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Bundesblatt 111. Jahrgang

. Bern, den 28. Mai 1959

Band I

Erseheint wöchentlich. Preis SO Franken im Jahr, 16 Franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr: 50 Kappen die Petitzeile oder deren Baum. -- Inserate franko an Stampili & Cie. in Bern

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über den schweizerischen Nationalpark im Kanton Graubünden (Vom 15. Mai 1959) Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

In der Absicht, den Nationalpark in seinem Fortbestande besser zu sichern, sein Gebiet zu erweitern, seine Ausgestaltung als nationales Naturreservat zu fördern, die Anpassung an die veränderten Verhältnisse zu ermöglichen und klarere Rechtsverhältnissezu schaffen, beehren wir uns, Ihnen den Entwurf eines Bundesbeschlusses zu unterbreiten, der jenen vom 3.April 1914 ersetzen soll.

I. Einleitung 1. Die Entstehung des Parkes Die ersten Impulse zur Errichtung eines Nationalparkes gingen von privaten Vereinigungen aus. Schon im Jahre 1907 hatte die Schweizerische Naturforschende Gesellschaft eine Kommission (sog. Naturschutzkommission) eingesetzt, die sich mit der Schaffung einer Naturreservation zu befassen hatte, in welcher die gesamte Tier- und Pflanzenwelt vor allen menschlichen Eingriffen geschützt und wissenschaftlich erforscht werden sollte. Auf der Suche nach einem hiefür geeigneten Parkgebiet gelangte sie zur Auffassung, dass abgelegene Gebiete im Unterengadin sich hiefür am besten eignen würden. Sie schloss am I.Dezember 1909 mit der Gemeinde Zernez einen Pachtvertrag ab. In diesem wurden der Naturschutzkommission das Gebiet der Val Cluozza und die daran sich anschliessende rechte Talseite des Inn mit Einschluss der Val Tantermozza bis zur Gemeindegrenze von S-chanf für die erwähnten Zwecke gegen eine jährliche Entschädigungpachtweise überlassen. Die Gemeinde verzichtete für die Dauer des Vertrages auf jede wirtschaftliche Nutzung, insbesondere auch in Bundesblatt. 111. Jahrg. Bd. I.

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1318 bezug auf Weidgang, Holzausbeutung, Jagd und Fischerei in diesem Gebiet.

Dieser Vertrag war anfänglich auf 25 Jahre geschlossen. Später wurde seine Dauer auf 99 Jahre verlängert, wobei aber der Naturschutzkommission das Recht eingeräumt wurde, ihn nach 25 Jahren zu kündigen oder auf weitere 75 Jahre zu verlängern. In einem zweiten Vertrag mit Zernez vom 15.Oktober 1910 wurde das Ofenberggebiet unter den gleichen Bedingungen in den Park einbezogen.

Ein weiteres Gebiet kam hinzu durch den Vertrag mit den Gemeinden S-chanf und La Punt-Chamues-cn vom 30. März 1911.

Entsprechende Verträge wurden am 16. Juni 1911 mit der Gemeinde Scuol und mit der Alpgenossenschaft Tavrü über die Einbeziehung der linken Talseite der Val S-charl abgeschlossen. Diese Verträge mit Scuol und S-chanf wurden auf 25 Jahre beschränkt.

Um die Erreichung der Parkzwecke zu ermöglichen, erliess im Jahre 1910 der Grosse Rat für das Vertragsgebiet ein zeitlich beschränktes Jagdverbot und der Kleine Rat ein gleiches Pischereiverbot. Zur Beschaffung der nötigen Geldmittel war inzwischen der Bund für Naturschutz gegründet worden.

Damit war - wie der Bundesrat in seiner Botschaft vom Jahre 1912 feststellte -, der Nationalpark zustandegekommen. Man war sich aber in den Kreisen des Naturschutzes darüber einig, dass das Parkgebiet noch erheblich vergrössert werden müsse, und nahm den Abschluss weiterer Gebietsverträge mit anstossenden Gemeinden in Aussicht. Hiefür reichten jedoch die verfügbaren Mittel nicht aus. -Die Naturschutzkommission wandte sich daher an den Bundesrat und ersuchte ihn um einen jährlichen Beitrag von 30 000 Franken.

In seiner Botschaft vom 9. Dezember 1912 beantragte der Bundesrat den beiden Räten, es sei der Naturschutzkommission für die Dauer von 99 Jahren ein jährlicher Beitrag von 18 200 Franken für den an die Gemeinde Zernez zu leistenden Pachtzins zu gewähren. Ferner sei der Bundesrat zu ermächtigen, diesen Beitrag bis auf höchstens 30 000 Franken zu erhöhen, falls noch weitere Gebiete angeschlossen würden. Die Kommissionen der beiden Räte hatten jedoch schwere Bedenken, namentlich wegen der beschränkten Geltungsdauer dieses obligationenrechtlichen Vertrages und der Möglichkeit seiner Auflösung aus wichtigen Gründen. Sie empfahlen, entweder den direkten Ankauf des Gebietes oder die Errichtung eines
dauernden dinglichen Dienstbarkeitsverhältnisses in Aussicht zu nehmen, Die Räte wiesen die Vorlage an den Bundesrat zurück. Dieser hielt die erwähnten Bedenken für begründet. Er war überdies der Meinung, es sei im Interesse der besseren Sicherung der Parkzwecke nötig, dass der Bund selbst als Vertragspartner auftrete gegenüber den Gemeinden.

Aus diesen Überlegungen schloss der Bundesrat am 29.November 1913 den sogenannten Dienstbarkeitsvertrag mit der Gemeinde Zernez ab, der an Stelle des bisherigen Pachtvertrags der Naturschutzkommission trat. Darin verpflichtete sich die Gemeinde gegen eine jährliche Entschädigung von 18 200 Franken «im Sinne der Artikel 781 und 730 ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuches», auf dem im Vertrag näher umschriebenen Gebiet der Täler Cluozza und Tanter-

1319 mozza sowie der Distrikte Praspöl, La Schera, II Fuorn und Stavelohod «jede wirtschaftliche Benutzung ihres Eigentums, sei es in bezug auf Weidgang, Jagd und Fischerei, sei es in bezug auf Holzausbeutung jeder Art, sei es in anderer Weise, zu unterlassen». Sie räumte der Eidgenossenschaft «das dingliche Eecht ein, dieses Eeservationsgebiet im Sinne der Ziffer l dieses Vertrages als schweizerischen Nationalpark zu benutzen». In Ziffer l ist vorgesehen, dass in dieser Beservation «sämtliche Tiere und Pflanzen vor menschlichen Eingriffen absolut geschützt werden sollen». Dabei wurden fünf Vorbehalte gemacht, von denen die beiden wichtigsten den Bau einer Ofenbergbahn und das Weide- und Holzungsrecht des Ofenberggutes betreffen. Ausserdem verpflichtete sich die Gemeinde, für das Eeservationsgebiet ein allgemeines Weide- und Holzungsverbot zu erlassen und bei den zuständigen Behörden ein allgemeines Jagd- und Fischereiverbot zu erwirken. Der Eidgenossenschaft wurde das Eecht eingeräumt, den Vertrag jeweils nach Ablauf von 99 Jahren einseitig aufzuheben.

Falls sie von diesem Eecht nicht Gebrauch macht, soll die Entschädigung für die nächsten 99 Jahre neu vereinbart werden. Kommt keine Einigung zustande, so ist sie durch das Bundesgericht nach den dannzumal bestehenden Verhältnissen festzusetzen. Durch einen Nachtrag vom 30. Juni 1914 wurde diese Bestimmung - in Anpassung an den inzwischen gefassten Bundesbeschluss - dahin abgeändert, dass die Eidgenossenschaft den Vertrag jeweils.nach Ablauf von 25 Jahren einseitig aufheben kann. Ein gleiches Eecht wurde ihr eingeräumt für den Fall, dass der Bund für Naturschutz seinen Verpflichtungen nicht nachkommen sollte.

Dieser Vertrag wurde in das Kauf protokoll der Gemeinde Zernez eingetragen.

Auch wurden im Jahre 1913 auf Veranlassung des Bundesrates die bestehenden Verbote für Jagd und Fischerei räumlich und zeitlich ausgedehnt, so dass sie für das ganze künftige Parkgebiet und für die ganze Dauer des Vertrages gelten.

Ferner schloss der Bundesrat am T.November 1912 und hierauf am 7. Dezember 1913 einen Vertrag mit der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft und dem Schweizerischen Bund für Naturschutz ab. Durch diesen wurden die Aufsicht und der Schutz des Parkes einer Kommission (Nationalparkkommission) übertragen, bestehend aus fünf Mitgliedern. Die
Naturforschende Gesellschaft übernahm die Verpflichtung, für die wissenschaftliche Beobachtung des Parkgebietes und deren wissenschaftliche Verwertung zu sorgen, und der Bund für Naturschutz verpflichtete sich, die Geldmittel zur Verfügung zu stellen, die zur Erfüllung der Aufgaben dieser beiden Gesellschaften nötig sind. Dem Bundesrat steht nach diesem Vertrag das Oberaufsichtsrecht über den Park zu; er erlässt die nötigen Weisungen an die Naturforschende Gesellschaft und die Nationalparkkommission, und er hat über alle den Nationalpark betreffenden Angelegenheiten zu entscheiden. Dieser Vertrag gilt auch für alle künftigen Gebietserweiterungen. Der Bund für Naturschutz, der sich inzwischen als Verein gemäss Artikel 60 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches konstituiert hatte, legte seine Verpflichtung, die nötigen Mittel für den Park beizubringen, auch in seinen Statuten fest.

1320 Gestützt auf diese neue Bechtslage legte der Bundesrat den Bäten mit seiner Nachtragsbotschaft vom SO.Dezember 1913 einen neuen Entwurf zu einem Bundesbeschluss vor. Die beiden Bäte nahmen an diesem nur zwei Änderungen vor, die überdies nicht von grundlegender Bedeutung sind, nämlich eine Präzisierung des Parkzweckes und eine Ergänzung der Kündigungsfrist für den Vertrag mit der Gemeinde Zernez. Im Gegensatz zum Bundesrat, welcher den Beschluss als nicht allgemein verbindlich betrachtete und ihn aus diesem Grunde dem Beferendum nicht unterstellen wollte, beschlossen die Bäte, ihn trotzdem dem fakultativen Beferondum zu unterstellen. Sie nahmen jedoch von einer Schlussabstimmung Umgang. In der Gesamtabstimmung wurde der Bundesbeschluss im Nationalrat mit 107 gegen 13 Stimmen und im Ständerat einstimmig angenommen. Da das Beferendum rieht ergriffen wurde, konnte er am I.August 1914 in Kraft gesetzt werden.

Dieser Bundesbeschluss vom S.April 1914, der heute noch unverändert in Geltung steht, aber ersetzt werden soll, hat folgenden Inhalt.

Artikel l enthält die Erklärung, dass auf dem vertraglich näher bezeichneten Gebiet der Gemeinde Zernez ein schweizerischer Nationalpark errichtet wird.

Dann folgt die Zweckbestimmung, nach welcher in diesem Gebiet «die gesamte Tier- und Pflanzenwelt ganz ihrer freien natürlichen Entwicklung überlassen und vor jedem nicht im Zweck des Nationalparks liegenden menschlichen Einflüsse geschützt» und der Park der wissenschaftlichen Forschung unterstellt wird.

In Artikel 2 wird der Vertrag mit der Gemeinde Zernez und jener mit der Naturforschenden Gesellschaft und dem Bund für Naturschutz genehmigt, jedoch mit der Auflage einer Änderung des Vertrages mit Zernez im Sinne der Einführung eines Kündigungsrechtes zugunsten des Bundes.

Artikel 3 ermächtigt den Bundesrat zum Abschluss weiterer gleichartiger Diehstbarkeitsverträge. Die jährliche Gesamtentschädigung darf jedoch die Summe von 30 000 Franken nicht übersteigen.

Artikel 4 beauftragt den Bundesrat mit der Ausführung.

Artikel 5 unterstellt den Beschluss dem fakultativen Beferendum.

2. Die weilere EnhoiiMung a. Die Erweiterung des Parkgebietes In Ausführung von Artikel 3 des Bundesbeschlusses schloss der Bundesrat in der Folge eine Beihe weiterer Dienstbarkeitsvertrage nach dem Vorbild des Vertrages mit Zernez
ab, durch welche dem Park neue Gebiete angeschlossen wurden, so schon im Jahre 1918 durch Vertrag mit der Gemeinde Valchava das Gebiet der Val Nüglia und im gleichen Jahre'durch Vertrag mit den Gemeinden S-chanf und La Punt-Chamues-ch das im Vertrag näher umschriebene, an die Val Cluozza angrenzende Gebiet in der Val Trupchun, welches im Alleineigentum der Gemeinde S-chanf steht, in dem aber die Gemeinde La Punt-Chamues-ch Holzungsrechte hat. Durch Ergänzungsverträge vom Jahre 1932 wurde auch

·1321 das Gebiet der Alp Trupchun einbezogen. Ferner wurden Gebietserweiterungen durch zwei Ergänzungsverträge mit der Gemeinde Zernez vereinbart: Durch den Vertrag vom 13. Juni 1920 wurde das Gebiet von Falcun aufgenommen und durch jenen vom Jahre 1932 das Gebiet von Crastatschas-Grimels. Als Gegenleistung für das Gebiet von Falcun versprach-die Eidgenossenschaft, «dass sie der Stauung des Spöls im Parkgebiet durch Erstellung erforderlicher Stauwerke zum Betrieb eines Elektrizitätswerkes oder anderer industrieller Unternehmungen keine Opposition machen werde», eine Klausel, an welche sich später eine grosse Diskussion über die Zulässigkeit von Wasserrechtskonzessionen am Spöl knüpfte. ' Nachdem die Gemeinde Scuol den mit dem Bund für Naturschutz und der Naturschutzkommission über das S-charlgebiet geschlossenen Vertrag vom Jahre 1911 auf Ende 1935 aufgelöst hatte, gelang es diesen beiden Vereinigungen, mit ihr den neuen Vertrag vom 20. Januar 1937 abzuschliessen. Durch diesen wurden unter analogen Bedingungen die Täler Mingèr und Foraz und anschliessendes Gebiet den Zwecken des Parkes unterstellt, jedoch nur für die Dauer von 25 Jahren, die sich für jeweils weitere 10 Jahre erneuert, falls nicht 2 Jahre vorher vom einen oder andern Vertragspartner gekündigt wird. Von diesem Kündigungsrecht hat die Gemeinde Gebrauch gemacht, so dass der Vertrag zu Beginn des Jahres 1962 dahinfällt.

b. Die Ausführungsvorschriften Gestützt auf Artikel 4 des Bundesbeschlusses, ermächtigte der Bundesrat durch Bundesratsbeschluss vom 14.April 1943 die Eidgenössische Nationalparkkommission, unter Vorbehalt der Genehmigung durch das Eidgenössische Departement des Innern, Vorschriften zum Schütze des Parkes zu erlassen. Er bestimmte ferner, dass vorsätzliche und fahrlässige Widerhandlungen gegen solche Vorschriften, soweit nicht strengere Bestimmungen anwendbar sind, durch die zuständigen kantonalen Behörden mit Busse bis 200 Franken bestraft werden.

Auf Grund dieser Ermächtigung erliess die Parkkommission die Parkordnung vom 30. Juni 1943,-welche die frühere Parkordnung ersetzt. Sie regelt den Besuch des Parkes und stellt eine Eeihe von Verboten zum Schütze des Parkes auf, unter.Androhung der im Bundesratsbeschluss vorgesehenen Strafen.

Auf Antrag der Parkkommission erliess der Bundesrat ferner im Einvernehmen mit dem
Bund für Naturschutz und der Naturforschenden Gesellschaft die Verordnung für den Nationalpark vom 13.Oktober 1944 (die sog.

Verordnung). Die Parkkommission besteht aus 7 Mitgliedern, wovon 3 durch den Bundesrat und je 2 durch die Naturforschende Gesellschaft und den Bund für Naturschutz bezeichnet werden. Für die Beaufsichtigung des Parkes sollen Parkwächter bestellt werden. (Gegenwärtig sind 2 Parkwächter tätig.) Die Parkkommission wird zum Erlass einer Parkordnung ermächtigt, worin der Besuch des Parkes geordnet ist. Bezüglich des Eechnungswesens wird bestimmt, dass die Parkkommission jährlich einen Voranschlag aufzustellen hat, der nach Ver-

1322 ständigung mit dem Bund für Naturschutz der Genehmigung .des Bundesrates unterliegt. Ein Passivsaldo ist durch den Bund für Naturschutz zu decken, während ein Aktivsaldo auf neue Kechnung vorzutragen ist.

Wichtig sind schliesslich noch die Bestimmungen über den vom Bund für Naturschutz gegründeten Nationalparkfonds. Diesem werden alle Zuwendungen an den Bund für Naturschutz, für die kein anderer Zweck bestimmt ist, zugewiesen, bis er die Höhe von 900 000 Franken erreicht hat. Nachher fallen ihm nur noch die ausdrücklich für den Park bestimmten Zuwendungen zu. Seine Zinsen werden für Unterhalt, Beaufsichtigung und Verwaltung des Parkes verwendet. Zinsüberschüsse werden dem Fonds zugewiesen. Beichen hingegen die Zinsen für die Kosten des Parkes nicht aus, so hat der Bund für Naturschutz die nötigen Zuschüsse zu leisten. Bis zum Betrage von 900 000 Franken ist der Fonds unantastbar. Allfällige Überschüsse kann der Bundesrat, wenn das Vermögen diesen Betrag überschreitet, auf Antrag des Bundes für Naturschutz und der Parkkommission für ausserordentliche Aufgaben zugunsten des Parkes verwenden. Der Fonds ist in mündelsichern Papieren anzulegen und bei der Nationalbank zu hinterlegen. Er erreichte Ende 1958 den Betrag von 866 234,50 Franken.

3. Die Veranlassung zur Revision Wenn der Bundesrat Ihnen nun den Entwurf zu einem neuen Bundesbeschluss und neue Gebietsverträge vorlegt, so geschieht das namentlich aus folgenden Gründen: Als der Bundesrat im Jahre 1956 Verhandlungen zur Eevision der bestehenden Verträge mit den Gemeinden Zernez und S-chanf einleitete (Vorständigungsverhandlungen), tat er das namentlich im Bestreben, das Parkgebiet durch Einbeziehung neuer Gebiete zu erweitern und abzurunden. Auf dem Territorium der Gemeinde Zernez hadelt es sich um die Gebiete von Ivraina und Murtaröl, bei jenem von S-chanf um die linke Talseite der Val Tmpchun.

Der Abschluss des Vertrages mit Scuol sodann drängte sich auf, weil der bestehende Vertrag von der Gemeinde auf das Jahr 1962 gekündet worden ist. Um dem Park dieses äusserst wichtige Naturschutzgebiet dauernd zu sichern, sah die Eidgenossenschaft sich veranlasst, selbst als Vertragspartnerin aufzutreten und mit der Gemeinde einen neuen Vertrag abzuschliessen.

Neu zu ordnen waren in allen Verträgen die Gebietsentschädigungen. Das war vor allem
für die neuen Gebiete nötig. Aber auch für die bisherigen Gebiete musste eine angemessene Erhöhung der Entschädigungen in Aussicht genommen werden, weil die vereinbarten Summen durch die inzwischen eingetretene Geldentwertung ungenügend geworden sind.

Überdies erwies sich die Ersetzung der bisherigen Verträge durch neue aus rechtlichen Gründen als notwendig. Im Zusammenhang mit den Gesuchen um die Ausnützung der Wasserkräfte des Spöl im Parkgebiet war nämlich vor einigen Jahren in der Öffentlichkeit eine lebhafte Diskussion über die rechtliche Zulässigkeit eines Spölwerkes entbrannt. In diesem Zusammenhang wurde nament-

1323 lieh behauptet, diese Gebietsverträge stellten nur privatrechtliche Dienstbarkeitsverträge dar; als solche seien sie aber ungültig,, weil sie der nötigen öffentlichen Beurkundung entbehren; ausserdem seien sie nur mit zeitlicher Befristung zulässig. Besonders aber wurde eingewendet, auf die Erteilung einer Wasserrechtskonzession habe die Gemeinde nicht verzichten wollen. Sie hätte das in einem privatrechtlichen Vertrag auch gar nicht tun können. Das hätte höchstens mit Genehmigung des Kleinen Eates geschehen können. An dieser habe es aber gefehlt. Entsprechendes gelte für das Verbot der Ausübung von Jagd und Fischerei im Parkgebiet. Zwar seien bezügliche Verbote vom Grossen und vom Kleinen Eat erlassen worden; sie können aber widerrufen werden. Bei diesen und anderen Verboten stiess auch die Durchsetzung auf Schwierigkeiten, weil den vom Bund erlassenen Strafbestimmungen entgegengehalten wurde, der Bundesrat sei zu ihrem Erlass nicht zuständig gewesen. Diesen Einwendungen wird nun in den neuen Verträgen begegnet. Das ist auch da, wo solche nicht begründet sind, im Interesse der Klarheit und der Eechtssicherheit erwünscht.

Ein neuer Bundesbeschluss oder zum mindesten eine Änderung des bestehenden Bundesbeschlusses ist schon deswegen unvermeidlich, weil die eingeräumten Kredite nicht mehr ausreichen. Ohne eine Erhöhung sind vor allem Gebietserweiterungen ausgeschlossen. Ohne sie wäre aber auch ein Ausgleich der eingetretenen Geldentwertung nicht möglich. Es ist ferner die Behauptung aufgestellt worden, dem geltenden Bundesbeschluss komme selbständige Bedeutung in dem Sinne zu, dass die Eidgenossenschaft für das Parkgebiet Vorschriften des öffentlichen Eechts aufstellen könne, die sonst in die Kompetenz der Gemeinden und der Kantone fallen ; ausserdem sei die vom Bundesrat der Gemeinde Zernez im Jahre 1920 gegebene Zusicherung einer beschränkten Ausnützung der Wasserkräfte des Spöl ungültig. Für die Abklärung dieser grundlegenden Frage, die u.a. im Interesse des Weiterbestehens des Parkes liegt, ist ebenfalls eine Änderung oder Neufassung des Bundesbeschlusses nötig.

° 4. Die Vorbereitung der Revision Die Vorbereitung der Eevision fiel in den Aufgabenkreis des Eidgenössischen Departements des Innern, speziell seiner Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei (Art.30, Ziff.IV, l OG). Dieses
Amt betraute alt Oberforstinspektor A.J.Schlatter in Pully, der schon seit I.Januar 1952 als Präsident der Kommission für den Schweizerischen Nationalpark sich mit den Fragen des Parkes zu befassen gehabt hatte, mit der Aufgabe, die nötigen Verhandlungen zum Abschluss neuer Gebietsverträge zu führen und den Entwurf zu einem neuen Bundesbeschluss vorzulegen. Angesichts der Tatsache, dass in der Öffentlichkeit die Auffassungen über das weitere Schicksal des Parkes stark auseinandergingen und grosse Spannungen bestanden, erschien es angezeigt, die interessierten Kreise von Anfang an zur Mitarbeit heranzuziehen. Aus solchen Überlegungen bestellte das Eidgenössische Departement des Innern eine besondere Kommission, die sogenannte Verständigungskommission, und übertrug ihr die

1324 Aufgabe, «zu prüfen, ob und wie der Nationalpark trotz der beabsichtigten Wasserkraftnutzung erhalten werden kann». Darüber hatte sie dem Departement Bericht zu erstatten und Antrag zu stellen. Diese Kommission setzt sich aus folgenden Mitgliedern zusammen : - A. J.Schlatter, alt Oberforstinspektor "in PuJly, als Vertreter der Nationalparkkommission ; - Prof. Dr. J. de Beaumont in Lausanne, als Vertreter der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft ; - Prof. Dr. H.Zbinden in Bern, als Vertreter des Schweizerischen Bundes für Naturschutz ; - Dr. G. Tramer, Gemeindepräsident in Zernoz, als Vertreter der Gemeinde Zernez; - E.Bott, Gemeindepräsident in S-chanf, als Vertreter der Gemeinde S-chanf, und - Dr. O.Bauch in Scuol, als Vertreter der Gemeinde Scuol.

Als Vorsitzender wurde A. J.Schlatter bezeichnet. An den Verhandlungen nahmen auch technische und juristische Berater des Eidgenössischen Departements des Innern und des Kleinen Bates von Graubünden teil. Das Protokoll wurde von Dr. G.N.Zimmerli geführt.

Die Kommission befasste sich hauptsächlich mit den Gebiets vertragen.

Als Diskussionsgrundlage diente dabei ein Vorentwurf für einen neuen Vertrag mit Zernez. Die Kommission beriet diesen in einer Beihe von Sitzungen und gelangte schliesslich zu einem Text, der allerseits annehmbar erschien und in den andern Verträgen im wesentlichen übernommea wurde. Überdies erhielten Vertreter des Natur- und Heimatschutzes und solche des Kleinen Bates Gelegenheit, ihre Wünsche dem Departementsvorsteter vorzutragen und mit ihm zu diskutieren. Diesen Anregungen ist im vorliegenden Entwurf zu einem Bundesbeschluss weitgehend Bechnung getragen worden.

n. Die rechtlichen Grundlagen der neuen Regelung Einer Abklärung bedarf vor allem die Zuständigkeit des Bundes, d.h. die Frage, ob und allenfalls inwieweit der Bund befugt sei, für die Erhaltung und Förderung der Zwecke des Nationalparkes Bestimmungen aufzustellen und Massnahmen zu treffen. Ähnliche Fragen stellten sich schon beim Erlass des Bundesbeschlusses vom Jahre 1914. Sie haben damals, namentlich aber später im Zusammenhang mit den Gesuchen um Wasserrechtskonzessionen - zu vielen Diskussionen Anlass gegeben und sind heute noch nicht voll abgeklärt. Von ihrer Entscheidung hängt es ab, ob der Bund auf diesem Gebiet allgemein verbindliche Vorschriften
aufstellen kann oder ob er darauf angewiesen ist, die Parkzwecke auf anderem Wege zu verfolgen, insbesondere durch Abschluss von Verträgen in Verbindung mit Geldleistungen. Im Zusammenhang damit steht auch die Frage, ob die neue Begelung in die Form eines Bundesbeschlusses zu kleiden sei und ob sie dem Beferendum unterstellt werden muss oder nicht.

1325 1. Es darf nun als feststehend betrachtet werden, dass dem Bund die Kompetenz zu einer allgemeinen Begelung des Naturschutzes fehlt. Da die Bundesverfassung ihm nirgends eine solche eingeräumt hat, ist das Gesetzgebungsrecht (gemäss Art.3 BV) auf diesem Gebiet den Kantonen verblieben. Für die Zuständigkeit des Bundes müsste die verfassungsmässige Grundlage erst noch geschaffen werden. Der Umstand, dass hiefür eine Verfassungsrevision bereits in die Wege geleitet ist, lässt darauf schliessen, dass eine solche Grundlage nach allgemeiner Auffassung heute noch nicht besteht.

Dies schliesst allerdings nicht aus, dass der Bund auf Sondergebieten, für die er die allgemeine Gesetzgebungskompetenz besitzt, auch Fragen des Naturschutzes allgemein verbindlich regem kann. So ist das der Fall z.B. in gewissem Masse auf dem Gebiete des Wasserrechts (Art. 24bls BV, Art. 22 des Wasserrechtsgesetzes), des Enteignungsgesetzes (Art. 9) und des Privatrechtes (Art. 64 B V und Art. 702 ZGB). Auch auf diesen Gebieten kann der Bund aber allgemein verbindliche Vorschriften nur mit Geltung für das ganze Gebiet der Schweiz erlassen, nicht mit der Beschränkung auf einen Kanton oder einzelne Gemeinden oder ein Teilgebiet von solchen. Das verlangt schon das Gebot der Bechtsgleichheit (Art. 4 B V).

Nun ist die Frage aufgeworfen worden, ob der Bund den Nationalpark nicht als «Werk» im Sinne von Artikel 23 der Bundesverfassung errichten könne. Ja, es ist sogar behauptet worden, dass er das mit dem Bundesbeschluss vom Jahre 1914 bereits getan habe. Letzteres ist schon deswegen nicht zutreffend, weil man das - in der klaren Erkenntnis der Unzuständigkeit des Bundes - gar nicht gewollt hat. Das ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte des Parkes und kann an Hand der Materialien dargetan werden. Für den neuen Bundesbeschluss kommt es aber nur darauf an, ob der Bund sich auf diese Eechtsgrundlage berufen kann. Nach Artikel 23 der Bundesverfassung steht dem Bunde das Eecht zu, «im Interesse der Eidgenossenschaft oder eines grossen Teiles derselben auf Kosten der Eidgenossenschaft öffentliche Werke zu errichten oder die Errichtung derselben zu unterstützen» und dafür gegen volle Entschädigung das Eecht der Expropriation geltend zu machen. Darüber hat die Bundesgesetzgebung das Nähere zu bestimmen. Von entscheidender Bedeutung
ist dabei, ob der Nationalpark als «öffentliches Werk» im Sinne dieser Verfassungsbestimmung zu gelten hat. Das wird von der herrschenden Auffassung verneint, und mit Eecht. So versteht z.B. Prof. W.Burckhardt in seinem Kommentar zur Bundesverfassung (S. 155) unter einem solchen Werk «ein Bauwerk, dessen Zweck wesentlich in der Umgestaltung eines Stückes Boden.besteht»; darauf weise schon die französische Bezeichnung «travaux publics» hin. Ein solches Werk sei z.B. eine Strasse; würde man vom Erfordernis der Umgestaltung eines Stückes Boden absehen, so könnte der Bund sich auf Art. 23 der Bundesverfassung berufen, um alle möglichen staatlichen Anstalten, z.B. Wasserwerke, Bergwerke, N a t u r p a r k e , Sanatorien, ins Leben zu rufen, für die besondere Verfassungsvorschriften bestehen oder die gar nicht in seine Kompetenz fallen. Diese Auffassung ist freilich nicht unwidersprochen geblieben. So wird z.B. in einem Gutachten von Prof.

1326 Hans Huber und Dr. P.Keichlin vom 12. Januar 1950 unter einem solchen Werk ganz allgemein eine «durch Eechtsvorschriften bestimmte Einrichtung» verstanden. Dazu gehöre auch der Nationalpark; hier bestehe das Werk darin, «ein Stück Erdoberfläche mit der gesamten Pflanzen- und Tierwelt, die sich darauf befindet, aus dem Bereich wirtschaftlicher Nutzung auszusondern». Es kann kein Zweifel darüber bestehen, dass der Nationalpark unter diesen weitern Begriff des Parkes fallen würde. Ebenso offenkundig ist aber anderseits, dass eine so weite Auslegung des Begriffs «Werk» dem Bund die Kompetenz geben würde, durch Eechtsvorschriften (z.B. Bundesgesetz oder allgemein verbindlichen Bundesbeschlusà) jede beliebige Einrichtung zu schaffen, ohne Eücksicht auf die in der Bundesverfassung im übrigen getroffene Abgrenzung der Kompetenzen zwischen Bund und Kantonen. Insbesondere wäre - rechtlich - die Möglichkeit gegeben, aus einem ganzen Kantor: einen Nationalpark zu machen, auch gegen den Willen der Bevölkerung. Das kann offenbar nicht der Sinn des Artikels 23 der Bundesverfassung sein. Der neue Bundesbeschluss kann sich deshalb nicht auf ihn stützen.

Hinzu kommt noch ein Weiteres : Der Schu.tz des Parkes könnte auf diesem Wege - d.h. lediglich durch einen allgemein verbindlichen Erlass - bloss in ungenügender Weise erreicht werden, nämlich nur insoweit, als er auf dem Wege der Enteignung erzwungen werden kann. Gegenstand der Enteignung können aber nur Privatrechte sein (vgl. Art. 5 des Enteignungsgesetzes), nicht auch öffentliche Eechte und Befugnisse. Insbesondere kann die in der Bundesverfassung festgelegte Kompetenzverteilung durch die Enteignung nicht abgeändert werden, so namentlich in bezug auf Verzichte, Verbote und Strafbestimmungen.

Es könnte auf diesem Wege höchstens das erreicht werden, was man durch den Ankauf des Gebietes hätte erzielen können. Ohne vertragliche Ergänzungen wäre also auch in diesem Falle nicht auszukommen.

2. Fehlt es dem Bund aber an der Kompetenz, zur Erreichung der Parkzwecke allgemein verbindliche-Vorschriften aufzustellen, so fragt es sich weiter, ob er befugt sei, diese Zwecke in anderer Weise zu verfolgen, insbesondere durch Abschluss von Verträgen mit den Verfügungsberechtigten, in der. Eegel mit Gemeinden, welche das Eigentum an den in Frage stehenden Gebieten haben.
In der Literatur hat z.B. Prof. Burckhardt (Kommentar zur BV, S. 19) die Auffassung vertreten, der Bund dürfe nicht Anstalten des kantonalen Wirkungskreises unterstützen; dies namentlich deswegen, weil er seine Beiträge an Bedingungen knüpfe, was einer Einschränkung der Bewegungsfreiheit der Kantone gleichkomme. Die Praxis der Bundesversammlung hat aber solche Bedenken nie geteilt, sondern von jeher Unterstützungen zur Förderung der Landwirtschaft, der Forstwirtschaft, der Kunst, der Wissenschaft und sozialer Zwecke gewährt (wofür bei Burckhardt, S. 11 f., zahlreiche und wichtige Beispiele angeführt werden). Für den neuen Bundesbeschluss ist namentlich die Tatsache von Bedeutung, dass schon der geltende Bundesbeschluss eine Eegelung auf dieser Basis enthält, so dass es sich nur darum handelt, Leistungen, die schon seit mehr als vier Jahrzehnten gemacht worden sind, fortzusetzen und zu erhöhen.

1327 Damit ist der einzuschlagende Weg vorgezeichnet : Die Eidgenossenschaft kann sich, nach der heutigen Verteilung der Kompetenzen, das Eecht zur Benutzung des nötigen Grund und Bodens für die Verwirklichung der Parkzwecke nur auf dem Vertragswege, mit Gewährung von jährlichen Entschädigungsleistungen, sichern. Soweit für diese Zwecke allgemein verbindliche Bestimmungen (insbesondere Verbote und Strafbestimmungen) erforderlich sind, kann dieses Ziel ebenfalls bloss auf dem Vertragswege 'erreicht werden, indem die zuständigen Behörden die vertragliche Verpflichtung übernehmen, die bezüglichen Vorschriften zu erlassen. Im übrigen soll durch den Bundesbeschluss die Verfolgung der Zwecke des Naturschutzes und der Naturforschung im Parkgebiet zu einer Verwaltungsaufgabe des Bundes gemacht werden.

Daraus ergibt sich, dass im neuen Bundesbeschluss - wie das übrigens schon für den bisherigen zutrifft -, keine allgemein verbindlichen Vorschriften aufgestellt werden "können. Dagegen soll die Förderung der Parkzwecke im Parkgebiet zur Verwaltungsaufgabe des Bundes gemacht werden, was jedoch nur im Rahmen der Gebietsverträge geschehen kann. Demnach kann es nicht in Frage kommen, im neuen Bundesbeschluss ein selbständiges Parkstatut zu schaffen, das dem Bund gestatten würde, die Zwecke im Parkgebiet ohne Rücksicht auf .den Willen der Gemeinden als Eigentümerinnen des Grund und Bodens und Inhaberinnen der Gebietshoheit zu verfolgen, dies um so weniger, als bereits dem geltenden Bundesbeschluss keine derart selbständige Bedeutung zukommt, obschon die allzu positive Fassung seines Artikels l bei oberflächlicher Betrachtung diesen Eindruck erwecken kann.

III. Die neuen Gebietsverträge

Hatte man zu · Beginn der Verständigungsverhandlungen geglaubt, mit einigen Abänderungen und Ergänzungen des Textes der bestehenden Verträge und der Übernahme des Vertrages betreffend die S-charl-Reservation auszukommen, so zeigte es sich bald, dass der Abschluss neuer Verträge zweckmässiger sei. Dies namentlich deswegen, weil nur auf diesem Wege jene einheitliche Gestaltung und inhaltliche Koordination der Verträge zu erreichen war, die für eine weitgehende Gleichbehandlung aller Gemeinden nötig ist.

1. Die rechtliche Gestaltung der Verträge

In den neuen Verträgen konnten die rechtlichen Mängel, die Unsicherheiten und die Unklarheiten, die im Laufe der Jahre zutage getreten waren, weitgehend ausgeschaltet werden.

Bezüglich der Kündigung wurde erreicht, dass diese in allen Verträgen an die gleichen Voraussetzungen geknüpft und auf denselben Zeitpunkt festgesetzt ist. Wichtig ist, dass darüber hinaus die grundsätzliche Unkündbarkeit seitens der Gemeinden nunmehr klargestellt ist. Für die S-charl-Reservation ist diese Bestimmung von besonderer Bedeutung, weil dieses Gebiet damit dem Park dauernd gesichert ist. Den Gemeinden ist allerdings das Recht zur einseitigen

1828 Auflösung des Vertrages eingeräumt worden, falls die Eidgenossenschaft den Vertrag nicht einhält. Diese Möglichkeit der Auflösung wegen Nichterfüllung entspricht aber den allgemeinen Vertragsgrundsätzen (Art. 97 OE) und musste aus diesem Grunde zugestanden werden. Irn Vertrag mit Zernez (Art. 11) ist überdies vorgesehen, dass die Gemeinde den Vertrag auch auflösen kann, «sofern die vorbehaltene Wasserkraftnutzung über die ursprüngliche Konzessionsdauer hinaus verhindert oder wesentlich erschwert werden sollte». Gemeint ist damit der Fall, wo die Eidgenossenschaft auf irgendeine Weise (z.B. durch einen Bundesbeschluss) verhindern oder wesentlich erschweren würde, dass die Spölkonzession nach ihrem Ablauf erneuert oder durch eine andere ersetzt werden kann. Auch hier handelt es sich um eine Auflösung wegen Nichterfüllung des Vertrages.

Neu aufgenommen ist in den Verträgen mit den Gemeinden Zernez und S-chanf eine Gerichtsstandsklausel in dem Sinne, dass über sämtliche Streitigkeiten aus den Verträgen, soweit nicht die Zuständigkeit des Bundesgerichts gegeben ist, ein Schiedsgericht endgültig entscheidet. Letzteres besteht aus fünf Mitgliedern, wovon jede Vertragspartei zwei bezeichnet, während der Vorsitzende vom Präsidenten des Bundesgerichts bestimmt wird, falls die Parteien sich nicht einigen können.

Diese Klausel hat den Vorteil, dass über Streitigkeiten eine einzige Instanz zu entscheiden hat, und zwar eine solche, welche der Bedeutung der Sache entspricht. Beabsichtigt war, hiefür das Bundesgericht allein zuständig zu erklären, so dass es in allen Streitfällen als einzige Instanz zu entscheiden gehabt hätte.

Zu diesem Zwecke war die Aufnahme folgender Bestimmung in Aussicht genommen worden: «In sämtlichen Streitigkeiten aus diesem Vertrag entscheidet das Bundesgericht endgültig.» Zur bessern Abklärung der Frage führte das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement mit dem Bundesgericht einen Meinungsaustausch durch. Dabei zeigte es sich, dass das Bundesgericht - das keine Schiedsgerichtsbarkeit übernimmt -, dieser Klausel hätte zustimmen können, wenn in den Verträgen die auf einen privatrechtlichen Vertrag hinweisenden Wendungen (wie «privatrechtlich», «dinglich» usw.) gestrichen worden wären. Eine solche nachträgliche Änderung konnte aber aus verschiedenen Gründen nicht erzielt
werden. Das Bundosgericiit zog es daher vor, sich den Entscheid über seine Zuständigkeit für den Zeitpunkt vorzubehalten, wo ein praktischer Fall dazu Gelegenheit geben würde. Das Schiedsgericht hätte somit in jenen Fällen zu entscheiden, für welche das Bundesgericht seine eigene Zuständigkeit ablehnt.

Eine abweichende Eegelung des Gerichtsstandes enthält der Vertrag mit der Gemeinde Scuol. Dort wird folgendes bestimmt: «Für die Entscheidung aller Streitigkeiten aus diesem Vertrag, die nicht ohnehin von Gesetzes wegen vom Bundesgericht als einziger Instanz zu beurteilen sind, werden die Parteien dieses Gericht als einzige Instanz anrufen, soweit dies gesetzlich zulässig ist.»

1829 Damit wird erreicht, dass das Bundesgericht in allen jenen Fällen als einzige Instanz zu entscheiden hat, in denen seine Zuständigkeit im Gesetz begründet ist (Art.41, Buchstaben a und b, Art. 83, Buchstabe a, und Art. 110 des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege) oder ihm durch vertragliche Vereinbarung zugewiesen werden kann (Art.41, Buchstabe c, Abs.2). Da diese Möglichkeit vom Gesetz beschränkt ist, bleibt es in gewissen Fällen bei der Zuständigkeit der kantonalen Gerichtsinstanzen, so z.B. bei Zivilklagen des Bundes gegen die Gemeinden, wenn der Streitwert von 10 000 Franken (dessen Erhöhung auf 20 000 Franken vorgeschlagen ist) nicht erreicht wird. Immerhin können solche Fälle wenigstens auf dem Wege der Berufung ans Bundesgericht gezogen werden, wenn der Streitwert mindestens 4000 Franken beträgt (dessen Erhöhung auf 8000 Franken vorgeschlagen ist). Anfänglich war vorgesehen, Fälle dieser Art einem Schiedsgericht zuzuweisen. Davon wurde aber aus praktischen Erwägungen abgesehen.

In diesem Zusammenhang stellte sich die Frage, ob die Verträge öffentlichrechtlichen, zivilrechtlichen oder gemischten Charakter tragen. Sie hat im Kampf um den Rechtscharakter des Bundesbeschlusses eine Rolle gespielt und ist auch heute noch nicht eindeutig abgeklärt. Da aber klargestellt wird, dass der neue Bundesbeschluss keine allgemein verbindlichen Bestimmungen enthält, ist sie nur noch für die Zuständigkeit des Gerichts von Interesse und kann daher der Entscheidung des Richters vorbehalten bleiben.

Die weitere Streitfrage, ob das von den Gemeinden eingeräumte Recht an Grund und Boden eine privatrechtliche Dienstbärkeit sei oder eine Nutzniessung, hat für die neuen Verträge ihre Bedeutung verloren, weil diese nun auch die für die Nutzniessung erforderliche Form (öffentliche Beurkundung) erfüllen, so dass die formelle Gültigkeit der Verträge nicht mehr bestritten werden kann.

Der neue Text verlangt ganz allgemein die Eintragung eines «dinglichen Rechts» im Grundbuch.

Grosse Rechtsunsicherheit war entstanden durch die Behauptung, die in den Verträgen ausgesprochenen Verzichte auf öffentlichrechtliche Befugnisse seien ungültig, weil ein vertraglicher Verzicht auf solche überhaupt nicht zulässig sei ; ausserdem sei der Verzicht von unzuständiger Seite ausgegangen. Dies1 wurde speziell
für den Verzicht auf die Nutzbarmachung der Wasserkräfte geltend gemacht, wofür die Genehmigung des Kleinen Rates notwendig gewesen sei.

In den neuen Verträgen ist daher die Genehmigung durch den Kleinen Rat ausdrücklich vorgesehen.

Ähnliche Einwendungen wurden bezüglich der öffentlichrechtlichen Verbote erhoben. Solche Verbote seien ungültig, weil sie nicht von den zuständigen Stellen erlassen worden seien.

Nun sind die Jagd- und Fischereiverbote schon bisher von den nach kantonalem Recht zuständigen Instanzen erlassen worden, nämlich die Jagdverbote vom Grossen Rat und die Fischereiverbote vom Kleinen Rat. In den neuen Verträgen ist nun darüber hinaus die Verpflichtung dieser beiden Behörden enthalten, diese Verbote während der ganzen Dauer des Vertrages aufrecht

1330 zu erhalten. Wir hoffen, dass die Zustimmung des Kleinen Kates demnächst erfolgen werde. Die Zustimmung des Grossen Eates konnte bisher schon aus zeitlichen Gründen nicht beigebracht werden. Das soll erst nachträglich geschehen. Diese Zustimmung ist aber nicht ab Gültigkeitserfordernis für die Verträge gedacht.

Auf Schwierigkeiten waren bisher namentlich die Anwendung der Beschränkungen des Zutritts zu Wald und Weide, des Beerenlesens, Blumenpflückens, Holzsuchens usw. und der hiefür aufgestellten Strafbestimmungen gestossen.

Da sie nicht von den nach geltendem Eecht zuständigen Behörden des Kantons, des Bezirks und der Gemeinde ausgegangen seien - sagte man -, können sie nicht als gültig angesehen werden, und die bezüglichen vom Bundesrat erlassenen Strafbestimmungen müssen nicht zur Anwendung gelangen. Nunmehr ist aber ausdrücklich (z.B. in Art. 7, Abs.3 des Vertrages mit Zernez) vorgesehen, dass die Gemeinde solche Verbote und Strafbestimmungen im Einvernehmen mit der Nationalparkkommission zum Schutte des Parkes zu erlassen hat, soweit sie hiefür selbst zuständig ist; im übrigen hat sie den Erlass solcher Bestimmungen durch Kreis- und Kantonsbehörden zu unterstützen. Mit.der erwarteten Genehmigung seitens des Kleinen Eates sollte die Erzwingbarkeit solcher Verbote gesichert sein.

Bezüglich der in der Schlussbestimmung der Verträge enthaltenen Eatifikationsklausel kann auf die Ausführungen weiter unten verwiesen werden.

3. Die Berechtigungen der Eidgenossenschaft Wie an anderer Stelle darzutun sein wird,, konnten durch die neuen Verträge für den Park wertvolle Gebietserweiterungen erzielt werden. Darüber hinaus bringen diese Verträge inhaltlich namentlich die folgenden Änderungen : Von grösster Bedeutung sind die im Zusammenhang mit dem Spölkraftwerk entstandenen Probleme. Die rechtliche Zulässigkeit dieses Werkes kann heute, nach dem Inkrafttreten des Staatsvertntges mit Italien - dem das Volk bekanntlich mit überwiegender Mehrheit zugestimmt hat -, nicht mehr in Zweifel gezogen werden, denn diese neue Eegelung geht derjenigen des Bundesbeschlusses vom Jahre 1914 rechtlich vor. Sie dient vor allem den Interessen der beteiligten Unterengadiner Gemeinden und der Stromversorgung des Landes. Sie ist aber auch vom Standpunkt des Naturschutzes aus zu begrüssen; dies namentlich, weil sie an
Stelle des im Projekt von Salis vorgesehenen Stausees Praspöl mit einem Inhalt von 28 Millionen m3 das Ausgif ichsbecken Ova Spin mit 6,5 Millionen m3 Inhalt treten lässt, der Konzessionärin weitgehende Verpflichtungen zum Schütze des Parkes auferlegt und Italien verpflichtet, von der Ableitung grösserer als der vereinbarten Mengen von Spölwasser abzusehen. Die neuen Verträge begnügen sich nun nicht damit, diese neue Ordnung festzuhalten. Sie gehen insofern noch weiter, als die Gemeinden (in Art. 5), abgesehen von der Nutzung des Spöl und der Clemgia, auf jede Ausbeutung der im Eeservationsgebiet befindlichen Wasserkräfte für die ganze Dauer des Vertrages verzichten.

1331 Damit fällt die vom Bundesrat im Jahre 1920 gegebene weitergehende Zusicherung dahin.

Neu aufgenommen ist im Vertrag mit Zernez eine Beschränkung des Motorfahrzeugverkehrs auf der Fahrwegverbindung mit Livigno. In Artikel 8 ist nämlich vorgesehen, dass diese Verbindung nur für den Regionalverkehr ausgebaut werden darf. Die bisherigen Verhandlungen mit dem Bau- und Forstdepartement des Kantons Graubünden lassen erwarten, dass der Kleine Eat in seinem Genehmigungsbeschluss der von der Gemeinde eingegangenen Verpflichtung zustimmen wird.

Über die Ausnützung der Bodenschätze, die sich allenfalls im Parkgebiet vorfinden (das sog. Schürfrecht), ist in den bisherigen Verträgen nichts gesagt worden, sei es, dass man an diese Möglichkeit gar nicht dachte oder sie für bedeutungslos hielt. Die Gemeinden haben damals lediglich auf «jede wirtschaftliche Benutzung ihres Eigentums» verzichtet. Nach geltendem Recht liegt also ein Verzicht der Gemeinde auf das Schürfrecht höchstens dann vor, wenn die Ausnützung der Bodenschätze als eine wirtschaftliche Benutzung des Eigentums zu gelten hat. Von Seiten der Gemeinden ist das verneint worden ; denn es handle sich nicht um die privatrechtliche Ausübung von Eigentumsrechten, sondern um die Anwendung eines Regals, das sich auf das öffentliche Recht stütze, ein Ausfluss der Gebietshoheit sei und dem Kanton zustehe.

Die neuen Verträge (vgl. z.B. Art.4 des Vertrages mit Zernez) enthalten nun eine Regelung, die für den Park einen zusätzlichen Schutz bedeutet. Die Gemeinden verzichten nämlich «auf die Erteilung und Ausübung von Prospektions- und Schürfrechten sowie, unter Vorbehalt der folgenden Bestimmungen, auf die Ausnützung von bergrechtlichen Bodenschätzen jeder Art». Es wird somit im ganzen Parkgebiet unzulässig sein, nach Bodenschätzen irgendwelcher Art (wie Kohle, Öl, Erze - z.B. Uran -, Bruchsteine und andere Mineralien jeder Art) zu suchen, sei es durch Grabungen, Bohrungen oder auf andere Weise.

Damit ist die Gefahr einer Beeinträchtigung des Parkes durch die Nachforschung nach abbauwürdigen Bodenschätzen, aber auch die Ausbeutung aller nicht entdeckten Bodenschätze ausgeschaltet. Einen Vorbehalt macht der Vertrag jedoch für den Fall, dass sich «gleichwohl abbauwürdige Bodenschätze finden» sollten. Man dachte dabei an den - wohl wenig wahrscheinlichen -
Fall, wo das Vorhandensein solcher Schätze ohne menschliches Dazutun (z.B. durch einen Erdrutsch, Abschwemmungen usw.) erkennbar wird. Dann sollen sich die Eidgenossenschaft und die Gemeinde über die Frage verständigen, ob und unter welchen Bedingungen die Ausnützung zugelassen oder darauf verzichtet werden soll.

Auf der rechten Seite des Trupchun (altes Parkgebiet) besitzt die Gemeinde La Punt-Chamues-ch Holznutzungsrechte innerhalb des Grundeigentums von' S-chanf. Für die Nichtausübung dieser Rechte bezahlt die Eidgenossenschaft der Gemeinde La Punt-Chamues-ch eine vertraglich festgesetzte jährliche Entschädigung. In gleichem Sinne ist das Grundeigentum von S-chanf belastet auf

1332 der linken Seite des Trupchun (neues Parkgebiet.), und zwar durch Holznutzungsrechte der Gemeinden Madulain und Zuoz. Verhandlungen zur Ablösung aller dieser Hechte sind im Gange, konnten aber noch nicht abgeschlossen werden (siehe auch Art.6, Buchstabe a).

4. Die finanziellen Verpflichtungen der Eidgenossenschaft a. Die wichtigsten finanziellen Verpflichtungen der. Eidgenossenschaf t ergeben sich aus den sogenannten Gebietsentschädigungen, d.h. den jährlichen Entschädigungen, welche den Gemeinden für die Überlassung eines bestimmten Gebietes zu Parkzwecken und für den Verzicht auf die Nutzung dieses Gebiets zu bezahlen sind. Diese Entschädigungen waren ursprünglich als Pachtzinse gedacht, später als Gegenleistung für die Einräumung einer Dienstbarkeit.

Unklar blieb aber, ob damit auch der Verzicht auf die Ausübung öffentlichrechtlicher Befugnisse, wie der Jagd- und Fischerei, insbesondere der Ausnützung der Wasserkräfte, abgegolten sei. Aus den neuen Verträgen geht nun hervor, dass die Entschädigung für die der Eidgenossenschaft eingeräumten dinglichen Eechte und für den Verzicht der Gemeinden auf jede Nutzung ihres Grundeigentums - also auch der öffentlichrecMlichen - geleistet wird. Bezüglich der Nutzung der Wasserkräfte des Spöl wird - nach Zulassung des projektierten Kraftwerkes - ausdrücklich auf jede Entschädigung verzichtet (Art.5, Abs. l des Vertrages mit Zernez). Nur für die Jagdhoheit ist eine Sonderentschädigung vorgesehen (vgl. z.B. Art.6, Abs.ii des Vertrages mit Zernez) und auch diese bloss für den Fall, dass künftig die kantonale Jagdgesetzgebung das Jagdsystem ändern und die Ausnützung der Jagdhoheit den Gemeinden überlassen würde. Wertmässig am stärksten fällt dabei der Verzicht auf die Nutzung von Wald und Weide (Alpen) ins Gewicht. Eine Entschädigung dafür ist vor allem bezüglich der neu hinzukommenden Gebiete festzusetzen. Aber auch für das bisherige Gebiet müssen die Leistungen der Eidgenossenschaft neu bestimmt werden, wie das übrigens schon in den bestehenden Verträgen vorgesehen ist (z.B. in Art.9 des Vertrages mit Zernez). Angesichts der Geldentwertung, die seit der Festsetzung dieser Beträge eingetreten ist, drängt sich eine Erhöhung auf.

Wie bisher soll die Entschädigung durch jährliche Zahlungen des Bundes geleistet werden. Für die Festsetzung ihrer Höhe wurden,
ähnlich wie das schon bei den alten Verträgen geschehen war, die jährlichen Erträge von Wald und Weide durch Experten geschätzt. Die Herren Ständerat X.Stöckli, Boswil, und Forstinspektor E.Niggli, Château-d'Oex, führten die Schätzung nach folgenden Grundsätzen durch. Für die neu hinzukommenden Parkgebiete konnten sie auf die wirklichen Ertragszahlen der letzten Jahre abstellen. Bezüglich des bereits bestehenden Parkgebiets fehlte es aber an solchen Unterlagen. Man fand den Ausweg darin, dass man in jeder Gemeinde den gegenwärtigen tatsächlichen durchschnittlichen Erlös aus den nicht im Park gelegenen Wäldern (Beinertrag pro m3 Nutzung) und Weiden ermittelte und zum Vergleich heranzog. Diese Nutzungswerte wurden mit jenen verglichen, die zur Zeit der Vertragsabschlüsse

1333 erzielt wurden. Daraus ergab sich ein Wertvermehrungsfaktor. Unter Berücksichtigung des von der Abteilung für Landwirtschaft des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements und des Bundesamtes für Industrie, Gewerbe und Arbeit festgestellten Lebenskostenindexes (1914 = 100%) wurde die durch- ' schnittliche Indexzahl von 250 als Grundlage für die Erhöhung der bisherigen Entschädigungen genommen. Die bis anbin in einigen Verträgen enthaltene Entschädigung als Ersatz für einen allfälligen Pachtjagdertrag musste dahinfallen, da er sich weder sachlich noch rechtlich in der bisherigen Form begründen lässt. Diese Frage wird nun im Artikel 6, Absatz 2 der neuen Parkverträge geregelt. Hingegen wurde neu vorgesehen eine Entschädigung für alle weder als Weide noch als Wald erfassten übrigen Gebiete in hohen Lagen, die, an sich unproduktiv, für das Gedeihen des Wildes aber lebenswichtig sind. Die Zahlen wurden im Einvernehmen mit den Gemeinden gutachtlich festgelegt.

Die Verhandlungen mit den Gemeinden führten schliesslich zu einer gegenseitigen Verständigung über die in den einzelnen Verträgen festgelegten Entschädigungen.

b. In bezug auf Wildschäden war in den bisherigen Verträgen eine Ersatzpflicht der Eidgenossenschaft nur vorgesehen, falls im Park sich aufhaltende Bären ausserhalb desselben Schaden anrichten sollten. In der Folge zeigte sich, dass zwar diese Gefahr gering ist, dass aber die Schädigung der Nachbargebiete des Parkes durch anderes Wild des Parkes viel grösser ist, als man anfänglich gedacht hatte. Insbesondere hat sich der Bestand an Hirschen durch den Parkschutz vervielfacht. Die in Wiesen, Äckern, Gärten, Weiden und Wäldern ausserhalb des Parkes angerichteten Schäden sind daher beträchtlich geworden. Eine Schadloshaltung durch die Eidgenossenschaft kommt allerdings nur in Frage, soweit diese Schäden durch das Bestehen des Parks verursacht sind, während für die normalen Hirschschäden der Kanton nach dem kantonalen Jagdgesetz aufzukommen hat. Für die Eegelung dieser Entschädigungen ist der Abschluss einer Vereinbarung mit dem Kanton Graubünden vorgesehen. Nach dieser soll der Bund 70 Prozent der Hirschschäden tragen, welche die im Einflussbereich des Parks gelegenen, im Privateigentum stehenden Grundstücke erleiden, während der Kanton die restlichen 30 Prozent zu tragen hat. Für
Hirschwildschäden im Ofenberggebiet und in den Alpweiden im Einflussbereich des Parks trägt der Bund den ganzen Schaden. Ebenso hat er für den ganzen Schaden aufzukommen, den andere Wildarten im Einflussbereich des Parks anrichten, soweit er dem Bestehen des Parks zugeschrieben werden muss. Ferner trägt der Bund alle im öffentlichen Wald und im Einflussbereich des Parkes entstandenen Wildschäden.

Ausserdem sind Bestimmungen vorgesehen über Abwehrmassnahmen und über die Durchführung der Entschädigungsleistungen.

c. Auch für andere Schäden hat die Eidgenossenschaft eine Ersatzpflicht übernommen. Hierüber bestimmt z.B. Artikel 10, Absatz 4 des Vertrages mit Zernez : «Werden durch den Umstand, dass im ganzen Parkgebiet die gesamte Tierund Pflanzenwelt ganz ihrer freien natürlichen Entwicklung überlassen bleiben, Bundesblatt. 111. Jahrg. Bd. I.

' 94

1334 in Gebieten ausserhalb des Parkes andere Schäden als Wildschäden verursacht (wie z.B. Insektenschäden), so verständigt sich die Eidgenossenschaft mit der Gemeinde und dem Kanton über die zu treffende a Massnahmen, wobei die Kosten der Begutachtung und der Massnahmen zu Lasten der Eidgenossenschaft gehen.

Die Eidgenossenschaft vergütet Drittpersonen Schäden dieser Art, die ihnen im Gebiet der Gemeinde aus dem Bestehen des Parkes erwachsen. Der Gemeinde sind nur erhebliche Schäden zu vergüten.» IV. Die einzelnen Bestimmungen des Bundesbeschlusses Der Titel des neuen Erlasses Wie der bisherige Erlass soll auch der neue als Bundesbeschluss bezeichnet werden. Und zwar ist damit ein einfacher, nicht allgemein verbindlicher Bundesbeschluss gemeint. Der zu fassende Beschluss kann weder «Bundesgesetz» noch «allgemein verbindlicher Bundesbeschluss» genannt werden, weil er - wie bereits dargetan wurde -, keine allgemein verbindlichen Vorschriften enthält, die sich an den einzelnen Bürger richten und für ihn eine Verpflichtung aufstellen.

Da es heute nicht mehr um die Errichtung, sondern um die Aufrechterhaltung und Erweiterung des Parkes geht, kann ganz allgemein vom « Schweizerischen Nationalpark» gesprochen werden. Im Hinblick darauf, dass das Parkgebiet schon heute über das Unterengadin hins:usreicht, ist es richtiger, die Beschränkung auf das Unterengadin fallen zu lassen und lediglich den Kanton Graubünden zu nennen.

Artikel l hält den Grundsatz fest, dass die Eidgenossenschaft den heute tatsächlich und rechtlich bestehenden Nationalpark im Sinne eines Naturreservates weitererhalten und fördern werde. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass die Eidgenossenschaft die Erhalteng und Förderung des Nationalparkes zu ihren Verwaltungsaufgaben zählt. Schon dadurch wird angedeutet, dass sie keineswegs beabsichtigt, mit diesem Beschluss über die von der Bundesverfassung gesetzten Schranken hinauszugehen, d.h. in die Eechte des Kantons Graubünden und der Gemeinden einzugreifen.

Das Wort «Erhaltung» wendet sich gegen eine Verringerung des jetzigen Bestandes, sowohl nach dem Umfang des Gebietes wie auch nach der Intensität des Schutzes. Und das Wort «Förderung» umfasst die Vergrösserung des Parkgebietes sowie die Erweiterung und Verbesserung des Schutzes. In welcher Weise das gedacht ist, ergibt sich
aus den Worten «im Sinne eines Naturreservates», womit auf die Zweckbestimmung in Artikel 2 hingewiesen wird.

Artikel 2 umschreibt den Zweck des Parkes in der herkömmlichen Weise dahin, dass er dem Naturschutz im weitesten Sinne und der wissenschaftlichen Erforschung der Natur dienen soll. Die Formulierung lehnt sich für beide Aufgaben weitgehend an den bisherigen Text an. Der Naturschutz wird im neuen Bundesbeschluss aber etwas erweitert : ihm wird nicht nur die Tier- und Pflanzenwelt unterstellt, sondern «die ganze Natur». Demnach soll auch die Land-

1335 schaft (z.B. Felsen, Wasserläufe usw.) unter Schutz stehen. Ferner werden die "Worte «wissenschaftliche Beobachtung» ersetzt durch «wissenschaftliche Forschung», worin ebenfalls eine inhaltliche Erweiterung liegt.

Artikel 3 bezeichnet das Parkgebiet. Beim Erlass des geltenden Bundesbeschlusses erstreckte sich der Park nur auf einzelne Gebiete der Gemeinde Zernez, gemäss dem mit dieser Gemeinde abgeschlossenen Vertrag vom Jahre 1918. Seither wurde das Parkgebiet, wie schon erwähnt, auf dem Vertragswege ausgedehnt auf die Val Nüglia (Valchava), ein Gebiet an der Val Trupchun (S-chanf), Falcun (Zernez) und Crastatschas-Grimels. Indirekt, d.h. nur durch einen mit der Naturforschenden Gesellschaft und dem Bund für Naturschutz abgeschlossenen und auf das Jahr 1962 gekündigten Vertrag, wurde das S-charlEeservat angeschlossen.

Durch die in Artikel 6 des vorliegenden Entwurfes genannten neuen Verträge sollen nun neue Gebietserweiterungen dazu kommen, nämlich Ivraina (1,90 km2), Murtaröl (2,80 km2), die linke Talseite von Trupchun (5,22 km2) sowie die nun dem Park dauernd angegliederte S-charl-Eeservation (22,65 km2).

Damit erweitert sich das Parkgebiet von 136,13 km2 auf 168,70 km2. Das bedeutet eine immerhin recht erhebliche Gebietserweiterung, nicht nur absolut (nämlich 32,57 km2), sondern auch relativ (nämlich 23,97%). Die neuen Parkgebiete sind überdies für die Zwecke des Parkes sehr geeignet. Vergleichsweise ist hier zu bemerken, dass das am Bande des Parkes in Aussicht genommene Ausgleichsbecken Ova Spin 0,35 km2 umfasst, was nur 1,07 Prozent der neuen Gebietserweiterungen oder'0,21 Prozent des ganzen Parkgebietes ausmacht.

Nach der Neufassung des Bundesbeschlusses umfasst der Park das Gebiet, welches in den Gebiets vertragen näher bezeichnet wird. Den Verträgen ist die Landeskarte 1:50000 angefügt, woraus die Grenzen genau ersichtlich sind. Sie ist Bestandteil der Verträge. Artikel 3 bezieht sich auch auf künftig abzuschliessende Verträge.

Als Vertragspartner werden die «kraft öffentlichen oder privaten Bechts Verfügungsberechtigten» genannt. In den meisten Fällen sind das Gemeinden; es können aber auch Korporationen oder Privatpersonen sein. Ferner gehören nicht nur die Eigentümer dazu, sondern auch jene, die aus einem andern Grunde verfügungsberechtigt sind (z.B. als Inhaber eines
beschränkten dinglichen Bechts oder der Gebietshoheit). Im Gegensatz zum geltenden Artikel 3, der nur von Dienstbarkeitsverträgen spricht, wird in der neuen Fassung das öffentliche Becht erwähnt, um darauf hinzuweisen, dass in den Gebietsverträgen auch aiif die Ausübung öffentlichrechtlicher Befugnisse (z.B. in bezug auf Jagd, Fischerei, Ausnützung von Wasserkräften, Schürfrecht, Motorfahrzeugverkehr) verzichtet wurde.

Artikel 4 ist neu. Er bringt nun Klarheit über jene Streitfrage, die während langer Zeit die Öffentlichkeit beunruhigte, nämlich über die Frage, ob der Bundesbeschlus& in dem Sinne selbständige Bedeutung habe, dass die Eidgenossenschaft im Park gebietshoheitliche Bechte ausüben kann. Diese Frage wird ein-

1336 deutig verneint, weil dem Bund die Zuständigkeit für eine einseitige Eegelung fehlt und diese nicht ohne Verfassungsverletzung beschlossen werden könnte.

Sie könnte daher beim Bundesgericht angefochten werden. Da aber (gemäss Art. 118, Abs.3 und Art.lU01«, Abs. 3 B V) allgemein verbindliche Bundesbeschlüsse auch für das Bundesgericht verbindlich sind, also nicht angefochten werden können, wäre allerdings die Möglichkeit, gegeben, die Anfechtung durch einen allgemein verbindlichen Bundesbeschluss auszuschliessen. Nicht ausgeschlossen werden kann damit aber die Verfassungswidrigkeit einer solchen Lösung. Es kann daher nicht in Frage kommen, dass die Eidgenossenschaft durch den Bundesbeschluss Hoheitsrechte im Parkgebiet in Anspruch nimmt.

Artikel 4 lehnt deshalb eine solche Lösung ausdrücklich ab, indem er erklärt, Eechte und Pflichten der Eidgenossenschaft im Nationalpark richteten sich nach den Verträgen mit den Verfügungsberechtigten. Damit werden die Verträge - insbesondere die Gebietsverträgo -, als die Grundlage des Parkstatuts anerkannt und die Eidgenossenschaft macht im Parkgebiet keine andern als die ihr vertraglich eingeräumten Eechte geltend. Zur Vedeutlichung dieses Gedankens wird in Absatz 2 beigefügt, die Gebietshoheit des Kantons und der Gemeinden bleibe im übrigen unberührt. Die Worte «im übrigen» enthalten allerdings eine Beschränkung. Sie wollen aber nicht sagen, dass die Eidgenossenschaft doch gewisse Gebietshoheitsrechte beansprucht. Durch sie soll lediglich zum Ausdruck gebracht werden, dass jene Beschränkungen der Hoheitsrechte vorbehalten bleiben, welche der Kanton und die Gemeinden in den Verträgen freiwillig auf sich genommen haben.

Diese durch das geltende Verfassungsrecht gegebene Beschränkung der Kompetenzen des Bundes hat allerdings zur Folge, dass der Bund nicht zuständig ist, von sich aus gewisse Vorschriften zu erlassen und Massnahmen zu treffen, die für die Durchführung der Zwecke des Parkes zweckmässig oder gar unerlässlich erscheinen. Es betrifft dies - wie bereits erwähnt - namentlich die Jagd und Fischereiverbote, die Verbote des freien Zutritts zu Wald und Weide zwecks Aneignung wildwachsender Beeren, Pilze und dergleichen (Art. 699 ZGB), die Beschränkungen für den Ausbau des Strässchens nach dem Livignotal sowie den Erlass von Strafbestimmungen. Auch
kann der Bund nicht durch einen Bundesbeschluss den Gemeinden und dem Kanton einseitig die Ausbeutung der Wasserkräfte und des Schürfrechtes im Parkgebiet verbieten. Trotzdem ist in der Neuregelung, die wir Ihnen vorschlagen, auch in dieser Beziehung hinreichend für den Schutz des Parkes gesorgt. Und zwar geschieht dies durch die Gebietsverträge. Die Gemeinden verpflichten sich in diesen, solche Verbote und Beschränkungen für die ganze Dauer des Vertrages unwiderruflich selbst zu erlassen, soweit sie hiofür zuständig sind. Wenn diese aber in die Zuständigkeit anderer Behörden fallen, haben sie sich dafür zu verwenden, dass diese das Nötige zum Schütze des Parkes vorschreiben und verfügen.

In der Erkenntnis, dass der Bund nach geltendem Verfassungsrecht nicht befugt ist, durch einen Bundesbeschluss in die Gebietshoheit der Gemeinden

1337 und des Kantons einzugreifen, wird in der eingereichten Initiative eine Änderung der Bundesverfassung angestrebt, welche dem Bund diese Eechte einräumen soll, so dass er die Gemeinden und den Kanton zur Duldung solcher Eingriffe zwingen könnte. Zu diesen Fragen wird jedoch bei der Behandlung der Initiative Stellung zu nehmen sein.

Artikel 5 regelt die finanziellen Leistungen des Bundes für die Zwecke des Parkes. Im geltenden Bundesbeschluss (Art.8, Abs.2) ist vorgesehen, dass die jährliche Gesamtentschädigung, welche der Bund für den Nationalpark an die Grundeigentümer zu entrichten hat, die Summe von 30 000 Franken nicht überschreiten darf. Die in den heutigen Gebietsverträgen festgesetzten Entschädigungen schöpfen diesen Kredit fast vollständig aus, so dass er künftig nicht mehr genügt.

Wie bereits an anderer Stelle ausgeführt, werden vor allem die Gebietsentschädigungen in den neuen Verträgen erheblich erhöht. So musste für die neuen Parkgebiete eine Entschädigung neu vereinbart werden, während für die bisherigen Gebiete eine Erhöhung der Entschädigung mit Eücksicht auf die inzwischen (d.h. in der Zeit zwischen 1913 und 1937 bis heute) eingetretene Geldentwertung zugestanden werden musste. Auf Grund der Verträge wird die Eidgenossenschaft die folgenden jährlichen Gebietsentschädigungen zu leisten haben : Zernez S-chanf Valchava Scuol/Schuls (bisherige jährliche Entschädigung, vom Schweizerischen. Bund für Naturschutz bezahlt, 3000 Franken) Entschädigung gemäss neuen Parkverträgen . . . .

La Punt-Chamues-ch (Holzrechtablösung) Gesamttotal der Entschädigungen '. .

bisher Fr.

neu ïr.

25 700 2700 800

55 000 12000 1200

--

10000

500 29 700

78 200 500 *) 78 700

*) Provisorische Regelung.

Diese Entschädigungen gelten nur für die ersten zehn Jahre. Sie sollen künftig in Perioden von jeweils zehn Jahren auf Begehren einer Partei nach den dannzumaligen Verhältnissen neu festgesetzt werden.

Offen bleibt, wie bereits erwähnt, die Frage der Ablösung der Holznutzungsrechte, welche die Gemeinden La Punt-Chamues-ch, Madulain und Zuoz im Gebiet von S-chanf besitzen (Trupchun). Angestrebt wird der Eückkauf der Eechte durch die Gemeinde S-chanf und der Verzicht auf die Ausübung der Eechte gegen eine jährliche Entschädigung. Diese dürfte schätzungsweise einen Betrag von 3800 bis 5800 Franken erreichen. (Bis zur endgültigen Eegelung dieser Angelegenheit hat die Gemeinde La Punt-Chamues-ch Anrecht auf die Auszahlung der in der voranstehenden Tabelle eingesetzten 500 Franken.)

1338 Schliesslich musste sich die Eidgenossenschaft in den neuen Gebietsverträgen (vgl. Art. 10 des Vertrages mit Zernez) verpflichten, jährlich gewisse Wildschäden zu ersetzen.

Im Trupchun liegen 2 Alpställe und eine einfache Hütte, für deren Unterhalt die Eidgenossenschaft zu sorgen hat. Es wird die Frage geprüft, ob nicht ein Ankauf dieser Gebäude von Vorteil wäre, wobei mit einer einmaligen Ausgabe von 20 000 bis 25 000 Franken zu rechneu wäre. Ein bestimmter Antrag kann aber erst gestellt werden, wenn die Frage der Holzrecht-Ablösungen geregelt sein wird.

Somit wird die Eidgenossenschaft auf Grund der Verträge und der noch ausstehenden Abmachungen im ganzen mit folgenden Ausgaben zu rechnen haben : Fr.

Gebietsentschädigungen auf Grund der V e r t r ä g e . . . .

Holzrechtablösungen (Schätzung) Wildschadenvergütungen (Schätzung)

78 200 8 800 bis 5 800 10 000 » 20 000

Jährliche Entschädigungen Evtl. einmalige Ausgabe (Hüttenankauf)

92 000 bis 104 000 20 000 » 25 000

Nach Absatz 2 von Artikel 5 ist für diese Beträge der erforderliche Kredit in den Voranschlag der Eidgenossenschaft einzustellen. Soweit diese Entschädigungen bereits in den von der Bundesversammlung genehmigten Verträgen festgelegt sind, also rechtliche Verpflichtungen des Bundes darstellen, werden die Kate bei der Beratung des Budgets in ihrer Entscheidung allerdings nicht mehr frei sein.

Artikel 6 betrifft die Genehmigung der Verträge durch die Bundesversammlung. Gemeint sind damit nur die sogenannten Gebietsverträge, d.h. jene Verträge, welche die Überlassung von Grund und Boden für die Parkzwecke zum Gegenstand haben.

a. In erster Linie handelt es sich um die Genehmigung der bereits abgeschlossenen neuen Verträge dieser Art, welche die bisherigen ersetzen sollen. Solche sind abgeschlossen worden mit den Gemeinden Zernez, Valchava und S-chanf.

Ein gleicher Vertrag liegt vor mit der Gemeinde Scuol über das S-charlgebiet, der an die Stelle des nunmehr gekündeten Vertrages treten soll, den diese Gemeinde mit dem Bund für Naturschutz geschlossen hatte. Der bisherige Vertrag mit der Gemeinde La Punt-Chamues-ch bleibt unverändert bestehen, bis die Fragen der Holzrechtablösungen für alle interessierten Gemeinden gesamthaft geregelt sein werden. Wir legen Ihnen die neuen Verträge, deren Text im Anhang zu dieser Botschaf t wiedergegeben ist, zur Genehmigung vor. Bezüglich derEechte und Pflichten, die sich aus ihnen für die Eidgenossenschaft ergeben, kann auf die bereits gemachten Ausführungen verwiesen werden.

Die genannten Verträge sind vom Bundesrat unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch die Bundesversammlung unterzeichnet worden. Auf der Gegenseite wurden sie durch die Politische Gemeinde und die Bürgergemeinde unter-

1339 schrieben und von der Gemeindeversammlung und der Bürgergemeindeversammlung bestätigt. Sie liegen gegenwärtig beim Kleinen Bat zur Genehmigung.

Die vorgeschlagene Genehmigungsklausel sieht vor, dass der Kleine Eat dem Inhalt der Verträge zustimmt und seinerseits die Verpflichtung übernimmt, für den Erlass der zum Schütze des Parkes nötigen Verbote und Strafbestimmungen und für ihre Aufrechterhaltung während des Bestehens des Parkes besorgt zu sein.

Wie aus der Schlussbestimmung dieser -Verträge hervorgeht, soll der Vertrag aber erst in Bechtskraft treten, wenn zwischen dem Bundesrat und dem Kleinen Eat des Kantons Graubünden Eatifikationserklärungen ausgetauscht worden sind. Diese Klausel musste aufgenommen werden, weil die Gemeinden und der Kleine Eat nicht gebunden sein wollten, falls die Nationalparkinitiative angenommen werden sollte. Sie wollten daher die Verträge nur unter der Bedingung unterzeichnen, dass die Initiative über den Nationalpark zurückgezogen oder in der Volksabstimmung abgelehnt wird. Um die vorbehaltlose Unterzeichnung zu ermöglichen, hat der Bundesrat dem Kleinen Eat folgende Protokollerklärung vorgeschlagen.

«Es besteht Einverständnis darüber, dass die Eatifikationserklärungen zu den zwischen der Eidgenossenschaft und den Gemeinden über den Schweizerischen Nationalpark abgeschlossenen Verträgen erst ausgetauscht werden und diese erst in Kraft treten sollen, wenn feststeht, dass die Initiative über den Nationalpark zurückgezogen oder in der Volksabstimmung abgelehnt worden ist.» Demnach werden die neuen Gebietsverträge nicht in Kraft treten können, bevor diese Bedingung erfüllt sein wird, es sei denn, dass der Kleine Eat sich schon vorher zum Austausch der Ratifikation bereit findet. Möglicherweise muss sogar die Volksabstimmung über die Initiative abgewartet werden, so dass damit gerechnet werden muss, dass die Verträge erst nach längerer Zeit in Kraft treten können. Bis dahin gelten aber die alten Verträge, und die erhöhten Entschädigungen werden erst dann zu laufen beginnen. Um den Verträgen bessere Sicherheit und stärkere Eesonanz zu geben, ist in Aussicht genommen, auch die Zustimmung des Grossen Eates einzuholen. Da das aber längere Zeit beanspruchen wird, soll davon nicht die Gültigkeit der Verträge abhängen. Sie sollen daher schon vorher in Kraft treten können.
Zu Unrecht ist behauptet worden, der Bundesrat hätte mit der Eatifikation des Staatsvertrages bis zur Erledigung der Initiative zuwarten müssen. Eine Bechtspflicht hiezu bestand nicht, wie schon im Zusammenhang mit der Bheinauinitiative und der Initiative zur Erweiterung der Volksrechte bei der Erteilung von Wasserrechtskonzessionen durch den Bund festgelegt worden ist.

Wenn der Bundesrat die politische Ermessensfrage, ob sich die Hinausschiebung nicht trotzdem rechtfertige, verneint hat, so kann er sich auf den Volksentscheid über den Staatsvertrag berufen. Dieser lässt eindeutig den Willen des Volkes erkennen, dass das Werk gebaut werden soll.

b. Nach dem geltenden Bundesbeschluss (Art.3, Abs.l) ist der Bundesrat ausserdem ermächtigt worden, zum Zwecke der Abrundung und Erweiterung des Parkes weitere gleichartige Verträge wie denjenigen mit Zernez abzu-

1340 schliessen. Ihre Genehmigung durch die Bundesversammlung war nicht vorgesehen. Die neue Eegelung bestimmt demgegenüber (im zweiten Absatz von Art. 6), dass alle neu abzuschliessenden Verträge der Genehmigung der Bundesversammlung bedürfen. Der gleichen Genehmigung müssen auch die wichtigem Abänderungen von Verträgen unterstellt werden. In Frage kommen dabei aber wohl nur Verträge, die eine erhebliche Gebieteänderung oder eine bedeutende Erhöhung der Entschädigung zur Folge haben. Als Gebietsveränderungen haben auch Gebietsentlassung und Gebietsaustausch nu gelten. Die Entscheidung darüber, ob eine Gebietsveränderung erheblich sei, muss dem Ermessen des Bundesrates überlassen werden, da eine weitere Präzisiemng (z.B. nach einer bestimmten Minimalfläche) der Verschiedenartigkeit der möglichen Fälle nicht Eechnung tragen könnte. Für die Erhöhung der jährlichen Entschädigung wird die Zustimmung der Bundesversammlung verlangt, falls die jährliche Mehrleistung den Betrag von 10 000 Franken übersteigt. Das entspricht der bestehenden Praxis, wonach einmalige Ausgaben von mehr alii 200 000 Franken und die Verpflichtung zu wiederkehrenden Ausgaben mit einem entsprechenden Kapitalwert durch eine besondere Botschaft der Bundesversammlung vorgelegt werden.

Die Publikation der Verträge im schweizerischen Bundesblatt, die in Absatz 4 von Artikel 6 vorgesehen ist, empfiehlt sich zur bessern Orientierung der Öffentlichkeit. Da diese Verträge die Grundlage des Bundesbeschlusses bilden, ist die Zulässigkeit dieser Publikation wohl gegeben (vgl. Art. 33 des Geschäftsverkehrsgesetzes .)

c. Der geltende Bundesbeschluss sagt nichts darüber, wer von der Eidgenossenschaft das Kündigungsrecht ausüben kann, so dass es unklar ist, ob der Bundesrat von' sich aus kündigen kann oder ob er hiefür die Genehmigung der Bundesversammlung einholen muss. Die Kündigung aller Gebietsverträge würde aber die Auflösung des Parkes bedeuten ; sogar die Kündigung eines einzigen Vertrages könnte ihn in Frage stellen. Deshalb muss diese zum mindesten der Zustimmung der Bundesversammlung unterstellt werden. Für die Fälle, wo die Kündigung wegen Nichterfüllung des Vertrages durch den Schweizerischen Bund für Naturschutz oder die Schweizerische Naturforschende Gesellschaft notwendig wird, dürfte das aber auch genügen. Das wird in Absatz 5
von Artikel 6 ausdrücklich bestimmt. Für die übrigen Fälle aber, wo keine solche Veranlassung zur Kündigung vorliegt, verlangt der Entwurf einen referendumspflichtigen Bundesbeschluss. Dadurch soll verhindert werden, dass durch eine vom Bundesrat beschlossene und von der Bundesversammlung genehmigte Kündigung dem vorliegenden Bundesbeschluss, der dem Eeferendum unterstellt werden soll, der Boden entzogen werden kann.

d. Der letzte Absatz von Artikel 6. befasst sich mit dem Vertrag, der heute zwischen der Eidgenossenschaft einerseits und dem Bund für Naturschutz sowie der Naturforschenden Gesellschaft anderseits besteht. In bezug auf diesen soll die Bestimmung aufgenommen werden, dass Änderungen ebenfalls der Genehmigung der Bundesversammlung bedürfen. Mit Eücksicht auf die Wichtigkeit dieses Vertrages wird das Genehmigungserfordernis nicht nur für wesentliche Ände-

1341 rungen in Aussicht genommen. Keine Bestimmung ist dagegen vorgesehen für die Kündigung dieses Vertrages, weil er als unkündbar gedacht ist. Auch von einer Publikation im Bundesblatt wird abgesehen.

Artikel 7 stellt einige Eegeln über die Gestaltung künftiger Gebietsverträge auf. Während die Angabe des Zweckes (Buchstabe a)° und die zu leistende Entschädigung (Buchstabe 6) vertragswesentlich sind, dienen die andern Angaben der zweckmässigen und einheitlichen Gestaltung dieser Verträge und der bessern Sicherung des Parkzweckes. Zwei derselben betreffen das einseitige Kündigungsrecht der Eidgenossenschaft. Die Möglichkeit der Kündigung soll in den Verträgen vorgesehen werden erstmals für Ende des Jahres 1983 und nachher für Perioden von 25 Jahren mit einer Kündigungsfrist von zwei Jahren (Buchstabe K). Ebenso soll das einseitige Eecht der Eidgenossenschaft vorbehalten werden, auf zwei Jahre zu kündigen, wenn der Bund für Naturschutz oder die Naturforschende Gesellschaft ihren Verpflichtungen nicht nachkommen sollten und diese nicht von dritter Seite übernommen werden (Buchstabe d).

Nach Absatz 2 sind die Rechte, welche die Eidgenossenschaft durch solche Verträge an Grund und Boden erwirbt, als beschränkte dingliche Eecht zu errichten. Dabei kann die Frage offen bleiben, welcher Art diese Eechte sind (z.B. Dienstbarkeiten). Der Hinweis auf das Zivilgesetzbuch schliesst auch die Errichtung beschränkter dinglicher Eechte des öffentlichen Eechts nicht aus.

Artikel 8 schafft für die Nationalparkkommission, die bereits seit Jahren mit Erfolg tätig ist, die rechtliche Grundlage.'

Artikel 9 beauftragt den Bundesrat zunächst, diesen Bundesbeschluss in Kraft zu setzen. Hiefür wird zuerst die Eeferendumsfrist, evtl. das Ergebnis der Volksabstimmung abgewartet werden müssen.

' Durch den neuen Bundesbeschluss wird jener vom S.April 1914 aufgehoben.

Da mit seinem Inkrafttreten auch die neuen Verträge Geltung erlangen, ersetzen sie die früheren. Nicht ohne weiteres fallen aber jene Vorschriften dahin, welche der Bundesrat auf Grund des alten Bundesbeschlusses erlassen hat.

Artikel 10. Wie im bisherigen Bundesbeschluss (Art.4) wird der Bundesrat mit dem Vollzug des Bundesbeschlusses beauftragt.

Da der vorliegende Bundesbeschluss keine allgemein verbindlichen Bestimmungen aufstellt, also ein einfacher
Bundesbeschluss ist, gehört er nicht zu jenen, die (nach Art. 89, Abs.2 BV) dem Eeferendum unterstellt werden müssen.

Eine solche Unterstellung ist aber keineswegs etwa unzulässig, entspricht es doch einer anerkannten Praxis der Bundesversammlung, Bundesbeschlüsse, die offenbar keine allgemein verbindlichen Vorschriften enthalten, wegen ihrer Tragweite dem fakultativen Eeferendum zu unterstellen. Es ist zu erinnern etwa an die Gewährung grosser Kredite. Der vorliegende Beschluss ist wichtig genug, um ihn dem Eeferendum zu unterstellen. Dies um so mehr, als schon der bestehende Bundesbeschluss dem Eeferendum unterstellt war und es nicht wohl angeht, ihn durch einen Bundesbeschluss aufzuheben, der nicht dem Eeferendum untersteht.

1342 Als Keferendumsklausel schlagen wir nicht die übliche Formel vor: «Der Bundesrat ist beauftragt, auf Grundlage der Beistimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmungen über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse die Bekanntmachung dieses Beschlusses zu veranstalten.» Diese Formel ist zwar bisher für alle dem Referendum unterstellten Bundesbeschlüsse verwendet worden, auch für dio einfachen Bundesbeschlüsse, so namentlich für den alten Bundesbeschluss betreffend den Nationalpark. Im Kampf um die Wasserrechtskonzession am E pol ist daraus aber abgeleitet worden, dieser Beschluss habe allgemein verbindlichen Charakter und gelte deshalb ohne Eücksicht auf die vertraglichen Vereinbarungen. Um künftig ähnliche Schwierigkeiten zu vermeiden und klarzustellen, dass der vorliegende Bundesbeschluss keine allgemein verbindlichen Vorschriften aufstellt, beantragen wir, die Formel zu verwenden: «Dieser Beschluss wird dem fakultativen Referendum unterstellt.» Schlussbemerkungen Seit mehr als vier Jahrzehnten gehört die Schweiz zu den wenigen europäischen Staaten, die ein Naturreservat besitzen, ein Stück Land, das jedem Einfluss des Menschen entzogen ist, wo Tiere und Pflanzen ihrer natürlichen Entwicklung überlassen sind und die Landschaft sich nach den frei waltenden Naturgesetzen gestalten kann.

Der Wunsch, einen Flecken Erde zu wissen, «wo der Mensch nicht hinkommt mit seiner Qual», wurde ausgelöst durch die wachsende Unruhe und Hast des modernen Lebens und durch die Erfahrung, dass Industrie, Technik und Fremdenverkehr mit ihrem materiellen Denken die Menschheit immer stärker mit Beschlag belegen und ihre Naturverbundenheit zu verdrängen drohen. Die Gegenbewegung, die auf den Schutz der Natur gerichtet war, wies schon zu Beginn dieses Jahrhunderts - wohl beeinflusst durch die Errichtung des Yellowstone-Parkes in den USA -, auf die Notwendigkeit der Schaffung eines Naturreservates hin. Der erste Anstoss dazu ging von der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft aus, die ihrerseits angeregt wurde durch die Pioniere der Parkidee Dr. Paul Sarasin in Basel, Prof. Scliröter in Zürich, und Oberforstinspektor Dr. Coaz. Zur Durchführung dieses Gedankens wurde der Schweizerische Bund für Naturschutz gegründet, der im Volk für Verständnis werben und die finanziellen Mittel für die
Errichtung und Erhaltung des Parkes beschaffen sollte. Es zeigte sich, dass er in breiten Schichten des Volkes auf grosses Verständnis, ja auf Begeisterung stiess, so dass der Park in kurzer Zeit zur Tatsache geworden ist. Als die beiden Vereinigungen im Jahre 1912 sich an die Eidgenossenschaft um finanzielle Hilfo wandten, begegneten sie sowohl beim Bundesrat als bei den beiden Bäten der grössten Bereitwilligkeit. Da allseitig das Bestreben bestand, dem Park eine solide Rechtsgrundlage zu geben, sein Gebiet zu vergrössern und den Schutz der Natur wirksamer zu gestalten, begnügten sich die Räte nicht mit der Zuerkennung einer jährlichen Subvention. Vielmehr trat die Eidgenossenschaft selbst als Vertragspartner gegenüber den Gemeinden auf.

1343 Sie schloss nun an Stelle der beiden Vereinigungen entsprechende Gebietsverträge mit den Gemeinden ab - abgesehen von Scuol - und nahm die daraus entstehenden finanziellen Verpflichtungen bis zu einer Leistung von 30 000 Franken auf sich, während der Bund für Naturschutz alle übrigen finanziellen Lasten zu tragen hatte. Dieser Bundesbeschluss wurde in den Bäten mit einer an Einstimmigkeit grenzenden Mehrheit angenommen; das Referendum wurde nicht ergriffen.

Seither hat sich der Park im Volksbewusstsein eingelebt ; das Volk ist stolz auf diesen Besitz. Die Öffentlichkeit verfolgt jede Erweiterung des Parkgebietes und jede Verstärkung des Schutzes seiner Zwecke mit Wohlwollen, und sie reagiert empfindlich gegen alles, was, tatsächlich oder vermeintlich, geeignet ist, den Park in seinem Bestände und in seiner Integrität zu gefährden oder die Erreichung seiner Zwecke zu beeinträchtigen. Beweis dafür sind die lebhaften Kämpfe, die im Zusammenhang mit dem Eeferendum gegen den mit Italien abgeschlossenen Staatsvertrag über die Nutzbarmachung der Wasserkraft des Spöl vom 27.Mai 1957 und mit der Volksabstimmung, in der Presse und in der gesamten Öffentlichkeit stattgefunden haben.

Das bedeutet aber keineswegs, dass das Volk gewillt ist, den Naturschutzgedanken als absolutes und über allem andern stehendes Ideal anzuerkennen und ohne Eücksicht auf dringende Lebensnotwendigkeiten durchzusetzen. Das hat die Volksabstimmung über den Spölvertrag gezeigt, in welcher das Volk dem Vertrag trotz heftigster Bekämpfung mit sehr grossem Mehr (nämlich 500 993 Ja gegen 163 665 Nein, ohne dass ein einziger Kanton eine verwerfende Mehrheit aufwies) zugestimmt hat. In weitesten Kreisen besteht also die Erkenntnis, dass selbst so hohe und erstrebenswerte Ideale wie dab Postulat der unberührten Natur zurückstehen müssen, wenn sie mit höheren und besser berechtigten nicht vereinbar sind. Und zu diesen höheren Idealen gehört vor allem die Einhaltung der Grundsätze von Recht und Gerechtigkeit durch den Staat selbst. Daher konnte die Eidgenossenschaft nicht die Möglichkeit in Erwägung ziehen, das einer Gemeinde gegebene Wort zu brechen. Aus dem gleichen Grunde kann es auch bei dem zu fassenden Bundesbeschluss nicht in Frage kommen, dass die Eidgenossenschaft unter Verletzung der bestehenden verfassungsrechtlichen
Kompetenzausscheidungen in die Gebietshoheit der Gemeinden und des Kantons Graubünden eingreift. Höher als das Ideal der Naturschönheit stehen ferner die dringendsten Lebensnotwendigkeiten des Volkes. Man hat denn auch von vorneherein erkannt, dass die volle Integrität des Parkes nur mit Opfern hätte erkauft werden können, die klugerweise nicht einmal in Betracht gezogen wurden (wie z.B. die Schliessung der Ofenbergstrasse). Im Rahmen des Möglichen und des vernünftigerweise Zumutbaren aber sollen selbst grosse Opfer nicht gescheut werden, um die Existenz des Parkes zu sichern und die Erreichung seiner idealen Ziele zu erleichtern.

Diesen Zwecken dient der vorliegende Entwurf eines neuen Bundesbeschlusses in Verbindung mit den neuen Gebietsverträgen, die wir Ihnen zur

1344 Genehmigung vorlegen. Denn das neue Bechtsstatut des Parkes bringt sowohl eine grosse Erweiterung des Parkgebietes als auch eine ganz wesentliche Verstärkung der Parkzwecke, insbesondere des Naturschutzes. Auf der andern Seite wird die Stellung der Gemeinden bedeutend verbessert. Sie erhalten nunmehr das, was ihnen auf Grund der veränderten Verhältnisse billigerweise zukommt. Es liegt denn auch ein Verständigungswerk vor, das von allen Gemeinden mit grossen Mehrheiten angenommen wurde; auch der Schweizerische Heimatschutz, die Naturforschende Gesellschaft, die Nationalparkkommission sowie die Mehrheit des Naturschutzrates stimmen ihm zu.

Der Bundesrat beantragt Ihnen daher, den beiliegenden Entwurf zu einem Bundesbeschluss anzunehmen und die Ihnen vorgelegten neuen Verträge zu bestätigen.

Genehmigen Sie, sehr geehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 15. Mai 1959.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : P. Chaudet Der Bundeskanzler : Ch. Oser

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über den schweizerischen Nationalpark im Kanton Graubünden (Vom 15. Mai 1959)

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