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Bericht des

Bundesrathes an die Bundesversammlung zu den Motionen der Herren Comtesse und Genossen und des Herrn Curti, über die Vollziehung des Gesetzes vom 27. Juni 1890, betreffend die Arbeitszeit beim Betriebe der Eisenbahnen und anderer Transportanstalten.

(Vom 7. Juni 1892.)

Tit.

In der außerordentlichen Session der Bundesversammlung vom Januar dieses Jahres sind die folgenden Motionen gestellt worden : 1. Von den Herren Nationalräthen Comtesse, Favon und Jeanhenry : ,,Der Bundesrath wird eingeladen, die Frage zu prüfen, ob es nicht angezeigt sei, Art. 4 des Bundesgesetzes über die Arbeitszeit beim Betriebe der Eisenbahnen und anderer Transportanstalten einer Revision zu unterwerfen, wobei das Hauptaugenmerk nicht auf eine Verminderung der Freitage der Angestellten, wohl aber auf eine den Anforderungen des Betriebes und der öffentlichen Sicherheit besser entsprechende und für das Personal seihst vortheilhaftere Vertheilung dieser Freitage zu richten wäre."

2. Von den Herren Nationalrath Curti und Genossen : ,,Der Bundesrath ist eingeladen, zu untersuchen und darüber Bericht zu erstatten, ob nicht eine besondere Kontrole über die Ausführung des Gesetzes betreffend die Arbeitszeit in den Transportanstalten zu schaffen sei."

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Die letztere Motion ist unverändert, diejenige der Herren Comtesse und Genossen in der folgenden abgeänderten Form angenommen und dem Bundesrath zur Prüfung überwiesen worden: ,,Ob es nicht angezeigt sei, Art. 4 des Bündesgesetzes über die Arbeitszeit beim Betriebe der Eisenbahnen und anderer Transportanstalten der Revision im Sinne einer den Anforderungen des Betriebes und der öffentlichen Sicherheit besser entsprechenden und für das Personal selbst vortheilhafteren Vertheilung der Freitage zu unterwerfen, und dabei nmnentlich auch zu untersuchen, ob nicht tnit Rücksicht auf die zum Theil bedeutend kürzere Arbeitszeit der Bahnen mit beschränktem Betrieb im Gesetze selbst besondere Bestimmungen aufzustellen seiend Herr C o m t e s s e hat seine Motion damit begründet, daß Art. 4 des Gesetzes, insbesondere soweit als darin wenigstens 17 Freisonntage für das Betriebspersonal der Transportanstalten gefordert sind, und durch die darin niedergelegte absolute und unveränderliche Regel weit über da-s Ziel sc-hieße. Es sei damit eine zweckmäßige Organisation des Dienstes erschwert, und werden den Transportgesellschaften Lasten aufgelegt, welche einzelne kleinere Unternehmungen an den Rand des ökonomischen Ruins bringen.

Auch seien die Bestimmungen des Art. 4 weit entfernt, den Angestellten selbst den erhofften Nutzen zu bringen, da dieselben es oft geradezu hindern, den Urlaub dann und auf so lange zu erhalten, wie und soweit sie dessen behufs Besorgung ihrer Privatgeschäfte nothwendig bedürfen. Man hätte sich begnügen sollen, zu bestimmen, daß ihnen 52 Ruhetage im Jahr zukommen sollen, ohne zu sagen, wie viele Sonntage darunter sein müssen. Ferner gehe die bundesräthliche Vollziehungsverordnung noch weiter als das Gesetz ; jedenfalls interpretire sie dieses in einer die Transportunternehmungeu bedruckenden, vexatorischeu Weise. Man könne eine Korschach-Heiden-Bahn nicht behandeln wie die Centralbuhu. Nicht bloß die Verhältnisse der Unternehmungen, sondern auch diejenigen des Personales seien ganz andere. Der Bundesrath hätte demgemäß unterscheiden sollen; ebenso auch zwischen Angestellten und Angestellten. Was für die einen ein Vortheil sein könne, sei tur die andern ein Nachtheil, je nachdem sie mit einem jährlichen Fixum oder Tag für Tag bezahlt werden. Auch sei durch die Forderung der 17 Freisonntage
die Betriebssicherheit gefährdet, sofern gerade mit der größeren Sonntagsf'requenz die verhältnismäßig größte Beurlaubung der Angestellten zusammenfalle, und es nicht möglich sei, den Ausfall aus dem Personal des Giiterdienstes zu decken, welches auch nicht immer geeignet sei, die Funktionen bei den Personenzügen zu übernehmen. Von Herrn C u r t i wurde dagegen geltend gemacht, daß es weder nöthig noch angezeigt sei, das an

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und für sich äußerst wohlthätig wirkende Gesetz zu ändern. Es könne den Wünschen des Herrn Comtesse auf dem Wege der Vollziehung Rechnung getragen werden. Eine gute und zweckmäßige Vollziehung aber rufe besonderen Kontrollorganen und zwar nicht bloß bezüglich der privaten, sondern auch für die vom Staat betriebenen Transportanstalten; das Fabrikgesetz erfülle seine Aufgabe nur dank der Thätigkeit des Fabrikinspektorates. Eine solche Einrichtung liege auch im Interesse der Transportunternehmungen selbst, deren Verhältnisse sehr verschieden seien und daher allerdings eine verschiedene Behandlung verlangen. So sei die Regelung des Sonntagsdienstes für die Bergbahnen von sehr viel größerer Wichtigkeit als für die Normalbahnen. Dazu gebe Art. 6 dem Bundesrath alle nöthigen Kompetenzen, auf dem Vollziehungswege zu helfen. Wogegen allerdings von Herrn Nationalrath Sonderegger betont wurde, daß die Ausnahmen gesetzlich geregelt werden sollten, damit die Verwaltungen nicht nöthig hätten, gegebenen Falles an die Gnade des Bundesrathes zu appelliren.

Der Bundesrath beantwortet in erster Linie die Motion der Herren C o m t e s s e und Genossen. Er konstatirt zunächst, daß der über die bisherige Vollziehung des Gesetzes über die Arbeitszeit vom administrativen Inspektorat erstattete Bericht bis zur Stunde keinen Widerspruch erfahren but. Nur das Direktorium der schweizerischen Centralbahn hat sich veranlaßt gesehen, den auf Seite 29 des Berichtes erwähnten Widerspruch zu erklären. Die zu Anfang des Jahres 1891 gemachten Angaben hätten sich nur auf die im Jahrlohn angestellten Beamten bezogen. Daß die nöthig werdenden mehreren Taglohnarbeiter erhältlich sein werden, habe man nicht bezweifeln können; diese seien daher im Voranschlag nicht berücksichtigt worden, mit dem die wirklich eingetretene Vermehrung der Beamten im Ganzen ziemlich übereinstimme. Nur sei diese beim Zugspersonal geringer, beim Traktions- und Stationsdienst größer gewesen, als angenommen war. Insbesondere hätten nicht bloß 40, sondern 93 Stationsbeamte mehr augestellt werden müssen, w'as darauf zurückzuführen sei, daß in die tägliche Arbeitszeit auch Ruhepausen eingerechnet wurden und die nach Art. 6 des Gesetzes zulässigen Ausnahmen nur in wenigen Fällen zur Anwendung gelangt seien. Die Verwaltung werde in der Lage sein, von dein Recht auf
diese Ausnahmen künftig mehr als bisher Gebrauch zu machen, namentlich für kleinere Stationen, wo nach dem Buchstaben der gesetzlichen Vorschriften zwei Leute stationirt werden müssen, während die wirklich vorhandene Arbeit nicht einmal hinreiche, e i n e n Mann genügend zu beschäftigen. Die Vermehrung auf den ceutralen Bureaux rühre theilweise her von der starken Zunahme des bautechnischen Personals, welches die

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vielen kleinen und großen Bauprojekte und die Untersuchungen, bezüglich der Brücken zu behandeln habe. Theilweise sei sie auch bedingt gewesen durch die starke Zunahme des Schreibwesens für die Diensteintheilungstabellen und für die statistischen Arbeiten.

Auch könnte eine Zunahme der Betriebsausgaben nicht aus der allerdings erheblichen Vermehrung des Personenverkehrs hergeleitet werden, da diese zu einem großen Tlieil auf die Inhaber von Arbeiterabonnementen falle; noch weniger habe diese Vermehrung entsprechende Mehreinnahmen gebracht. Endlieh könnte nicht als zutreffend erkannt w'erden, daß aus der eingetretenen PersonalVermehrung der Schluß gezogen würde, daß v o r dem Gesetz das Personal im Allgemeinen in übermäßiger Weise in Anspruch genommen gewesen wäre. Im Gegentheil sei seither ein Theil des Personales in ungenügender Weise beschäftigt und würden manche Beamte des Betriebes es vorziehen, wenn sie nicht durch das Gesetz an größern Leistungen gehindert wären. -- Wir wollen dem Direktorium der Centralbahn das Wort ganz lassen; immerhin können wir die Bemerkung nicht unterdrücken, daß es richtiger gewesen wäre, den Etat der Betriebsangestellten nicht durch Zuzählung solchen Personales höher zu bringen, welches für vermehrte bautechnische Arbeiten eingestellt werden mußte. Im Uebrigen wäre es sehr auffallend, daß eine so unerwartet große Verstärkung gerade beim Stationspersonal hat eintreten müssen, wenn nicht das Direktorium beigefügt hätte, daß diese Verstärkung insbesondere auf die Begrenzung der täglichen Arbeitszeit (auf 12 Stunden, Art. 3) müsse zurückgeführt werden. Denn gerade die Verwaltung der Centralbahn hat, im Gegensatz zu andern Verwaltungen, im Jahre 1879 auf Anfrage erklärt, daß sie die Verlegung der sonntäglichen Ruhetage auf dienstfreie Werktage nur für das Traktions- und Zugspersonal beanspruche, und' es ist diese Erklärung seither nie widerrufen worden.

Es wird also davon ausgegangen werden dürfen, daß die in dem Berieht des administrativen Inspektorates angeführten Thatsaclien an sich unbestritten sind. Wir gestatten uns, denselben nebenstehend eine Vergleichung der dem Departement bis heute bekannt gewordenen Betriebseinnahmen und Ausgaben für die Jahre 1890 und 1891 derjenigen Eisenbahngesellschaften anzusehließen, die während dieser b e i d e n Jahre vollständig im
Befrieb gestanden sind.

Auf den Bahnkilorneter berechnet, betragen die kilometrischen Ausgaben bei den in der Tabelle bezeichneten Unternehmungen: in 1890 Fr. 16,488 in 1891 ,, 18,195 Vermehrung also Fr.

1,707 = 10,3 °/o, und sie stehen in keinem

Zu Seite 476.

Betriebseinnahmen.

Betriebsausgaben.

Gesellschaften.

l Kilometer,

Jura-SimploD l)

1018

1

1

1 !

Bulle-Romont Régional d u Travers . .

700* Nordostbahn Zürich-Zu°r-Luzern . . .

Bötzbergbahn 393 Aargauische Südbahn .

Wohlen-Bremgarten . .

310 Vereinigte Schweizerbahnen Toggenburgerbahn Wald-Rüti 266 Gotthardbabn 43 Emmenthalbahn 40 Jura-Neuchatelois 40 Tößthalbahn 15 Lan°'enthal-Huttwyl 26 Appenzellerbahn 17 Pont-Sagne-Chaux-de-Fonds . .

9 Tramelan-Tavannes 3 Kriens-Luzern 46 Seethalbahn 24 Lausanne-Bercher 18 Frauenfeld-Wyl 14 Waldenburgerbahn 14 Appenzeller Straßenbahn .

13 Birsigthalbahn 6 Genf-Veyrier 17 Tramways suisses . .

9 Zürcher Straßenbahn 11 Vevey-Montreux-Chillon .

7 ßorschach-Heiden 2 1 1 Zürichbergbahn 1 12 Arth-Ri^ibahn 9 Uetlibergbahn 7 Vitznau-Rigibahn 5 Pilatusbahn 2 Biel-Magglingen . . .

1 Territet-Glion . . . .

1 Bürgenstockbahn . . . .

2 Salvatorebahn 7 Rigi-Kaltbad-Scheideggbahn 1 Gütschbahn i n Luzern . .

1890.

1891.

Fr.

Fr.

Differenz.

Fr.

1890.

1891.

Fr.

Fr.

Differenz.

1890.

1891.

Fr.

Fr.

Fr.

2

2

12,215,856

13,264,137

H-

587,39 B

8,504,021

9,649,496

H--

153,60 3

5,330,048

5,690,689 2

6,896,292 307,268 580,201 280,252 68,126 222,405 58,579 41,410 35,376 196,469 121,231 84,907 49,395 144,309 97,960 51,007 440,451 288,594 155,015 83,729 108,315 ' 12,057 29,175 8,311 138.348 61,577 296,980 126^746 20,241 29,843 9,970 21,556 21,820 13,135

7,507,649 357,114 615,992 298,597 78,428 222,168 54,287 47,028 38,901 216,835 110,525 79,036 65,802 167,650 103,393 50,462 447,345 314,215 151,313 76,153 96,043 13,746 28,137 9,801 137,759 61,525 270,829 124,355 20,916 26,596 10,136 31,298 21,234 10,559

51,177,591

56,603,431

92,607,299

9,281,712

6,074,210

|-

579,866

6,721,512

7,189,927

H-

4,569,236

|-

558,077

4,492,862

5,080,260

2,529,545 2 ~1f-

207,033

3,007,536

3,161,1 44 2

2,734,483 154,650 246,587 127,080 44,071 102,596 33,185 26,879 18,612 85,886 33,923 38,399 28,026 62,622 59,112 19,246 192,109 133,121 76,152 27,976 42,103 9,524 17,732

2,907,294 170,497 .247,441 130,831 46,329 104,856 33,132 29,362 19,299 95,569 38,533 34,762 31,584 67,568 61,538 22,629 198,636 148,982 80,893 30,497 39,418 9,960 17,933

172,811 15,847 854 3,751 2,258 2,260 53 2,483 687 9,683 4,610 3,637 3,558 4,946 2,426 3,383 6,527 15,861 4,741 2,521 2,685 436 201

4,161,809 152,618 333,614 153,172 24,055 119,809 25,394 14,531 16,764 110,583 87,308 46,508 21,369 81,687 38,848 31,761 248,342 155,473 78,863 55,753 66,212 2,533 11,443

4,600,355 186,617 368,551 167,766 32,099 117,312 21,155 17,666 19,602 121,266 71,992 44,274 34,218 100,082 41,855 27,833 248,709 165,233 70,420 45,656 56,625 3,786 10,204

54,218 26,645 73,002 59,609

51,229 27,903 79,424 55,032

2,989 1,258 6,422 4,577

84,130 34,932 223,978 67,137

86,530 33,622 191,405 69,323

16,554 5,700 7,747 10,452

15,256 5,678 ,9,805 10,959

1,298 22 2,058 507

13,289 4,270 13,809 11,368

11,340 4,458 21,493 10,275

28,724,522

31,714,765

5,494,344

. .

. .

. .

4,011,159

2

. .

1 2,322,512

. .

. .

. .

. .

. .

. .

. .

im Jahr 1891 per Bahnkilometer * ,, 1890 ,,

U -

-

U

\-

-

: -|-

-

+2,436,008

r

Fr.

468,41 5

8,011,250

.

Fr.

16,1 33,282

836,204

6,851, 570

1891.

14,026,616

- 1,270,46 Ì

(-

6,015,366

1890.

25,131,055 98,779 254,101 129,355 17,184,875 2,401,993 2,934,212 14,384,747 1,426,114 26,810 ( 8,953,351 { 297,516 l 73,825 13,186,518 521,187 855,535 362,167 93,678 280,188 58,790 54,507 44,350 274,571 183,278 115,462 65,628 171,512 134,656 71,855 614,067 374,780 185,122 102,206 162,232 27,084 42Ì662 11,155 233,688 97,401 462,063 276,118 32,560 88,053 31,906 49,723 21,030 24,834

· .

22,411,382 1 24,847,390

3111 3104

Total.

Andere Ausgaben.

Personal.

-

-h -h

-

: -

r

-

-

Hh Hh -

Hh ih

rt

438,54 33,99 9 34,937 14,59 4 8,04 i 2,49 7 4,23 3 3,13 2,833 W,68j3 15,31S 2,23'i 12;84<3 18,39 5 3,00 7 3,92 3 36 7 9,76 3 8,44 3 10,00 7 9,58 7 1,25 3 1,23 3

2,40 3 1,31 3 32,57 3 2,18 r»

1,94 3 18 3 7,68 l 1,09 3

+ 2,990,243!

--

J '

- i 16,488 :

18,195 --

1

Ohne Visp-Zermatt.

a

Die Aasgaben für die Linien ,,Regiona L du Travers" und ,,Wald-Rüti" sind mit den Beträgen von 16»0 eingestellt, weil die Rechnungen von 1891 noch nicht eingelang t sind, Den Angaben in den monatlichen Betn ebsansweisen, unter Zuschlag der verschiedenen Einnahmen von 1890, entnommen, da die definitive Rechnung von 1891 noch auss teht.

Im Jahre 1890 nur 693 Kilometer.

1 4

-- i 29,835

:

1 25,195,194 269,875 133,4958 17,319,641 2,439,971 2,948,575 14,827,160 1,473,183 30,207 8,800,892 301,165 71,7773 13,532,879 503,023 871,942 349,393 93,881 275,131 55,186 58,095 48,410 286,543 162,912 95,221 67,198 161,665 124,890 72,249 622,615 409,173 194,844 94,555 167,819 25,473 44,205 12,373 212,703 91,201 407,879 207,097 22,848 69,203 !

29,598 ' 45,556 i 16,862 21,403 , 93,265,160 · 29,979 --

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größern Mißverhältniß zu einander, als es bei ausländischen Verwaltungen der Fall ist, welche nicht mit einem neuen Gesetz über die Dienstzeiten und Ruhetage zu rechnen, sondern nur der an sich aufwärts schreitenden Bewegung der Ausgaben des Eisenbahnbetriebes zu folgen hatten. Wir gestatten uns, in dieser Richtung auf die Betriebsergebnisse der folgenden Bahnen in den Jahren 1890/1891 zu verweisen. Es stiegen die Betriebsausgaben z. B.

bei den badischen Staatsbahnen von 25,753,412 M. in 1889 auf 28,124,439 M. in 1890, also um 9,2%, bei den württembergischen Staatsbahnen von 19,945,539 M. in 1889/90 auf 22,816,030 M. in 1890/91, also um 14%, bei-den preußischen Staatsbahnen von 470,846,338 M. in 1889/90 auf 548,074,111 M. in 1890/91, also um 16 % während die Einnahmen bei den badischen Staalsbahnen nur von 44,091,782 auf 45,967,103 M., d. i. um 4 % , bei den württembergischen Staatsbahnen von 35,528,626 M. auf 35,785,983 M. (um 0,7 %) und bei den preußischen Staatsbahnen von 856,038,231 M.

auf 881,212,234 M. (um 2.9 %) sich hoben.

Auch die Erscheinung an sich, daß bei ansteigenden Betriebseinnahmen die Betriebsausgaben verhältnismäßig rascher zunehmen, ist nicht neu. Dieselbe hat sich in eklatanter Weise schon in den 1870er Jahren bei den schweizerischen Unternehmungen geäußert wiedie nachstehende Zusammenstellung der Ergebnisse der s ä m m t l i c h e n B a h n e n m i t L o k o m o t i v b e t r i e b zeigt: Einnahmen Fr. per km.

Zuwachs °/°

Ausgaben Fr. per km.

14,402

Zuwachs %

1871 . . . . 30,629 -- -- 16,356 + 13,6 1872 . . . . 32,283 h 5,4 18,398 + 12,5 1873 . . .

34,091 -5,6 1874 . . . . 34,351 19,909 + 8,8 -0,8 und dann wieder: 1889 . . . .

28,986 -- 15,026 -- 1890 . . . . 29,133 + 0,5 16,032 + 6,7 ohne daß man Gelegenheit hatte, die Gesetzgebung und deren Vollziehung dafür verantwortlich zu machen.

Diese Vergleichungen sprechen nicht dafür, daß der allerdings bedauerliche Rückgang der Reineinnahmen bei den Eisenbahnen ausschließlich oder auch nur in der Hauptsache auf das neue Gesetz über die Arbeitszeiten zurückgeführt werden dürfte.

Im Uebrigen darf nicht übersehen werden, daß die M e h r a u s g a b e n i m J a h r 1891 z u m g r ö ß t e n T h e i l a u f d i e s a c h l i c h e n B e d ü r f n i s s e für den Unterhalt und dio Erneuerung

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der Bahnanlagen und Einrichtungen, des Mobiliars, für BüreauUtensilien, Beleuchtung, Heizung, für das Brennmaterial und die Reparaturen der Wagen und Lokomotiven und auf vermehrte Einlagen in die Pensions- und Hülfskassen sieh beziehen und daß von dem Gesammtbetrag derselben von Fr. 5,426,251 nur Fr. 2,436,008 = 44,9 °/o a u f die P e r s o n a l c o n t i fa I l e n.

In jedem Fall ist durch die in der Tabelle angegebenen Zahlen die Unrichtigkeit der Behauptung dargethan, dalS i n s b e s o n d e r e e i n z e l n e k l e i n e r e U n t e r n e h m u n g e n durch d a s Gesetz oder dessen Vollziehung ganz besonders leiden. Wir können uns nicht versagen, in dieser Beziehung die maßgebenden Ziffern zu wiederholen. Es haben im Jahre 1891 für Besoldungen und Löhne betragen : die Mehrausgaben Fr.

bei der Emmenthalbahn . . . . 15,847 beim Jura Neuchatelois . . . .

854 bei der Tößthalbahn 3,751 ,, Langenthal-Huttwyl . . . .

2,258 ,, d e r Appenzellerbahn . . . .

2,260 ,, Ponts Sagne-Chaux-de-Fonds .

-- ,, Tramelan-Tavannes . . . .

2,483 ,, Kriens-Luzern 687 ,, der Seethalbahn 9,683 Lausanne-Echallens-Bercher . 4,610 ,, Frauenfeld-Wy l -- ,, der Waldenburgerbahn . . .

3,558 ,, ,, Appenzeller Straßenbahn . 4,946 ,, ,, Birsigthalbahn . . . .

2,426 ,, Genève- Veyrier 3,383 ,, den Tramways Suisses . . .

6,527 ,, der Zürcher Straßen hahn . . 15,861 ,, Vevey-Montreux-Chillon . . . 4,741 ^ Rorschach-Heiden 2,52l ,, Lausanne-Ouchy -- ,, der Luganer Seilbahn . . .

430 · ,, ,, Zürichbergbahn . . . .

201 ,, ,, Artli-Rigibahn . . . .

-- ,, ,, Uetlibergbahn . . . .

1,258 ,, Vitznau-Rigibahn . . .

6,422 ,, ,, Pilatusbahn -- ,, Salvatorebahn . . . .

2,058 fl ,, Territet-Glion -- ,, der B ü r g e u s t o c k b a h n . . . .

-- ,, ,, Bahn Kaltbad-Scheidegg .

507

die Minderausgaben Fr.

-- -- -- -- -- 53 -- -- -- -- 3,637 -- -- -- -- -- -- -- -- 2,685 -- -- 2,989 -- -- 4,577 -- 1,298 22 --

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Solehe Mehr- und Minderausgaben können mit allen möglichen anderen Gründen zusammenhängen, und unter Umständen ganz allein iu den mehr oder weniger geschickten Maßnahmen und Anordnungen der Betriebsleitung ihren Ausgangspunkt haben.

Was die größeren Gesellschaften betrifft, so sind allerdings die Ausgaben für Besoldungen und Löhne im Jahre 1891 zum Theil um sehr große Beträge gestiegen. Aber es darf nicht vergessen werden, daß in den Mehrausgaben auch die Kosten der in Folge der Zunahme der Verkehrs oder (speziell bei der Nordostbahn") wegen Eröffnung neuer Stationen oder Bahnstrecken nöthig gewordenen Personalvermehrung und die unausweichlichen Besoldungserhöhungen Inbegriffen sind, die namentlich bei der JuraSimplon-Bahn einen großen Betrag erreicht haben. Auch darf nicht übersehen werden, daß der Mehrbetrag dieser Ausgaben nicht ausschließlich ' auf die Forderung der vermehrten Ruhetage und die Art der Vertheilung derselben zurückzuführen ist, sondern mindestens ebenso sehr aus der Begrenzung der täglichen Arbeitszeit auf 12 und der Präsenzzeit auf 16, 15 und 14 Stunden folgt. Eine Aenderung in den Vorschriften betreffend die Vertheilung der Ruhetage dürfte also auch hier mit sehr weitgehenden Ersparnissen nicht verbunden sein.

Damit ist die hauptsächliche Grundlage, auf welcher die Motion ruht, hinfällig. Die weitere Begründung dieser ist sekundärer Natur; sie ist anläßlich der Diskussion über die Gesetzesvorlage bereits a priori ihrem ganzen Umfange nach besprochen und von der großen Mehrheit der Räthe abgelehnt worden, und könnte heute nur von Bedeutung sein, wenn die Herren Motionssteller auf inzwischen eingetretene Thatsachen abzustellen in der Lage wären, welche ihren Behauptungen einen festen Boden gäben, was überall nicht der Fall ist. Wir haben es neuerdings mit allgemeinen Behauptungen zu thun. Erstens betreffend das I n t e r e s s e des P e r s o n a l s a n e i n e r A e n d e r u n g des A r t i k e l s 4. Dieses Interesse ist schon im Jahre 1872 dem damaligen Vorschlag entgegengehalten worden, Dienstrahe je für den dritten Sounag zu beschließen. Die Stellungnahme des Personals hatte damals sofern eine gewisse Berechtigung, als man nicht auch gleichzeitig darauf bedacht war, den Angestellten werktägliche Ruhetage zu sichern. Denn es ist ja unzweifelhaft, daß ein Bedürfniß in
letzterer Richtung vorhanden ist, wenn die Obliegenheiten des bürgerlichen Lebens iu Betracht gezogen werden, welche auch an die Leute herantreten, die im Dienste des Eisenbahnbetriebes stehen. Nun aber sind die Angestellten neben den 17 Freisonntage im Genuß von mindesten 35 dienstfreien Werktagen, welche denselben in angemessener Vertheilung

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zukommen solleo. Der Bundesrath hat wiederholt als eine solche angemessene Vertheilung zugestanden, wenn 10 bis 12 Tage zu freier Verfügung reservirt. und die übrigen 40 bis 42 Tage in thunlichst regelmäßiger Folge dem Personal zum Voraus zugeschieden wurden.

Diese Anordnung ist auf den Antrag der Verwaltungen getroffen und wir haben auch nicht vernommen, daß das Personal damit nicht zufrieden wäre. Die wenigen Klagen, welche bei dem Eisenbahndepartement eingegangen sind, haben nicht die fest zugetheilten sondern die in Reserve gestellten Ruhetage zum Gegenstand, indem behauptet war, daß diese nicht oder nicht nach Wunsch gewährt worden seien. Ein weitergehender Verzicht auf eine regelmäßige und im Voraus durch die Dienstordnung festzustellende Zusicherun der Ruhetage könnte diese Beschwerden nur vermehren ; wie sicherer der Angestellte die ihm gebührenden Ruhetage zum Voraus aus der Diensteintheilung ersehen kann, desto besser wird er sich darauf einrichten können.

Auch die Verwaltungen müssen darauf Bedacht nehmen, daß nicht zu viele Ruhetage unbestimmt gelassen werden. Eine ordentliche Dienstorganisation muß zum Voraus feststellen, welches Personal für den Dienst der einzelnen Tage zur Verfügung steht oder Dienstruhe hat. Das schließt nicht aus, daß in unvorhergesehenen Fällen Aenderungen eintreten können, und es hat die Kontrole des Departements auch niemals dagegen Einwendungen erhoben, wenn einzelne der zum Voraus festgesetzten Ruhetage verschoben worden sind ; sie hat nur verlangt, daß dieselben quantitativ gleichwertig ersetzt werden. Das gilt auch von den Sonntagen. Eine Häufung dieser z. B. auf eine bestimmte Jahreszeit könnte nur für die verhältnißmäßig wenigen Dienstverhältnisse von Werth sein, wo Saisonbetrieb in Betracht kommt. Wo es sieh aber um den regelmäßigen Jahresbetrieb handelt, müssen auch die Freisonntage zum Voraus in der Dienstordnung festgesetzt weiden, und wäre es durchaus keine Erleichterung für die Verwaltung, wenn sie hier das System einer annähernd regelmäßigen Ausheilung verlassen wollte. Es hat das auch noch keine der in Betracht kommenden Verwaltungen gethan und die Behauptung, e s s e i d u r c h d i e v o m B u n d e s r a t h v e r l a n g t e , thunlichs r egel m ä ß i g e A ustheillug der F r e i t a g e die D i e n s t o r g a n i s a t i o n e r s c h w
e r t , ist hier ebenso unrichtig, wie diejenige, daß die Angestellten an der Beseitigung dieser Bestimmung ein Interesse halten.

D i e Behauptung, d a ß d u r c h d i e 1 7 F r e i s o n n t a g e d i e B e t r i e b s s i c h e r h e i t g e f ä h r d e t s e i , ist der Forderung von Freisonntagen seit jeher entgegengehalten worden. Auch hier können die Herren Moitionsteller nicht auf Thatsachen abstellen;

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sie halten nur dafür, daß nicht genügendes Ersatzpersonal vorhanden sei, um bei Beurlaubung des dritten Theils des Personales an den Sonntagen den Dienst sicher zu führen. Wir können konstatiren, daß, wenigstens bisher, die Sonntags-Stellvertretung nicht als eine besondere Ursache von Unfällen sieh herausgestellt hat.

Im Gegentheil muß gesagt werden, und wir verweisen dafür auf die bezüglichen Mittheilungen im Geschäftsbericht von 1891, dass gerade diejenigen Gesellschaften, welche das Gesetz von 1890 zuerst und vollständig zur Vollziehung brachten, vorab die Gotthardbahn am wenigsten Unfälle im Betvieh zu beklagen hatten, und daß die größte Anzahl dieser bei den Unternehmungen zu koustatiren war, welche am längsten im Rückstände blieben. Der Ausfall, welcher durch die Gewährung der Freisonntage im Personal entsteht, soll bei den Verwaltungen mit Güterdienst im Wesentlichen durch das Personal ersetzt werden können, welches infolge der Einstellung des Güterdienstes an den Sonntagen frei wird. Wenn dies bei der O Gesellschaft des Jura-Simplon nicht in demselben Umfang der Fall war, wie bei den übrigen größern Gesellschaften, so liegt die Ursache nicht im Gesetze, sondern in der besondern Pflege des Sonntagsverkehrs durch Reduktion der Fahrpreise; ein Ausnahmeverhältniß, das die Gesellschaft geschaffen hat und dem sie auch mit ausnahmsweisen Mitteln begegnen muß. Bei solchen Verwaltungen mit beschränktem oder Saisonbetrieb, oder welchen in Abgang eines Güterverkehrs, der am Sonntag eingestellt werden könnte, das Ersatzpersonal mangelt, hat der Bundesrath die Reduktion der Freisonntage wiederholt in dem Umfang bewilligt, daß das für den Sonntagsdienst zur Verfügung stehende Personal ebenso zahlreich sein konnte, wie dasjenige an den Werktagen. So ist, wie aus dein Bericht des administrativen Inspektorates sieh ergibt, z. B. auch der Rorschach-Heiden-Bahn die Reduktion der Freisonntage in den Sommermonaten zugestanden und dieselbe in dieser Richtung allerdings anders behandelt worden, als die Centralbahn, oder als solche Unternehmungen, welche bei übrigens ähnlichen Verhältnissen in günstigerer finanzieller Lage sich befinden.

D i e Bemerkung, d a ß d e r B u n d e s r a t h a u c h h ä t t e unterscheiden sollen zwischen Augestellten und A n g e s t e l l t e n , und daß es ein Unterschied sei,
ob einer dieser mit einem jährlichen Fixum oder Tag für Tag bezahlt sei, verstehen wir nicht. Das Gesetz hat Geltung für die Beamten, Angestellten und Arbeiter, gleichgültig, ob sie im Jahrlohn oder im Taglohn arbeiten, und die Ausnahmebestimmung im Art. 6 hat nicht den Sinn, daß in der Vollziehung auch hier Unterschiede gemacht werden sollen. Daß aber etwa die Kontrole mit den besondern Verhältnissen jeder der 17,000 Personen sich hätte be-

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schäftigen sollen, welche dem Gesetz von Anfang an unterstanden, werden auch die Herren Motionssteiler nicht verlangen.

Wir verweisen auf den Bericht des administrativen Inspoktorates dafür, daß vom Art. 6 ein weitgehender Gebrauch gemacht worden ist, und unsere Befürchtungen, gingen nicht dahin, daß wir den besondern Verhältnissen bei den einzelnen Unternehmungen nicht genügend Rechnung gelragen hätten, s o n d e r n d a ß man d e n V o r w u v t' e r h e b e n k ö n n t e , e s s e i e n m e h r A u s n a h m e n h e w i l l i g t w orden, ala dem W i l l e n des G e s e t z g e b e r s e n t s p r a c h . Denn wenn auch ein Gesetz die Bewilligung von Ausnahmen gestattet, so kann doch dessen Vollziehung nicht in der Gewährung dieser Ausnahmen allein bestehen, sondern muß dieselbe vor Allem aus darauf achten, daß der Regel Nachachtung verschafft sei.

Es liegt also auch in diesen Verhältnissen eine Nöthigung zu Abänderung des Gesetzes nicht.

Wir beharren dabei, daß nur die möglichst, regelmäßige Ausmessung der Ruhetage der Absicht des Gesetzgebers entspricht.

Die Sicherheit des Betriebes ist daran gebunden, daß eine Ueberanstrengung des Dienstpersonals vermieden wird. Das geschieht, neben der Begrenzung der täglichen Arbeitszeit, am besten dadurch, daß, ähnlich wie im bürgerlichen Leben, auf eine beschränkte Anzahl von Arbeitstagen ein Ruhetag folgt. Die der Zahl von 52 Ruhetagen zu Grund liegende Idee ist die, daß eigentlich für das Personal des Transportdienstes ein allwöchentlicher Ruhetag ebenso nöthig wäre, wie für das bürgerliche Leben überhaupt. Man modifizirte dieselbe nur so weit, als es nicht angeht, den Eisenbahnbetrieb am Sonntag einzustellen. Die dienstfreien Tage, wenn sie Ruhetage sein sollen, dürfen nicht in größerer Anzahl zusammengelegt oder gar auf die Zeiten des geringern Verkehrs verschoben werden. Diese Sätze haben ihre Bedeutung auch gegenüber den sogenannten Saisonunternehmungen.

Wir stehen durchaus nicht an, die Möglichkeit zuzugeben, daß die sämmtlichen Ruhetage auf die schlechte Jahreszeit verlegt werden k ö n n t e n , wo nur ein beschränkter Betrieb existirt oder derselbe zeitweise ganz eingestellt ist. Wir sind aber nicht in der Lage, eine Vorschrift in diesem oder ähnlichem Sinne vorschlagen zu können. Wenn das Motiv der möglichsten Sicherung des Betriebes nicht
preisgegeben werden will, so muß eine Austheilung der Ruhetage während der Hochsaison auch hier gefordert werden. Das Bedürfniß ist umsomehr vorhanden, als selbstverständlich diese Unternehmungen auch im Sommer nicht überreichlich mit Personal versehen und deßwegen die Ansprüche an die Leistungsfähigkeit des

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letztern nothwendig hochgespannte sind. Immerhin bestreiten wir nicht, daß hier besondere Rücksichten getragen werden mögen. Wir wiederholen aber, daß wir diese Rücksichten haben walten lassen, und wir gedenken dies auch fürderhin zu thun.

Daneben kommen allerdings eine Anzahl Unternehmungen in Betracht, welche ausnahmsweise ökonomisch betrieben werden sollten, um überhaupt bestehen zu können. So angenehm es für den Bundesrath sein müßte, durch eine eingehende gesetzliche Regulirung der Ausnahmen von der besondern Prüfung des einzelnen Falles eutbunden zu sein, so könnten wir doch auch hier nicht beantragen, die Ausnahmebestimmungen gesetzlich zu normiren, und halten wir dafür, daß es nicht einmal im Interesse jener Unternehmungen läge, wenn dies geschehen würde. Denn man wird in keinem Falle zum Voraus allen Eigenthümlichkeiten des einzelnen Betriebes Rechnungträgen können.

Die Freisonntage waren, wie bereits erwähnt, schon im Jahre 1872 Gegenstand einläßlicher Erörterung in den gesetzgebenden Räthen gewesen, und sie sind damals in der strengern Form im Art. 9 des Eisenbahngesetzes festgestellt worden, daß für jeden Augestellten je" der dritte Sonntag, frei sein müsse. Die Gesellschaften begannen damit, der Vorschrift einen passiven Widerstand entgegenzusetzen. Sie schützten allerdings damals auch Rücksichten der Betriebssicherheit vor, insbesondere aber die Wünsche des Personals, welches die dienstfreien Werktage dem Freisonntage vorziehe.

Noch in einer Eingabe an die Bundesbehörde vom 12. Dezember 1874 hat das Direktorium der Centralbahn darauf abgestellt, daß ,,der größte Theil der Angestellten sich die Zutheilung von sogenannten Freisonntagen geradezu verbeten habe, sei es, daß sie sieh wegen der ihnen an solchen Tagen zufallenden Obliegenheiten in ihrer Sonntagsruhe in keiner Weise gestört fühlen, wie z. B. die Stationsvorsteher auf Nebenstationen, die Bahnwärter u. A., sei es, daß sie sich bezüglich der Wahl ihrer freien Tage nichts v o r s c h r e i b e n und nichts a u f d r ä n g e n lassen wollen". Die V e r e i n i g t e n Schweizer bahnen und die Westbahnen betonten, daß sie ihrem Personal ohne Ausnahme wiederholt die F r e i s o n n t a g e a n e r b o t e n h a b e n , daß aber nur der kleinste Theil desselben darauf Anspruch mache.

Die Verzögerung, welche die Eisenbahngesellschaften
so in die Vollziehung zu bringen verstanden, führte schließlieh dazu, daß man diese in der That als unmöglich zugestand, und daß man im Jahre 1878, allerdings mit unter dem Eindruck des damaligen starken Niederganges der Betriebseinnahmen, den Art. 9 dahin änderte, daß für dasjenige Personal, dessen Ersetzung an den Sonn-

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tagen schwierig sei. die Freisonntage durch dienstfreie Werktage ersetzt werden können ; mit den» weitern Zusatz, daß derselbe Tausch auch bei andern Beamten und Angestellten stattfinden dürfe, ^wenn diese selber darum nachsuchen". Die Folge war nicht blos ÌQ weitem Umfang die Unterdrückung des Freisonntags, sondern es trat nun faktisch wieder der Zustand ein, .daß die Angestellten vielfach den auf die Werktage verlegten Ruhetag in der Form von Urlaub sich erbitten mußten. Schon im Jahre 1879 sah die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrathes sich veranlaßt, diesen Zustand zu rügen, und verlangte dieselbe die Organisation einer eingreifenden Kontrole. Wir verweisen auf die Mittheilungen in der Botschaft zum Gesetz von 1890 dafür, welche Mühe der Bundesrath und das Eisenbahndepartement aufwendeten, um der unmöglichen Aufgabe zu genügen, das so wenig bestimmt gefaßte Nachtragsgesetz zu vollziehen, ohne bei den Angestellten und bei den Verwaltungen anzustoßen. Diese Unmöglichkeit führte dann nach zehnjährigem Kampfe im Jahr 1888 zu dem Vorschlag des Bundesrathes, die Verpflichtungen der Gesellschaften wieder genauer zu umschreiben und die Freigabe des dritten Sonntages neuerdings ausnahmslos zu verlangen, mit dem Zusatz, daß jeder Angestellte daueben noch Anspruch auf 14 "dienstfreie Werktage im Jahr haben solle.

Die Bundesversammlung hat diesen Vorschlag nicht als genügend befunden und die Zahl der Ruhetage im Jahr auf 52 gesetzt, welche ,,angemessen" vertheilt werden, und w o v o n j e d e n f a l l s 17 auf den S o n n t a g f a l l e n s o l l e n . Ein Antrag auf Zuweisung von 26 Freisonntagen blieb mit nur 33 gegen 57 Stimmen in Minderheit.

Und nun sollte dieselbe Bundesversammlung darauf zurückkommen, weil der Bundesrath mit der Vollziehung des Gesetzes Ernst gemacht und nicht zugegeben hat, daß die Gesellschaften der ihnen auferlegten Verpflichtung sich entziehen !

Wir können diesem Vorgehen unsere Mithülfe nicht zu Theil werden lassen.

Die Motion des Herrn C u r t i steht grundsätzlich auf demselben Boden, den der Bundesrath auf Grund der vorstehenden Auseinandersetzungen einnimmt; auch Herr Curti will am bestehenden Gesetze nichts ändern. Aber er glaubt, daß eine billigere Berücksichtigung aller Verhältnisse möglich wäre, als das bei der bisherigen Kontrole der Fall gewesen sei, und er betont das BedürfnilA, diese mehr in Kontakt mit dem Personal und den Verwaltungen zu bringen, ähnlich wie das in Ansehung des Fabrikgesetzes

485 ·durch das Mittel der Fabrikinspektoren geschehe. Herr Curti würde ·dieser Kontrole dann auch das Personal der vom Staat geleiteten Transportanstalten unterstellen.

Wir halten diese Frage nicht für spruchreif und wünschen, der Erledigung derselben noch weitere Erfahrungen voraus gehen zu lassen. Immerhin sehen wir uns heute schon zu den folgenden Erklärungen veranlaßt: 1. Wir konstatiren, daß das Gesetz im Bereich der staatlichen Transportanstalt, welche in Frage kommen kann, d. h. im Postbetriebe, durchgeführt ist (Vollziehungsverordnung vom 9. Januar 1891, A. S. XII, S. 35, und Postamtsblatt 1891, 8. 13). Wenn und soweit sich in dieser Durchführung Mängel oder Lücken zeigen, so sind wir durchaus bereit, abzuhelfen. Aber wir sehen wenigstens z. Z. keinen Grund ein, bei der Postverwaltung eine besondere Kontrole zu organisiren. Diese Kontrole ist den Organen der Verwaltung übertragen, welche kein anderes Interesse haben, als den ganzen Organismus der Anstalt den gesetzlichen Vorschriften anzupassen.

2. Wir haben uns bisher ebensowenig davon überzeugen können, daß für die Aufsicht über die Vollziehung des Gesetzes bei den privaten Transportunternehmungen die Kreirung neuer Stellen nöthig sei. Nachdem die Durchführung desselben eine Thatsache ist, wickelt sich der Dienst der Kontrole leichter ab, als wir hätten voraussehen dürfen. Es liegt in der Natur der Dinge, daß die Geltendmachung eines Gesetzes, das von den Gesellschaften Schritt um Schritt bekämpft worden war, nicht ohne Anstände abgehen konnte. Die Aufgabe war auch zu schwierig, als daß bei der Erledigung derselben nicht hätten Fehler vorkommen können. Wir lehnen aber den Vorwurf einer willkürlichen und vexatorischen Vollziehung, von welcher die Herren Motionssteller gesprochen hüben, des Bestimmtesten ab. Es sind auch keine Thatsachen namhaft gemacht worden, welche einen Vorhalt dieser Art rechtfertigen möchten. Wir sehen daher auch hier für einmal keinen Grund ein, den vorhandenen und berufenen Organen die Aufgabe abzunehmen, um welche es sich handelt. Es lassen sich die bezüglichen Verrichtungen auch nicht mit einem Schnitt von den übrigen Obliegenheiten des Inspektorates trennen, denn Arbeitszeiten und Ruhetage hängen schließlich so sehr mit dem Betrieb an sich zusammen, daß eine Auseinanderreißung leicht zu einem großen Fehler
werden könnte. Im Uebrigen sind wir rnit dem Herrn Motionssteiler einverstanden, daß die Sorge für die Wohlfahrt des Personales der Transportanstalten nicht bei der Feststellung stehen bleiben soll, ob von demselben nicht mehr als das im Gesetz gestattete Maß der Arbeit Bnndesblatt. 44. Jahrg. Bd. III.

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in Tagen und Stunden verlangt wird, und wir glauben auch, daß manche Anstände besser erledigt werden, wenn sie ohne die Dazwischenkunft büreaukratischer Formen ausgetragen werden können.

Aber wir müssen uns in der That die nöthige Zeit erbitten, um die Angelegenheit nach allen Riehtungen weiter zu prüfen, um an Hand der Resultate dieser Prüfung die möglichst beste Lösung zu finden.

In diesem Sinne beantragen wir die Motion des Herrn Curti abzuschreiben, und derjenigen der Herren Comtesse und Genossen keine Folge zu geben.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 7. Juni 1892.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Häuser.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrathes an die Bundesversammlung zu den Motionen der Herren Comtesse und Genossen und des Herrn Curti, über die Vollziehung des Gesetzes vom 27.

Juni 1890, betreffend die Arbeitszeit beim Betriebe der Eisenbahnen und anderer Transpor...

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Bundesblatt

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Jahr

1892

Année Anno Band

3

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23

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

08.06.1892

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473-486

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