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Bundesrathsbeschluss über

den Rekurs des Eugène Vauclair und Genossen, betreffend Beeinträchtigung der Handels- und Gewerbefreiheit.

(Vom 10. April 1896.)

Der schweizerische Bundesrat hat

über den Rekurs des Eugène V a u c l a i r und Genossen gegen einzelne Bestimmungen des vom Regierungsrat des Kantons Bern am 30. März 1894 sanktionierten Polizeireglements der Stadt Pruntrut vom 3. Dezember 1893, wegen Beeinträchtigung der Handels- und Gewerbefreiheit, auf den Bericht des Justiz- und Polizeidepartements, in Erwägung: 1. Für die Bundesrekursbehörde bleiben folgende zwei Punkte zu prüfen und zu entscheiden : a. das Begehren um Aufhebung der MarktgebUhren und um Rückerstattung der von den Rekurrenten der Gemeinde Pruntrut seit Inkrafttreten des neuen Reglements an solchen geleisteten Beträge ; b. das Begehren um Rückerstattung der seit dem gleichen Zeitpunkte bis zur eingetretenen Reduktion bezahlten Inspektionsgebühr von 10 Rappen per Kilo eingeführtes geräuchertes und von 5 Rappen per Kilo eingeführtes frisches Fleisch.

1068 2. Gemäß § 2 des bernischen Gesetzes über den Marktverkehr vom 24. März 1878 dürfen außer den Platz- und Standgeldern und einer Vergütung an die außerordentlichen Polizeikosten keine ändern MarktgebUhren bezogen werden.

Die von der Gemeinde Pruntrut geforderte Marktgebühr kann als ein Äquivalent fUr die Kosten einer durch den Markthandel bedingten besondern Polizeiaufsicht angesehen werden, als eine Vergütung, die nach dem Wortlaut der obenerwähnten Gesetzesbestimmung durch das Platz- und Standgeld noch nicht geleistet ist.

In Anbetracht ihrer mäßigen Höhe liegt in dieser Abgabe nicht eine Beeinträchtigung des Grundsatzes der Handels- und Gewerbefreiheit.

Die Rekurrenten haben für ihre Behauptung, die Marktgebühr werde nur den auswärtigen Handelsleuten auferlegt, keinen Beweis erbracht. Es ist dies auch thatsächlich nicht der Fall. Auch ein in Pruntrut wohnender Fleischhändler ist, sobald er außerhalb seines gewöhnlichen Lokals auf öffentlichem Platze eine Verkaufsbank errichtet, zur Bezahlung der Marktgebühr verhalten. Eine ungleiche Behandlung der die Gemeinde bewohnenden und der von auswärts kommenden Handelsleute findet somit nicht statt.

3. Was die Höhe der Fleischschaugebühr anbelangt, so muß der Regierung des Kantons Bern durchaus beigestimmt werden, wenn sie erklärt, ,,daß eine Gebühr von 10 Rappen per Kilo das billige Maß überschreite und einem Octroi ziemlich nahe komme".

Der Bundesrat stellt fest, daß eine so hohe Gebühr den Grundsatz der Handels- und Gewerbefreiheit verletzt.

Wenn es sich nun aber darum handelt, die rechtlichen Konsequenzen aus dieser Feststellung zu ziehen, so kann dies nur auf der von den Parteien selbst geschaffenen und anerkannten thatsächlichen Unterlage geschehen. Die Rekurrenten haben sich durch die von der Gemeinde Pruntrut vorgenommene Herabsetzung der Gebühr von 10 auf 5 Rappen per Kilo für das frische Fleisch befriedigt erklärt; die Gebühr für geräuchertes Fleisch ist von der Gemeinde ganz fallen gelassen worden.

Bei dieser prozessualischen Sachlage muß das Rückerstattungsbegehren der Rekurrenten als begründet erscheinen, beschlossen: 1.

unter l 2.

gehren

Der Rekurs wird mit Bezug auf das in den Erwägungen a rekapitulierte Begehren als unbegründet abgewiesen.

Der Rekurs ist dagegen begründet mit Bezug auf das Beunter l 6.

1069 3. Mitteilung an die Regierung des Kantons Bern für sich und zu Händen des Gemeinderates von Pruntrut, sowie an Fürsprech M. Crelier in Pruntrut zu Händen seiner Klienten Vauclair und Genossen.

B e r n , den 10. April 1896.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: A. Lachenal.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

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Bundesrathsbeschluss über den Rekurs des Eugène Vauclair und Genossen, betreffend Beeinträchtigung der Handels- und Gewerbefreiheit. (Vom 10. April 1896.)

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1896

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29.04.1896

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