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Bericht über die Grundzüge der Raumordnung Schweiz

vom 22. Mai 1996

Sehr geehrte Herren Präsidenten.

sehr geehrte Damen und Herren.

wir unterbreiten Ihnen den Bericht über die Grundzüge der Raumordnung Schweiz mit dem Antrag, davon Kenntnis zu nehmen.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

22. Mai 1996

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Delamuraz Der Bundeskanzler: Couchepin

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19%-2')7

Übersicht Der vorliegende Bertelli orientiert die eidgenössischen Räte, die Kantone und die Öffentlichkeit über die Grundzüge der enviinschten räumlichen Entwicklung als Grundlage der Raumordnungspolitik des Bundes. Die Erarbeitung des Berichts stützt sich auf einen Auftrag des Bundesrates.

Ausgangslage der Raumordnung Schweiz Das Wachstum der Wohnbevölkerung, strukturelle demographische Veränderungen, wie z. B. die Zunahme der Haushalte, und nicht zuletzt die vergleichsweise hohe Prosperität bestimmen den anhaltend steigenden Bedarf an Wohn-, Arbeits-, Freizeit- und Verkehrsflächen.

Die bestehenden grossen Nutzungsreserven im bereits überbauten Gebiet könnten theoretisch sämtliche baulichen Bedürfiiisse befriedigen.

Der heutige Trend der Entwicklung ist aber noch stark von der Zersiedlung geprägt. Sie führt zu hohen öffentlichen Kosten für die Erstellung, den Betrieb und den Unterhalt der dazu notwendigen Infrastrukturbauten.

Der tiefgreifende Strukturwandel in der Wirtschaft hat bedeutende räumliche Auswirkungen. Sie äussern sich je nach Region und Siedlungstyp unterschiedlich. Unverkennbar ist die Tendenz der Konzentration der Wirtschaß auf die Ballungsräume. Die räumliche Ausdehnung der Agglomerationen wird immer grösser, die Notwendigkeit zur Zusammenarbeit und zum Lastenausgleich zwischen Kemstadt und Agglomerationsgemeinden wächst. Die Schweiz verfügt allerdings noch immer über ein relativ ausgewogenes Netz von verkehrsmässig hervorragend verbundenen grossen, mittleren und kleinen Städten, das es zu erhalten gilt.

Die Ausgangslage für die Raumordnungspoïitik im ländlichen Raum ist vielgestaltig. Im Mittelland haben sich die Siedlungsgebiete auf Kosten der Landschaft ausgedehnt. Die Zersiedlung ist hier besonders ausgeprägt. Die Landschaft steht unier anhaltendem Siedlungsdruck und den Ansprüchen steigender Bewirtschaßungsintensität. Die Entwicklungspotentiale im Jurabogen liegen gleichermassen in der spezifischen Industriekultur, in der Qualität als Wohnstandort und in der besonderen Prägung der Erholungslandschaft. Der Voralpenraum wird vom landwirtschaftlichen Strukturwandel stark beeinflusse Massnahmen der Landwirtschaftspolitik, z. B. die Direktzahlungen, helfen, Einkommensverluste zu dämpfen. Die Entwicklung im Alpenraum verläuft je nach Gebiet sehr unterschiedlich. Abseits der touristischen Zentren sind die Beschäftigungsmöglichkeiten beschränkt. Hoher Baudruck. Zersiedlung und Belastungsgrenzen der

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Landschaft in den renommierten Tourismusregionen stellen grosse Herausforderungen an die Stärkung der touristischen Anziehungskraft.

Die Schweiz ist keine Insel in Europa. Vor allem die Städte stehen europaweit in einem harten Standornvettbewerb. Sie sind allein kaum in der Lage, gegenüber den g rossen europäischen Metropolen konkurrenzfähig zu bleiben. Im Prozess der europäischen Integration entstehen auch für unser Land neue Anforderungen an die Standortqualiiät und die räumliche Einbindung des Wirtschafts- und Lebensraumes Schweiz in Europa.

Strategien der Raumordnung Schweiz Die Strategien der Raumordnung Schweiz gehen nicht von einem festgefugten Leitbild des Siedlungs- und Landschaßsraumes Schweiz aus, welches zu einem bestimmten Zeitpunkt Realität werden soll. Sie bilden vielmehr ein in sich abgestimmtes Bündel von Leitsätzen für ein zielgerichtetes Handeln des Bundes im Rahmen seiner raumwirksamen Aufgaben.

Das Konzept des vernetzten Systems von Städten und ländlichen Räumen ist die wegleitende Idee zur geordneten, räum- und kostensparenden Weiterentwicklung des Lebens- und Wirtschaftsraumes Schweiz. Vernetzung hilft, Ungleichgewichte und Konfliktpotentiale zwischen Landesteilenf zwischen Stadt und Land, Zentrum und Peripherie abzubauen und zu mildern. Die räumliche Ennvicklung soll nachhaltig, das heisst wirtschaßlich, sozial und ökologisch verträglich gestaltet werden. Eine bessere Nutzung der überbauten Siedlungsgebiete erlaubt, das Wachstum in die Fläche zu begrenzen und die Landschaft vom Siedlungsdruck zu entlasten.

Die Strategien für die Städte zielen auf eine Stärkung der spezifischen Standortqualitäten und Entwicklungspotentiale und auf eine leistungsfähige Verknüpfung der Städte durch den öffentlichen und privaten Verkehr sowie durch die Telekommunikation. Zur Erhaltung und Weiterentwicklung der Funktionsfähigkeit der Städte als Wirtschafts- und Lebensraum bedarf es einer umfassenden Politik der Siedlungserneuerung. Dazu gehören z. B. die Förderung der Wohnqualität durch Nutzungsmischung, die erhöhte Flexibilität gegenüber wirtschaß!ichen Bedürfnissen und die Schaffung und Pflege der städtischen Aussenräwne. Für das Wachstum der Agglomerationen gilt der Grundsatz der räumlichen Begrenzung und der Entwicklung nach innen ganz besonders. Mit einem leistungsfähigen System des
öffentlichen Verkehrs soll ein Grossteil des Agglomerationsverkehrs räum- und umwcltschonend bewältigt werden.

Mil Blick auf den beschleunigten Struktunrandel sind die ländlichen Räume :.n stärken. Die Strategien im einzelnen sind ausgerichtet auf

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die unterschiedlichen Ennvìcklungspotentiale im Mittelland, im Jurabogen, in den Voralpen und im Alpenraum: Im Mittelland sieht die Erhallung und der Ausbau der Wohnlichkeit und Eigenständigkeit im Vordergrund, im Jurabogen die Pflege und Weiterennvicklung der Qualität als Wirtschafts- und Wohnstandort, in den Voralpen die Stärkung der Regionszentren und die Pflege der Kulturlandschaft sowie im Alpenraum die Erhaltung und Stärkung als Lebens- und Wirtschaftsraum und die Förderung eines umweltfreundlichen Tourismus.

Die Strategien zum Natur- und Landschaftsraum zielen auf vermehrte Schonung. Die Freihaltung der Landschaft vom Siedlungsdruck und von neuen Belastungen ist dazu eine der zentralen Voraussetzungen.

Angesichts des anhaltenden Nutzungsdrucks braucht es eine grossräumige und differenzierte Planung zur Wiederherstellung der Nutzungsvielfalt und zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen sowie der einheimischen Pflanzen- und Tierwelt.

Die Raumplanung kann einen wichtigen Beitrag zur verbesserten räumlichen Einbindung der Schweiz in Europa leisten. Die Strategien der Raumordnung haben eine aktive Mitarbeit auf den verschiedenen staatlichen Ebenen der grenzüberschreitenden und europäischen Raumordnung zum Ziel.

Aktionsfelder der Raumordnungspolitik des Bundes In den Aktionsfeldern der Raumordnungspolitik zeigt der Bund auf, wo und wie er die Strategien umsetzen will. Der Bund will in seinem eigenen Verantwortungsbereich eine aktive, zielgerichtete und zukunßsorientierte Raumordnungspolitik betreiben. Zur Ausrichtung seiner Sachpolitiken auf die Grundzüge der Raumordnung Schweiz wird der Bund: R die Gesetzgebung zum Lebensraum koordinieren, · durch Vereinfachung und Beschleunigung mehr Effizienz in den Entscheidverfahren bringen, · seine raumwirksamen Vorhaben besser planen und untereinander abstimmen, B den partnerschaftlichen Dialog zwischen Bund. Kamonen und Städten verstärken, E marktwirtschaftliche Instrumente für die Raumordnung einsetzen, · durch den Ausbau der nationalen Verkehrsnetze und zweck'massige Betriebskonzepte einen wesentlichen Teil zur Raumordnung Schweiz beitragen, K eine Agglnmcraiionspolitik entwickeln.

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· die Wohn- und Eigentumsförderung in den Dienst der Raumordnung stellen, E die eigenen Areale und Arbeitsstandorte strategiegerichtet einsetzen, E die Regionalpolitik und den Finanzausgleich auf die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit orientieren, E die nachhaltige Bewirtschaftung des Bodens und den ökologischen Ausgleich fördern, K die eigenen Verpflichtungen zur Schonung der Landschaft unifassend wahrnehmen und auf eine vermehrte Integration von Schutz und Nutzung hinarbeiten, B die räumliche Dimension in der Landwirtschaftspolitik besser beachten, · die Verkehrs-, Energie- und Kommunikationsnetze mit den europäischen Netzen verknüpfen, M die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit Nachbarstaaten fördern.

· aktiv beitragen zu einer europäischen Raumordnung.

Die Umsetzung der raumordnungspolitischen Strategienerffordert beim Bund keine zusätzlichen personellen und finanziellen Mittel. Eine zielgerichtete, kohärente Raumordnungspolitik wirkt längerfristig grundsätzlich kostensparend und fördert eine effiziente Nutzung des Bestehenden. Zwar verlangen die Verstärkung und Verbesserung der Koordination im Bereich derraumwirksamenn Aufgaben des Bundes einen höheren Einsatz an Personal. Dieser Mehraufwand kann aber durch Effizienzgewinne in der Zusammenarbeit und in den Abstimmungsverfahren aufgefangen werden.

Im Rahmen der Berichterstattung an das Parlament über den Stand, die Ergebnisse und die Wirksamkeit des Realisierungsprogramms 1989 und die Vorhaben des Realisierungsprogramms 1996 werden die Aktionsfelder näher umschrieben und konkretisiert.

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Bericht l

Wozu braucht es die Grundzüge?

Bundesrat Ende 1989 hat der Bundesrat das Bundesamt für Raumplanung unter wünscht Mitwirkung der Raumplanungskonferenz des Bundes beauftragt, räumlichen Grundzüge der Raumordnung Schweiz als Grundlage für die raumordOrientierungs- nungspolitische Koordination der Planungen des Bundes und der rahmen für die Kantone sowie zur Förderung der Diskussion über die Zukunft des Entwicklung Lebensraumes Schweiz zu erarbeiten. In der Legislaturplanung 1991des Landes 1995 hat der Bundesrat festgehalten, dass diese Arbeit «den Bezugsund ...

rahmen für die Entwicklung des Siedlungsraumes - in Verbindung mit dem angestrebten Verkehrssystem - sowie für eine sinnvolle Ordnung des Wandels im Landschaftsraum» darstelle. Dieser Auftrag steht vor dem Hintergrund der zunehmenden Herausforderungen an den Lebens- und Wirtschaftsraum Schweiz. Zwar halten gesetzliche Grundlagen, Konzepte und Pläne auf allen staatlichen Ebenen die Randbedingungen für die räumliche Entwicklung fest. Dennoch besteht ein Bedarf nach einem Orientierungsrahmen für die zielgerichtete Abstimmung der räumlichen Ansprüche.

... wird durch die Vernehmlassungsergebnisse bestärkt

Das Anliegen des Bundes, für seine eigenen raumwirksamen Tätigkeiten Grundlagen zur vermehrten Kohärenz im raumordnungspolitisehen Handeln zu schaffen, wurde in der öffentlichen Vernehmlassung zum Berichtsentwurf grossmehrheitlich anerkannt und als dringlich erklärt. Aus städtischer Sicht wurde begrüsst, dass der Bund die Probleme der Städte als Motoren der wirtschaftlichen Entwicklung endlich erkannt habe. Aus ländlicher Sicht und insbesondere aus dem Jurabogen sind dagegen kritische Stimmen laut geworden. Die raumordnungspolitischen Strategien seien zu städtelastig; die Schutzaspekte seien gegenüber den Nutzungsaspekten zu stark betont. Die Resultate der Vernehmlassung wurden, zusammen mit den Hinweisen aus der Konsultation der mit raumwirksamen Aufgaben betrauten Bundesstellen, im vorliegenden Bericht berücksichtigt.

Die Raumordnungspolitik steht vor neuen Herausforde- ' rungen

Trotz unbestreitbarer Erfolge der schweizerischen Raumordnungspolitik - zu nennen sind beispielsweise die Beiträge zur Sicherung der dezentralen Siedlungsstruktur, eine hohe Siedlungsqualität und -ausstattung, die Trennung von Baugebiet und Nichtbaugebiet und eine hohe Qualität der Infrastruktur - steht die Raumordnungspolitik heute und in Zukunft vor neuen Herausforderungen: · Im wirtschaftlichen Bereich bringen der beschleunigte Strukturwandel und die Globalisierung des Wettbewerbes neue regionale Ungleichgewichte mit sich, und die Anforderungen der Wirtschaft hinsichtlich der Standortvoraussetzungen steigen.

25 Bundcsblait 148. Jahrgang. Bd. III

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· Auch bei abgeschwächter Wirtschaftsentwicklung seit Beginn der neunziger Jahre sind ein anhaltender Flächenverbrauch und eine weitere Zersiedlung der Landschaft zu verzeichnen.

· Die fortschreitende europäische Integration erfordert raumordnungspolitische Antworten seitens der Schweiz, beispielsweise bei der Planung der internationalen Verkehrs- und Kommunikationsnetze.

· Die Verknappung der öffentlichen Finanzen erhöht den Druck auf eine besser koordinierte Infrastrukturplanung.

· Viele Bauten und Anlagen stehen vor einem grossen Renovationsbedarf. Daraus entstehen neue Möglichkeiten für die Siedlungsplanung und -erneuerung.

Die GrundDie Grundzüge sind eine Antwort des Bundes auf diese Herausfordezüge als rungen. Sie stellen einen strategischen Gesamtrahmen für die AusOrientierungs- richtung der Raumordnungspolitik dar. Sie zeigen, wie in Zeiten des rahmen...

Wandels in den nächsten 20 Jahren Chancen für unser Land genutzt und räumliche Fehlentwicklungen vermieden werden können. Die Bundesverfassung verteilt die raumrelevanten Aufgaben auf Bund, Kantone und Gemeinden. Auch innerhalb dieser drei Ebenen wird die Raumordnungspolitik von mehreren Fachbehörden wahrgenommen.

In dieser vielfältigen Aufgabenteilung führt Raumordnung nur zum Ziel, wenn die Beteiligten bestmöglich zusammenarbeiten und ihre Strategien und Massnahmen abstimmen. Für diese Zusammenarbeit bilden die Grundzüge einen Orientierungsrahmen.

... zur Lösung aktueller räumlicher Probleme

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Bei einer Vielzahl heute aktueller Probleme ist es wichtig, über einen klaren räumlichen Orientierungsrahmen zu verfügen: · Standortvoraussetzungen für die Wirtschaft Die Wirtschaft benötigt gute Standortbedingungen, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Eine ungeordnete Siedlungsentwicklung ist langfristig keine gute räumliche Voraussetzung. Die Grundzüge legen dar, wie der Wirtschaft optimale Standortvoraussetzungen für eine langfristig günstige Entwicklung geschaffen werden können.

· Deregulierung Bei der Überprüfung der Normendichte dienen die Grundzüge als Leitplanken, innerhalb deren eine grössere Flexibilitat gewährt werden kann.

· Regionale Ungleichgewichte und abnehmender nationaler Zusammenhalt Die Raumordnungspolitik hilft durch geeignete räumliche Strategien mit, die Wohlstandsgefälle und unzweckmässige Konzentrationserscheinungen zu vermindern. Dadurch trägt sie zur nationalen Kohäsion bei.

· Umweltgefährdurig Unter dem Druck des globalisierten Wettbewerbes droht die Gefahr, dass kurzfristige Vorteile auf Kosten der Umwelt und zukünftiger Freiräume erkauft werden. Die Raumordnungsstrategien helfen mit, umweltfreundliche Lösungen in Siedlung und Landschaft sowie im Verkehrswesen zu fördern, um damit im Sinne der Vor· sorge eine nachhaltige Raumentwicklung einzuleiten, die sowohl wirtschafts- als auch umweltverträglich ist. Damit können nachträgliche teure Korrekturen vermieden werden.

· Koordination der Infrastruktur Ein Orientierungsrahmen hierfür kann mithelfen, Anlagen zu optimieren und damit Flächen und Kosten zu sparen.

· Erneuerungsbedarf an Bauten und Anlagen Die Grundzüge zeigen auf, wie die grossen Potentiale im Bereich der Siedlungserneuerung optimal genutzt und die damit verbundenen Gefahren vermieden werden können.

· Verlust von Geborgenheit und vertrauter Umgebung Der rasche gesellschaftliche und wirtschaftliche Wandel bewirkt unter anderem einen Verlust an vertrauter Umgebung. Dies verunsichert viele Menschen. Raumordnungsstrategien können dazu beitragen, dass sich der bauliche Wandel vornehmlich an dazu geeigneten Orten vollzieht, während in anderen Gebieten Wandlungsgeschwindigkeit und -ausmass abgeschwächt bleiben.

Ziele der Grundzüge

Mit den Grundzügen verfolgt der Bund verschiedene Ziele: · Kohärente Raumordnungspolitik des Bundes sicherstellen Der Bund bestimmt mit seinen vielfältigen Tätigkeiten z. B. in den Bereichen der Infrastruktur, der Regionalpoütik, der Landwirtschaft oder des Umweltschutzes die Raumordnung entscheidend mit. Ohne übergeordnete Zielvorstellungen besteht die Gefahr, dass Synergien nicht genutzt werden oder dass sich die Wirkungen einzelner Tätigkeiten gegenseitig beeinträchtigen. Die Grundzüge sollen zu einer kohärenten Raumordnungspolitik des Bundes beitragen und helfen, die vorhandenen Kräfte und Mittel zu bündeln.

· Günstige Voraussetzungen für eine nachhaltige Entwicklung schaffen Eine zweckmässige Raumordnungspolitik schafft Voraussetzungen für eine günstige Weiterentwicklung unseres Lebens- und Wirtschaftsraumes. Nachhaltige Raumordnung heisst, räumliche Entwicklungen zu fördern, die das weitere Gedeihen der Wirtschaft unterstützen und dieses gleichzeitig umweit- sowie sozialverträglich gestalten.

· Zusammenhänge aufzeigen Wer raumwirksam tätig ist, muss wissen, wie Wirtschaft, Siedlung, Verkehr und Umwelt zusammenhängen", welche Beziehungen zwischen Stadt und Land, zwischen Siedlungs- und Landschaftsraum,

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zwischen der Schweiz und dem benachbarten europäischen Raum bestehen. Einzelne Vorhaben sollten sich daher an Leitideen der gesamträumlichen Entwicklung orientieren können.

· Eigenkräfte und Zusammenarbeit der Gemeinwesen fördern Die Grundzüge sollen die Gemeinwesen ermuntern, Eigenkräfte zu entwickeln und gleichzeitig die Zusammenarbeit zu suchen. Sie sollen ihnen ermöglichen, im Wissen um eigene Stärken und Schwächen Lösungen im regionalen Verbund oder im Städteverbund zu suchen. Gemeinsame Lösungen auf der Basis der Grundzüge können sowohl die eigene Lage verbessern als auch das Ganze stärken.

Verschiedene Adressaten unterschiedlicheAufgaben der · Grundzüge

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Die Grundzüge übernehmen für die verschiedenen Adressaten unterschiedliche Aufgaben: · Sie richten sich in erster Linie an den Bund. Bei der Erfüllung seiner raumwirksamen Aufgaben (Gesetzgebung, Planung, Koordination) sollen sie als massgebende Grundlage und verbindliche Leitlinie dienen.

· Die wesentlichen Kompetenzen für die Gestaltung des Lebensraumes Hegen in den Händen der Kantone. Ihnen wird für ihre eigene Planung und Koordination sowie für die Zusammenarbeit untereinander und mit dem benachbarten Ausland eine Diskussionsgrundlage zur Verfügung gestellt. Ein Meinungsaustausch zwischen Bund und Kantonen über die künftige Raumentwicklung ist unerlässlich. Die Grundzüge informieren die Kantone darüber, auf welche Leitvorstellungen der Bund seine raumwirksamen Tätigkeiten auszurichten gedenkt.

· Raumordnungspolitische Vorstellungen bleiben weitgehend Papier, wenn nicht Private ihre Standortentscheide und Investitionen auf die erwünschte räumliche Entwicklung ausrichten. Dem privaten Sektor sollen die Grundzüge der Raumordnung eine Orientierungshilfe für Investitionsentscheide und langfristige Dispositionen bieten.

Aufgaben der Grundzüge und Adressaten Aufgaben

Bund

Kantone

Private

Massgebende Grundlage Verbindliche Leitlinie

Diskussionsgrundlage für die Zusammenarbeit

Orientierungshilfe

Auf Bestehendem aufbauen

Mit den Grundzügen wird die Schweiz nicht neu geplant. Es wird vom Bestehenden ausgegangen. Die noch immer vergleichsweise dezentrale Siedlungsstruktur, die hohe Siedlungsqualität und -ausstattung, die bestehenden oder in Planung befindlichen Verkehrsnetze, Erfolge im Umweltschutz und die neu eingeleitete Landwirtschaftspolitik bieten eine gute Ausgangslage für eine zweckmässige Raumentwicklung in der Zukunft.

Nicht die Zukunft planen, aber eine tragfähige Rahmenordnung geben

Mit den Grundzügen soll und kann nicht die Zukunft geplant werden, denn wir wissen nicht, wie diese aussehen wird. Durch die Schaffung zweckmässiger räumlicher Leitplanken sollen dagegen schon heute erkennbare Fehlentwicklungen mit hohen Folgekosten im Wirtschaftliehen, Ökologischen und sozialen Bereich vermieden werden. Ferner sollen optimale Voraussetzungen für die Wirtschaft geschaffen werden. Damit sollen die Grundzüge helfen, Optionen in der Zukunft zu wahren und die Wohlfahrt nachhaltig zu verbessern.

26 Bundesblau 148. Jahrgang. Bd. III

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2

.Wo stehen wir heute?

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Raumentwicklung: Flächen und Strukturen

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Steigender Flächenverbrauch

Hohe Prosperitat hat Folgen für den Lebensraum

Unser Land erfreut sich trotz des seit Beginn der neunziger Jahre schleppenden Wirtschaf tsganges und der relativ hohen Arbeitslosigkeit im internationalen Vergleich immer noch eines hohen Niveaus an Prosperität. Der Ausbaugrad der Infrastruktur ist hervorragend, die Wohnbedingungen sind weitgehend gut, das Bildungs-, Kultur- und Freizeitangebot ist breit und von hoher Qualität. Der Wohlstand und die gesellschaftlichen und demographischen Entwicklungen bringen aber Veränderungen des Lebensraumes mit sich, die es zu bewältigen gilt.

Steigender Flächenbedarf, aber grosse Reserven

Mehr Einwohner und Arbeitskräfte, überproportional steigende Zahl der Haushalte und wachsende Ansprüche lassen den Bedarf an Wohn-, Arbeits- und Verkehrsflächen ansteigen. Besonders wichtig sind die demographischen Entwicklungen. In den nächsten 10 bis 15 Jahren ist mit einer weiteren, wenn auch geringeren Zunahme der Bevölkerung zu rechnen. Durch die Alterung der Bevölkerung ergeben sich · neue räumliche Bedürfnisse. Um die wachsenden Ansprüche befriedigen zu können, steht genügend Bauland bereit. Von den 244 000 ha ausgeschiedenen Bauzonen sind rund 40 Prozent noch uniiberbaut, und mehr als die Hälfte davon ist erschlossen.

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Entwicklung der Wohnbevölkerung und der über 65jährigen

2

Quelle: Bundesamt für Statistik, 1995: Statistisches Jahrbuch der Schweiz 1996; (BevBIkerungsszenarlo 3B-91). Zürich

Bedeutende Entwidklungsmöglichkeiten im überbauten Gebiet

Zusätzlich bieten im weitgehend überbauten Gebiet unterbelegte Altbauten, Dach- und Untergeschosse oder unternutzte Industrie- und Gewerbeareale Kapazitäten für neue Nutzungen. Die Nutzungsreserven im überbauten Gebiet könnten theoretisch sämtliche baulichen Bedürfnisse bis zum Jahr 2010 befriedigen. Der Ausnützung dieser Potentiale stehen aber häufig rechtliche und politische Hindernisse im Wege, so dass das Bauen auf der «grünen Wiese» zur Zeit immer noch einfacher ist.

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Überbautes Gebiet und Bauzonen

ausserhalb Bauzonen

99'OOQ ha Daten: Quellen:

Bauzonen

144'GOO ha

lOO'OOO ha

Bauzonen: 1975-1987; Erse h Messung: 1995 H à berli, R., et al., 1991; Bodenkultur. Zürich Bundesamt für Raumplanung, 1995: Erschllessungsübersieht. Bern

Zersiedlung...

Die zentrale Frage ist also nicht, ob der zusätzliche Raumbedarf gedeckt werden kann, sondern wo er gedeckt wird. Der heutige Trend verläuft sehr ungünstig. Die bauliche Entwicklung dehnt sich allmählich über das ganze Landesgebiet aus. Der Trend zum Wohnen in ländlicher Gegend, abseits der Grossstadt und des öffentlichen Verkehrs, unter gleichzeitiger Beibehaltung des Arbeitsortes in Stadtnähe, ist ungebrochen.

... hat hohe Infrastrukturkosten zur Folge

Die Zersiedlung führt zu einem hohen Bedarf an Infrastruktur (z. B.

Strassen, öffentlicher Verkehr, Ver- und Entsorgung, Öffentliche Dienste und Einrichtungen). Bei geringer Besiedlungsdichte fallen die Investirions-, Betriebs- und Erneuerungskosten für die Infrastruktur pro Einwohner vergleichsweise hoch aus. Angesichts der angespannten Lage der öffentlichen Finanzen auf allen Ebenen des Staates sind heute Unterhalt und Erneuerung der bestehenden Anlagen gefährdet.

Der Wert der gesamten schweizerischen Tiefbauten wird auf rund 400 Milliarden Franken geschätzt. Rechnet man für die langfristige Substanzerhaltung mit jährlichen Aufwendungen von durchschnittlich 2 Prozent des Gesamtwertes, wären rund 8 Milliarden Franken pro Jahr für den Unterhalt dieser Infrastrukturen notwendig.

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Âuchausserhalb der Bauzonen wird emsig gebaut

Obschon die Trennung von Baugebiet und Nichtbaugebiet ein Hauptanliegen der Raumplanung ist, werden jährlich zahlreiche Bewilligungen für Bauten und Anlagen aüsserhalb der Bauzonen erteilt.

Gesamthaft sind 52 000 ha aüsserhalb der Bauzonen überbaut (ohne Verkehrsflächen), was etwa 30 Prozent der gesamten überbauten Fläche der Schweiz ausmacht. Jedes vierte Gebäude steht aüsserhalb der Bauzone. Davon sind zwar 70 Prozent landwirtschaftliche Gebäude.

Mit Blick auf den Strukturwandel in der Landwirtschaft lässt dies allerdings einen wachsenden Umnutzungsdruck erwarten. Die prägenden baulichen Eigenheiten der Kulturlandschaft könnten langsam verschwinden und die Zersiedlung der Landschaft verstärkt werden.

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Anteil Gebäude und Volumen ausserhalb der Bauzonen am gesamten Bestand

20%

40%

60%

80%

·

Anteil Gebäude ausserhalb der Bauzonen

H

Anteil Volumen ausserhalb der Bauzonen

4

100%

Quelle: Dundesamt für Raumplanung, 1994: Bauten ausserhalb der Bauzonen. Bern

Zersiedlung belastet die Umwelt

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Die durch die disperse Siedlungsentwicklung entstehenden Pendlerströme stützen sich hauptsächlich auf den Individualverkehr ab, was zu Umweltproblemen wie Luftverschmutzung, Lärm, FJächenverbrauch, Landschaftsbeeinträchtigungen und überproportional ansteigendem Energieverbrauch führt.

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Räumlich-wirtschaftlicher Strukturwandel

Siedlungs- und Wirtschaftsentwicklung gefährdet Zentrengefüge

Trotz der sich laufend stärker über das Land ausbreitenden Besiedlung ist gleichzeitig eine starke Tendenz zur Konzentration der betrieblichen. Entscheidungszentren und der qualifizierten Dienstleistungsbetriebe auf wenige grosse Verdichtungsräume unverkennbar.

Das historisch gewachsene polyzentrische Städtegefüge ist gefährdet.

Strukturwandel in der Wirtschaft: Tertiarisierung

Die gegenwärtige wirtschaftliche Lage ist nicht nur konjunkturell, sondern von einem tiefgreifenden Strukturwandel geprägt. Der Trend zur Verschärfung des Wettbewerbes und zur Tertiarisierung schreitet weiter voran. Die Aussichten der einzelnen Wirtschaftssektoren und -branchen sind sehr unterschiedlich. Im primären Sektor ist aufgrund grosser Produktivitätszuwächse und beschränkter Absatzmöglichkeiten mit einem weiteren Rückgang der Beschäftigung und Einkommen zu rechnen. Die schweizerische Industrie ist mit einer Verschärfung des Wettbewerbes und Tendenzen zur Globalisierung konfrontiert.

Durch Produktionsauslagerungen und Rationalisierungen versuchen sich die Unternehmen zu behaupten. Dadurch sinkt aber die Beschäftigung in der Produktion in der Schweiz. Komparative Vorteile der Schweiz bestehen im Bereich know-how-intensiver Güter sowie bei den Dienstleistungen, beispielsweise bei Finanz- und Versicherungsdienstleistungen.

Strukturwandel in der Wirtschaft hat räumliche Auswirkungen

Der Strukturwandel wirkt sich sehr unterschiedlich auf die Regionen aus, weil die Branchen mit relativ günstigen und jene mit eher ungünstigen Entwicklungsaussichten ungleich verteilt sind. Mit überdurchschnittlichen Beschäftigungsentwicklungen ist in erster Linie in städtisch geprägten Mittellandregionen mit guten Standortvoraussetzungen für den Dienstleistungssektor zu rechnen. Dieser Wandel wird in der Zielrichtung kaum, dafür eher in Tempo und Umfang vom Integrationsstand der Schweiz in Europa abhängen.

Eher ungünstige Aussichten für ländliche Regionen

Weniger günstig präsentieren sich die wirtschaftlichen Aussichten in agrarischen und ländlich-industriellen Regionen sowie in Teilen der Berggebiete. Der industriell-gewerbliche Sektor weist in manchen Regionen strukturelle Schwächen auf, die sich bei einer Verschärfung des Wettbewerbes negativ auswirken. Im Bereich der Dienstleistungen ist im ländlichen Raum eher mit einem Arbeitsplatzabbau zu rechnen, z. B. wegen der Schliessung ertragsschwacher Filialen von Dienstleistungsunternehmen, wie z. B. Banken. Bei der öffentlichen Hand (z. B. PTT, EMD-Arbeitsplätze und Armeereform) ist angesichts der ungünstigen Finanzlage eine ähnliche Tendenz zu erwarten. In der Landwirtschaft, welcher in agrarischen Regionen eine vergleichsweise grosse wirtschaftliche Bedeutung zukommt, werden wegen des

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Strukturwandels die Zahl der Betriebe und die landwirtschaftlichen Einkommen weiter sinken.

Entwicklung der Landwirtschaft Index 1955 200--p--»--· Ì

= 100

175-i

1965

1975

1985

1990

Quelle: Bundesamt für Statistik, 1993: Statistisches Jahrbuch der Schweiz 1994. Zürich

Entwicklung im Tourismus ist rückläufig

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Die rasche Entwicklung des Tourismus nach 1950 begann sich in den achtziger Jahren abzuflachen. Zu Beginn der neunziger Jahre ist sie gar rückläufig. Die touristische Infrastruktur weist im internationalen Vergleich zwar einen hohen Stand auf. Neben anderen Ursachen lassen heute vor allem sinkende Flugtarife und die starke Aufwertung des Schweizer Frankens ausländische, insbesondere Überseedestinationen zu einer immer stärkeren Konkurrenz werden. Von der rückläufigen Entwicklung des Tourismus sind die Berggebiete besonders betroffen, weil sie heute sehr stark davon abhängig sind und weil nur wenige wirtschaftliche Alternativen erkennbar sind.

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Infrastruktur: Guter Stand, absehbare Defizite

Gutes Infrastrukturangebot

Die Schweiz verfügt heute über eine ausgezeichnete Ausgangslage in der Infrastrukturausstattung, insbesondere in den Bereichen Verkehr, Ver- und Entsorgung, Ausbildung, Gesundheitswesen und Erholung.

Die Infrastrukturen werden auch mit beträchtlichem Aufwand weiter ausgebaut (z. B. BAHN/BUS 2000, NEAT, Nationalstrassennetz).

Erkennbare Defizite

Trotz dieser guten Ausgangslage treten verschiedene Probleme hervor. Die disperse Zersiedlung unseres Lebensraumes hat grosse Infrastrukturkosten pro Person zur Folge. Ferner werden zur langfristigen Finanzierbarkeit der Betriebs- und Unterhaltskosten der Infrastrukturen bzw. der öffentlichen Dienstleistungen zunehmend Bedenken geäussert. Probleme stellen sich auch mit der teilweisen ungenügenden Einbindung in Europa, etwa im Bereich der Hochgeschwindigkeitsbahnen und des Gütertransitverkehrs.

Wachsender Vor diesem Hintergrund ergeben sich grosse Aufgaben für die RaumKoordinations- Ordnungspolitik im Bereich der Koordination. Doppelspurigkeiten bedarf beim Bau und Betrieb von Infrastrukturen können aufgrund der beschränkten Mittel immer weniger verkraftet werden. Konzepte und klare Strategien, wie sie in den Grundzügen dargelegt werden, sind notwendig, um eine zweckmässige und zielgerichtete Infrastrukturplanung zu gewährleisten.

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Städte und Agglomerationen

Unterschiedliehe Problemlagen in den Teilräumen der Schweiz

Die Probleme in städtischen Gebieten, d.h. in Agglomerationen sowie Städten, die keiner Agglomeration angehören, unterscheiden sich stark von jenen in ländlichen Regionen. Im ländlichen Raum wiederum sind die unterschiedlichen Strukturen und Probleme im Mittelland, im Jura, in den Voralpen und im Alpenraum zu beachten.

Verstädterte Schweiz

Im Jahre 1990 wohnten 69 Prozent der Gesamtbevölkerung in Städten und Agglomerationen. Die Schweiz ist heute also weitgehend verstädtert. Der Urbanisierungsprozess erfasst zunehmend auch ländliche und alpine Gebiete.

Agglomerationen und Städte

·

Agglomerationen und Städte 1990

H internationale Agglomerationen 1990 Quelle; Sundesamt für Statistik, 1994: Die Raumgdederungen der Schweiz. Bern

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Entmischungsprozesse zwischen KernStädten und Agglomerationsgemeinden

Die Entwicklung in den Agglomerationen wird durch Entmischungsprozesse zwischen der Kernstadt, den Vorortsgemeinden und der Peripherie geprägt. Während die Zahl der Arbeitsplätze in der Kernstadt und im inneren Agglomerationsring konstant bleibt oder wächst, nimmt die Zahl der Einwohner in der Regel ab. Die äusseren Agglomerationsgürtel sind einseitig auf das Wohnen ausgerichtet. Die Folgen dieser Entwicklung sind überlastete innerstädtische Verkehrsnetze und demographisch überalterte Stadtquartiere. Wohn- und Lebensqualität werden durch Lärmbelastung, Luftverschmutzung, zunehmende Angst vor Gewalt usw. beeinträchtigt. Funktionsfähigkeit und urbane Lebensqualität einer Stadt gehören jedoch vermehrt zu den Standortvoraussetzungen der Wirtschaft, insbesondere für Betriebe, die hochqualifiziertes Personal beschäftigen.

AgglomeraHohe Bodenpreise und Nutzungsverdrängung in den Kernzonen fühtionsringe ren zu einem Investitionsdruck in den Agglomerationsgemeinden. Bewerden grösser stehende, meist ländliche Strukturen weichen Verkehrsflächen und grossen Überbauungen. Immer mehr befinden sich auch die Arbeitsplätze in den Vorortsgemeinden. Mit der zunehmenden Bedeutung von Agglomerationsgemeinden als Arbeitsplatzstandorte verlagern sich die Probleme der Kernstädte vermehrt in die Agglomerationsgemeinden.

Der Zug der Bewohner ins Grüne verläuft in Wellen über die stadtnahen Gemeinden immer weiter in das Umland hinaus.

Institutionelle Grenzen werden gesprengt

Die Agglomerationsentwicklung sprengt mehr und mehr herkömmliehe institutionelle Grenzen: nicht nur Gemeinde-, sondern zunehmend auch Kantons- und Landesgrenzen. Die Agglomerationsräume können dadurch in ihrer Funktionsfähigkeit beeinträchtigt werden.

Institutionelle Reformen, neue Formen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und finanzielle Ausgleichsregelungen für Nutzen und Lasten sind erforderlich.

Hierarchisierung im schweizerischen Städtesystem

Durch die Verlagerung der Wirtschaftstätigkeit vom Landwirtschaftsund Industriesektor hin zu den Dienstleistungen und durch die Tendenzen zur Konzentration in der Wirtschaft werden vor allem einige wenige grossstädtische Zentren gestärkt. In unserem Land sind dies insbesondere Zürich, Genf und Basel. Eine überragende Bedeutung kommt dabei Zürich zu. Keine schweizerische Stadtregion erreicht allerdings die Einwohnerzahl von Metropolen mit internationaler Bedeutung wie z. B. London oder Frankfurt. Dennoch haben die Grossagglomerationen Genf, Basel und Zürich als Sitz internationaler Organisationen und Unternehmen, bedeutender Bildungseinrichtungen sowie der interkontinentalen Flughäfen internationale Ausstrahlung.

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Unterschiedliches Entwicklungspotential je nach Grosse und Bedeutung der Städte

Die grossen Agglomerationen und die Zentren in deren Einzugsbereich verfügen also über gute Standorteigenschaften für Dienstleistungsbetriebe mit hoher Wertschöpfung und haben daher gute Entwicklungsaussichten. Bei den mittleren und kleinen Städten sind die Aussichten gemischt. Mittlere Städte mit einem traditionellen Schwerpunkt im Bereich der Dienstleistungen weisen bessere Entwicklungsmöglichkeiten auf als industriell geprägte Mittel- und Kleinstädte.

Das dezentrale Städtesystem als entwicklungsfahige Ausgangstage

Trotz dieser Entwicklungen verfügt die Schweiz immer noch über ein relativ ausgewogenes Netz von grossen, mittleren und kleinen Städten mit unterschiedlichen Funktionen, die sich gegenseitig ergänzen.

Auch mittlere und kleinere Zentren verfügen in unserem Land über eine sehr gute Infrastruktur und sind verkehrsmässig hervorragend untereinander verbunden. Damit besteht eine gute Ausgangslage zur Erhaltung und Stärkung unseres dezentralisierten Städtesystems als Rückgrat einer international wettbewerbsfähigen Schweiz, an deren Wohlstand gleichwohl alle Landesteile teilhaben können.

Chancen zur Für die Städte eröffnen sich grosse Chancen für eine Neuorientierung Neuausrichihrer räumlichen Entwicklungspolitik und ihrer Verkehrspolitik.

tung der BAHN/BUS 2000, NEAT und die Einbindung der Schweiz ins euroVerkehrs- und päische Hochgeschwindigkeitsnetz der Bahnen steigern die StandRaumordortattraktivität der Gebiete um die wichtigen Bahnhöfe. Zugleich benungspolitik in findet sich ein Grossteil der zur Umnutzung anstehenden Industrieden Städten areale im unmittelbaren Einzugsbereich dieser Verkehrsknoten.

23 Vielfältige, wichtige Funktionen

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Ländliche Räume

Die über die ganze Schweiz verteilten ländlichen Räume - verstanden als nichtstädtische Gebiete - übernehmen wichtige Funktionen für das ganze Land. Als Lebens- und Wirtschaftsraum beherbergen sie naturgemäss die überwiegende Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe, aber auch die für unser Land wichtigen kleinen und mittleren Unternehmen des industriell-gewerblichen Sektors. Die ländlichen Räume erfüllen ferner eine Erholungsfunktion im Interesse des Tourismus und der städtischen Bevölkerung. Schliesslich sind die ländlichen Räume von zentraler Bedeutung für den ökologischen Ausgleich und den Ressourcenschutz. Diese Funktionen sind zwar wirtschaftlich nicht immer sehr einträglich. Da sie im Interesse einer langfristigen, nachhaltigen Entwicklung des Landes und insbesondere auch der städtischen Gebiete unverzichtbar sind, sind Massnahmen zur Stärkung der wirtschaftlichen Lebensfähigkeit des ländlichen Raumes notwendig.

231 Zersiedlung ,und hohe Bewirtschaftungsintensität im Mittelland

Potentiale vorab beim Wohnen

Mittelland

Die Siedlungsgebiete haben sich auf Kosten der Landschaft wesentlieh vergrössert. Die Zersiedlung ist im Mittelland besonders gross.

Zudem hat die Landwirtschaft eine Bewirtschaftungsintensität erreicht, welche die Natur in starkem Masse zurückdrängt. Die Nachfrage nach siedlungsnahen Erholungsräumen und -einrichtungen gewinnt wegen des ansteigenden Stellenwerts der Freizeit laufend an Bedeutung. Eine beinahe unerschöpfliche Vielfalt von Ansprüchen mit unterschiedlichen Auswirkungen auf den Landschaftsraum ist die Folge.

In der Landwirtschaft setzen sich "die Tendenzen zur Konzentration und Vergrösserung der Betriebsflächen bei abnehmender Betriebszahl und eher sinkenden Einkommen fort. In anderen Wirtschaftsbereichen dürften die Wachstumschancen nicht allzu gross sein, da die Standortqualitäten ländlicher Ortschaften in grösserer Entfernung von Agglomerationen für Betriebe aus dem Bereich hochwertiger Dienstleistungen wenig attraktiv sind. Hingegen verfügen zahlreiche ländliche Dörfer über intakte Entwicklungspotentiale als Wohnorte, wobei die Grenzen allerdings bei der umweltgerechten Mobilitätsbewältigung liegen.

232

Jurabogen

Wichtiger Industrieraum der Schweiz

Der Jurabogen ist ein industrieller Schwerpunktraum der Schweiz.

Neben bedeutenden industriellen Mittelzentren finden sich in diesem Landesteil auch sehr abgelegene Standorte mit teilweise äusserst erfolgreichen Klein- und Mittelbetrieben. Allerdings ist die Industriestruktur immer noch stark von Branchen geprägt, deren Wachstumsaussichten unsicher sind (z. B. Metall-, Uhrenindustrie). Die ausgesprochene Industriekultur und gut ausgebildete Arbeitskräfte bilden aber ein Potential, das für neue wirtschaftliche Aktivitäten genutzt werden kann.

Attraktive Kulturlandschaft

Trotz seiner stark industriell geprägten Struktur verfugt der Jurabogen über eine äusserst attraktive Kulturlandschaft. Die Qualität als WohnStandort ist gross. Ansätze für die Entwicklung eines ländlichen Tourismus mit Wandern, Velofahren, Reiten, Ferien auf dem Bauernhof usw. sind vorhanden. Der Jurabogen bietet günstige Bedingungen für Gäste, welche die touristische Betriebsamkeit in den Alpen meiden wollen und statt dessen Ruhe und Abgeschiedenheit fernab von den grossen Massen suchen.

577

233

Voralpen

Häufig noch Gewisse Voralpengebiete in grösserer Entfernung von grossstädtischen prägende Rolle Zentren, wie z. B. das Napfgebiet oder Appenzell, weisen von allen.

der Landwirt- Regionen der Schweiz mit über 20 Prozent heute noch die höchsten schaft Beschaftigtenanteile in der Landwirtschaft auf. Diese Gebiete werden sehr stark vom-Strukturwandel in der Landwirtschaft und von der Entwicklung der Landwirtschaftspolitik beeinflusst. Allerdings kommen der Ausbau der Direktzahlungen und der Abbau der produktionsgebundenen Stützungsmassnahmen der voralpinen - wie auch der jurassischen und der alpinen - Landwirtschaft eher entgegen, da die erschwerten Pröduktionsbedingungen der Berggebiete im neuen System der landwirtschaftlichen Stützung weniger nachteilig wirken.

Chancen im ländlichen Tourismus und bei bereits ansässigen Betrieben

Die Entwicklungsaussichten im Tourismus sind gemischt. Einerseits steckt der voralpine Skitourismus unter anderem aufgrund häufigen Schneemangels in einer Krise. Demgegenüber sind Ansätze für die Entwicklung eines ruhigen ländlichen Tourismus vorhanden. Wieweit darüber hinaus neue Arbeitsplätze geschaffen werden können, hängt wesentlich von den Entwicklungsaussichten der bereits ansässigen industriell-gewerblichen Betriebe ab. Neue Betriebe lassen sich nur schwer in nennenswerter Zahl aufbauen. Die Chancen dieser Regionen als Wohnorte werden neben dem Angebot an Bildungsmöglichkeiten vor allem durch die Erreichbarkeit von Arbeitsplätzen innerhalb und ausserhalb der Region bestimmt.

234 Unterschiedliche Entwicklung im Alpenraum

578

Alpenraum

Die Entwicklung im Alpenraum verläuft je nach Gebiet sehr unterschiedlich. Rückzug aus abgelegenen Talschaften, Ausdehnung von Brachflächen und Wald einerseits, flächige Zersiedlung der besser erschlossenen Gebiete, Übernutzung touristischer Gebiete, Intensivierung der landwirtschaftlichen Flächennutzung auf den gut geeigneten Böden andererseits kennzeichnen die Pole der Entwicklung. Die Wanderungsbewegungen sind zum Teil von folgenschweren Veränderungen im Altersaufbau der Bevölkerung in den Entleerungsgebieten begleitet.

Bevölkerungsentwicklung 1980-1990

Bevölkerungsentwicklung in den MS-Regionen (Mobilité spatiale) im Vergleich zur gesamtschweizerischen Entwicklung L_J unterdurchschnittlich (-6.5 bis +6%) durchschnittlich (+6 bis ·

+10%)

überdurchschnittlich (+10 bis +33.5%)

Quellen: Bundesamt für Statistik: Volkszählungen 1980 und 1990. Bern

Starke Entwicklung in renommierten Tourismusgebieten

Vor allem in den renommierten Regionen des Fremdenverkehrs hat eine starke bauliche Entwicklung stattgefunden. Sie hat die Landschaft nachhaltig geprägt. Insbesondere der Zweitwohnungsbau trug zur grossräumigen Ziersiedlung der Landschaft und zum Verlust an Attraktivität von Erholungslandschaften und Siedlungen bei. Auch wenn nur noch selten Skigebiete neu erschlossen wurden, führte die Steigerung der Transportkapazitäten in den bereits erschlossenen Gebieten zu einer intensiveren Nutzung und Belastung der ökologisch empfindlichen alpinen Natur- und Kulturlandschaft und zu einem anhaltenden baulichen Druck auf die Ferienorte.

Konzentration im Tourismus ist absehbar

Verschiedene Indizien weisen darauf hin, dass die renommierten Fremdenverkehrsorte die besten Entwicklungsaussichten haben. Weniger bekannte Tourismusregionen mit einfacherem Angebot und teilweise auch geringerer Schneesicherheit werden es künftig eher schwerer haben, im internationalen touristischen Wettbewerb zu bestehen.

579

Abseits der TourismusZentren eher beschränkte Beschäftigungsmöglichkeiten

Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe geht auch in den Alpen zurück. Die vorhandenen Industrie- und Gewerbebetriebe gehören häutig Branchen an, die mit Strukturschwächen kämpfen. Trotzdem konnten zwischen 1980 und 1990 viele Bergregionen überdurchschnittliche Bevölkerungsentwicklungen verzeichnen. An Orten mit guter Verkehrsgunst zu inner- und randalpinen Zentren erleichtern das gut ausgebaute Strassennetz und der steigende Motorisierungsgrad das Wegpendeln in auswärtige Arbeitsplatzschwerpunkte. Allerdings ist damit ein an sich unerwünschter Pendlerverkehr in Kauf zu nehmen.

Grenzen der Wasserkraftnutzung

An Grenzen stösst auch die Nutzung der Wasserkraft. Häufig werden Gewässer in grossen Verbundsystemen gefasst und umgeleitet, Naturnah und ohne Verbauungen fliessende Gewässer im Alpenraum werden immer seltener. Wenn dem quantitativen Ausbau Grenzen gesetzt sind, kommt der Frage der Abgeltung der Wasserkraftnutzung durch angemessene Wasserzinsen eine umso grössere Bedeutung zu.

580

24 Schleichender Verlust an Naturnähe

Landschaft unter Druck

Der Flächenverbrauch für Siedlung, Verkehr, Erholung und die intensive Bewirtschaftung des Bodens durch die Landwirtschaft haben die naturnahen Landschaften stark zurückgedrängt. Durch Einengung und Zerschneidung der angestammten Lebensräume auf immer kleinere und räumlich isolierte Biotope werden Populationen auseinandergerissen und die kritische Grosse zum Überleben unterschritten.

Die roten Listen über die bedrohten Pflanzen- und Tierarten werden immer länger.

Landschaftsveränderungen und Ffächenbeanspruchungen in der Schweiz pro Sekunde 3,5nf-(

Om

1972-1983 ·

1978-1989

11] von Landschaftsveränderungen betroffene Fläphen in m2 · ·

für Bauten und Anlagen beanspruchte Flächen in m2

Quelle: Bundesamt für Raumplanung, Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft, 1994: Landschaft unter Druck - Fortschreibung. Gern

581

Bedrohte Vielfalt der Landschaft

Die unterschiedlichen Funktionen des Natur- und Landschaftsraumes für die Produktion, die Erholung, den ökologischen Ausgleich, als Lebensraum für die Pflanzen- und Tierwelt und als Dokument unserer Kulturgeschichte kommen je länger je weniger in gemischter Vielfalt, sondern zunehmend nur noch räumlich getrennt zur Geltung.

Der Landschaftsraum ais AusweichStandort für Bauten und Anlagen

Der Natur- und Landschaftsraum ist auch Standort für Bauten und Anlagen, die vornehmlich den städtischen Räumen dienen. Vielfach handelt es sich um Einrichtungen, die in den Siedlungen selbst keinen Platz mehr finden. Die Akzeptanz für Aus- und Neubauten von Flugplätzen, Strassen, von Anlagen der Energiegewinnung und -Verteilung, militärischen Anlagen, für Deponien, Kiesgruben usw.

nimmt jedoch immer mehr ab, obwohl der Bedarf an solchen Einrichtungen meistens noch zunimmt.

Landschaft ist auch ein wirtschaftlicher Faktor

Intakte Landschaften haben nicht nur ökologische Bedeutung, sie sind auch das wichtigste touristische Kapital unseres Landes und langfristig eine elementare Voraussetzung für die Attraktivität der Erholungslandschaft. Auch als wirtschaftlicher Standortfaktor gewinnt eine reizvolle landschaftliche Umgebung sowohl für die Arbeitsplatzwahl als auch für Standortentscheidungen von Unternehmungen an Bedeutung.

25 Die Schweiz ist keine Insel

582

Die Schweiz im internationalen Umfeld

Die Entstehung des Europäischen Wirtschaftsraumes mit mehr als 370 Millionen Menschen und die Öffnung nach Osten schaffen neue Voraussetzungen für europaweite Verflechtungen. Weltweit werden die Handelsbedingungen liberalisiert. Die Schweiz kann sich aufgrund der starken Ausrichtung ihrer Wirtschaft auf den internationalen Markt diesen Herausforderungen kaum entziehen. Auch Probleme des Umweltschutzes verlangen immer mehr nach internationaler grenzüberschreitender Zusammenarbeit.

Europäisches Städtenetz

Schienenverbindung der wichtigsten Zentren mit hohen Geschwind igkeitsund/oder Bedienungsstandards Quellen: Brunet, R. et al., (DATAR), 1989: Les villes européenes. Montpellier.

Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, 1994: Europäisches Städtenetz. Poster. Bonn (verändert)

Einzugsbereich der Grenzregionen und -städte erweitertsich .

Die Grenzregionen und die Grenzstädte haben die Chance, ihren Binzugsbereich über die Grenzen zu erweitern und ihre Kontakte zu grenznahen Städten im Ausland zu intensivieren. Dadurch könnten sie einen Attraküvitätsschub erfahren und im Vergleich mit den Übrigen Schweizer Städten an Bedeutung gewinnen. Dies bedingt aber die Lösung grenzüberschreitender Koordinationsprobleme, z. B. in den Bereichen Verkehr und Siedlung. Vermehrte grenzüberschreitende Zu583

sammenarbeit der betroffenen Organisationen (z. B. Regionalplammgsverbände oder kantonale Behörden) sowie das INTERREGProgramm können dazu beitragen.

Vorteile des WirtschaftsStandortes Schweiz

Obwohl sich die Lage der Schweiz im europäischen StandortWettbewerb verschlechtert hat, ist der Wirtschaftsstandort Schweiz für wichtige Bereiche immer noch günstig. Erwähnenswert sind etwa die relativ geringe Steuerbelastung, die tiefen Zinsen, eine gut ausgebaute Infrastruktur, der Arbeitsfriede, gut ausgebildete, sprachkundige Arbeitskräfte mit einem ausgeprägten Qualitätsbewusstsein und eine hohe Arbeitsproduktivität.

Bei zunehmen- Nur Städte haben für wichtige Teile der Wirtschaft, vor allem für hochder Konkurweitige Dienstleistungen, die notwendige Zentralität. Es sind denn auch renz sind wirt- vorab die städtischen Regionen, welche europaweit in einem Standortschaftsstarke Wettbewerb stehen. Im internationalen Meinungsspiegel werden ZüMetropolen im rieh und Genf trotz ihrer vergleichsweise geringen Einwohnerzahl als Vorteil Weltstädte eingestuft. Es ist für die Schweiz von grosser Bedeutung, über solche Zentren zu verfügen. Allerdings stellt sich die Frage, ob diese hohe Positionierung im internationalen Städtegefüge längerfristig beibehalten werden kann. Die einzelnen Schweizer Stadtregionen sind allein kaum in der Lage, gegenüber den grossen europäischen Metropolen konkurrenzfähig zu bleiben.

Die Schweiz muss sich gesamthaft einbringen

Nur wenn die Schweiz alle Kräfte und Vorteile gesamthaft einbringt, kann sie als Ganzes im europäischen Standortwettbewerb ihre Chancen voll wahrnehmen. Wichtig ist eine weitere Stärkung und Vernetzung unserer Städte, damit die unterschiedlichen Potentiale der verschiedenen Stadtregionen durch Bündelung aufgewertet werden können. Bedeutsam ist auch die Vernetzung mit den ländlichen Räumen, denn städtische und ländliche Räume sind gegenseitig aufeinander angewiesen,

Gute verkehr- Trotz zunehmender Bedeutung der Telekommunikation für Wirtschaft liehe Vernetund Gesellschaft bleibt eine gute Verkehrserschliessung eine der wichzung als tigsten Voraussetzungen für die künftige Entwicklung. Unser Land ist Entwicklungs- durch die Interkontinental-Flughäfen Zürich-Kloten, Genf-Cointrin und Voraussetzung Basel Europort sowie durch das Strassen- und Bahnnetz im allgemeinen gut mit Europa und der Welt verbunden. Damit dies in Zukunft so bleibt, sind weiterhin Anstrengungen erforderlich.

Einbindung ins europäische Hochgeschwindigkeitsnetz der Bahnen 584

Zurzeit entsteht ein europaweites Netz von Hochgeschwindigkeitsbahnen, das die wichtigen Zentren miteinander verbindet und die Strasse sowie den Regionalflugverkehr entlasten soll. Damit werden auch Voraussetzungen für die notwendige Reduktion der klimawirksamen Abgase geschaffen. Die NEAT und die Anstrengungen zur baulichen

und betrieblichen Einbindung der Schweiz ins internationale Hochgeschwindigkeitsnetz der Bahnen werden einen wichtigen Beitrag zur Anbindung leisten.

Europäisches Eisenbahnnetz Richtplan der Schnellstrecken

bestehend September

10

1991

geplant bis 2010 andere wichtige Linien '-.' zu überprüfende Schlüsselstellen Quelle: Kommission der europäischen Gemeinschaften, Generaldirektion Reglonalpolltlk, 1991: Europa 2000. Bruxelles/Luxembourg. In: Bundesamt für Raumplanung, 1995: Übersicht 1994. Bern

Konkurrenzkampf im Flugverkehr

Nicht weniger wichtig ist die Einbindung der Schweiz in das europäLsehe und weltweite Flugverkehrsnetz. Unsere grossstädtischen Zentren - und damit das ganze Land - sind auf gute Flugverbindungen zu den wichtigen Weltstädten angewiesen. Die Deregulierung im Flugverkehr 585

dürfte in Europa zu einem stärker hierarchisch aufgebauten Flugnetz führen. Welche Bedeutung den Schweizer Flughäfen im künftigen Netz zukommen wird, ist noch offen. Die Zahl der Direktflüge könnte jedenfalls zugunsten von regionalen Zubringerflügen zurückgehen. Zusammenarbeit mit anderen Flughäfen sowie optimale Verknüpfung mit dem Schienennetz werden zunehmend Bedeutung erhalten.

Vorkehren für einen umweitfreundlichen Gütertransitverkehr sind getroffen

Der europäische Binnenmarkt wird zu einem markanten Anwachsen des Transitverkehrs fuhren. Die Verlagerung des alpenquerenden Gütertransitverkehrs von Grenze zu Grenze auf die Schiene muss gemäss Artikel 22 der Übergangsbestimmungen zum neuen «Alpeninitiative»Verfassungsartikel, Artikel 36sexies, bis ins Jahr 2004 vollzogen sein.

Die NEAT leistet einen wesentlichen Beitrag zur umweltfreundlichen Bewältigung des Transitaufkommens. Damit sind für eine umweltfreundliche und raumsparende Bewältigung des Güterverkehrs die notwendigen Voraussetzungen geschaffen.

AlpTransit

11 Stuttgart München

Paris

~X Novarà/Ml'tano

^flano

--

Neubaustrecken Gotthard - LÖtschberg

--

Zufahrtslinien

- -

Einbezug der Westschweiz Einbezug der Ostschweiz wichtige Linien

Quelle: Alpentranslt-Beschluss vom 4.10.1991. In: Bundesamt für Raumplanung, 1995: Übersicht 1994. Bern

586

26

Zukünftige Handlungsmöglichkeiten

Unterschiedliche Verhaltensmöglichkeiten gegenüber dem Wandel

Unsere Zukunft hängt einerseits von äusseren Ereignissen, die wir kaum beeinflussen können, und andererseits von unserem eigenen Verhalten ab, wie wir uns auf solche Ereignisse vorbereiten bzw. auf sie reagieren. Wie gehen wir mit dem Wandel um, und worauf richten wir ihn aus? Dabei werden zwei raumwirksame Hauptelemente von herausragender Bedeutung sein: die Anpassung der Wirtschaft und die ökologische Herausforderung. Wir können diesen Veränderungen und Strukturanpassungsprozessen auf verschiedene Weise begegnen.

Trend führt zu hohen Kosten und zu einer schlechten Raumstruktur

Wenn die Trendentwicklungen einfach hingenommen werden, führt dies zu einem nicht mehr vertretbaren Flächen- und Landschaftsverbrauch.

Zusammen mit den Auswirkungen der dispersen Zersiedlung auf den Energieverbrauch, die Lärm- und Luftbelastung wird die ökologische Nachhaltigkeit ernsthaft gefährdet. Wenn wir dem räumlich-wirtschaftlichen Strukturwandel taten- und konzeptlos zusehen, gefährden wir die politische Stabilität unseres multikulturellen, föderalistischen Staates. Wenn wir nicht zu einer besser koordinierten Infrastrukturpolitik finden, setzen wir sowohl die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit des Landes als auch die regionalpolitische Stabilität aufs Spiel.

Geordneter, gestalteter Wandel

Wir können aber auch eine Strategie des geordneten, gestalteten Wandels einschlagen, bei der wir die Strukturanpassungen in der Wirtschaff langfristig und ökologisch orientiert ausrichten. Die gezielte Unterstützung der Strukturanpassungen der marktwirtschaftlichen Erneuerung sowie die Öffnung der Schweiz nach aussen -insbesondere nach Europa - stehen dabei im Vordergrund.

Grundzüge ais robuster und flexibler Rahmen

Die Grundzüge der Raumordnung müssen auf verschiedene Ereignisse und Herausforderungen eine Antwort geben. Sie müssen robust und flexibel sein. Sie müssen einerseits einen wirksamen Rahmen zur Vermeidung von Fehlentwicklungen bilden. Andererseits müssen sie der zunehmenden Flexibilisierung in Wirtschaft und Gesellschaft Rechnung tragen. Bei raumwirksamen Entscheidungen können die Grundzüge der Raumordnung einen wertvollen Orientierungsrahmen abgeben. Sie können helfen, mehr Konsistenz zu bewerkstelligen. Bei einer Strategie des geordneten, gestalteten Wandels helfen die Grundzüge, den Wandel harmonischer herbeizuführen,

Grundzüge entsprechen der marktwirtschaftlichen Erneuerung

Der Ansatz der Grundzüge der Raumordnung entspricht der langfristig orientierten Wirtschaftspolitik des Bundesrates. Die marktwirtschaftliehe Erneuerung hat zum Ziel, bessere Rahmenbedingungen für eine wettbewerbsfähige Wirtschaft zu schaffen. Das bedeutet: nicht Strukturerhaltung, sondern Strukturwandel.-Die Raumordnungspolitik will 587

durch die Berücksichtigung langfristiger Erfordernisse die nachhaltige Entwicklung des Landes unterstützen. Die Grundzüge können dazu beitragen, sowohl unsere wirtschaftlichen Chancen zu wahren als auch unsere Ökologische Situation zu verbessern.

588

Strategien der Raumordnung Schweiz Die nachstehend formulierten Strategien der Raumordnung Schweiz umfassen nicht ein festgefügtes Leitbild des Siedlungs- und Landschaftsraumes Schweiz, welches zu einem bestimmten fernen Zeitpunkt einmal Realität werden soll. Sie bilden vielmehr ein in sich abgestimmtes Bündel von Leitsätzen für ein zielgerichtetes Vorgehen im Hinblick auf eine geordnete räumliche Weiterentwicklung in unserem Land gemäss den Zielen und Grundsätzen des Raumplanungsgesetzes. Wie der Bundesrat bereits in seinem Raumplanungsbericht 1987 festgehalten hat, muss dabei die Problemsicht breiter sein als die konkreten und unmittelbaren Handlungsmöglichkeiten.

Die Stossrichtung der auf eine Stärkung und Weiterentwicklung des Lebens- und Wirtschaftsraumes Schweiz ausgerichteten Raumordnungspolitik des Bundes lässt sich wie folgt darstellen:

589

Strategien Ländliche Räume stärken

Städtische Räume ordnen

Mittelland: Wohnlichkeit und Eigenständigkeit erhalten und ausbauen

Vernetztes Städtesystem Schweiz Erneuerung und , Stärkung der Städte

Jurabogen: Qualität der ländlichen Wohn- und Wirtschaftsstandorte erhalten und ausbauen

Agglomerationen in ihrer Ausdehnung begrenzen und räumlich strukturieren '

Voraipen: Regionale Zentren stärken, Kulturlandschaft erhalten Alpenraum: Als Lebensund Wirtschaftsraum erhalten und stärken, den umweltfreundlichen Tourismus fördern

Natur- und Landschaftsraum schonen Landschaft von Überbauungen und neuen Belastungen freihalten Landschaft grossräumig und differenziert ordnen Nutzungsvielfalt wieder herstellen Natürliche Lebensgrundlagen und einheimische Pflanzen- und Tierwelt schützen

Die Schweiz In Europa einbinden Den Blick gegen aussen richten Zusammenarbeit der Grenzregionen und -Städte Beitrag und Zusammenarbeit für eine europäische Raumordnung

Das Konzept des vernetzten Städtesystems Schweiz ist die wegleitende Idee zur geordneten, raumsparenden und dem Prinzip der Nachhaltigkeit folgenden, staatspolitisch verträglichen Weiterentwicklung des Lebens- und Wirtschaftsraumes Schweiz. Bei anhaltend wachsenden Raumansprüchen, steigenden Anforderungen an die Standortqualität und stark begrenzten finanziellen Mitteln der öffentlichen Hand für den Bau und den Unterhalt der Infrastruktur gewinnt die zielgerichtete Optimierung des bestehenden Siedlungsmusters unseres Landes an Bedeutung.

Mit Vernetzung und Verknüpfung ist mehr gemeint als nur die Verknüpfung durch Verkehrswege und Telekommunikation. Vernetzung umfasst auch funktionale Aspekte, das heisst die zielgerichtete und partnerschaftliche Zusammenarbeit in Fragen der räumlichen Ordnung und Entwicklung über die kommunalen, regionalen, kantonalen und institutionellen Grenzen hinweg. Diese Zusammenarbeit wird durch das Auseinanderklaffen von Entscheidungs- und Wirkungsräumen immer nötiger.

Der beschleunigte wirtschaftliche Strukturwandel bedeutet für die ländlichen Räume der Schweiz eine besonders grosse Herausforderung. Die Raumordnungspolitikhat die Erhaltung und Weiterentwicklung des ländlichen Raumes als Lebens- und Wirtschaftsraum zum Ziel. Sie leistet dazu einen wesentlichen Beitrag, indem sie auf eine Verbesserang der raumbedeutsamen Standortbedingungen der Wirtschaft sowie eine enge Verknüpfung mit dem vemetzten Städtesystem hinarbeitet.

Im Zentrum der Strategien zur Entwicklung der Landschaft steht die Freihaltung vom Siedlungsdruck und von vermeidbaren Infrastrukturanlagen und die Wiederherstellung der Nutzungsvielfalt. Nutzung und Schutz dürfen sich nicht mehr gegenseitig ausschliessen. Die Erhaltung und Pflege einer naturnahen, intakten Landschaft für die Landwirtschaft, die Erholung und für die Pflanzen- und Tierwelt ist deshalb eine der grossen Zukunftsaufgaben der Raumordnung.

Die Schweiz ist längst keine Insel mehr im europäischen Raum. Die Strategien der Raumordnung sind darauf ausgerichtet, die verschiedenen Ebenen der europäischen und grenzüberschreitenden Zusammenarbeit als Chance zur Verbesserung der Standortgunst unseres Landes im europäischen Wettbewerb'aktiv zu nutzen.

Mit den nachfolgenden strategischen Leitsätzen ist vor allem der Bund mit seinen raumwirksamen
Aufgaben angesprochen. Er beeinflußt mit seiner Gesetzgebung und mit seinen eigenen Planungsaufgaben, namentlich im Bereich der Infrastruktur, direkt und indirekt die räumliche Entwicklung unseres Landes. Den strategischen Gehalt erhalten 591

diese Leitsätze mit der Ausrichtung auf die in den nächsten Jahren wesentlichen Herausforderungen und drängenden Aufgaben der schweizerischen Raumordnungspolitik.

31

Eine Zukunft für den Lebens- und Wirtschaftsraum Schweiz

311

Vernetztes System von Städten und ländlichen Räumen

Vernetzung festigt den nationalen Zusammenhalt

Die Vernetzung von Städten untereinander und mit dem ländlichen Raum hilft, Ungleichgewichte und Konfliktpotentiale zwischen Landesteilen, zwischen Stadt und Land, Zentrum und Peripherie abzubauen und zu mildern. Mit der Öffnung unseres Landes gegenüber dem Ausland und der räumlichen Einbindung in Europa schafft das vernetzte System von Städten und ländlichen Räumen Voraussetzungen zur Stärkung des Lebens- und Wirtschaftsraumes Schweiz als Ganzes und zur Pflege des nationalen Zusammenhalts.

Vernetzung stärkt die einzelnen Teile im Ganzen

Keine Stadt, keine Region und kein Landesteil ist langfristig für sich allein lebensfähig. In einer Zeit der Globalisierung der Wirtschaft, der Grenzen sprengenden technologischen Entwicklung und zunehmender Mobilität kann Prosperität nur durch gemeinsame Ziele, durch Spezialisierung und durch Zusammenarbeit gesichert werden. Die Entwicklung der peripheren ländlichen Räume ist eng mit der Wettbewerbsfähigkeit der Zentren verbunden. So stammt zum Beispiel die Nachfrage für Tourismus und Erholung hauptsächlich aus den prosperierenden Zentren. Umgekehrt leisten naturnahe und attraktive ländliche Gebiete einen zunehmend wichtigeren Beitrag zur Standortqualität der Städte. Vernetzung und Zusammenarbeit von Städten und ländlichen Räumen soll die effiziente Nutzung der jeweils spezifischen Entwicklungspotentiale von Städten und ländlichen Räumen mit Blick auf das Ganze unterstützen.

592

312

Wirtschaftliche, soziale und ökologische Funktion der Raumordnung

An Nachhaltigkeit orientierte räumliche Entwicklung

Die Schaffung eines strategischen Rahmens für die Raumordnungspolitik des Bundes hat zum Ziel, die Nutzung des knappen Bodens und die Ordnung der Siedlungsentwicklung wirtschaftlich, sozial und ökologisch verträglich zu gestalten. Die Raumordnungspolitik ist damit den Prinzipien der Nachhaltigkeit verpflichtet, indem sie ihre Massnahmen mit Blick auf den Gesamtraum und auf eine langfristige Erhaltung der Entwicklungsfähigkeit der verschiedenen Räume ausrichtet.

13

Nachhaltige Entwicklung - drei Dimensionen

Ökologische, Verträglichkeit

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Soziale Verträglichkeit

MA, VUi^l*

J ,/" Wirtschaftliche Verträglichkeit

Nachhaltig ist eine Entwicklung, wenn sie gewährleistet, dass die Bedürfnisse der heutigen Generation befriedigt werden, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zur Befriedigung ihrer eigenen Bedürfnisse zu beeinträchtigen.

Quelle: Interdépartemental Ausschuss Rio (IDARIo), 1995: Elemente für ein Konzept der nachhaltigen Entwicklung. Bern

593

313

Siedlungsentwicklung nach innen

SiedlungsentWicklung nach innen entlastet den Landschaftsraum vom Siedlungsdruck

Die Siedlungsentwicklung in städtischen und ländlichen Gebieten soll verstärkt nach innen gelenkt werden. Damit kann das ausufernde Siedlungswachstum in den unÜberbauten Landschaftsraum zum Stillstand gebracht werden. Wenn künftige bauliche Nutzungsansprüche in erster Linie innerhalb der bereits bestehenden Siedlungsgebiete und durch eine bessere Nutzung bestehender, schlecht genutzter Bausubstanz aufgefangen werden, lässt sich auch die teure Infrastruktur für den Verkehr, die Ver- und Entsorgung wirtschaftlicher betreiben. Wo Siedlungserweiterungen aber unumgänglich sind, sind sie verdichtet zu gestalten und an das öffentliche Verkehrsnetz anzubinden.

Siedlungserneuerung umfassend angehen

Die Begrenzung des Siedlungswachstums in die Fläche verlangt eine Strategie der Siedlungserneuerung. Diese umfasst mehr als nur die Erneuerung von Gebäuden. Sie umfasst die Anpassung der räumlichen Organisation an die Erfordernisse der effizienten Nutzung von Boden und Infrastruktur sowie an die neuen und sich verändernden Bedürfnisse der Bevölkerung und der Wirtschaft. Die zweckmässige Mischung von Nutzungen, die Schaffung und sorgfältige Gestaltung der Aussenräume, eine umweltschonende, flächensparende Organisation des öffentlichen und privaten Verkehrs und eine bewusste Gestaltung der baulichen Siedlungsränder bilden zentrale Elemente einer umfassenden Siedlungserneuerung.

Bessere Nutzung des überbauten Siedlungsgebietes

Innenentwicklung statt Aussenentwicklung in den städtischen und ländliehen Siedlungsgebieten lässt sich bei anhaltend wachsenden Ansprüchen nach Fläche und Raum nur durch eine bessere Nutzung des bereits überbauten Siedlungsgebietes verwirklichen. Dabei sind nicht immer zusätzliche Bauten erforderlich. Eine flächen- und raumsparende Nutzung kann durch Umnutzung schlecht genutzter Areale ' und Bauten ebenso erfolgen wie durch organisatorische/betriebliche Massnahmen. Mit der Erhöhung des Nutzungsmasses durch Aufstocken bestehender Bauten oder das Auffüllen von Baulücken können wertvolle Nutzungsreserven mobilisiert werden.

594

Erhöhte Nutzungsflexibilität in Industrie- und Gewerbezonen

Die häufig schlecht ausgenutzten Industrie- und Gewerbeareale sind intensiver und zweckmässiger zu nutzen. Mit einer gezielt erhöhten Nutzungsflexibilität soll auf die sich rasch wandelnden Nutzungsansprüche der Wirtschaft eingegangen werden können. Dies sichert den Bestand und die Weiterentwicklung wichtiger Arbeitsplatzareale, erlaubt Flächeneinsparungen und schafft einen Rahmen für die Berücksichtigung vielfältiger und sich wandelnder Standortanforderungen, Mit der Anbindung der.Arbeitsplatzareale an den öffentlichen Verkehr und der Aufwertung des öffentlichen Raumes durch sorgfältige Gestaltung können attraktive Arbeitsplatzgebiete geschaffen werden.

Verdichtung nach Mass und mit Blick aufs Ganze

Siedlungsverdichtung verlangt Massarbeit; sie sollte stets verbunden werden mit Vorkehren zur Verbesserung der Wohn- und Standortqualität für Bevölkerung und Wirtschaft und zur Aufwertung der ökologischen Gegebenheiten. Wo und wie verdichtet werden soll, kann deshalb nur mit dem Blick über das Einzelobjekt hinaus bestimmt werden. Ohne flankierende Massnahmen zur Förderung des Öffentlichen Verkehrs sowie des Fussgänger- und Radfahrerverkehrs stösst die Verdichtung in bereits intensiv genutzten städtischen Verhältnissen schnell einmal an Grenzen. In ländlichen Siedlungsgebieten verlangt die Verdichtung besondere Sorgfalt im Umgang mit Landschaft, Ortsbild und ländlich geprägter Baukultur. Bauliche und nutzungsmässige Verdichtung schliesslich darf nicht auf Kosten der Bedürfnisse zum Beispiel von Kindern und-alten Menschen nach Sicherheit und Freiräumen gehen. Mit der Umlagerung der durch die Verdichtung geschaffenen Mehrwerte können qualitätsverbessernde Massnahmen am selben Ort finanziert werden.

Spezifische Standortvorteile und Entwicklungspotentiale nutzen

32

Städtische Räume ordnen

321

Vernetztes Städtesystem Schweiz

Die spezifischen Standorteigenschaften der Städte im bestehenden dezentralen Städtesystem sind zu festigen und weiterzuentwickeln.

Eine leistungsfähige Verknüpfung der Städte durch den öffentlichen und den privaten Personen- und Güterverkehr und die Telekommunikation sichert den Zugang zu einem umfassenden Angebot städtischer Funktionen im Gesamtraum Schweiz. Mittlere und kleine Städte sollen durch Vernetzung mit den grossen Zentren des Mittellandes in die Lage versetzt werden, Entwicklungsimpulse aufzunehmen und eigenständig umzusetzen. In peripher gelegenen ländlichen Gebieten sollen Regionalzentren durch die Vernetzung mit den wachstumsstarken grossen Zentren erhalten und gestärkt werden.

595

Vernetztes Städtesystem Schweiz

14

H grossstädtische Agglomerationen von internationaler Bedeutung P Agglomerationen von nationaler Bedeutung ·

mittelstädtische Agglomerationen von regionaler Bedeutung

o kleinstädtische Agglomerationen von regionaler Bedeutung * Regionalzentren A grosse Tourismuszentren ausländische Zentren Datengrundlagen: Bundesamt für Statistik: Volkszählung 1990 sowie Hotel und Parahotelllerle statisti k. Bern

Stärkung der internationalen Standortqualität

596

Das vernetzte Städtesystem ist die föderalistische Antwort der Schweiz auf die Herausforderungen im verschärften Standortwettbewerb zwisehen den bedeutenden Stadtregionen Europas. Bevölkerungsmässig können sich die drei schweizerischen grossstädtischen Agglomeratio-

nen Zürich, Basel und Genf nicht mit europäischen Metropolen messen. Mit dem dezentralisierten und vernetzten, an die internationalen Verkehrswege bestmöglich angebundenen Wirtschaftsstandort Schweiz kann sich unser Land als Ganzes in der internationalen Konkurrenz der Standorte besser behaupten als mit der Konzentration auf ein einziges grosses Zentrum. Überschaubare städtische Dimensionen, ein gut ausgebautes Verkehrsnetz, urbane Vielfalt sowie eine vergleichsweise hohe Wohnqualität sind die starken schweizerischen Trümpfe im internationalen und europäischen Wettbewerb der Wirtschaftsstandorte.

Festigung der Standortqualität Zürichs dient dem vernetzten Städtesystem Schweiz

Im vernetzten Städtesystem Schweiz wird der Grossraum Zürich dank seiner Stellung als national und international bedeutendes Wirtschaftsund Finanzzentrum weiterhin eine herausragende Rolle spielen. Die Anbindung Zürichs an die internationalen und interkontinentalen Verkehrs- und Kommunikationsnetze ist für die Festigung und Weiterentwicklung dieses Zentrums sowie der Standortqualität des schweizerischen Städtesystems von vitaler Bedeutung. Gemeinsam mit Genf, der Drehscheibe der internationalen Politik, und Basel, der bedeutenden Grenzstadt im Dreiländereck, bestimmen die drei schweizerischen Grossagglomerationen in hohem Masse die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Schweiz. Die gute Verknüpfung mit den national bedeutsamen Städten wieBern, Lausanne, Luzern, Winterthur, St. Gallen und Lugano schafft ein starkes Grundgerüst des vernetzten Städtesystems Schweiz.

Ein vernetztes Städtesystem verringert Ballungskosten

Mit dem vernetzten Städtesystem Schweiz, mit der Siedlungsentwicklung nach innen und der Siedlungserneuerung sollen das Zusammenwachsen von grossen Siedlungsräumen und die damit verbundenen Probleme, insbesondere des Verkehrs, der Umweltbelastung, des Sozialwesens und der hohen Infrastrukturkosten für Werke der Erschliessung, der Ver- und Entsorgung, vermieden werden. Die städtischen Räume sollen ihre Identität und ihre räumlich überschaubaren Dimensionen bewahren. So können die für unser Land noch bestehenden Möglichkeiten der attraktiven, vergleichsweise kleinräumigen Verflechtung von Siedlungsgebiet und Landschaftsraum mit kurzen Wegen ins Naherholungsgebiet erhalten und weiterentwickelt werden.

Entlastungszentren im Einzugsbereich der grossen Agglomerationen fordern

Dank der guten Verbindung mit der Bahn sind viele Städte im Einzugsbereich der grossen Agglomerationen reisezeitmässig kaum weiter vom Zentrum entfernt als Gemeinden im äusseren Agglomerationsrand. Anstelle laufend neuer Wachstumsringe um die grossen Agglomerationen sollen die gut gelegenen mittleren und kleineren Zentren ausserhalb der Agglomerationen Entlastungsstandorte für Erweiterungen und Neuinvestitionen der Wirtschaft und der öffentlichen Hand bilden. Damit können gezielt Entwicklungsimpulse zur Stärkung der Regionalzentren als Wirtschafts- und Wohnstandorte geschaf-

27 Bundesblalt 148. Jahrgang. Bd. III

597

fen werden. Die grossen Agglomerationen werden so von den hohen Kosten des flächigen Siedlungswachstums und den damit verbundenen Ufnweltproblemen entlastet.

Beispiele von Entlastungszentren

15

Lugano Chiasso

Entwicklung«schwerpunkte an Bahnknoten

598

Als eine Grundvoraussetzung für den durch die Bahn vernetzten Städteverbünd müssen an wichtigen Bahnknoten in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs Möglichkeiten fürdenNeubau, den Um- oder Ausbau grösserer Geschäfts- und Bürozentren angeboten werden. Diese Standorte eignen sich für stark verdichtete Arbeitsplätze, die mit einem hohen Besucheraufkommen verbunden sind, wie zum Beispiel Stellen der öffentlichen Verwaltung, Betriebe des Detailhandels, der Aus- und Weiterbildung, des Gesundheitswesens usw. Damit diese Zentren rund um die Uhr belebt sind, sollen sie auch Gaststätten, Freizeiteinrichtungen und einen angemessenen Anteil an Wohnungen aufweisen. An den Knotenpunkten des Schienenverkehrs entstehen so attraktive Geschäftszentren mitten in der Stadt und gebündelte Verkehrsströme, die umweltfreundlich und flächensparend mit der Bahn bewältigt werden können.

Differenzierte Mobilitätsbewältigung und...

Das vernetzte Städtesystem soll keine zusätzliche Mobilitätswelle auslösen. Verkehrsmässig gut verknüpfte und vielfältig ausgestattete Zentren reduzieren die Zwangsmobiliät; manche Fahrten werden verkürzt oder gar überflüssig. Insbesondere der Pendlerverkehr zwischen den Städten und im dicht besiedelten urbanen Raum der Grossagglomerationen soll vermehrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln oder den Möglichkeiten des motorlosen Verkehrs bewältigt werden. In peripheren Gebieten des ländlichen Raums hingegen sind Bevölkerungsdichte und Verkehrsnachfrage für einen Ausbau des konventionellen öffentlichen Verkehrs in der Regel zu gering; diese Gebiete bleiben auf gut ausgebaute Infrastruktur für den Individualverkehr oder für - neue Formen des öffentlichen Verkehrs (z. B. Rufbusse oder Sammeltaxis) angewiesen.

... bessere Abstimmung der Verkehrssystème

Leistungsfähige Umsteigeknoten müssen den Übergang vom einen ins andere Verkehrssystem sicherstellen. Je nach Gegebenheiten müssen somit der öffentliche Verkehr, der motorisierte Individualverkehr und der motorlose Verkehr mit unterschiedlichen Prioritäten aufeinander abgestimmt und sinnvoll miteinander verknüpft werden. Zwei in der Fläche voll ausgebaute und betrieblich sich gegenseitig konkurrenzierende Verkehrs système - für den öffentlichen und den Individualverkehr - kann sich die Schweiz aus siedlungs-, umweltund finanzpolitischen Gründen nicht leisten.

Konkurrenz und Kooperation im Städteverbund

Vernetzung umfasst mehr als nur die Verknüpfung der städtischen Räume mit den Bauten und Anlagen des Verkehrs und der Telekommunikation. Vernetzung bedeutet Zusammenarbeit und horizontaler Nutzen- und Lastenausgleich zwischen den Städten in verschiedenen Bereichen übergeordneter, räumlich bedeutsamer Interessen. Dazu zählen zentrale Einrichtungen für die Aus- und Weiterbildung (Hochschulinstitute), für das Gesundheitswesen (Anlagen der Spitzenmeäizin), für die Wirtschaft (Bauten und Areale für Fachmessen) sowie für die Kulturpflege. Im Städteverbund brauchen sich Kooperation und Konkurrenz gegenseitig nicht auszuschliessen.

Von den Zusammenarbeit bei grossen Infrastrukturaufgaben schafft die Vorgrossen zu den aussetzung für dezentralisierte, benutzernahe und damit kostengünkleinen Netzen stige Einheiten nach dem Prinzip der «kleinen Netze». Mit Zusammenarbeit und gegenseitiger Abstimmung der Städte in der Festlegung und Weiterentwicklung grösserer und bedeutungsvoller Arbeitsplatzschwerpunkte werden Wettbewerbsvorteile gewonnen, Bodenverbrauch und Infrastrukturkosten massiv gesenkt und räumlich zusammenhängende wertvolle Gebiete für die Landwirtschaft und die Naherholung vor der Zersiedlung geschützt.

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322 Stadt als Lebens- und Wirfschaftsräum

Erneuerung und Stärkung der Städte

Die Städte sind die Motoren der wirtschaftlichen Entwicklung. Sie sind aber auch Lebensraum für einen wesentlichen Anteil der schweizerisehen Gesamtbevölkerung. Damit die Städte ihre Funktionsfähigkeit, Qualität und Vitalität als urbane Räume erhalten und weiterentwickeln können, dürfen sich Wohnlichkeit und Wirtschaftsfreundlichkeit gegenseitig nicht ausschliessen. Durchdachte Umnutzung freigewordener Bausubstanz, Angebote flexibler Nutzungsmöglichkeiten für wirtschaftliche und kulturelle Bedürfnisse, effizientere Nutzung unternutzter Bauten und Areale, geeignete Nutzungsmischung, Schaffung und attraktive Gestaltung der Aussenräume, die Motivation zu mehr Baukultur im Öffentlichen und privaten Bauwesen sowie der Aufbau und die Weiterentwicklung eines leistungsfähigen Systems für den öffentlichen Verkehr dienen allesamt der besseren Vereinbarkeit der Ansprüche der Wirtschaft und der Bewohner an den städtischen Raum.

Durchmischtes Das Wohnen und Zusammenleben in der Stadt muss für alle BevölWohnen in der kerungskreise wieder möglich und attraktiv sein: für Alte und Junge, Stadt fördern für Familien mit Kindern und für Alleinstehende, für alle Einkommensklassen. Bei der Erneuerung preisgünstiger Wohnsubstanz ist auf das Ziel einer ausgewogenen Bevölkerungsstruktur hinzuarbeiten. Die Verminderung der Gefahren und Belastungen durch den Verkehr, die Erneuerung und Erstellung wohnlicher, durchmischter Stadtquartiere, und das Setzen von Impulsen zum Aufbau und zur Erhaltung von Gemeinschaftszentren für die Pflege des sozialen, kulturellen und gesellschaftlichen Lebens sind entscheidende Beiträge für eine Renaissance der Stadt als Wohnort und Heimat.

Der Wirtschaft Möglichkeiten zur Entfaltung bieten

600

Mit dem beschleunigten wirtschaftlichen und technischen Wandel verändern sich auch die räumlichen Bedürfnisse der Wirtschaft. Zur Erhaltung der Standortgunst der Städte für die Wirtschaft braucht es Freiräum für die Umsetzung wachsender und veränderter Ansprüche, insbesondere nach vermehrter Nutzungsflexibilität in zeitlicher und baulicher Hinsicht. Das öffentliche Interesse an einer geordneten räumlichen Entwicklung städtischer Arbeitsplatzstandorte soll nicht in erster Linie mit Verboten, sondern mit Angeboten durchgesetzt werden.

Mit der Förderung einer rascheren Umnutzung freigewordener Arbeitsplatzareale und der Sicherung von mit dem öffentlichen Verkehr erschlossenen Standorten für den Neu- und Ausbau von Geschäfts- und Bürozentren werden Möglichkeiten zur wirtschaftlichen Entfaltung bereitgestellt. Gezielte Anreize zur Erstellung von vielfältigen und kostengünstigen Raum- und Nutzungsangeboten für kleinere Dienstleistungsbetriebe können die Verdrängung von erhaltenswertem Wohnraum in den zentrumsnahen Quartieren mindern.

Attraktive Durch bauliche und nutzungsmässige Verdichtung, durch NutzungsQuartierzentren mischung und Gestaltung eines sicheren und einladenden Umfeldes schaffen für die Fussgänger sind Quartierzentren vorab an Knotenpunkten des öffentlichen Verkehrs zu fördern. Quartierzentren entlasten die City vom übermässigen Nutzungsdruck. Sie sind als Standorte für Dienstleistungs- und Produktionsbetriebe wie zum Beispiel Gaststätten, Verkaufsgeschäfte, Ausbildungsstätten, Fitness- und Freizeitanlagen geeignet. Sie leisten damit einen Beitrag an die Qualität der Wohnquartiere und zur Minderung der Zwangsmobilität.

Aussenräume bestimmen Siedlungsqualität

Der Gestaltung des Aussenraumes kommt bei der Siedlungsentwicklung nach innen ein zentraler und bestimmender Stellenwert zu. Siedlungsqualität wird durch gute Architektur der einzelnen Gebäude allein noch nicht gesichert. Mit der zielgerichteten Gestaltung der Aussenräume - der städtebaulichen Führung und Einfassung des Strassenraumes durch die Gebäudefluchten, der Dimensionierung und Abfolge von Plätzen, der Verbindung mit dem Grünraum und der Landschaft sowie der Schaffung ablesbarer städtebaulicher Ordnungsmuster - kann der verstärkte Nutzungsdruck auf den Siedlungsraum zur Verbesserung der Siedlungsqualität genutzt werden.

Förderung, Ausbau und Pflege von Grünräumen

Zur Verbesserung der Lebensqualität der Städte gehören der Ausbau, die benutzerfreundliche Gestaltung und die Pflege von Grünräumen.

Sie sind Orte der ruhigen Erholung in der Stadt und ein wichtiges Element der städtebaulichen Gestaltung. Bei zunehmendem Nutzungsdruck sind auch private Grundbesitzer zur Erhaltung und Wiederherstellung von Grünanlagen wie Vorgärten und Innenhöfe zu motivieren. Auch klein bemessene Anlagen im verdichteten urbanen Raum können wesentlich zur Erhöhung der Wohnlichkeit beitragen.

Sie verbessern die lokalen Klimaverhältnisse, schaffen Versickerungsmöglichkeiten für das Oberflächenwasser im stark versiegelten Siedlungsgebiet und bieten günstige Ersatzlebensräume für zahlreiche Pflanzen- und Tierarten.

Gute Erreichbarkeit von Naherholungsräumen sichern

Wichtiger Bestandteil der Standortqualität des Lebens- und WirtSchaftsraumes Stadt ist auch der leichte Zugang zu stadtnahen, attraktiven Erholungsräumen in der umgebenden Landschaft. Die Erreichbarkeit des Landschaftsraumes und der zugehörigen Sport- und Freizeitanlagen ist vor allem mit öffentlichen Verkehrsmitteln sowie sicheren FUSS- und Radwegnetzen zu gewährleisten.

601

323

Agglomerationen in ihrer Ausdehnung begrenzen und räumlich strukturieren

Das Ausufern der Aggiomerationen stoppen

Für das Wachstum der Agglomerationen gilt der Grundsatz der räumliehen Begrenzung nach aussen und der Entwicklung nach innen ganz besonders. Eine unter den Agglomerationsgemeinden abgestimmte räumliche Entwicklung mit klaren Rahmenbedingungen für Entwicklungsschwerpunkte sowie für die nutzungsmässige und bauliche Verdichtung soll an die Stelle der ausufernden und unstrukturierten Ausbreitung der Agglomerationsräume treten. Damit wird der Landschaftsraum vom Siedlungsdruck entlastet, die räumliche Beziehung zwischen Siedlungsraum und Landschaft aufgewertet und den Agglomerationsgemeinden die Chance einer eigenständigen räumlichen Entwicklung gegeben,

Öffentliches Verkehrssystem als Grundgerüst

Grundgerüst der Agglomerationsentwicklung nach innen ist ein leistungsfahiger Öffentlicher Verkehr, der in ein intelligentes System von Transporücetten, unter Einbezug des Langsamverkehrs, eingebettet ist.

Die Wohn- und Arbeitsstandorte, wichtige Einrichtungen für die Ausund Weiterbildung sowie der Freizeit und Erholung in der Agglomeration sollen schwergewichtig im Einzugsbereich des Öffentlichen Verkehrs liegen. Dazu bedarf es der Entwicklung von Knotenpunkten des ÖV-Netzes und der sorgfältigen Planung und Gestaltung der Zugänge. Auf diese Weise kann ein Grossteil des Pendler- und Geschäftsverkehrs sowie des Freizeitverkehrs in der Agglomeration mit öffentlichen Verkehrsmitteln bewältigt werden.

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Schematische Darstellung möglicher Siedlungsentwicklungen

Ungünstige Entwicklung: flächige Ausbreitung der Besiedlung, abhängig von der Erschliessung durch den Individualverkehr

Ortszentren in den Agglomerationsgemeinden aufwerten

16

Günstige Entwicklung: Siedlungsentwicklung nach innen, Konzentration auf Haltepunkte des öffentlichen Verkehrs

Die Agglomerationsgemeinden sind durch gezielte Entwicklung und Verdichtung der Zentren, vor allem im Bereich der Bahnstationen, sowie durch die Begrenzung des Siedlungswachstums nach aussen aufzuwerten. Damit kann ihre Standortattraktivität für das Wohnen und für die Wirtschaft erhöht werden. Sie sichern sich die Vorteile überschaubarer Lebensräume und konkurrenzfähiger Zentrumsfunktionen. Gleichzeitig bewahren sie den nahen Kontakt zum Landschafts- und Erholungsraum.

Wohnquartiere Die Wohnquartiere in den Agglomerationsgemeinden sind vor unervorNutzungs- wünschter Nutzungsverdrängung durch die räumlichen Bedürfnisse grosverdrängung ser Dienstleistungsbetriebe zu schützen. Der Nachfrage nach Bürofläschützen chen ist durch die Förderung geeigneter Angebote in den Ortszentren und an Bahnknoten zu begegnen. Gleichzeitig sind sanfte Nach-

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Verdichtungen - zum Beispiel Dachausbauten, angepasste Anbauten und die Nutzung von Untergeschossen in Hanglagen - zu ermöglichen. Mit Massnahmen der Verkehrsberuhigung kann der störende und gefährliche Durchgangsverkehr aus den Wohnquartieren ferngehalten werden.

Standortangeböte für Betriebe, die auf gute Anbindung für den privaten Motorfahrzeugverkehr angewiesen sind

Für Betriebe, die viel Fläche beanspruchen und auf erleichterte Zufahrt mit Personen- und Lastwagen zwingend angewiesen sind, wie zum Beispiel Verteilzentren, Lagerhäuser, Verbrauchermärkte, Möbelhäuser usw. müssen entwicklungsfähige, autobahnnahe Standorte mit Geleiseanschluss für den Güterverkehr vorgesehen werden. Die Standorte im unmittelbaren Einzugsbereich von S-Bahn-Stationen sind Nutzungen mit geringem Parkplatzbedarf vorzubehalten.

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Ländliche Räume stärken

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Mittelland: Wohnlichkeit und Eigenständigkeit erhalten und ausbauen

Erneuerung der Dörfer und Wahrung des eigenständigen Charakters

In den Dörfern des Mittellandes abseits der mit dem überregionalen Schienen- und Strassenverkehr vernetzten Städte steht aufgrund der beschränkten wirtschaftlichen Wachstumspotentiale die verstärkte Nutzung der spezifischen Standorteigenschaften der Dörfer als Wohngebiete mit ländlichem Charakter im Vordergrund der raumplanerischen Massnahmen. Wohnlichkeit' und Lebensqualität werden erhalten und geschaffen durch Bewahrung der räumlichen Übersichtlichkeit des Siedlungsgebietes, sanfte Nachverdichtung und Dorfemeuerung sowie durch die Pflege des eigenständigen Dorfbildes. Bauüche Bedürfnisse für Wohnungen und Arbeitsplätze, die über den lokalen Bedarf hinausgehen, sind regional abzustimmen und wo möglich im Rahmen gemeinsamer Vorhaben zu befriedigen. Wenn neue Zu- und Wegpendlerbewegungen ausgelöst werden, bedarf es einer überörtlichen Abstimmung, z. B. im Rahmen des kantonalen Richtplans und/oder eines Kosten- und Nutzenausgleichs.

Förderung von regionalen Gewerbestützpunkten

Eine Zersiedlung des Landschaftsraumes durch die disperse Anordnung von kleinen Industrie- und Gewerbezonen muss vermieden werden. Die Schwerpunkte gewerblicher Aktivitäten im ländlichen Raum sind deshalb, wo immer möglich, in Orten mit Bahnanschluss und guter Anbindung an die Telekommunikationsnetze zu konzentrieren. Mit der Förderung von regionalen, entwicklungsfähigen Gewerbestützpunkten wird die Nutzung des vorhandenen ländlichen Arbeitskräftepotentials unterstützt. Räumliche Nähe fördert wirtschaftliche Impulse und unterstützt längerfristig die Stabilität und Entwicklungsfähigkeit des ländlichen Raumes als Wirtschaftsstandort.

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Natur- und umweltgerechte Land- und Forstwirtschaft

Im Mittelland ist das Ziel einer natur- und umweltverträglicheren landund forstwirtschaftlichen Produktion und Bodennutzung nicht ohne Verminderung der hohen Nutzungsintensität zu erreichen. Auf dem Wege der gezielten Renaturierung von ausgeräumten, übernutzten landund forstwirtschaftlichen Nutzflächen und einseitig zusammengesetztem Wald können wieder naturnahe, sinnvoll vernetzte Lebensräume für die Pflanzen- und Tierwelt sowie attraktive Naherholungsgebiete entstehen. Die nachhaltige Nutzung der Produktionsgrundlage Boden kann so mit dem Bedürfnis nach intakter, lebendiger Kulturlandschaft in Übereinstimmung gebracht werden. .

Siedlungsnahes Angebot für die naturnahe Freiraumerholung

Im dicht besiedelten Mittelland erhält die Erholungsfunktion der Landschaft zunehmende Bedeutung. Die Bedürfnisse nach naturnaher Freiraumerholung und angepassten Sport- und Freizeitanlagen sind gezielt für die Strukturierung und Renaturierung der siedlungsnahen Landschaftsräüme und der Siedlungstrenngürtel einzusetzen. Sportund Freizeitanlagen für die städtische Wohnbevölkerung sind aber nicht einfach in die freie Landschaft zu «exportieren». Sie müssen mit den Anliegen der Siedlungsplanung sowie den Bedürfnissen der Landund Forstwirtschaft und des Natur- und Landschaftsschutzes abgestimmt werden.

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Einbindung des Juras in das vernetzte Städtesystem verbessern Entwicklungfahigkeit ländlicher Wirtschaftsstandorte erhalten

Jurabogen: Qualität der ländlichen Wohnund Wirtschaftsstandorte erhalten und ausbauen

Der Jurabogen ist Standort von bedeutenden Klein- und Mittelbetrieben des industriell-gewerblichen Sektors. Die räumlichen Erfordernisse für die Erhaltung und Weiterentwicklung des ländlichen Lebensund Wirtschaftsraumes Jura bestehen vor allem in einer guten verkehrs. massigen Einbindung in das vernetzte Städtesystem Schweiz.

Zur Erhaltung und Weiterentwicklung der Standortgunstfürindustrielle und gewerbliche Arbeitsplätze und für das Wohnen ist der guten Verkehrs- und Telekommunikationsverbindung sowohl zwischen den Dörfern als auch zu den regionalen Zentren grosse Beachtung zu schenken. Mit der Anbindung an das Städtenetz, mit Massnahmen der Dorferneuerung, der sanften Nachverdichtung sowie der verstärkten interkommunalen und regionalen Kooperation bei zentralen Einrichtungen wird die ländliche Standortqualität erhöht und werden hohe Infrastrukturkosten der Zersiedlung vermieden. Eine intensivere Zusammenarbeit unter den Regionen und Städten stärkt die Grossregion insgesamt.

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Sicherung der extensiven Bewirtschaftung

Die traditionell extensive Bewirtschaftung der land- und forstwirtschaftlichen Flächen des Juras muss, auch mit Blick auf deren touristische Bedeutung, weitergeführt werden. Hier leistet die Abgeltung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen der Landwirtschaft durch Direktzahlungen einen besonders wichtigen Beitrag. Damit kann die Besiedlung erhalten, der wirtschaftliche Zwang zur landschaftsschädigenden Bewirtschaftung verringert und die Pflege der besonderen Natur- und Kulturlandschaft des Juras gesichert werden.

Standortvorteile für sanften Tourismus nutzen

Die Möglichkeiten einer starken touristischen Entwicklung des klassischen Ferientourismus im Jura sind begrenzt. Mit der Pflege und Erhaltung der traditionellen, naturverträglichen Land- und Forstwirtschaft können die spezifischen Standortvorteile des Juras im Wettbewerb um die steigende Nachfrage nach «stillen», naturnahen Freizeitund Erholungsaktivitäten und sanftem Tourismus aktiv eingesetzt werden. Der Ausbau der touristischen Infrastruktur ist darauf auszurichten.

Gute Verbindungen zu den Regionszentren sind eine wichtige Voraussetzung, damit die Entwicklungspotentiale zweckmässig genutzt werden können.

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Voralpen: Regionale Zentren stärken, Kulturlandschaft erhalten

Unternehmens- Die längerfristige Konkurrenzfähigkeit der Arbeitsplatzstandorte im bezogene Voralpenraum muss durch die Verbesserung und den Ausbau der unterInfrastruktur nehmensbezogenen Infrastruktur in den Regionszentren gesichert wersichern und den. Dazu gehören der Ausbau und die Stärkung der regionalen Ausausbauen und Weiterbildungsstätten und die Erhaltung und Verbesserung einer leistungsfähigen Infrastruktur, insbesondere in den Bereichen des öffentlichen Verkehrs und der Telekommunikation.

Standortgunst Die relative Nähe zu den Arbeitsplatzschwerpunkten der Agglomerafür das Wohnen tionen stützt die Standortgunst der Dörfer und Regionszentren im Vornutzen alpenraum als Wohnorte. Diese räumlichen Voraussetzungen müssen mit der gezielten Sicherung und Pflege der ländlichen Wohnlichkeit und mit regionaler Zusammenarbeit im Bau und Betrieb einer kostengünstigen Infrastruktur sowie zentraler öffentlicher Einrichtungen genutzt werden.

Kulturlandschaft erhalten

606

Die gewachsene Kulturlandschaft der Voralpen ist von hohem ökologischen und geschichtlichen Wert. Die Erhaltung und schonungsvolle Weiterentwicklung sind Voraussetzung für eine natürliche Vielfalt der Pflanzen- und Tierwelt und bedeutsam für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Chancen als naturnaher Erholungsraum. Mit der Abgel-

tung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen der Land- und Forstwirtschaft im Bereich der Natur- und Landschaftspflege sowie mit der Unterstützung einer vermehrt lokalen Verarbeitung und konsumentennaher Vermarktung land- und forstwirtschaftlicher Rohprodukte soll den Herausforderungen veränderter Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft konstruktiv begegnet werden.

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Inwertsetzung der eigenen Entwicklungspotentiale

Alpenraum: Als Lebens- und Wirtschaftsraum erhalten und stärken, den umweltfreundlichen Tourismus fördern

Die besonderen Entwicklungspotentiale des Alpenraums, die sich von denen der anderen Räume der Schweiz wesentlich unterscheiden, müssen besser erkannt und gezielter eingebracht werden. Solche EntWicklungspotentiale sind zum Beispiel die leistungsbereite Bevölkerung, die Kulturlandschaft und Naturvielfalt, die Wasserkraft und das kulturelle Erbe. Schutz und Nutzung dieser Ressourcen müssen sorgfältig abgewogen und besser verknüpft sowie gemeinwirtschaftliche Leistungen angemessen abgegolten werden.

Bergdörfer mit Abseits der grossen touristischen Ferienorte und regionaler KleinKleinzentren Zentren ist die Besiedlungsdichte im Alpenraum naturgemäss gering.

vernetzen Die Existenzbedingungen in den abgelegenen Bergdörfern müssen durch die Bündelung von zentralen Einrichtungen der Versorgung und der öffentlichen Dienstleistungen in den Kleinzentren und durch eine gute verkehrsmässige Verbindung verbessert werden. Die Sicherung der Grandversorgung des Öffentlichen Verkehrs im dispers besiedelten Gebiet und die Anbindung der Kleinzentren an das überregionale öffentliche Verkehrsnetz sind wichtige Voraussetzungen zur Erhaltung und Stärkung der ländlichen Besiedlung.

Wohnlichkeit in den Bergdörfern verbessern

Bergdörfer ohne touristisches Entwicklungspotential und mit fehlender Zentramsfunktion werden sich tendenziell zu Wohngemeinden entwickeln. Mit Blick auf die hier begrenzten Entwicklungsmöglichkeilen des Gewerbes und die bedrängte Berglandwirtschaft soll durch eine gute verkehrsmässige Anbindung und die Erhaltung der Grundversorgung öffentlicher Dienste die Gun'st als Wohnstandort verbessert werden. Die gesunde und ruhige Lage wiegt den Nachteil des täglichen Arbeitsweges in eines der Regionalzentren auf.

Berglandwirtschaft sichern

Die Sicherung der Existenzfähigkeit der Berglandwirtschaft ist wichtigste Voraussetzung zur Erhaltung der Besiedlung und der Kulturlandschaft im Alpenraum. Die Abgeltung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen der Berglandwirtschaft hilft, der Vergandung wertvoller 607

Landschaftsräume zu begegnen, die Stabilität und Bewohnbarkeit des Naturraumes zu gewährleisten, die Transitwege vor Naturgefahren zu sichern und eine erlebnisreiche Erholungslandschaft als eigentliches Kapital der Tourismuswirtschaft im Alpenraum zu erhalten.

Hôtellerie forrtem, Zweitwohnungsbau begrenzen

In den Fremdenverkehrsorten ist die weitere Zersiedlung der Erhölungslandschaft zu verhindern. Dies dient der Erhaltung und Schaffung von Siedlungsquafität und touristischer Anziehungskraft und erleichtert einen kostengünstigeren Einsatz der Infrastruktur und der touristischen Einrichtungen. Beim Ausbau des touristischen Bettenangebotes ist auf die beschäftigungswirksame Hôtellerie zu setzen.

Mit einer besseren Auslastung der Zweitwohnungen durch gezielte Bewirtschaftung kann der Zersiedlung begegnet werden.

Belastungen durch den Motorfahrzeugverkehr reduzieren

Im schweizerischen Alpenraum konzentrieren sich wichtige Achsen des regionalen, überregionalen und des alpenquerenden internationalen Verkehrs. Für die nachhaltige Nutzung des ökologisch sensiblen und touristisch attraktiven Alpenraumes als Lebens- und Wirtschaftsraum müssen die verkehrsbedingten Umweltbelastungen reduziert werden.

Die beschlossene Umlenkung des alpenquerenden Transitgüterverkehrs auf die Schiene ist dazu ein wesentlicher Schritt. Zur konsequenten Reduktion der Umweltbelastungen im Alpenraum muss darüber hinaus der private touristische Motorfahrzeugverkehr vermehrt eingeschränkt oder auf den Öffentlichen Verkehr umgelagert werden. Autofreie und verkehrsarme Ferienorte und Erholungsgebiete sind gezielt zu fördern.

Qualitative Weiterentwicklung der Infrastruktur für den Wintertourismus

Im Interesse einer ausgewogenen touristischen Entwicklung der Ferienorte und der Erhaltung der Anziehungskraft der Erholungslandschaft für den Winter- und den Sommertourismus ist im Ausbau der skitouristischen Infrastruktur in die Fläche Zurückhaltung zu üben. Der für die Wettbewerbsfähigkeit wichtige laufende qualitative Ausbau der Anlagen für den Abfahrts-Skilauf und Snowboarding ist mit der Schaffung von alternativen, umweltfreundlichen Angeboten landschafts- und naturorientierter, stiller Erholung zu verbinden.

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Strategien für die ländlichen Räume

Strategie

Vom Siedlungsdruck dauerhaft entlasten

Hauptaufgabe

|~] Wohnlichkeit und Eigenständigkeit erhalten und ausbauen

ordnen

ßK Qualität der ländlichen Wohn- und Wirtschaftsstandorte erhalten und ausbauen, regionale Zentren stärken, Kulturlandschaft erhalten

ausgleichen

·j Lebens- und Wirtschaftsraum erhalten und stärken, den umweltfreundlichen Tourismus fördern

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entwickeln

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Natur- und Landschaftsraum schonen

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Landschaft von Überbauung und neuen Belastungen freihalten

Die unverbaute Landschaft ist zu einem knappen Gut geworden. Sie muss vom Siedlungsdruck dauerhaft entlastet werden. Eine zentrale Voraussetzung dazu ist die Siedlungsentwicklung nach innen. Diese sichert die Erhaltung der landwirtschaftlichen Nutzflächen und damit die Existenzgrundlage der Landwirtschaft. Die Kulturlandschaft und die naturnahen Lebensräume für die Pflanzen- und Tierwelt können 609

so vor weiterer Überbauung und Verdrängung bewahrt werden.

Gleichzeitig eröffnen sich der einheimischen Bevölkerung vielfältige Möglichkeiten zur angepassten Nutzung für den Tourismus und die Erholung.

Zersiedlung verhindern

Das Gebot der Freihaltung des Landschaftsraumes von Überbauung gilt auch für ländliche Gebiete fernab der Grossagglomerationen. Bauliche Verdichtung in ländlichen Siedlungen, Zurückhaltung und Sorgfalt bei der Bautätigkeit ausserhalb der Bauzonen und landschaftsschonénde Infrastrukturbauten dienen der Vermeidung einer schleichenden Zersiedlung und Zerschneidung des Kulturlandes und der naturnahen Lebensräume. Die Erhaltung einer grossräumig intakten Landschaft stärkt die Qualität des ländlichen Raumes als Lebens- und Wirtschaftsraum.

Belastende Nutzungen räumlich konzentrieren

Die Belastungen des Landschaftsraumes durch den Bau und Betrieb von Bauten und Anlagen der Infrastruktur müssen möglichst gering sein. Dies geschieht insbesondere durch deren räumliche Konzentration und Bündelung. Bei unverzichtbaren Eingriffen sollen Kompensations- und Ersatzmassnahmen zur Erhaltung günstiger Bedingungen für die Bewirtschaftung und zur Sicherung vernetzter natürlicher Lebensräume ergriffen werden. Die wenigen noch unbelasteten und unzerschnittenen Landschaften sind vorrangig freizuhalten. Bauliche Nutzungsansprüche sollen im Sinne des Verursacherprinzips im Grundsatz in denjenigen Gebieten berücksichtigt werden, wo sie entstehen.

Wo dies nicht möglich ist, weil z. B. die Nutzung an natürliche Standorteigenschaften gebunden ist (Kraftwerke, Materialabbau, Deponiestandorte usw.), soll ein gerechter Ausgleich gesucht werden.

Naturlandschaften erhalten

Die letzten Reste von weitgehend unberührten schutzwürdigen Naturlandschaften sind in ihrer Eigenart, Schönheit und Vielfalt integral zu erhalten. Die Freihaltung von Überbauung und ihre schonende Nutzung durch Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Erholung ist mit marktwirtschaftlichen Instrumenten zu unterstützen.

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Differenzierte NutzungsOrdnung

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Landschaft grossräumig und differenziert ordnen

Der Landschaftsraum mit seinen Gewässern ist keine Restfläche, «übriges Gebiet» oder blosse Reserve für zukünftige Siedlungsbedürfnisse, sondern eigenständiger, vielfältiger Teil unseres gesamten vernetzten Lebensraumes. Zu seiner Erhaltung und Weiterentwicklung bedarf er daher einer grossräumigen und differenzierten Nutzungsordnung, die mit der Siedlungsplanung zu verknüpfen ist. Sie hat die Sicherung,

Weiterentwicklung und Wiederherstellung der vielfältigen und, je nach räumlichen Gegebenheiten, unterschiedlich ausgeprägten Funktionen des Landschaftsraumes zum Ziel.

Flexibilität bei Bauten ausserhalb der Bauzonen ist kein Freipass zur Zersiedlung

Für die Sicherstellung der langfristigen landwirtschaftlichen Bewirtschaftung sind den neuen Erfordernissen angepasste Bauten und Anlagen, zum Teil auch Neubauten, erforderlich. Dazu soll der LandWirtschaft mehr Flexibilität eingeräumt werden. Dabei ist den verschiedenen Funktionen der Landschaft Rechnung zu tragen. Negative Auswirkungen auf Raum und Umwelt sowie Ansätze zur Zersiedlung sind zu vermeiden. Nicht mehr benötigte Bauten sollen zurückhaltend umgenutzt werden dürfen, wenn sie mit den Funktionen des Landschaftsraumes verträglich sind, nicht zur Zersiedlung führen, keiner zusätzlichen Erschliessung bedürfen und den Grundsatz der Trennung von Baugebiet und Nichtbaugebiet respektieren.

Landschaftsschaden beheben

Die durch Bauten und Anlagen, namentlich der Infrastruktur, und durch naturferne Bewirtschaftung entstandenen Schäden im Landschaftsraum sind zu beheben. Mit der Wiederherstellung entwerteter und beeinträchtigter Landschaftsräume im Rahmen einer von der Landwirtschaftspolitik aktiv unterstützten ökologisch rücksichtsvollen Bewirtschaftung oder mit Massnahmen der Sanierung und des «Rüokbaus» werden Naturnähe und Erholungswert der Landschaft erhöht.

343 Schutz und Nutzung verknüpfen

Nutzungsvielfalt wiederherstellen

Die Landschaft muss sich zu einem vielfältig genutzten Naturraum entwickeln. Dies setzt voraus, dass die Gestaltung und Nutzung der Landschaft als Wirtschafts- und Erholungsraum im Einklang mit den

Hauptanliegen des Natur-, Landschafts-, Boden- und Gewässerschutzes erfolgt. Schutz und Nutzung sind zu verknüpfen. Massnahmen des Natur-, Landschafts-, Boden- und Gewässerschutzes sind nur dann effizient und erfolgreich, wenn sie in die land- und forstwirtschaftliche Bewirtschaftung sowie die Erholungsnutzung integriert sind.

Nachhaltige Bewirtschaftung

Die land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung muss dem Prinzip der Nachhaltigkeit folgen. Dazu sind die Art und Intensität der landund forstwirtschaftlichen Nutzung auf die langfristige Belastbarkeit von Natur und Landschaft abzustimmen. Die durch die Landwirtschaftspolitik und die neue Waldgesetzgebung eingeleitete Rückkehr zu einer vermehrt standortgerechten, naturnahen Bewirtschaftung ist konsequent fortzusetzen.

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Erholungswert der Landschaft steigern und nutzen

Eine vielfaltig genutzte Kulturlandschaft mit naturnahen Lebensräumen für die Pflanzen- und Tierwelt ist auch bevorzugter Raum für Freizeit, Erholung und Tourismus. Mit natur- und landschaftsgerechten Sport- und Erholungseinrichtungen können ergänzende Einkommens- und BeschäftigungsmögUchkeiten geschaffen und gemeinwirtschaftliche Leistungen der Landwirtschaft für die Landschaftspflege abgegolten werden.

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Natürliche Lebensgrundlagen und einheimische Pflanzen- und Tierwelt schätzen

Wiederbeleben mit naturnahen Elementen

Die Hinwendung der Land- und Forstwirtschaft zu einem naturnäheren, nachhaltigen Umgang mit dem Boden eröffnet Chancen, die verarmte Landschaft mit naturnahen Räumen zu restrukturieren. Um die noch vorhandenen Arten von Flora und Fauna erhalten zu können, muss der Bestand an naturnahen Flächen erhöht werden. Gemäss Ergebnissen des Nationalen Forschungsprogrammes Boden sollte er im Mittelland etwa 12 Prozent der gesamten Fläche umfassen. Diese Flächen sind durch eine deutliche Rücknahme der Nutzungsintensität für die Wiederbelebung des Landschaftsraumes, die freie Naturentwicklung und die Sicherung der Biodiversität bereitzustellen.

Vernetzen von naturnahen Lebensräumen

Ein langfristiges Überleben der bedrohten Pflanzen- und Tierwelt auf dem Land und in Gewässern ist in räumlich isolierten Gebieten nicht möglich. Es bedarf daher der Sicherstellung von Wanderachsen als grossräumige Verbindungen der geschützten naturnahen Lebensräume. Isolierte Schutzgebiete sind zu einem räumlichen und funktionalen Verbund zu verknüpfen.

RégénérationsFähigkeit des Ökosystems Boden sichern

Die Erhaltung des komplexen und empfindlichen Ökosystems Boden ist Voraussetzung für eine nachhaltige Land- und Forstwirtschaft, für die Gewinnung von quantitativ ausreichendem, sauberen Grundwasser und für die Sicherung einer vielfältigen Pflanzen- und Tierwelt.

Die Belastung des Bodens durch unzweckmässige Bewirtschaftung und durch schädlichen Stoffeintrag muss reduziert und die Regenerationsfähigkeit durch angepasste, den Prinzipien der Nachhaltigkeit folgende Nutzungen verbessert werden.

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Die Schweiz in Europa einbinden

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Den Blick auch gegen aussen richten

Aktiv beitragen zu einer europäischen Raumordnung

Die Schweiz hat bei der Schaffung einer europäischen Raumordnung mitzuarbeiten und sich den räumlichen Konsequenzen der wachsenden europäischen Integration anzunehmen. Nur mit einer laufenden gegenseitigen Abstimmung der wesentlichen räumlichen Entwicklungsziele und -massnahmen zwischen der Schweiz und dem europäischen Ausland kann unser Land den sich verändernden Gegebenheiten und neuen Anforderungen zeitgerecht,-wirkungsvoll und in Eigenständigkeit begegnen.

Europäischer Städteverbund

Die Förderung von Städtenetzen gehört in den Ländern der Europäischen Union zu einem der vorrangigen raumordnungspolitischen Ziele. Das Städtesystem Schweiz muss über die Landesgrenzen vernetzt und zu einem integrierten Teil des europäischen Städteverbundes werden. Die Standortqualität des Städtesystems Schweiz für wichtige europäische Funktionen im wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und kulturellen Bereich hängt wesentlich von einer optimalen Einbindung in die transeuropäischen Infrastrukturnetze ab. Dazu gehören in erster Linie die Netze der Hochgeschwindigkeitsbahnen, der Telekommunikation sowie des europäischen und interkontinentalen Flugverkehrs.

Kooperationen unter ländlichen Gebieten in Europa

Eine Grundbedingung zur Bewältigung des Strukturwandels in ländliehen Gebieten besteht darin, dass sich die Raumordnungspolitik den Entwicklungspotentialen ländlicher Regionen und deren Verknüpfung untereinander sowie mit den Städtenetzen annehmen muss. Auf der Grundlage besonderer Programme der EU ist in den umliegenden Ländern eine beträchtliche Anzahl entsprechender Initiativen entstanden.

In der Schweiz sollen vermehrt Anstrengungen zum Aufbau von Kooperationen mit diesen ausländischen Netzwerken unternommen werden, um durch den gegenseitigen Informations- und Erfahrungsaustausch die Wirksamkeit der Regionalpolitik im ländlichen Raum zu erhöhen.

Zusammenarbeit im Alpenraum

Die Alpen sind Lebens- und Wirtschaftsraum für die ansässige Bevölkerung, gleichzeitig Erholungsraum und Zielgebiet des intemationalen Tourismus, Träger wichtiger Verkehrswege und grösster zusammenhängender Naturraum von gesamteuropäischer Bedeutung.

Wirtschaftliche Interessen müssen mit den ökologischen Erfordernissen in Übereinstimmung gebracht werden. Zur dauerhaften Sicherung des alpinen Lebens-, Natur- und Wirtschaftsraumes ist die grenzüberschreitende Abstimmung von Schutz und Nutzung im Sinne der Prinzipien der Nachhaltigkeit eine wichtige Voraussetzung.

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Zusammenarbeit der Grenzregionen und -Städte

Aus GrenzDie sich anbahnende Öffnung der Grenzen in Europa verschafft den räumen werden Grenzstädten und -regionen neue Entfaltungsmöglichkeiten durch ein Konfakträume grösseres Einzugsgebiet und damit Gelegenheit für konkrete, raumund sachbezogene Pionierarbeit der europäischen Integration. Mit grenzüberschreitender Zusammenarbeit der Grenzregionen und -Städte sollen die Chancen der durchlässigeren Landesgrenzen genutzt werden, um sich im europäischen Städteverbund ein wettbewerbsfähiges Profil zu verschaffen.

Für die gezielte Verbesserung der besonderen Standorteigenschaften der Grenzregionen ist eine grenzüberschreitende Abstimmung der räumlichen Entwicklung erforderlich. Dazu gehört auch die Zusammenarbeit in den Bereichen des Baus und Betriebs der Infrastruktur, der Forschung, der Aus- und Weiterbildung, des Gesundheitswesens, der Kultur und des Umweltschutzes. In die grenzüberschreitende Zusammenarbeit sind auch die gegenseitigen ökologischen Belastungen und die Vernetzung von wichtigen Naturräumen einzubeziehen.

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Strategien zur Raumordnung Schweiz eine Gesamtschau

Mit'den Strategien zur Raumordnung Schweiz zeigt der Bund auf, wie er mit Blick auf die wichtigsten Probleme der räumlichen Entwicklung unseres Landes seine raumordnungspolitische Verantwortung wahrnehmen will. Räumliche Probleme wie zum Beispiel die der Agglomerationsentwicklung, der Entwicklung der ländlichen Gebiete und des Alpenraumes, des Verkehrs und der Infrastruktur oder der Landschaftsentwicklung sprengen die Fragen der Nutzungsordnung von Bauzone und Landwirtschaftszone; sie überschreiten die kommunalen und kantonalen Ebenen der raumplanerischen Zuständigkeiten und Kompetenzen und halten sich auch nicht an die nationalen Grenzen.

Veränderte, zusehends komplexere räumliche Fragestellungen mit grenzüberschreitenden Dimensionen verlangen, dass der Bund seine eigene raumordnungspolitische Verantwortung aus einer Gesamtsicht der Anforderungen für eine zukunftstaugliche Raumentwicklung wahrnimmt. Das vernetzte Städtesystem, die Siedlungsentwicklung nach innen, die Abstimmung von Siedlung und Verkehr, die Stärkung der Eigenständigkeit des ländlichen Raumes, die grossräumige Integration von Schutz und Nutzung in der Landschaft und die aktive Mit-

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Wirkung in der Schaffung einer europäischen Raumordnung sind die Schlüssel clemente der raumordnungspoliüschen Gesamtstrategie.

Ihre Stärke besteht im konsistenten Zusammenwirken ihrer Schlüsselelemente. Sie geht aus von einem ganzheitlichen Lebens- und Wirtschaftsraum und dem Ziel gleichwertiger Lebensbedingungen und Entwicklungschancen von Stadt und Land, von allen Landesteilen und beruht auf den Grundsätzen einer nachhaltigen Entwicklung.

Sie orientiert sich an den raumordnungspoliüschen Erfordernissen der Zukunft und stützt sich auf die verfassungsrechtliche Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen auf dem Gebiete der Raumplanung.

Wo räumliche Probleme immer weniger vor kommunalen, kantonalen und nationalen Grenzen Halt machen, ist Raumordnung eine Gemeinschaftsaufgabe. Kohärenz im Handeln ist somit auch dort verlangt, wo Bund, Kantone und Nachbarländer an der Lösung grenzüberschreitender räumlicher Probleme arbeiten. Mit den Strategien der Raumordnung Schweiz schafft der, Bund eine Grundlage, um seine raumordnungspolitische Verantwortung im partnerschaftlichen Dialog einzubringen.

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Aktionsfelder der Raumordnungspolitik des Bundes

Mit dem vorliegenden Bericht schafft der Bund eine Grundlage, die zu einer zielgerichteten Abstimmung der verschiedenen Sachpolitiken auf die Hauptanliegen der Raumordnung führen soll. Die nachfolgenden Ausführungen stecken die Aktionsfelder der zukünftigen Raumordnungspolitik des Bundes ab und zeigen, wo und wie der Bund die Strategien der Grundzüge der Raumordnung Schweiz umsetzen will. Im Rahmen der Berichterstattung an das Parlament über die NeuAuflage des Realisierungsprogrammes zur Raumordnungspolitik werden diese Aktionsfelder näher umschrieben und konkretisiert.

Im Realisierungsprogramm zur Raumordnungspolitik zeigt der Bundesrat, nach welchen Grundsätzen die Bundesstellen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben handeln, welche Grundlagen und Planungen erarbeitet und welche organisatorische Vorkehrungen getroffen werden, um die raumwirksamen Tätigkeiten des Bundes auf die Ziele der Raumordnung auszurichten. Über den Stand, die Ergebnisse und die Wirksamkeit des Realisierungsprogrammes erstattet der Bundesrat einmal pro Legislatur Bericht an das Parlament.

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Sachpolitiken des Bundes auf die Anliegen der Raumordnung ausrichten

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Mehr Kohärenz im raumwirksamen Handeln des Bundes

Der Bund verfügt über vielfältige Möglichkeiten, eine umfassende und kohärente Raumordnungspolitik zu gestalten. So bestimmt er mit seiner Gesetzgebung, seinen eigenen Sachpolitiken und seinen raumwirksamen Tätigkeiten die Weiterentwicklung der räumlichen Struktur unseres Landes wesentlich mit. Er ist deshalb gehalten, die Vielfait seiner raumbedeutsamen Aktivitäten auf eine zukunftstaugliche räumliche Entwicklung im Sinne der Grundzüge der Raumordnung auszurichten. Damit will der Bund in seinem eigenen Verantwortungsbereich nicht nur negative Auswirkungen der räumlichen Ansprüche vermeiden, sondern eine aktive, zielgerichtete und zukunftsorientierte Raumordnungspolitik betreiben.

Zur Ausrichtung seiner Sachpolitiken auf die Grundzüge der Raumordnung Schweiz wird der Bund: · die Gesetzgebung zum Lebensraum koordinieren, · durch Vereinfachung und Beschleunigung mehr Effizienz in den Entscheidverfahren bringen, · seine raumwirksamen Vorhaben besser planen und untereinander abstimmen, · den partnerschaftlichen Dialog zwischen Bund, Kantonen und Städten verstärken, · marktwirtschaftliche Instrumente für die Raumordnung einsetzen, · durch den Ausbau der nationalen Verkehrsnetze und zweckmässige Betriebskonzepte einen wesentlichen Teil zur Raumordnung Schweiz beitragen, · eine Agglomerationspolitik entwickeln, · die Wohn- und Eigentumsförderung in den Dienst der Raumordnung stellen, · die eigenen Areale und Arbeitsstandorte strategiegerichtet einsetzen, · die Regionalpolitik und den Finanzausgleich auf die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit orientieren, · die nachhaltige Bewirtschaftung des Bodens und den ökologischen Ausgleich fördern, · die eigenen Verpflichtungen zur Schonung der Landschaft umfassend wahrnehmen und auf eine vermehrte Integration von Schutz und Nutzung hinarbeiten, · die räumliche Dimension in der Landwirtschaftspolitik besser beachten, · die Verkehrs-, Energie- und Kommunikationsnetze mit den europäischen Netzen verknüpfen.

Koordination der Gesetzgebung zum Lebensraum

Raumplanung hat die Aufgabe, unseren Lebens- und Wirtschaftsraum zu erhalten und zielgerichtet auf die neuen Herausforderungen hin zu gestalten. Der Auftrag ist aber nur erfüllbar, wenn die auf den Lebensräum bezogene Rechtsordnung konsistent und koordiniert ist (Bau-, Planungs-, Umweltschutz-, Natur- und Heimatschutzrecht, Wald- und Landwirtschaftsgesetzgebung, regionalpolitische Gesetzgebung usw.).

Der Bund strebt eine bessere gegenseitige Abstimmung der Gesetzgebung und Verfahren im Bereich des Lebensraumrechtes an. Er achtet darauf, dass den räumlichen Aspekten in der Gesetzgebung Rechnung getragen wird. Er untersucht insbesondere, wie die raumplanungsrechtlichen Verfahren (Rieht-, Nutzungs- und Sachplanung) zu ande-

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ren Planungs-, Prüfungs- und Bewilligungsverfahren stehen. Er prüft in diesem Zusammenhang auch die Zweckraässigkeit von Anpassungen der Raumplanungsgesetzgebung.

Bessere Planung und Koordination der raumwirksamen Vorhaben des Bundes

Bei der Erfüllung seiner eigenen Aufgaben mit Auswirkungen auf den Raum wird der Bund auf eine Verbesserung der Koordination bundesintern und mit den Kantonen hinarbeiten. Er treibt dazu die Erarbeitung von Sachplänen (z. B. Sachpläne für Waffen- und Schiessplätze, für Militärflugplätze, für Wasserstrassen, für Infrastruktur der Luftfahrt usw.) voran und nimmt die Zusammenarbeit mit den betroffenen Kantonen rechtzeitig auf. Im Hinblick auf zukünftige raumwirksame Aufgaben erarbeitet er vermehrt und gezielt konzeptionelle Grundlagen (z. B. Landschaftskonzept, Konzept Übertragungsleitungen, Bericht über die Landwirtschaftspolitik usw.).

Durch Vereinfachung und Beschleunigung mehr Effizienz in den Entscheidverfahren

Der Ruf nach Deregulierung, Liberalisierung, Vereinfachung und Beschleunigung der Entscheidverfahren darf nicht einfach mit dem Aufheben von materiellen Rechtsvorschriften beantwortet werden. Steigerung der Effizienz sowie die Vereinfachung und Beschleunigung von Verfahren sind dauernde Aufgaben. Angesichts der wachsenden Herausforderung, die Standortvoraussetzungen für die Wirtschaft zu verbessern und die Lebensqualität der Bevölkerung zu erhöhen, gewinnt zielgerichtetes, koordiniertes Handeln der Verwaltung eine verstärkte Bedeutung. Der Bund intensiviert die Anstrengungen zur besseren gegenseitigen Abstimmung, Vereinfachung und Beschleunigung der Entscheidverfahren.

Förderung der raumordnungspolitischen Bestrebungen der Kantone

Für eine geordnete räumliche Entwicklung des Landes tragen die Kantone und Gemeinden eine zentrale Verantwortung. Sie haben mit ihrer Bau- und Planungsgesetzgebung sowie ihrer Rieht- und Nutzungsplanung die Mittel in der Hand, günstige Raumstrukturen zu schaffen und in eigener Verantwortung Chancen der regionalen Entwicklung wahrzunehmen. Die Richtplanung ist das geeignete Instrument, die kantonalen raumordnungspolitischen Ziele mit Blick auf die Grundzüge der Raumordnung räumlich umzusetzen, auf kantonaler und regionaler Ebene Zentralitäten zu bestimmen, die überkommunale Abstimmung räumlicher Ziele und Massnahmen vorzunehmen, mit den Nachbarkantonen zusammenzuarbeiten und die baulichen Vorhaben des Bundes räumlich einzuordnen. Der Bund will dazu im Rahmen seiner Koordinationsaufgaben Unterstützung bieten und das Zusammenwirken aller staatlichen Ebenen fördern.

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Bundesinterne Koordinationsorgane im Dienst der Raumordnungspolitik

Für die Umsetzung der raumplanerischen Anliegen, die bessere Koordination im Verwaltungshandeln und die Verbesserung der Kohärenz der Raumordnungspolitik des Bundes gewinnen die bundesinlernen Koordinationsorgane, wie zum Beispiel die Raumordnungskonferenz des Bundes (ROK), eine verstärkte Bedeutung. Der Bund hat deshalb Massnahmen eingeleitet, um bestehende Gremien noch verstärkt in den Dienst der Abstimmung und Ausrichtung der Sachpolitiken des Bundes auf die Grundzüge der Raumordnung zu stellen.

Plattform für den Dialog zwischen Bund, Kantonen, ländlichen Gebieten und Städten

Angesichts der zunehmenden Bedeutung grenzüberschreitender Probleme und Aufgaben der räumlichen Entwicklung sind Bund, Kantone und Gemeinden vermehrt auf eine partnerschaftliche Zusammenarbeit angewiesen. Der Bund will die Zusammenarbeit zwischen Kantonen, ländlichen Gebieten, Städten und Bund auf dem Gebiet der Raumordnung verstärken. Als Plattform dazu hat er einen «Rat für Raumordnung» beschlossen, der den Gedanken- und Informationsaustausch erleichtern und zu einer vermehrten gegenseitigen Abstimmung raumrelevanter Entscheide beitragen soll.

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Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung der Volkswirtschaft

Nachhaltige Entwicklung durch Kostemvahrheit fördern

Die Gestaltung und Verbesserung der Standortbedingungen für die Wirtschaft soll sich auf das Ziel einer langfristigen, nachhaltigen Entwicklung der Volkswirtschaft ausrichten und nicht der Gefahr erliegen, kurzfristige, konjunkturelle oder einzelbetriebliche Interessen zu verfolgen. Nachhaltig ist eine Entwicklung dann, wenn sie gewährleistet, dass die Bedürfnisse von heute befriedigt werden, ohne nachfolgenden Generationen die Grundlagen zur Befriedigung derer Bedürfnisse zu beeinträchtigen. Der Bund unterstützt die nachhaltige Entwicklung der Volkswirtschaft, insbesondere durch die Ausrichtung seiner Sachpolitiken auf die Raumordnung und durch die verstärkte Anwendung der Kriterien der Kostenwahrheit.

Mit marktwirtschaftlichen Instrumenten haushälterisehe Bodennutzung und Raumordnung unterstützen

Mit dem Einsatz marktwirtschaftlicher Instrumente können viele Ziele der Raumordnung wesentlich unterstützt und regulative Massnahmen zurückgenommen werden. Wirtschaftliche Anreize und die DurchSetzung des Verursacherprinzips können beipielsweise dazu beitragen, dass Bauzonen effizienter genutzt oder die öffentliche Infrastruktur raumsparender und kostengünstiger erstellt, betrieben und unterhalten werden kann. Der Bund will den marktwirtschaftlichen Grundsätzen in seinen raumwirksamen Sachpolitiken vermehrte Beachtung schenken und diese gezielt mit marktwirtschaftlichen Massnahmen ergänzen.

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Wettbewerbsfâhigkeit stärken durch zweckmässige Raumordnung

Mit dem Programm «Marktwirtschaftliche Erneuerung» will der Bund die internationale Wettbewerbsfähigkeit der schweizerischen VolksWirtschaft stärken und Barrieren zum Marktzutritt sowie andere Hindémisse für die Wirtschaft abbauen. Eine zweckmässige Raumordnung und eine intakte Umwelt sichern und optimieren auf lange Sicht die räumlichen Rahmenbedingungen, welche die Schweizer Wirtschaft im internationalen Standortwettbewerb stärken. Mit der vermehrten Ausrichtung der Gesetzgebung und der Infrastrukturplanung auch auf die Anliegen der marktwirtschaftlichen Erneuerung sowie mit einer besseren Abstimmung seiner raumwirksamen Tätigkeiten trägt der Bund zur Festigung des Wirtschaftsstandortes Schweiz bei.

Mit Raumordnung Infrastrukturkosten sparen

Die Fortführung der gegenwärtigen Trends der Raumentwicklung ist nicht finanzierbar. Mit der Zersiedlung drohen steigende Kosten für den Bau, den Betrieb und den Unterhalt von Infrastrukturanlagen.

Begrenzte finanzielle Mittel beim Bund sowie bei den Kantonen und Gemeinden setzen dem weiteren Ausbau der Infrastruktur enge Grenzen und erfordern deshalb ein sorgfältiges Abwägen langfristiger Kosten und Nutzen öffentlicher Investitionen. Bestehende Bauten und Anlagen sowie bundeseigene Areale sollen daher besser genutzt werden. Mit Rücksicht auf die angespannte Finanzlage wird der Bund Prioritäten setzen müssen. Er wird seine Anstrengungen auf die bestehenden und bereits geplanten bzw. beschlossenen Infrastrukturanlagen und deren Betrieb richten und diese mit Blick auf die erwünschte räumliche Entwicklung möglichst effizient gestalten.

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Festigung des Städtesystems Schweiz

Durch das Zusammenwirken der verschiedenen Verkehrsträger und -mitte! (Strasse, Schiene, Rad- und Fusswege sowie Luftverkehr, Postauto, Bus, Tram) sollen die Netzwirkung des Verkehrssystems verstärkt, sein Beitrag zur angestrebten Entwicklung der Besiedlung erhöht und unnötige Verkehrsbelastungen vermieden werden. Die Lösung der Verkehrsprobleme verlangt eine räumlich und sachlich umfassende Sicht der Aufgaben. Dazu braucht es ein Denken in Räumen und nicht in Linien. Der Bund verstärkt die Koordination seiner Vorhaben im Verkehrsbereich und stimmt sie mit den raumordnungspolitischen Anliegen ab. Er fördert die Kantone in ihren Bemühungen um eine zweckmässige Verknüpfung der internationalen und nationalen Verkehrs mit dem nachgeordneten Verkehrssystem und arbeitet mit ihnen bei der Bestimmung des Verkehrsangebotes für den Regional- und Agglomerationsverkehr mit.

Lücken in der Erschliessung der Landesteile schliessen

Eine hinreichende Verknüpfung der Landesteile untereinander und zu den Zentren des Städtesystems mit Verkehrs- und KommunikationsInfrastrukturen ist Voraussetzung für die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der schweizerischen Volkswirtschaft. Der Bund setzt sich im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten für die Fertigstellung des Nationalstrassennetzes ein. Mit der schrittweisen Verwirklichung des Konzeptes BAHN/BUS 2000 strebt er eine Verbesserung im Angebot des Öffentlichen Personenverkehrs mit mehr Fahrmöglichkeiten im Intercity- und Schnellzugsverkehr, einer zweckmässigen Einbindung des Regionalverkehrs, einer Verkürzung der Gesamtreisezeit und der Schaffung neuer Direktverbindungen an. Er stärkt damit die Standortgunst der Schweiz insgesamt.

Bedürfnisse der Aggiomerationen umfassend berücksichtigen

Im Städtesystem Schweiz sind die Agglomerationen mit ihren KernStädten Kristallisationspunkte von grosser wirtschaftlicher, kulturel1er und gesellschaftlicher Ausstrahlungskraft. Sie bestimmen damit die räumliche Entwicklung eines weiten Einzugsbereiches - meist über die kantonalen Grenzen hinaus - wesentlich mit und binden umfangreiche Mittel der öffentlichen Hand für den Ausbau und Betrieb der landesweit bedeutsamen Infrastruktur. Der Bund schafft Voraussetzungen für eine verstärkte Berücksichtigung der Bedeutung und der Anliegen der Städte und Agglomerationen im Rahmen der Regionalpolitik. Er unterstützt die Städte und Agglomerationen in den Anstrengungen zu einer vermehrten Koordination ihrer räumlichen Entwicklung. Mit der Reform des Finanzausgleichs und der Harmonisierung der Verkehrsfinanzierung stärkt er sie in ihren Bemühungen, den horizontalen Lastenausgleich für die zentralörtlichen Leistungen eigenverantwortlich und partnerschaftlich zu gestalten.

Umweltprobleme der Aggiomerationen nìcht auslagern

In den Agglomerationsräumen ist aufgrund der hohen Nutzungsdichte die Umweltbelastung grosser als im ländlichen Raum. Eine Reduktion ist zur Verbesserung der Lebensqualität in den verdichteten Siedlungsgebieten ein dringendes Erfordernis. Sie soll durch Massnahmen an der Quelle und nicht durch die (allenfalls kurzfristig kostengünstiger erscheinende) räumliche Auslagerung von Emittenten in noch wenig belastete Gebiete des Agglomerationsrandes oder des ländlichen Raumes erfolgen. Um diese Verlagerung zu verhindern, berücksichtigt der Bund die räumlich unterschiedlichen Problemstellungen von Agglomerationen und ländlichem Raum durch eine differenzierte Umsetzung der Ziele des Umweltrechtes.

Bahnhofgebiete als Entwicklungsschwerpunkte unterstützen

In den verdichteten Agglomerationsräumen hat der öffentliche Verkehr aus Gründen der städtischen Lebensqualität, der knappen RaumVerhältnisse sowie der Konzentration der Verkehrsnachfrage erste Priorität. Für den weiteren Ausbau des umweltfreundlichen Agglomerationsverkehrs fördert der Bund bzw. die SBB die Entwicklung 621

der Bahnhofareale und S-Bahn-Stationen zu leistungsfähigen Umsteigeknoten und geeigneten Standorten für zentrumsorientierte Nutzungen, vor allem der Zweige des verkehrsintensiven öffentlichen und privaten Dienstleistungssektors. Sie erarbeiten dazu mit den Agglomerationen, den Standortgemeinden und der Wirtschaft Konzepte zur effizienten und attraktiven Nutzung der bestehenden bundeseigenen Raum- und Flächenpotentiale.

Bei Bundesbauten städtebauliche Verantwortung übernehmen

Im Rahmen seiner Aufgaben bei der Erstellung, dem Ausbau und Betrieb von Bauten und Anlagen der Infrastruktur in den Agglomerationen zielt der Bund auf die Verbesserung der Funktionsfähigkeit der hochverdichteten Lebens- und Wirtschaftsräume. Er achtet dabei insbesondere darauf, dass die räumliche Ordnung und urbane Qualität der Agglomerationen erhöht und der Boden haushälterisch genutzt werden. Damit schafft der Bund günstige Voraussetzungen für den effizienten Einsatz der öffentlichen Finanzen und für eine nachhaltige Verbesserung der Umweltqualität in den Verdichtungsräumen.

Wohn- und Eigentumsfórderung im Dienst der Raumordnung

In den Auftrag der Raumordnung "soll .verstärkt auch die Wohn- und Eigentumsförderung des Bundes einbezogen werden, Mit der gezielten Unterstützung von Massnahmen zur inneren Erneuerung bestehender Siedlungsgebiete, der Förderung zweckmässiger Verdichtung und Nutzungsmischungen sowie raumplanerisch sinnvoller Standortfestlegungen soll die Wohn- und Eigentumsförderung auf die Grundzüge der erwünschten räumlichen Entwicklung ausgerichtet werden.

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Förderung des ländlichen Raumes

Neuausrichtung der Regionalpolitik: weniger reaktiv...

Bisher orientierte sich die Regionalpolitik eher an Entwicklungen in der Vergangenheit. Sie reagierte auf Prozesse, die räumliche Ungleichgewichte verursachten. In der Zukunft soll nicht mehr die nachträgliche Korrektur eingetretener, unerwünschter räumlicher Auswirkungen, sondern die Flankierung erst erwarteter Auswirkungen des Strukturwandels oder notwendiger Reformen der Sektoralpolitiken im Vordergrund stehen. Es geht somit verstärkt darum, ungenutzte Potentiale zu nutzen und Projekte mit ausgeprägten Entwicklungsimpulsen zu fördern. Es ist eine vermehrte «Allokationseffizienz» anzustreben.

... und im Massstab stärker differenziert

Gleichzeitig ist eine bessere Aufgabenteilung zwischen den verschiedenen Ebenen des Staates vorzunehmen. Die Kleinregionen der bisherigen schweizerischen Regionalpolitik sind nicht die räumlichen Einheiten, die heute miteinander im internationalen Standortwettbewerb stehen. Dieser spielt sich zwischen Grossregionen ab, die in unserem Land mehrere Kantone umfassen können. Aus Effizienz-

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Überlegungen sollte der Bund seine Regionalpolitik vermehrt auf diese Grossregionen ausrichten, Hauptansatzpunkt ist die Koordination der Sektoralpolitiken mit dem Ziel der Erhaltung von gleichwertigen Lebensbedingungen in den einzelnen Landesteilen und der Sicherung des Standortes Schweiz insgesamt. Die kleinregionale Regionalpoli- ' tik soll dagegen von den Kantonen mit mehr Eigenverantwortung vollzogen werden, ohne dass sich der Bund aus der finanziellen Mitverantwortung verabschiedet.

Selbstverantwortung der Kantone und Regionen mit der Reform des Finanzausgleichs erhöhen

Abgestimmt mit der Neuorientierung der Regionalpolitik will der Bund den Finanzausgleich für die Kantone freier gestalten. Die finanzkraftabhängigen Kantonsanteile an den Bundeseinnahmen sollen ausgebaut und der Ausgleich nicht mehr durch eine am Index der Finanzkraft ausgerichtete Abstufung der Bundessubventionen gesucht werden. Ziel ist mehr Freiheit und Flexibilität für die Kantone im Einsatz der Finanzmittel. Zur Verstärkung des Subsidiaritätsprinzips wird auch der interkantonale und regionale Lastenausgleich zu verstärken sein.

Für die Erhaltung gleichwertiger Lebensbedingungen im Rahmen politischer und soziokultureller Eigenständigkeit und Vielfalt sind im ländlichen Raum eine auf die konzentrierte Dezentralisation ausgerichtete Infrastruktur sowie leistungsfähige öffentliche Dienste von zentraler Bedeutung. Der Finanzausgleich dient den finanzschwächeren Gebieten u. a. auch zur Sicherstellung der diesbezüglichen Grundausstattung.

Regionalentren besser erschliessen...

Die Einbindung der Mittel- und Kleinzentren des ländlichen Raumes und des Berggebietes in das Städtesystem ist eine wesentliche Voraussetzung der dezentralisierten, konzentrierten Besiedlung. Sie ermöglicht Gleichwertigkeit im sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben in den einzelnen Landesteilen und ist von grosser Bedeutung für den nationalen Zusammenhalt. Als Elemente des Städtesystems gehören die Zentren des ländlichen Raumes untereinander und mit den übrigen Zentren und Agglomerationen vernetzt. Der Bund verbessert mit dem Konzept BAHN/BUS 2000 die Erschliessung der Regionalzentren und die Einbindung des Öffentlichen Regionalverkehrs in das nationale Schienennetz.

... und in ihren Funktionen stützen

In den Regionalzentren des ländlichen Raumes soll die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmensstandorte mit Einrichtungen für die Ausund Weiterbildung erhalten und ausgebaut werden. Mit seinen regionalpolitischen Instrumenten unterstützt der Bund die Zusammenarbeit im ländlichen Raum zur Schaffung und Optimierung von Ausund Weiterbildungsstandorten und fördert die entsprechenden Einrichtungen.

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Regionalverkehr effizienter gestalten

Die Qualität des Regionalverkehrs ist für die Erhaltung der dezentralen Siedlungsstruktur und die Gunst der peripher gelegenen Regionen als Arbeitsplatzstandorte von zentraler Bedeutung. Der Bund hält an der Unterstützung des Öffentlichen Regionalverkehrs fest. Knappe Finanzmittel verpflichten ihn aber, nach neuen finanziellen und organisatorischen Lösungsmöglichkeiten zu suchen. Für die Flächenerschliessung in den dünn besiedelten Gebieten des ländlichen Raumes, wo ein gleichzeitiger Ausbau von Schienen- und Strasseninfrastruktur nicht sinnvoll ist, unterstützt er im Rahmen seiner Möglichkeiten die Kantone bei der Schaffung von leistungsfähigen Umsteigeknoten in den Regionalzentren. Durch eine koordinierte Verkehrspolitik fördert er so eine differenzierte Bewältigung der Mobilitätsbedürfnisse und den Ausbau zu einem effizient organisierten System des Regionalverkehrs im ländlichen Raum. Mit der Harmonisierung der Verkehrsfinanzierung erweitert er zudem den Entscheidspielraum und die Verantwortung der Kantone bei der Fortentwicklung des Regionalverkehrs.

Natur und Landschaft: umfassend betrachten...

Um mehr Klarheit und Kohärenz im Vollzug der raumwirksamen Aufgaben von Bund und Kantonen zu erzielen, will der Bund die Ziele, Grundsätze und Massnahmen zur Weiterentwicklung des Natur- und Landschaftsschutzes aus nationaler Sicht in einen räumlichen Gesamtzusammenhang stellen. Konzeptionelle Grundlagen sollen die Bestrebungen fördern, von einem ausschliesslich konservierenden Schutz von mehrheitlich isolierten Teilräumen hin zu einer grossräumigen Gestaltung und nachhaltigen Nutzung des Landschaftsraumes zu gelangen.

... und beim Bauen berücksichtigen

Nicht mehr benötigte Bauten in der Landwirtschaftszone sollen nach Bundesrecht umgenutzt werden können, wenn sie mit den Funktionen des Landschaftsraumes verträglich sind. Bei den eigenen Vorhaben klärt der Bund ab, wie bestehende Bauten und Anlagen besser ausgelastet oder umgenutzt werden können und nutzt dabei die Chancen zur Wiederherstellung von mehr Naturnähe in der Landschaft. Mit der Wahl von zweckmässigen, umweltverträglichen und raumsparenden Standorten und Linienführungen für Bauten und Anlagen der Infrastruktur ist er auch bei Konzessionen, Bewilligungen und Beiträgen bestrebt, Raumbedarf und Belastungen von Natur und Landschaft gesamthaft gering zu halten.

Die Entwicklung einer nachhaltigen Land- und Forstwirtschaft ...

Der Bund unterstützt die Land- und Forstwirtschaft im Wandel zu einer vermehrt marktwirtschaftlichen und gleichzeitig naturnäheren und landschaftsschonenden, den Prinzipien der Nachhaltigkeit verpflichteten Bewirtschaftung und Produktion. Mit den Beiträgen für gemeinwirtschaftliche Leistungen im Interesse des ökologischen Ausgleichs verbessert er die Situation der schweizerischen Landwirtschaft im härter werdenden, überalisierten Markt landwirtschaftlicher Produkte.

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... setzt die Erhaltung des landwirtschaftliehen Kulturlandes voraus

Der Schutz des hochwertigen landwirtschaftlichen Kulturlandes bleibt auch bei steigender Produktivität und zeitweilig hoher ProduktionsÜberschüsse eine vorrangige, langfristig ausgerichtete Aufgabe der Raumplanung. Diese Aufgabe wird aufgrund der weltweit steigenden Verluste an Kulturland (Erosion, Versalzung und Übernutzung, zunehmend negative Einflüsse auf die Ernteerträge wegen der steigenden Ozonbelastung, steigende Nahrungsmittelnachfrage einer wachsenden Weltbevölkerung) und angesichts der Unsicherheiten im Zusammenhang mit der langfristigen Entwicklung des Klimas noch an Bedeutung gewinnen. In der Abstimmung von baulichen Nutzungsansprüchen gegenüber den Fruchtfolgeflächen gibt der Bund dem Anliegen der Kulturlanderhaltung einen prioritären Stellenwert.

Berglandwirtschaft und touristische Attraktivität des Berggebietes erhalten

Eine funktionsfähige Berglandwirtschaft ist zur Sicherung der natürliehen Stabilität des Alpenraumes von entscheidender Bedeutung. Auch die Erhaltung und Weiterentwicklung der touristischen Attraktivität des Berggebietes ist von den landschaftspflegerischen Leistungen der Bergbauern abhängig. Der Bund verbessert im Rahmen seiner Landwirtschafts- und Regionalpolitik die Existenzbedingungen der Berglandwirtschaft durch die Abgeltung der besonderen gemeinwirtschaftlichen Leistungen und durch die Unterstützung von Massnahmen zur Schaffung und Erhaltung von Nebenerwerbsmöglichkeiten in der Region. Im Interesse der langfristigen Stärkung der touristischen Anziehungskraft, der qualitätsorientierten Profilierung des Ferienlandes Schweiz und der zweckmässigen Gestaltung eines marktgerechten Angebotes nimmt er ausserdem in seinen tourismusrelevanten Massnahmen und Entscheiden auf natürliche Gegebenheiten der Landschaft, auf Naturnähe und auf intakte Umwelt vermehrt Rücksicht.

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Städtesystem Schweiz im Netz der europäischen Grossstädte einbinden .

Einbindung in die europäische Raumordnung

Die Qualität des Wirtschaftsstandortes Schweiz im europäischen Kontext hängt auch von der optimalen Einbindung unseres Landes in den europäischen Netzverbund der Verkehrs-, Energie- und Kommunikationswege ab. Der Bund setzt sich ein für eine zweckmässige Verknüpfung der nationalen Verkehrs-, Energie- und KommunikationsInfrastruktur mit dem Ausland. Er trägt dazu bei, dass die Verbindung des schweizerischen Intercity-Bahnnetzes mit dem europäischen Hoch-geschwindigkeitsnetz gesichert und die Entwicklungsfähigkeit unserer Landesflughäfen für den europäischen und interkontinentalen Flugverkehr gestärkt werden.

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Grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Kantone, Regionen und Städte fordern

In der grenzüberschreitenden, problem- und sachbezogenen Zusammenarbeit der Kantone, Regionen und Städte auf dem Gebiet der räumliehen Entwicklungsziele und -massnahmen geschieht in fast allen Grenzräumen bereits praktische europäische Integration im kleinen Massstab. Der Bund fördert, mit Blick auf das Prinzip der Subsidiarität, die Weiterentwicklung dieser Zusammenarbeit mit Nachbarstaaten.

Die INTERREG-Initiative der EU, welche die Förderung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit auch mit Gebieten von Nicht-EULändern zum Ziel hat, bietet schweizerischen Grenzregionen Gelegenheit, sich an diesen neuartigen Kooperationsformen zur «regionalen Integration» zu beteiligen. Der Bund will diese Zusammenarbeit unterstützen, um eine geordnete und zweckmässige räumliche Entwicklung in den verschiedenen Grenzregionen zu erleichtern.

Umweltvorsorge in der europäischen Zusammenarbeit unterstützen

Die globale Umweltbelastung und der zunehmende zivilisatorische Nutzungsdruck haben auch negative Auswirkungen auf die Qualität des Lebens- und Wirtschaftsraumes Schweiz. Viele Probleme der wachsenden Belastung der natürlichen Lebensgrundlagen und der Gefährdung der Lebensräume der Pflanzen- und Tierwelt, wie zum Beispiel im Alpenraum, können effizient nur mit grenzüberschreitender und internationaler Zusammenarbeit gelöst werden. Europäische Zusammenarbeit in der Raumordnung leistet einen Beitrag zur vermehrten Vorsorge und Sorgfalt im Umgang mit der Umwelt. Im Rahmen der grenzüberschreitenden und internationalen Zusammenarbeit gibt der Bund dem Grundsatz der Nachhaltigkeit im Umgang mit den natürlichen Ressourcen wegleitende Bedeutung.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht über die Grundzüge der Raumordnung Schweiz vom 22. Mai 1996

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1996

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

34

Cahier Numero Geschäftsnummer

96.038

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

27.08.1996

Date Data Seite

556-626

Page Pagina Ref. No

10 053 968

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

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