandgetreide durch rechtswidrige Handlungen zum Nachteil . des Bundes unberechtigte Vorteile verschaffen; 8. in anderer Weise den bestehenden Vorschriften über die Lagerung und Auswechslung von Bundesgetreide, sowie über die Übernahme von Inlandgetreide in gewinnsüchtiger Absicht zuwiderhandeln, werden mit Geldbusse von Fr. 100. -- bis 20,000. -- bestraft. In schweren Fällen kann zugleich auf Gefängnis bis zu einem Jahr erkannt werden.

762 2. BeiVerkanf von Inlandgetrelde und Bezog der Mahlpr&m.1en.

3. Übrige Widerhandlungen.

II. Schadenersatzpflicht.

III.Allgemeine Bestimmungen.

1. Teilnahme und solidarische M1U haftung-

Art. 34.

Der nämlichen Strafe unterliegt, wer sieh anlässlich des Verkaufs von Inlandgetreide an den Bund, der Bewerbung um Mahlprämien oder andere Beitragsleistungen durch rechtswidrige Handlungen, einen Vorteil verschafft, der ihm nach Massgabe dieses Bundesbeschlusses nrcht zukommt.

Art. 35.

Schuldhafte Widerhandlungen gegen die Bestimmungen dieses Bundesbeschlusses, sowie der zugehörigen Ausführungsvorschriften, die nicht unter die Art. 83 und 34 fallen, werden mit Bussen von 20 bis 10,000 Franken bestraft.

Art. 36.

Wird durch eine der in Art. 33 bis 35 angeführten Widerhandlungen dem Bunde ein Vermögensschaden zugefügt, BÖ haftet der Urheber, abgesehen von der Bestrafung, für vollen Schadenersatz.

Über die Schadenersatzpflicht entscheiden die Zivilgerichte. Jedoch kann der Anspruch auch in einem vor den Strafgerichten durchgeführten Strafverfahren adhäsionsweise geltend gemacht werden.

Art. 87.

Die dem Täter angedrohte Strafe trifft auch die Personen, die ihn zu dem Vergehen vorsätzlich bestimmen (Anstifter), ihm dazu Hilfe leisten (Gehilfen) oder dazu beitragen oder beizutragen versuchen, ihn der Strafverfolgung oder dem Strafvollzug zu entziehen oder ihm die Vorteile seines Vergehens zu sichern (Begünstiger). Gehilfen und Begünstiger werden minder bestraft als Täter und Anstifter.

Werden die in Art. 33 bis 85 unter Strafe gestellten Widerhandlungen im Geschäftsbetrieb einer juristischen Person oder einer Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft begangen, so finden die Strafbestimmungen auf diejenigen Personen Anwendung, welche als Gesellschafter, Organe oder Beauftragte gehandelt haben. Die juristische Person oder GesellSchaft haftet solidarisch für die verhängten Bussen und Kosten, sowie für geschuldeten Schadenersatz.

Art. 38.

2. Strafmilderung und Straferschwerung.

Der Versuch einer Widerhandlung gemäss Art. 83 bis 35 wird milder bestraft als die vollendete Tat. Tritt der Täter aus eigenem Antrieb vom Versuch zurück, so bleibt er straffrei.

Ist der Angeschuldigte in den letzten drei Jahren vor Anhebung der Strafuntersuchung bereits wegen einer Widerhandlung im Sinne von Art. 33 bis 35 bestraft worden (Bückfall), so ist diese Tatsache als straferschwerend zu berücksichtigen.

763

Art. 89. . ' Erfüllt eine Widerhandlung gemäss Art. 83 bis 35 zugleich den Tatbestand einer Zollübertretung, so kommt die auf das schwerere Vergehen angedrohte Strafe zur Anwendung. Das Zusammentreffen gilt als erschwerender Umstand.

Erfüllt eine Widerhandlung gemäss Art. 83 bis 35 zugleich den Tatbestand einer andern durch Bundesrecht unter Strafe gestellten Handlung, so finden die Strafbestimmungen dieses Bundesbeschlusses neben denjenigen jener andern Erlasse Anwendung.

:

3, Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen.

Art, 40.

Die Widerhandlungen gemäss- Art, 33 bis 35 verjähren in 2 Jahren.

Die Verjährung beginnt mit dem Tage, an dem der Täter die strafbare Handlung begeht und, wenn er sie zu verschiedenen Zeiten ausführt, mit dem Tage der.letzten Handlung.

Die verhängten Strafen verjähren in 5 Jahren. Die Verjährung beginnt mit der Bechtskraft der administrativen Strafverfügung oder des gerichtlichen Urteils.

Die Verjährung wird durch jede Verfolgungs- und Vollstreckungshandlung. unterbrochen.

4. Verj abrang.

Art. 41.

Für die Ermittlung und Beurteilung der Widerhandlungen ist, iv. stratvcrunter Vorbehalt der nachfolgenden Bestimmungen, das Bundesgesetz vom froren.

30. Juni 1849 betreffend, das Verfahren bei Übertretungen fiskalischer und polizeilicher Bundesgèsetze mässgebend.

Stellen die Zollorgane in Ausübung der ihnen durch diesen Bundes^ beschluss übertragenen Funktionen eine Widerhandlung fest, so trifft die Oberzolldirektion die Strafverfügung. In allen andern Fällen erfolgt diese durch die Getreideverwaltung. Gefängnisstrafe kann durch administrative Strafverfügung nicht verhängt werden. Scheint die Art der Widerhandlung die Verhängung einer Gefängnisstrafe zu rechtfertigen, so ist der Fall dem Finanzdepartement vorzulegen, das .eine unmittelbare Überweisung an die Strafgerichte vornehmen kann.

Die Strafverfügung wird dem Angeschuldigten durch eingeschriebenen Brief .eröffnet. Ist der Wohnsitz des Angeschuldigten nicht bekannt, so erfolgt die Eröffnung im Bundesblatt.

Unterzieht sich der Angeschuldigte der administrativen Straf- Verfügung nicht, so hat er binnen 20 Tagen seit der Eröffnung bei der Eröffnungsbehörde Einsprache zu erheben und gerichtliche Beurteilung zu verlangen. Erhebt der Angeschuldigte innerhalb der Frist nicht Einsprache, so erwächst die Straf Verfügung unter Vorbehalt der Beschwerde .

764

in Kechtskraft und steht einem gerichtlichen Urteil gleich. Die Vollstreckbarkeit tritt mit dem Ablauf der Einsprache- oder Beschwerdefrist ein.

V. Ordnungsverletzungen,

I. Verwaltungsbehörden.

II. Getreidekommission.

III. Rechnungsführung.

Art. 42.

Widerhandlungen gegen Anordnungen der mit der Durchführung dieses Bundesbeschlusses betrauten Organe können mit Ordnung bussen von 6--200 Franken bestraft werden.

Stellen die Zollorgane in Ausübung der ihnen durch diesen Beschluss übertragenen Funktionen eine Ordnungsverletzung fest, so verhängt die Oberzolldirektion die Ordnungsbusse. In allen andern Fällen liegt die Verhängung der Getreideverwaltung ob.

G. Organisation.

Art. 43.

Die eidgenössische Getreideverwaltung wird dem Finanz- und Zolldepartement zugeteilt. Ihre Organisation wird vom Bundesrate festgesetzt.

Der Bundesrat wird auf dem Verordnungswege die Organe bezeichnen, welche bei der Abnahme des Inlandgetreides und der Ausrichtung der Mahlprämie mitzuwirken haben und zugleich ihre Verantwortlichkeit festsetzen.

Die Zollverwaltung führt die Kontrolle über den Verkehr mit Getreide durch, Art. 44.

Über Beschwerden betreffend Einlagerung von Getreide des Bundes, Auswechslung dieses Getreides, Übernahme von Inlandgetreide durch Handelsmühlen, sowie über Abnahme von Inlandgetreide und Ausrichtung von Mahlprämien entscheidet endgültig die «Eidgenössische Getreidekommission».

Sie besteht aus fünf ordentlichen Mitgliedern, sowie zwei Ersatzmännern, die durch den Bundesrat ernannt werden. Sie dürfen der Bundesverwaltung nicht angehören.

Der Bundesrat. bestimmt auf dem Verordnungs-wege die Organisation der Getreidekommission und das Verfahren.

Art. 45.

Die Getreideverwaltung führt im Eahmen der Bundesverwaltung gesonderte Eechnung über ihre gesamten Einnahmen und Ausgaben.

Das Bechnungsjahr beginnt mit dem 1. Juli.

Die Kosten der Durchführung dieses Beschlusses werden aus den allgemeinen Einnahmen des Bundes bestritten.

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H. Schlussbestimmungen.

Art. 46.

Mit Inkrafttreten dieses Beschlusses sind der Bundesbeschluss be- 1. Aufhebung von treffend die vorläufige Ordnung der Getreideversorgung vom 7. Juni Erlassen.

1927 und der Bundesbeschluss über die Ergänzung des Bundesbeschlusses vom 7. Juni 1927 betreffend die vorläufige Ordnung der Getreideversorgung vom 22. Juni 1928 aufgehoben.

Art. 47.

Vorbehalten bleibt die Ausrichtung der Mahlprämie für die Ernte II Übergangsbestim1928 nach dem bisherigen Verfahren.

mungen.

Nach dem 80. Juni 1929 festgestellte Widerhandlungen gegen die aufgehobenen Vorschriften sind gemäss den bisherigen Bestimmungen zu bebändern.

Art. 48.

Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt. ;in. VollziehungsverEr wird die erforderlichen Bestimmungen auf dem Verordnungswege Ordnung.

erlassen. .

Art. 49.

InkrafttreDer gegenwärtige Beschluss wird als dringlich erklärt. Er tritt ]IV, ten und am 1. Juli 1929 für eine Dauer von zwei Jahren in Kraft.

Dauer.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die vorläufige Ordnung der Getreideversorgung des Landes. (Vom 18. Mai 1929.)

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Bundesblatt

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Foglio federale

Jahr

1929

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

22

Cahier Numero Geschäftsnummer

2436

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

29.05.1929

Date Data Seite

725-765

Page Pagina Ref. No

10 030 706

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