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Botschaft über die Schaffung einer unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen

vom S.Juli 1981

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, Wir unterbreiten Ihnen den Entwurf zu einem allgemeinverbindlichen Bundesbeschluss über die unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen mit dem Antrag auf Zustimmung.

Weiter beantragen wir Ihnen, folgende Motion abzuschreiben : 1980 M 79.463 Radio und Fernsehen. Beschwerdeinstanz (S 12. 12. 79, Guntern;N16. 12. 80) Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

8. Juli 1981

1981-496

5 Bundesblatt. 133. Jahrg. Bd. III

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Purgier Der Bundeskanzler: Buser

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Übersicht Das Beschwerdewesen ist neben der Programmkontrolle Teil der Programmaufsicht. Es unterscheidet sich von der Programmkontrolle dadurch, dass die Aufsichtsbehörde nicht von sich aus, sondern auf Veranlassung Dritter tätig wird.

Das Eidgenössische Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement ist nach geltendem Recht für die Behandlung von Beschwerden gegen das Programm zuständig.

Es wird von einer aus neun Mitgliedern bestehenden Kommission beraten.

Dass eine Verwaltungsbehörde über solche Beschwerden entscheidet, ist aus der Sicht der Staatunabhängigkeit nicht zweckmässig. Aber auch das eigentliche Verfahren weist Mängel auf. Nach heutigem Recht liegt in der Regel eine Aufsichtsbeschwerde vor. Sie gibt dem Anzeiger keinen Erledigungsanspruch. Ihre Formlosigkeit kann zudem zur Folge haben, dass die Aufsichtsbehörde überlastet wird, weil ihr kaum Eintretenskriterien zur Verfügung stehen. Deshalb ist es notwendig, auch das Verfahren zu formalisieren, ohne dass aber der Charakter der Popularbeschwerde verloren geht.

Die unabhängige Beschwerdeinstanz hat verschiedene Funktionen. Sie soll den Dialog zwischen Veranstaltern und Publikum verbessern, die Programmarbeit erleichtem und eine rechtskonforme Programmtätigkeit gewährleisten. Sie besteht aus neun Mitgliedern und ist gegenüber Bundesrat und Verwaltung, sowie den Veranstaltern in ihren Entscheiden unabhängig. Sie hat aufgrund von Beanstandungen zu prüfen, ob die ausgestrahlten Sendungen den rechtsverbindlichen Vorschriften über die Gestaltung der Programme genügen.

Einzelpersonen, Behörden und Vereinigungen können Beanstandungen einreichen.

Einzelpersonen sind legitimiert, wenn sie 18 Jahre alt sind und 20 Unterschriften von 18 Jahre alten Schweizer Bürgern oder Ausländern mit Niederlassungs- oder Aufenthaltsbewilligung beibringen oder eine besonders enge Beziehung zum Sendegegenstand nachweisen. Diese enge Beziehung stellt auch die Legitimationsvoraussetzung für Behörden und Vereinigungen dar. Vereinigungen können ausserdem an die Instanz gelangen, wenn sie sich besonders mit Medienfragen befassen. Als Korrelat zu den Voraussetzungen, die der Anzeiger zu erfüllen hat, wird ihm ein Erledigungsanspruch gewährt.

Die Beschwerdeinstanz kann grundsätzlich nur Feststellungsentscheide treffen.

hat aber das Recht, der Aufsichtsbehörde Massnahmen zu beantragen.

Sie

Schliesslich statuiert der Bundesbeschluss die Möglichkeit des Weiterzugs an das Bundesgericht, wenn der Entscheid der Beschwerdeinstanz als Verfügung zu qualifizieren ist.

106

Botschaft

I

Allgemeiner Teil

II

Ausgangslage

III

Staatsaufsicht

111.1

Programmaitsieht als Teil der staatlichen Aufsicht

Die Programmaufsicht ist ein Teil der staatlichen Aufsicht über Radio- und Fernsehveranstalter. Zu dieser Aufsicht gehören weiter die Betriebs- und Finanzaufsicht, die durch den vorliegenden Entwurf für einen Bundesbeschluss über die unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen aber nicht : berührt werden.

111.2

Begründung der Staatsaufsicht

Die Radio- und Fernsehveranstalter erfüllen ihre Aufgabe aufgrund einer Konzession des Bundes. Sie schreibt den Veranstaltern vor, wie sie ihre Tätigkeit wahrzunehmen haben. Somit geht man davon aus, dass der Bund grundsätzlich die Kompetenz hat, den Programmbereich zu ordnen (vgl. dazu Ziff. 5). Deshalb muss ihm auch das Recht zukommen, die Einhaltung dieser Vorschriften zu überwachen, «sonst blieben sie lex imperfecta» (Hans Huber: Gutachten über Radio und Fernsehen, Muri 1967, S. 64). Daran vermag auch die aus dem ungeschriebenen Grundrecht der Meinungsäusserungsfreiheit abgeleitete Staatsunabhängigkeit (Jörg Paul Müller: Landesbericht Schweiz, in: Rundfunkorganisation und Kommunikationsfreiheit, Hrsg. Martin Bullinger/Friedrich Kubier, Baden-Baden, 1979, S. 262 ff.) nichts zu ändern. Denn aus der Staatsunabhängigkeit ergeben sich nicht nur «subjektive Defensivansprüche gegen staatliche Interventionen». Sie enthält wie andere Grundrechte auch einen Gestaltungsauftrag an den Staat (Müller a. a. O., S. 263). Zudem ist das Fernsehen nach Meinung des Bundesgerichts zu einem «hervorragenden Mittel sozialer Kommunikation» geworden, mit entsprechender Wirkung und Missbrauchsgefahr, der durch Vorschriften zu begegnen ist (BGE 98 l a 82; vgl. dazu auch Huber a. a. O., S. 64 ff.).

, : 112

Beschwerdewesen

112.1

Begriff des Beschwerdewesen

Das Beschwerdewesen gehört wie die Programmkontrolle zur Programmaufsicht. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass eine oder mehrere Sendungen auf ihre Übereinstimmung mit den rechtsverbindlichen Vorschriften über die Gestaltung der Programme untersucht werden. Bei der Programmkontrolle erfolgt diese Überprüfung ohne Anstoss von aussen, während beim Beschwerdewesen die Untersuchung mittelbar, d. h. auf Veranlassung Dritter geschieht.

107

112.2

Internes Beschwerdewesen

Die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) erliess erstmals im Jahre 1976 Richtlinien für die Behandlung von Eingaben der Zuhörer und Zuschauer. Sie revidierte diese Bestimmungen 1979 und führte als wichtigste Neuerung ein, dass nicht mehr die professionelle Organisation, sondern die Trägerschaft als Repräsentantin der Bevölkerung die Programmbeschwerden zu behandeln hat (Richtlinien der SRG für das Beschwerdewesen in Programmfragen vom 21. Juli 1979, Bezugsquelle: SRG). Dabei unterscheidet die SRG zwischen Reklamationen, die weiterhin von der professionellen Organisation bearbeitet werden, und Programmbeschwerden. Eine Reklamation ist die allgemeine Beanstandung des Programms, ohne dass eine Verletzung von Konzessionsvorschriften oder interner Richtlinien geltend gemacht wird. Eine Programmbeschwerde liegt vor, wenn ausdrücklich oder sinngemäss ein Verstoss gegen interne Richtlinien (z. B. Richtlinien der SRG für die Informationssendungen von Radio und Fernsehen vom 13. September 1968, revidiert am 1. Mai 1979) oder Vorschriften der Konzession für die SRG vom 27. Okt. 1964/22. Dez. 1980 (BB1 1981 l 285; Konzession SRG) behauptet wird. In erster Instanz befindet darüber eine der drei regionalen Beschwerdekommissionen. Die SRG-interne, nationale Beschwerdekommission, deren Mitglieder vom Zentralvorstand der SRG gewählt werden, entscheidet in zweiter Instanz.

Diese Beschwerderichtlinien wurden weder von der Konzessions-, noch von der Aufsichtsbehörde genehmigt. Sie binden deshalb das Eidgenössische Verkehrsund Energiewirtschaftsdepartement (EVED) nicht. Das Departement hat sich somit nicht nach diesen Bestimmungen zu richten (vgl. dazu auch BGE 97 I 733). Es kann aber auch nicht prüfen, ob sich die SRG daran gehalten hat.

112.3

Externes Beschwerdewesen

Der Zuhörer und Zuschauer hat überdies die Möglichkeit, direkt an das aufsichtsführende Departement (EVED) zu gelangen. Diese Eingaben stellen in der Regel Aufsichtsbeschwerden nach Artikel 71 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren (SR 172.021; VwVG) dar (vgl. zum Verfahrensrechtlichen Ziff. 122).

Die Aufsichtsbeschwerde räumt keinen Erledigungsanspruch ein (BGE 702 I b 85). Trotzdem hat das EVED die Anzeigen immer dann eingehend behandelt, wenn eine Bestimmung der Konzession SRG berührt war und eine erste, summarische Überprüfung eine Konzessionsverletzung nicht zum vorneherein ausschloss (VPB 40 Nr. 65 S. 59 f.).

Bis Mitte 1979 verlangte die Aufsichtsbehörde wegen Artikel 11 Absatz l, nach dem allein der Generaldirektor der SRG für die Programme verantwortlich ist, zudem einen «erstinstanzlichen Entscheid» des Generaldirektors. Dieses Vorgehen trug der SRG den Vorwurf des «Richters in eigener Sache» ein, obgleich das «Richten in eigener Sache» rechtsstaatlich erst dann zweifelhaft ist, wenn die Entscheide letztinstanzlichen Charakter haben. Ab Mitte 1979 ging die Aufsichtsbehörde dazu über, die Eingaben, die an das Departement adressiert wa108

ren, direkt zu behandeln. Dabei wird der Generaldirektor der SRG zur Stellungnahme eingeladen.

Mit Verfügung vom 2. Juli 1979 setzte das EVED, gestützt auf Artikel 52 Absatz l des Bundesgesetzes über die Organisation und die Geschäftsführung des Bundesrates und der Bundesverwaltung (SR 172.010; VwOG), eine Kommission ein. Sie bestand ursprünglich aus fünf Mitgliedern und drei Ersatzmitgliedern.

Am 16. Februar 1981 schaffte das Departement den Status Ersatzmitglied ab und erhöhte die Zahl der Mitglieder auf neun (Verfügung des EVED vom 16. Febr. 1981). Sie hat die Aufgabe, Eingaben zuhanden der Aufsichtsbehörde zu begutachten. Somit kommt diesem Gremium keine Entscheidfunktion zu.

Im ersten Jahr ihres Bestehens (Sept. 1979-Sept. 1980) hatte die Kommission insgesamt 18 Fälle zu bearbeiten. Davon betrafen 15 das Fernsehen und 3 das Radio. 14 Fälle bezogen sich auf das Radio und Fernsehen der deutschen und rätoromanischen Schweiz (DRS), 3 auf die französischsprachige und einer auf die italienischsprachige Schweiz. 7 Anzeigen berührten die Konzession nicht, und in einem Fall empfahl die Kommission dem EVED, auf Konzessionsverletzung zu erkennen (Sendung des Fernsehens DRS vom 29. Mai 1979 «Wehrsteuerverweigerung» im Rahmen des CH-Magazins). Was die materielle Seite der Arbeit der Beschwerdekommission angeht, verweisen wir auf den Jahresbericht der Kommission (Beschwerdekommission Radio/Fernsehen: Ein Jahr Beschwerdekommission Radio/Fernsehen, 9. Sept. 1980, Bezugsquelle EVED, Bern).

Vollständigkeitshalber sei noch darauf verwiesen, dass Entscheide des Departements über Aufsichtsbeschwerden grundsätzlich keine anfechtbaren Verfügungen darstellen. Sie können daher nur mit einer weiteren Aufsichtsbeschwerde nach Artikel 71 VwVG vor den Bundesrat gezogen werden. Falls der Entscheid des Departements aber in einem bestimmten Fall dennoch als Verfügung qualifiziert werden muss, steht der Rechtsweg an das Bundesgericht offen (Art. 97 und 98 Bst. b des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege : (OG); SR 173.110).

113

Motion Guntern vom 21. Juni 1979. Radio und Fernsehen.

Beschwerdeinstanz

Am 21. Juni 1979 reichte Herr Ständerat Guntern eine Motion folgenden Wortlautes ein: Der Bundesrat wird ersucht, unverzüglich (ohne Rücksicht auf den zeitlichen Verlauf der Verfassungsvorlage) eine Staats- und verwaltungsunabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen zu schaffen.

Der Bundesrat beantragte den eidgenössischen Räten, die Motion in ein Postulat umzuwandeln. Dabei war der Bundesrat keineswegs gegen die Schaffung einer solchen Instanz. Seine Einwände bezogen sich vielmehr auf den Zeitpunkt der Einsetzung. Der Bundesrat machte geltend, dass : die sofortige Schaffung durch den Bundesrat mit einer Modifizierung der rechtlichen und politischen Verantwortung verbunden wäre. Ihre Einsetzung müsse deshalb dem ordentlichen Gesetzgeber vorbehalten bleiben. Zudem wolle der Bund mit einem Verfassungsartikel und der dazugehörenden Ausführungsgesetzgebung eine tragfä109

hige Ordnung des Programmbereichs von Radio und Fernsehen schaffen. Es sei deshalb nicht sinnvoll, ein Einzelproblem herauszubrechen und isoliert zu regeln. Weiter verwies der Bundesrat auf die bestehende konsultative Beschwerdekommission Radio/Fernsehen.

Die eidgenössischen Räte überwiesen die Motion gegen den Antrag des Bundesrates, und zwar der Ständerat am 12. Dezember 1979 und der Nationalrat am 16. Dezember 1980.

114

Beschwerdeinstanz und Beschwerdeverfahren

Es ist zu unterscheiden zwischen der Schaffung der unabhängigen Beschwerdeinstanz und der Regelung des eigentlichen Verfahrens. Zum ersteren gehören Zuständigkeit und Organisation, während das zweite Fragen wie Legitimation und Formerfordernisse umfasst. Es hat sich gezeigt, dass beide Bereiche im Bundesbeschluss geregelt werden sollten (vgl. dazu Ziff. 12).

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Beschwerdeinstanz und Verfassungsartikel

Die Schaffung einer unabhängigen Beschwerdeinstanz nimmt das in Absatz 4 des Entwurfs für einen Verfassungsartikel über Radio und Fernsehen formulierte Anliegen teilweise vorweg. Allerdings bleibt die Bereinigung der verfassungsrechtlichen Lage notwendig. Vor allem gilt es, auf Verfassungsstufe die heute strittige Frage nach der Bundeskompetenz im Programmbereich eindeutig zu klären.

116

Vernehmlassung

Auf eine Vernehmlassung haben wir verzichtet. Einerseits hätte man mit einer erheblichen zeitlichen Verzögerung rechnen müssen, was wiederum die in der Motion geforderte rasche Verwirklichung in Frage gestellt hätte. Anderseits diskutiert die Öffentlichkeit bereits seit längerer Zeit, insbesondere seit der Einreichung des Postulats Akeret vom 27. April 1972, Fernsehen, und des Postulats Krauchthaler vom 28. April 1972, Fernsehen (Amtl. Bull. N 1972 1808 und S 1972 679, die Schaffung einer unabhängigen Beschwerdeinstanz. Zudem äusserten sich weite Kreise im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens zu einem Verfassungsartikel betreffend Radio und Fernsehen zu dieser Instanz. Diese Stellungnahmen zeigen, dass man sich heute weitgehend über deren Notwendigkeit einig ist. Unterschiedliche Auffassungen bestehen bezüglich der Frage, ob diese Instanz lediglich Feststellungsurteile treffen soll oder ob ihr auch das Recht einzuräumen ist, Massnahmen anzuordnen.

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Mängel der heutigen Regelung

Hier ist nicht der Ort, der Frage nachzugehen, ob die bisherige Praxis zu liberal oder zu restriktiv war. Dies stellt nicht ein verfahrensrechtliches, sondern ein materiellrechtliches Problem dar. Die Probleme, die sich im Zusammenhang mit 110

der Auslegung und Anwendung der Programmbestimmungen ergeben, werden sich auch der unabhängigen Beschwerdeinstanz immer wieder stellen.

Nachstehend stellen wir die Mängel dar, die sich auf der formellen Ebene zeigen. Einerseits liegen sie im Umstand begründet, dass eine Verwaltungsinstanz entscheidet und anderseits darin, dass das VwVG nicht auf den in Frage stehenden Gegenstand zugeschnitten ist.

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Entscheidinstanz

Nach heutiger Regelung behandelt das EVED Beschwerden gegen ausgestrahlte Sendungen. Demzufolge entscheidet bereits heute eine vom Veranstalter, nicht aber von der Verwaltung unabhängige Instanz. Diese Lösung ist aus der Sicht der Staatsunabhängigkeit sicherlich: nicht ideal. Wie bereits erwähnt trifft es zwar nicht zu, dass die Staatsunabhängigkeit, die nach Hans Huber «Ausschluss staatlicher Beherrschung und Lenkung» bedeutet (Huber a. a. O., S. 64 ff.), einer staatlichen Regelung entgegensteht und die Aufsicht durch die Verwaltung ausschliesst. Indessen birgt gerade die Aufsicht durch die Verwaltung im eigentlichen Programmbereich Gefahren in sich. Denn hier wird jene Tätigkeit der Veranstalter (Programme .herstellen oder zusammenstellen und ausstrahlen) beaufsichtigt, die der Staat aufgrund der Staatsunabhängigkeit selber nicht wahrnehmen darf. Diese staatliche Abstinenz ist eine der Voraussetzungen, die eine «unabhängige gesellschaftliche Meinungsbildung» erst ermöglicht. «Nur von einer lebendigen Diskussion und Kritik öffentlicher Anliegen kann dem Staat in einer offenen Gesellschaft die ihn erhaltende und erneuernde Lebenskraft zukommen» (Müller a. a. O., S. 264 f.).

Bereits diese grundsätzlichen Überlegungen lassen es als angezeigt erscheinen, das Beschwerdewesen aus der Verwaltung auszulagern und einer verwaltungsunabhängigen Stelle zuzuweisen. Weiter hängt die Gefahr einer unstatthaften Einflussnahme auch mit dem Charakter der Programmbestimmungen zusammen. Die Notwendigkeit von Programrnrichtlmien ist zwar unbestritten (Franz Riklin: Die Programmfreiheit bei Radio und Fernsehen, Freiburg 1973, S. 38 und 88). Programmvorschriften enthalten jedoch «in weitem Umfang Wertungsfragen, wie sich schon daraus ergibt, dass in den für die Programmgestaltung des Rundfunks verbindlichen Rechtssätzen generalklauselartige Wendungen überwiegen» (Heinz Wilkens: Die Aufsicht über den Rundfunk, Frankfurt am Main 1965, S. 105 f.). Erwägungen der Zweckmässigkeit und des wertenden politischen Ermessens können somit nicht ausgeschlossen werden (Walter Mallmann: Zur Rechtsaufsicht über das Zweite Deutsche Fernsehen, Wiesbaden 1975, S. 99). Somit erscheint «die Kontrolle über die Einhaltung dieser Grundsätze durch die Exekutive politisch als sehr problematisch» (Riklin ; a. a. O., S. 52). Zudem ist zu beachten,
dass die Medien auch über die Tätigkeit der Verwaltung, eingeschlossen diejenige des aufsichsführenden Departements, berichten. Wenn man sich überdies vergegenwärtigt, mit wie vielen politischen, sozialen, kulturellen und politischen Fragen die Verwaltung einerseits befasst ist, und dass der Rundfunk anderseits die Pflicht hat, umfassend zu informieren, so sind Interessenkollisionen ohne Zweifel denkbar.

111

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Verfahren

Das Bundesgericht hat die SRG als Behörde im Sinne von Artikel l Absatz 2 Buchstabe e VwVG qualifiziert. Das Gericht vertritt die Meinung, die SRG sei eine Organisation ausserhalb der Bundesverwaltung, die eine vom Bund übertragene öffentlich-rechtliche Aufgabe erfülle. In diesem Sinne vermöge sie Verfügungen nach Artikel 5 VwVG zu treffen (BGE 104 l b 243 f.). Einen solchen Akt, durch den die SRG «ein individuelles und konkretes verwaltungsrechtliches Verhältnis in Anwendung des öffentlichen Rechts des Bundes in verbindlicher Weise regelt» (BGE 104 I b 241), liegt nach Bundesgericht dann vor, wenn der «Anspruch von Personen oder Organisationen, selber in Radio- oder Fernsehsendungen zu Gehör zu kommen, in Frage» steht (BGE 104 I b 244). Das ist vor allem dann anzunehmen, wenn eine Einzelperson oder eine Vereinigung, bevor die Sendung ausgestrahlt wird, geltend macht, in diesem Beitrag berücksichtigt zu werden und die SRG ein solches Begehren ablehnt (vgl. dazu BGE 971 731). Gegen eine derartige Verfügung ist nach Artikel 44 VwVG die Verwaltungsbeschwerde an die Aufsichtsbehörde zulässig und gegen den Entscheid des Departements nach Artikel 97 und Artikel 98 Buchstabe b OG wiederum die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Schweizerische Bundesgericht in Lausanne.

Als eine weitere Möglichkeit nennt die Beschwerdekommission Radio/Fernsehen das Feststellungsverfahren nach Artikel 25 VwVG. Ein solches Verfahren ist dann gegeben, wenn eine Einzelperson oder Vereinigung im Zusammenhang mit einer ausgestrahlten Sendung ein subjektives Recht geltend macht und ein schutzwürdiges Interesse nachweist (Peter Saladin: Das Verwaltungsverfahrensrecht des Bundes, Basel 1979, S. 96). So beschwerte sich die Schweizerische Ärzteorganisation gegen die vom Fernsehen DRS am 7. April 1978 verbreitete Sendung «Arztgehilfinnenausbildung» und verlangte eine Gegendarstellung. Dazu nahm die Kommission wie folgt Stellung: «Mit der Forderung nach Gegendarstellung gehen die Ärzte von der Voraussetzung aus, ihnen stände ein subjektives Recht zu. Mithin verlangen die Ärzte von der zuständigen Behörde die Feststellung des Bestehens bzw. Nichtbestehens eines Rechts. Eine solche Feststellung stellt nach Artikel 5 Absatz l Buchstabe c VwVG eine Verfügung dar. In dieser Beziehung ist demzufolge das Vorliegen einer Aufsichtsbeschwerde
zu verneinen und ein Feststellungsverfahren im Sinne von Artikel 25 VwVG anzunehmen. Weiter stellt der entsprechende Entscheid der Aufsichtsbehörde seiner rechtlichen Natur nach eine Verfügung dar» (Bericht der Beschwerdekommission vom 11. Dez. 1979 zur Sendung des Fernsehens DRS vom 7. April 1978 «Arztgehilfinnenausbildung» im Rahmen des Kassensturz, S. 2 f., in: Jahresbericht a. a. 0.).

Verwaltungsbeschwerde und Feststellungsverfahren stellen indessen Ausnahmen dar. Die überwiegende Mehrheit der Eingaben richtet sich gegen ausgestrahlte Sendungen und macht eine Verletzung der in Artikel 13 Absatz l der Konzession SRG niedergelegten Programmvorschriften geltend. Der Streit dreht sich also darum, ob eine von der SRG durchgeführte Sendung diesen Qualitätsanforderungen genügt. Aus verfahrensrechtlicher Sicht stellt sich somit die Frage, «ob die Anordnung des Programmdienstes, dass eine bestimmte Sendung zu veranstalten sei, eine Verfügung im Sinne von Artikel 5 VwVG darstelle» 112

(BGE 104 I b 244). Laut Bundesgericht trifft dies nicht zu. Durch die Veranstaltung einer bestimmten Sendung werde nicht ein verwaltungsrechtliches Verhältnis zwischen der SRG und den Hörern und Zuschauern oder den Inhabern einer Empfangskonzession in verbindlicher Weise geregelt. Dadurch würden eigentliche Rechte Privater der SRG als Behörde gegenüber weder begründet noch geändert. Auch werde nicht das Bestehen oder Nichtbestehen oder der Umfang solcher Rechte festgestellt (BGE 104 I b 245). Bei der Ansetzung einer Sendung handelt es sich vielmehr um eine organisatorische Vorkehr, der nicht der Charakter einer Verfügung zukommt (vgl. dazu Fritz Gygi: Über die anfechtbare Verfügung, in: Berner Festgabe zum schweizerischen Juristentag 1979, Bern,S. 523). Zum gleichen Schluss kommt man auch, wenn man nicht wie das Bundesgericht von der Anordnung eines Beitrags, sondern von der Sendung selber ausgeht; denn es ist offensichtlich, dass eine Sendung nicht die Merkmale einer Verfügung aufweist. Gestützt auf diese Überlegungen sind diese Eingaben als Aufsichtsbeschwerde im Sinne von Artikel 71 VwVG zu qualifizieren.

In der Eigenart der Aufsichtsbeschwerde liegen die Mängel des heutigen Verfahrens begründet. Sie kann form- und fristlos ergriffen werden und gewährt dem Anzeiger keinen Erledigungsanspruch (vgl. zur Aufsichtsbeschwerde Saladin a. a. O., S. 244 f.). Die Programmbeschwerde in der Form der Aufsichtsbeschwerde ist somit formell nicht geregelt. Der Ausweg, die Verfahrensvorschriften des VwVG für anwendbar zu erklären, erweist sich als nicht zweckmässig.

Das VwVG ist auf den subjektiven Rechten und dem Begriff der Verfügung aufgebaut. Wie oben dargelegt, geht es aber im vorliegenden Bereich in der Regel weder um subjektive Rechte, noch liegt eine Verfügung vor. Anderseits vermag die heutige Formlosigkeit auch nicht zu befriedigen. Sie gewährt dem Anzeiger einerseits keinen Erledigungsanspruch. Anderseits birgt sie die Gefahr in sich, dass die unabhängige Beschwerdeinstanz, will sie ihre Aufgabe sorgfältig erfüllen (vgl. dazu Ziff. 21), von einer Fülle an Beschwerden überschwemmt und ihre Arbeit dadurch in Frage gestellt wird. Selbst wenn die Motion dies nicht ausdrücklich verlangt, ist es deshalb gerechtfertigt, das Verfahren einer gewissen Formalisierung zuzuführen, ohne dabei die Einreichung von Beschwerden allzusehr zu erschweren.

2

Besonderer Teil

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Funktion

Das Beschwerdewesen, bei dem es nicht wie beim ordentlichen Beschwerdeverfahren (vgl. dazu Saladin a. a. O., S. 15 ff.) um Rechte und Pflichten des Bürgers geht (vgl. Ziff. 122), erfüllt verschiedene Funktionen: - Auf die Probleme der Programmaufsicht durch die Verwaltung haben wir hingewiesen (Ziff. 121). Aus dieser Sicht hat die Einsetzung einer unabhängigen Beschwerdeinstanz der Gefahr einer unstatthaften Einflussnahme durch die Exekutive vorzubeugen.

- Die Beschwerdeinstanz soll als mediengerechtes Mittel neben der sog. Trägerschaft und der Publikumsforschung den «Dialog» zwischen Publikum und Veranstaltern verbessern und dadurch im Interesse der Allgemeinheit die Erfüllung der Aufgaben durch Radio; und Fernsehen erleichtern.

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- Sie soll ferner einerseits zur rechtskonformen und der schweizerischen Demokratie und der pluralistischen Gesellschaft entsprechenden Vermittlung informativer, kultureller und unterhaltender Inhalte beitragen; damit leistet sie eine wichtige Hilfe zur Gewährleistung eines volksverbundenen und volksnahen Rundfunks. Anderseits kommt ihr die Aufgabe zu, die Veranstalter und die Programmschaffenden vor ungerechtfertigten Angriffen zu schützen.

- Weiter soll die Instanz dazu dienen, die in einer demokratischen und pluralistischen Gesellschaft unausweichlichen Meinungsdifferenzen zwischen Rundfunk und Teilen der Öffentlichkeit besser zu bewältigen.

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Rechtsgrundlage

Die Motion Guntern fordert den Bundesrat auf, eine unabhängige Beschwerdeinstanz zu schaffen. Sie geht somit von der Annahme aus, dass dem Bundesrat bereits das Recht zusteht, ein solches Organ einzusetzen. Diese Auffassung trifft indessen nicht zu. Kein Gesetz ermächtigt den Bundesrat, eine unabhängige, mit Entscheidbefugnissen ausgestattete Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen einzusetzen. Dazu braucht es eine formelle gesetzliche Grundlage (vgl.

dazu BGE 104 I a 440 ff.). Sie soll mit vorliegendem Bundesbeschluss geschaffen werden.

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Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln

Artikel l : Aufgaben der Beschwerdeinstanz Artikel l umschreibt die Aufgabe der unabhängigen Beschwerdeinstanz und nimmt eine erste Abgrenzung zwischen der Zuständigkeit dieser Instanz und derjenigen der Aufsichtsbehörde vor.

Diese Bestimmung hält entsprechend dem Begriff des Beschwerdewesens (Ziff. 112.1) fest, dass die Instanz nicht von sich aus tätig werden kann, sondern nur auf Veranlassung Dritter. Die Wendung «anstelle des EVED» hat informativen Charakter. Sie bringt klar zum Ausdruck, dass die Aufsichtsbehörde von der Erledigung bisheriger Aufsichtsbeschwerden befreit ist. Weiter bilden nur ausgestrahlte Sendungen Gegenstand der Überprüfung. Damit wird die Zensur im klassischen Sinne als präventiver und hoheitlicher Eingriff eines staatlichen Organs (Hans W. Kopp: Information in der Demokratie, Zürich 1976, S. 120 ff.)

ausgeschlossen. Zudem macht «Sendungen» zusammen mit der Umschreibung «Beanstandungen» klar, dass gegen Verfügungen der Veranstalter weiterhin der ordentliche Beschwerdeweg gemäss VwVG offensteht. Somit fallen Fälle wie «Vigilance» (BGE 971 731) aus der Zuständigkeit der Beschwerdeinstanz. Dafür bleibt die Aufsichtsbehörde zuständig.

Artikel 2: Aufgaben der Aufsichtsbehörde Auszugehen ist von der Tatsache, dass die Veranstalter ihre Programmtätigkeit aufgrund einer Konzession des Bundesrates (Art. 14 Abs. l der Verordnung l zum TVG; SR 784.101) oder des EVED (Art. 3 Abs. l der Kabelrundfunk-Verordnung; SR 784.401) wahrnehmen. Diese Konzession schreibt vor, wie diese 114

Aufgabe zu erfüllen ist. Mit deren Erteilung entsteht der Verwaltung die Pflicht, die Einhaltung der Vorschriften zu überwachen (BGE 93 I 231). Somit bleibt die ex-officio-Kontrolle der Aufsichtsbehörde bestehen. Liesse man aber diese Aufsicht unverändert, würden zwei voneinander unabhängige und Instanzenmassig gleichgestellte Organe die nämlichen Sachverhalte unter demselben Recht beurteilen. Dies könnte dazu führen, dass sowohl Aufsichtsbehörde als auch die Beschwerdeinstanz gleichzeitig die gleiche Sendung untersuchen und zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen gelangen. Weiter ist denkbar, dass die aufsichtsführende Verwaltungsinstanz eine Sendung nach Beurteilung durch die Beschwerdeinstanz wieder aufgreift. Solche Fälle wären aus der Sieht der Rechtssicherheit problematisch und könnten zu unzukömmlichen Doppelspurigkeiten führen. Deshalb ist es notwendig, die Art der Programmaufsicht der Verwaltung im Verhältnis zur Beschwerdeinstanz möglichst klar zu regeln. Artikel 2 Absatz 2 tut dies, indem er der Aufsichtsbehörde zur Wahrnehmung ihrer Programmaufsicht zwar keine Entscheidkompetenz einräumt (Art. 1), ihr aber das Recht gibt, Sendungen bei der Beschwerdeinstanz zu beanstanden. Zudem nimmt Artikel 2 Absatz l, ähnlich wie dies Artikel 100 Buchstabe a OG im Verhältnis Bundesgericht-Bundesverwaltung tut, i die Beurteilung von Sendungen unter dem Aspekt der Staatsgefährlichkeit aus der Zuständigkeit der Beschwerdeinstanz. Solche Fälle verbleiben in der Kompetenz der Aufsichtsbehörde. Diese Ausgliederung nimmt man deshalb vor, weil in diesen Angelegenheiten nicht nur rechtliche Überlegungen im engeren Sinne, sondern ebenfalls politische Momente eine gewichtige Rolle spielen.

Zudem verweisen wir; was die Programmaufsicht durch die Verwaltung angeht, auf Artikel 22 und die Erläuterungen dazu in Ziffer 23.

Artikel 3: Mitglieder, Wahlbehörde, Amtsdauer Mit neun Mitgliedern sehen wir ein zahlenmässig kleines Gremium vor. Dafür spricht vor allem die Erfahrung, dass kleinere Gremien wirksamer und schneller arbeiten, und der Raschheit des Entscheidens kommt gerade im Beschwerdewesen besondere Bedeutung zu.

Die Motion Guntern will, dass der Bundesrat die Beschwerdeinstanz schafft.

Diesem Gedanken trägt der Absatz 2 Rechnung. Daraus ergibt sich auch, dass Artikel 8 Absatz 2 den Bundesrat als
Aufsichtsbehörde nennt.

Artikel 4: Wahlfähigkeit Die Motion Guntern fordert eine von der Verwaltung und den Veranstaltern unabhängige Instanz. Die Unabhängigkeit von den Veranstaltern wird im Motionstext zwar nicht ausdrücklich gefordert, es besteht aber kein Zweifel darüber, dass diese Vorstellung der Motion zugrunde liegt. Dieses Anliegen verwirklicht der Bundesbeschluss unter anderem im Absatz 2.

Das Erfordernis «Landes-» statt «Amtssprachen» wählten wir deshalb, weil Radio und Fernsehen auch Sendungen in romanischer Sprache ausstrahlen. Zudem darf für die Zukunft eine Zunahme solcher Beiträge erhofft werden, falls die drahtlose Verbreitung lokal/regionaler Programme erlaubt werden sollte.

Aus der Sicht der Staatsunabhängigkeit wäre auch ein übergewichtig aus Parlamentariern zusammengesetztes Gremium problematisch; denn Radio und Fern-

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sehen berichten auch in grossem Umfang über die Tätigkeit der eidgenössischen Räte. Deshalb wird die Zahl der Mitglieder, die gleichzeitig der Bundesversammlung angehören können, in Absatz 3 auf drei beschränkt.

Artikel 6: Sekretariat Soll die unabhängige Beschwerdeinstanz ihrer Aufgabe gerecht werden, so muss sie über eine eigene und genügende administrative Infrastruktur verfügen. Dies hat sich im Zusammenhang mit der konsultativen Beschwerdekommission Radio und Fernsehen eindeutig gezeigt, die als ihre Hauptschwierigkeit die heute mangelhafte Dotierung des Sekretariats bezeichnet. Dazu der Präsident der Kommission, Herr Oskar Reck, in seinem Jahresbericht: «Wenn dann überdies erhebliche Zeit verstrich, bis die von der Kommission formulierten Anträge vom Departement sanktioniert waren und an die Beschwerdeführer und die Öffentlichkeit gelangten, hing dies mit dem minimalen Sekretariatsbestand im EVED zusammen. Sollte es, wovon in diesem Bericht noch die Rede sein wird, zur Schaffung einer nicht nur faktisch, sondern auch juristisch unabhängigen Beschwerdeinstanz kommen, wird das Parlament sie mit einer ausreichenden administrativen Infrastruktur zu dotieren haben. Sonst werden auch künftig zeitliche Verzögerungen nicht ausbleiben» (Bericht des Präsidenten, S. 2, in: Jahresbericht a. a. O.).

Dem Sekretariat werden nicht nur rein administrative Funktionen zukommen.

Gerade weil die Instanz aus nebenamtlichen Mitgliedern zusammengesetzt wird, benötigt sie für eine wirksame Tätigkeit die Hilfe qualifizierter Mitarbeiter (Instruktion, Abklärung rechtlicher und publizistischer Fragen, Redaktion der Entscheide).

Allerdings soll das Sekretariat klein bleiben. Für den Anfang sind ein qualifizierter Sekretär und eine Schreibkraft vorgesehen. Bei ausgewiesenem Bedarf sollte das Sekretariat um eine Personaleinheit erweitert werden können.

Dieser Personalbedarf beruht auf den Erfahrungen mit der konsultativen Beschwerdekommission. Ein Jurist arbeitet heute auf der Basis eines Praktikantenoder Expertenvertrags zu 50 Prozent für die Kommission. Zudem widmet der Leiter des Radio- und Fernsehdienstes des Generalsekretariates (GS)/EVED, der die Funktion des Sekretärs wahrnimmt, 20 Prozent seiner Arbeitszeit der Kommission. Weiter kommen die Schreibarbeiten hinzu, und eine Beamtin des GS/EVED befasst sich mit
den Protokollen. Die zu schwache personelle Dotierung hat in Extremfällen dazu geführt, dass von der Einreichung der Aufsichtsbeschwerde bis zur Überweisung des Berichts an den Anzeiger mehr als ein Jahr verstrich. Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses dieser Botschaft waren rund siebzig Eingaben hängig. Dies zeigt, dass der heutige Personalaufwand keineswegs genügt. Man muss auch damit rechnen, dass die Zahl der Eingaben bei der Einsetzung der unabhängigen Beschwerdeinstanz zunehmen wird. Eine solche Entwicklung war bereits bei der Schaffung der beratenden Kommission zu beobachten.

Artikel 7: Unabhängigkeit Neben Artikel 4 Absätze 2 und 3 stellt Artikel 7 die eigentliche Vorkehr dar, die Unabhängigkeit zu gewährleisten. Das Gremium wird in seinen Entscheiden 116

ausschliesslich dem Gesetz unterstellt. Hingegen unterliegt die Beschwerdeinstanz ähnlich wie das Bundesgericht (Art. 21 Abs. l OG: Aufsicht der Bundesversammlung) der administrativen Aufsicht des Bundesrates (Art. 8 Abs. 2).

Artikel 8: Administrative Zuordnung Die administrative Zuweisung an das EVED bezieht sich insbesondere auf das Personal- und Finanzwesen der Beschwerdeinstanz, das aus Gründen der Zweckmässigkeit dem GS übertragen wird. Diese Lösung hat Übergangscharakter für die Dauer der Gültigkeit des Bundesbeschlusses.

Artikel 9: Entschädigungen Für die Entschädigung der Mitglieder wird die Verordnung über die Entschädigung für Kommissionsmitglieder, Experten und Beauftragte (SR 172.32) massgebend sein.

Artikel 10: Kosten Die Kosten der Beschwerdeinstanz1 (vgl. dazu Ziff. 31) gehen zu Lasten des Bundes. Die erforderlichen Kredite werden im Voranschlag der Eidgenossenschaft eingestellt.

Artikel 14: Legitimation Die Beanstandung soll grundsätzlich den Charakter einer Popularbeschwerde beibehalten. Im Interesse des Zuhörers und Zuschauers (Erledigung) sowie der Praktikabilität soll sie aber trotzdem einer gewissen Formalisierung zugeführt werden (vgl. dazu Ziff. 122). Dazu gehört die Regelung der Legitimation.

Der Charakter einer Popularbeschwerde verbietet aber, die Legitimation an zu hohe Voraussetzungen zu knüpfen. Undenkbar wäre etwa, die Legitimation analog dem ordentlichen Verwaltungsbeschwerdeverfahren (Art; 48 VwVG) zu umschreiben.

Für die Legitimation schlagen wir Ihnen eine ähnliche Lösung vor, wie sie Österreich seit 1974 kennt. Das Bundesgesetz vom 10. Juli 1974 über die Aufgaben und die Einrichtung des Österreichischen Rundfunks (RFG; in: Bundesgesetzblatt 397/1974) sieht in Artikel 25 ff. die Kommission zur Wahrung des Rundfunkgesetzes vor. Sie hat eine ähnliche Stellung wie die unabhängige Beschwerdeinstanz. Die Kommission ist unter anderem auch zuständig für Programmbeanstandungen; die Erfahrungen werden insgesamt positiv beurteilt (Karl Korinek: Landesbericht Österreich, in Rundfunkorganisation und Kommunikationsfreiheit, a.a.O., S. 210). Nach Artikel 27 Absatz l und Absatz 2 RFG ist eine Person legitimiert, Beschwerde zu führen, wenn sie behauptet, durch eine Rechtsverletzung unmittelbar geschädigt zu sein oder wenn sie Inhaber einer Rundfunk-Hauptbewilligung (entspricht
unserer Empfangskonzession) ist und von mindestens 500 weiteren Inhabern (Unterschriften) einer solchen Bewilligung unterstützt wird.

Artikel 14 nennt für Einzelpersonen ebenfalls Unterschriften als Legitimationsvoraussetzung. Weil uns aber die Zahl 500 als viel zu hoch erscheint und nicht alle Hörer und Zuschauer Inhaber einer Empfangskonzession sind, sieht Artikel 14 lediglich 20 Unterschriften vor und verzichtet auf das Erfordernis «Emp117

fangskonzession». Um zu verhindern, dass Kinder von den Inhabern der elterlichen Gewalt für die Unterschriften beigezogen werden, verlangt Artikel 14 weiter das Mindestalter von 18 Jahren. Zudem soll eine Einzelperson auch ohne Unterschriften zur Beanstandung berechtigt sein, wenn sie eine besonders enge Beziehung zum Sendegegenstand nachweist. Das gleiche gilt für Vereinigungen und Behörden. Vereinigungen, die sich aufgrund ihrer Statuten besonders mit den elektronischen Medien befassen, soll eine erweiterte Legitimation zukommen (Bst. c). Diese Bestimmung findet ihre Begründung in der Annahme, dass solche Vereinigungen über ein besonders medienspezifisches Wissen verfügen und nicht nur die Auffassung einzelner Hörer und Zuschauer, sondern ganzer Publikumsteile vertreten. Eine derartige Lösung kennt beispielsweise auch das Natur- und Heimatschutzrecht (vgl. dazu Art. 12 Abs. l des Bundesgesetzes über den Natur- und Heimatschutz; SR 451).

Artikel 15: Beanstandung Dieser Artikel enthält ein unabdingbares Minimum von Formvorschriften. Sie sind so angelegt, dass sie auch von einer Privatperson ohne unzumutbaren Aufwand erfüllt werden können.

Die Frist von drei Monaten für Beanstandungen gegen mehrere Sendungen hängt mit Artikel 20 zusammen, der eine viermonatige Aufbewahrungspflicht verlangt.

Artikel 16: Eintreten Artikel 16 bildet die logische Folge der vorhergehenden Vorschriften. Man verlangt von den «Anzeigern» eine Vorleistung, gewährt ihnen aber dafür - im Gegensatz zur Aufsichtsbeschwerde nach Artikel 71 VwVG - einen Erledigungsanspruch.

Absatz 2 setzt einen erstinstanzlichen Entscheid des lokal/regionalen Veranstalters voraus. Welches Organ des entsprechenden Veranstalters dafür kompetent ist, braucht nicht besonders geregelt zu werden. Man wird sich auf die veranstalterinterne Zuständigkeitsregelung stützen können. Diese Bestimmung soll einer Überbelastung der Beschwerdeinstanz entgegenwirken, falls in Zukunft vermehrt eigene, lokal/regionale Rundfunkprogramme ausgestrahlt werden.

Artikel 17: Umfang der Prüfung Artikel 17 macht zusammen mit Artikel l deutlich, dass nur Sendungen, nicht aber das betriebliche und finanzielle Gebaren der Veranstalter Gegenstand der Überprüfung ist. Weiter dürfen die Sendungen ausschliesslich dahingehend untersucht werden, ob sie mit den Programmvorschriften
(z. B. Art. 13 Abs. l Konzession SRG) übereinstimmen, nicht aber, ob sie den finanz- und betriebsrechtlichen Vorschriften entsprechen (z. B. Art. 22 Abs. 3 Konzession SRG: sparsame und wirtschaftliche Verwendung der Mittel). Gleichzeitig nimmt Artikel 17 die Abgrenzung zu anderen Entscheidinstanzen vor. Für die Verletzung von Recht, das nicht zum eigentlichen Rundfunkrecht gehört (z. B. Strafrecht), bleiben die ordentlichen Gerichte und die entsprechenden Verwaltungsbehörden zuständig.

«Rechtsverbindliche» Vorschriften will signalisieren, dass die Einhaltung veranstalterinterner Programmvorschriften (z. B. Richtlinien vom 13. September 1968, 118

der SRG für die Informationssendungen an Radio und Fernsehen revidiert am I.Mai 1979) nicht überprüft wird. : . · Artikel 18: Schlichtung Die Schlichtung entspricht besonders der Funktion der Beschwerdeinstanz, den Dialog zwischen Veranstaltern und Hörern und Zuschauern zu verbessern. Sie basiert auf der Idee des Gesprächs, das geeignet ist, Verständnis zu wecken und Missverständnisse zu beseitigen. Zudem dürfte sie die Instanz entlasten, wenn sich der Veranstalter bereiterklärt, von sich aus in einer dem Anzeiger genehmen Form zu reagieren (z. B. Berichtigung).

Artikel 18 ist als Kann-Vorschrift ausgestaltet. Damit liegt es im Ermessen des Präsidenten, im Einvernehmen mit den Anzeigern die Schlichtung einzuleiten.

Das Einvernehmen ist notwendig, um rasche Entscheide erwirken zu können.

Artikel 20: Aufzeichnungs- Aufbewahrung!- und Auskunftspflicht Diese Vorschrift schafft die notwendige Voraussetzung für die Arbeit der Beschwerdeinstanz. Dabei sind wir uns bewusst, dass die Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht mit einem erheblichen personellen und finanziellen Aufwand seitens der Veranstalter verbunden ist. Die zeitliche Dauer der Aufbewahrung .darf .deshalb nicht zu lange sein. Anderseits muss sie so angesetzt .werden, dass auch Beanstandungen gegen mehrere Sendungen möglich bleiben und die Einhaltung der Ausgewogenheit überprüft werden kann, die sich nach der bisherigen Praxis der beratenden Beschwerdekommission «in der Regel nicht auf einen einzelnen Beitrag bezieht, sondern auf eine Mehrzahl vergleichbarer Sendungen über einen dem Thema angepassten Zeitraum» (Bericht der Beschwerdekommission Radio/Fernsehen vom 23. Mai 1980 zur Sendung des Radios DRS vom 30. Septernber 1979 «Staatsschutz» im Rahmen des Regionaljournals, S. 3 f., in: Jahresbericht a. a. 0.).

Die Aüskunftspflicht wird durch den Hinweis auf Artikel 16 VwVG eingeschränkt. Dieser Artikel räumt unter anderem in Absatz 3 den Redaktoren, Mitarbeitern und Programmverantwortlichen von Radio und Fernsehen sowie ihren Hilfspersonen das Recht ein, das Zeugnis über Inhalt und Quelle ihrer Informationen zu verweigern.

Artikel 21: Entscheid Nach Artikel 17 prüft die Beschwerdeinstanz, ob eine oder mehrere Sendungen rechtsverbindliche Vorschriften über die Gestaltung von Programmen verletzt haben. Artikel 21 stellt die logische Folge
dieser Bestimmung dar.

Artikel 22: Massnahmen Artikel 22 beantwortet in Verbindung mit Artikel 21 die strittige Frage, ob die Instanz nur Feststellungsurteile fällen kann oder ob sie auch das Recht haben soll, Massnahmen anzuordnen.

Die Befürworter von Feststellungsentscheiden meinen, dass die Massnahmenkompetenz zu einer Vermischung der Kompetenzen und Verantwortlichkeiten der Aufsichtsinstanz mit denjenigen des Veranstalters führt.

119

Sie befürchten ausserdem, das Recht auf Anordnung von Massnahmen beeinträchtige die Gestaltungsfreiheit. Die Befürworter der Befugnis zu Massnahmen hingegen glauben, erst diese Möglichkeit mache die Instanz zu einem wirkungsvollen Instrument.

Artikel 22 schlägt einen Mittelweg im Sinne eines abgestuften Verfahrens vor.

In einer ersten Phase stellt die Instanz fest, ob Programmvorschriften verletzt worden sind. Sollte dies zutreffen, hat der Veranstalter innert einer angemessenen Frist Vorkehren zu treffen, um die Rechtsverletzung zu beheben oder künftig ähnliche Verstösse zu vermeiden. In einer zweiten Phase hat die Beschwerdeinstanz das Recht, der Aufsichtsbehörde geeignete Massnahmen zu beantragen. Somit bleibt das Anordnen von Massnahmen und deren Durchsetzung Sache der Aufsichtsbehörde. Voraussetzung hiefür bleibt aber der Feststellungsentscheid der Beschwerdeinstanz.

«Vorkehren» bringt zum Ausdruck, dass seitens des Veranstalters unterschiedliche Schritte unternommen werden können. Denkbar ist beispielsweise die Ermahnung und die «Gegendarstellung».

Artikel 24: Verfahrenskosten Für die Kosten des Verfahrens haben wir die Regelung übernommen, wie sie heute gemäss Artikel 10 der Verordnung über Kosten und Entschädigungen im Verwaltungsverfahren (SR 172.041.0) für die Aufsichtsbeschwerde gilt. Somit ist das Verfahren für die «Parteien» kostenlos. Nur in bestimmten Ausnahmefällen soll es möglich sein, Kosten aufzuerlegen.

Artikel 25: Weiterziehung Entscheide der Beschwerdeinstariz können allenfalls Feststellungsverfügungen im Sinne von Artikel 5 Absatz l Buchstabe b VwVG darstellen. Unter diesen Voraussetzungen soll deshalb die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nach Artikel 97 ff. OG möglich sein. Wann die Erfordernisse einer Verfügung erfüllt sind, muss die Praxis weisen.

Dass auch gegen die Massnahmen der Aufsichtsbehörde diese Beschwerdemöglichkeit besteht, braucht nicht eigens erwähnt zu werden. Sie ist aufgrund von Artikel 97 und Artikel 98 Buchstabe b OG ohnehin gegeben.

Artikel 26: Änderungen bisherigen Rechts Wie schon erwähnt, handelt es sich bei der im Bundesbeschluss erfassten Beanstandung um eine Art formalisierte Aufsichtsbeschwerde. Im besonderen wird nicht nur eine Instanz eingesetzt, sondern das an sich formlose Aufsichtsbeschwerdeverfahren speziell geregelt. Um dies klarzustellen
und um jegliche Zweifel darüber auszuschliessen, dass nicht etwa ein eigentliches Verwaltungsbeschwerdeverfahren normiert wird, auf das das VwVG ergänzend anzuwenden wäre, erscheint eine Ergänzung des VwVG im Sinne des Artikels notwendig.

Weiter ist zu beachten, dass beim Inkrafttreten des Bundesbeschlusses Artikel 28 der Konzession SRG geändert werden muss. Dieser Artikel erklärt das EVED für Programmbeanstandungen zuständig und erlaubt ihm, dafür eine konsultative Beschwerdekommission einzusetzen. Ein entsprechender Hinweis

120

ist indessen im Bundesbeschluss nicht notwendig. Artikel 30 Absatz 2 der Konzession SRG gibt der Konzessionsbehörde bereits heute das Recht, einzelne Bestimmungen unabhängig von der Dauer der Konzession abzuändern, wenn die rechtlichen Verhältnisse sich ändern.

3

Finanzielle und personelle Auswirkungen

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Finanzielle Auswirkungen für Bund, Kantone und Gemeinden

Die Kosten gehen grundsätzlich zu Lasten des Bundes. Für Kantone und Gemeinden ergeben sich keine finanziellen Auswirkungen.

311

Einmalige Kosten

Büromobiliar Büromaschinen, Geräte

Fr.

11 500 4 500 16000

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Jährlich wiederkehrende Kosten

Miete der Büroräume Druckerzeugnisse, Papier, Bürobedarf Besoldungen für drei Arbeitskräfte (Löhne, Sozialleistungen) Entschädigungen (Präsident und Mitglieder, Experten) Verwaltungsauslagen Ersatz von Auslagen, Reisespesen

Fr.

15 000 5 000 210 000 85 000 4 000 l 000 320 000

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Personelle Auswirkungen

Das Sekretariat der Beschwerdeinstanz (vgl. dazu Ziff. 23, die Erläuterungen zu Art. 6) ist für seine Aufgaben sparsam konzipiert. Im Endausbau dürften drei Arbeitskräfte benötigt werden.

Die Personalsituation im EVED und insbesondere beim GS erlaubt es nicht mehr, die benötigten drei Stellen aus eigenen Mitteln freizustellen. Das zugeteilte Stellenkontingent ist wegen des ständig wachsenden Arbeitsanfalles in den Bereichen Energie, Verkehr und Radio/Fernsehen ausgeschöpft. Zudem stehen aus der Bewirtschaftung der strukturellen Vakanzen des EVED ebenfalls keine Stellen für diese Aufgabe zur Verfügung.

Wir beantragen deshalb in Artikel 27 die Zuteilung von 3 Stellen für die unabhängige Beschwerdeinstanz.

6 Bundesblatt. 133. Jahrg. Bd. III

121

4

Richtlinien der Regierungspolitik

Der Verfassungsartikel über Radio und Fernsehen, der in Absatz 4 eine unabhängige Beschwerdeinstanz vorsieht, bildet einen Schwerpunkt der Richtlinien für die Regierungspolitik in der Legislaturperiode 1979-1983. Mit Beschluss vom 12. Dezember 1980 haben die eidgenössischen Räte den Bundesrat beauftragt, unverzüglich und ohne Rücksicht auf den zeitlichen Verlauf der Verfassungsvorlage eine Staats- und verwaltungsunabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen zu schaffen.

5

Verfassungsmässigkeit

Die Verfassungsmässigkeit ist dann gegeben, wenn man die Zuständigkeit des Bundes für den Programmbereich von Radio und Fernsehen bejaht. Das Bundesgericht vertritt die Meinung, der Bund habe das Recht, nicht nur den technischen Bereich, sondern auch programmliche Belange zu ordnen (vgl. BGE 971 731, BGE PS I a 73 und insbesondere BGE 104 I b 239). In seinem neuesten Entscheid vom 17. Oktober 1980 hat das Bundesgericht diese Praxis bestätigt (vgl. zu dieser Frage auch die Botschaft vom 1. Juni 1981 über den Radio- und Fernsehartikel; BB1 1981II 885).

7926

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Bundesbeschluss über die unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen

Entwurf

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 36 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 8. Juli 1981 ^, beschliesst: 1. Abschnitt: Zuständigkeit Art. l Aufgaben der Beschwerdeinstanz Die Beschwerdeinstanz entscheidet anstelle des Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartementes (Departement) Beanstandungen über ausgestrahlte Radio- und Fernsehsendungen schweizerischer Veranstalter.

Art. 2 Aufgaben der Aufsichtsbehörde 1 Das Departement prüft weiterhin von Amtes wegen, ob Sendungen die innere oder äussere Sicherheit des Bundes oder der Kantone, ihre verfassungsmässige Ordnung oder die völkerrechtlichen Beziehungen gefährden, und trifft die erforderlichen Massnahmen.

2 Im übrigen kann es Sendungen bei der Beschwerdeinstanz beanstanden.

2. Abschnitt: Organisation Art. 3 Mitglieder, Wahlbehörde, Amtsdauer 1 Die Beschwerdeinstanz besteht aus einem Präsidenten, Vizepräsidenten und sieben weiteren Mitgliedern, die alle nebenamtlich tätig sind.

2 Der Bundesrat wählt die Mitglieder für die Dauer von vier Jahren.

Art. 4 Wahlfähigkeit 1 In die Beschwerdeinstanz kann jeder stimmberechtigte Schweizer Bürger gewählt werden.

2 Mitglieder des Bundesrates und von ihm gewählte Beamte, Mitglieder von Organen der Veranstalter und Personen, die in einem Anstellungsverhältnis zu einem Veranstalter stehen, sind nicht wählbar. Bei der Wahl ist darauf zu achten, dass alle Landessprachen vertreten sind.

, ; . , ') BEI 1981 III 105

123

Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen 3 Der Beschwerdeinstanz dürfen nicht mehr als drei Mitglieder der Bundesversammlung angehören.

Art. 5 Präsidium Der Präsident leitet die Geschäfte der Beschwerdeinstanz und führt den Vorsitz.

Art. 6 Sekretariat 1 Die Beschwerdeinstanz verfügt über ein Sekretariat. Sie legt dessen Aufgaben in einem Reglement fest.

2 Der Präsident stellt das Sekretariatspersonal an. Vor der Anstellung des Sekretärs hört er die übrigen Mitglieder an.

3 Für Stellung, Rechte und Pflichten des Sekretariatspersonals gilt die Beamten^ gesetzgebung des Bundes.

Art. 7 Unabhängigkeit Die Beschwerdeinstanz und das Sekretariat sind in ihrer Tätigkeit an keine Weisungen von Parlament, Bundesrat, Verwaltung und Veranstaltern gebunden.

Art. 8

Administrative Zuordnung

1

Die Beschwerdeinstanz ist administrativ dem Departement zugeordnet.

2 Sie untersteht in ihrer Geschäftsführung der Aufsicht des Bundesrates und erstattet ihm alljährlich über ihre Tätigkeit Bericht.

Art. 9 Entschädigungen Die Mitglieder der Beschwerdeinstanz werden für ihre Tätigkeit wie Kommissionsmitglieder entschädigt.

Art. 10 Kosten Der Bund trägt die Personal- und Verwaltungskosten der Beschwerdeinstanz.

Art. 11

Sitz

Sitz der Beschwerdeinstanz ist Bern.

Art. 12 Abstimmungen 1 Die Beschwerdeinstanz ist beschlussfähig, wenn mindestens sechs Mitglieder anwesend sind. Sie fasst ihre Beschlüsse mit Stimmenmehrheit.

2 Der Präsident stimmt mit und entscheidet bei Stimmengleichheit.

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Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen

Art. 13 Amtsgeheimnis Die Mitglieder der Beschwerdeinstanz und das Sekretariatspersonal sind zur Amtsverschwiegenheit verpflichtet.

3. Abschnitt: Verfahren Art. 14 Legitimation 1 Eine Beanstandung einreichen kann a. jeder mindestens 18 Jahre alte Schweizer Bürger oder Ausländer mit Niederlassungs- oder Aufenthaltsbewilligung, wenn seine Beanstandung von weiteren 20 mindestens 18 Jahre alten Schweizer Bürgern oder Ausländern mit Niederlassungs- oder Aufenthaltsbewilligung unterstützt wird; b. jeder mindestens 18 Jahre alte Schweizer Bürger oder Ausländer mit Niederlassungs- oder Aufenthaltsbewilligung, der eine besonders enge Beziehung zum Gegenstand der beanstandeten Sendung oder Sendungen nachweist; c. jede Vereinigung, die sich nach ihren Statuten mit Medienfragen beschäftigt; d.jede Behörde und jede Vereinigung, die eine besonders enge Beziehung zum Gegenstand der beanstandeten Sendung oder Sendungen nachweist.

2 Beschwerdeführer nach Absatz l Buchstabe a müssen einen Vertreter bestimmen.

Art. 15 Beanstandung 1 Eine Beanstandung ist innert 30 Tagen seit der Ausstrahlung bei der Beschwerdeinstanz schriftlich anzubringen. Bezieht sich die Beanstandung auf mehrere Sendungen, so läuft diese Frist von der letzten beanstandeten Sendung an. Die erste der beanstandeten Sendungen darf nicht mehr als drei Monate vor der letzten zurückliegen.

2 Die Beanstandung muss die Sendung genau bezeichnen und mit kurzer Begründung angeben, welche rechtsverbindlichen Vorschriften über die Gestaltung der Programme verletzt worden sind.

Art. 16 Eintreten 1 Ist der Beschwerdeführer zur Beanstandung legitimiert und entspricht diese Artikel 15, tritt die Beschwerdeinstanz darauf ein.

2

Betrifft die Beanstandung eine oder mehrere Sendungen eines lokal/regionalen Veranstalters, so tritt die Beschwerdeinstanz erst darauf ein, wenn vorher das zuständige Organ des Veranstalters über die Beanstandung entschieden hat.

7 Bundesblatt. 133. Jahrg. Bd. III

125

Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen Art. 17 Umfang der Prüfung Die Beschwerdeinstanz prüft, ob eine oder mehrere beanstandete Sendungen rechtsverbindliche Vorschriften über die Gestaltung von Programmen verletzt haben.

Art. 18 Schlichtung Der Präsident kann im Einvernehmen mit den Beteiligten versuchen, die Beanstandung in Verhandlungen gütlich zu erledigen.

Art. 19 Stellungnahme des Veranstalters Ist die Beanstandung nicht offensichtlich unbegründet oder lässt sich die Angelegenheit nicht gütlich erledigen, so lädt der Präsident den Veranstalter zur Stellungnahme ein. Er setzt ihm dazu eine angemessene Frist.

Art. 20 Aufzeichnungs-, Aufbewahrungs- und Auskunftspflicht 1 Die Veranstalter müssen alle Sendungen aufzeichnen und die Aufzeichnungen sowie alle Materialien und Unterlagen während mindestens vier Monaten aufbewahren. Ist gegen eine oder mehrere Sendungen eine Beanstandung hängig, sind die Aufzeichnungen sowie die Materialien und Unterlagen bis zum Abschluss des Verfahrens aufzubewahren.

2 Die Veranstalter müssen der Beschwerdeinstanz alle für die Ausübung ihrer Tätigkeit notwendigen Auskünfte erteilen und ihr Einsicht gewähren in die Aufzeichnungen sowie in die Materialien und Unterlagen.

Sie haben der Beschwerdeinstanz zudem eine Tonabschrift der beanstandeten Sendung oder Sendungen zur Verfügung zu stellen.

3 Artikel 16 des Verwaltungsverfahrensgesetzes[) ist anwendbar.

Art. 21 Entscheid Die Beschwerdeinstanz stellt in ihrem Entscheid fest, ob die beanstandete Sendung oder beanstandeten Sendungen rechtsverbindliche Vorschriften über die Gestaltung der Programme verletzt haben.

Art. 22 Massnahmen 1 Stellt die Beschwerdeinstanz eine Rechtsverletzung fest, so teilt sie dies dem Veranstalter mit. Der Veranstalter trifft innert angemessener Frist die geeigneten Vorkehren, um die Rechtsverletzung zu beheben oder in Zukunft gleiche oder ähnliche Rechtsverletzungen zu vermeiden. Er teilt der Beschwerdeinstanz mit, welche Vorkehren er getroffen hat.

'> SR 172.021 126

Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen

2

Hat der Veranstalter keine oder keine genügenden Vorkehren getroffen, kann die Beschwerdeinstanz dem Departement beantragen, geeignete Massnahmen zu verfügen.

Art. 23 1

Öffentlichkeit

Die Verhandlungen der Beschwerdeinstanz sind nicht öffentlich.

2

Ihre Entscheide werden in der Verwaltungspraxis der Bundesbehörden veröffentlicht.

Art. 24

Verfahrenskosten

Für mutwillige, aussergewöhnlich umfangreiche oder besonders schwierige Beanstandungen können den unterliegenden Beschwerdeführern Verfahrenskosten auferlegt werden. Sie richten sich nach den für das Verwaltungsverfahren gültigen Bestimmungen.

Art. 25

Weiterziehung

Verfügungen der Beschwerdeinstanz können mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht angefochten werden.

4. Abschnitt: Schlussbestimmungen Art. 26

Änderung bisherigen Rechts

Das Verwaltungsverfahrensgesetz1) wird wie folgt geändert: Art. 3 Bst. ebis (neu) Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf: ebis. das Verfahren über die Beanstandung von Radio- und Fernsehsendungen vor der unabhängigen Beschwerdeinstanz über Radio und Fernsehen ; Art. 27

Ausnahme vom Personalstopp

Der Personalbestand der allgemeinen Bundesverwaltung wird zugunsten des Departements in den Jahren 1982-1987 um drei Etatstellen erhöht.

Art. 28

Referendum

Dieser Beschluss ist allgemeinverbindlich; er untersteht dem fakultativen Referendum.

'' SR 172.021 127

Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen Art. 29 Inkrafttreten und Geltungsdauer 1 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

2 Er gilt bis zum Inkrafttreten eines Radio- und Fernsehgesetzes, längstens aber bis zum 31. Dezember 1987.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft über die Schaffung einer unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen vom 8.Juli 1981

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Bundesblatt

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Feuille fédérale

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Foglio federale

Jahr

1981

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

37

Cahier Numero Geschäftsnummer

81.043

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

22.09.1981

Date Data Seite

105-128

Page Pagina Ref. No

10 048 433

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