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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Abänderung des Art. 3 des Militärversicherungsgesetzes.

(Vom 5. April 1904.)

Tit.

In Ihrer letztjährigen Dezembersession haben Sie uns zur Erledigung derjenigen Entschädigungsansprüche, welche nach dem jetzigen Wortlaut des Art. 37 des Militärversicherungsgesetzes keine Berücksichtigung finden konnten, einen außerordentlichen Kredit von Fr. 20,000 bewilligt und gleichzeitig unsern Entschluß gutgeheißen, eine Abänderung des Art. 37 des Militärversicherungsgesetzes durchzuführen.

Bevor wir des Nähern auf die Gründe einer Revision dieses Art. 37 eintreten, wollen Sie uns gestatten, einige allgemeine Bemerkungen über die bisher unter der Herrschaft des Militärversicherungsgesetzes gemachten Erfahrungen vorauszuschicken.

Das Bundesgesetz betreffend Versicherung der Militärpersonen gegen Krankheit und Unfall, vom 28. Juni 1901 (A. S. n. F., XVIII, 803), ist seit 1. Januar 1902 in Kraft, und hat sich, mit Ausnahme der mit Art. 37 zusammenhängenden Entschädigungsfragen,, als recht handlich erwiesen. Namentlich ist die Festsetzung der Invaliden- und Deszendentenpensionen eine sehr einfache, weil bei diesen Pensionenkategorien das Versicherungsprinzip, wenn von einem solchen bei diesem Gesetze gesprochen werden darf, am

681 reinsten zur Darstellung gelangt. Es ist denn auch vom Rekursrecht der Versicherten und des Militärdepartements gegenüber Entscheiden der Pensionskommission über Invaliden- und Deszendentenpensionen viel weniger Gebrauch gemacht worden als gegenüber Entscheiden auf Grund des Art. 37.

In anderer Beziehung jedoch hat sich die Durchführung des Militärversicherungsgesetzes ziemlich schwierig und unter erheblichen Reibungen gestaltet aus Gründen, die teils im Gesetze selbst begründet sind, teils außerhalb des Gesetzes liegen. Unter den letztgenannten Gründen ist vorab der Umstand zu erwähnen, daß es mitunter äußerst schwer ist, von den Versicherten wahrheitsgetreue Angaben über ihre Erwerbsverhältnisse zu erhalten, und daß es einzelne Behörden mit der Erfüllung der in Art. 26 des Militärversicherungsgesetzes festgestellten Pflicht zu wenig ernst nehmen. Es ist dies um so bedauerlicher, als die Leistungen des Bundes, im Vergleich zu denjenigen unter der Herrschaft des alten Pensionsgesetzes, ganz erheblich zugenommen haben, was wiederum einer Entlastung der Kantone und Gemeinden gleichkommt.

Unter den Schwierigkeiten, die im Gesetze selbst begründet sind, verzeichüen wir folgende: 1. Das Bestreben gewisser, mit dem Militärdienst in mehr oder minder losem Zusammenhang stehender Personenkategorien, welche nach Art. l bis 4 des Militärversicherungsgesetzes nicht versichert sind, in die Versicherung eingeschlossen zu werden.

Wir haben uns gegenüber allen derartigen Versuchen aus Gründen der Konsequenz ablehnend verhalten.

2. Der Umstand, daß von den in Art. 4, Absatz l und 3, genannten Personen einzelne zwei- oder mehrfach versichert sind (Militärversicherung, Versicherung des Schweizerischen Schützenvereins und gelegentlich noch kantonale oder Privat Versicherungen); es entsteht dadurch eine die Schießdisziplin untergrabende und demoralisierend wirkende Kumulation der Versicherungschancen, welche von Personen, die mit dem freiwilligen Schießwesen genau vertraut sind, mißbilligt wird.

3. Die schroffe Fassung des Art. 8 des Militärversicherungsgesetzes, welche die Berücksichtigung von dienstlich verschlimmerte» vordienstlichen Affektionen nur in sehr beschränktem Umfang zuläßt.

4. Die Redaktion des Art. 37, über welchen wir uns weiter unten einläßlich aussprechen werden.

Endlich ist noch einer an uns gelangten Eingabe der schweizerischen Ärztekommission Erwähnung zu tun, worin die Revision

682 des Art. 18 (Anzeigepflicht) und des Art. 20 (fakultative Zulassung der häuslichen Verpflegung), sowie einiger Bestimmungen der Vollziehungsverordnung vom 12. November 1901 postuliert wird. · Wir sind der Ansicht, daß die erwähnten Schwierigkeiten nicht derart sind, daß ihretwegen eine sofortige Revision des Militärversicherungsgesetzes angezeigt wäre. Die Militärversicherung steht erst etwas über zwei Jahre im Betriebe; eine ganze Reihe von Gesetzesbestimmungen ist noch gar nie zur Anwendung gelangt, so daß wir nicht im Falle sind, darüber ein Urteil abzugeben, ob sich das Militärversicherungsgesetz in allen seinen Teilen bewährt habe. Ein solches Urteil wird sich erst nach Ablauf von 6 bis 8 Jahren, vom Inkrafttreten des Gesetzes hinweg, fällen lassen. Bis dahin ist vielleicht das Werk der allgemeinen Kranken- und Unfallversicherung so weit gediehen, daß alsdann an einen Anschluß der Militärversicherung wenigstens in dem Sinne gedacht werden darf, daß als oberste Rekursinstanz für die Militärversicherungsangelegenheiten nicht mehr der Bundesrat, sondern ein V e r s i c h e r u n g s g e r i c h t vorgesehen wird, wie dies im verworfenen Gesetzesentwurf vom 5. Oktober 1899 der Fall war.

Wir halten also dafür, daß eine Gesamtrevision des Militärversicherungsgesetzes inopportun sei. Dagegen bestehen unseres Erachtens zwingende Gründe, welche eine Partialrevision des Art. 37 des Militärversicherungsgesetzes als notwendig und dringlich erscheinen lassen.

Die geschichtliche Entwicklung der grundlegenden BestitnmuDgen des Art. 37 (Aszendentenpensionen) ist folgende: Im Pensionsgesetz vom 13. November 1874 sind s ä m t l i c h e Pensionen (für Invalide, Descendent- Aszendenten) an die Bedurfniaklausel geknüpft; Art. l dieses Gesetzes lautet nämlich: ,,Zu einer Entschädigung sind diejenigen Wehrmänner berechtigt, welche infolge von Verletzungen etc Nachteil erlitten haben, v o r a u s g e s e t z t , d a ß i h r L e b e n s u n t e r h a l t g a n z o d e r t e i l w e i s e a u f d i e s e n E r w e r b g e g r ü n d e t , sowie daß etc.tt Ferner ist auch noch im Art. 4, vierter Absatz, die Bedürfnisklausel wiederholt in folgender Form : ,,Der Bund anerkennt auch keine Entschädigungspflicht, wo der Lebensunterhalt, sei es der Invaliden oder der Hinterlassenen, in keiner Weise beeinträchtigt ist.a

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Es ist hierzu zu bemerken, daß Art. l des altea Pensionsgesetzes die Bedürfnisklausel in positiver Form aufstellt, während Art. 4, vierter Absatz, nur die Entschädigungspflicht des Bundes negiert, womit implizite gesagt ist, daß der Bund dennoch, wie es tatsächlich auch vielfach geschehen ist, Entschädigungen ausrichten d u r f t e , wenn die Verhältnisse dies als notwendig erscheinen ließen.

In den Vorentwürfen für ein Militärversicherungsgesetz, insbesondere im Entwurf des M i l i t ä r d e p a r t e m e n t s vom 21. Juni 1898 f e h l t die Bediirfnisklausel, indem dieser Entwurf, wieseine Vorgänger, ausschließlich auf dem Versicherungsprinzip beruht.

Dagegen erscheint nun die Bediirfnisklausel im b u n d e s r ä t l i c h e n Entwurf vom 28. Juni 1898, ohne daß hierfür eine besondere Motivierung in die zugehörige Botschaft aufgenommen worden wäre.

In den gemeinsam verhandelnden Kommissionen des Nationalund Ständerates (23. September 1898) wurde die Bedtlrfnisklausel wieder gestrichen, und die Räte stimmten zu (Nationalrat 28. .Oktober 1898; Ständerat 1. November 1898). Das am 20. Mai 1900 verworfene Versicberungsgesetz vom 5. Oktober 1899 enthielt somit die Bedürfnisklausel n i c h t .

Der neue Entwurf eines Militärversicherungsgesetzes vom 16. Juni 1900 enthält die Bedürfnisklausel neuerdings, und zwar in der ursprünglichen, dem ersten Entwurfe des Bundesrates entnommenen Fassung, lautend wie folgt: ,,Der Bund anerkennt jedoch bei den unter e bis e genannten Verwandten keine Entschädigungspflicht, wenn deren Lebensunterhalt durch den Tod in keiner Weise beeinträchtigt ist.tt In der Botschaft ist die Wiederaufnahme der Bedürfnisklausel begründet wie folgt: ,,Wir halten die neu vorgeschlagene Ordnung der Pensionsberechtigung, welche unsèrm ersten Entwurf von 1898 entnommen ist, für klarer und einfacher und überdies den durchaus gerechten Bestimmungen des Pensionsgesetzes vom 13. .November 1874 entsprechender als das System der verworfenen Vorlage. Z u d e m hat o f f e n b a r der B u n d weder eine r e c h t l i c h e noch «ine moralische Pflicht, an Verwandte verstorbener V e r s i c h e r t e r R e n t e n a u s z u r i c h t e n , w e n n d i e s e Verw a n d t e n d u r c h d e n T o d d e s b e t r e f f e n d e n Versicherten keine Störung in ihren ökonomischen Verhältnissen erleiden."

Die hier zitierte ,,verworfene Vorlage" enthielt nämlich auf Antrag der n a t i o n a l r ä t l i c h e n K o m m i s s i o n statt der Art. 20

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bis 22 des bundesrätlichen Entwurfs vom 28. Juni 1898 die Art. 35 bis 38 des allgemeinen Unfallversicherungsgesetzes. Diese kannten natürlich die ,,Bedürfnisfrage" nicht. Der Berichterstatter der nationalrätlichen Kommission (Kinkelin) erwähnte die getroffene Abänderung nur im Vorbeigehen, und in der Diskussion absorbierte das Problem der Rentenberechtigung der geschiedenen Frau alles Interesse.

Der Berichterstatter der ständerätlichen Kommission bemerkte nur: flDer Art. 20 ist allerdings im Nationalrate wesentlich geändert worden, aber es beantragt die Kommission, diesen Änderungen zuzustimmen."

Art. 35 des Militär Versicherungsgesetzes erhielt alsdann durch die ständerätliche Kommission eine wesentlich andere Fassung, welcher auch der Nationalrat zustimmte, und der heute vorliegende Gesetzestext stellt die Redaktion der ständerätlichen Kommission dar.

Zur Veranschaulichung stellen wir die beiden Texte nebeneinander.

Bundesrätlicher Entwurf vom 16. Jmii 1900.

Militärversicherungsgeseiz vom 28. Juni 1901.

Art. 35.

Art. 37.

Sind weder eine Witwe noch Kinder vorhanden oder hört die Pensionsberechtigung der Witwe oder der Kinder auf, so erhalten die folgenden Verwandten, falls sie für ihren Lebensunterhalt im wesentlichen auf den Verstorbenen angewiesen waren, eine Pension, und zwar: a. der Vater oder die Mutter 20 %, beide Eltern zusammen 35% des Jahresverdienstes des Verstorbenen, je auf Lebenszeit ; b. einzelne elternloRe Geschwister 15°/o, mehrere elternlose Geschwister zusammen 25% des Jahresverdienstes des Verstorbenen, je bis zum zurückgelegten 18. Altersjahr, bei Erwerbsunfähigkeit bis 70 Jahre nach dem Geburtsjahr des Verstorbenen ;

c. für den Vater oder die Mutter 20 °/o für beide Eltern zusammen . . . . 35 ,, ä. für elternlose Geschwister, einzelne. . . . 15 ,, für elternlose Geschwister, zusammen . . . 25 ,, e. für den Großvater oder die Großmutter . . . 15 ,, für beide Großeitern zusammen . . . . 25 ,, Der Bund anerkennt jedoch bei den unter e bis e genannten Verwandten keine Entschädigungspflicht, wenn deren Lebesunterhalt durch den Tod in keiner Weise beeinträchtigt ist.

685 Art. 36.

Pensionsberechtigt ist zunächst die Witwe. Ist keine vorhanden oder erlischt ihre Pensionsberechtigung aus irgend einem Grunde, so folgen die Hinterlassenen nach der Keihenfolge des Art. 35, so daß die Kinder die Eltern, diese die Geschwister u. s. w. ausschließen, solange sie selbst pensionsberechtigt sind.

Die Pension hört für jedes einzelne Kind oder Geschwister mit dem zurückgelegten 18. Altersjahr auf, sofern es nicht wegen Gebrechen erwerbsunfähig ist.

Die übrigen Pensionen sind lebenslänglich, Art. 38, letzter Absatz, und Art. 39 vorbehalten.

c. ein Großvater und eine Großmutter 15%, Großvater und Großmutter zusammen 25 % des Jahresverdienstes des Verstorbenen, je auf Lebenszeit.

Dabei schließen die Eltern die Geschwister und diese die Großeltern für so lange aus, als je die erstem selbst die Pension beziehen.

Beiden Texten haftet der Mangel an, daß für die Aszendenteii keine a b g e s t u f t e n Pensionen vorgesehen sind, sondern einheitliche Rentensätze. Aus diesem Umstand haben sich schwere Inkonvenieuzen ergeben.

Unserem Berichte über die seit Inkrafttreten des Militärversicherungsgesetzes hinsichtlich des Art. 37 gemachten Erfahrungen vorgängig möchten wir betonen, daß wir an der Bedürfnisklausel aus den bereits in der Botschaft vom 16. Juni 1900 niedergelegten Gründen festzuhalten wünschen, und daß es uns unerläßlich erscheint, die für die Aszendenten vorgesehenen Rentensätze als M a x i m a l a n s ä t z e zu behandeln.

Übergehend zur Darstellung der faktischen Verhältnisse, welche unabweisbar eine Revision des Art. 37 erheischen, stellen wir zunächst fest, daß in den bisherigen Pensionsfällen, wo es sich um den verstorbenen einzigen Sohn bedürftiger Eltern gehandelt hatte, die Anwendung des Art. 37 ebensowenig Schwierigkeiten bereitete wie die Ermittlung der Invalidenund der Deszendentenpensionen. Sobald es sich jedoch um einen verstorbenen Sohn, Bruder oder Enkel handelte, dessen Hinterlassene gar nicht oder nur zu einem größeren oder geringeren Teile vom Erwerb des Verstorbenen abhängig gewesen waren, stellten sich sofort die Schwierigkeiten ein ; war nach den amtlichen Erhebungen der Lebensunterhalt g a r n i c h t vom Erwerbe des Verstorbenen abhängig gewesen, so wurde dieser Tal-

686 bestand in den Rekursschriften bestritten oder abgeschwächt, oder es wurde geltend gemacht, daß der Verstorbene, wenn er am Leben geblieben wäre, eine Stütze seiner Eltern, Geschwister oder Großeltern g e w o r d e n wäre. Wir haben in solchen Fällen, gestützt auf den absolut unmißverständlichen Wortlaut des Gesetzes, auf Abweisung erkannt. Hatte jedoch ein verstorbener Sohn bei Lebzeiten gemeinsam mit ändern Geschwistern zum Lebensunterhalt der Eltern, Geschwister oder Großeltern beigetragen, so war zu untersuchen, ob dies ,,im wesentlichen"1 der Fall gewesen war oder nicht, und auch hier machte sich seitens der Aszendenten die Neigung geltend, die zu Lebzeiten erfolgten Leistungen des Verstorbenen möglichst hoch hinzustellen. Daß unter derartigen Umständen für die Ansprecher auf Aszendentenpensionen die Versuchung sehr nahe lag, die einschränkende Bestimmung des Ausdruckes ,,im wesentlichen* tunlichst zu eigenen Gunsten zu interpretieren, kann nicht verwundern; wir waren aber auch in dieser Beziehung verpflichtet, uns an den Wortlaut des Gesetzes zu halten, d. h. Entschädigungsansprüche abzuweisen, welche die Bedingungen des Art. 37 nicht erfüllten. Daraus sind nun offenkundige Härten entstanden, welche vermeidbar gewesen wären, wenn Art. 37 abgestufte Ansätze enthalten würde. Das eine Mal wurden die Voraussetzungen des Art. 37 als vorhanden anerkannt, das andere Mal nicht; im positiven Fall mußte nach dem gegenwärtigen Wortlaut des Art. 37 eine volle Pension gesprochen, im negativen Fall gänzlich abgewiesen werden, während es den tatsächlichen Verhältnissen besser entsprochen hätte, in beiden Fällen Teilpensionen zu sprechen. Die Pensionskommission glaubte aus Billigkeitsrücksichten Teilpensionen zusprechen zu dürfen; angesichts des klaren Wortlautes des Art. 37, welcher abgestufte Pensionen nicht kennt, konnten wir uns jedoch mit einer solchen Lösung, obwohl dieselbe vom Staudpunkte der Billigkeit aus entschieden die rationellste gewesen wäre, nicht befreunden. Wir haben in einzelnen der streitigen Fälle, wo wir dies auf Grund der tatsächlichen Verhältnisse glaubten verantworten zu dürfen, volle Pensionen gesprochen, in ändern vollständig abgewiesen und dort, wo wir eine völlige Abweisung als zu hart empfanden, aus dem von Ihnen bewilligten außerordentlichen Kredit A Versalentschädigungen
ausgerichtet.

Es bleibt uns noch übrig, uns über die Tragweite des Ausdruckes ,,im w e s e n t l i c h e n " auszusprecheu, worüber wir das Gutachten des Industrie- und des Justizdepartements, sowie des Herrn Ständerat Usteri einholten.

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Allseitig ist die Ansicht geäußert worden, der Ausdruck ,, i m · w e s e n t l i c h e n " sei so aufzufassen, daß ein Entschädigungsanspruch nur dann begründet sei, wenn die durch den Tod eines Versicherten eingetretene Störung des Lebensunterhaltes als eine s c h w e r e anerkannt werden muß, oder wenn der Lebensunterhalt der Überlebenden in der H a u p t s a c h e vom Erwerb des Verstorbenen abhängig war; dieser Auffassung entspricht auch der französische Gesetzestext bezüglich der ßedürfnisklausel : ,,Si toutefois le décès de l'assuré porte un préjudice grave à leur subsistance".

Wir glauben nun, allen diesen Schwierigkeiten für die Zukunft entgegentreten zu können durch eine neue Fassung des Artikel 37, wie sie im nachfolgenden Gesetzesentwurf niedergelegt ist. Den Ausdruck ,,im wesentlichen" haben wir vollständig beseitigt und sehen abgestufte Pensionssätze vor. Die Bedürfnisklausel ist für diejenigen Verwandten, deren Lebensunterhalt vom Erwerb des Verstorbenen gar nicht abhängig war, scharf präzisiert, und dort, wo diese Abhängigkeit nachgewiesen werden kann, ist vorgesehen, daß innerhalb der gesetzlichen Grenzen die Pensionen in dem Verhältnis zu bemessen sind, wie der Verstorbene an den Lebensunterhalt der überlebenden Aszendenten beigetragen hat. Auf dieser Grundlage wird es inskünftig möglich sein, auch an solche Verwandte Pensionen auszurichten, welche vom Erwerbe eines Verstorbenen in geringerem Grade abhängig gewesen waren, und wir glauben, daß eine solche Lösung den übrigen Grundsätzen des Militärversicherungsgesetzes durchaus gerecht wird, wie sie übrigens auch denjenigen des alten Pensionsgesetzes entsprechen würde.

Schließlich bemerken wir noch, daß die aus der neuen Fassung resultierende Mehrbelastung des Fiskus eine unbedeutende ist; ein Ausgleich wird schon dadurch entstehen, daß in Zukunft nicht mehr so häufig volle Aszendentenpensionen ausgerichtet werden müssen, denn die Fälle, in denen der Lebensunterhalt von Aszendenten a u s s c h l i e ß l i c h auf den Erwerb des Verstorbenen begründet war, sind doch verhältnismäßig selten. Dazu kommt noch der Umstand, daß wir uns beim Beharren auf der jetzigen Fassung des Art. 37 wieder mit Aversalentschädigungen aus außerordentlichen Krediten behelfen mußten, ein Verfahren, das weder vom ökonomischen noch vom versicherungstechnischen und administrativen Standpunkte aus empfehlenswert ist.

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Indem wir Ihnen den nachfolgenden Gesetzesentwurf zur Genehmigung empfehlen, versichern wir Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 5. April 1904.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Comtesse.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

689 (Entwurf.)

Bundesgesetz betreffend

Abänderung des Artikel 37 des Militärversicherungsgesetzes.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 5. April 1904, beschließt: Artikel 1. Artikel 37 des Bundesgesetzes betreifend Versicherung der Militärpersonen gegen Krankheit und Unfall vom 28. Juni 1901 (A. S. n. F. XVIII, 803) erhält folgende veränderte Fassung: ^Artikel 37. Sind weder eine Witwe noch Kinder vorhanden oder hört die Pensionsberechtigung der Witwe oder der Kinder auf, so erhalten die folgenden Verwandten in dem Verhältnis, in welchem der Verstorbene an ihren Lebensunterhalt beigetragen hatte, eine Pension, und zwar a. der Vater oder die Mutter bis auf 20 °/o? beide Eltern zusammen bis auf 35 % des Jahresverdienstes des Verstorbenen, je auf Lebenszeit;

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b. einzelne elternlose Geschwister bis auf 15°/o, mehrere elternlose Geschwister zusammen bis auf 25% des Jahresverdienstes des Verstorbenen, je bis zum zurückgelegten 18. Altersjahr, bei Erwerbsunfähigkeit bis 70 Jahre nach dem Geburtsjahr des Verstorbenen ; c. ein Großvater und eine Großmutter bis auf 15 %, Großvater und Großmutter zusammen bis auf 25 % des Jahresverdienstes des Verstorbenen, je auf Lebenszeit.

Dabei schließen die Eltern die Geschwister und diese die Großeltern für so lange aus, als je die erstern selbst die Pension beziehen.

An die unter a--c genannten Verwandten wird keine Entschädigung ausgerichtet, wenn deren Lebensunterhalt vom Erwerbe des Verstorbenen unabhängig war.a Artikel 2. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Gesetzes beauftragt.

Artikel 3. Der Bundesrat ist beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874, betreffend die Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse, die Bekanntmachung dieses Gesetzes zu veranstalten und den Beginn der Wirksamkeit desselben festzusetzen.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Abänderung des Art. 37 des Militärversicherungsgesetzes. (Vom 5. April 1904.)

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13.04.1904

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