Tierschutzgesetz

Entwurf

(TSchG) vom

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 80 Absatz 1 und 2 sowie 120 Absatz 2 der Bundesverfassung1, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 9. Dezember 20022 beschliesst:

1. Kapitel: Allgemeines Art. 1

Zweck

Mit diesem Gesetz soll, angesichts der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf, dessen Würde und Wohlergehen geschützt werden.

Art. 2

Geltungsbereich

1

Das Gesetz gilt für Wirbeltiere. Der Bundesrat bestimmt, auf welche wirbellosen Tiere und in welchem Umfang es auf diese Tiere anwendbar ist.

2 Vorbehalten bleiben das Jagdgesetz vom 20. Juni 19863, das Bundesgesetz vom 1. Juli 19664 über den Natur- und Heimatschutz, das Bundesgesetz vom 21. Juni 19915 über die Fischerei, das Bundesgesetz vom 19. April 19786 über die Berufsbildung sowie das Tierseuchengesetz vom 1. Juli 19667.

Art. 3

Definitionen

In diesem Gesetz bedeuten: a.

1 2 3 4 5 6 7

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Würde: Eigenwert des Tieres, der im Umgang mit ihm geachtet werden muss. Die Würde des Tieres wird missachtet, wenn eine Belastung des Tieres nicht durch überwiegende Interessen gerechtfertigt werden kann. Eine Belastung liegt vor, wenn dem Tier insbesondere Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden, es in Angst versetzt oder erniedrigt wird, wenn tief greifend in sein Erscheinungsbild oder seine Fähigkeiten eingegriffen oder es übermässig instrumentalisiert wird.

SR 101 BBl 2003 657 SR 922.0 SR 451 SR 923.0 SR 412.10 SR 916.40 2002-2103

Tierschutzgesetz

b.

Wohlergehen: Wohlergehen der Tiere ist namentlich gegeben, wenn: 1. die Haltungsumwelt und die Ernährung so sind, dass ihre Körperfunktionen und ihr Verhalten nicht gestört sind und ihre Anpassungsfähigkeit nicht überfordert ist; 2. das artgemässe Verhalten innerhalb der biologischen Anpassungsfähigkeit gewährleistet ist; 3. sie klinisch gesund sind; 4. das Erleiden von Schmerzen, Schäden und Angst vermieden wird.

c.

Tierversuch: Jede Massnahme, bei der lebende Tiere verwendet werden mit dem Ziel: 1. eine wissenschaftliche Annahme zu prüfen; 2. die Wirkung einer bestimmten Massnahme am Tier festzustellen; 3. einen Stoff zu prüfen; 4. Zellen, Organe oder Körperflüssigkeiten zu gewinnen oder zu prüfen, ausser wenn dies im Rahmen der landwirtschaftlichen Produktion, der diagnostischen oder kurativen Tätigkeit am Tier oder für den Nachweis des Gesundheitsstatus von Tierpopulationen erfolgt; 5. artfremde Organismen zu erhalten oder zu vermehren; 6. der Lehre sowie der Aus- und Weiterbildung zu dienen.

Art. 4 1

Grundsätze

Wer mit Tieren umgeht, hat: a.

ihren Bedürfnissen in bestmöglicher Weise Rechnung zu tragen; und

b.

soweit es der Verwendungszweck zulässt, für ihr Wohlergehen zu sorgen.

2

Niemand darf ungerechtfertigt einem Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen, es in Angst versetzen oder in anderer Weise seine Würde missachten. Das Misshandeln, starke Vernachlässigen oder unnötige Überanstrengen von Tieren ist verboten.

3

Der Bundesrat kann weitere Handlungen an Tieren verbieten, wenn mit diesen deren Würde missachtet wird.

Art. 5

Ausbildung und Information

1

Der Bund fördert die Ausbildung der Personen, die mit Tieren umgehen.

2

Er sorgt für die Information der Bevölkerung über Tierschutzfragen.

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2. Kapitel: Umgang mit Tieren 1. Abschnitt: Tierhaltung Art. 6

Allgemeine Anforderungen

1

Wer Tiere hält oder betreut, muss sie angemessen nähren, pflegen, ihnen die für ihr Wohlergehen notwendige Beschäftigung und Bewegungsfreiheit sowie soweit nötig Unterkunft gewähren.

2

Nach Anhören der interessierten Kreise erlässt der Bundesrat im Rahmen der wissenschaftlichen Erkenntnisse und nach dem Stand der Erfahrung und der technischen Entwicklung Vorschriften über das Halten von Tieren, namentlich Mindestanforderungen. Er verbietet Haltungsarten, die den Grundsätzen des Tierschutzes klar widersprechen.

3 Er kann die Anforderungen an die Ausbildung der Tierhalterinnen und Tierhalter sowie der Personen, die Tiere ausbilden, regeln.

Art. 7

Melde- und Bewilligungspflicht

1

Der Bundesrat kann bestimmte Haltungsarten und das Halten bestimmter Tierarten melde- oder bewilligungspflichtig erklären.

2

Das Inverkehrbringen serienmässig hergestellter Aufstallungssysteme und Stalleinrichtungen für Nutztiere unterliegt einer Bewilligung des Bundes. Die Bewilligung wird nur erteilt, wenn die Systeme und Einrichtungen den Anforderungen einer tiergerechten Haltung entsprechen. Der Bundesrat regelt das Bewilligungsverfahren und bestimmt, für welche Nutztiere es anwendbar ist. Er kann für bestimmte Haltungsarten Ausnahmen von der Bewilligungspflicht vorsehen.

3

Das gewerbsmässige und private Halten von Wildtieren, die besondere Ansprüche an Haltung und Pflege stellen, bedarf einer Bewilligung.

Art. 8

Tierpflegepersonal

Der Bundesrat bestimmt, in welchen Bereichen ausserhalb der Landwirtschaft der Einsatz von Tierpflegerinnen und Tierpflegern erforderlich ist.

2. Abschnitt: Tierzucht und gentechnische Veränderungen Art. 9

Züchten und Erzeugen von Tieren

1

Die Anwendung natürlicher sowie künstlicher Zucht- und Reproduktionsmethoden darf bei den Elterntieren und bei den Nachkommen keine durch das Zuchtziel bedingten oder damit verbundenen Schmerzen, Leiden, Schäden oder Verhaltensstörungen verursachen; vorbehalten bleiben die Bestimmungen über Tierversuche.

2 Der Bundesrat erlässt Vorschriften über das Züchten und Erzeugen von Tieren und bestimmt die Kriterien zur Beurteilung der Zulässigkeit von Zuchtzielen und Reproduktionsmethoden; dabei berücksichtigt er die Würde des Tieres. Er kann die Zucht,

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das Erzeugen und das Halten von Tieren mit bestimmten Merkmalen, insbesondere Abnormitäten in Körperbau und Verhalten, verbieten.

Art. 10

Bewilligungspflicht für gentechnisch veränderte Tiere

1

Das Erzeugen, Züchten, Halten, Handeln und Verwenden gentechnisch veränderter Tiere bedarf je einer kantonalen Bewilligung. Das Bewilligungsverfahren richtet sich nach den Bestimmungen über Tierversuche (Art. 16) und nach dem Gentechnikgesetz vom ...8.

2

Der Bundesrat legt nach Anhören der interessierten Kreise, der Eidgenössischen Ethikkommission für die Gentechnik im ausserhumanen Bereich, der Eidgenössischen Fachkommission für biologische Sicherheit und der Eidgenössischen Kommission für Tierversuche Kriterien für die Güterabwägung beim Erzeugen, Züchten, Halten, Handeln und Verwenden gentechnisch veränderter Tiere fest.

3

Er kann Ausnahmen von der Bewilligungspflicht oder Vereinfachungen im Bewilligungsverfahren vorsehen, namentlich wenn feststeht, dass bei den Tieren keine durch das Erzeugen oder die Zucht bedingten Schmerzen, Leiden, Schäden oder Verhaltensstörungen auftreten und auch sonst der Würde des Tieres Rechnung getragen wird.

3. Abschnitt: Handel mit Tieren Art. 11

Bewilligung

Der gewerbsmässige Handel mit Tieren und das Verwenden lebender Tiere zur Werbung bedürfen einer Bewilligung.

Art. 12

Internationaler Handel

Der Bundesrat kann aus Gründen des Tierschutzes und des Artenschutzes die Ein-, Durch- und Ausfuhr von Tieren und tierischen Erzeugnissen an Bedingungen knüpfen, einschränken oder verbieten. Vorbehalten bleibt die Einfuhr von Koscher- und von Halalfleisch, um eine ausreichende Versorgung der jüdischen und der islamischen Gemeinschaft mit solchem Fleisch sicherzustellen. Die Einfuhr- und die Bezugsberechtigung sind Angehörigen dieser Gemeinschaften und ihnen zugehörigen juristischen Personen und Personengesellschaften vorbehalten.

8

SR ...; AS ...

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4. Abschnitt: Tiertransporte Art. 13 Der Bundesrat erlässt Vorschriften über den Tierschutz bei der Beförderung von Tieren. Er kann die Anforderungen an die Ausbildung des mit der Beförderung betrauten Personals regeln.

5. Abschnitt: Eingriffe an Tieren Art. 14 Schmerzverursachende Eingriffe dürfen nur unter allgemeiner oder örtlicher Schmerzausschaltung vorgenommen werden. Vorbehalten bleiben die Bestimmungen dieses Gesetzes über Tierversuche. Der Bundesrat bestimmt die Ausnahmen für Eingriffe, die ohne Schmerzausschaltung von fachkundigen Personen durchgeführt werden dürfen, sowie für geringfügige Eingriffe. Er bestimmt, welche Personen als fachkundig gelten.

6. Abschnitt: Tierversuche Art. 15

Beschränkung auf das unerlässliche Mass

Tierversuche, die dem Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen, es in Angst versetzen, sein Allgemeinbefinden erheblich beeinträchtigen oder seine Würde in anderer Weise missachten können, sind auf das unerlässliche Mass zu beschränken.

Art. 16

Bewilligungspflicht

1

Wer Tierversuche durchführen will, benötigt eine Bewilligung der zuständigen kantonalen Behörde.

2

Handlungen nach Artikel 10 Absatz 1 sind verfahrensmässig Tierversuchen gleichgestellt.

3

Die zuständige kantonale Behörde unterbreitet Bewilligungsgesuche für Tierversuche nach Artikel 15 der kantonalen Kommission für Tierversuche.

4

Bewilligungen sind zu befristen. Sie können mit Bedingungen und Auflagen verbunden werden.

5 Institute und Laboratorien, welche Tierversuche durchführen, sowie Versuchstierhaltungen müssen eine Kontrolle über den Tierbestand führen.

Art. 17 1

Anforderungen

Der Bundesrat bestimmt die Anforderungen an Institute und Laboratorien, in denen Tierversuche durchgeführt werden dürfen, und an die Ausbildung des Perso-

696

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nals sowie an die Anerkennung von Versuchstierhaltungen, -zuchten und -handlungen.

2

Der Bundesrat bestimmt die Kriterien zur Beurteilung des unerlässlichen Masses im Sinne von Artikel 15.

3

Der Bundesrat kann bestimmte Versuchszwecke als unzulässig erklären.

Art. 18

Durchführung der Versuche

1

Schmerzen, Leiden oder Schäden dürfen einem Tier nur zugefügt oder es darf nur in Angst versetzt werden, soweit dies für den Zweck des Tierversuchs unvermeidlich ist.

2

Versuche dürfen an evolutiv höher stehenden Tieren nur durchgeführt werden, wenn der Zweck nicht mit evolutiv niedriger stehenden Tierarten erreicht werden kann.

3

Der Bundesrat regelt die weiteren Anforderungen an die Durchführung der Versuche.

7. Abschnitt: Schlachten von Tieren Art. 19 1

Säugetiere dürfen nur geschlachtet werden, wenn sie vor Beginn des Blutentzugs betäubt worden sind.

2

Der Bundesrat kann das Schlachten anderer Tiere der Betäubungspflicht unterstellen.

3

Der Bundesrat bestimmt die zulässigen Betäubungsmethoden.

4

Der Bundesrat kann die Anforderungen an die Ausbildung des Schlachthofpersonals regeln.

3. Kapitel: Forschung Art. 20 1

Der Bund betreibt und unterstützt die tierschutzrelevante wissenschaftliche Forschung.

2

Er fördert in Zusammenarbeit mit Hochschulen und Industrie insbesondere die Entwicklung, Anerkennung und Anwendung von Methoden, die Tierversuche ersetzen, mit weniger Versuchstieren auskommen oder eine geringere Belastung derselben zur Folge haben.

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Tierschutzgesetz

4. Kapitel: Verwaltungsmassnahmen und Rechtsmittel 1. Abschnitt: Verwaltungsmassnahmen Art. 21

Tierhalteverbote

1

Die zuständige Behörde kann das Halten von Tieren, den Handel oder die berufsmässige Beschäftigung mit Tieren auf bestimmte oder unbestimmte Zeit den Personen verbieten: a.

die wegen wiederholter oder schwerer Zuwiderhandlung gegen Vorschriften dieses Gesetzes und seiner Ausführungserlasse oder gegen Verfügungen bestraft worden sind;

b.

die aus anderen Gründen unfähig sind, Tiere zu halten.

2

Ein von einem Kanton ausgesprochenes Tierhalteverbot ist in der ganzen Schweiz gültig.

3

Die zuständige Bundesbehörde führt ein Verzeichnis der ausgesprochenen Tierhalteverbote. Dieses kann von den kantonalen Behörden, die für das Aussprechen von Tierhalteverboten zuständig sind, eingesehen werden, wenn der Verdacht besteht, dass zugezogene Personen Tierhaltevorschriften dieses Gesetzes verletzen.

Art. 22

Behördliches Einschreiten

1

Wenn festgestellt ist, dass Tiere stark vernachlässigt oder unter völlig ungeeigneten Bedingungen gehalten werden, schreitet die zuständige Behörde unverzüglich ein.

Sie kann die Tiere vorsorglich beschlagnahmen und auf Kosten der Halterin oder des Halters an einem geeigneten Ort unterbringen; wenn nötig lässt sie die Tiere verkaufen oder töten. Sie kann dafür die Hilfe der Polizeiorgane in Anspruch nehmen.

2

Ein Verwertungserlös fällt nach Abzug der Verfahrenskosten der Halterin oder dem Halter zu.

2. Abschnitt: Rechtsmittel Art. 23

Rechtsschutz

1

Verfügungen der zuständigen Bundesbehörde unterliegen der Beschwerde an die Rekurskommission EVD.

2

Im Übrigen gelten die allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege.

Art. 24

Behördenbeschwerde

1

Gegen Verfügungen der kantonalen Behörden betreffend Tierversuche stehen der zuständigen Bundesbehörde die Rechtsmittel des kantonalen und des eidgenössischen Rechts zu.

2

Die kantonalen Behörden eröffnen ihre Entscheide sofort der zuständigen Bundesbehörde.

698

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5. Kapitel: Strafbestimmungen Art. 25 1

Tierquälerei

Mit Gefängnis oder mit Busse wird bestraft, wer vorsätzlich: a.

ein Tier misshandelt, stark vernachlässigt, es unnötig überanstrengt oder in anderer Weise seine Würde missachtet;

b.

Tiere auf qualvolle Art oder aus Mutwillen tötet;

c.

Kämpfe zwischen oder mit Tieren veranstaltet, bei denen Tiere gequält oder getötet werden;

d.

bei der Durchführung von Versuchen einem Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügt oder es in Angst versetzt, soweit dies nicht für den verfolgten Zweck unvermeidlich ist;

2

Handelt die Täterin oder der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Haft oder Busse bis 20 000 Franken.

Art. 26

Widerhandlungen im internationalen Handel

1

Mit Gefängnis oder mit Busse wird bestraft, wer Tiere oder tierische Erzeugnisse nach den Anhängen I­III des Übereinkommens vom 3. März 19739 über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen entgegen dem Übereinkommen vorsätzlich ein- oder ausführt, durch das Land befördert oder in Besitz nimmt. Handelt die Täterin oder der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Haft oder Busse bis 20 000 Franken.

2

Mit Haft oder mit Busse bis zu 20 000 Franken wird bestraft, wer Vorschriften über den internationalen Handel (Art. 12) vorsätzlich verletzt. Versuch, Gehilfenschaft und Anstiftung sind strafbar. Handelt die Täterin oder der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Busse bis 20 000 Franken.

Art. 27

Übrige Widerhandlungen

1

Mit Haft oder mit Busse wird bestraft, sofern nicht Artikel 25 anwendbar ist, wer vorsätzlich: a.

9

die Vorschriften über die Tierhaltung missachtet;

b.

Tiere vorschriftswidrig züchtet oder erzeugt;

c.

vorschriftswidrig gentechnisch veränderte Tiere erzeugt, züchtet, hält, mit ihnen handelt oder sie verwendet;

d.

Tiere vorschriftswidrig befördert;

e.

vorschriftswidrig Eingriffe am lebenden Tier oder Tierversuche vornimmt;

f.

Tiere vorschriftswidrig schlachtet;

SR 0.453

699

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g.

andere durch das Gesetz oder die Verordnung verbotene Handlungen an Tieren vornimmt.

2

Versuch, Gehilfenschaft und Anstiftung sind strafbar. Handelt die Täterin oder der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Haft oder Busse bis 20 000 Franken.

3

Mit Busse wird bestraft, wer durch Unterlassung oder in anderer Weise dem Gesetz, den darauf beruhenden Vorschriften oder einer unter Hinweis auf die Strafandrohung dieses Artikels eröffneten Verfügung vorsätzlich oder fahrlässig zuwiderhandelt.

Art. 28

Verjährung

Die Strafverfolgung von Übertretungen verjährt in drei Jahren, die Strafe einer Übertretung in zwei Jahren.

Art. 29

Juristische Personen und Handelsgesellschaften

Artikel 6 des Bundesgesetzes vom 22. März 197410 über das Verwaltungsstrafrecht ist anwendbar.

Art. 30

Strafverfolgung

1

Verfolgung und Beurteilung strafbarer Handlungen sind Sache der Kantone. Die zuständige Bundesbehörde kann im Sinne von Artikel 258 des Bundesgesetzes vom 15. Juni 193411 über die Bundesstrafrechtspflege Amtsklage erheben.

2

Die zuständige Bundesbehörde untersucht und beurteilt Widerhandlungen nach Artikel 26. Liegt gleichzeitig eine Widerhandlung gegen das Zollgesetz vom 1. Oktober 192512 vor, so führt die Zollverwaltung die Untersuchung durch und trifft den Strafbescheid.

3 Stellt eine Widerhandlung gleichzeitig eine nach Absatz 2 sowie eine durch die Bundesbehörde zu verfolgende Widerhandlung gegen das Zollgesetz vom 1. Oktober 1925, das Lebensmittelgesetz vom 9. Oktober 199213, das Tierseuchengesetz vom 1. Juli 196614, das Jagdgesetz vom 20. Juni 198615 oder das Bundesgesetz vom 21. Juni 199116 über die Fischerei dar, so wird die für die schwerste Widerhandlung verwirkte Strafe angewendet; diese kann angemessen erhöht werden.

10 11 12 13 14 15 16

700

SR 313.0 SR 312.0 SR 631.0 SR 817.0 SR 916.40 SR 922.0 SR 923.0

Tierschutzgesetz

6. Kapitel: Schlussbestimmungen 1. Abschnitt: Vollzugsbestimmungen Art. 31

Vollzug durch Bund und Kantone

1

Der Bundesrat erlässt die Vollzugsvorschriften. Er kann die zuständige Bundesbehörde ermächtigen, Ausführungsvorschriften technischer Art zu erlassen.

2

Der Vollzug obliegt den Kantonen, sofern das Gesetz nichts anderes vorsieht. Sie können den Vollzug regionalisieren.

3

Der Bundesrat bestimmt, in welchem Umfang die Tierhaltungen kontrolliert werden müssen, und wie die Durchführung der Tierversuche überwacht werden muss.

4

Der Bundesrat regelt die Aus- und Weiterbildung der Vollzugsbehörden.

5

Der Vollzug an der Zollgrenze, die Durchführung des Bewilligungsverfahrens nach Artikel 7 Absatz 2 und die Überwachung des internationalen Handels mit Tieren und tierischen Produkten sind Sache des Bundes.

Art. 32

Kantonale Fachstelle

Die Kantone errichten je eine Fachstelle unter der Verantwortung der Kantonstierärztin oder des Kantonstierarztes, die geeignet ist, den Vollzug dieses Gesetzes und der gestützt darauf erlassenen Vorschriften sicherzustellen.

Art. 33

Kantonale Kommission für Tierversuche

1

Die Kantone bestellen je eine aus Fachleuten zusammengesetzte Kommission für Tierversuche, die von der Bewilligungsbehörde unabhängig ist und in der die Tierschutzorganisationen angemessen vertreten sind. Mehrere Kantone können eine gemeinsame Kommission einsetzen.

2

Die Kommission prüft die Gesuche und stellt Antrag an die Bewilligungsbehörde.

Sie wird für die Kontrolle der Versuchstierhaltung und der Durchführung der Versuche beigezogen. Die Kantone können ihr weitere Aufgaben übertragen.

Art. 34

Eidgenössische Kommission für Tierversuche

1

Der Bundesrat bestellt eine aus Fachleuten zusammengesetzte Kommission für Tierversuche, welche die zuständige Bundesbehörde berät und den Kantonen für Grundsatzfragen sowie umstrittene Fälle zur Verfügung steht.

2

Die Eidgenössische Kommission für Tierversuche arbeitet mit der Eidgenössischen Ethikkommission für die Gentechnik im ausserhumanen Bereich zusammen.

Art. 35

Tierversuchsstatistik

Die zuständige Bundesbehörde veröffentlicht jährlich eine Statistik über sämtliche in der Schweiz durchgeführten Tierversuche. Sie informiert die Öffentlichkeit über Fragen betreffend Tierversuche und über gentechnische Veränderungen an Tieren.

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Art. 36

Zielvereinbarung

Der Bundesrat kann mit den Kantonen Zielvereinbarungen über Teilbereiche des Vollzuges dieses Gesetzes abschliessen.

Art. 37

Mitwirkung von Organisationen und Firmen

1

Der Bund und die Kantone können Organisationen und Firmen für den Vollzug des Gesetzes beiziehen oder zu diesem Zwecke geeignete Organisationen schaffen.

2 Sie beaufsichtigen die Mitwirkung dieser Organisationen und Firmen. Die ihnen übertragenen Aufgaben und Befugnisse sind von der zuständigen Behörde in einem Leistungsauftrag zu umschreiben. Über ihre Geschäfts- und Rechnungsführung haben sie dieser Behörde Rechenschaft abzulegen. Die parlamentarische Kontrolle in Bund und Kantonen bleibt vorbehalten.

3 Der Bundesrat und die Kantone können die beauftragten Organisationen und Firmen ermächtigen, für ihre Tätigkeit Gebühren in Rechnung zu stellen.

Art. 38

Zutrittsrecht

Die mit dem Vollzug dieses Gesetzes beauftragten Behörden haben Zutritt zu den Räumen, Einrichtungen, Fahrzeugen, Gegenständen und Tieren; dabei haben sie die Eigenschaft der Organe der gerichtlichen Polizei.

Art. 39

Oberaufsicht des Bundes

Die Oberaufsicht des Bundes über den Vollzug dieses Gesetzes durch die Kantone obliegt dem Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement und der von diesem bezeichneten Bundesbehörde.

Art. 40

Gebühren

1

Sofern das Gesetz nicht anderes bestimmt, ist sein Vollzug gebührenfrei.

2

Die Kantone sind ermächtigt, Gebühren zu erheben für:

3

a.

Bewilligungen und Verfügungen;

b.

Kontrollen, die zu Beanstandungen geführt haben;

c.

besondere Dienstleistungen, die einen Aufwand verursacht haben, der über die übliche Amtstätigkeit hinausgeht.

Der Bundesrat bestimmt den Rahmen für die kantonalen Gebühren.

Art. 41

Kantonale Vorschriften

1

Soweit dieses Gesetz zu seiner Ausführung der Ergänzung durch kantonales Recht bedarf, sind die Kantone verpflichtet, die entsprechenden Vorschriften aufzustellen.

2

Die Kantone bringen die Ausführungsvorschriften dem Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement zur Kenntnis.

702

Tierschutzgesetz

2. Abschnitt: Aufhebung bisherigen Rechts Art. 42 Das Tierschutzgesetz vom 9. März 197817 wird aufgehoben.

3. Abschnitt: Referendum und Inkrafttreten Art. 43 1

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

17

AS 1981 562, 1991 2345, 1992 288, 1995 1469

703