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Schweizerisches Bundesblatt

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XXIV Jahrgang.

II.

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Nr.

31.

10.

Juli

1872.

Bundesrathsbeschlüsse in

Sachen des Rekurses des .hrn. hans heinrich Bansen, in hamburg, betreffend Gerichtsstand.

Vom 29. Dezember 1871.)

( ,, 10. Juni 1872.)

a. Bundesrathsbeschluß vom 29. Dezember 187I.

Dex schweizerische Bundesrath hat in Sachen des Hrn. H a n s Heinrich J a n s e n , Kansmann in Hamburg, betretend Gerichtsstand ; nach angehortem Berichte des Justiz- und Bolizeidepartements und nach Einsicht der Akten, woraus sseh ergeben: I. Jm Jahr 1866 bildete sich zu Basel eine Aktiengesellschaft zum Zweke der Vapierstosf-Fabrikation aus dem Schlossgute Bottmingen, Kantons Basel-Landschaft. Bei diesem Geschäfte war auch hr G. A.

Amberger, Maler von Solingen (Breussen), wohnhast in Basel, mit 12 Aktien im Rennwerthe von Fr.. 12,000 betheilig... Das Gesehäst nahm keinen günstigen Verlauf, wesshalb schon im Jahr 1867 ein käufer gesucht wurde. Als solcher präsenl.irte sich hr. Hans heinrich Jansen, Kausmann, Bürger und wohnhast zu Hamburg. Dieser kauste

wirklich am 15. Januar 1868 das Schlossgut Bottmingen nebst dem B u n d e s b l a t t

J ahrg . XXIV .

Bd . n .

58

822 Fabrikgebäude für Fr. 100,000^ und betrieb die Fabrikation kurze Zeit durch einen ....^eschästsführer auf eigene Rechnung. Zu diesem Zwe^e erhielt Hr. Jansen eine .^iederlassungsbewillignng im Danton Baiel.Landschaft. Er behielt jedoch seinen eigentlichen Wohnsiz in Hamburg bei nnd kam nur vorübergehend persönlich nach Bottmingen.

ll. Bei Anlas.. ...iner solchen, vorübergehenden Anwesenheit, nämlich am 2. März 1869, wurde Hr. Jansen auf Verlangen de.... Hxn. Am.^ berger vor das Friedensrichteramt Binnlngen, Kts. Basel^Landschast, zitirt, wo lezterer zwei Forderungsklagen gegen ihn angehoben hatte.

Da indess eine gütliche Auskleidung nicht erzielt werden konnte, so wurden beide Brozesse vor das Bezirksgericht Arlesheim gewiesen, vor welchem Hr. Amberger seine klagen dahin sormulirte : Hr. Jansen sei zu verurthei.en, ihm zu bezahlen: a. Fr. 18,900. -- als Betrag der Aktien, d^ Hr. Jansen, ^usden Fall, dass der fragliche Kaus zn Stande käme, zu bezahlen versprochen habe, n^bst Binsen. abzüglich ., 5,272. 95, ein Darlehen des Hrn. Jansen an Hrn. ...lm^^^^^^^ berger nebst Zinsen,

Fr. l 3,627. 05 restanzliche Schuld.

b.

,,

3,080. 40 Rükvergütung von Auslagen des Hrn. Amberger sür Reparaturen im Schlosse zu Bott-

mingen unl... sür Mobilien in die dort befindliche

Wohnung.

HI. Diese beiden klagen kamen am 28. Juni 1869 vor der Audienz des Gerichtspräsidenten von Arlesheim zur Verhandlung. Bei diesem Vorstande weigerte jedoch Hr. Fürsprecher Dr. Zutt in Basel, Anwalt des Hrn. Jansen, die l^inlassuug und bestritt die Kompetenz der basellandsehastlichen Gerichte, weil Hr. Jansen nicht aus dem Gebiete des Kantons Basel^Landschaft , sondern in Hamburg wohne.

Seine Riederlassungsbewil^.igung sür Bottmingen beziehe sich ^ nur aus den Betrieb der dortigen ^abrike, womit die eingeklagten Forderungen in gar keiner Beziehung stehen. Zudem seien die Rechtsgesehäste, aus welchen der Kläger sein... Ansprüche an den Beklagten ableiten zu können glaube, nicht in .^ottmingen und überhaupt nicht aus basellandsehastlichem Gebiete abgeschlossen worden. Ein Grund, den Beklagten seinem ordentlichen Geriehtsstande sür persönliche Klagen zu entziehen, liege nicht vor.

IV. Mit Entscheid vom 22. Juli 1869 erklärte sieh jedoch das Bezirksgericht Arlesheim sür beide Klagen zuständig, und es wurde dieser Entscheid am 8. Oktober gleichen Jahres auch vom Obergerichte des Kantons Basel-Landschast bestätigt. Der leztere Entscheid stüzt sich wesentlich aus folgende Erwägungen :

823 -.l...

Unbestritten stehe fest, dass der Beklagte mit förmlicher Niederlassung, als Eigentümer von Liegenschaft, im Danton Bafel-Landschaft wohne, also rechtlich und thatsächlh.h in diesem Kantone Domizil habe.

Er habe. die friedensrichterliche Vorladung in Bottmingen an eben seinem Wohnsize personlich entgegengenommen und sei daraufhin personlich vor dem Friedensrichter erschienen.

Dazu komme, daß die streitigen Forderungen aus Handlungen des Klägers erstlich zum Erwerbe der Liegenschaft des Beklagten und zweitens zu Verwendungen auf ebendieselbe entsprungen seien.

V.

Die Haupturtheile in diesen Prozessen wurden von dem Be-

zirks^richte Arlesheim am 24. Mat und 28. Juni 1870 ausgefällt.

Das Bericht sprach dem Kläger beide Begehren zu. Eine Berufung an das Obergericht von Basel.^Landschaft blieb für Hrn. Jansen exsolglos, indem dasselbe in dem Prozesse betreffend die Ansprache von

Fr. 13,627. 05 Rp. am 28. Oktober 1870 die Appellation aus formellen .gründen als

verwirkt

erklärte, und in dem andern Prozesse

unterm 25. Rovember 1870 .das erstinstanzliche Urtheil bestätigte.

VI. Mit Eingabe vom 17. ...November 1871 rekurrirte nun Hr.

Fürsprecher Loew in Axlesheim, Samens des Hrn. Hans Heinrich Jansen, an den Bundesrath.

Er machte in erster Linie geltend, es sei die ganze Prozedur von Ansang an mit einem .......ichtigkeitssehler behaftet gewesen. .Laut Vorsehrist des ^ 9 der Prozessordnung de.^ Cantons Basel-Landschast seien nämli.eh die Zitationen acht .^age vor dem betreffenden Vorstande mitzutheilen. Dem Hrn. Jansen feien aber die Vorladungen vor den Friedensrichter von Binningen von diesem ^erst am Vormittage des Vorstandes oder frühestens am Tage vorher mitgetheilt worden.

Di...

Zitattonen seien also in ungehöriger Weise erfolgt ; so^.nit habe auf die-

selben gestüzt, gemäss ^ 1 und 62 der zitirten Prozessordnung kein gültiges Prozessversahren stattfinden können.

Die erwähnten Gesezesvorsehristen haben aueh gegenüber Hrn.

Jansen Anwendung zu finden ; denn es gelte als Grundsaz, dass die kantonalen Geseze eben so gut und in gleicher Weise dem Riehtschweizer, wie dem Sehweizerbürger gegenüber anzuwenden seien, zumal wenn dex erstere durch die erworbene Niederlassung gewissermassen als Angehöriger des betreffenden Kantons zu betrachten sei.

Sodann seien die Gerichte des Kantons Basel-Landschast nicht kompetent, weit es steh um persönliche Forderungen handle, die überall am Wohnorte des Beklagten eingeklagt werden müssen. Dieser leztere Grundsaz sei auch in ^ 24 der basellandschastlichen Prozessordnung aus^ drüklich aberkannt.

Da aber in dem Prozessverfahren gegen Hrn.

Jansen dieser Grundsaz nicht beobachtet worden sei, so seien die Artikel

^24 4 und 5, besonders aber de.r Art. 8 der ..^erfassun^ des Kanto^ Basel- Landschaft verlezt, .^emass welchem .....Jemand Deinem ordentlichen Richter entzogen werden dürse.

Jn dem Urtheile de.... Oberlichtes des Antons Basel^.Landfchast ....om 8. Oktober 1869 werde freilich die Auffassung geltend gemacht, als ob Hr. Jansen dadurch, daß er vor dem Friedensrichter erschienen fei , den basellandschastl.ichen Richter als zuständig anerkannt habe.

Allein diese Folge lasse steh hi^n nicht knüpfen,. weil es nicht n.^h..^

fei, schon vor dem Frieden^rieht^ die Kompetenzeinrede zu erheben, und weil diese Einrede im Prozeßverfahren noch rechtzeitig angebracht .worden sei.

Hr. Fürsprecher Loew stellte daher in erster .Linie den Antrag: es fri das ganze angefochtene Verfahren ...ls nngefezlich .und desshalb als nichtig zu erklären ; eventuell sei dasselbe Verfahren wegen mangelnder Zuständigkeit der basellandschastlichen .Berichte in beiden Fällen als nichtig zu erklären.

VH. Jm Weitern machte Hx. Fürsprecher Loew noch folgende Befehwexde geltend: Am 17. September 1869 habe Amber^er einen Arrest auf d.^s Schlossgut Bottmingen ausgewirkt, und es fei dieser Arrest vom OberBerichte bestätigt worden. Unter Hinweisung auf diesen Arrest und znx Vollziehung der erwähnten Urtheile sei sodann am 2. Dezember 1870 .^on dem Gerichtsschreiber zn Arleshei..^ die Konkursbetreibung gegen ,,H. H. Jaufen iu Hamburg, Besizer des Sehlossgutes .^ottmingeu^ bewilligt worden. Nachdem die auf verschiedenen Wegen versuchte ^..^ stellung dieses Betreibungsaktes an Hrn. Jansen erfolglos gel^lie^en, inde^n die Behorden von Hamburg ihre Mitwirkung abgelehnt haben, fei aus Weisung des Obergerichtes des Kantons Basel-.Landschas^ eine neue Betreibungsbewilli^ung vom 10. Juli 1872 ediktaliter pnbl^irt .worden. Hiegegen habe Hr. ^ürspreeher Loew Ramens des Hrn. Jansen protestirt, nnd es sei nun die Frage betreffend Gültigkeit dieser Betreibung vor dem Obergerichte von Basel-Landschast anhängig.

Auch gegen dieses Verfahren müsse ^Beschwerde geführt werden, denn es habe Hr. Jansen schon am 28. Dezember 1869 die Rieden lassung in Bottmingen zurükgezogen, da die Fabrike inzwischen niedergebrannt sei. Die Vollziehung eines Zivilurtheiles müsse aneh aus dem Wege einer persönlichen Klage am. Wohnorte des Beklagten verlangt werden. Jedenfalls habe nach der Gesetzgebung des Kantons BaselLandsehast das Obergericht keine Kompetenz die Betreibung selbst an Hand zu nehmen, sondern es sei dies Sache de.. Betreibnngsbeamten^

82^ ^ Hr. ^rsprecher.^ew schloß mit dem weitern Besuche, e.^ seien di.^ Betreibungsgeschaste . der basellandschas^ichen ..Berichte ge^en Hrn. Jansen für die Forderungen des Amberger als inkompetent und rechtswidrig aufzuheben und Amberger anzuweisen, de.n Hrn. Jansen zu suchen, w...

...r ihn fassenzu konnenglaube.

VH... Endlich machte noch H.^. H. H. Jansen selbst eine ....eRudere Eingabe vom ^.Dezember 1871., mit welcher er eine Brochure,

.betitelt: Streiflichter auf die Justi^Verhältnisse zt. Arlesheim und Liestal, einschikte, um zu beweisen, dass^ er für die streitigen personlichen Forderungen nach Art. ^..0 und 5.^dex. schweizerischen Bundesverfassung, sowie nach allgemeinen Rechtsgrundlagen an seinem Wohnorte belangt werden müsse, und^ dass ein Arrest gegen ^ihn unzulassig sei, da er in Hamburg einen festen. Wohnst^ hal^ und allgemein als zahlungsfähig bekannt sei.

..

Hx. Jansen stellte iodann sol^nde Begehren : 1) es mo^te der tiber. sein Eigenthum erschlichene und unrechtmäßig verhängte Arrest sosort wieder aufgehoben, 2) das über ihn als Hamburgerbürger von schweizerischen Justiz^ehorden in vrrsassungswidriger Weise und unter dem Bewusstsein seiner Zahlungssähig^eit verhängte Koukursversahren ebenfalls sosort rükgängig gemacht werden, und ^) es seien die Justizbehorden von Arlesheim und Liestai anzu^ weisen, personliehe Klagen, die etwa dort gegen ihn erhoben werden mochten, an seinen ordentlichen Gerichtsstand in Hamburg ^u perweisen. .

l^. Jn seiner Antwort vom 8. Dezember 1871 trug das OberBericht des Cantons Basel-^andschast auf Abweisung der Rekursbeschwerde an, indem es Folgendes geltend machte: Aus dem Erscheinen des Hrn. Jansen vor dem Friedensrichter in Binningen sei eine stillschweigende Anerkennung des Gerichtsstandes nicht abgeleitet worden. Das Gericht habe aus diese Thatsache nur verwiesen, um damit das thatsächliehe Domizil des ^rn. Jansen zu konstatiren.

Es sei in dem Urtheile über die Bestimmung der Kompetenz nicht angenommen worden, dass Hr. Jansen sür alle und jede Klagen an dem Domizil in Bottmingen belangbar sei. Vielmehr habe das ...^ber.^ Bericht die basellandsehaftlichen Gerichte sür die fraglichen Klagen als zuständig erklärt, weil die Ansprachen mit der .Liegenschaft, sür welche.

das Domizil des Hrn. Jansen konstituirt worden, in unmittelbarer Beziehung stehen. Die Klage, welche aus Leistungen, resp. Verwenwendungen aus das Gut entsprungen sei, müsse nothweüdig vor das-

^26 jenige Forum gehören, in dessen Kreis das Gut liege. W..s die andere Klage betreffe, so sei das Geschäft, auf weiches dieselbe sieh stüze, mit dem Ankause dieser Liegenschaft im Zusammenhange und mit diesem Ankaufe im Kanton Basel^Landscha^t perfekt geworden.

Durch diese historischen Momente sei auch der Gerichtsstand von Basel^Laudschast begründet, denn g..mäss Art. 27 der Brozessord^ung des Kantons Basel.Landschast konnen Ausländer, welche nicht im Kanton wohnen, in Forderun^sstreitigkeiten da belangt werden, wo sie anzu^ treffen seien, oder wo sie Vermogen.^stüke besten, oder wo die ..^erbind^ lichkeit, aus welcher geklagt werde, ^entstanden sei oder ersüllt werden sollte. Mit Hamburg besteh.. kein Staatsvertrag. wodurch dieses .^..esez beschränkt würde. Auch nach gemeinem Rechte müsse die Zuständigkeit der basellandsehastlichen Berichte anerkannt werden. So spreche sich

Sapignl.. im System des heutigen römischen Rechtes (B. Vlll) dahin

^us, dass Jemand ausser seinem Wohnsiz als Schuldner in eine Obligation eintreten könne unter Umständen, welche die natürliche Er..

wartnng erregen, dass der Entstehungsort der Obligation zugleich ihr Erfüllungsort, also anch ihr Gerichtsstand, sein werde. Hier habe m.^n aber den Gerichtsstand nicht anderswo erwarten können als in ^asel..

.Landschast.

Was endlich die Veseh^verde betreffend das Vollziehungsversahren anbelange, so möge der Rekurrent vorerst das Endurtheil der Gerichte abwarten, bevor er sich beschwere. Aus diese Angelegenheit tonne das Obergericht jezt nicht näher eintreten, da auch im ..^ollziehungsversahren kontradiktoriseh verhandelt werden müsse und erst nach Anhörung der Parteien darüber geurtheilt werden dürfe.

.^. Endlich gab aueh noch Hr. Fürsprecher ^chwar^ in ^ieste.l, Ramens des Hrn.

G. A. ^lmberger, eine vom 8. Dezember 1871 datirte Antwort ein, in welcher er ebensalls aus Abweisung der Rekursbeschwerde antrug, weil die Voraussezungen einer Jntervention der Bundesbehörden nicht vorhanden seien. .^r. Fürsprecher Loew sei den Beweis schuldig geblieben, dass die kantonale Verfassung, oder (was Hr. Loew nicht einmal behaupte) die eidgenössische Gesezgebung verl^zt worden seien.

Was ferner die Bernsung aus die kantonale Brozessordnung betresse, so sei es nicht Sache der Bundesbehorden, als eine dritte Jnstanz über das kantonale Vro^essrecht zu urtheilen. Ueber.^ies sei es unrichtig, dass die sriedensriehterliche Zitation dem Hrn. Jansen nicht in gehöriger Zeit zugestellt worden sei , immerhin könnte der Reknrrent, nachdem er im Bro^esse selbst eine bezügliche Einrede geltend zu machen versäumt habe, nicht nachträglich, aus den behaupteten Formsehler gestü^t, Kassation Begehren.

827 ^ Endlich gebe auch das eingeleitete Vollziehungsverfahren den B.mdesbehörden keine Veranlassung zur Jntervention.

Jn E r w ä g u n g : 1. Rekurrent hat sich schon früher bei dem Bundesrathe gegen die Kompetenz der Berichte des Kantons Basel-.Landschast zur Beurtheiiung der zwischen ihm und Maler Ambergex waltenden Vrozesse befchwert. Es ist ihm bereits unterm 12. Jannar 1870 erwidert worden, dass die Bundesbehorde wegen mangelnder Kompetenz auf diese Besehwerde nicht eintreten könne, indem die Gerichte von Basel-Landschaft in diesem Falle weder durch Grundsäze des Bundesrechts no.h durch einen Staatsvertrag beschränkt seien.

2) Wenn die gleiche Beschwerde neuerdings erhoben wird und sich auch noch aus das Vollziehungsverfahren ausdehnt, so ist dem Rekurrenteu, der übrigens zur Zeit der gerichtlichen .Verhandlungen eine formliche Niederlassung in Basel-Landschaft besass und noch dermalen dort Grundeigentümer ist, zu bemerken, dass der Art. 50 der Bundesverfassnng nur von ^chweizexbürgern angerusen werden kann. Jm Uebrigen wird auf die Bemerkungen und Erörterungen des Obergeriehtes von Basel-Landschast verwiesen, aus welche der Bundesrath nicht näher einzutreten hat.

3) Wenn Rekurrent noch glaubt, es seien die prozessnalischen Vor^ schristen nicht in Allem richtig beobachtet worden, so steht demselben zu, diejenigen Rechtsmittel bei den Gerichten von Basel^andsehast zu ergreisen, die für solche Beschwerden in den dortigen Gesezen vorgeschrieben stud.

beschlossen: 1.

Es sei der Rekurs als unbegründet abgewiesen.

2. Sei dieser Beschlnss der Regierung des Kantons Basei-Landschast zuhanden des dortigen .^bergerichtes und des Bezirksgerichtes Arlesheim, serner ^..handen des Hrn. Fürsprecher Schwarz in Liestal,

als Anwalt des Rekursbeklagten Hrn. G. A. Amberger, Malers in Basel.

sowie dem Hrn. Fürsprecher .Loew in Arlesheim, als .Anwalt des Reknrrenten, Hrn. H. H. Jansen in Hamburg, unter Rüksendung der Akten mitzuteilen.

Also beschlossen, Bern, den 2..). Dezember 1871.

Jm Ramen des sch.veiz. Bundesrathes ,

Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: ^chie^.

^ ^. ^nnd^rat^b^chluß ^m 10. .^uni 1^.^.

D^ s c h w e i z e r i s c h . . . B u n d e s r a t h hat .n Sachen des Hrn. Hans Heinrich Ja n se n, Hausmann ^ Hamburg, betreffend .Gerichtsstand der Betreibung, resp. Verfassung verlezung ; nach angehortem Berichte des Justiz- und Voiizeidepartements ; auf Grundlage der im Besehlusse des Bundesrathes vom 29. D^ ^ember 1871 enthaltenen Darstellung der saktisehen Verhältnisse, und nachdem stch aus den Akten weiter ergeben : .... Rachdem die Zustellung der von Maler G. A. Am b e r g e r in Basel am 2. Dezember 1870 erwirkten Konkursbetreibung an Hrn.

H. H. Jansen ans verschiedenen Wegen, aber erfolglos, versucht worden war, beschloß das .^bergericht von Basel-Landsehaft am 7. Juli 1871, daß nunmehr nach Vorschrift von ^ 281 der Gerichts- und Vrozessordnung das Ediktalperfahren einzuschlagen sei. Jnfolge dessen wurde von der Gerichtssehreiberei Arlesheim in dem Amtsblatte des Kantons Basel-Landschast vom 13. Juli 1871 eine KonkursbetreibungsBewilligung gegen H. H. Jansen in Hamburg, Besizer des Schl.^ssgutes in Bottmingen, der sich für die R^chterftelle von Arlesheim als ohne Ausenthalt, zur Anlegung der Vetreibungsbewilligung dargegeben habe, publizirt unter Hinweisung auf den gegen Hrn. Jansen auf das Sehloss^ut Bottmingen erwirkten Arrest vom 17. September 18^9.

Hr. Jansen pxotestirte jedoch gegen dieses Ediktalverfahren und

stellte bei dem Gerichtspräsidenten von ^.lrlesheim das Gesuch , es mochte dasselbe aufgehoben und Hr.

Amberger angewiesen werden, ^hn

dureh Vermittlung des Stadtgerichtes ^u ^amburg zu belangen. Allein der Gerichtspräsident von Arlesheim wies mit Urtheil vom 21. September 1871 dieses Gesuch ab und erklärte die Betreibung sür gültig.

Dieses Urtheil wurde am 2. Februar 1872 von dem Präsidenten des Obergerichtes von .Basel-Landschast bestätigt, worauf das Gerieht ....on Arlesheim den Termin für das Konkursurtheil auf den 21. Mär^ 1872 ansezte.

IL Mit Eingabe vom 18. März 1872 (und ^wei nachträglichen Schreiben vom 11. und vom 24. April 1872) erhob nun Hr. ^.ür-

829 frecher L o e w in Arl^sh^m, Samens des Hrn. Jansen, folgende Befchwerde. : Jn dem Beschlusse vom 29. Dezember 187t sei der Bundesrath nur aus die Frage eingetreten, ob die Gerichte von Basel-Landschaft für die von Amberger gegen Jansen erhobenen Fordernngsklagen kompetent seien. Dagegen habe der Bundesrath über die zweite Frage, ob das gegen Jansen eingeschlagene Vollziehungsverfahren zulässig sei, noch keinen Entscheid gefasst, vielmehr diesfalls den Rekurrenten angewiesen, vorerst das Endurtheil^ der Gerichte von Basel-Landschaft abznwaxten. Da^ nnn seithex das Obergericht dieses Kantons zu Ungunsten des Hrn. Jansen geurtheilt habe (2. Februar 1872), so müsse der Entscheid des Bundesrathe.^ auch über diese zweite Frage veranlagt werden.

Hr. Fürsprecher Loew machte dann, wie schon in seinem fxühern Rekurse, in erster Linie geltend: Hx. Jansen wohne in Hamburg, ex habe ferner die Niederlassung für Bottmingen am 28. Dezember 186..)

zurükgezogen ; somit könne im Kanton Basel-Landschaft gegen ihn kem.^ Betreibung erhoben, xesp. die fraglichen Urtheile nicht dort zum Vollzuge gebracht werden, vielmehr sei er in Hamburg zu suchen.

Jm Weitern machte Hr. Loew noch Folgendes geltend : Jn der Gerichts- und Brozessordnung des Kantons Basel-Landsehaft werde über die Art und Weise der Mittheilung von Betreibungsakten an den Schuldner einzig in den ^ 280 und 28l gesprochen.

Der ^ 280 schreibe vor, dass die Mittheilung von Betreibungsbewilli-

gungen in Gemässheit von ^ 59 der Prozeßordnung, betreffend die Verrichtung von Vorladungen, zu erfolgen habe. Dieser ^ 5..) handle aber nur von Verrichtungen an im .Lande A n w e s e n d e . Der ^ 281 normire dann das Versahren für den ^all, wo der A u f e n t h a l t des Schuldners u n b e k a n n t sei, und gestatte das Ediktalversahren. Es enthalte somit das Gesez keine Bestimmung darüber, wie BetreibungsBewilligungen an au s w ä x t s w o h n end e Schuldner von b e k a n n t e m A u f e n t h a l t e zu verrichten seien. Namentlich sei in der Gesezgebung

des Kantons Basel-Landschast nirgens bestimmt, da^ ein auswärts

wohnender Schuldner, welcher einen Betreibungsakt uieht anerkennen wolle, desshalb als ein unbekannt Abwesender behandelt werden dürfe.

Das Obergerieht habe also in seinem Besehlusse vom 7. Juli 1871 für den Spezialsall ein neues Versahren geschaffen. Hierin liege aber eine Verlegung der kantonalen Verfassung (^ 34 und 46), da nur die gesezgebende Behorde die Gesezgebung abändern, resp. ihr neue ..^usäze anfügen konne. Wenn in dem Brozessgesez des Kantons BaselLandschaft in der fraglichen Richtung eine .Luke sei, so sei es ....^ache.

des ^andrathes, sie auszufüllen ; die gerichtlichen Behorden aber seien

nicht befugt, willkürliehe Ergänzungen zu schaffen.

830 Uebexhaupt sei in dem ganzen Verfahren immer nur auf de..^ Antrag der Gegenpartei und ihr zu lieb gehandelt worden, wahrend doch die Geseze gegen alle Bersonen (anch gegenübe.. dem Ausland....)

in gleicher .Weise zur Anwendung zu bringen seien.

Endlich habe das Ob...rgericht von Basel^Landschast in seinem

Entscheide vom 2. Februar 1872 in eigener Sache geurtheilt, indem

es hiemit ein Versahren a.^s zulassig erklärt habe, das von ihm selbst (mit Beschlnss vom 7. Juli 1871) angeordnet worden sei. Es sei also in befangener Stellung und demnach zu senem Entscheide nicht befugt gewesen.

Hr. Fürsprecher .Loew fchloss mit dem Gesuche, es mochte der ganze Betreibungsprozess gege^t J...nfen aufgehoben werden.

3. Auf diese Beschwerde antwortete das Obergerieht des Kantons Basel-.Landschast wie soigt : Zwischen Hamburg und der Schweiz bestehe kein Vertrag betres^ fend die Vollziehung von Eivilurtheilen. Er konne also die Vollziehung der fraglichen Urtheile in Hamburg nicht verlangt werden. Dagegen .habe Hr. Jansen mit seinem im Kanton Basel-^andschast gelegenen Vermögen für die in diesem Kanton eingegangenen Verbindlichkeiten zu hasten, nothigenfalls in ei..em Separatkonknrs. Hiebei sei es gleich..

gültig, ob er während des Prozesses die .Niederlassung in Bottmingen zurükgezogen habe, denn das einmal begründete Fornm bleibe kompetent, bis das Geschäft vollständig abgewikelt sei , also auch für die ..^oll^e-

hung der Urtheile.

Das Obergericht habe in seiner Weisung vom 7. Juli 1871 die Ge-

riehtstanzlei von Arlesheim einsaß aus den ^ 281 der Vrozessordnung verwiesen, der hiex habe zur Anwendung kommen müssen, nachdem Hr.

Jansen den Ort, wo er die Verbindlichkeit eingegangen, verlassen habe, und nachdem sowohl von ihm selbst als von den Behorden in Ham.^ burg eine andere Verrichtung verhindert worden sei. Ein Schuldner, der sich von de m ......... rte der Verbindlichkeit weg und ins Ausland l...^ gebe, werde überall, auch wenn sein auswärtiger Wohnort bekannt sei, als ein unbekannt Abwesender behandelt. Das Gericht habe kei..er Bartei zu lieb gehandelt, sondern einfach seine Bslicht ersüllt. Uebrig.^ns

hätte Hr. Jansen Gelegenheit gehabt, seine Gründe gegen die Gültigkeit des Ediktalversahrens ^..r Geltung zu bringen. er sei aber, obwohl er den Entscheid des Gerichtspräsidenten von Arlesheim appellirt ha.^e, bei der Behandlung dieser Sache vor Obergericht nicht einmal erschienen. Ohnedies sei die Frage, ob die im .^pezial.sall gewählte Mittheilung des fraglichen Betreibungsaktes die richtige gewesen, prozess..alischer ^atur.

Sie konnte also nur

vor einen Kassationshos gebrüht

831 Werden ; jedenfalls set es nicht Sache der Bund.^behörden, hierüber zu entscheiden.

4. Endlich gab auch Hr. Fürspreche.: Schwarz in Liestal, Ramené des Hrn. Amberger, eine vom 6. Mai 1872 datirte Antwort ein, in welcher noch folgende Gesichtspunkte hervorgehoben wurden.

Gemäss ^ 287 und 27 der Brozessordnung des Kantons Baselland konne die Betreibung gegen einen Auslander da angehoben werden, wo der Schuldner Vermögen besize, oder wo die betreffende VexKindlichkeit entstanden sei resp. erfüllt werden sollte. Diese Bestimmung habe im Spezialfalle um so mehr zur Anwendung gebracht werden dürfen, da die Betreibung auf einen Arrest stch^ stüze. Was ferner die

Verrichtung der Betreibungsbewilligung aus dem Ediktalwege betreffe,

so sei hiedurch Hr. Jansen in seinen Rechten nicht verkürzt worden.

Diese Art der Betreibungsanlegung entspreche ganz der im Kanton .Baselland bestehenden Brax^s, und sei in Fällen, wie der vorliegende, gerechtfertigt und sogar nothwendig. Es sei keinem ..^eri.hte untersagt, bei vorhandenen .Lüken das Gesez per analo^am anzuwenden. Uebrigens sei Hr. Jansen, als der lezte Versuch gemacht worden sei, ihm die Betreibungsbewilligung in Hamburg zuzustellen, aufmerksam gemacht worden, dass, im Falle er die Annahme dieses Aktes verweigere, gegen ihn das Ediktalversahren eingeleitet werde.

Jn E r w ä g u n g : 1) Der Bundesrath hat schon

in seiner Schlussnahme vom 2..).

Dezember 1871 erklärt, dass die Gerichtsbehörden von Baselland durch die Anhandnahme und Beurtheilung der Brozesse zwischen dem Rekurreuten und Hrn. Amberger in Basel weder Bundesvorschristen noch Staatsverträge verlezt, und dass daher eine Jntervention der Bundesbehörden nicht eintreten l.onne.

Das Gleiche ist auch der ^all in Bezug auf das Vollziehungsverfahren, indem kein Anhaltspunkt vorhanden ist, welcher den Bundesrath berechtigen würde, d.e Behörden von Baselland zu verhindern.

die erlassenen Urtheile auf dortigem Gebiet und nach den dortigen Gesezen zu vollziehen.

2) Es kann sich nur fragen, ob in der Art und Weise, wie das Vollziehungsversahren eingeleitet wurde, eine Verfassuugsverlezung liege, weil die Vorladung an Hrn. Jansen nicht an ihn persönlich erlassen,

sondern durch Ediktalladung im Amtsblatt veröffentlicht wurde. Es rann wohl kaum im Ernst behauptet werden, dass dadurch eine richterliehe Behorde in den Geschäftskreis der gese^gebenden Gewalt eingegriffen habe, da es fich hier offenbar um eine rein prozessualische Ver-

fügung handelt, welche sich vollständig rechtfertigt, nachdem der Reknrrent

^32 die Anlegung der Citation auf einem andern Wege vollständig verun.^ moglieht hat. Wenn auch der Wortlaut des angerufenen ^ 281 de.: Berichts- und Brozessordnung des .Kantons Baselland nicht vollständig aus den vorliegenden Fall passt, so lässt sich dennoch eine analoge ^Anwendung desselben bei den obwaltenden Verhältnissen wohl reehtsertigen, während ....l.lsällige Luken in einer kantonalen Gesezgebung die Jnte...ven-

tlon des Bundes in keiner Weise rechtfertigen ; b eschl o s se n:

1. Es sei der Rekurs als unbegründet abgewiesen.

2. Dieser Beschluß sei der Re^iexun^ des Kantons Bafel-Land^.hast für sieh und zuhanden des dortigen Obergeriehtes und des Bezirksge^.

xiehtes von Arlesheim, fernem zuhanden des Hrn. Fürsprecher Schwarz

in Liestal, als Anwalt des Rekursbekiagten, Hrn. G. A. Amberger in

Basel, sowie dem Hrn. Fürsprecher Loew in Arlesheim, als Anwalt de^ Rekurxenten Hrn. H. H. J^.nsen in ^amburg, unter Rükschiuss der Akten mittheilen.

3. Wenn gegen die in dieser Sache durch den Bundesrath ^riassenen Schlussnahmen Weiterziehung an die Buudesversammlnng statt^

finden soll, so ist die Rekurserl.lärung bis zum 25. Jn.ii nächsthin dem

Bundesrathe zuhanden der eidgenossischen Räthe einzugeben. Sollte in dieser ohnehin weitläufig genug behandelten Angelegenheit denuoch die Eingabe einer besondern Rekursschrist an die Bundesversammlung beal..sichtigt werden, so ist eine solche aus den genannten Termin ebenfalls dem Bundesrathe einzuhändigen.

Also beschlossen, .^exn^ den 10. Juni 1872.

Jm ^amen des schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : .^elti.

Der Kanzler der Eidgenossenschast:

Schi^.

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Bundesrathsbeschlüsse in Sachen des Rekurses des Hrn. Hans Heinrich Jansen, in Hamburg, betreffend Gerichtsstand. (Vom 29. Dezember 1871.) ("10. Juni 1872.)

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