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Schweizerisches Bundesblatt.

44. Jahrgang. IV.

Nr. 29.

13. Juli 1892.

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Druck und Expedition der Buchdruckerei Karl Stämpli & die. in Bern.

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Bundesgesetz betreffend

die Patenttaxen der Handelsreisenden.

(Vom 24. Juni 1892.)

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht der Botschaft und des Antrages des Bundesrathes vom 29. Mai 1891, beschließt: Art. 1. Die Handelsreisenden, die für Rechnung eines inländischen Hauses die Schweiz bereisen und dabei ausschließlich mit Geschäftsleuten in Verkehr treten, welche den betreffenden Handelsartikel wiederverkaufen oder in ihrem Gewerbe verwenden, können, sofern sie keine Waaren mit sich führen, im ganzen Gebiete der Eidgenossenschaft mit oder ohne Muster Bestellungen aufnehmen, ohne dafür eine Taxe entrichten zu müssen.

Durch besondere Schlußnahme des Bundesrathes kann Handelsreisenden, bei welchen im Uebrigen die Voraussetzungen dieses Artikels zutreffen, das Mitführen von Waaren gestattet werden, wenn die sofortige Uebergabe der Waare an den Käufer für den Betrieb ihres Geschäftes nothwendig ist.

Art. 2. Alle anderen Handelsreisenden, welche für Rechnung inländischer Häuser die Schweiz bereisen, ohne Bandesblatt. 44. Jahrg. Bd. IV.

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Waaren mit sich zu führen, können im ganzen Gebiete der Eidgenossenschaft mit oder ohne Muster Bestellungen aufnehmen, wenn sie eine Taxe entrichten, welche für ein Jahr auf Fr. 150, für ein halbes Jahr auf Fr. 100 festgesetzt wird.

Art. 3. Die Reisenden auswärtiger Handelshäuser können in der Schweiz unter den nämlichen Bedingungen Bestellungen aufnehmen wie die Reisenden inländischer Häuser, wenn die Schweiz mit dem Staate, in welchem jene Häuser niedergelassen sind, in diesem Sinne eine Vereinbarung getroffen hat.

Trifft diese Voraussetzung bei ihnen nicht zu, so haben die Reisenden auswärtiger Häuser für die Aufsuchung von Bestellungen im Sinne des Art. l eine jährliche Taxe von Fr. 300 oder eine halbjährliche Taxe von Fr. 200 und für die Aufsuchung von Bestellungen im Sinne des Art. 2 eine jährliche Taxe von Fr. 500 oder eine halbjährliche Taxe von Fr. 300 zu entrichten.

In allen Fällen müssen die Reisenden auswärtiger Häuser eine von der zuständigen ausländischen Behörde ausgestellte Gewerbelegitimationskarte besitzen, durch welche bescheinigt wird, daß das von ihnen vertretene Haus in dem Staate, in welchem es sich befindet, zum Gewerbebetrieb berechtigt ist.

Dem Bundesrathe steht zudem das Recht zu, Handelsreisenden aus solchen Staaten, welche in ihrem Gebiete den schweizerischen Handelsreisenden das Aufsuchen von Bestellungen verbieten oder nur unter sehr erschwerenden Bedingungen gestatten, den Gewerbebetrieb in der Schweiz gänzlich zu untersagen.

Art. 4. Die Handelsreisenden, denen nach Maßgabe von Art. l, 2 und 3 die Aufsuchung von Bestellungen in der Schweiz gestattet ist, haben eine Ausweiskarte zu lösen, welche den in Art. l genannten schweizerischen und den ihnen gleichgestellten ausländischen Reisenden unentgeltlich, den übrigen Reisenden gegen Entrichtung der in Art. 2 und 3 bezeichneten Taxen für die Dauer eines Kalenderjahres oder -Halbjahres verabfolgt wird.

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Art. 5. Die Ausweiskarte ist auf Kosten der Kantone anzufertigen und wird den Reisenden schweizerischer Handelshäuser im Kantone des Geschäftssitzes, den Reisenden auswärtiger Häuser in demjenigen Kantone verabfolgt, den sie zuerst besuchen.

Auf den Ausweiskarten, welche den in Art. l, Absatz 2, erwähnten Handelsreisenden verabfolgt werden, ist die Schlußnahme des Bundesrathes, die ihnen das Mitführen von Waaren gestattet, vorzumerken.

Der Bundesrath stellt das Formular der Ausweiskarten fest und bestimmt die Voraussetzungen, unter denen die Uebertragung einer Karte statthaft ist.

Art. 6. Der Besitzer einer Ausweiskarte ist auf die Dauer ihrer Gültigkeit von jeder Kantons- und Gemeindetaxe befreit.

Art. 7. Der Ertrag der Ausweiskarten wird am Ende eines jeden Jahres von den Kantonen, nach Abzug einer ihnen zukommenden Bezugsgebühr von 4 %, an die Bundeskasse abgeliefert und unter die Kantone nach dem Verhältniß ihrer Bevölkerungszahl vertheilt.

Art. 8. Mit einer Geldbuße bis auf Fr. 1000 werden bestraft : a. Die Handelsreisenden, welche die Schweiz bereisen, ohne im Besitze einer Ausweiskarte (Art. 4 und 5) zu sein ; b. die Handelsreisenden, welche Waaren mit sich führen, ohne hiezu nach Art. l, Absatz 2, ermächtigt zu sein; c. die in Art. l genannten schweizerischen und die ihnen gleichgestellten ausländischen Handelsreisenden, wenn sie mit andern als den im angeführten Artikel bezeichneten Personen in Verkehr treten.

Unerhältliche Bußen sind in Gefängniß umzuwandeln ; dabei ist für je Fr. 5 Buße ein Tag Gefängniß zu rechnen.

72 Gegen Rückfällige kann die Strafe verdoppelt und der Patententzug verfügt werden; überdieß kann Rückfälligen das Recht zum Erwerb eines Patentes auf l bis 5 Jahre aberkannt werden.

Die Beurtheilung erfolgt nach dem kantonalen Verfahren durch die Strafbehörden desjenigen Kantons, in welchem die Uebertretung verübt wurde.

Die Bußen fallen den Kantonen zu.

Art. 9. Die Gesetzgebung über das Feilbieten von Waaren auf den Marktplätzen oder im Umherziehen (Etalage und Colportage), sowie über den Ausverkauf von Waarenlagern (Déballage) bleibt Sache der Kantone.

Art. 10. Die Gesetzgebung betreffend gebrannte Wasser wird^durch gegenwärtiges Gesetz nicht berührt.

Art. 11. Der Bundesrath trifft die zur Vollziehung dieses Gesetzes erforderlichen Anordnungen.

Art. 12. Der Bundesrath ist beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874, betreffend die Volksabstimmung Über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse, die Bekanntmachung dieses Gesetzes zu veranstalten und den Beginn der Wirksamkeit desselben festzusetzen.

Also beschlossen vom Nationalrathe, B e r n , den 22. Juni 1892.

Der Präsident: A. BrOSi.

Der Protokollführer: Rillgier.

Also beschlossen vom Ständerathe, B e r n , den 24. Juni 1892.

Der Präsident: Schaller.

Der Protokollführer: Schatzmann.

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Der schweizerische B u n d e s r a t h beschließt: Das vorstehende Bundesgesetz ist zu veröffentlichen.

B e r n , den 7. Juli 1892.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Hauser.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

Note. Datum der Publikation: 13. Juli 1892.

Ablauf der Einspruchsfrist: 11. Oktober 1892.

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Bundesgesetz betreffend die Patenttaxen der Handelsreisenden. (Vom 24. Juni 1892.)

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Jahr

1892

Année Anno Band

4

Volume Volume Heft

29

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

13.07.1892

Date Data Seite

69-73

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