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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die Bewilligung eines Bundesbeitrages an den Kanton Bern für den Bau einer Straße über den Schallenberg.

(Vom 9. September 1892.)

Tit.

In unserem Geschäftsberichte für das letzte Jahr ist bereits der Eingang eines Subventionsgesuches der Regierung von Bern, betreffend den Bau einer Straße über den Schallenberg, erwähnt worden, mit dem Bemerken, daß die technische Prüfung dieses Projektes im Laufe des Berichtsjahres noch nicht habe stattfinden können. Da dieß der Schneeverhältnisse wegen auch für die Junisession laufenden Jahres noch nicht möglich war, haben wir die h. eidgenössischen Räthe ersucht, in der genannten Session hiefür ihre Kommissionen zu bestellen, was denn auch geschehen ist. Die Begehung der Straßenstrecke, sowie die Prüfung des Straßenprojektes hat nun stattgefunden und beehren wir uns, Ihnen über diese Angelegenheit Folgendes mitzutheilen.

Gemäß Eingabe der Regierung von Bern, vom 22. Mai 1891, wurde schon im Jahre 1884 von einer großen Zahl Einwohner getneinden an dieselbe das Gesuch gestellt, ein Projekt betreffend die Anlage einer fahrbaren Straße über den Schallenberg und damit eine Verbindung.zwischen dem Berner Oberland und dem Entlebuch ausarbeiten zu lassen.

Diesem Gesuche wurde entsprochen und haben sich die hiebei zunächst interessirten Gemeinden mit dem entworfenen Projekte einverstanden erklärt, dagegen hervorgehoben, dass sie leider nicht in der Lage seien, sich bei dem Baue in bedeutendem Maße betheiligen zu können, daher sie das Begehren stellten, es möchte die längst geplante,nothwendigee Straßenanlage im Hinblick .auf

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deren militärisch wichtige Bedeutung durch den Staat und Bund zur Ausführung gebracht werden.

Die Regierung von Bern betont, gestützt auf ein Gutachten ihrer Direktion der öffentlichen Bauten, zuerst das unzweifelhafte öffentliche Interesse, welches an die Erstellung dieser Straße geknüpft sei, und folgert daraus, daß der Staat in gleichem Maße, wie bei andern derartigen Unternehmen angemessen sich an den Kosten dieser Anlage betheiligen müsse.

Dieses öffentliche Interesse des Nähern begründend, wird angegeben, daß von Thun, dem Ausgangspunkt des Oberlandes, eine fahrbare Straße über Schwarzenegg nach den Süderen und anderseits eine solche durch das Eutlebuch über Marbach bis Schangnau, beziehungsweise Eggiwyl führe. Eine direkte Verbindung dieser beiden in gleicher Richtung laufenden Straßen existire nicht, sondern es müsse hiezu der vier Stunden lange Umweg über Röthenbach und Eggiwyl benutzt werden.

Die projektirte neue Straße solle nun mit dem über den Schallenberg gewählten Tracé die fehlende "Verbindung in ziemlich direkter Linie herstellen und damit dem Oberland und dem Entlebuch ein längst angestrebtes gegenseitiges Verkehrsmittel eröffnen.

Ueber die technische Seite des Projektes äußert sich die Eingabe wie folgt: ,,Die neue projektirte Straße verläßt die Schwarzenegg-SüderenRöthenbach-Straße in der Oberey. Sie verfolgt das Thal des Röthenbaches auf einer Länge von 2 km; und zieht sich von dort in fünf Serpentinen über Waldmalt, Ausblick und Längfeld beim Gabelspitz auf den Kulminationspunkt des Schallenberg-Ueberganges und erreicht mittelst zwei weiterer Wendungen in der Junkern-Weid die Eggiwyl-Schaugnau-Slraße beim Knubelhüttengraben. Der Aufstieg ist 4680 m. und der Abstieg 2194 m. lang. Die Höhendifferenz zwischen Oberey und dem Gabelspitz beträgt 268 m., die durchschnittliche Steigung 5,8 °/o (Maximum 7,7 °/o); diejenige von da bis Einmündung in die Schangnaustraße 173 m., das durchschnittliche Gefalle 7,s °/o (Maximum 7,95 °/o auf 139,io m. beim Anschluß ·an die Straße Eggiwyl-Schangnau).a Horizontal ist die Straße auf 213,70 m., 2 bis 4 °/o Gefalle hat dieselbe auf 1296,60 m., 4 bis 6 °/o Gefalle auf 349,20 m. und 6 bis 8 °/o Gefalle auf 5014,eo m., also durchschnittliches Gefalle 6,* °/o auf 6874 m. Gesammtlänge.

Für die Fahrbahn, inkl. gepflasterte Seitenschale, ist eine Breite von 4,20 m. mit entsprechender Erweiterung in den Wendungen angenommen (die Straßeneinfriedigungen fallen außerhalb dieser Breite).

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Der kleinste Radius in den Kehren ist 17,50 m. für die Mitte der Fahrbahn.

Der Bau bietet keine besondern Terrainschwierigkeiten dar.

Das Tracé bewegt sich meistens in trockenem, festem Terrain.

Die stellenweise vorkommenden Nagelfluhanschnitte und zahlreichen Fündlinge werden genügendes Material für die Versteinung der Fahrbahn und die Kunstbauten liefern.

Die A r b e i t s m e n g e n sind : Aushub von Erde und Geröll 20,712 m8 Felssprengungen 1,100 ,, Steinbett und Bekiesung 6,700 ,, Von K u n s t b a u t e n sind zu erwähnen : 5 Brücken mit eisernem Oberbau von 3 bis S m. Spannweite.

l gewölbte steinerne Brücke von 2,* m. Spannweite.

51 Dohlen von 0,45 m. bis 0,90 m. Oeffnung.

Stütz- und Futtermauern 490 m8.

Hiezu kommen noch 870 Radabweiser, 380 Marksteine und 6000 1. m. hölzerne Schranken.

Die Kosten werden folgendermaßen berechnet: Brd- und Felsarbeiten Fr. 35,519. 55 Versteinungs- und Pflästerungsarbeiten . . . . ^ 33,660. -- Kunstbauten ,, 64,051. 24 Landentschädigung ,, 35,000. -- Vorarbeiten, Bauaufsicht und Unvorhergesehenes ,, 16,769. 21 Total

Fr. 185,000. --

Der Augenschein und die Prüfung des vorliegenden Projektes durch das Oberbauinspektorat haben ergeben, daß dasselbe im Allgemeinen zu Aussetzungen keinen Anlaß gibt. Das Tracé erscheint richtig gewählt, und kann die von den Interessenten gewünschte Variante (im Situationsplane in blau ausgezogen) ganz gut berücksichtigt werden. Im Uebrigen erscheint es nothwendig, daß man den Röthenbach zwischen Profil 26 und 38 vorgängig der Anlage der Straße korrigivt, da sich der Zustand dort verschlimmert und zu befürchten ist, daß die Halde, längs welcher die Straße eich hinziehen wird, in Bewegung gerathen könnte; außerdem ist noch ein größerer Betrag für Entwässerungen vorzusehen und an einzelnen Stellen das Steinbett zu verstärken. Die dießbeztiglichen Kosten, mit welchen sich die bernische Baudirektion einverstanden erklärt hat, werden sich auf Fr. 15,000 belaufen, so daß der Gesammtvoranschlag auf Fr. 200,000 zu stehen kömmt, was bei einer

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Gesammtlänge von 6874 m. Fr. 29. 10 per laufenden Meter Straße ausmacht.

Was die Beantwortung der Frage anbelangt, ob dem vorliegenden Subventionsgesuche entsprochen werden könne, so kann dieselbe bejaht werden.

Schon in unserer Botschaft vom '16. Dezember 1881, betreffend Subventionirung einer Straße am rechtsseitigen Ufer des Thunersee's auf der Strecke von Merligen bis Neuhaus, haben wir hervorgehoben , daß unser Militärdepartement dur Ansieht sei, es könne nur begrüßt werden, wenn die Verbindung zwischen Thun und Luzern über den Brünig verkürzt und verbessert, sowie auf das rechte Ufer des genannten See's verlegt werde. Das Militärdepartement machte aber damals auf eine andere, in militärischer Rücksicht wichtigere Linie aufmerksam, nämlich diejenige Verbindung, welche gegen das Entlehnen und Luzern gerichtet sei, und das ist eben die gegenwärtig vorliegende Straßenstrecke über den Schallenberg. Wohl wird in dem neuesten Gutachten des obgenannten Departements in taktischer und strategischer Hinsicht die Wichtigkeit dieser Verbindung herabgemindert, jedoch immerhin zugegeben, daß durch Erstellung dieses Strassenstückes die Entfernung zwischen Thun und Wiggen verkürzt werde.

Was das volkswirtschaftliche Interesse anbelangt, so wird dasselbe vollkommen anerkannt, wie dies aus dem Gesuche einer großen Anzahl Einwohnergemeinden des Kantons Bern hervorgeht.

Es ist das schon angeführte Bedürfnis des letzten Stückes einer direkten Verbindung zwischen dem Oberland und Entlebuch, also mittelbar zwischen den Kantonen Bern und Luzern.

Die Regierung von Luzern spricht sich in ihrer diesbezüglichen Vernehmlassung vom 29. Juli dieses Jahres dahin aus, daß die proj ekti r te Straße von ihr und speziell auch von der zunächst in Betracht kommenden luzernischen Landesgegend -- Escholzmatt und Marbach -- als von höchstem Interesse für den Kanton angesehen werde. Sie fügt noch hinzu, daß der Werth derselben aber noch wesentlich größer werde durch die vom Großen Rath des Kantons Luzern beschlossene Korrektion der Straßenstrecke Wiggen-Marbach-Kantonsgrenze Bern.

Das schweizerische Postdepartement befürwortet ebenfalls eine Subventionirung der Schallenbergstraße seitens des Bundes im Interesse des lokalen Verkehrs der bernischen Bezirke Thun und Signau und des luzernischen Amtes Entlebuch.

O Endlich kommt noch in Betracht, daß die Gemeinden nicht in der Lage sind, sich finanziell beim Bau in bedeutendem Maße

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betheiligen zu können, indem ihre Mittel durch die bereits ausgeführten Straßenanlagen soviel als erschöpft sind, daher der Kanton iii wesentlichem Maße für sie eintreten muß. Das Zustandekommen dieser Straße würde somit sehr fraglieh sein ohne Unterstützung seitens des Bundes.

Bei frühem Subventionsgesuchen und diesbezüglichen Botschaften, wie diejenigen der Neuhaus-Merligen- und Vitznau-Gersau-Straße, haben wir hervorgehoben, daß die Subventionirung solcher Straßen in denjenigen Fällen zulässig sei, wo es sich um Zwischenstrecken schon bestehender Straßenzüge handle, welche dem Verkehr besondere Schwierigkeiten entgegensetzen, wie Bergübergänge, Schluchten etc.

oder sonstige für eine Straßenanlage ungünstige Bodenverhältnisse sie mit sich bringen. Da dies beim Schallenberg auch zutrifft, so finden wir, es sei in Erwägung aller angeführten Umstände vollkommen gerechtfertigt, dem vorliegenden Gesuche des Kantons Bern ·zu entsprechen und die erwähnte Straßenstrecke seitens des Bundes y.u Subventioniren.

Was noch endlich das Beitragsverhältniß anbetrifft, so stellt die Regierung- des Kantons Bern das Gesuch, es möchte der Bundesbeitrag auf 2/3 der Gesammtkosten angesetzt werden. Indem aber die projektirte Straßenanlage für den Bund weder vom militärischen Standpunkte noch für den allgemeinen Verkehr die Bedeutung hat, wie z. B. die Grimsel- und die Klausenstrasssoso schiene es nicht gerechtfertigt, die ausnahmsweise hohe Bundesunterstützung, welche jenen Straßenverbindungen gewährt wurde, auch für die Schallenbergstraße eintreten zu lassen. Wir sind der Ansicht, daß ein Beitrag von 40 % den Verhältnissen entspricht und zweifeln nicht, daß mit dieser Unterstützung die Ausführung der Straße gesichert sei.

Somit erlauben wir uns, den hohen eidgenössischen Räthen den nachfolgenden Entwurf eines Bundesbeschlusses zu unterbreiten and zur Genehmigung zu empfehlen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 9. September 1892.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, D e r Bundespräsident:

Hauser.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Bundesbeschluß betreffend

Bewilligung eines Bundesbeitrages an den Kanton Bern für den Bau einer Straße Über den Schallenberg.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. eines Schreibens der Regierung des Kantons Bern vom 22. Mai 1891; 2. einer Botschaft des Bundesrathes vom 9. September 1892, beschließt: Art. 1. Dem Kanton Bern wird für den Bau einer Straße über den Schallenberg ein Bundesbeitrag zugesichert von 40 °/o der wirklichen Kosten und von höchstens Fr. 80,000, als 40 °/o der erhöhten Kostenvoranschlagssumme von Fr. 200,000.

Die Ausbezahlung dieses Beitrages erfolgt, beginnend mit dem Jahr 1894, nach Verhältniß des Fortschreitens des Baues in Annuitäten von höchstens Fr. 27,000.

Art. 2. Die Bauausführung ist spätestens bis 1895 zu vollenden. Sie hat entsprechend dem vorliegenden Projekt nach seiner definitiven, vom Bundesrathe genehmigten Festsetzung zu erfolgen.

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Die kleinste Straßenbreite, einschließlich der Hälfte der befahrbaren Schale, ist zu 4,2o m. festgesetzt, und wo es thunlich erscheint, sollen Ausweichplätze oder Verbreiterungen angelegt werden. Die nöthigen Sicherungen (Wehrsteine, Schranken, Brustmauern] sind außerhalb dieser Breite anzubringen.

Die Maximalsteigung soll 8 °/o nicht übersteigen.

Art. 3. Dem Bundesrath ist die Kontrolirung der planmäßigen Ausführung und die Prüfung der Baurechnungen vorbehalten.

Art. 4. Der Kanton Bern hat für den spätem Unterhalt unter Aufsicht des Bundes (Art. 37 der Bundesverfassung) zu sorgen.

Art. 5. Die Zusicherung des Bundesbeitrages tritt erst in Kraft, .nachdem Seitens des Kantons Bern die Ausführung des Baues gesichert sein wird. Dem Bundesrath steht hierüber die Entscheidung zu.

Art. 6. Für die Vorlegung des diesfälligen Ausweises (Art. 5) wird dem Kanton Bern eine Frist von einem Jahr, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, gesetzt.

Art. 7. Dieser Beschluß tritt, als nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft.

Art. 8. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung desselben beauftragt.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die Bewilligung eines Bundesbeitrages an den Kanton Bern für den Bau einer Straße über den Schallenberg.

(Vom 9. September 1892.)

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14.09.1892

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