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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Finanzierung eines westschweizerischen Fernsehversuchsprogranuns (Vom 4. Mai 1954)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Veranlagst durch verschiedene Interventionen aus der Westschweiz beehren wir uns, Ihnen zur Frage der Ausdehnung des schweizerischen Fernsehversuchsbetriebes auf die Westschweiz die vorliegende Botschaft mit Beschlussesentwurf zu unterbreiten.

, 1. Der Beginn der schweizerischen Fernsehsendungen Am 5. Dezember 1951 stimmte der Nationalrat und am 31. Januar 1952 der Ständerat dem Bundesbeschluss über die Finanzierung des schweizerischen Fernsehversuchsbetriebes zu, der mit der Botschaft des Bundesrates vom,4. Juni 1951 den eidgenössischen Eäten vorgelegt worden war und folgenden Wortlaut hat: «Artikel l : Dar Bundesrat wird ermächtigt, den Fernseh-Versuchsbetrieb durch Zuwendungen bis zu 2,4 Millionen Franken zu unterstützen, wovon 0,9 Millionen Franken zu Lasten der Eechnung der PTT-Verwaltung gehen.

Artikel 2 : Dieser Beschluss tritt, als nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort -in Kraft.

Der Bundesrat ist mit dem Vollzug beauftragt.»

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Damit konnte die PTT-Verwaltung mit ihren Arbeiten am Bau und der Einrichtung des Fernsehsenders Uetliberg beginnen. Die Schweizerische Bundspruchgesellschaft stellte ihrerseits im Einvernehmen mit der PTT-Verwaltung das erforderliche Personal an und wählte einen Programmleiter, der mit seinen wichtigsten Mitarbeitern ins Ausland entsendet wurde, um sich während der ersten Monate des Jahres 1953 in mehreren Pernsehbetrieben auszubilden.

Im Studio Bellerive wurden die notwendigen Umbauten am l. März 1958 aufgenommen und die Installation der technischen Einrichtungen zum Teil vom eigenen Personal ausgeführt. Die ersten Programmsendungen konnten am 20. Juli 1958 mit einer Periode von Vorversuchen einsetzen, die bis zum 23. November 1953 dauerten. Sie dienten dazu, die technischen Einrichtungen in der Praxis zu prüfen und das Personal einzuschulen. Doch wurden schon in dieser Zeitspanne nahezu alle Programmarten versucht, die sich mit den Mitteln des Studios Bellerive durchführen Hessen, wie Dokumentarfilme, Interviews, belehrende Demonstrationssendungen, Sport Vorführungen, bunte Unterhaltungssendungen und einige kurze Theaterszenen. Manche dieser Programme konnten später wiederholt werden. Immerhin wurde vermieden, während der Sommermonate kostspielige Programme zu senden, um die beschränkten finanziellen Mittel zu schonen.

Dank dieser Vorarbeiten war der Versuchsbetrieb in der Lage, den offiziellen Beginn der Programmsendungen mit einer Fernsehwoche zu begehen, die vom 22. bis 29. November dauerte und an jedem Abend ein 1-stündiges, abwechslungsreiches Programm vermittelte.

Ihrerseits stellte die in der bundesrätlichen Botschaft vom 4. Juni 1951 vorgesehene «Eidgenössische Kommission zur Begutachtung kulturpolitischer Fernsehfragen» Eichtlinien für die Programmgestaltung auf, die seither zum Bestandteil einer Weisung des Bundesrates an die Schweizerische Bundspruchgesellschaft geworden sind. Somit konnte der Versuchsbetrieb seinen Aufgaben nachkommen, die in der bundesrätlichen Botschaft vom 4. Juni 1951 und im Ergänzungsbericht des Bundesrates vom 18. August 1951 festgelegt sind, nämlich: Erfahrungen zu gewinnen in allen entscheidenden Fragen für die Gestaltung, Auswahl, Ausarbeitung und Kosten der Programme für einen künftigen, ständigen schweizerischen Fernsehdienst.

Die Vorbereitung der
elektrischen Verkehrswege, um die einzelnen Landesteile miteinander zu verbinden. ' Die Beziehungen mit den Nachbarstaaten und gleichzeitig den Transit durch unser Land zu gewährleisten sowie unsere internen Programmquellen und Emis· sionsstellen zu erfassen.

Den künftigen Unterhalt von Sende- und Empfangsanlagen und den Störschutz zu prüfen.

Fachliche Schulung und Vorbereitung der für das schweizerische Fernsehen erforderlichen Kräfte.

853 2. Der bisherige Verlauf der schweizerischen Fernsehsendungen und ihr Verhältnis zum Ausland Unterdessen verbreitete sich das Fernsehen jenseits der Schweizer Grenzen rascher, als man ursprünglich angenommen hatte, und auch die internationalen Konferenzen, die sich mit der zwischenstaatlichen Organisation und Zusammenarbeit der europäischen Fernsehdienste befassen, folgten sich in immer kürzeren Abständen. Wurde der Ausbau der Fernsehbetriebe vorerst nur in den grossen Staaten mit erheblichen Mitteln gefördert, so.gelangte man auch in den kleineren Ländern, in denen das Fernsehen zuerst mit Vorsicht aufgenommen wurde, zur Überzeugung, dass eine solide finanzielle Grundlage geschaffen werden muss, um die Einführungszeit zu überbrücken und möglichst kurz zu gestalten, bis sich die Fernsehdienste aus eigenen Mitteln erhalten können. In dieser Hinsicht sind die Jahre 1953 und i954 von ausschlaggebender Bedeutung für die Entwicklung des internationalen Fernsehens in Europa. In Grossbritannien, Deutschland und Italien wurde der Ausbau der Femsehnetze beschleunigt. In Frankreich stimmte das Parlament im Dezember 1953 einem Plan zu, der die Schaffung eines umfassenden nationalen Fernsehnetzes für Frankreich sichert.1 In Dänemark und Holland, wo bisher nur bescheidene Versuchsbetriebe bestanden, wurden die finanziellen Mittel bereitgestellt, um 1954 den regulären Dienst in gesteigertem Umfang aufzunehmen. Der belgische Fernsehdienst nahm Ende Oktober 1953 seine Tätigkeit mit zwei Programmen in den Landessprachen auf. Schliesslich haben kommerzielle Sendegesellschaften im Saargebiet und in Monaco mit Probesendungen begonnen, und ein weiterer kommerzieller Fernsehbetrieb wurde in Grossbritannien neben dem Fernsehdienst der BBC beschlossen. Auch in mehreren volksdemokratischen Republiken sind.Fernsehsendungen im Gang oder werden für 1954 vorbereitet.

In allen europäischen Ländern setzt man sich das Ziel; Fernsehdienste zu organisieren, die sich selbst erhalten sollen. Für die bis zum Erreichen eines ausgeglichenen Budgets erforderlichen finanziellen Zuschüsse werden, den einzelnen Ländern entsprechend, verschiedene Finanzierungssysteme angewendet und gelegentlich auch kombiniert. Wo die Rundspruchorganisationen genügende Einkünfte haben, werden die notwendigen Beträge aus den, Hörergebühren abgezweigt. So
widmen die BBC in Grossbritannien bis zu 20 Prozent, der Nordwestdeutsche Rundfunk zirka 12 Prozent ihres Einkommens für den Ausbau und Betrieb ihrer Fernsehdienste, und auch die übrigen deutschen Rundfunkanstal-, ten, wie auch der italienische Rundspruch, verwenden vorläufig ihre eigenen Mittel. In Dänemark wird der Radiofonds des Staatsrundspruchs für die Schaffung eines ausreichenden Fernsehdienstes herangezogen. Die entnommenen Beträge sollen zurückbezahlt werden, sobald das Fernsehen eine aktive Rechnung aufweisen wird. In Belgien und Holland gewähren die zuständigen Ministerien mit Bewilligung der Parlamente die erforderlichen Beträge. In Belgien ist ausserdem für die Investitionen eine staatlich garantierte Anleihe vorgesehen. In Frankreich werden mehrere Finanzquellen herangezogen: Die regulären Betriebskosten sind in den vom Parlament genehmigten Budgets der zuständigen

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Ministerien enthalten, wobei auch ein Anteil aus den Rundspruch-Konzessionsgeldern entnommen wird. Für die Investitionen dürfen ausserdem staatlich garantierte Anleihen aufgelegt werden, und schliesslich leisten lokale und regionale Behörden Beiträge für manche Provinzsender und -Studios.

Dabei rechnet man überall damit, dass die wachsenden Einnahmen aus den Teilnehmergebühren und in einigen Fällen auch aus der Eeklame die jährlichen Zuschüsse bis zu ihrem vollständigen Abbau ständig verringern werden.

Einen gewissen Beitrag zur Verringerung der Kosten, der ausserdem eine Bereicherung der Programme bewirken soll, erwartet man vom internationalen Programmaustausch. Er bedeutet aber nicht nur finanzielle Vorteile für die beteiligten Fernsehorganisationen, sondern er liegt mehr noch im Interesse der Fernsehteilnehmer selbst. Er erlaubt ihnen, unmittelbar an grossen europäischen Ereignissen teilzunehmen. Im Gegensatz zu manchen Befürchtungen lässt sich der internationale Programmaustausch durchaus mit der Forderung verbinden, dem eigenen Volk nur Fernsehprogramme zu vermitteln, die seinen Anschauungen und Wünschen entsprechen. Die Fernsehorganisationen haben die freie Wahl unter den angebotenen Programmen. Ausserdem übernehmen sie in den meisten Fällen nur das Bild direkt. Die Kommentare zum Bild werden entweder am Ort des Geschehens oder sogar im Heimatstudio von den Mitarbeitern des eigenen Fernsehdienstes in der Landessprache gegeben und dabei den Bedürfnissen der Teilnehmer angepasst.

Abgesehen von dem ständig zunehmenden Austausch von aktuellen Filmberichten zwischen den Fernsehorganisationen haben, unter Mithilfe der Union Européenne de Eadiodiffusion und der zuständigen PTT-Verwaltungen, die Fernsehorganisationen der 8 Länder Belgien, Dänemark, Deutschland, Grossbritannien, Frankreich, Holland, Italien, Schweiz beschlossen, ihre Fernsehnetze durchzuschalten, um in den Monaten Juni und Juli internationale Fernsehwochen zu veranstalten. Von der Schweiz aus werden dabei unter anderem die Spiele der Welt-Fussballmeisterschaften übermittelt. Die internationalen Übertragungen sollen im Herbst 1954 in grösserem Maßstab fortgesetzt werden.

Hätte die Schweizer PTT-Verwaltung nicht rechtzeitig die anfänglich für Téléphonie vorgesehenen Höhenstationen Chasserai, Jungfraujoch und Monte Generoso mit
Apparaturen für das Fernsehen ergänzt, so wäre unser Land voraussichtlich für immer umgangen worden. Dank der rechtzeitigen Beteiligung der Schweiz an den Bestrebungen, den internationalen Transit von Fernsehprogrammen zu ermöglichen, besteht nunmehr die Aussicht, auch auf diesem Gebiete des elektrischen Nachrichtendienstes unserem Landes eine wichtige Vermittlerrolle zuzusichern, die sich auch finanziell günstig auswirken und der PTTVerwaltung eine neue Einnahmequelle verschaffen wird. Es ist eine Frage der internationalen Geltung für die Schweiz, auf dem Gebiete der technischen Fernseheinrichtungen mit dem Ausland Schritt zu halten. Leider musstan für die Asienkonferenz in Genf ausländische Begehren für direkte Fernsehübertragungen abgelehnt werden, obwohl das Fernsehen schon heute als wichtiges Informationsmittel bei internationalen Anlässen verwendet wird..

855 Auch innenpolitische Erwägungen lassen es wünschenswert erscheinen, 'dem Fernsehen Aufmerksamkeit und Unterstützung zu gewähren. Manche Grenz-..

gebiete unseres Landes werden jetzt schon zunehmend von den Sendungen benachbarter Länder bestrichen, und es liegt nahe, diese Einflüsse durch eigene Programme nach Möglichkeit auszugleichen. Die Südschweiz, wo die italienischen Programme empfangen werden können, zählt heute fast so viele Fernsehteilnehmer wie die Stadt Zürich. Diese Verhältnisse haben die Tessiner Kegierung veranlasst, in einer Eingabe an den Bundesrat ihrerseits zu fordern, dass man dem Tessin auch die schweizerischen Fernsehsendungen zugänglich machen soll, um dem wachsenden Einfluss der Fernsehsendungen von jenseits der Grenzen ein Gegengewicht bieten zu können.

Dieser über Erwarten raschen Entwicklung des Fernsehens im Ausland musa auch das schweizerische Fernsehen Eechnung tragen. Der erste Entwurf für einen Versuchsbetrieb stammt vom 12. Dezember 1950. Er wurde damals für die Dauer von 8 Jahren berechnet, wobei man den Beginn zuerst auf den Herbstl951 und dann für das Frühjahr 1952 festlegen wollte. Da der Bundesbeschluss erst am 31. Januar 1952 gefasst wurde, verzögerte sich der Beginn des Versuchsbetriebes ungefähr um ein weiteres Jahr und musste für den I.März 1953 festgesetzt werden, dem Tage, an dem die technische Fernsehequipe die Eäumlichkeiten des ehemaligen Filmstudios Bellerive bezog. In der Botschaft des Bundesrates vom 4. Juni 1951 hatte man für den Anfang mit einer Sendezeit von 2 bis 3 Stunden je Woche, nach sechs Monaten mit o und nach 1% Jahren mit 6 Wochenstunden; gerechnet. Die Erfahrungen im Ausland haben unterdessen gezeigt, dass ein Fernsehdiensfc nur dann auf Erfolg lechnen kann, wenn er den Konzessionären eine hinreichende Sendezeit zu bieten vermag, die .den Ankauf und Betrieb von Fernsehempfangsgeräten rechtfertigt. Es wäre nutzlos gewesen, die einstweilen im Ausland gemachten Erfahrungen mit einem zu stark eingeschränkten Programm in der Schweiz wiederholen zu wollen. Der, Versuchsbetrieb war deshalb gezwungen, die Verspätung einzuholen, die dadurch entstand, dass er statt im Frühjahr 1952 erst im Sommer 1953 anlaufen konnte. Die wöchentliche Sendedauer wurde schon am Anfang der offiziellen Programmsendungen Ende November 1953 auf 5 Stunden je Woche
und Anfang Februar 1954 auf 7% Stunden erhöht, und sie.soll noch im Laufe des Jahres 1954 auf 9 bis 12 Stunden ansteigen. Demnach hat der Versuchsbetrieb seine Sendezeiten viel rascher erhöht als ursprünglich geplant war. Zu dieser stark erhöhten Sendedauer kommen noch weitere Bereicherungen des Programms, wie die Anschaffung eines Eeportagewagens für Aussenübertragungen, der internationale Programmaustausch und die Einrichtung einer ständig wechselnden Filmtagesschau, die in der ursprünglichen Planung noch nicht vorgesehen werden konnten.

Die Verspätung, die dadurch entstand, dass der Betrieb erst im Sommer 1953 beginnen konnte, ist daher rasch aufgeholt worden. Dank der Entwicklung des Fernsehens in 'den Nachbarstaaten können ausserdem von dort wertvolle Erfahrungen übernommen werden, und so stellte die Kommission für Fernsehfragen

856 am 16. März 1954 an das Eidgenössische Post- und Eisenbahndepartement den Antrag, die Versuchsdauer um 5 Monate zu kürzen und somit ihr Ende auf den 30. September 1955 festzusetzen, da der Versuchszweck nicht nur voll und ganz erreicht werden wird, sondern die Verkürzung der Zeit ausserdem durch Erhöhung der wöchentlichenPrograramdauer und durch Steigerung der Leistungen mehr als aufgeholt wird.

3. Zusammenfassung der gegenwärtigen Lage Die gegenwärtige Lage stellt sich demnach kurz zusammengefasst folgender massen dar: 1. Das Studio Bellerive hat seinen Betrieb ausgestaltet, wie ursprünglich vorgesehen war. Ab Mai 1954 wird ausserdem ein Eeportagewagen in Betrieb genommen. Entsprechend der bundesrätlichen Botschaft und den von der «Eidgenössischen Kommission zur Begutachtung kulturpolitischer Pernsehfragen» ausgearbeiteten Eichtlinien fährt das Studio Bellerive fort, seine Aufgaben in erweitertem Eahmen zu erfüllen.

2. Durch die Errichtung eines provisorischen Senders auf St. Ohrischona bei Basel im April 1954 und der definitiven Sender auf dem Bantiger und der Dole zu Ende des Jahres, werden weitere Landesteile dem Fernsehen erschlossen. Ferner ist durch die Eelaisstationen auf dem Chasserai, dem Jungfraujoch und dem Monte Generoso der Anschluss an das Ausland gesichert. Schliesslich wird durch Ankauf eines zweiten Eeportagewagens und mobiler Eichtstrahlrelais die Möglichkeit geschaffen, Übertragungen aktueller Ereignisse und sonstiger Veranstaltungen aus der ganzen Schweiz auf die Fernsehsender durchzuführen. Auf diese Anschaffungen wird ein späterer Abschnitt der vorliegenden Botschaft noch zurückkommen.

3. Die Teilnehmerbewegung hat die vorausgesehenen, allerdings sehr vorsichtigen Schätzungen übertroffen. Ihre bisherige Entwicklung lässt sich aus der folgenden Tabelle ersehen: Zahl der angemeldeten Fernsehteilnehmer 30. Juni 1953 31. Juli 1953 31. August 1953 30. September 1953 31. Oktober 1953 30. November 1953 31. Dezember 1953 31. Januar 1954 28. Februar 1954 31. März 1954

'

20 44 83 193 255 394 920 1200 1458 1863

:

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Es stellt sich die Frage, ob unter diesen Umständen überhaupt noch daran gedacht werden kann, mit dem Ende der Versuchsperiode den Fernsehbetrieb in der Schweiz wieder einzustellen. In den meisten mitteleuropäischen Ländern und vor allem auch rings um unsere Grenzen nimmt das Fernsehen an Bedeutung ständig zu. Es gewinnt in weiten Gebieten Europas immer mehr an Bedeutung als Träger und Yermittler von Informationen und kulturellen Werten, wobei es in mancher Hinsicht den nationalen Eahmen sprengt und gesamteuropäischen Charakter erhalten hat. Es ist dies einer der Gründe, weshalb sich der Europarat in mehreren Eesolutionen und in speziellen Kommissionen mit der Förderung des Fernsehens befasst.

Es wird für die Schweiz kaum mehr möglich sein, sich auf diesem zunehmend wichtiger werdenden Gebiet wieder auszuschalten, ohne Einbusse an internationaler Geltung zu erleiden und sich eines wirksamen Vermittlers geistiger Werte auf nationalem und internationalem Boden zu begeben. Ausserdem wird der Empfang ausländischer Sender in beträchtlichen Grenzgebieten der Schweiz immer besser und damit wird die schon früher aufgeworfene Frage aktuell, ob es angängig ist, den ausländischen Einflüssen keine eigenen Programme entgegenstellen zu können.

Unter diesen Umständen wäre es gewiss wünschenswert, so rasch wie möglich einen allgemeinen Plan für die Weiterführung des Fernsehens in der Schweiz aufzustellen. Demgegenüber ist aber zu erwägen, dass die Sendungen aus dem Studio Bellerive vorläufig noch in voller Entwicklung begriffen sind und auch andere, wichtige Erfahrungen noch ausstehen. Es ist'deshalb nicht möglich, schon nach wenigen Monaten gültige Schlüsse zu ziehen. Vorerst sind folgende Fragen zu klären: 1. Wie hat sich der Fernsehdienst zumindestens innerhalb eines Jahres seiner Betriebsführung entwickelt?

· ' 2. Wie reagiert die Bevölkerung auf das Fernsehen?!

· 8. Wie entwickelt sich der Zuwachs an Teilnehmern?

4. In welchem Sinne sind die Begehren der französischen und italienischen Schweiz zu erledigen ?

5. Welche Beträge soll man für Technik, Programm und Verwaltung eines gesamtschweizerischen Fernsehdienstes vorsehen, bis er sich seihst erhalten kann ?

Im Frühjahr 1955 beabsichtigen wir dann, den eidgenössischen Eäten eine bundesrätliche Botschaft über die Gesamtplanung des schweizerischen
Fernsehens vorzulegen. Jedes andere Vorgehen wäre übereilt und müsste zu fehlerhaften Ergebnissen führen.

i ; Vorläufig sollte nur ein politisch wichtiges Problem gelöst werden, nämlich die Frage, wie die Begehren der französischen Schweiz noch im Verlauf der Versuchsperiode erfüllt werden können.

'

858 4. Die Begehren der französischen Schweiz

Die französische Schweiz hat dem Fernsehen seit Jahren ein lebhaftes und von der Bevölkerung allgemein geteiltes Interesse entgegengebracht und dafür auch namhafte Opfer geleistet.

Im September 1947 wurden auf dem Comptoir de Lausanne Vorführungen der französischen Télévision gezeigt, die überaus stark besucht waren. Schon damals kam in der Presse der Wunsch zum Ausdruck, das Fernsehen möglichst bald in der französischen Schweiz einzuführen.

Im Oktober 1949 vei anstaltete Eadio Genf gemeinschaftlich mit der «Eadiodiffusion et Télévision Françaises» grossangelegte Fernsehdemonstrationen.

Auf dem Mont Salève wurden eine Sendestation und ein Studio eingerichtet. Der Empfang fand in der Stadt Genf selbst statt. Presse und Publikum nahmen lebhaftes Interesse an diesen Versuchen, wobei von Seite der Behörden die Bereitwilligkeit ausgedrückt wurde, an der Einführung des Fernsehens aktiv mitarbeiten zu wollen. Im Juli 1950 wurde gleichfalls in Genf eine internationale Konferenz abgehalten, die die Einzelheiten der europäischen Fernsehriormung ausarbeitete und den Weg für die weitere, technische und organisatorische Entwicklung ebnete.

Unterdessen setzte sich auch Lausanne lebhaft für das Fernsehen ein. Die Stadt stellte 'den Betrag von 50 000 Franken für einen Versuchsbetrieb zur Verfügung, der mit Hilfe des Eadiostudios Lausanne durchgeführt und am 19. März 1951 offiziell eröffnet wurde. Er dauerte bis Ende Juni 1951. An zahlreichen Plätzen in der Stadt war der Bevölkerung Gelegenheit geboten, die Programme zu verfolgen, die aus dem Studio ausgestrahlt wurden.

Im April des gleichen Jahres wurde in Genf unter Teilnahme der städtischen und kantonalen Behörden eine Kommission geschaffen, die die sofortige Einrichtung eines Fernseh-Versuchsstudios empfahl.

Im Juni 1951 forderten anlässlich einer Sitzung der Kommission für Fernsehfragen in Lausanne die Vertreter der übrigen westschweizerischen Kantone die Errichtung eines Fernsehstudios in Lausanne.

Seinerseits sicherte der Genfer Staatsrat in einer weiteren Sitzung der Kommission für Fernsehfragen am 13. September 1951 den Betrag von 8 50 000 Franken für den Bau eines G e n f e r F e r n s e h s t u d i o s zu.

Auch in den Debatten des Nationalrates und Ständerates im Dezember 1951 und Januar 1952 über die Finanzierung des schweizerischen
Fernsehversuchsdienstes liessen die parlamentarischen Vertreter der Westschweiz keinen Zweifel darüber, dass sie an der Einführung des Fernsehens in der französischen Schweiz lebhaft interessiert sind. Wohl stimmten sie der Wahl von Zürich als Sitz des Versuchsbetriebes zu, doch in der Erwartung, dass noch vor Beendigung der Versuchsperiode eine Ausdehnung auf die Westschweiz ermöglicht werden soll.

Seither ist dieses Begehren wiederholt durch behördliche Vertreter und durch die welsche Presse gestellt worden.

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In einer gemeinsamen Eingabe vom 25. März 1952 an die Generaldirektion PTT brachten die Kantone Waadt und Genf und die Städte Genf und Lausanne nochmals in aller Form den Wunsch der welschen Schweiz zum Ausdruck, sobald wie irgend möglich am schweizerischen Fernsehversuchsbetrieb teilnehmen zu können.

Das gleiche Begehren ist auch in der Interpellation Peitrequin vom l O.März 1953 niedergelegt worden, die folgenden Wortlaut hat: «Die eidgenössischen Bäte haben einem Kredit zugestimmt für Fernsehversuche und -forschungen in Zürich. Die Generaldirektion PTT und die Generaldirektion der Schweizerischen Bundspruchgesellsehaft haben denn auch die Arbeit aufgenommen, Kommissionen wurden eingesetzt und sehr bald kann in Zürich mit den Versuchen und Forschungen begonnen werden.

Natürlich denkt niemand daran, Zürich den Vorrang auf diesem Gebiet streitig zu machen, den es dank der Bevölkerungsdichte und der topographischen Lage einnimmt.

Immerhin sind diese Probleme in einer so raschen Entwicklung begriffen, dass es nach allem, was man heute weiss, sicher möglich und ebenso wünschbar ist, wenn a ach die sprachlichen Minderheiten an der Gestaltung der in Zürich gesendeten Programme mitwirken und auf diese Art .ihre Stimme zu Gehör bringen und Bilder aus ihrem Leben zeigen kömnen.

Anderseits ist es auch möglich und nützlich, wenn die Verbreitung der von Zürich gesendeten Fernsehprogramme auch in den. Landesteilen der sprachlichen Minderheiten möglichst bald zur Wirklichkeit wird. Dies würde nicht nur dem Fernsehen, sondern dem ganzen Lande zum Vorteil gereichen.

Der Bundesrat wird gebeten, sich zu diesen beiden Fragen zu äussern und zu sagen, wann und in welchem Sinne nach seinem Dafürhalten diese Fragen einer günstigen Lösung zugeführt werden können.» Nationalrat Peitrequin begründete seine Interpellation in der Sitzung des Nationalrates vom 22. September11953, wobei er darauf hinwies, dass sich seit der bundesrätlichen Botschaft vom 4. Juni 1951 die Ereignisse überstürzt hätten und unweigerlich zur Auffassung führen müssen, das Fernsehen sei noch während der Einführungsperiode der Gesamtheit des Landes zugänglich zu machen. Auch die sprachlichen Minderheiten der Schweiz sollten in die Lage versetzt werden, ihre Stimme zu Gehör zu bringen und ein Bild ihres regionalen und kantonalen ,Lebens zu geben.:
Ausserdem sollten die aus Zürich gesendeten Programme den verschiedenen Gebieten der Schweiz zugänglich gemacht werden. Schliesslich ersuchte Nationalrat Peitrequin den Bundesrat, die notwendigen Massnahmen ins Auge zu fassen, um die Wünsche der Westschweiz erfüllen zu können, die er folgendermassen zusammenfasste : a. Was gedenkt der Bundesrat zu tun, damit die Kantone mit französischer und italienischer Sprache an den in der Schweiz verbreiteten Fernsehprogrammen schöpferisch teilnehmen können?

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b. Welche Massnah'men zieht der Bundesrat in Betracht, damit die Verbreitung der Fernsehprogramme so rasch wie möglich auf die Gebiete der französischen und italienischen Schweiz ausgedehnt wird ?

Abschliessend richtete er an den Bundesrat die Bitte, möglichst bald eine Botschaft an die eidgenössischen Eäte vorzubereiten und vorzulegen.

In seiner Antwort stellte der Vorsteher des Post- und Eisenbahndepartements fest, dass den verantwortlichen Instanzen schon jetzt die Pflicht erwächst, wahrend der Versuchsperiode das Netz für die ganze Schweiz zu planen und teilweise auszubauen. Das geht schon aus dem Wortlaut des Telegraphen- und Telephon-Verkehrsgesetzes vom 14. Oktober 1922 hervor, dessen Artikel l besagt: «Die Telegraphenverwaltung hat das ausschliessliche Eecht, Sende- und Empfangseinrichtungen sowie Anlagen jeder Art, die der elektrischen oder radioelektrischen Zeichen-, Bild- oder Lautübertragung dienen, zu erstellen und zu betreiben», während Artikel 4 die PTT-Verwaltung gegenüber jedermann zu den Leistungen verpflichtet, die unter die Bedingungen des Gesetzes fallen. Demgemäss wurde auch in der Botschaft vom 4. Juni 1951 ausdrücklich bemerkt : «Zu den primären technischen Aufgaben gehört ferner die Vorbereitung der elektrischen Verkehrswege. Diese sollen die einzelnen Landesteile miteinander verbinden, die Beziehungen mit den Nachbarstaaten und gleichzeitig den Transit durch unser Land gewährleisten, sowie unsere internen Programmquellen und Emissionsstellen erfassen.» Die erforderlichen Beträge sind deshalb ins Budget der PTT-Verwaltung für die jährlichen Investitionen aufzunehmen. Für die Programmgestaltung wäre dagegen während der Anlaufzeit ein besonderer Kredit nötig, der von den eidgenössischen Eäten zu bewilligen wäre.

Wie der Vorsteher des Post- und Eisenbahndepartements ferner feststellte, hat die Interpellation Peitrequin vorab eine psychologische und politische Seite.

Die Westschweizer fühlen sich dadurch benachteiligt, dass'vorläufig nur von Zürich aus' ein Teil der deutschen Schweiz mit dem Fernsehen bedient wird.

Sie möchten angeschlossen werden. Der Bundesrat ist bereit, alles zu tun, um auch die von den sprachlichen Minderheiten bewohnten Landesteile in den Genuss des Fernsehens kommen zu lassen, sofern die Eäte die notwendigen Kredite bewilligen werden.

Entsprechend der
Mitteilung des Vorstehers des Post- und Eisenbahndepartements vom 22. September 1958 wurden im Staatsvoranschlag 1954 unter «PTT-Verwaltung - Fernsehen» für Experimentalzwecke 300 000,Franken und für die Ausdehnung des Fernsehnetzes 2 260 000 Franken aufgenommen und diese Beträge vom Ständerat am 9. Dezember und vom Nationalrat am 17. Dezember 1953 genehmigt. Demnach sind für das laufende Jahr vorgesehen: Ausbau der Fernseh-Eelaisverbindung Chasseral-Jungfraujoch-Montü Generoso, Errichtung von Fernsehsendern auf dem Bantiger bei Bern, La Dole, Chrischona bei Basel, mit den erforderlichen Verbindungen, und die Anschaffung eines zweiten Eeportagewagens, der in der welschen Schweiz stationiert wird.

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Die von der französischen Schweiz vorgebrachten Wünsche finden übrigens ihr Gegenstück in den Forderungen; die auch in anderen Ländern, wie in Deutschland, Frankreich, Grossbritannien und Italien gestellt werden, wo die bisher benachteiligten Gebiete den möglichst baldigen Anschluss i an das Fernsehen verlangen.

: Es erhebt sich daher auf gesamtschweizerischem Boden die Frage: Soll die welsche Schweiz bis zur Beendigung der Einführungsperiode warten, um in den Genuss eines französischsprachigen Programmes zu kommen, obwohl sie seit jeher das grösste Verständnis und Interesse für das Fernsehen bewiesen hat?

Soll von der in der Botschaft vom 4. Juni 1951 vertretenen Meinung, aus Sparsamkeit sei der Versuchsbetrieb 'auf eine einzelne Landesgegend zu konzentrieren, abgegangen werden?

: ' Behörden und Presse in der Westschweiz haben mit steigendem Kachdruck darauf hingewiesen, dass ein längeres Zögern von der Öffentlichkeit nicht verstanden und als Zurücksetzung der französischsprechenden Landesteile empfunden wird. Die Stadt Genf hat dieser Stimmung Ausdruck gegeben, indem sie 1953 eine Konzession für experimentelle Fernsehsendungen beantragte, auf eigene Kosten ein Studio in der städtischen Liegenschaft Mon Eepos einrichtete und den Experimentalsender der Universität in Betrieb nahm. Ende Januar 1954 wurde der Genfer Fernsehversuchsdienst begonnen und unter der Führung der städtischen Behörden eine Fernsehstiftung gegründet, ' die die Sendungen überwacht. Dieser Experimentalbetrieb soll nach Inbetriebnahme des Senders La Dole in den schweizerischen Fernsehdienst eingegliedert werden.

In der Westschweiz ist man sich bewusst, dass der schweizerische Versuchsbetrieb in Zürich das Problem der französischsprachigen Sendungen für die Westschweiz nicht lösen kann. Das rege nationale und kulturelle Eigenleben in den westschweizerischen Kantonen, die Wahrung des föderalistischen Prinzips, verbieten auf die Dauer eine Lösung, bei der die Programmquellen aller Sprachgebiete einheitlich zusammengefâsst sind. Behörden und Presse haben wiederholt und eindringlich darauf verwiesen, dass es nicht genügt, die Westschweiz technisch mit Hilfe von Eelaissendern an den Zürcher Versuchsbetrieb anzuschliessen, sondern dass man ein französischsprachiges Programm erwartet, das auf eigenem Boden gewachsen ist.

Anderseits ist
man sich auch klar, dass die Lösung des Problems nur auf politischer Ebene, und zwar mit Zustimmung der eidgenössischen Bäte gefunden werden muss. Der schweizerische .Fernsehversuchsbetrieb in^einer jetzigenForm ist an sein Budget und an die in der Botschaft des Bundesrates festgelegte Zweckbestimmung gebunden und verfügt über keine Mittel, seinen Programmdienst über Zürich hinaus zu erweitern.

Um einen Plan aufzustellen,: der sich zwanglos in den Kahrnen des schweizerischen Fernsehversuchsbetriebes einfügen lässt, ohne die Interessen der französischsprachigen Bevölkerung zu verletzen, wendeten sich die westschweizerischen Kantonsregierungen und die Vertreter der Städte Genf und

862 Lausanne an die Generaldirektion PTT und die SEG. Sie verfolgten dabei das Ziel, eine Lösung zu finden, die auf wirtschaftliche und rationelle Weise die Programmquellen der Westschweiz für das Fernsehen erschliesst, wobei die Prinzipien des Föderalismus gewahrt bleiben, jedoch allzu regionale Forderungen ausgeschaltet werden, um eine gefährliche Zersplitterung der finanziellen Mittel zu vermeiden.

Auf Grund dieser Intervention tagte am 19. Februar 1954 unter dem Vorsitz des Vorstehers des Post- und Eisenbahndepartements eine Konferenz in Bern, an der die Kantonsregierungen von Waadt, Wallis, Freiburg, Bern, Neuenburg und Genf, die Stadtverwaltungen von Lausanne und Genf, die PTTVerwaltung und die Schweizerische Rundspruchgesellschaft vertreten waren.

Die Vertreter der Westschweiz einigten sich auf einen gemeinsamen Vorschlag, dessen Einzelheiten noch zwischen den Interessenten bereinigt wurden.

Auf Grund der folgenden Erwägungen gelangte man zu einer einheitlichen Planung, die mit gemeinsamem Schreiben vom 15. März 1954 dem Bundesrat unterbreitet wurde.

5. Die Planung des französischsprachigen Programmdienstes im Rahmen des schweizerischen Fernsehversuchsbetriebes Wenn auch Rundspruch und Fernsehen in mancher Beziehung eng verwandt sind, so bestehen doch beträchtliche Unterschiede. Vor allem sind die Programmkosten höher als beim Rundspruch. Schon die Tonsendung ist komplizierter und erfordert mehr Personal. Dazu kommt ausserdem die.Bildsendung, die einen noch bedeutend grösseren Aufwand an Einrichtungen und Personal benötigt. Es sind daher weniger die Sender, als die Programmzentren, deren Einrichtungskosten und Betrieb ins Gewicht fallen. Selbst in Großstaaten ist man daher gezwungen, die Zahl der Fernsehstudios im Interesse einer gesunden Finanzplanung möglichst zu beschränken.

Dieser Grundsatz muss auch für die Schweiz gelten. Keinesfalls können wir in absehbarer Zeit daran denken, den Fernsehdienst aus zu vielen ProgrammZentren bestreiten zu wollen.

Um die französische Schweiz, die dem Fernsehen noch grösseres Interesse entgegenbringt als die deutsche Schweiz, schon während der Einführungsperiode an den Fernsehsendungen teilnehmen zu lassen, und dabei ein Programm zu bieten, das ihren Wünschen entspricht, soll der Rahmen des schweizerischen Fernsehvorsuchsbetriebes erweitert werden. Wohl
muss bis zur Beendigung der Einführungsperiode Zürich das nationale Studio bleiben, wie es in der Botschaft vom 4. Juni 1951 vorgesehen ist, aber es ist aus mehreren Gründen nicht möglich, aus diesem Studio sämtliche Sendungen in französischer Sprache für die Westschweiz zu vermitteln. Das Studio Bellerive wird schon jetzt bis zur äussersten Grenze ausgenützt; man hätte neben den deutschsprachigen Sendungen weder Zeit noch Raum, um französische Programme zu veranstalten.

Ausserdem liegt es nahe, dass man die Programmreäsourcen in der welschen

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Schweiz möglichst an Ort und Stelle ausnützen muss. Es wäre kostspielig, umständlich und in vielen Fällen auch unmöglich, die Mitwirkenden für die einzelnen französischen Sendungen nach Zürich zu beordern. Ferner müssen viele aktuelle, sportliche und sonstige Ereignisse in der französischen Schweiz direkt übertragen werden, weshalb es besser ist, einen Reportagewagen in diesem Einzugsgebiet zu stationieren. Schliesslich ist auch an die Rolle von Genf als internationales Zentrum zu denken, was häufig die Anwesenheit bedeutender Persönlichkeiten zur Folge hat, die im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses stehen und daher vor die Fernsehkamera gebracht werden sollten.

Unter Berücksichtigung dieser Gegebenheiten und im Interesse der rationellen Betriebsführung, lässt sich die Durchführung des französischsprachigen Programmdienstes im Rahmen des schweizerischen Fernsehyersuchsbetriebes folgendermassen bewerkstelligen: ; 1. Studio Bellerive in Zürich. Das Studio Bellerive soll die Filmaktualitäten (Tagesschau etc.) sowohl für die deutsche wie für die französische Schweiz senden. Da die Filmaktualitäten stets an die Spitze des Programmes gestellt werden und die Sendungen in beiden Landesteilen gleichzeitig beginnen, so ergibt sich daraus keine Schwierigkeit in der Programmzusammenstellung.

Dagegen hat man auf diese Weise die Möglichkeit, mit einer einzigen Kopie und Filmmontage, auszukommen und demnach die Sendung auf raschestem und billigstem Wege durchzuführen. Da der Kommentar direkt gesprochen wird, genügt es, wenn zur Bildsendung, die über alle Schweizer Fernsehsender verbreitet wird, je ein Kommentator für die deutsche und französische Sprache den zugehörigen Ton getrennt für die Fernsehsender der beiden Sprachgebiete gibt.

Ausserdem soll das Fernsehstudio Zürich weiterhin als Zentrale für die Beschaffung, Miete, Montage und Synchronisation der anderen Filmgattungen (Dokumentär- und Kulturfilme etc.) dienen, da die dafür nötigen Einrichtungen schon vorhanden sind und es ausserdem zwecklos wäre, die gleichen Filme von zwei verschiedenen Stellen anzuschaffen. Studio Bellerive wird demnach dafür sorgen, dass alle Filme mit einem deutschen und französischen Text versehen werden, wobei die deutsche Version von Zürich aus ; für die alemannische Schweiz, die französische Version von Genf aus, für die
welsche Schweiz ausgestrahlt wird.

.

. Gelegentlieh' werden ausserdern geeignete Direktübertragungen aus dem Studio Bellerive auch von den Sendern der welschen Schweiz und umgekehrt Programme aus ;der Westschweiz von den deutschsprachigen Sendern mitübernommen werden.

', 2. R e p o r t a g e w a g e n für die deutsche Schweiz. Des öftern werden mit Hilfe des in der deutschen Schweiz stationierten Reportagewagens Sendungen veranstaltet werden, die auch für die welsche Schweiz von Interesse sind. In diesem Fall wird das Bild über alle schweizerischen Sender verbreitet, während man - analog wie bei den Filmaktualitäten -- einen französischsprachigen Kommentar nur für 'die Westschweiz gibt.

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3. F e r n s e h z e n t r u m in der welschen Schweiz. In der welscherj Schweiz wird ein Fernsehzentrum geschaffen, wobei aus geographischen und wirtschaftlichen Gründen die festen Anlagen in Genf, die mobilen Anlagen in Lausanne stationiert sind.

Der von der PTT-Verwaltung angeschaffte zweite Eeportagewagen wird nach Lausanne verlegt, von wo aus er das gesamte Gebiet der welschen Schweiz einschliesslich Genf zu bedienen hat. Seiner Ausrüstung entsprechend dient er als mobiles Studio mit drei Kameras, das, ergänzt wird durch fünf Räumlichkeiten .für den Programm-, Verwaltungs- und technischen Dienst, ferner eine Ausrüstung für Beleuchtung und einen Begleitwagen. Mit dem mobilen Studio lassen sich auch anspruchsvolle Direktsendungen, jedoch keine Filmsendungen, ausführen.

Ausserdem wird das von Kanton und Stadt Genf errichtete Expérimentalstudio Mon Eepos mit allen Einrichtungen des schweizerischen Fernsehdienstes auf die Dauer der Einführungsperiode zur Verfügung gestellt, womit die Frage eines Fernsehstudios in Genf für den regulären Fernsehbetrieb nicht präjudiziert wird. Das Experimentalstudio ist ausgerüstet für die Sendung von Filmen der beiden gebräuchlichen Formate (35 und 16 mm), sowie mit zwei FernsehAufnahmekameras für Direktübertragungen. Man wird daher vom Studio Genf aus alle in Zürich für die welsche Schweiz montierten und synchronisierten Filme senden und ausserdem Interviews, Vorträge und andeie Direktübertragungen veranstalten. Das Studio kann damit auch in. den Dienst jener Aufgaben gestellt werden, die der Stadt Genf als Sitz zahlreicher internationaler Organisationen und Konferenzen obliegen.

Sämtliche Programmquellen in der deutschen und französischen Schweiz bleiben während der Dauer der Einführungsperiode dem Schweizerischen Fernsehdienst unterstellt, um ihre rationelle Ausnützung im Interesse beider Landesteile zu wahren. Die geplante Organisation bietet dabei Gewähr, dass die verschiedenartigen Bedürfnisse der deutschen und französischen Schweiz voll berücksichtigt werden.

Uni diesen Plan zu verwirklichen, sind Kanton und Stadt Genf, wie auch die Stadt Lausanne, bereit, erhebh'che Beiträge zu leisten.

L a u s a n n e stellt die für den Eeportagewagen und sein Personal erforderlichen Büroräume, Werkstatt und Garage mit Mobiliar, sowie einen Hilfswagen zur Verfügung
und trägt die Kosten der Stromversorgung, Heizung und Unterhalt der Bäume.

Genf stellt seinerseits das Studio Mon Eepos mit sämtlichen erforderlichen Installationen, Einrichtungen für die Aufnahme und Sendung von Filmen und Direktsendungen bei, ferner das Mobiliar, Stromversorgung, Heizung und Unterhalt der Eäume.

Die Sendung der französischsprachigen Programme ist für die Dauer von elf Monaten bis zum Abschluss der Einführungsperiode vorgesehen. Sie erfordert einen zusatzlichen Betrag von einer Million Franken, wie aus der nachfolgenden Übersicht des Finanzbedarfs hervorgeht.

865 Kosten des Fernsehprogrammes in französischer Sprache für die Dauer von 11 Monaten Zusätzliche Kosten des schweizerischen Fernsehversuchdienstes 1. Programm (Kosten je Woche) Zürich 90 Minuten Filmsendung (Tagesschau) . . Fr Westschweiz 8% Stunden Film und Direktübertragung » 2. Personal Zürich Fernsehzentrum in der Westschweiz: Genf Lausanne + 3% SUVA und AHV

1

)

12 250

Fr.

2500

» » Fr.

» Im Monat Fr.

9250 9650 21400 642 22042

3. Betrieb Zürich

Miete, Material für Büro und Filmmontage, Heizung, Telephon, Porti. Reinigung, Tonbänder Fr.

Genf Material für Büro, Telephon, Porto, Unterhalt der Apparaturen, Ersatzrohren für die Bildkameras, Fundus und Zubehör » Lausanne Material für Büro, Telephon, Porto, Unterhalt der Wagen und Apparaturen, Ersatzrohren für die Bildkameras, Reisespesen für die Aussenaufnahmen, Fundus und Zubehör, Diverses »

1450 2700

10100

Im Monat Fr.

4. Installationen Zürich Einrichtung eines Studios für die Filmsynchronisierung und Montage, Kontroll- und Verstärkereinrichtung, Mobiliar Fr.

Genf Kontrollempfänger » Lausanne Beleuchtungspark »

14 250

Fr.

51500

16 500 15000 20000

1) Die in Zürich aullaufenden Kosten sind in den Rubriken Installationen, Betrieb und Personal berücksichtigt.

Bundesblatt. 106. Jahrg. Bd. I.

63

866 Gesamtkosten Programme 10 Monate (l Monat Ferien fällt aus) : 44 Wochen à Fr. 12 250 Fr. 539 000 Personal 11 Monate à Fr. 22 042 » 242 462 Betrieb 11 Monate à Fr. 14 250 , » 156750 Installationen » 51 500 Unvorhergesehenes » 10 288 Fr. l 000 000

Leistungen der Stadt Genf Betrieb für 11 Monate Miete des Hauses Mon Eepos, Strom und Heizung, Beinigung etc Fr.

38 500

Installationen Kamerakette mit Kontrollpult, Beleuchtungseinrichtung, Kamerastative, Ausgangsvervielfacher, Messinstrumente, Werkzeuge etc Fr. 148 000 Aus dem vorhandenen Material zur Verfügung gestellt 5 Filmkameras mit Zubehör, Fernsehfilmabtaster 16 und 35 mm, Filmmontageeinrichtungen, Mobiliar etc Fr. 375 000 Leistungen der Stadt Lausanne Betrieb für 11 Monate Miete von 5 Bäumen, Garage, Werkstatt, Strom-, Heizung, Beinigung etc Fr.

15 400 ^

Installationen l Wagen, Mobiliar, Schreibmaschinen etc

29 000

Fr.

·"·) Dieser Betrag kann noch bedeutend höher werden, sofern die Stadt Lausanne gezwungen wäre, die erforderlichen Räume bauen zu lassen.

867

Angesichts der zahlreichen offiziellen Vorstösse und der eigenen namhaften Beiträge der welschen Schweiz für die Ausdehnung des schweizerischen Fernsehversuchsbetriebes auf die Westschweiz fühlten wir ans verpflichtet, diesen Wünschen entgegenzukommen und Ihnen den Antrag auf Gewährung eines Bundesbeitrages zu unterbreiten.

6. Die Begehren der italienischen Schweiz Während der Ausarbeitung der vorliegenden Botschaft hat die Regierung des Kantons Tessin dem Bundesrat eine Eingabe mit folgenden Begehren unterbreitet: 1. Erstellung von Regionalsendern im Tessin.

2. Italienische Kommentare zu den Aktualitäten des Studios Bellerive.

3. Anschaffung einer Aufnahmekamera für das Rundspruchstudio Lugano.

4. Bereitstellung eines Reportagewagens für den Tessin.

Es handelt sich hier um Begehren vorwiegend technischen Charakters.

Nachdem die eidgenössischen Räte der Auffassung zugestimmt haben, wonach die Kredite für den weitern technischen Ausbau des Fernsehens in den Voranschlag der Post-, Telegraphen- und Telephonverwaltung eingestellt werden können, müssen-die Kredite für die Erfüllung der Tessiner Begehren auf diesen Weg verwiesen werden. Eine Aufnahme solcher Kredite wäre frühestens für das Budget 1955 möglich. Mit Rücksicht auf die Lieferfristen für Regionalsender und Reportagewagen könnten die betreffenden Anlagen erst im Winter 1955/56 in Betrieb kommen, also nach Abschluss der Versuchsperiode. Die vorliegende Botschaft aber befasst sich ausschliesslich mit dem Versuchsbetrieb und seiner Ausdehnung auf die französische Schweiz, wofür die Kredite für die technischen Anlagen im Budget 1954 eingestellt wurden und somit im Herbst dieses Jahres in Betrieb genommen werden können. Der Anschluss des Kantons Tessin an das schweizerische Fernsehen wird in dem für das Frühjahr 1955 an die eidgenössischen Räte zu erstattenden Bericht über die Überführung des Versuchsbetriebes in den regulären Fernsehbetrieb behandelt.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 4. Mai 1954.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: Rubatici Der Bundeskanzler i Ch. Oser

868 (Entwurf)

Bundesbeschliiss über

die Finanzierung eines westschweizerischen Fernsehversuchsprogramms

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der Schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , gestützt auf Artikel 86, Absatz l, der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 4. Mai 1954, besch'liesst :

Art. l Der Bundesrat wird ermächtigt, das westschweizerische Fernsehprogramm während der Dauer des schweizerischen Versuchsdienstes mit einem Beitrag von höchstens l Million Franken zu unterstützen.

Art. 2 Dieser Beschluss ist nicht allgemein verbindlich und tritt sofort in Kraft.

Der Bundesrat ist mit dem Vollzug beauftragt.

1616

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Finanzierung eines westschweizerischen Fernsehversuchsprogramms (Vom 4. Mai 1954)

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Bundesblatt

Dans

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In

Foglio federale

Jahr

1954

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

19

Cahier Numero Geschäftsnummer

6608

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

13.05.1954

Date Data Seite

851-868

Page Pagina Ref. No

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