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2532 Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über den Entwurf eines Bttßdesgesetzes zum Schutz öffentlicher Wappen und anderer öffentlicher Zeichen.

(A'om 16. Dezember 1929.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herreu!

Wir beehren uns, Ihnen den Entwurf eines Bundesgesetzes zum Schutz öffentlicher Wappen und anderer öffentlicher Zeichen mit folgender Botschaft vorzulegen.

I.

Wir haben in. den beiden Botschaften vom 15. Februar 1928., betreffend die Im Haag am 6. Xovember 1925 beschlossenen Vereinbarungen zum Schatze des gewerblichen Eigentums (Bundesbl. 1928, Bd. I, S. 129) und den Entwurf eines Bundesgesetzes zur Abänderung der auf das gewerbliche Eigentum bezüglichen Bundesgesetze (Bundesbl. 1928, Bd. I, S. 182), «ine besondere bundesgesetzliche Eegelung des Schutzes öffentlicher Wappen und anderer öffentlicher Zeichen in Aussicht genommen. Der Erreichung dieses Zieles soll der Gesetzesentwurf dienen, den wir Ihnen hierdurch unterbreiten.

Schon seit langem ist aus dem schweizerischen Publikum nach Massnahmen aum Schutze öffentlicher schweizerischer Bild- und Wortzeichen gerufen worden. Anlass hierzu gab namentlich die Verwendung, die das Schweizerwappen, aber auch andere schweizerische öffentliche Zeichen, zu den verschiedenartigsten Zwecken im Ausland finden. Der Bundesrat war sich klar darüber, dass dieser Verwendung am ehesten durch das Mittel internationaler Vereinbarungen beizukommen wäre. Demzufolge hat er schon an der 1911 in Washington abgehaltenen Konferenz der Länder des internationalen Verbandes zum Schutze des gewerblichen Eigentums die Aufnahme einer Bestimmung in die Pariser Verbandsübereinkunft beantragen lassen, wonach die Verbandsländer sich verpflichten sollten, den kommerziellen Gebrauch der Staatswappen und -fahnen der andern Verbandsländer 2U untersagen und zu bestrafen. Der Antrag drang indessen nicht durch.

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Der Bundesrat glaubte, von landesgesetzlichen Massn'ahmen als Grundlage für Gegenrechtsvereinbarungen von Land zu Land absehen zu sollen, zumal auch die schweizerischen Industrie- und Handelskreise keine grosse Begeisterung dafür zeigten. In ihrem Bericht vom 22. Mai 1914 über die Geschäftsführung des Bundesrates und des Bundesgerichts im Jahre 1913 sprach sich dagegen die Nationalratskommission für den Schutz des Schweizerwappens aus (Bundesblatt 1914, Bd. III, S. 385). Der bald danach ausgebrochene Weltkrieg und späterhin die Bevision der Bundesgesetzgebung über das literarische und künstlerische Urheberrecht liessen indessen die Angelegenheit in den Hintergrund treten.

Im Januar 1922 richtete die Schweizerische Heraldische Gesellschaft eine Eingabe an Bundesversammlung und Bundesrat, worin sie bundesgesetzliche Massnahmen zum Schutze der schweizerischen öffentlichen Wappen gegen ihre missbräuehliche Verwendung im Ausland anregte.

Bald nach dieser Eingabe eröffnete sich die Aussicht auf Abhaltung einer neuen Konferenz der Länder des internationalen Verbandes zum Schutze des gewerblichen Eigentums. Eine auch vom Bundesrat beschickte Expertenkommission, die das Wirtschaftskomitee des Völkerbundsrates im Mai 1924 nach Genf einberief zum Studium verschiedener an der Konferenz zu behandelnder Fragen, empfahl ein Verbot der nicht autorisierten Eintragung und Verwendung öffentlicher Embleme oder staatlicher Stempel oder Garantiezeichen der Verbandsländer als Fabrik- oder Handelsmarken. Die Vorschläge dieser Expertenkommission und des Wirtschaftskomitees wurden im Programm der Verbandskonfereuz, die vom 8. Oktober bis 6. November ]925 Im Haag tagte, weitgehend berücksichtigt.

Die Schweiz ihrerseits beantragte ein Verbot ganz allgemein des nichtautorisierten kommerziellen Gebrauches der Wappen und sonstigen staatlichen Hoheitszeichen, sowie staatlicher Kontroll- und Garantie-Zeichen und -Stempel der Verbandsländer. Auch die Haager Konferenz konnte sich jedoch für ein so weitgehendes Verbot nicht entschliessen. Die von ihr als A r t . 6ter in die am 6. November 1925 revidierte Pariser Verbandsübereinkunft aufgenommene Bestimmung verpflichtet die Vertragsländer: 1. zur Verweigerung oder Ungültigerklärung der Eintragung und zum Verbot des Gebrauches als Fabrik- oder Handelsmarken oder als Teile solcher :
a. von Staatswappen, Fahnen und andern staatlichen Hoheitszeichen sowie von amtlichen Kontroll- und Garantie-Zeichen und -Stempeln der Vertragsländer, sofern die Ermächtigung der zuständigen Behörden fehlt, b. von Zeichen, die heraldisch als Nachahmung der unter lit. a genannten Zeichen erscheinen (Absatz 1) : 2. zum Verbot ausserdem des unbefugten Gebrauches von Staatswappen anderer Vertragsländer im Geschäftsverkehr, sofern dieser Gebrauch zur Irreführung über die Herkunft von Erzeugnissen geeignet ist (Absatz 9).

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Die Im Haag revidierte Pariser Verbandsübereinkunft (rev. PVUe) wurde von der Bundesversammlung am 21. Dezember 1928 genehmigt. Am 15. Mai 1929 erklärte der Bundesrat den Beitritt der Schweiz. Am 15. Juni 1929 ist die revidierte Übereinkunft für unser Land in Kraft getreten ; zurzeit gehören ihr, ausser der Schweiz, schon an: Belgien, Brasilien, Deutschland, Grossbritannien (mit Tobago und Trinidad) und Nordirland, Italien, Jugoslavien, Kanada, Marokko (spanische Zone), Niederlande, Österreich, Portugal, Spanien und Ungarn.

In der Voraussicht dieses Beitrittes hat das Justiz- und Polizeidepartement im Januar 1927 bei einer Anzahl schweizerischer Verbände eine Umfrage über die gesetzgeberischen Massnahmen veranstaltet, zu denen Art. 6ter der rev.

PVUe. den Anstoss geben würde. Angefragt wurden: der Vorort des Schweizerischen Handels- und Industrie-Vereins, der Vorstand des Schweizerischen Gewerbeverbandes, die Schweizergruppe der Internationalen Vereinigung für gewerblichen Eechtsschutz, der Schweizerwoche-Verband, die Schweizerische Heraldische Gesellschaft.

Soweit sich diese Verbände vernehmen Hessen, wichen ihre Auffassungen in verschiedenen Beziehungen nicht unwesentlich voneinander ab. Das Departement arbeitete zunächst einen Vorentwurf für ein Bundesgesetz zum Schutz öffentlicher Wappen und anderer öffentlicher Zeichen aus, wobei es den Gesichtspunkten, für die sich wenigstens mehrheitliche Übereinstimmung der Verbände hatte feststellen lassen, nach Möglichkeit Eechnung trug. Den Vorentwurf mit Begründung stellte es den gleichen Verbänden zu, an welche die erste Anfrage ergangen war; gleichzeitig lud es sie zur Beschickung einer Expertenkommission ein, die den Vorentwurf begutachten sollte. Die Kommission ist dieser Aufgabe am 29. und 30. Januar 1929 in drei Sitzungen nachgekommen; sie setzte sich zusammen aus den Herren: Bundesrat Häberlin, Vorsteher des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes ; Dr. 0. Hulftegger. I. Sekretär des Vorortes des Schweizerischen Handelsund Industrie-Vereins, Zürich; Dr. Zach. Eedaktor der Schweizerischen Gewerbezeitung, Bern; Dr. A. Martin-Achard, in Genf, Präsident, und Bugen Blum, Patentanwalt, in Zürich, Sekretär der Schweizergruppe der Internationalen Vereinigung für gewerblichen Eechtsschutz ; B. C. Koch, Präsident des Schweizerwoche-Ver bandes,
Feldbrunnen bei Solothurn; Dr. Alfred Stückelberg, Basel, für die Schweizerische Heraldische Gesellschaft; W. Kraft, Direktor des eidgenössischen Amtes für geistiges Eigentum, Bern.

605 Das Sekretariat der Kommission wurde besorgt von Herrn Stierlin, Sekretär des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes.

Der Ausarbeitung des vorliegenden Entwurfes ist sonach eine ausgiebige Befragung derjenigen schweizerischen Kreise vorangegangen, welche hauptsächlich als am Wappenschutz interessiert erscheinen.

In diesem Zusammenhang ist schliesslich eine Bestimmung zu erwähnen, welche die im Sommer 1929 in Genf abgehaltene Konferenz der Länder, die der Internationalen Übereinkunft zur Verbesserung des Loses der Verwundeten und Kranken der Heere im Felde (sog. Genfer Konvention) angehören, in die von ihr revidierte Übereinkunft auf Antrag der Schweiz aufgenommen hat.

Danach werden die Vertragsländer zu den erforderlichen Massnahmen zum Schutze nicht nur des Boten Kreuzes, wie schon bisher, sondern auch des Schweizerwappens gegen bestimmte Verwendungen verpflichtet (Art. 28*).

Es bleibt abzuwarten, welche Länder sich durch den Beitritt zur revidierten Genfer Konvention dieser neuen Verpflichtung unterziehen.

II.

Mit Bezug auf die Ausgestaltung des Wappenschutzgesetzes erhebt sich die Frage: 1. ob sich das Gesetz beschränken soll auf diejenigen Massnahnien zum Schutze a u s l ä n d i s c h e r staatlicher Zeichen, zu denen die Schweiz durch Art. 6ter der rev. PVUe verpflichtet ist, oder ob es nicht den Schutz sowohl inländischer als ausländischer öffentlicher Zeichen regeln soll; *) Art. 28 der revidierten Genfer Konvention lautet (in Übersetzung): Die Regierungen der Hohen Vertragschliessenden Teile, deren Gesetzgebung noch ungenügend ist, werden die erforderlichen Massnahnien treffen oder ihren gesetzgebenden Behörden vorschlagen : a. um jederzeit zu verhindern, dass Einzelpersonen oder Gesellschaften, die nach der gegenwärtigen Übereinkunft dazu nicht berechtigt sind, das Zeichen oder die Benennung «Rotes Kreuz» oder «Genfer Kreuz» oder Nachahmungen des Zeichens oder der Benennung zu geschäftlichen oder zu irgendwelchen andern Zwecken benutzen; b. um angesichts der zu Ehren der Schweiz gewählten Umstellung der eidgenössischen Farben jederzeit zu verhindern, dass Einzelpersonen oder Gesellschaften das Wappen der Schweizerischen Eidgenossenschaft oder Nachahmungen desselben als Fabrik- oder Handelsmarken oder als Bestandteil solcher Marken, oder zu einem geschäftlicher Loyalität
zuwiderlaufenden Zweck, oder unter Verhältnissen benutzen, die zur Verletzung des schweizerischen nationalen Empfindens geeignet sind.

Das unter lit. a vorgesehene Verbot der Benutzung von Nachahmungen des Zeichens oder der Benennung «Rotes Kreuz »oder «Genf er Kreuz», sowie das unter lit. b vorgesehene Verbot der Benutzung des Wappens der Schweizerischen Eidgenossenschaft oder von Nachahmungen wird von dem durch die einzelnen Gesetzgebungen bestimmten Zeitpunkt an, spätestens aber fünf Jahre nach dem Inkrafttreten der gegenwärtigen Übereinkunft wirksam. Von diesem Inkrafttreten an darf keine dem erwähnten Verbot zuwiderlaufende Fabrik- oder Handelsmarke mehr gewählt werden,

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2. ob das Gesetz den Schutz öffentlicher Zeichen nur soweit ordnen soll, als er sich nicht aus andern schon bestehenden bundesrechtlichen Erlassen ergeben sollte oder künftigen Erlassen vorbehalten werden könnte, oder ob eine möglichst umfassende Ordnung im neuen Gesetz vorzuziehen ist.

Wir bemerken: Ad 1. Der Entwurf befasst sich mit dem Schutz sowohl inländischer als ausländischer öffentlicher Zeichen. Eine Eegelung, die sich auf den Schutz ausländischer öffentlicher Zeichen beschränken und mithin die schweizerischen öffentlichen Zeichen im Inland schutzlos lassen würde, wäre eine unvollkommene und für unser Land nicht gerade würdige Lösung. Soweit Zeichen der Eidgenossenschaft und der Kantone in Frage kommen, drängen sich Schutzbestimmungen schon deshalb auf, weil der Umfang des Schutzes, den ein Vertragsland seinen eigenen Zeichen gewährt, nach Art. 6ter der rev. PVUe massgebenden Einfluss auf den Schutz dieser Zeichen in den andern Vertragsländern ausübt. Mit Bezug auf den Schutz gegen Eintragung als Marken oder Markenbestandteile steht sodann schon das durch BG vom 21. Dezember 1928 abgeänderte B G vom 26. September 1890 betreffend den Schutz der Fabrikund Handelsmarken etc. (M Seh G) auf dem Boden des vorliegenden Entwurfes; denn dessen Art. 13Ws enthält in erster Linie Bestimmungen über den Ausschluss schweizerischer öffentlicher Zeichen von der Markeneintragung.

Hinsichtlich des Schweizerwappeus gäbe auch Art. 28 der revidierten Genfer Konvention Anlass zu gesetzlichen Schutzmassnahmen. Die angefragten schweizerischen Kreise haben sich einhellig für eine Eegelung sowohl bezüglich inländischer als ausländischer Zeichen ausgesprochen.

Ad 2. Der Entwurf bezweckt den Schutz öffentlicher Wappen und anderer öffentlicher Zeichen einerseits gegen die Eintragung in öffentliche Eegister (Marken-, Muster- und Modell-, Handelsregister), anderseits gegen den im Entwurf umschriebenen tatsächlichen Gebrauch: die hierauf bezüglichen Verbote sind mit Strafsanktion ausgestattet.

In der Expertenkommission ist von verschiedenen Seiten die Beschränkung des neuen Gesetzes auf solche Punkte befürwortet worden, bezüglich derer ein Schutz öffentlicher Zeichen nicht schon aus andern bundesrechtlichen Erlassen abgeleitet werden kann oder nicht besser dem künftigen Bundesgesetz über unlautern Wettbewerb überlassen
wird.

Entsprechend der Natur des vom Entwurf vorgesehenen Schutzes kämen bei dieser Lösung von schon bestehenden bundesrechtlichen Erlassen namentlich in Betracht: das MSchG, das BG vom 6. Oktober 1923 betreffend Strafbestimmungen zum Handelsregister- und Firmenrecht (Fi St G) und die revidierte Verordnung II vom 16. Dezember 1918 betreffend Ergänzung der Verordnung vom 6. Mai 1890 über das Handelsregister und das Handelsamtsblatt (rev. HE V II). Alle diese Erlasse regeln aber nur mehr oder weniger begrenzte Ausschnitte aus den verschiedenen, nach dem Entwurf auszuschliessenden Möglichkeiten der Verwendung öffentlicher Zeichen. Gleiches wäre offenbar der

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Fall bei dem künftigen B G über unlautern Wettbewerb, ganz abgesehen davon, dass es kaum verständlich wäre, gewisse, mit dem Schutz öffentlicher Zeichen zusammenhängende Fragen einem vorläufig noch in Ungewisser Ferne stehenden, künftigen Gesetz vorzubehalten, statt sie in die gesetzliche Ordnung der Spezialmaterie einzubeziehen, zu der sie inhaltlich gehören.

Wenn die Ordnung des Schutzes öffentlicher Zeichen nicht Stückwerk sein soll, so greift sie notwendigerweise in verschiedene, schon anderwärts geregelte Bechtsgebiete ein. Sowohl für das Publikum als für den Eichter ist es aber offenbar die klarere, übersichtlichere Lösung, wenn das Gesetz über die Spezialmaterie der öffentlichen Zeichen die mit ihr zusammenhängenden Fragen möglichst umfassend regelt, als wenn die massgebeuden Bestimmungen in verschiedenen Erlassen zusammengesucht werden müssen. Der Vorteil umfassender Begelung im Spezialgesetz überwiegt unseres Erachtens den mehr nur formalen Nachteil einer Doppelspurigkeit, die dabei mit Bestimmungen anderer Erlasse, so des MSehG. eintreten kann.

Wir haben demnach den Entwurf im Sfarne mögliehst vollständiger Begelung des grundsätzlich in Aussicht genommenen Schutzes formuliert. Den vorstehenden Ausführungen entsprechend, trifft er Bestimmungen über inländische und ausländische Zeichen. Er gliedert sich in vier Abschnitte, nämlich: I. Abschnitt. Wappen und andere Zeichen des Inlandes (Art. l--9).

II. Abschnitt. Wappen und andere Zeichen des Auslandes (Art. 10--12).

III. Abschnitt. Strafbestimmungen (Art. 13--16).

IV. Abschnitt. Begister-, Übergangs- und Schlussbestimmungen (Art. 17--23).

III.

Der I. A b s c h n i t t des Entwurfes will folgende Gruppen schweizerischer (Bild- oder Wort-)Zeichen unter den Schutz des neuen Gesetzes stellen: 1. die Wappen der Eidgenossenschaft und der Kantone, solche Wappen darstellende Fahnen, das eidgenössische Kreuz, charakteristische Bestandteile von Kantonswappen; 2. die Worte «Schweizerwappen», « Schweizerkreuz » oder andere, auf das eidgenössische Wappen oder Kreuz, auf Kantonswappen oder auf charakteristische Bestandteile von. Kantonswappen hinweisende Angaben; 3. andere (als schon unter Ziffer l fallende) Hoheitszeichen der Eidgenossenschaft und der Kantone; eidgenössische und kantonale Kontroll- oder Garantie-Zeichen und -Stempel; 4. Wappen sowie Kontroll- oder Garantie-Zeichen und -Stempel kantonaler Bezirke, Kreise und Gemeinden, solche Wappen darstellende Fahnen oder auf sie hinweisende Angaben; 5. Bezeichnungen, die an eine amtliche Beziehung zur Eidgenossenschaft oder zu einem Kanton denken lassen können («Eidgenossenschaft», «Bund»,, «eidgenössisch», «Kanton», «kantonal»); 6. nationale Bild- und Wortzeichen.

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Bei den Zeichen der 1. Gruppe unterscheidet der Entwurf zwischen A. Eintragung als Marke oder Markenbestandteil und tatsächlichem Gebrauch, bestehend im Anbringen auf Erzeugnissen, die als Handelsware bestimmt sind (Art. l, Abs. l, Ziff. l, und Art. 2, Abs. l, Ziff. 1), B. andersartigem Gebrauch, wie insbesondere Anbringung auf Geschäftsschildern, Annoncen, Prospekten oder Geschäftspapieren (Art. 3).

Markeneintragung und tatsächlicher Gebrauch gemäss lit. A Werden, abgesehen von gewissen Ausnahmen, absolut verboten, andersartiger Gebrauch (lit. B) wird nur soweit verboten, als er den guten Sitten zuwiderläuft.

Ad A. Anlass zum absoluten Verbot dieser Ver wendungs arten gibt Art. 6ter der rev. PVUe. Nach dieser Bestimmung sind die Vertragsländer zur Unterdrückung der Eintragung und Benutzung staatlicher Hoheitszeichen anderer Vertragsländer als Fabrik- oder Handelsmarken nur soweit verpflichtet, als diese Verwendungsarten (vom Ursprungsland) nicht autorisiert sind. Die Art und Weise, wie ein Vertragsland den Schutz seiner eigenen Zeichen regelt, ist mithin bestimmend für deren Schutz in den andern Vertragsländern. Hieraus folgt weiter, dass ein absolutes Verbot der Markeneintragung und der tatsächlichen Benutzung gemäss lit. A am ehesten gegen entsprechende Verwendungen der Zeichen der 1. Gruppe auch im Auslande zu sichern vermag. Die befragten Kreise hatten gegen diesen Standpunkt nichts einzuwenden. Das Verbot der Markeneintragung der Zeichen der 1. Gruppe ist vorsorglicherweise schon in das revidierte MSchG (Art. 13Ws, Abs. l, Ziff. 1) aufgenommen worden.

Das Verbot der Anbringimg auf Erzeugnissen (Art. 2, Abs. 1) trifft vorab diejenige Benutzung, die nach dem MSchG (Art. 1) und konstanter Eechtsprechung des Bundesgerichts als markenartig anzusehen ist. Durch die Einschränkung des Verbotes auf die Anbringung «zu geschäftlichen Zwecken» soll seine Ausdehnung auf eine Benutzung der in Erage stehenden Zeichen zu rein dekorativen Zwecken, z. B. zur Ausschmückung kunstgewerblicher Erzeugnisse (Becher. Schalen usw.). verhindert werden.

Die Eintragung der Zeichen der 1. Gruppe als Marken oder Markenteile ist selbstverständlich den Gemeinwesen (Eidgenossenschaft und Kantone), einschliesslich ihrer Unternehmungen, vorzubehalten, denen sie gehören (Art. l, Abs. 2, lit. a}. Demnach wäre die Eidgenossenschaft
oder ein Kanton zweifelsohne auch berechtigt, etwa eine das eigene Wappen enthaltende Kollektivmarke (Art. 7Ws, Abs. 2. des revidierten MSchG) eintragen zu lassen.

Die Anbringung der Zeichen der 1. Gruppe auf Erzeugnissen gestattet Art. 2, Abs. 2, lit. a, des Entwurfes den dort genannten Gemeinwesen und ihren Unternehmungen ohne Unterschied, ob ein solches Zeichen dem Gemeinwesen gehört, das oder dessen Unternehmung es in der angegebenen Weise benutzt. Die strengere Behandlung der Markeneintragung beruht auf der Erwägung, dass ein öffentliches Zeichen Marke, d. h. Individualzeichen, offenbar nur für das Gemeinwesen sein kann, dem es gehört.

609 Wenn die Eidgenossenschaft und die Kantone ihre eigenen Zeichen enthaltende Kollektivmarken eintragen lassen können, so ist folgerichtig die Benutzung solcher Marken den Angehörigen derjenigen Produzenten-, Industrie- und Handelskreise freizugeben, für welche die Marken bestimmt sind (Art. 2, Abs. 2, lit. V).

Vom Verbot der Anbringimg auf Erzeugnissen ist sodann die Verwendung des eidgenössischen Kreuzes als Bestandteil des schweizerischen Patentzeichens auszunehmen (Art. 2. Abs. 2. lit. c). nachdem sie das Patentgesetz (Art. 34) ausdrucklich vorsieht.

Ad B. Wenn es wegen Art. 6ter der revidierten PVUe angezeigt ist, die Anbringung der Zeichen der l. Gruppe auf Waren -- mit gewissen Ausnahmen -- absolut zu untersagen, so besteht keine Veranlassung zu gleich strenger Behandlung der in lit. B hiervor erwähnten andersartigen Benutzung. Diese Auffassung ist auch von den befragten Kreisen mehrheitlich geteilt worden; insbesondere wurde nicht mit Unrecht bemerkt, dass die Aussichten unsicher sind, auf dem Wege besonderer Gegenrecht »Vereinbarungen zu einem über Art. 6ter revidierten PVUe hinausgehenden Schutz gegen die Benutzung der schweizerischen staatlichen Zeichen im Ausland zu gelangen, dass mithin ein allgemeines absolutes Benutzungsverbot für die Schweiz dazu fuhren könnte, dass zwar der Schweizer selbst die .schweizerischen staatlichen Zeichen nicht benützen dürfte, wohl aber der Ausländer im Ausland. Hieran vermöchte -- mit Bezug auf das Schweizerwappen -- auch Art. 28 der revidierten Genfer Konvention nicht viel zu ändern, da er über die markenartige Benutzung hinaus kein absolutes Verbot vorsieht.

Demgemäss untersagt der Entwurf die in lit. B hiervor erwähnte Benutzung der Zeichen der 1. Gruppe nur soweit, als sie gegen die guten Sitten verstösst (Art. 3, Abs. 1). Einige Fälle, die besonders typisch sind oder bezüglich derer es angezeigt ist, die Anwendbarkeit von Art. 3 ausdrücklich festzustellen, werden besonders genannt (Art. 3, Abs. 2). Die Benutzung durch einen Ausländer im Ausland (Art. 3, Abs. 2, lit. c) wird sich zwar direkter Ahndung durch schweizerische Behörden meistens entziehen; die Aufstellung dieses Tatbestandes ist indessen angezeigt als Voraussetzung für die Strafbarkeit von Personen, die im Inland Gegenstände in Verkehr bringen, welche im Ausland verbotswidrig bezeichnet
worden sind; auch werden die vom Entwurf (Art. 15) vorgeschlagenen Gerichtsstandsbestimmungen unter Umständen ermöglichen, die im Ausland erfolgte Benutzung als solche im Inland zu treffen. Die befragten Industrie- und Handelskreise haben dem Verbot zugestimmt.

In der Expertenkommission wurde der allgemeine Tatbestand des Verstosses gegen die guten Sitten (Art. 3, Abs. 1) kritisiert und grundsätzlich Einschränkung auf bestimmte Tatbestände (Art. 3, Abs. 2) befürwortet. Wir erachten jedoch die Beibehaltung der Generalklausel für angezeigt ; eine kasuistische Behandlung hätte den Nachteil, dass sie unmöglich erschöpfend wäre, woraus sich in der Unterdrückung des Missbrauches öffentlicher Zeichen störende Lücken ergeben könnten. Die Beschränkung der Strafbarkeit auf Bundesblatt.

81. Jahrg. Bd. ITI.

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vorsätzliches Handeln (Art. 13, Abs. l, des Entwurfes) vermag überdies die Bedenken gegen die Generalklausel erheblich abzuschwächen.

Die Angaben, welche die 2. Gruppe bilden, werden vom Entwurf gleich den Zeichen der 1. Gruppe behandelt (vgl. Art. l, Abs. l, Ziff. 4; Art. 2, Abs. l, Ziff. 2, und Art. 3, Abs. 1). Entsprechend einer aus den angefragten Kreisen gekommenen Anregung und gestützt auf Beobachtungen des Amtes für geistiges Eigentum als Markeneintragungsbehörde erscheint der Schutz der in Frage stehenden Angaben als angezeigt.

Unter den in der 3. Gruppe inbegriffenen «andern» eidgenössischen und kantonalen Hoheitszeichen werden insbesondere Zeichen zu verstehen sein wie das Bundessiegel, Siegel und Stempel eidgenössischer und kantonaler Behörden, Kurs habende schweizerische Geldmünzen. Bei eidgenössischen oder kantonalen Kontroll- oder Garantie-Zeichen und -Stempeln ist vorab zu denken an die eidgen 'ssischen Kontrollstempel für Edelmetalle, sodann an Stempel, Marken und dergleichen, die zur Kontrolle für andere Waren dienen, wohl auch an Gebührenmarken und Stempel für Werttitel, Geschäftsurkunden.

Beglaubigungen usf.

Für ein absolutes Verbot der Markeneintragung der in der 3. Gruppe zusammengefassten Zeichen und Stempel und ihrer Anbringung auf Erzeugnissen spricht schon Art. 6ter der rev, PVUe (vgl. die Ausführungen zur 1. Gruppe, ad A). Im allgemeinen besteht aber überhaupt kein Anlass, den Privatgebrauch der Zeichen und Stempel der 3. Gruppe zuzulassen. Grundsätzlich untersagt daher der Entwurf sowohl die Markeneintragung fraglicher Zeichen und Stempel (Art. l, Abs. l, Ziff. 2) als ihre Nachmachung oder Nachahmung, selbst wenn Fälschungsabsicht fehlt (Art. 4).

Auch dieses Eintragungsverbot ist schon in das revidierte MSchG (Art. 13bls, Abs. l, Ziff. 2) aufgenommen worden. Seine absolute Formulierung im Entwurf macht einen Vorbehalt zugunsten der Gemeinwesen nötig, denen die Zeichen und Stempel gehören (Art. l, Abs. 2, lit. a).

Die Nachmachung oder Nachahmung verbietet Art. 4 immerhin nur soweit, als sie die Gefahr einer Verwechslung mit den wirklichen Zeichen und Stempeln begründet, denn: einmal besteht ein gewisses Bedürfnis, z. B. für die Möglichkeit der Nachbildung Kurs habender Münzen in Münztabellen, wobei Gefahr der Verwechslung mit den wirklichen Münzen ausgeschlossen
ist. Sodann können öffentliche Zeichen Bestandteile enthalten, die an sich indifferent sind. z. B. das Bild einer elektrischen Lokomotive, deren Wiedergabe für sich allein, ohne die für das öffentliche Zeichen charkteristischen Zutaten, daher nicht zu beanstanden ist.

Art. 6ter der rev. PVUe beschränkt das Verbot staatlicher Kontrolloder Garantie-Zeichen und -Stempel ausdrücklich auf die Verwendung in Marken, die für Waren gleicher oder ähnlicher Art wie diejenigen bestimmt sind, auf die sich fragliche Zeichen und Stempel beziehen. Eine entsprechende Ausnahme vom Verbot macht der Entwurf, sofern wenigstens die Zeichen oder Stempel nicht das eidgenössische Wappen oder Kreuz, ein Kantonswappen

611 oder einen charakteristischen Bestandteil eines solchen enthalten (Art. l, Abs. 2, lit. &; Art. 4, Abs. 2). Demnach dürfte z. B. die Nachbildung des ein Eichhörnchen darstellenden eidgenössischen Goldwarenstempels für Textilstoffe oder Holzmöbel verwendet und auch als Marke hinterlegt werden.

Bei den Zeichen der 4. G r u p p e (Wappen sowie Kontroll- oder GarantieZeichen und -Stempel kantonaler Bezirke, Kreise und Gemeinden, solche Wappen darstellende Fahnen oder auf sie hinweisende Angaben) unterscheidet der Entwurf zwischen Eintragung als Marken oder Markenbestandteil einerseits, tatsächlicher Benutzung anderseits.

Gegen die Einbeziehung dieser Zeichen in das neue Gesetz sind aus den angefragten Kreisen Bedenken laut geworden, die sich namentlich auf die Gemeindezeichen beziehen. Angesichts der grossen Zahl dieser Zeichen und der damit verbundenen Schwierigkeiten der Peststellung, ob man es mit einem Gemeindezeichen zu tun habe, wurde die Durchführbarkeit von Verbotsbestimmungen bezweifelt und weitgehende Belästigung der Gewerbe- und Handeltreibenden befürchtet.

Da keine staatlichen Zeichen in Frage stehen, so kommt Art. 6ter der rev. PVUe als Grund für Schutzbestimmungen nicht in Betracht. Dagegen erscheint es als gegeben, dass ein Gesetz zum Schutz öffentlicher Wappen und anderer öffentlicher Zeichen sich auch mit den Zeichen der 4. Gruppe befasst.

Das Verbot der Markeneintragung der Wappen, Fahnen, Kontroll- oder Garantie-Zeichen und -Stempel kantonaler Bezirke, Kreise und Gemeinden ist vorsorglicherweise schon im revidierten MSchG (Art. 13bls, Abs. l, Ziff. l und 2) ausgesprochen. Von dieser Regelung wieder abzugehen, wurde sich nicht empfehlen und hätte keinen rechten Sinn, weil fragliche Zeichen in Privat marken doch nicht schutzfähig sind (vgl. Art. 3 des revidierten MSchG).

Die Handhabung des Eintragungsverbotes (Art. l, Abs. l, des Entwurfes) begegnet keinen besondern Schwierigkeiten, weil die aus Versehen oder Unkenntnis erfolgte Eintragung eines verbotenen Zeichens jederzeit durch das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement aufgehoben werden kann (revidiertes MSchG Art. 16MS; Entwurf Art. 18).

Das Verbot der Eintragung von Angaben, welche auf Bezirks-, Kreisoder Gemeindewappen hinweisen (Entwurf Art. l, Abs. l, Ziff. 4), erscheint als folgerichtige Ergänzung des
Eintragungsverbotes für die Bildzeichen und entspricht der Behandlung von Angaben, die sich auf das eidgenössische Wappen oder Kreuz oder auf Kantonswappen und ihre charakteristischen Bestandteile beziehen.

Vom Verbot wird ausgenommen die Eintragung der erwähnten Zeichen und Angaben als Marken fui1 die Bezirke, Kreise oder Gemeinden, denen die Zeichen gehören, oder für deren Unternehmungen; es gilt m. a. W. Gleiches wie für die eidgenössischen und kantonalen Zeichen (vgl. Art.l, Abs. 2, lit. a).

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Den Bedeaken gegen das Verbot tatsächlicher Benutzung der Zeichen der 4. Gruppe trägt der Entwurf dadurch Eechnung, dass er sowohl die Anbringung auf Erzeugnissen oder auf ihrer Verpackung wie auch jede andere Benutzung nur soweit untersagt, als sie gegen die guten Sitten verstösst (Art. 5). Dazu kommt, dass nur vorsätzliche Verbotsübertretung verfolgbar ist (Art. 13).

Gänzlich freigegeben wird die Nachbildung von Kontroll- oder GarantieZeichen und -Stempeln, sofern sie unter gleichartigen Bedingungen erfolgt, wie es Art. 4, Abs. 2, für die eidgenössischen und kantonalen Zeichen und Stempel vorsieht (Art. 5, Abs. 3).

Wir möchten den Erlass eines dem Schutz öffentlicher Zeichen dienenden Sondergesetzes benutzen zu einer Eegelung auch des Gebrauches der Zeichen der 5. Gruppe («Eidgenossenschaf t », «Bund», & eidgenössisch», «Kanton», «kantonal») und der 6. G r u p p e (nationale Bild- und Wortzeichen).

Der Entwurf untersagt den Gebrauch der Zeichen dieser beiden Gruppen nur unter gewissen Voraussetzungen.

Bei den die 5. Gruppe bildenden Angaben wäre ein absolutes Eintragungs- und Benutzungsverbot schon deshalb undurchführbar, weil sie sich unter Umständen auch auf andere Länder als auf die Schweiz beziehen können. Der Entwurf schränkt daher das Verbot dieser Angaben auf solche Fälle ein, die fälschlich an offizielle Beziehungen zur Eidgenossenschaft oder zu einem Kanton (z. B. an eine staatliche oder staatlich konzessionierte Unternehmung, an Regieware oder staatlich kontrollierte Ware) denken lassen können oder auf eine für diese Gemeinwesen missachtende Benutzung hinauslaufen (Art. 6).

Die 6. G r u p p e umfasst Bild- und Wortzeichen, die sich beziehen auf nationale allegorische Begriffe wie Helretia, auf nationale Heldengestalten wie Teil, Winkelried, oder nationale Geschehnisse wie der Bütlischwur, auf nationale Denkmäler wie Teil-, Winkelried-, St. Jakobsdenkmal, Tellskapelle, auf nationale Stätten wie das Eutli.

Durch die Aufnahme von dem Schutze nationaler Bild- und Wortzeichen dienenden Bestimmungen in das vorwürfige Gesetz wird die erforderliche Grundlage geschaffen, um soweit möglich diesen Zeichen durch Gegenrechts·\ ereinbarungen auch im Ausland zum Schutz zu verhelfen : hat doch gerade die Verwendung schweizerischer nationaler Zeichen, wie der Worte «Helvetia», «Teil», «Eütli»,
der Abbildung des Altdorf er Telldenkmales, durch Ausländer schon wiederholt Ärgernis erregt.

Ein absolutes Verbot der Benutzung, insbesondere auch als Marken oder Markenbestandteil, wäre nicht gerechtfertigt und wurde auch von keiner Seite befürwortet. Der Entwurf untersagt demnach nur die den guten Sitten zuwiderlaufende Benutzung (Art. 7) ; die dafür gegebenen Beispiele entsprechen den Art. 3 und 5.

Soweit die Zeichen der 5. und 6. Gruppe nicht benutzt werden dürfen, ist auch die Zulassung zur Markeneintragung ausgeschlossen (Art. 8).

613 Übereinstimmend für sämtliche Zeichen der sechs Gruppen normiert der Entwurf das Inverkehrbringen verbotswidrig bezeichneter Gegenstände und ihre Durchfuhr durch die Schweiz als selbständigen Deliktstatbestand (Art. 9).

IV.

Der II. Abschnitt des Entwurfes befasst sich mit den Wappen und andern Zeichen des Auslandes. Der I. Abschnitt dieser Botschaft lässt erkennen, dass Art. 6ter der rev. PVUe den schweizerischen staatlichen Zeichen mir zu einem mehr oder weniger beschränkten Auslandsschutz verhilft. Art. 28 der revidierten Genfer Konvention ermöglicht zwar weitergehenden Schutz, aber nur für das Schweizerwappen, nicht für andere staatliche oder für nationale Zeichen der Schweiz. Die Wirksamkeit der erwähnten internationalen Bestimmungen bleibt überdies auf die beitretenden Länder beschränkt. Um in nicht beitretenden Ländern überhaupt zu einem Schutz, in den der einen oder andern der beiden revidierten Übereinkünfte beitretenden Ländern zu einem weitergehenden Schutz schweizerischer Zeichen zu gelangen, bliebe nur das Mittel besonderer Gegenrechtsvereinbarungen von Staat zu Staat.

Dieser Sachlage Eechnung tragend, knüpft Art. 10 den Schutz ausländischer Zeichen grundsätzlich an die Bedingung, dass der Schweiz Gegenrecht gehalten wird.

Schutzobjekt sollen vorab nur staatliche Zeichen sein; die Einbeziehung auch der Zeichen anderer Gemeinwesen, insbesondere von Gemeinden, würde eine sehr unübersichtliche Situation schaffen und wäre daher aus praktischen Gründen nicht zu empfehlen. Dagegen erachten wir aus dem, Seite 612 hiervor angegebenen Grunde auch die Berücksichtigung nationaler Bild- und Wortzeichen als angezeigt. In Gegenrechtsvereinbarungen könnten die gegenseitig zu schützenden staatlichen und nationalen Zeichen zur Vermeidung von Zweifeln näher bezeichnet werden.

Der Entwurf ermächtigt den Bundesrat zu der für die Gerichte verbindlichen Feststellung des Gegenrechts, soweit es sich nicht schon aus Staatsverträgen ergibt, wie z. B. aus Art. 6ter der rev. PVUe. Vermöge dieser Ermächtigung kann in einfacher Weise eine klare Eechtslage geschaffen werden.

Den Grundsatz des Gegenrechts durchbricht Art. 11 des Entwurfes für den Fall, wo die Benutzung ausländischer Zeichen zur Täuschung geeignet ist.

Da hierdurch vorab inländische Kreise benachteiligt werden können, so liegt es im Interesse
der Schweiz selbst, das Verbot derartiger Benutzung ausländischer Zeichen nicht an die Bedingung von Gegenrecht zu knüpfen. Aus der gleichen Erwägung -- Wahrung einheimischer Interessen -- heraus bezieht Art. 11 das Verbot nicht nur auf staatliche, sondern auch auf kommunale Zeichen des Auslandes ; hierbei fällt in Betracht, dass eine Täuschung überhaupt nur möglich ist, wenn und soweit das verwendete staatliche oder kommunale Zeichen als solches bekannt oder erkennbar ist.

614 Das Inverkehrbringen verbotswidrig bezeichneter Gegenstände wird, gleich wie im I, Abschnitt des Entwurfes, auch in den Art. 10 und 11 als selbständiger Deliktstatbestand behandelt. Zu einem Verbot auch der Durchfuhr durch die Schweiz besteht bei den ausländischen Zeichen keine Veranlassung.

Art. 12 entspricht einem Vorbehalt, der 'in Art. 6ter, Abs. 8, der rev.

PVUe gemacht ist.

Soweit Markeneintragung in Frage kommt, entsprechen dem Art. 10 des Entwurfes : Art. 13Ws, Abs. 3, revidiertes M Seh G (ausgenommen nationale Bild- und Wortzeichen), dem Art. 11 des Entwurfes: Art. 14. Abs. 2, revidiertes M Seh G.

V.

Der Schutz der im Entwurf behandelten Zeichen berührt in hohem Mass öffentliche Interessen. Der III. Abschnitt sieht daher, wie schon früher erwähnt, strafrechtliche Sanktionsbestimmungen vor und behandelt die Gesetzesübertretungen als Offizialdelikte.

Entsprechend den, namentlich auch in der Expertenkommission zum Ausdruck gelangten Bedenken der befragten Kreise, soll nur vorsätzliches Handeln strafbar sein (Art. 13). Von einer Bestrafung auch fahrlässiger Gesetzesübertretung kann um so eher abgesehen werden, als wiederholter Gebrauch der geschützten Zeichen, mithin fortgesetztes Delikt, naheliegt und der gute Glaube, wenn vorhanden, jedenfalls durch eine erste Warnung, erfolge sie im gerichtlichen oder Verwaltungsverfahren, zerstört Avird.

Was die Bestimmungen über den Gerichtsstand (Art. 15, Abs. 2--4) betrifft, so entspricht die Zulassung des Begehungfortes und des Wohnortes des Angeschuldigten als konkurrierende Gerichtsstände dem Art. 49, Abs. 2, des Urheberrechtsgesetzes vorn 7. Dezember 1922 und Art. 42, Abs. 2. des Patentgesetzes vom 21. Juni 1907. Der Gerichtsstand des Erfolgsortes kann von Nutzen sein, weil auch im Ausland begangene Handlungen strafbar erklärt werden (Art. 3, Abs. 2. lit, e: Art. 5. Alis. 2, lit. c: Art. 7. Abs. 2, lit, c, in Verbindung mit Art. 13).

Die übrigen Bestimmungen des III, Abschnittes des Entwurfes geben nicht Anlass zu Bemerkungen.

Wenn auch die im IV. Abschnitt des Entwurfes enthaltenen Eegisterund Übergangsbestimmungen sich zum Teil mit Vorschriften decken, die schon in andern Gesetzen (MSchG, Pi St G) oder in der revidierten HEV II enthalten sind, so halten wir es aus den im II. Abschnitt, Ad 2. entwickelten gesetzessystematischen Gründen
für angezeigt, auch diese Eechtsverhältnisse im Wappengesetz selbst möglichst vollständig zu ordnen.

1. Es ist folgerichtig, dass künftighin nicht nur die Marken, sondern auch Vereins- und Anstaltsnamen, Geschäftsfirmen und gewerbliche Muster und Modelle von der Eintragung bzw. Hinterlegung ausgeschlossen werden, wenn sie dem neuen Gesetz zuwiderlaufen (Art. 17). Irrtümliche Markeneintragungen

615 des Amtes für geistiges Eigentum soll das Justiz- und Polizeidepartement rückgängig machen können (Art. 18, Abs. 1) ; ebenso ist bezüglich gesetzwidriger Namens- oder Firmeneintragungen das Berichtigungsverfahren vorzusehen (Art. 18, Abs. 2).

Dagegen sieht der Entwurf, gleich dem BG vom 30. März 1900. betreffend die gewerblichen Muster und Modelle, keine Departementsverfügung vor über die Löschung von Muster- oder Modellhinterlegungen. Die versiegelten Hinterlegungen sind überhaupt nicht kontrollierbar; einer nachträglich entdeckten Gesetzwidrigkeit kann durch Verweigerung der Schutz Verlängerung über die laufende fünfjährige Schutzperiode hinaus, gestützt auf Art. 17, Abs. 2, des Entwurfes, begegnet werden.

Die Zulässigkeit der Yerwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Verweigerung der Eintragung von Namen. Firmen, Marken, oder der Hinterlegung von Mustern oder Modellen, sowie gegen Verfügungen des Justiz- und Polizeidepartementes über die Löschung von Marken folgt ohne weiteres aus Ziff. I des Anhanges zum BG vom 11. Juni 1928 über die eidgenössische Verwaltungsund Disziplinarrechtspflege.

2. Mit der Anwendung des neuen Gesetzes auf schon bestehende Vereins- oder Anstaltsnamen. Geschäftsfirmen, Markeneintragungen und Musteroder Modellhinterlegungen befassen sich die Art. 19, 20 und 21 des Entwurfes.

Die Anwendung auf schon bestehende Vereins- und Anstaltsnamen und G e s c h ä f t s f i r m e n (Art. 19) wird vom Entwurf zeitlich beschränkt; eine zeitlich unbeschränkte Anwendung würde bei der unübersehbaren Zahl von Namen und Firmen unverhältnismässige Komplikationen verursachen.

Als Stichtag nimmt Art. 19 den 31. Dezember 1928 in Aussicht. Es ist den Umständen nach ausgeschlossen, dass schon vor dem 1. Januar 1929 dem neuen Gesetz zuwiderlaufende Namen oder Firmen bösgläubig gewählt worden sind.

Keine zeitliche Beschränkung sieht der Entwurf (Art. 20) vor für die Anwendung des neuen Gesetzes auf schon eingetragene Marken oder hinterlegte Muster und Modelle. Die gesetzliche Duldung einer grossen Zahl von Marken mit schweizerischen öffentlichen Zeichen würde die Bekämpfung des Gebrauches solcher Zeichen im Ausland und die strikte Durchführung von Art. 6ter der revidierten PVUe offenbar erschweren. Gleiches hätte mit Bezug auf Muster und Modelle zu gelten. Dagegen rechtfertigt sich die
Gewährung einer Frist für die Anpassung vorher eingetragener Marken und hinterlegter Muster und Modelle an die neuen Vorschriften, gleichwie es Art 19 für Namen und Firmen vorsieht; entsprechend einer Anregung der Expertenkommission bemisst der Entwurf die Frist auf fünf Jahre seit dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes. Immerhin soll auch während dieser Frist eine gesetzwidrige Marke oder Muster- oder Modellhinterlegung weder übertragen noch ihr Schutz verlängert werden können. Diese Vorschrift bestätigt die seit dem Inkrafttreten von Art. 13bl8 des revidierten MgchG (15. Mai 1929)

616 befolgte Eintragungspraxis. Bei Muster- oder Modellhinterlegungen ist sie allerdings nur soweit durchführbar, als die Hinterlegung offen ist oder, z. B.

zwecks Schutzverlängerung, entsiegelt worden ist.

Bei der nach Art. 20 vorzunehmenden Bereinigung des Markenregisters wird es sich um eine grosse Zahl von Fällen handeln. Aus Gründen der Zweckmässigkeit sieht daher Art. 20, Abs. 3, vor, dass die auf Grund dieses Artikels vom eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum getroffenen Verfügungen in erster Linie an das Justiz- und Polizeidepartement weitergezogen werden können und erst gegen den Departenaentsentscheid die Verwaltungsgerichtsbeschwerde offen steht (in Abweichung von der Begel, dass dieses Rechtsmittel unmittelbar gegen Entscheide des Amtes für geistiges Eigentum zulässig ist; vgl. Ziff. I, Abs. l, des Anhangs zum B G über die Verwaltungsund Disziplinarrechtspflege).

Den Anregungen der Expertenkommission trägt der Entwurf auch insofern Bechnung, als Art. 21 den Bundesrat unter bestimmten, gesetzlich festgelegten Voraussetzungen ermächtigt, die Weiterfuhrung eines bisherigen Vereins- oder Anstaltsnamens, oder einer bisherigen Geschäftsfirma oder Fabrik- oder Handelsmarke zu gestatten. Es steht im Ermessen des Bundesrates, ob er je nach den konkreten Umständen die Weiterfuhrung zeitlich beschränken will oder nicht. Unter allen Uniständen soll es sich bei den Anwendungen des Art. 21 nur um verhältnismässig Seltene Ausnahmefalle handeln.

Die Schlussbestimmungen (Art. 22 und 23) geben ims nicht Anlass zu Bemerkungen.

Wir haben davon abgesehen, die Anwendbarkeit des neuen Gesetzes auch auf international eingetragene Fabrik- oder Handelsmarken und international hinterlegte Muster und Modelle ausdrucklich festzustellen, weil sie als selbstverständlich anzusehen ist.

Genehmigen Sie. Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 16. Dezember 1929.

Irn Xanien des Schweiz. Bundesrates.

Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Dr. Haab.

Der Bundeskanzler:

Kaeslin.

617

(Entwurf.)

Bimdesgesetz zum

Schutz öffentlicher Wappen und anderer öffentlicher Zeichen.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Art. 64 und 64bls der Bundesverfassung ; nach Einsichtnahme einer Botschaft des Bundesrates vom 16. Dezember 1929, beschliesst:

I. Abschnitt.

Wappen und andere Zeichen des Inlandes.

A. Wappen und andere Zeichen der Eidgenossenschaft, der Kantone, kantonalen Bezirke, Kreise und Gemeinden.

I. Eintragung als Fabrik- oder Handelsmarken.

Art. 1.

Von der Eintragung als Fabrik- oder Handelsmarken oder als Bestandteile solcher sind ausgeschlossen: 1. die Wappen der Eidgenossenschaft, der Kantone, ihrer Bezirke, Kreise und Gemeinden oder solche Wappen darstellende Fahnen; das eidgenössische Kreuz; charakteristische Bestandteile von Kantonswappen; 2. andere Hoheitszeichen der Eidgenossenschaft oder der Kantone; Kontroll- oder Garantie-Zeichen und -Stempel der Eidgenossenschaft, der Kantone, ihrer Bezirke, Kreise und Gemeinden; 3. Zeichen, die mit den unter Ziffer l und 2 genannten verwechselbar sind; 4. die Worte «Schweizerwappen». «Schweizerkreuz» oder andere Angaben, die auf das eidgenössische Wappen oder Kreuz, auf das Wappen eines Kantons, eines kantonalen Bezirks oder Kreises oder einer kantonalen Gemeinde, oder auf charakteristische Bestandteile von Kantonswappen hinweisen.

618 Zulässig ist die Eintragung: a. der in Absatz l genannten Bild- und Wortzeichen für das Gemeinwesen (Eidgenossenschaft. Kanton, Bezirk, Kreis oder Gemeinde), dem sie gehören oder auf da& sie hinweisen, sowie für Unternehmungen dieses Gemeinwesens ; b. allgemein der nach Art. 4, Absatz 2, und Art. 5, Absatz 3, erlaubten Nachmachungen oder Nachahmungen von Kontroll- oder Garantie-Zeichen und -Stempeln.

II. Tatsächlicher Gebrauch.

1. Wappen und andere Zeichen der Eidgenossenschaft und dei Kantone.

Art. 2.

Es ist untersagt, die nachgenannten Zeichen zu geschäftlichen Zwecken, insbesondere als Bestandteile von Fabrik- oder Handelsmarken, auf Erzeugnissen oder auf der Verpackung von Erzeugnissen anzubringen, die zum Vertrieb als Ware bestimmt sind: 1. die Wappen der Eidgenossenschaft oder der Kantone, solche Wappen darstellende Fahnen, das eidgenössische Kreuz, charakteristische Bestandteile von Kantonswappen oder mit den genannten verwechselbare Zeichen; 2. die Worte «Schweizerwappen». «Schweizerkreuz» oder andere Angaben, die auf das eidgenössische Wappen oder Kreuz, auf das Wappen eines Kantons oder auf charakteristische Bestandteile von Ka'ntonswappen hinweisen.

Von dem Verbot ist ausgenommen : a. die Benutzung der in Absatz l genannten Bild- und Wortzeichen durch die Eidgenossenschaft, die Kantone, ihre Bezirke, Kreise und Gemeinden und durch Unternehmungen dieser Gemeinwesen; b. die Benutzung von Marken, die ein in Absatz l genanntes Bild- oder Wortzeichen enthalten und von der Eidgenossenschaft oder einem Kanton als Kollektivmarken hinterlegt worden sind, durch Angehörige derjenigen Kreise von Produzenten, Industriellen oder Handeltreibenden, für welche die Kollektivmarken bestimmt sind; c. allgemein die Verwendung des eidgenössischen Kreuzes als Bestandteil des schweizerischen Patentzeichens gemäss den bundesgesetzlichen Bestimmungen über die Erfindungspatente.

Art. 3.

Die in Art. 2, Absatz l, genannten Bild- und Wortzeichen dürfen auf Geschäftsschildern, Annoncen, Prospekten oder Geschäftspapieren angebracht

619 oder in anderer nicht unter Art. 2, Absatz l, fallender Weise benutzt werden, sofern die Benutzung nicht gegen die guten Sitten verstösst.

Als Verstoss gegen die guten Sitten und daher als unzulässig ist insbesondere anzusehen eine Benutzung : a. die geeignet ist zur Täuschung über geographische Herkunft, Wert oder andere Eigenschaften von Erzeugnissen, über die Nationalität des Geschäftes oder über geschäftliche Verhältnisse des Benutzers, wie namentlich über angebliche Beziehungen desselben zur Eidgenossenschaft oder zu einem Kanton: b. die eine Missachtung der in Art. 2, Absatz l, genannten Zeichen darstellt ; c. die durch einen Ausländer im Ausland erfolgt.

Art. 4.

Andere als die in Art. 2, Absatz l, Ziffer l, genannten Hoheitszeichen sowie die Kontroll- oder Garantie-Zeichen und -Stempel der Eidgenossenschaft und der Kantone dürfen, auch ohne Fälschungsabsicht, nicht so nachgemacht oder nachgeahmt werden, dass die Gefahr der Verwechslung mit den wirklichen Zeichen oder Stempeln besteht.

Hiervon ausgenommen sind solche Nachmachungen oder Nachahmungen von Kontroll- oder Garantie-Zeichen und-Stempeln, die zur Bezeichnung von Erzeugnissen dienen, die gänzlich verschieden sind von denen, für welche die wirklichen Kontroll- oder Garantie-Zeichen und -Stempel bestimmt sind. Enthalten diese ein in Art. 2, Absatz l, Ziffer l, genanntes Zeiohes, so bleiben jedoch die Art. 2 und 3 vorbehalten.

2. Wappen und andere Zeichen kantonaler Bezirke, Kreise und Gemeinden.

Art. 5.

Die nachgenannten Zeichen kantonaler Bezirke, Kreise oder Gemeinden, nämlich : a. die Wappen oder sie darstellende Fahnen, b. die Kontroll- oder Garantie-Zeichen und -Stempel, oder verwechselbare Zeichen, dürfen weder auf Erzeugnissen oder auf deren Verpackung angebracht noch anderswie benutzt werden, wenn die Benutzung gegen die guten Sitten verstösst. Gleiches gilt von Angaben, welche auf die Wappen der erwähnten Gemeinwesen hinweisen.

Als Verstoss gegen die guten Sitten und daher als unzulässig ist insbesondere anzusehen eine Benutzung: a. die geeignet ist zur Täuschung über geographische Herkunft, Wert oder andere Eigenschaften von Erzeugnissen, über die Nationalität des Geschäftes, oder über geschäftliche Verhältnisse des Benutzers, wie nament-

620

lieh über angebliche Beziehungen desselben zu einem Bezirk oder Kreis oder zu einer Gemeinde; b. die eine Missachtung der in Absatz l genannten Zeichen darstellt: c. die durch einen Ausländer im Ausland erfolgt.

Von vorstehenden Bestimmungen ausgenommen sind solche Nachmachungen oder Nachahmungen von Kontroll- oder Garantie-Zeichen und - Stempeln, die zur Bezeichnung von Erzeugnissen dienen, die gänzlich verschieden sind von denen, für welche die wirklichen Kontroll- oder Garantie-Zeichen und -Stempel bestimmt sind. Enthalten diese ein in Art. 2, Absatz l, Ziffer l, oder in Absatz l, lit. a, hiervor erwähntes Zeichen, so bleiben jedoch die Verbotsbestimmungen der Art. 2 und 3 und von Absatz l und 2 hiervor vorbehalten.

B. Amtliche Bezeichnungen.

Art. 6.

Die Worte «Eidgenossenschaft», «Bund», «eidgenössisch», «Kanton», «kantonal», oder mit diesen Worten verwechselbare Ausdrücke dürfen weder für sich allein noch in Verbindung mit andern Worten benutzt werden, sofern diese Benutzung geeignet ist zur Täuschung über amtliche Beziehungen der Eidgenossenschaft oder eines Kantons zu dem Benutzer oder zu der Herstellungöder dem Vertrieb von Erzeugnissen, oder sofern sie in einer für die Eidgenossenschaft oder die Kantone missachtenden Weise erfolgt.

C. Nationale Bild- nnd Wortzeichen.

Art. 7.

Nationale Bild- oder Wortzeichen dürfen benutzt werden, sofern die Benutzung nicht gegen die guten Sitten verstösst.

Als Verstoss gegen die guten Sitten und daher als unzulässig ist insbesondere anzusehen eine Benutzung: a. die geeignet ist zur Täuschung über geographische Herkunft, Wert oder andere Eigenschaften von Erzeugnissen, über die Nationalität des Geschäftes oder über geschäftliche Verhältnisse des Benutzers; l. die eine Missachtung des nationalen Bild- oder Wortzeichens darstellt; c. die durch einen Ausländer im Ausland erfolgt.

D. Gemeinsame Bestimmungen.

Art. 8.

Soweit die Benutzung der in Art. 6 und 7 genannten Bild- und Wortzeichen unzulässig ist, dürfen diese Zeichen auch nicht als Fabrik- oder Handelsmarken oder als Bestandteile solcher eingetragen werden.

621 Art. 9.

Gegenstände, welche entgegen den Art. 2--7 mit Bild- oder Wortzeichen versehen sind, dürfen weder verkauft oder feilgehalten noch .sonst in Verkehr gebracht, noch durch die Schweiz durchgeführt werden.

II. A b s c h n i t t .

Wappen und andere Zeichen des Auslandes.

Art. 10.

Wenn und soweit der Schweiz für gleichartige eidgenössische und kantonale Zeichen Gegenrecht gehalten wird, ist es unzulässig: t. Wappen, Fahnen und andere Hoheitszeichen, amtliche Koutroll- und Garantie-Zeichen und -Stempel, oder nationale Bild- und Wortzeichen anderer Staaten oder mit den angegebenen verwechselbare Zeichen als Fabrik- oder Handelsmarken oder als Bestandteile solcher einzutragen, oder zu geschäftlichen oder andern Zwecken zu benutzen; 2. Gegenstände, die mit einem der in Ziffer l genannten ausländischen Zeichen versehen sind, in Verkehr zu bringen.

Dio Bestimmungen der Ziffern l und 2 sind auf solche Personen nicht anwendbar, die zur Benutzung der ausländischen Zeichen ermächtigt sind.

Soweit nicht staatsvertragliche Bestimmungen Anwendung finden, stellt der Bundesrat fest, ob und wieweit ein anderer Staat der Schweiz Gegenrecht hält. Seine Feststellung ist für die Gerichte verbindlich.

Art. 11.

Es ist ohne Büeksicht auf Gegenrecht untersagt: 1. die hiernach genannten Zeichen, nämlich: a. Wappen oder Fahnen ausländischer Staaten oder Gemeinden, "b. staatliche Hoheitszeichen anderer Art oder amtliche Kontroll- oder Garantie-Zeichen oder -Stempel des Auslandes, c. oder mit den genannten verwechselbare Zeichen in einer Weise zu benutzen, die geeignet ist zur Täuschung über geographische Herkunft, Wert oder andere Eigenschaften von Erzeugnissen, oder über geschäftliche Verhältnisse des Benutzers, insbesondere über angebliche amtliche Beziehungen desselben zu dem Gemeinwesen, dessen Zeichen er benutzt ; 2. Gegenstände, deren Bezeichnung gegen Ziffer l verstösst, zu verkaufen, feilzuhalten oder sonst in Verkehr zu bringen.

Soweit die in Absatz l, Ziffer l, erwähnten Zeichen nicht benutzt werden dürfen, können sie auch nicht als Fabrik- oder Handelsmarken oder als Bestandteile solcher eingetragen werden.

622 Art, 12.

Soweit öffentliche Wappen und Fahnen, amtliche Kontioll- oder GarantieZeichen und -Stempel oder andere öffentliche Zeichen des Inlandes nach diesem Gesetz benutzt werden dürfen, kann die Benutzung auch nicht wegen Ähnlichkeit des Zeichens mit einem öffentlichen Zeichen des Auslandes untersagt werden.

III. Abschnitt.

Str afbestimmungen.

Art. 13.

Wer vorsätzlich entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes: Wappen, Fahnen oder andere Hoheitszeichen, Kontroll- und GarantieZeichen und -Stempel oder andere Bild- oder Wortzeichen benutzt, nachmacht oder nachahmt, oder Gegenstände verkauft, feilhält oder sonst in Verkehr bringt oder durch die Schweiz durchfuhrt, wird mit Busse bis zu Fr. 5000 oder mit Gefängnis bis zu zwei Monaten bestraft.

Die beiden Strafen können verbunden und gegen Buckfällige bis auf das Doppelte erhöht werden.

Eückfällig ist, wer vor Ablauf von drei Jahren nach Vollzug oder Erlass einer auf Grund dieses Gesetzes erkannten Strafe neuerdings verurteilt wird.

Erfüllt eine Übertretung dieses Gesetzes einen Tatbestand, für den die eidgenössische oder kantonale Gesetzgebung eine schwerere Strafbestimmung enthält, so wird diese angewendet.

Art. 14

Die allgemeinen Bestimmungen de> Bundesgesetzes über das Bundesstrafrecht der schweizerischen Eidgenossenschaft, -\ om 4. Februar 1853, finden Anwendung, soweit das gegenwärtige Gesetz nicht Abweichendes bestimmt.

Art. 15.

Die Verfolgung und Beurteilung von Übertretungen dieses Gesetzes liegt den Kantonen ob.

Zuständig sind die Gerichte des Begehungsortes und diejenigen des Wohnortes des Angeschuldigten oder, im Falle mehrerer Angeschuldigter, des Wohnortes eines derselben.

Ist der Begehungsort unbekannt oder im Ausland gelegen, so sind die Gerichte des inländischen Ortes zuständig, wo der Erfolg eingetreten ist.

Das Verfahren ist dort durchzuführen, wo die Strafuntersuchung zuerst angehoben wurde.

623 Art. 16.

Die zuständige Behörde trifft die erforderlichen vorsorglichen Massnahmen ; sie kann insbesondere die Beschlagnahme gesetzwidrig bezeichneter Gegenstände anordnen.

Die Einziehung von Gegenständen oder die Beseitigung unzulässiger Bezeichnungen auf Kosten des Eigentümers kann selbst im Falle der Einstellung des Strafverfahrens oder der Freisprechung verfügt werden.

Ordnet das Gericht die Beseitigung unzulässiger Bezeichnungen an, so sind nach deren Vornahme die Gegenstände dem Eigentümer gegen Entrichtung der Busse und sämtlicher ihm auferlegten Kosten zurückzugeben.

IV. Abschnitt.

Register-, Übergangs- und Schlussbestimmungen.

Art. 17.

Namen von Vereinen und Anstalten oder Geschäftsfirmen, die den Bestimmungen dieses Gesetzes zuwiderlaufen, dürfen nicht in das Handelsregister eingetragen werden.

Ebenso sind den Bestimmungen dieses Gesetzes zuwiderlaufende gewerbliche Muster oder Modelle von der Hinterlegung ausgeschlossen.

Art. 18.

Wenn das eidgenössische .Amt für geistiges Eigentum eine Fabrik- oder Handelsmarke einträgt, die nach diesem Gesetz unzulässig ist, so kann das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement die Löschung der Marke anordnen.

Diesem Gesetz zuwiderlaufende Eintragungen im Handelsregister sind nach dem für dieses Eegister geltenden Berichtigungsverfahren abzuändern oder zu löschen.

Art. 19.

Namen von Vereinen und Anstalten oder Geschäftsfirmen, die nach dem 31. Dezember 1928 in Benutzung genommen worden sind, müssen, sofern sie mit diesem Gesetz in Widerspruch stehen, innert fünf Jahren seit seinem Inkrafttreten abgeändert werden.

Die Eegisterbehörden haben auf den Ablauf dieser Frist die entsprechenden Änderungen oder Löschungen der eingetragenen Namen und Firmen zu veranlassen.

Art. 20.

Vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes erfolgte Eintragungen von Fabrikoder Handelsmarken und Hinterlegungen gewerblicher Muster oder Modelle, die diesem Gesetz zuwider sind, gelten nach Ablauf von fünf Jahren seit dejn Inkrafttreten dieses Gesetzes als erloschen, wenn sie nicht bis dahin mit dem

624

Gesetz in Einklang gebracht worden sind. Die erloschenen Markeneintragungen werden vom eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum gelöscht.

Gesetzwidrige Markeneintragungen dürfen auch während der in Absatz l festgesetzten Frist weder übertragen noch erneuert werden. Gleiches gilt für die Übertragung oder Schutzverlängerung offener oder entsiegelter Musterund Modellhinterlegungen.

Die vom eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum auf Grund dieses Artikels getroffenen Verfügungen können innert 30 Tagen an das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement weitergezogen werden. Gegen dessen Entscheid ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig.

Art. 21.

Beim Vorhandensein besonderer Umstände kann der Bundesrat die Weiterführung eines bisherigen Vereins- oder Anstaltsnamens oder einer bisherigen Geschäftsfirma oder Fabrik- oder Handelsmarke über die in Art. 19 und 20 festgesetzte Frist hinaus gestatten.

Besondere Umstände sind vorhanden, wenn dem Bundesrat dargetan werden kann, dass die Änderung oder Ersetzung eines Namens, einer Firma oder einer Marke für den Inhaber mit unverhältnismässigen Nachteilen verbunden wäre. Bei einer Marke ist ausserdem darzutun, dass sie seit mindestens zehn Jahren vor Inkrafttreten dieses Gesetzes vom Inhaber oder seinem Geschäftsvorgänger schon benutzt worden und im Verkehr als Kennzeichen der mit ihr versehenen Erzeugnisse bekannt geworden ist.

Art. 22.

Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes treten entgegenstehende Bestimmungen der eidgenössischen oder kantonalen Gesetzgebung ausser Kraft.

Art. 23.

Der Bundesrat trifft die zur Ausführung dieses Gesetzes nötigen Massnahmen und bestimmt den Zeitpunkt seines Inkrafttretens.

->H3S--

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über den Entwurf eines Bundesgesetzes zum Schutz öffentlicher Wappen und anderer öffentlicher Zeichen. (Vom 16. Dezember 1929.)

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