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Schweizerisches Bundesblatt.

44. Jahrgang. II.

Nr. 19.

11. Mai 1892.

Jahresabonnement (portofrei in der ganzen Schweiz) : 4 Franken.

Einrückungsgebühr per Zeile 15 Rp. -- Inserate sind franko an die Expedition einzusenden.

Druck und Expedition der Buchdruckerei Karl Stämpfli & de. in Bern.

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Bericht des

Bundesrathes an die Bundesversammlung üb eiseine Geschäftsführung im Jahre

1891.

F, Geschäftskreis des Departements des Auswärtigen, I. Abtheilung.

Politische Abtheilung.

Einleitende Bemerkungen.

Wir hatten schon in unserm Geschäftsberichte für das Jahr 1888 die Ehre, darauf hinzuweisen, wie sehr unser Beschluß vom 8. Juni 1887, betreffend die Organisation unserer Departemente, das Arbeitsfeld der politischen Abtheilung des Departements des Auswärtigen ausgedehnt habe im Vergleich zu dem Gebiete, auf welches sich die Thätigkeit des frühern politischen Departements erstreckte.

Seither hat diese Geschäftsvermehrung noch zugenommen, so daß eine Organisation der Abtheilung nach dem Muster der analogen Verwaltungen des Bundes von Tag zu Tag nothwendiger erscheint.

Unterdessen kann die Abtheilung nur mit Herbeiziehung zahlreichen provisorischen Aushülfspersonals ihre Aufgabe erfüllen. (Bundesbl.

1891, V, 48.)

Bundesblatt. 44. Jahrg. Bd. II.

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An die Stelle des als Ministerresident nach Buenos-Aires gesandten Herrn R o d é haben wir Herrn Gaston C a r l i n von Löwenburg, Dr. jur., Legationsrath in Wien, an die politische Abtheiluug berufen, mit Amtsantritt auf 16. Mai.

Die Herren Joseph C h o f f a t von Soubey (Bern), Edmund Rochette von Genf, Dr. Anton S u ter von Krummenau ( St. Gallen), Dr. Paul R i t t e r von Basel und Dr. Wilhelm Du P a s q u i e r von Neuenburg haben als Departements-Attachés auf der Abtheilung gearbeitet. Herr C h o f f a t ist als Gesandtschaftssekretär nach BuenosAires, Herr Rochette als Vizekonsul nach Yokohama und Herr Su t er als Attache nach Berlin gesandt worden; die Herreu Du P a s q u i e r und R i t t e r sind noch auf dem Departement.

I. Beziehungen zum Auslande.

Die Beziehungen der Schweiz zum Auslande sind im Laufe desverflossenen Jahres stets ausgezeichnet gewesen.

A. Abgeschlossene und ratifizirte Verträge.

a. Die H a n d e l s ver t r ä g e haben die wichtigsten Traktanden des Jahres gebildet. Wir verweisen in dieser Hinsieht auf den Bericht der zweiten Departementsabtheilung. Es versteht sich von selbst, daß die politische Abtheilung bei diesen Verträgen, wie bei allen Uebereinkünften internationaler Natur, die in den Geschäftsberichten anderer Departemente verzeichnet sind, mitgewirkt hat.

Wir erwähnen hier nur die Verträge und Unterhandlungen, die uns aus irgend einem Grunde ganz speziell beschäftigt haben.

b. Die mit Frankreich am 15. Juli 1890 abgeschlossene besondere V e r e i n b a r u n g b e t r e f f e n d d e n Telegraphenv er k e h r ist von den französischen Kammern am 8. Juni ratifizirt worden und am 1. Juli in Kraft getreten.

c. Am 30. Juli hat Herr D r o z , Vorsteher des Departements des Auswärtigen, mit dem französischen Botschafter, Herrn E. Arago, die Z u s a t z - U e b e r e i n k u n f t zur fr a n z ö s i s c h s c h w e i z e r i s c h e n U e b e r e i n k u n f t v o m 2 8 . D e z e m b e r 1880, b e treffend die Regulirung der Fischerei in den Grenzgewässern behufs U n t e r d r ü c k u n g von Fischfrevel, unterzeichnet. Am 7. September hat der Bundesrath kraft der ihm durch Art. 15 des Bundesgesetzes über die Fischerei vom 18. September 1875 (Amtl. Sammlung II, 90) verliehenen Vollmacht diese Uebereinkunft ratifizirt. Der Austausch der Ratifikationen soll in

779 Bern erfolgen, sobald die französischen Kammern ihre nach der dortigen Gesetzgebung nothwendige Zustimmung ertheilt haben werden.

d. Die Hoffnung, welche wir in unserm letzten Geschäftsbericht (Bundesbl. 1891, I, 783) mit Bezug auf die B e r e i n i g u n g der schweizerisch-französischen Grenze zwischen dem M o n t D o l e n t und dem G e n f e r s e e ausdrückten, ist im Jahre 1891 in Erfüllung gegangen. Nach mehrjährigen Vorbereitungsarbeiten ist die Uebereinkunft, die diesen Theil unserer Grenze regulirt, am 10. Juni in Paris unterzeichnet (siehe Botschaft vom 11. Juni, Bundesbl. 1891, III, 493) und vom Nationalrath am 25., vom Ständerath am 26. desselben Monats ratifizirt worden.

Um die Ergebnisse der Uebereinkunft möglichst bald durch Aufstellung der Grenzsteine zu sichern, beschlossen wir, im Einverständniß mit der französischen Regierung, die Arbeiten an Ort und Stelle sofort zu beginnen, damit sie noch während der günstigen Jahreszeit zu Ende geführt werden könnten.

Wir beauftragten daher unverzüglich unsere Kommissäre, die Herren D u m u r und C h a p p e x , der letztere zugleich Abgeordneter des Kautons Wallis, sich zu diesem Zweck mit dem französischen Kommissär, Herrn B r o c h i n , direkt in Verbindung zu setzen. Da Herr H e l d , der erste Topograph des eidgenössischen topographischen Büreau's, durch dringende amtliche Arbeiten verhindert war, sich an die Grenze zu begehen, so mußte er in seiner Eigenschaft als den Kommissären beigegebener technischer Delegirter durch Herrn O t t o G e l p k e , Ingenieur in Luzern, ersetzt werden.

Trotz der großen Schwierigkeiten, mit welchen trigonometrische und geometrische Messungen auf einer und der Transport von Instrumenten auf eine Höhe von durchschnittlich 2000 Meter verbunden sind, konnten doch die Terrainarbeiten am 18. Oktober in St. Gingolph glücklich beendet werden.

Die Berechnungen sind weit vorgerückt; das Grenzbereinigungsprotokoll und die topographischen Pläne sind vorbereitet; kurz, Alles ist zu einem baldigen Austausch der Ratifikationsurkunden bereit.

Wir werden in unserm nächsten Geschäftsbericht hierüber weitere Auskunft zu geben haben.

e. Die i n t e r n a t i o n a l e U e b e r e i n k u n f t b e t r e f f e n d d e n W a a r e n t r a n s p o r t a u f d e n E i s e n b a h n e n i s t i m Laufe des letzten
Jahres von der Schweiz, Rußland, Oesterreich-Ungarn, Deutschland und Frankreich ratißzirt worden. In Belgien hatte sie gegen Ende des Jahres die Genehmigung der Kammern, aber noch nicht die königliche Zustimmung erlangt. Um dieselbe Zeit waren

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wir noch ohne Nachricht betreffend erfolgte Ratifikation Seitens Italiens und der Niederlande.

f. Auf dem W i e n e r W e l t p o s t k o n g r e ß vom 20. Mai bis 4. Juli 1891 wurden neun Vereinbarungen getroffen, die von Ihnen unterm 22./23. Dezember 1891 ratifizirt worden sind (Bundesbl. 1891, V, 293).

B. Erklärungen, Aufkündungen und Abänderungen bestehender Uebereinkünfte Beitrittserklärungen etc.

a. Wir haben am 15. Juni mit I t a l i e n eine Erklärung ausgetauscht betreffend A u s t a u s c h v o n V o l k s z ä h l u n g s m a t e r i a l (Amtl. Sammlung n. F. XII, 299).

Wir bemerken hiebei, daß analoge Uebereinkommen seit dem 24. Januar 1890 mit Deutschland und seit dem 15. Dezember 1890 mit Oesterreich-Ungarn bestehen.

Wir haben der französischen Regierung Vorschläge gemacht, die eine ähnliche Verständigung bezweckten, aber ohne Erfolg.

b. Am 12, März hat der Vorsteher unseres Departements des Auswärtigen mit dem Herrn,Botschafter der französischen Republik in Bern eine E r k l ä r u n g unterzeichnet, wodurch die Artikel 2, 3 und 8 der Uebereinkunft vom 28. Dezember 1880 betreffend die R e g u l i r u n g de r F i s c h e r ei in den G r e n z g e w ä s s e r n abg e ä n d e r t werden. Diese Erklärung ist am 1. Mai in Kraft getreten (Bundesbl. 1891, II, 346).

c. Die vier von der i n t e r n a t i o n a l e n K o n f e r e n z in Madrid zum Schutze des gewerblichen Eigen thu ms in ihren Sitzungen vom 7. bis 14. April 1890 getroffenen Vereinbarungen sind am 14. und 15. April 1891 in Madrid von den Vertretern der betheiligten Staaten in einer zu diesem Zwecke von der spanischen Regierung einberufenen Konferenz unterzeichnet wprden (Bundesbl. 1891, III, 169).

Diese Vereinbarungen haben Sie unterm 19./23. Juni 1891 ratifizirt.

Die von der Konferenz behufs Auswechslung der Ratifikationsurkunden anberaumte Frist ging am 15. Oktober 1891 zu Ende; da aber zwei zur Union gehörende Staaten diese Vereinbarungen nicht rechtzeitig ihren Parlamenten zur Ratifikation vorlegen konnten, so wurde diese Frist bis zum 15. April 1892 verlängert.

d. Mit Note vom 7. September zeigte uns die britische Gesandtschaft an, daß die englischen Kolonien N e u - S e e l a n d und

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Q u e e n s l a n d von nun an als z u r i n t e r n a t i o n a l e n U e b e r e i n k u n f t vom 20. März 1883 zum S c h u t z e des g e w e r b l i c h e n E i g e n t h u m s gehörig zu betrachten seien. Wir brachten diese Mittheilung mit Note vom 14. September den andern zu dieser Union gehörenden Staaten (Belgien, Brasilien, Republik San Domingo, Frankreich, Guatemala, Italien, Niederlande, Portugal, Schweden und Norwegen, Serbien, Spanien, Tunis, Vereinigte Staaten von Amerika) zur Kenntniß.

e. Mit Bekanntmachung vom 14. Juli setzte der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika fest, daß den schweizerischen Angehörigen der Erlaß vom 3. März 1891 betreffend das i n t e r n a t i o n a l e V e r l a g s r e c h t (Copyright) zu gute kommen solle.

f. Auf das Gesuch des leitenden Ausschusses der literarischen und künstlerischen Vereinigung richteten wir unterm 12. Mai an diejenigen Staaten, welche noch nicht zur i n t e r n a t i o n a l e n Union zum Schutze von Werken der Literatur und K u n s t gehören, eine Zirkularnote mit der Einladung, womöglich dieser Union beizutreten und demgemäß ihre Zustimmung zu der in Bern am 9. September 1886 geschlossenen Uebereinkunft, die diese Union geschaffen und bis jetzt die Unterschrift von elf Staaten erhalten hat, zu erklären. Es ist jedoch keine weitere Beitrittserklärung eingelangt.

g. In den W e l t p o s t v e r e i n sind letztes Jahr eingetreten: Britisch Nord-Borneo, die deutschen Schutzgebiete in Ostafrika und Britisch - A u stralien.

h. Der i n t e r n a t i o n a l e n U e b e r e i n k u n f t b e t r e f f e n d die technische Einheit im Eisenbahnwesen und den Z o l l v e r s c h l u ß haben sich angeschlossen: Belgien, Rumänien, Serbien und Griechenland.

i. Rumänien hat auch seinen Beitritt zur i n t e r n a t i o n a l e n P h y l l o x e r a - K o n v e n t i o n vom 3. November 1881 erklärt.

C. Projektirte Verträge.

a. Die Verhandlungen über einen F r e u n d s c h a f t s - , N i e d e r l a s s u n g s - und H a n d e l s v e r t r a g mit S c h w e d e n - N o r w e g e n , wovon wir in unserm letztjährigen Geschäftsbericht sprachen (Bundesbl. 1891, II, 778), sind nicht weiter gediehen.

b. Gegen Ende des Jahres hat uns das Post- und Eisen bahndepartement seinen Bericht über den E n t w u r f e i n e r U e b e r e i n k u n f t z w i s c h e n der S c h w e i z u n d I t a l i e n h i n s i e h t -

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lieh d e r S c h i f f f a h r t auf dem L a n g e n - u nd L u g a n e r - S e e eingereicht, worüber schon seit mehreren Jahren Verhandlungen im Gange sind. Wir haben die Bemerkungen dieses Departements der italienischen Regierung übermittelt.

c. Bei Anlaß eines Zwischenfalles, der sich letzten Sommer zwischen d e n B e r g f ü h r e r n d e s K a n t o n s W a l l i s u n d d e n j e n i g e n von C h a m o u n i x mit Bezug auf die Ausübung ihres Berufes ereignete, schlug uns die französische Regierung vor, den Führern beider Länder durch Erlaß einer geineinsamen V e r o r d n u n g die freie Ausübung ihres Berufes auf beiden Gebietsteilen gegenseitig zuzusichern. Da sich der Staatsrath des Kantons Wallis geneigt zeigte, auf die Anregung der französischen Regierung einzutreten, so antworteten wir letzterer unterm 29. Oktober, wir würden Vorsehläge von ihrer Seite hinsichtlich der fraglichen Verordnung begrüßen.

Wir erinnern hier daran, daß in den Jahren 1882, 1883 und 1884 zum ersten Mal Verhandlungen zwischen Walliser Abgeordneten und dem Präfekten von Hoch-Savoyen angeknüpft wurden, die den Abschluß eines derartigen Uebereinkommens zum Zwecke hatten, aber damals nicht zum Ziele führtet!, weil einige der Forderungen der Präfektur von Hoch-Savoyen von der Walliser Regierung nicht angenommen werden konnten.

d. Die Regierung von Nicaragua drückte uns den Wunsch aus, ein Konsulat in der Schweiz zu errichten. Wir schlugen ihr vor, zunächst die Beziehungen zwischen beiden Staaten durch den Abschluß eines F r e u n d s c h a f t s - , N i e d e r l a s s u n g s - , H a n d e l s - und K o n s u l a r - V e r t r a g s zu regeln, wobei der mit Salvador unterm 30. Oktober 1883 abgeschlossene Vertrag (A. S.

n. F. VII, 743 u. ff.) als Grundlage dienen könnte. Die Antwort aus Managua steht noch aus.

e. Unterm 21. Dezember haben wir der c h i l e n i s c h e n Reg i e r u n g bei Anlaß unserer Antwort auf ihre Anzeige von der Wiederherstellung der rechtmäßigen Regierung auf dem ganzen Gebiete der Republik den gleichen Vorschlag gemacht. Da noch kein derartiger Vertrag zwischen beiden Ländern besteht, so glauben wir in der That, es läge im Interesse beider Parteien, diese für die internationalen Beziehungen so wichtigen Angelegenheiten gemeinsam zu ordnen.

f. Was die s c h w e i z e r i s c h -
c h i l e n i s c h e n Unterhandlungen über einen Aus l i e f e r u n g s v e r t r a g betrifft, so sind diese verschoben worden bis zur Entscheidung über das Bundesgesetz betreffend die Auslieferung.

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g. Herr Rodé, unser Ministerresident in Buenos Aires, hat nicht ermangelt, sich über den Entwurf eines s c h w e i z e r i s c h - a r g e n t i n i s c h e n A u s ! i ef er u n gs V e r t r a g e s , der im Jahre 1887 in Bern unterzeichnet worden war, zu erkundigen. Der argentinische Minister des Auswärtigen antwortete, der Entwurf seheine ihm und der Kommission der Kammer, die sich damit befaßt habe, gewisse Bestimmungen zu enthalten, die mit dem argentinischen Gesetze über die Auslieferung vom Jahre 1885 nicht im Einklänge stünden.

Es würde dies dessen Revision nöthig "ö machen.

h. Der Entwurf eines F r e u n d s c h a f t s - , N i e d e r l a s s u n g s H a n d e l s - und K o n s u l a t - - V e r träges mit der a r g e n t i n i s c h e n R e p u b l i k liegt bereit und wird im Laufe des nächsten Jahres eingehend geprüft werden.

i. Wir wollen noch erwähnen, daß wir uns bei Gelegenheit eines im Schooße des Instituts für internationales Recht ausgedrückten Wunsches geneigt erklärt haben, unter Umständen die Initiative zu diplomatischen Schritten zu ergreifen betreffend Gründung einer i n t e r n a t i o n a l e n U n i o n z u r V e r ö f f e n t l i c h u n g d e r V e r t r ä g e u n d Ue h e r e i n k ü n f t e z w i s c h e n d e n v e r schiedenen Staaten.

D. Besondere Fälle.

a. In unserm letzten Geschäftsbericht (Bundesbl. 1891, I, 779) haben wir die Hoffnung ausgedrückt, Ihnen dieses Jahr eine endgültige Abrechnung über die Vertheilung des an die eidgenössische Staatskasse ein bezahlten Theiles der G u t h a b e n der e h e m a l i g e n S c h w e i z e r r e g i m e n t e r i n s p a n i s c h e n D i e n s t e n vorlegen zu können. Leider ist. die Erledigung der Ansprüche und die Aufstellung eines Vertheilungsplanes trotz des Fleißes und der Hingebung des Liquidators, des Herrn Advokaten R é p o n d in Freiburg, viel mühsamer gewesen, als wir vorausgesehen hatten.

In einzelnen ganz besondern Fällen mußte die in unserm Beschluß vom 2. Juni 1890 vorgesehene Frist verlängert und eine Menge von untergeordneten Fragen erledigt werden, und es ist klar, daß der Vertheilungsplan erst aufgestellt werden konnte, nachdem über alle eingereichten Ansprüche entschieden worden war. Indessen ist Herr Repond mit seinen Arbeiten so weit vorgerückt, daß eine erste Vertheilung für die erste
Hälfte des Jahres 1892 bestimmt in Aussicht genommen werden kann.

Was die noch ausstehenden Guthaben betrifft, so hat unser Generalkonsul in Madrid, Herr Lardet, seine Bemühungen fort-

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gesetzt. Wir hoffen, die spanische Regierung werde erkennen, wie sehr es am Platze wäre, diesen langjährigen Forderungen gerecht zu werden, die, wie wir schon in unserm letzten Geschäftsbericht bemerkten, um so mehr Berücksichtigung verdienen, als sie mit den glorreichen Erinnerungen an den spanischen Unabhängigkeitskrieg verknüpft sind.

b. Am 26. April verordnete das chilenische Kolonienministerium, daß jeder Kolonist, welcher E i g e n t h ü m e r des ihm a n g e wiesenen Landes zu werden wünsche, vorher chilen i s c h e r B ü r g e r w e r d e n m ü s s e . In unserer Sitzung vom 20. Juni beschlossen wir, gegen diese Maßregel, die eine Verletzung der zwischen unsern Kolonisten und der Regierung abgeschlossenen Verträge enthielt, zu protestiren. Diese Verträge, die alle nach demselben Muster abgefaßt sind, zählen die Bedingungen auf, unter welchen der Kolonist Eigenthümer des ihm angewiesenen Landes werden kann ; nirgends ist von der Verpflichtung zur Erwerbung des chilenischen Staatsbürgerrechts die Rede.

Wir richteten daher an unsern Konsul in Valparaiso zu Händen des Präsidenten der Republik Chile folgende Note (Uebersetzung): ,,Bern, 20. Juni 1891.

,,Herr Präsident!

,,Die in Chile, insbesondere in Traiguen niedergelassenen schweizerischen Kolonisten beklagen sich hei uns über einen Erlaß der Generalinspektion, beziehungsweise des Kolonienministeriums der Republik Chile, wonach kein Kolonist das Eigentumsrecht über das ihm zugewiesene Land erlangen kann, falls er sich nicht vorher als chilenischen Bürger erklärt, d. h. um den Bürgerbrief (carta ciudadania") nachsucht.

,,Der fragliche Erlaß lautet (Uebersetzung): ,,.,,Gemäß den vom Ministerium erhaltenen Weisungen wollen Sie den Kolonisten, die um Verleihung von Eigenthumsreehten eingekommen sind, zur Kenntniß bringen, daß sie auf meinem Bureau zu erscheinen haben, um eine Erklärung zu unterzeichnen, woraus hervorgeht, daß sie einen Bürgerbrief zu erhalten und also chilenische Bürger zu werden wünschen, da der Herr Kolonienminister erklärt, daß ihnen nur unter dieser Bedingung das verlangte Eigenthumsrecht zugestanden werden dürfe.

,,^Traiguen, 17. April

1891.

,,,,Mit Gruß ,,,,(gez.) A. F. Munnoz.1*-"-

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,,Nun sind die schweizerischen Kolonisten auf Grund von zwischen ihnen und Herrn Benjamin Davila-Larrain, Generalagenten und Bevollmächtigten der chilenischen Regierung, abgeschlossenen Verträgen nach Chile ausgewandert. Nach diesen durchaus gleichlautenden Verträgen hängt die Aushändigung von Eigenthutnstiteln an die Kolonisten von folgenden Bedingungen ab (Uebersetzung) : ,,,,Der Eigenthurnstitel wird dem Kolonisten ausgehändigt, wenn er ein Wohnhaus fertig gestellt und wenigstens vier Hektaren Land in guten Kulturzustand versetzt hat. Es ist, ihm jedoch verboten, das ihm angewiesene Land vor Ablauf des fünften Jahres zu verkaufen oder zu verpfänden. Nach dieser Frist kann er es thun, sofern er der Regierung entweder den vorgestreckten Betrag zurückbezahlt oder ihr für die noch schuldige Summe ein Pfand gibt.

,,,,Wenn der Kolonist binnen vier Jahren, von dem Tage an gerechnet, wo ihm das Land übergeben worden ist, die vorhin angegebenen Arbeiten nicht ausgeführt hat, so verliert er allen Anspruch auf das ihm angewiesene Land, und die chilenische Regierung kann zu Gunsten eines Andern darüber verfügen, nachdem sie die ausgeführten Arbeiten durch einen Sachverständigen hat schätzen lassen. Der Betrag dieser Schätzung wird von den seitens der Regierung gemachten Vorschüssen, von welchen in den Art. 1, 5, 6 und 7 die Rede ist, in Abzug gebracht. Wenn der Kolonist mit der von dem Sachverständigen vorgenommenen Schätzung nicht einverstanden ist, kann er von sich aus einen Experten ernennen, und diese beiden sind ermächtigt, für den Fall, daß sie sich nicht einigen, einen dritten zu wählen. aa ^Die Erwerbung der chilenischen Staatsangehörigkeit wird in keiner Weise als Bedingung aufgestellt. Man begreift deßhalb, daß die schweizerischen Kolonisten durch den erwähnten Erlaß in lebhafte Aufregung versetzt wurden und gegen eine Maßregel protestirten, die sie mit Recht als eine Verletzung von Rechten ansehen, welche ihnen durch formgültige Verträge ausdrücklich zugesichert worden sind.

,,Unter diesen Umständen theilen wir vollkommen die Ansicht der schweizerischen Kolonisten in Chile und haben die Ehre, Bure Exzellenz zu ersuchen, das Nöthige vorkehren zu wollen, damit der Erlaß, den wir hier im Auge haben, als nicht auf die schweizerischen Kolonisten anwendbar erklärt werde, und damit diejenigen unter
ihnen, welche die in ihren Verträgen enthaltenen Bedingungen erfüllt haben, nicht in ungerechter Weise von der Erlangung des Eigentumsrechtes an dem ihnen angewiesenem Lande ausgeschlossen werden.

786 ,,Indem wir auf die rechtliche Gesinnung und das Billigkeitsgefühl Eurer Exzellenz Vertrauen setzen, zweifeln wir nicht daran, daß Sie die Güte haben werden, dejm Gesuche, das wir hiemit zu stellen die Ehre haben, zu entsprechen.

,,Wir benutzen etc.

,,Bundesrath. a Die deutsche Reichsregierung beauftragte auf unser Gesuch hin ihren Vertreter in Santiago, unsere Beschwerde auf diplomatischem Wege zu unterstützen.

Wir haben die Genugthuung, Ihnen zur Kenntniß zu bringen, daß unsere gerechten Vorstellungen nicht vergeblich waren.

Nach dem Sturze Balmaceda's richtete Herr Matta, Minister des Auswärtigen, an unsern Konsul hierüber folgende Note (Uebersetzung) : ,,Santiago, 2. Oktober 1891.

,,Herr Konsul !

,,Ich habe die Ehre, Ihnen beiliegend ein Dekret der Junta zu übermitteln, wodurch der Direktorial-Erlaß, betreffend die vorgängige Einbürgerung der Kolonisten vor Ausstellung eines definitiven Bigenthumstitels an dieselben, aufgehoben wird.

,,Indem ich Ihnen von diesem Beschlüsse Kenntniß gebe, bitte ich Sie, den schweizerischen Bundesrath in Beantwortung seiner Note vorn 20. Juni laufenden Jahres hievon benachrichtigen zu wollen.

,,Ich benutze den Anlaß etc.

,,(gez.) M. A. Matta."(l Beilage.)

Folgenfies sind nun die Erwägungen und das Dispositiv des dem Briefe des Herrn Matta beigegebenen Beschlusses der Junta (Ueberseizung) : In Erwägung, 1. daß die Verfassung dem Ausländer, der in diesem Lande Grundeigenthümer wird, diese Verpflichtung nicht auferlegt; 2. daß der Erlaß vom 18. Juni 1856, welcher den Artikel 5 des Gesetzes vom 18. November 1845 regelt, bestimmt : .,,Die Ausländer, welche sich als Kolonisten in Chile niederlassen und sich einzubürgern wünschen, können diese Absicht der Behörde des Departements, wo sie wohnen, kundgeben", und also die Einbürgerung keineswegs für die Erwerbung von Grundeigentum obligatorisch macht, und

787 3. daß die durch die Erlasse vom April und Mai dieses Jahres auferlegte Verpflichtung weder in den in Buropa zwischen den Einwanderungsagenten und den Einwanderern abgeschlossenen Verträgen, noch in den Gesetzen des Landes vorgesehen ist, beschließt die Regierungs-Junta : ,,Den in der Republik niedergelassenen Kolonisten sollen Eigenthumstitel ausgehändigt werden, sobald sie die ihnen durch das Gesetz oder durch besondere Verträge auferlegten Bedingungen erfüllt haben. Die Eintragung des Eigentumsrechts kann an keine andere Bedingung geknüpft werden.

,,Alle frühem Bestimmungen über diesen Gegenstand sind abgeschafft.

,,Vorgemerkt, mitgetheilt, bekanntgemacht und eingetragen in die Ausgabe der Gesetze und Erlasse den 1. Oktober 1891.

,,(gez.) Montt. M. A. Matta.«c. Am 4. August theilte uns Herr Zürcher, unser Konsul in Valparaiso, mit, daß Herr Cölestin B r e g a n t i , V e r w a l t e r des V i z e k o n s u l a t s in T r a i g u e n , von chilenischen Poli'/.eiheamten mißhandelt und in ungesetzlicher Weise eingekerk e r t w o r d e n s e i , und zwar unter folgenden Umständen: Herr Breganti hatte von der chilenischen Regierung die Ermächtigung erhalten, mit den Mitgliedern unserer Kolonie in Traiguen die sechshundertjährige Gedenkfeier der Gründung der Eidgenossenschaft zu begehen und diese Feier durch die Einübung von Vaterlandsliedern, die Abends in einem öffentlichen Lokale stattfand, vorzubereiten.

Am 27. Juli wurde eine dieser Uebungen durch chilenische Polizeibeamte unterbrochen, welche unsere Landsleute beschimpften und ihnen den Befehl ertheilten, zu schweigen und auseinftnderzugehen. Erst nach Einsicht der geschriebenen Vollmacht des Gouverneurs entfernten sich diese Polizisten. Aber eine Stunde später, bei der Heimkehr, wurden Herr Breganti und zwei oder drei seiner Freunde von den gleichen Polizisten gefangen genommen und trotz ihrer Einsprache eingesperrt. Der Verwalter unseres VizekoQSulats suchte vergeblieh, sich zu erkennen zu geben.

Erst nachdem sie eine ganze Nacht in einem 4 Meter langen und 2 Meter breiten Kerker, wo sich bereits vier Europäer und acht chilenische Landstreicher befanden, zugebracht und in diesem verpesteten Räume sehr von der Kälte und an Luftiöangel gelitten hatten, wurden Herr Breganti und seine Gefährten freigelassen.

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Sie reichten im Laufe des Tages eine Klage an den Polizeikommandanten ein, woraufhin die schuldigen Polizisten bestraft wurden.

Von diesen Vorkommnissen in Kenntniß gesetzt, konnten wir die bloße Bestrafung der Schuldigen für keine genügende Genugthuung halten, in Anbetracht, daß es sich um einen unserer Konsularagenten handelte. Wir beauftragten daher Herrn Zürcher, diesen Vorfall der chilenischen Regierung zur Kenntniß zu bringen und von dieser Genugthuung, sowie Maßregeln zur Verhütung fernerer ähnlicher Mißbräuche zu verlangen.

Der chilenische Minister des Auswärtigen gab uns Namens seiner Regierung die verlangte Genugthuung. Er hob dabei hervor, daß der Vorfall sich unter der Herrschaft Balmaceda's ereignet hätte. Unter diesen Umständen erklärten wir die Angelegenheit als erledigt.

d. Nachdem die Truppen Balmaceda's am 28. und 29. August bei Vinna del Mar geschlagen worden waren, zeigte uns Herr Georg M o n t t, Präsident der Junta der provisorischen Regierung der R e p u b l i k C h i l e , mit Note vom 30. August die Wiederherstellung der gesetzmäßigen Ordnung im ganzen Gebiete der Republik an.

e. Herr F l o r i a n e P e i x o t o hat uns unterm 30. November angezeigt, daß er an Stelle des infolge der wohlbekannten Ereignisse zurückgetretenen Generals Manuel Deodoro da Fonseca zum Präsidenten d e r V e r e i n i g t e n S t a a t e n v o n B r a s i l i e n erhoben worden sei.

Unsere Beziehungen mit Brasilien sind durch die Errichtung einer Gesandtschaft dieses Landes in Bern lebhafter und anhaltender geworden. Wir haben diese Maßregel mit Genugthuung begrüßt.

f. Mit Note vom 20. Mai beklagte sich der italienische Gesandte in Bern bei uns über die Behandlung, die dem früher in Mendrisio wohnhaften italienischen Staatsangehörigen Paul C o r t e l e z z i , Papier- und Buchhändler, von Seite gewisser tessinischen Gerichts- und Verwaltungsbehörden zu Theil geworden sei.

In der Nacht vom 26. auf den 27. Dezember 1890 wurde eine Seheibe im Laden Cortelezzi's eingeschlagen. Cortelezzi flickte sie mit einem Stück Papier, auf das er die Worte geschrieben hatte: ,,Die feigen Konservativen, die sie eingeschlagen, werden sie bezahlen". Als er dann später den Studenten Evaristo Camponovo vorbeigehen sah, von dem man ihm gesagt hatte, er gehöre zu der Gesellschaft junger Leute, die man beschuldige, die Scheibe zerbrochen zu haben, griff er .ihn an und versetzte ihm einen Faustschlag.

789 Kurz darauf kehrte jedoch der Student mit einigen Verwandten und Alessandro Soldini zurück; es entspann sich im Laden Cortelez/,i's ein Handgemenge, wobei dieser von seinem Revolver Gebrauch machen wollte, was aber von seinen Gegnern verhindert wurde. Infolge dieser Vorfälle wurde Cortelezzi verhaftet und fünf Tage lang in Untersuchungshaft behalten, dann verhört und in Freiheit gesetzt.

Frau Cortelezzi erhob Klage gegen Camponovo und Konsorten wegen der im Laden vorgekommenen Beschädigungen, und ihr Mann beschuldigte Soldini eines Diebstahls von Fr. 200, worauf dieser mit einer Verleumdungsklage antwortete. Am 29. April wurde die Untersuchung geschlossen und Cortelezzi wegen leichter Körperverletzung und Verleumdung in Anklagezustand versetzt, während die Klagen der Eheleute Cortelezzi als unbegründet abgewiesen wurden.

Aus dem Gang der durch diese Klagen veranlaßten Untersuchung schöpfte die italienische Regierung den Grund zu Beschwerden gegen den tessinischen Regierungsstatthalter und den Untersuchungsrichter für die Bezirke Lugano und Mendrisio, sowie gegen die Anklagekammer des Kantons Tessin.

Nach genauer Prüfung der uns vom tessinischen Staatsrathe übermittelten Akten überzeugten wir uns, daß bei der Behandlung des Prozesses Cortelezzi Unregelmäßigkeiten stattgefunden hatten.

Es scheint insbesondere, daß der Regierungsstatthalter kaum im Falle ist, die Verhaftung Cortelezzi's genügend zu rechtfertigen ; Verhör und Freilassung hätten früher erfolgen sollen ; die Behauptung, das Vergehen des Hausfriedensbruchs habe aus dem Grunde nicht verfolgt werden müssen, weil Frau Cortelezzi in der Klage, worin sie den Vorfall erzählte, dasselbe nicht ausdrücklich als solches bezeichnet habe, scheint wenig stichhaltig; endlich ist die ohne zutreffenden Grund erfolgte Unterbrechung der Untersuchung vom 7. Februar bis zum 1. April als eine bedauerliche Thatsache zu betrachten.

Unter diesen Umständen haben wir keinen Anstand genommen, dem Untersuchungsrichter einen ernsten Tadel auszusprechen und die tessinische Regierung einzuladen, ihren Statthalter auf die Unregelmäßigkeit, die in der von ihm angeordneten Verhaftung lag, aufmerksam zu machen.

ludern wir die italienische Gesandtschaft von diesen unseru Maßnahmen in Kenntniß setzten, wiesen wir darauf hin, daß dem Angeklagten die Rechtsmittel zu Gebote stehen, welche ihm die tessinische Strafprozeßordnung sowohl als die Bundesverfassung

790 gewähren, auf deren Schutz er, den Verträgen gemäß, den gleichen Anspruch habe wie ein Schweizerbttrger.

Wir haben zugleich die Hoffnung ausgedrückt, die italienische Regierung werde sich von den getroffenen Maßregeln befriedigt erklären, was in der That der Fall war. Der Zwischenfall war somit erledigt.

g. Wir hatten uns auf das Gesuch der britischen Gesandtschaft mit der A n g e l e g e n h e i t der F r a u ß u r k e zu befassen, einer Engländerin, die sich beklagte, am 23. August von der Polizei in Montreux brutal behandelt und in willkürlicher Weise eingekerkert worden zu sein.

Die auf Ansuchen unseres Departements des Auswärtigen vom waadtländischen Staatsrathe angehobene Untersuchung wies die unbedingte Unrichtigkeit der Behauptungen der Frau Burke und die Berechtigung der ihr gegenüber getroffenen Maßnahmen schlagend nach. Die britische Gesandtschaft erkannte daher auch an, daß sie keine Veranlassung zur Intervention habe.

h. Am 15. Januar wurde Herr Karl H a n g a r t n e r von Schaffhausen, welcher den Bau der Rheinbrücke bei Kaiserstuhl leitete, auf dem rechten Flußufer von badischen Polizeibeamten unter der Anschuldigung verhaftet, er habe sich im Dezember 1890 in Kaiserstuhl Beleidigungen gegenüber dem deutschen Kaiser zu Schulden kommen lassen. Auf das Begehren Hangavtners ersuchlen wir die deutsche Reichsregierung, eine Untersuchung über diesen Fall anzuheben, um festzustellen, mit welchem Recht ein SchweizerbUrger auf deutschem Gebiet unter der Anklage eines angeblichen, auf schweizerischem Gebiete begangenen Vergehens dieser Art verhaftet werden könne.

Die deutsche und die badische Regierung anerkannten, daß das Vorgehen des badischen Staatsanwaltes ungesetzlich und bloß dadurch erklärlich sei, daß dieser angenommen habe, Hangartner sei deutscher Reichsangehöriger, und zeigten an, daß der Staatsanwalt einen Verweis erhalten habe.

Unter diesen Umständen beschlossen wir, da Hangartner keine materielle Entschädigung verlangt hatte, den Zwischenf'all als erledigt zu betrachten.

i. Am 15. Mai übermittelte uns das Justizdepartement des Kantons Solothurn die Beschwerde eines gewissen Christian Z ü r cher, der sich darüber beklagte, daß er auf elsäßischem Boden verhaftet worden sei, kaum habe er in Ausführung eines ihm von seinem Dienstherrn Stefan Grschwind in Oberwyl, Kanton Baselland-

791

schaft, gegebenen Auftrags die Grenze überschritten. Wir haben dieser Klage, als unbegründet, keine Folge gegeben. Gegen Zürcher bestand ein Ausweisuugsdekret aus Elsaß-Lothringen, das zur Zeit seiner Verhaftung in Kraft war. Zürcher mußte hievon Kenntniß haben, und zwar um so eher, als er auf Grund desselben Dekrets wegen ßannbruchs schon vier Mal vorbestraft war.

j. Am 8. August 1890 begab sich der Gemeiudeförster S c h ö p f e r von St. Peter, Kanton Pflrt (Elsaß-Lothringen), zu dem Müller August Meyer zur ,,neuen Mühle a , Gemeinde Pleigne, um nachzusehen, ob sich nicht Holzblöcke dort befänden, die aus den unter seiner Aufsicht stehenden Waldungen stammten und abhanden gekommen waren.

Diese Handlung gab. auf eine Klage August Meyers hin, Veranlassung zu einer vom Untersuchungsrichter des Bezirks Delsberg ,,wegen Amtsmißbrauch" gegen Schöpfer angehobenen Strafklage.

Ohne daß der Vorfall zunächst auf diplomatischem Wege erörtert worden wäre, wurde Schöpfer am 4. Juli 1891 als Angeklagter vor den Richter in Delsberg geladen. Schöpfer fragte die deutsche Oberbehörde an, ob er der Vorladung Folge leisten solle.

Unserm Departement des Auswärtigen wurde diese Angelegenheit unterm 14. Juli durch die deutsche Gesandtschaft vorgelegt, da, nach der Ansicht der deutschen Reichsregierung, die gegen Schöpfer erhobene Klage unbegründet sei. Aus der in Deutschland vorgenommenen Untersuchung erhelle nämlich, daß der Angeklagte, als er sich zur ,,neuen Mühle tt begab, keineswegs die Absicht hatte, sich amtliche Verrichtungen anzumaßen. Diesen Schritt habe er auf Wunsch und im Interesse des Käufers der abhanden gekommenen Tannenholzblöcke, des Holzhändlers Jacquemin von Roggenburg, gethan behufs Feststellung der Identität der dort liegenden Holzblöcke. Schöpfer habe sich für verpflichtet gehalten, in seiner Eigenschaft als Verkäufer und aus persönlichen Gründen Jacquemin diesen Dienst zu erweisen, der mit seinen amtlichen Verrichtungen in keinerlei Beziehungen stehe.

Wir haben der Regierung des Kantons Bern diese Ansichtsäußerung mitgetheüt, aber noch keine Antwort hierüber erhalten.

k. Man nimmt noch immer unsere Vermittlung in Anspruch, um w o möglich d i e B e f r e i u n g a u s d e m D i e n s t e i n d e r f r a n z ö s i s c h e n F r e m d e n l e g i o n zu erwirken. Wir wiederholen hier, daß wir
nur in g a n z a u s n a h m s w e i s e n Fällen solchen Gesuchen Rechnung tragen können. Wir haben dieses Jahr deren sechs der französischen Regierung übermittelt, von denen nur drei Erfolg hatten, und doch hatten wir sechse als gänzlich aussichtslos

792

schon von uns aus abgewiesen. Wir weisen darauf hin, daß die einzigen Gründe, welche allenfalls zur Befreiung führen können, jugendliches Alter (unter 18 Jahren) und Krankheit sind; zudem darf der Angeworbene bei seiner Anwerbung nicht etwa vorgegeben haben, daß er das verlangte Alter schon besitze.

l. Angesichts des h ä u f i g e n B e t r e t e n s s c h w e i z e r i s c h e n G e b i e t e s seitens ausländischer bewaffneter und uniformirter M i l i t ä r p e r s o n e n und in Anbetracht der Uebelstände, welche dieser Mißbrauch zur Folge haben könnte, sahen wir uns veranlaßt, unsere Gesandtschaften in Paris, Rom und Wien zu beauftragen, die Aufmerksamkeit der Regierungen, bei denen sie akkreditirt sind, auf diesen Punkt hinzulenken. Wir können nicht zugeben, daß ihre Offiziere, Unteroffiziere oder Soldaten in Uniform, bewaffnet oder nicht, ohne Erlaubniß unser Land betreten, ebenso wenig als diese Regierungen es Seitens unserer eigenen Militärpersonen dulden.

Was die deutsche Reichsregierung betrifft, so hatten wir nicht nöthig, uns offiziell an sie zu wenden, da sie schon vorher strengste Befehle in dieser Hinsicht ertheilt hatte, nachdem sie. wie übrigens auch die Regierungen der andern an die Schweiz angrenzenden Länder, offiziös von den Weisungen in Kenntuiß gesetzt worden war, die wir unsern Gesandtschaften zuzustellen beabsichtigten.

Es versteht sich von selbst, daß wir in den Grenzbeziehungen eine gewisse Duldsamkeit nicht ausschließen -wollen, aber wir halten darauf, daß diese auf das N o t h w e n d i g s t e eingeschränkt werde, so daß klar ersichtlich ist, daß es sich um eine bloße Duldung und nicht um ein Recht irgend welcher Art handelt.

In allen Fällen, die nicht genau zu dieser Kategorie gehören oder welche sich nicht in Folge besonderer Missionen ergeben, müssen wir fordern, daß jedes Mal die Ermächtigung auf diplomatischem Wege nachgesucht werde. Wir beobachten dieses Verfahren immer bei unseru eigenen Militärpersonen, die sich in's Ausland begeben.

m. Wir haben leider auch dieses Jahr auf mehrere U e b e r t r e t u n g e n u n s e r e s G e b i e t e s hinzuweisen. Abgesehen von einem unbedeutenden Vorfalle an der elsäßischen Grenze haben alle wieder an der s c h w e i z e r i s c h - i t a l i e n i s c h e n G r e n z e stattgefunden.

1. Am 4. Mai suchten zwei
italienische Zollwäehter, jjwelche in der Nähe des Dorfes M o n t e g g i o einen ihrer Kameraden, der desertirt war, bemerkten, ihn zuerst mit List auf italienisches Gebiet hinuberzulocken. Als ihnen dies nicht gelang, verfolgten

793 j

sie ihn, erreichten ihn ungefähr 100 Meter von der Grenze und trachteten, ihn trotz seines verzweifelten Widerstandes mit Gewalt auf italienischen Boden hinüberzuschleppen. Erst als Einwohner von Monteggio herbeieilten, standen die Augreifer von ihrem Vorhaben ab und zogen sich nach Italien zurück. Wir anerkennen gern, daß'die italienische Regierung uns sofort die verlangte Genugthuung gab, indem sie die Schuldigen, Ferraresi und Lazzareschi, streng bestrafte und uns die Zusicherung gab, daß neue, sehr strenge Weisungen unverzüglich an die Zollbehörden an der Schweizergrenze geschickt werden sollten, um soviel als möglich die Wiederholung solcher bedauerlichen Vorfälle zu vermeiden. Wir betrachteten daher die Angelegenheit als erledigt.

2. Am 20. August übermittelte uns der Staatsrath des Kantons Tessin einen Bericht, wonach zwei Unterbeamte der italienischen Finanzwache zu Colombirolo in das Gebiet der tessinischen Gemeinde P e d r i n a t e - e i n g e d r u n g e n seien, um sich dort eines zum Schmuggel bestimmten Waarenballens zu bemächtigen, wobei sie mehrere Schüsse auf Personen, die sie für Schmuggler hielten, abgegeben hätten.

Die italienische Regierung antwortete un°, laut der von ihrer Seite angehobenen Untersuchung hätten die genannten Zollwächter den fraglichen Ballen auf i t a l i e n i s c h e m Boden mit Beschlag belegt. Einer von ihnen habe allerdings von seiner Schußwaffe Gebiuueh gemacht, aber im Zustande der Nothwehr, da er von Steinwürfen verletzt worden sei. Um uns dessenungeachtet zu beweisen, wie ernst sie die uns gegenüber in dieser Hinsicht eingegangenen Verpflichtungen nehme, überwies die italienische Regierung den Zollwächter, der von seinen Waffen Gebrauch gemacht hatte, dem Militärgerichte zu Mailand. Infolge dessen wurde der Vorfall als erledigt erklärt.

3. Wir erwähnen nur beiläufig die Grenzverletzung, die sich bei P a n t i n i a, etwa 200 Meter von der italienischen Grenze, auf Walliser Boden zugetragen haben soll. Sie schien uns in der That nicht genügend erwiesen zu sein, und wir haben uns darauf beschränkt, d er italienischen Regierung einfach die Thatsachen, wie sie uns berichtet waren, zur Kenntuiß zu bringen, ohne ein Begehren daran zu knüpfen. Wir wollten hiebei nochmals den Beweis leisten, wie sehr es uns daran liege, die Zahl derartiger Beschwerden zu
verringern, welche wir nur in ernsten und gehörig festgestellten Fällen erheben.

4. Anfangs September brachten verschiedene schweizerische und ausländische Zeitungen die Nachricht, daß italienische Soldaten Bundesblatt. 44. Jahrg. Bd. II.

53

794

-- man sprach sogar von einem ganzen Bataillon Alpenjäger -- mit Waffen und Gepäck ü b e r den S a n G i a c o m o - P a ß i n's B e d r e t t o - T h a l bis n a c h V i l l a vorgedrungen seien. Der Staatsrath des Kantons Tessin, den das Departement des Auswärtigen sofort telegraphisch anfragte, antwortete, die Nachricht sei durchaus unbegründet. Das Departement ließ sie demnach dementiren.

Da jedoch gewisse Zeitungen ihre Behauptung aufrecht hielten, so ersuchte das Departement des Auswärtigen das schweizerische Militärdepartement und den tessinischen Staatsrath um eine eingehende Untersuchung, deren Ergebniß mit aller wünschbaren Deutlichkeit klarlegte, daß die fraglichen Gerüchte falsch, und daß die einzigen Truppen, welche die betreffende Gegend betreten hatten, tessinische Soldaten und eidgenössische Sappeurs gewesen waren. Diese Erhebungen wurden durch eine aus Rom stammendeauthentische Erklärung bestätigt, wonach seit dem 2. Juli keinerlei Abtheilung A l p e n j ä g e r mehr an der schweizerischen Grenze gewesen wäre.

5. Auch die Gerüchte, es seien A l p e n j ä g e r i n's E n g a d i n e i n g e d r u n g e n , stellten sich als gänzlich grundlos heraus.

Mit Befriedigung konstatiren wir eine gewisse Abnahme dieser mißlichen Grenzvorfälle, die, einzeln genommen, keine übergroße Bedeutung haben, aber zusammengefaßt doch einen bemühenden Eindruck machen und unter Umständen sehr ernste Folgen haben könnten. Wir wollen hoffen, daß die Anstrengungen der italienischen, Regierung von Erfolg gekrönt seien und wir uns nur mehr selten über derartige Vorfälle zu beklagen haben werden.

o . D a s S e t z e n v o n Marchsteinen a u f d e r s c h w e i z e r i s c h - d e u t s c h e n ( E l s a ß - L o t h r i n g e n ) G r e n z e ist in diesem Jahre fortgesetzt und längs der Grenze der Kantone Baselstadt, Baselland und Solothurn beendet worden. Für den Theil der Grenze längs der beiden ersteren Kantone ist das Protokoll vor Schluß des Jahres genehmigt und ausgetauscht worden. Wir hoffen die Arbeiten zwischen dem Kanton Bern einerseits und ElsaßLothringen andererseits bald zu Ende geführt zu sehen.

p. Wir hatten uns mit der italienischen Regierung bei der W i e d e r a u f r i c h t u n g des G r e n z s t e i n s Nr. 21 an der Grenze der tessinischen Gemeinde Breno und der italienischen Gemeinden.
Curiglia und Monteviasco zu betheiligen. Die Protokolle über dieseWiederaufrichtung sind von den Regierungen beider Länder genehmigt und ausgetauscht worden.

q. Da wir in T u n i s keinen Vertreter haben, so hat das dortige deutsehe Konsulat die Gefälligkeit, im Krankenhause St. Louis die

795

Kosten für dort v e r p f l e g t e s c h w e i z e r i s c h e Staatsa n g e h ö r i g e zu berichtigen. Nun hat sich dieses Jahr ein Individuum vermittelst der Papiere eines gewissen G i o v a n e l l i G e r m a n o , der, wie später festgestellt wurde, schon irn Jahre 1887 im Militärspital zu Blidah verstorben war, als Schweizer ausgegeben, und zwar als Angehörigen von Bidogno im Kanton Tessin.

Wir haben trotzdem bei dem tessinischen Slaatsrath auf Bezahlung der fraglichen Kosten gedrungen, da es im wohlverstandenen Interesse der Tessiner lag, welche in Zukunft iris Krankenhaus St. Louis aufgenommen zu werden wünschen, daß diese Schuld nicht unbezahlt blieb.

r. In unserm letzten Bericht (Bundesbl. 1891, I, 781) theilten wir Ihnen mit, daß wir mit der französischen Regierung wegen Erbauung einer B r ü c k e ü b e r d e n D o u b s z w i s c h e n l a R a s s e ( F r a n k r e i c h ) und la C h a u x - d e - F o n d s in Unterhandlung zu treten im Begriff waren.

Eine gemischte Kommission trat zu diesem Zweck in Besançon zusammen. Unsere Abgeordneten waren die Herren Oberst L o c h m a n u , Waffenchef des Genie, Staatsrath P e t i t p i e r v e - S t e i g e r und Kantonsingenieur Anton H o t z .

Da die Abgeordneten der beiden Länder sieh gegen Mitte November auf ein endgültiges Projekt einigten, so gab der Bundesrath zum Beginn der Arbeiten auf der schweizerischen Seite seine Zustimmung.

s. Auf unser Gesuch hin hat die französische Regierung die Einsetzung schweizerischer Zollbeamten in Pontarlier für die Z o l l a b f e r t i g u n g d e r P o s t - u n d Waarensendungen gestattet, die von den französischen Verkehrsanstalten auf dem dortigen Bahnhofe der eidgenössischen Post übergeben werden.

Für Gepäckstücke jedoch, welche Waaren enthalten, die eines Ausweises für die Ausfuhr bedürfen, oder im sogenannten gebundenen Verkehr abgefertigt werden, wird das frühere Verfahren beibehalten.

II. Vertretung der Schweiz im Auslande.

A. Gesandtschaften.

B u e n o s - A i r e s. Herr Emil R o d é von Effingen, Sekretär des eidgenössischen Departements des Auswärtigen, politische Abtheilung, ist zum schweizerischen Ministerresidenten und Generalkonsul bei der argentinischen Republik ernannt und in gleicher

796 Eigenschaft hei den Republiken Uruguay und Paraguay akkreditirt worden. Herr Rodé hat dem Herrn Präsidenten der argentinischen Republik am 12. September 1891 sein Kreditiv überreicht.

Herr Joseph C h o f f a t von Soubey (Bern), Attaché beim Departement des Auswärtigen, ist zum Gesandtschaftssekretär in BuenosAires ernannt worden.

L o n d o n . Herr Karl D. B o u r c a r t , von Kleinhüningen, Dr. jur., Legationsrath in Paris, ist zum Geschäftsträger ernannt worden. Er hat am 22. April 1891 sein Beglaubigungsschreiben Lord Salisbury überreicht.

Herr Karl Co r r a g i o n i d ' O r e i l i von Luzern, Dr. jur., früherer Vizekonsul in London, ist zum Gesandtschaftssekretär ernannt worden.

Herr Walter von B o n s t e t t e n von Bern, Dr. jur., ist als Gesandtschafts-Attaché eingetreten.

W i e n . Herr Gaston C a r l i n von Löwenburg, Dr. jur., Legationsrath, hat infolge seiner Berufung als Sekretär des Departements des Auswärtigen, politische Abtheilung, die Gesandtschaft verlassen.

Herr Ferdinand Du M ä r t h e r ay von Rolle, Lizentiat der Rechte, Gesandtschafts-Attache, ist zum Sekretär der Gesandtschaft befördert worden.

Herr Alfred S i m o n von Bern, Dr. jur., ist als GesandtschaftsAttache eingetreten.

W a s h i n g t o n . Herr Karl K l o ß von Liestal, Legationsrath, hat uns seine Entlassung eingereicht. Wir benutzen diesen Anlaß, um ihm unser Bedauern über seinen Entschluß auszudrucken und für seine vorzüglichen Dienste zu danken.

Der schon in Berlin zum Gesandtschaftssekretär beförderte Herr Karl C. T a v e l von Peterlingen, Lizentiat der Rechte, ist in jener Eigenschaft nach Washington versetzt worden.

P a r i s . Herr August D u p l a n von Röche, Dr. jur., zweiter Gesandtschaftssekretär, ist zum ersten Sekretär befördert worden an Stelle des zum Geschäftsträger in London ernannten Herrn Bourcart.

Herr Emil C eli è r i er von Genf, Lizentiat der Rechte, hat die diplomatische Laufbahn verlassen.

B e r l i n . Herr Anton S u t er von Krurnmenau, Dr. jur., ist als Gesandtschafts-Attaché eingetreten am Platze des als Sekretär nach Washington versetzten Herrn Tavel.

797

R o m . Heri- Leo Emil V o g e l von Zürich, Dr. jur., ist als Gesandtschafts-Attaché eingetreten am Platze des uns Departement des Auswärtigen berufenen Herrn Wilhelm Du P a s q u i e r , Dr. jur.

Dank dem von der Bundesversammlung gewährten Kredit haben wir in Buenos-Aires und in London Gesandtschaften, bezw. BerufsGeneralkonsulate, errichten können. Wir können uns nur Glück wünschen, daß wir VM diesen Maßregeln ermächtigt worden sind.

Der \varme Empfang, den Herr Rodé sowohl bei den argentinischen Behörden als bei den verschiedenen schweizerischen Kolonien der Republik gefunden hat, hat uns bewiesen, daß die von uns vorgeschlagene Errichtung dieses Postens sehr angezeigt war. Die große Zahl von Geschäften, die Herr Rodé bereits zu behandeln hatte, zeigt, wie sehr gerechtfertigt die hohe Bedeutung war, welche unsere Kolonisten in Argentinien dein Umstand beilegten, daß ihre Interessen und diejenigen des Mutterlandes durch einen speziell zu diesem Zweck abgeordneten Beamten vertreten würden. Die Beziehungen der argentinischen Republik zu Buropa und insbesondere zu unserem Lande haben einen neuen Aufschwung genommen, und die Zahl unserer in den verschiedenen Provinzen dieser Republik niedergelassenen Laudsleute nimmt beständig zu.

Unter diesen Umständen war eine durchaus unabhängige, d. h. von allen Handelsverpflichtungen im Lande freie, thätige und wachsame Vertretung, die den schweizerischen Behörden, Auswanderern und Handelsleuten auf Grund vollkommener Sachkenntnis Auskunft geben kann, zum unabweisbaren Bedürfniß, geworden.

Auch die Umwandlung unseres Generalkonsulates in London hat bereits sehr gute Ergebnisse aufzuweisen. Die englische Regierung und unsere zahlreichen, im Vereinigten Königreich und soinen Kolonien niedergelassenen Landsleute haben diese Maßregel mit Befriedigung gesehen. Unsere mannigfachen Handelsbeziehungen mit diesem Lande erforderten schon sehr lange eine Vertretung in eigentlicher Form, und als der Rücktritt des Herrn Vernet unwiderruflich wurde, mußten wir ihm in der Person des Herrn Bourcart einen Geschäftsträger und Berufs-Generalkonsul zum Nachfolger geben.

B. Konsulate.

Die Bedeutung einer Stadt für den Handel ändert sich, und es verschieben sich die Interessen der Eidgenossenschaft oder der Schweizerbürger im Auslande. So können Eonsularposten an Orten unnöthig werden, wo sie früher nothwendig waren, und andererseits mehr oder weniger unentbehrlich werden da, wo vorher sieh kein derartiges Bedürfniß fühlbar machte.

798

Wir haben es uns zum Grundsatz gemacht, nur da Konsulate zu errichten, wo uns deren Notwendigkeit genügend nachgewiesen ist, und sie da aufzuheben, wo sie überflüssig werden.

In dieser Hinsicht haben wir aus dem verflossenen Jahre Folgendes zu erwähnen : a. Aufhebungen.

\. M e s s i n a . Herr Viktor T o b l er, Konsul seit 1888, hat aus Gesundheitsrücksichten seine Entlassung genommen. Wir gewährten ihm dieselbe am 16. Oktober. Da Messina für den schweizerischen Handel fast alle Bedeutung verloren hatte, haben wir diesen Posten aufgehoben und dem Konsulat in Palermo ganz Sizilien unterstellt.

2. P a n a m a . Aufgehoben seit 1. Januar 1892, angesichts der fortdauernden Unterbrechung der Arbeiten am Durchstich der Landenge, welche seinerzeit die Errichtung dieses Postens nothwendig gemacht hatten. (Bericht für 1890, Bundesbl. 1891,1, 789.)

b. Errichtung neuer Konsulate.

Wir haben die Schaffung eines Konsulats in G u a t e m a l a für nothwendig erachtet und unterm 31. März Herrn Joh. M a g l i von Wiedlisbach (Bern) auf diesen Posten berufen.

c. Nach reiflicher Prüfung haben wir die Begehren um Errichtung folgender Konsulate, als wirklichen Bedürfnissen nicht entsprechend, abgewiesen : G i b r a l t a r , M o z a t h a n , M e n t o n e , N e u - S e e l a n d , La P i a t a , La R o c h e l l e , T o u . l o u s e , V a l e n c i a , V a l d i v i a und W i e s b a d e n .

d. Zur Prüfung verbleiben : M o z a m b i q u e ("Bericht des Vororts über Handel und Industrie der Schweiz im Jahre 1890", S. 19), T a n g e r und M a l t a .

e. Aenderungen im Bestand unseres Konsularpersonals, 1. B r ü s s e l . Die Entlassung des Herrn Vizekonsul Hans H o l d ist am 24. Juli angenommen worden. An seine Stelle ist Herr Jules B o r e i , Advokat, von Neuenburg, getreten.

2. B u e n o s - A i r e s . Die Entlassung des Herrn Louis Ulysse J a e c a r d von Ste-Croix ist angenommen worden. Der Konsularbezirk wird durch die neulich in Argentinien errichtete Gesandtschaft verwaltet.

799

3. C a r a v e 11 a s. Dieser infolge der am 23. Oktober angenommenen Entlassung des Herrn Friedr. Ludw. J e a n m o n o d erledigte Posten ist noch nicht wieder besetzt worden.

4. C h i c a g o . Der Konsul in dieser Stadt, Herr B ö r l i n , ist am 2. Dezember verstorben. Sein Nachfolger war am Schlüsse des Jahres noch nicht ernannt.

5. L i v o r n o . Herr Jakob L i e b e r aus dem Thurgau ist am 2. April in Vertretung des Herrn Johann C o r r a d i n i , dessen Entlassung am 28. März angenommen worden war, zum Konsul berufen worden.

6. L o n d o n . Herr Heinrich V e r n e t hat uns, nachdem er '16 Jahre lang der Eidgenossenschaft vorzügliche Dienste geleistet, seine Entlassung eingereicht, die wir am 31. März angegenommen haben. Der Konsularbezirk wird durch die Gesandtschaft verwaltet.

7. L y o n . Herr H. F. Z ü r c h e r hat uns seine Entlassung eingereicht, die wir am 13. Juni angenommen haben.

8. M a i l a n d . Auf das Gesuch unserer Gesandtschaft in Rom und des Herrn Konsul Gramer in Mailand haben wir in unserer Sitzung vom 24. Dezember den Kanzler des Konsulats, Herrn Franz B a g u 11 i von Rovio (Tessin), zum dortigen Vizekonsul ernannt.

9. M a r s e i l l e . Das Vizekonsulat ist am 23. Februar infolge Hinschieds seines Inhabers frei geworden.

10. Mel b o u r n e. Herr Karl Renatus Stefan M a r t i n von Genf ist an Stelle des im November 1890 verstorbenen Herrn Wilhelm d e P u r y unterm 30. Juni mit dem Konsulate betraut worden. (Bundesbl. 1891, I, 787.)

11. M e x i k o . Herr Karl C o u r v o i s i e r , Generalkonsul, hat uns unterm 26. Juni seinen Rücktritt angezeigt; sein Nachfolger ist noch nicht ernannt.

12. M o n t r e a l . Der gegenwärtige Vizekonsul, Herr D. L.

R e y , von Boudry, ist am 6. Januar zürn Konsul befördert worden an Stelle des am 12. Juni 1889 verstorbenen Herrn Napoleon Aubin.

13. N e a p e l . Herr Johann Georg Oskar Meuricoffre ist am 9. Januar zum Generalkonsul ernannt worden an Stelle des am 9. Juni 1890 verstorbenen Herrn Felix H e r m a n n .

800

14. P a l e r m o . Infolge der Aufhebung des Konsulats in Messina ist dem Konsulat in Palermo ganz Sizilien unterstellt worden; die Insel bildet also nur noch einen einzigen Konsularbezirk.

15. Paysandu. Herr Eduard K a m m e r m a n n von Eggiwyl ist am 15. Mai an Stelle des im Jahre 1889 zurückgetretenen Herrn Dr. R o s é zum Vizekonsul gewählt worden, 16. S a o P au lo. Da Herr B o l l i g e r uns Ende 1890 aus Alters- und Gesundheitsrücksichten seine Entlassung eingereicht hat, so haben wir einen Nachfolger für ihn gesucht; die Wahl hat jedoch in diesem Jahre noch nicht stattgefunden.

17. S i d n e y . Das Konsulat ist infolge des von uns am 1. Dezember genehmigten Rücktritts seines Inhabers, des Herrn ,T. J. R o t h , vakant.

18. T r a i g u en. Es hat noch keine Neubesetzung dieses Vizekonsulats stattfinden können; wir hoffen jedoch, es werde die» binnen Kurzem möglich sein. Inzwischen wird dieses Amt von Herrn B r e g a n ti weiter verwaltet. (Bundesbl. 1891, I, 787.)

19. V a l p a r a i s o . Herr Johann Ulrich Z ü r c h e r ist wegen der ausgezeichneten Dienste, die er unter oft schwierigen Umständen der Eidgenossenschaft 18 Jahre hindurch geleistet hat, mit Beschluß vom 24. November zum Generalkonsul befördert worden.

20. Y o k o h a m a . Herr Generalkonsul Arnold D u m e l i n hat uns nochmals dringend ersucht, ihn spätestens auf Ende de» Jahres seines Amtes zu entlassen. Wir haben ihn gebeten, so lange darin zu verbleiben, bis wir einen Nachfolger oder wenigsten» einen provisorischen Vertreter gefunden hätten. Die Angelegenheit wird gegenwärtig studirt. Herr Edmund R o c h e t t e , Gesandfschaftssekretär, von Genf, ist, in Ausführung des diesbezüglichen Bundesrathsbeschlusses, als Berufs-Vizekonsul nach Yokohama gesandt worden.

f. Die Z a h l unserer Konsularbezirke beläuft sich auf 100, wovon 9 unmittelbar durch unsere Gesandtschaften und 2 durch ausländische Konsularagenten verwaltet werden. 6 Bezirke sind gegenwärtig ohne Inhaber. Wir zählen 130 Konsularposten, nämlich :

801 12 Generalkonsuln; 79 Konsuln; 10 VÌ£ekonsuln, die einen selbständigen Kousularbezirk verwalten ; 28 Vizekonsuln, die einen von einem Konsulate abhängigen Konsularbezirk verwalten oder Konsulaten beigegeben sind ; 1 Konsularageaten.

130 im Ganzen.

g. 47 Generalkonsulate, Konsulate und Vizekonsulate haben folgende Entschädigungen erhalten:

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

15.

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17.

18.

19.

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21.

22.

23.

Generalkonsulate.

Buenos-Aires (Gesandtschaft) . . . Fr. 50,000 London (Gesandtschaft) ,, 40,000 Rio de Janeiro ,, 9,000 Brüssel ,, 6,000 St. Petersburg ,, 6,000 Yokohama (Besoldung des Berufs-Vizekonsuls) ,, 6,000 Bukarest ,, 2,500 Neapel ,, 2,500 Lissabon ,, 1,000 Konsulate und Vizekonsulate.

Havre Fr.

New York ,, Paris ,, Rom ,, Washington ,, Wien ,, Berlin ,, Panama ,, Lyon ,, Mailand ,, Melbourne ,, Besançon ,, Moskau ,, Montevideo ,, Uebertrag

10,000 7,000 7,000 7,000 6,500 4,125 4,000 4,000 4,000 4,000 3,500* 3,000 3,000 3,000

Fr. 193,125

* Fr. 4000 jährlich bis zum 1. Juli, von da an Fr. 8000, siehe den nachfolgenden Text.

802

Uebertrag 24. Sidney 25. Traiguen 26. Nizza 27. Marseille 28. New-Orleans 29. Philadelphia 30. Warschau 31. Genua 32. Algier 33. Chicago 34. Hamburg 35. Odessa 36. St. Louis 37. Tiflis 38. Cincinnati 39. Stockholm 40. Amsterdam 41. Antwerpen 42. Bremen 43. Cannes 44. Livorno 45. Riga 46. Valparaiso 47. Venedig. .

fl

i

...

Fr. 193,125 ,, 3,000 ,, 3,000 ,, 3,000 ,, 2,000 2,000 2,000 T ,, 2,000 ,, 2,000 ,, 1,500 ,, 1,500 ,, 1,500 ,, 1,500 ,, 1,500 ,, 1,500 ,, 1,500 ,, 1,500 ,, 1,000 ,, 1,000 ,, 1.000 ,, 1^000 ,, 1,000 ,, 1,000 ,, 1,000 ,, 1,000 Fr. 232,125

Was die Posten Nr. l, 2, 6, 12, 13, 14, 15 und 16 der vorstehenden Liste anbelangt, so verweisen wir auf unsere Büdgetbotsehaft für das Jahr 1891 (Bundesbl. 1890, IV, 848).

Die Entschädigung des Generalkonsulats in Neapel (Nr. 8} hat auf Ansuchen unseres neuen Generalkonsuls, Herrn Meuricoffre, von Fr. 1500 auf Fr. 2500 erhöht werden müssen; Herr Meuricoffre erklärte, den Posten nur unter dieser Bedingung annehmen zu können. Das Gesuch schien uns um so mehr gerechtfertigt, als der von dem Vorgänger des Herrn Meuricoffre, Herrn Hermann, dem Konsulate beigegebene Kanzler eine Besoldung von Fr. 6000 bezieht.

Dagegen glaubten wir einem nochmaligen Gesuche um Erhöhung der dem Konsulate in Havre ausgerichteten Entschädigung keine Folge geben zu sollen, da diese Entschädigung, erst vor Kurzem von Fr. 8000 auf Fr. 10,000 gebracht, schon eine verhältnißmäßig beträchtliche Höhe erreicht hatte.

803

Endlich schien es uns billig, die Konsulate in Melbourne und Sidney hinsichtlich der Bundesbeiträge auf die gleiche Linie zu stellen. Wir haben daher bei Gelegenheit der Ernennung eines neuen Inhabers für den letztern Posten die Entschädigung vom 1. Juli an von Fr. 4000 auf Fr. 3000 herabgesetzt. Die besondern Umstände, um deinetwillen dem Herrn de Pury eine höhere Entschädigung zuerkannt worden war (er wohnte außerhalb der Stadt), treffen bei seinem Nachfolger nicht mehr zu.

III. Auswärtige Gesandtschaften und Konsulate in der Schweiz.

A. Gesandtschaften.

Herr D. G. N o g u e i r a S o a r e s hat am 16. März dem Herrn Bandespräsidenten Welti in feierlicher Audienz das Kreditiv, wodurch er bei der schweizerischen Eidgenossenschaft als außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister 8. M. des K ö n i g s von P o r t u g a l beglaubigt wird, und zugleich das Abberufungsschreiben für seinen Vorgänger, Herrn Grafen von Fontalva, überreicht.

Am 2. Juni hat Herr Baron de Aguiar d'Andrada in gewohnter Form das Beglaubigungsschreiben überreicht, wodurch er bei der Eidgenossenschaft als außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister der V e r e i n i g t e n S t a a t e n von B r a s i l i e n akkreditirt wird.

Herr Dr. A. d e l V i s o , außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister der a r g e n t i n i s c h e n R e p u b l i k bei S. M.

dem König von Italien, hat unterm 3. Juli dem Herrn Bundespräsidenten das Kreditiv übergeben, das ihn in gleicher Eigenschaft bei der schweizerischen Eidgenossenschaft beglaubigt.

Am 25. November hat das Ministerium des Auswärtigen von G u a t e m a l a uns von der Ernennung des Herrn Dr. F e r n a n d o C r u z zum außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister bei der Eidgenossenschaft Kenntniß gegeben. Wir haben dieser Ernennung zugestimmt, Herr Dr. C r u z hat jedoch bis jetzt sein Beglaubigungsschreiben nicht überreicht.

B. Konsulate.

Wir haben folgenden auswärtigen Konsularbeamten des Exequatur ertheilt: V e r e i n i g t e S t a a t e n von A m e r i k a . Am 3. Februar dem Herrn Remigius S a u e r l ä n d e r als Konsularagent in Aarau.

004

F r a n k r e i c h . Am 17. März dem Herrn Vicomte de J o u f f r o y d ' A b b a n s , bis jetzt Vizekonsul in Zürich, als Konsul auf dem gleichen Platee.

D e u t s c h l a n d . Am 10. April dem Herrn de B a r y als Konsul in Basel.

B r a s i l i e n . Am 10. April dein Herrn August B é c h é ra K, frühem Vizekonsul in Bern,i als Honorarkonsul auf dem gleichen Platze.

~ V e r e i n i g t e S t a a t e n von A m e r i k a . Am 28. April dem Herrn Samuel X. M. B y e r s als Konsul in St. Gallen.

R u m ä n i e n . Am 1. Mai dem Herrn J. U. B u r k h a r d t G r u n e r als Honorarkonsul in Bern.

Am 1. Mai dem Herrn Franz D e m o l e als Honorarkonsul in Genf.

Am 1. Mai dem Herrn Fridolin M a r t y - R a s c h i e als Honorarkonsul in Zürich.

N i e d e r l a n d e . Am 3. Juli dem Herrn van G i t t e r s als Generalkonsul in Bern.

V e r e i n i g t e S t a a t e n v o n A m e r i k a . A m 2 1 . August dem Herrn Heinrich R i e c k e l als Konsul in Chaux-de-Fonds.

N i e d e r l a n d e . Arn 25. August dem Herrn Ferdinand Jakob Raphaël von E r n s t als Vizekonsul in Bern, mit dem persönlichen Titel eines Konsuls.

Am 25. August dem Herrn Hendrick Sam. v a n W i c k e w o o r t C r o m m e l i n als Vizekonsul in Zürich.

Am 17. November dem Herrn Karl Friedrich Hendrick M e e r w e i n als Vizekonsul in Basel.

B o l i v i a . Am 8. Dezember dem Herrn Johann Friedrich H äf l ig e r als Generalkonsul in Bern.

Oes t e r r e i c h - U n g a r n . Unterm 23. Dezember zeigte uns die k. und k. österreichisch-ungarische Gesandtschaft an, daß ihre Regierung beschlossen habe, ihr von Herrn Generalkonsul Ludwig P r z i b r a m geleitetes Konsulat in Zürich in Anbetracht der namentlich seit der Eröffnung der Arlbergbahn immer mehr zunehmenden Bedeutung der Einfuhr aus Oesterreich-Ungarn in die Schweiz, zum Rang eines Generalkonsulats zu erheben und die Konsulate in St. Gallen und Genf demselben unterzuordnen. Da Herr Przibram das Exequatur als Generalkonsul bereits erhalten hatte, beschränkten wir uns darauf, von dieser Mittheilung Vormerk zu nehmen und sie den betheiligten Kantonen zur Kenntniss zu bringen.

805

IV. Schweizerische Hülfsgesellschafteu im Auslaude.

Infolge der Gründung neuer Gesellschaften, der Vertnögensabnahme bei 'verschiedenen schon bestehenden und der Ausgabenvermehrung bei fast allen werden von uns jedes Jahr entweder neue Beiträge oder Erhöhungen der Beiträge gewünscht.

Wir suchen allen Bedürfnissen zu entsprechen, üben aber zugleich eine strenge Aufsicht über die Art und Weise, wie die Gesellschaften über ihre Einnahmen und namentlich über den Beitrag verfügen, den wir ihnen Namens der Eidgenossenschaft und der Kantone gewähren. Leider sind unsere Hülfsmittel jeweilen bald erschöpft. So haben wir letztes Jahr, um den dringendsten Bedürfnissen zu genügen, einen Nachkredit von Fr. 900 über die im Budget als Bundesbeitrag vorgesehene Summe hinaus verlangen müssen. Bei diesem Anlaß mußten wir uns nochmals überzeugen, daß die Beiträge einer großen Zahl von Kantonen in keinem Verhältnisse stehen zu der Höhe der für ihre Angehörigen aufgewendeten Unterstützungen.

Wir haben in dieser Hinsicht für das Jahr 1890 die nachstehende Tabelle aufstellen können. Sie ist leider unvollständig, da einige von den größern Gesellschaften das Verzeichniß ihrer Unterstützungen nicht nach der kantonalen Herkunft der Hülfsbedürftigen eintheileii; sie ist aber trotzdem sehr interessant zur Vergleichung der gewährten Unterstützungen mit den verschiedenen kantonalen Beiträgen.

Zahl der

unterstützten Angehörigen.

Kantone.

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Zürich . . . .

Bern . . . .

Luzern . .

Uri Schwyz . .

Obwalden .

Nidwaiden .

Glarus . .

Zua; Freiburg .

Solothurn Baselstadt .

Basel 1 and Sohaffhausen

. .

. .

. .

4500 4000 1000 150 500 120 100 400 150 700 700 500 500 500

Höhe des Unterstützunejsbeitrages.

Fr.

27,000 30,000 5000

3,000 3,000 900 720 7,000 700 8,000 3,400 2,700 4,000 2,200

Kantoualor Beitrag.

Fr.

2800

2000 1000 100 300 100 100 650 120 700 500 1000 400 400

806 Kantone.

Appenzell A.-Rh. .

Appenzell I.-Rh. .

St, Gallen Graubündeu . .

Aargau Thurgau. . . .

Tessin Waadt Wallis Neuen bürg Genf

. .

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. .

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Zahl der unterstützten Angehörigen.

Höhe des Unterstützungsbeitrages.

Fr.

.

Kantonaler Beitrag.

Fr.

400 240 1900 1000 1900 1000 1500 2600 900 600 1400

3,600 2,000 9,000 15,000 11,000 7,000 38,000 34,000 8,000 6,000 24,000

500 60 1500 1000 1000 800 1500 1420 200 1400 1000

In der Absieht, diesem Zustande abzuhelfen, haben wir unterm 8. Oktober 1891 einen Aufruf an alle Kantonsregieruagen gerichtet, worin wir sie ersuchten, ihre Beiträge angemessen zu erhöhen.

Wir koustatiren mit Genugthuung, daß dieser Schritt Erfolg hatte, da mehrere Kantone uns schon für das Jahr 1891 höhere Beiträge gesandt und fast alle andern eine Erhöhung für das Jahr 1892 in Aussicht gestellt haben.

Es wäre übrigens nur billig, wenn die kantonalen Beiträge in ihrer Gesammtheit wenigstens dem Buadesbeitrage gleichkämen.

Wir hoffen dies im Jahre 1892 zu erreichen.

Am 27. November haben wir allen eidgenössischen Ständen die Tabelle über die Vertheilung der eidgenössischen und kantonalen Beiträge an 129 wohlthätige Gesellschaften und Anstalten (125 im Jahre 1890) mitgetheilt; von diesen sind 115 ausschließlich schweizerische Gesellschaften (Bundesbl. 1891, V, 554). Das Vermögen dieser letztem beträgt Fr. 1,739.347. 19 und ihre Auslagen für wohlthätige Zwecke belaufen sich auf Fr. 422,647. 51.

Der Bund hat hiezu Fr. 23,860 beigetragen (Fr. 860 mehr als im Jahre 1890, mit Hülfe eines Nachtragskredits) und die Kantone Fr. 21,220 (im Jahre 1890 Fr. 20,550).

Alle Kantone haben es dem Bundesrathe überlassen, ihre Beiträge zu vertheilen. Der Kanton Thurgau indessen, der uns einen Beitrag von Fr. 1000 (Fr. 200 mehr als im Jahre 1890) zur Verfügung O O stellte,J hat uns ersucht,i hievon Fr. 50 in seinem Namen der Schweizergesellschaft in Bukarest zuzustellen, die aus den im Bundesbeschluß vom 21. Dezember 1888 (Bundesbl. 1889, I, 79) aufgeführten Gründen von der amtlichen Liste unserer Hülfsgesell-

807

Schäften im Auslande gestrichen werden mußte. Wir wollten diesen Anlaß nicht vorübergehen lassen, ohne ihr den Vorschlug zu machen, sie auf ihr Gesuch in die Liste wieder aufzunehmen. Sie antwortete jedoch unterm 13. Dezember, bei Empfangsanzeige des ihr übermittelten Betrages, sie glaube jetzt ebensowenig als im Dezember 1889 auf unsern Vorschlag eingehen zu sollen.

V. Verschiedene Geschäfte.

a. Alle unsere Kolonien im Auslande haben Werth darauf gelegt, d i e s e c h s h u n d e r t j ä h r i g e G e d e n k f e i e r d e r G r ü n d u n g der E i d g e n o s s e n s c h a f t zu begehen; eine große Anzahl von ihnen und mehrere im Auslande zerstreut lebende Miteidgenossen haben uns bei dieser Gelegenheit telegraphische oder briefliche Glückwünsche zugesandt. Der Herr Bundespräsident hat in Schwyz nicht weniger als 106 solche erhalten; 88 aus Europa r 10 aus Amerika, 5 aus Afrika und 3 aus Australien. Wir haben die Bundeskanzlei beauftragt, jedem Einsender, dessen Adresse bekannt war, in unserm Namen zu danken und gleichzeitig unsern Gesandtschaften, Konsulaten und denjenigen unserer Hülfsgesellschaften ira Auslande, die im amtlichen Verzeichnisse stehen, als A n d e n k e n a n a die Feier vom 1. und 2. August die bronzene, zur Erinnerung an den ersten Bund der Eidgenossen geprägte Denkmünze, sowie die Festschriften und eine Anzahl Textbüchlein des Schwyzer Festspiels, diese zur Vertheilung an die Landsleute in ihrem Bezirk, zu übermitteln. Betreffend die Einsender mit unbekannter Adresse veröffentlichten das Bundesblatt und die Zeitungen folgende Bekanntmachung: ,,Es ist dem Bundesrathe unmöglich, auf alle einzelnen Glückwünsche zu antworten, welche ihm von überall her anläßlich der 600jährigen Gründungsfeier der Eidgenossenschaft zugekommen sind.

Er hat uns deßhalb beauftragt, allen Einsendern solcher Glückwünsche auf diesem Wege seinen aufrichtigen Dank und seine lebhafte Genugthuung darüber auszusprechen.

Bundeskanzlei. a Wir bemerken noch, daß die Pariser Kolonie bei diesem Anlasse zu unsern Händen eine silberne Denkmünze hat prägen lassen, die wir als Zeugniß der unverbrüchlichen Vaterlandsliebe der Schweizer im Ausland ins Archiv niederlegten.

b. Nachdem G r o ß b r i t a n n i e n und die V e r e i n i g t e n S t a a ten von A m e r i k a einerseits und P o r t u g a l andererseits sich dahin verständigt hatten, ihre Streitfrage betreffend Zahlung einer

808 Entschädigung an die durch den Rückzug der Konzession für die L o u r e n c o M a r q u e s (Delago a - B a y ) E i s e n b a h n und die Besitznahme dieser Eisenbahn seitens der portugiesischen Regierung geschädigten Interessenten einem Schiedsgerichte zu unterbreiten, ersuchten sie uns schon im Jahre 1890, drei schweizerische Rechtsgelehrte zu bezeichnen, die das fragliche Schiedsgericht bilden sollten. Wir haben diesen schmeichelhaften Auftrag angenommen und die Herren Joseph B l äs i, damaligen Vizepräsidenten und jetzigen Präsidenten des Bundesgerichts,* Andreas H eu s l er, Professor der Rechte an der Basler Hochschule und Karl S o l d a n , damaligen Staatsrathspräsidenten des Kantons Waadt und jetzigen Bundesrichter, gewählt.

Arn 13. Juni 1891 schlössen die Parteien in Bern den Schiedsgerichtsvertrag ab. Das Gericht trat am 3. August in Schwyz zu einer konstituirenden Sitzung zusammen. Herr B l ä s i wurde zum Präsidenten, Herr Alfred B r ü s t l e i n , Dr. jur., Beamter des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements, zum Sekretär ernannt.

Ein Entwurf betreffend das im Prozesse einzuhaltende Verfahren wurde noch in der nämlichen Sitzung festgestellt und am 23. September durch unser Departement des Auswärtigen den Parteien mitgetheilt. Derselbe gab jedoch innerhalb der vorgesehenen Frist den Parteien zu verschiedenen Bemerkungen Veranlassung, so daß er in dieser Fassung nicht in Kraft erwuchs und die Klage im Laufe des Jahres 1891 nicht eingereicht werden konnte.

c. Mit gleichlautenden Noten vom 7. Februar 1890 fragten die Regierungen P o r t u g a l s u n d d e s u n a b h ä n g i g e n C o n g o S t a n t e s den Bundesrath an, ob er geneigt wäre, unter Umständen das Schiedsrichteramt bezüglich derjenigen Streitfragen zu übernehmen, welche bei Gelegenheit der Abgrenzung der beidseitigen Gebiete in Afrika entstehen und nicht direkt auf gütlichem Wege beigelegt werden könnten. Der Bundesrath beschloß unterm 18. desselben Monats, in bejahendem Sinne zu antworten. Er hatte übrigens keinen Anlaß zu richterlicher Thätigkeit, da alle Schwierigkeiten, welche bei der fraglichen Grenzbereinigung auftauchten, mit Zustimmung beider Parteien durch die Brüsseler Uebereinkunft vom 25. Mai 1891 beseitigt wurden, wovon uns die betheiligten Regierungen mit Noten vom 27. Juli Kenntniß gaben.
d. Im verflossenen Jahre haben verschiedene i n t e r n a t i o n a l e K o n g r e s s e stattgefunden. Wir erwähnen den g e o l o g i s c h e n Kongreß in Washington, den F r i e d e n s k o n g r e ß in Rom, * Herr Präsident S t a m m hatte wegen zahlreicher und dringender Amtsgeschäfte abgelehnt.

809 den siebenten Kongreß für H y g i e n e und D é m o g r a p h i e in London und den dritten Kongreß des i n t e r n a t i o n a l e n s t a t i s t i s c h e n I n s t i t u t s in Wien. Die Schweiz war an diesen beiden letztern Kongressen durch Herrn Dr. Guillaume, Direktor des eidgenössischen statistischen Büreau's, offiziell vertreten. Die Kongresse für die g e o g r a p h i s c h e n W i s s e n s c h a f t e n und für die U n f ä l l e bei der A r b e i t haben, wenn auch aus privater Initiative hervorgegangen, für uns ein ganz besonderes Interesse. Beide haben nämlich in Bern getagt, der erste vom 10. bis 15. August, der zweite vom 21. bis 26. September 1891; wir hatten deßhalb Pflichten der Gastfreundschaft zu erfüllen. Außerdem waren die behandelten Gegenstände für uns von hoher Bedeutung.

Auf den Wunsch des Ausschusses für den g e o g r a p h i s c h e n Kongreß haben wir dessen Einladungen an die auswärtigen Regierungen übermittelt und dem Kongresse für seine Ausstellung einen Theil des neuen Bundesrathshauses zur Verfügung gestellt. Außerdem haben Sie uns unterm 26./30. Juni (Bundesbl. 1891, III, 741) einen Kredit von Fr. 10,000 zu Gunsten dieser Ausstellung bewilligt. Endlich haben wir an die Kosten des Ausfluges ins Berner Oberland, zu welchem der Ausschuß die Kongreßtheilnehmer einlud, einen Beitrag geleistet.

Mit Bezug auf den Kongreß für die U n f ä l l e bei d e r Arb e i t stellen wir mit lebhaftester Genugthuung fest, daß er die wichtigen Fragen, mit welchen er sich zu befassen und bezüglich deren die Eidgenossenschaft zuerst einen internationalen Ideenaustausch angeregt hatte, wesentlich förderte. Auf erfolgte Anfrage hin antworteten wir unterm 22. Mai dem ständigen Ausschusse, daß wir den Zusammentritt des Kongresses in Bern sehr gerne sehen und unser Möglichstes thun würden, um dem Ausschusse seine Aufgabe zu erleichtern. Wir bemerkten jedoch, daß wir uns nicht von Amtes wegen mit der Bildung eines Organisationskomite's befassen könnten. Die Herren Bundesräthe Droz und Deucher übernahmen persönlich diese Aufgabe. Der Bundesrath seinerseits übernahm, in Bekundung des Interesses, welches er den Arbeiten des Kongresses entgegenbrachte, die Kosten des zu Ehren der Theilnehmer vom schweizerischen Organisations- und Empfangskomite angeregten Ausflugs nach Interlaken auf Rechnung
des Bundes.

e. S. E. der Herr Kardinal M e r mi 11 öd hat, ehe er die Verwaltung des Bislhums L a u s a n n e - G e n f seinem Nachfolger übergab, unterm 2. April ein Abschiedsschreiben an uns gerichtet und.

dabei dankend der ausgezeichneten Beziehungen gedacht, die wir mit ihm unterhalten hatten.

Bundesblatt. 44. Jahrg. Bd. II.

54

810

Am 10. April hat der neue Bischof von Lausanne-Genf, Herr Josef Der u a z , den bischöflichen Stuhl bestiegen.

f. Wir hatten uns auch dieses Jahr mit der A u s l e g u n g d e s A r t i k e l s 12 der B u n d e s v e r f a s s u n g zu befassen. Eine ausländische Regierung fragte an, ob einem Schweizerbürger eine Ordensauszeichnung verliehen werden könne. Wir haben dem Grundsatze gemäß geantwortet, den wir in unsern frühern Geschäftsberichten ausgesprochen haben (Bundesbl. 1891, I, 791).

g. Das Departement des Auswärtigen hat von mehreren schweizerischen Konsulaten und Kolonien zahlreiche Gaben zu Gunsten der B r a n d b e s c h ä d i g t e n in Meiringen, Rebstein und La dir erhalten. Wir haben diese Beträge dem Departement des Innern übergeben, das mit der Sammlung der Gaben und mit ihrer Vertheilung an die Unterstützungsberechtigten betraut war.

Besondere Erwähnung verdient, als von einer ausländischen Gesellschaft herrührend, die großmüthige Gabe des belgischen Alpenklubs.

h. In unserm Geschäftsbericht pro 1890 (Bundesbl. 1891, II, 533) haben wir die Ansicht unseres Justiz- und Polizeidepartements hinsichtlich der von den Rechtsnachfolgern der Gräfin von Civry gegen die Stadt Genf erhobenen Klage wegen der E r b s c h a f t des H e r z o g s von B r a u n s c h w e i g zu Ihrer Kenntniß gebracht.

Das genannte Departement gelangte zu dem Schlüsse, die Stadt Genf bestreite im vorliegenden Falle mit Recht die Kompetenz der von den Klägern angerufenen französischen Gerichte. Auf eine neue Ladung vor das Civilgericht der Seine ließ sich die Beklagte vertreten, um die Einrede der Inkompetenz zu erheben. Das Gericht wies jedoch mit Urtheil vom 8. Dezember 1891 gegen alle Erwartung die erhobene Einrede ab. Die beklagte Partei legte Berufung ein und ließ ihre Bemerkungen den Departementen des Auswärtigen und der Justiz und Polizei unterbreiten. Während letzteres im Jahre 1890 die Frage vom Standpunkte des internationalen PrivatrechteB und mit Rücksicht auf die Bedeutung des schweizerisch-französischen Vertrages vom 15. Juni 1869 hinsichtlich der gerichtlichen Kompetenz zu prüfen hatte, lag dein Departement des Auswärtigen die Aufgabe ob, sie nach den Regeln des Völkerrechts zu untersuchen. Nun steht allgemein fest, und die französische Gesetzgebung kennt keine gegenteilige Bestimmung, daß die
Gerichte eines Staates keinerlei Befugniß haben, über Civilklagen, welche gegen einen andern Staat gerichtet sind, zu erkennen, sofern nicht dieser beistimmt. Wissenschaft und Praxis sind hierüber einig- Nun ist die dem Namen nach gegen die S t a d t Genf gerichtete Klage

811

in Wirklichkeit gegen den K a n t o n Genf gerichtet, also gegen einen ,,auswärtigen" souveränen Staat (Bundesverfassung Art. l und 3), da nach dem genferischen Staatsrecht, das hier ausschließlich in Betracht kommt, die Stadt nur ein staatliches Organ ist.

Sowohl vom völkerrechtlichen Standpunkte, als von dem des internationalen Privatrechtes aus erscheint also die Inkompetenz der französischen Gerichte nachgewiesen. Es steht zu hoffen, daß die von der Beklagten erhobene Einrede schließlich zugelassen und hiedurch ein internationaler Konflikt, der im Widerspruch stünde mit den ausgezeichneten Beziehungen, welche glücklicherweise zwischen der Schweiz und Frankreich bestehen, vermieden werden wird. Wir werden in unserm nächsten Geschäftsberichte auf diese Angelegenheit zurückzukommen haben.

i. Mit Erlaß vom 8. September 1891 verfügte das preußische Ministerium des Innern, daß die in P r e u ß e n k o n z e s s i o n i r t e n a u s w a r t i g e n L e b e n s v e r s i e h e r u n g s g e s e l l S c h ä f t e n von nun an die Hälfte der von preußischen Versicherten bezahlten BruttoPrämien in preußischen Staatspapieren anzulegen hätten. Auf das Gesuch einer bedeutenden schweizerischen Lebensversicherungsgesellschaft, die seit 1867 in Preußen konzessionirt ist und dort einen großen Geschäftskreis hat, beauftragten wir unsere Gesandtschaft in Berlin, die zuständige preußische Behörde darauf aufmerksam zu machen, wie nachtheilig die Vollziehung dieser Verordnung für die schweizerischen Lebensversicherungsgesellschaften wäre. Nicht nur würde der Zinsfuß der Gesellschaftskapitalien herabgesetzt und die Kapitalien selbst unter Umständen starken Kursschwankungen unterworfen, sondern die frei bleibende Hälfte der Prämien würde nicht ausreichen, um die zu Gunsten der preußischen Versicherten fällig werdenden Versieherungen zu bezahlen. Es würde sogar dazu kommen -- wie unser Versicherungsamt beweist -- daß das g e s a m m te Vermögen der in Preußen konzessionirten auswärtigen Gesellschaften schließlich in preußischer Rente immobilisirt würde.

Wir fügten bei, der fragliche Erlaß scheine kaum dem Sinne der schweizerisch-deutschen Niederlassungs- und Handelsverträge zu entsprechen und seine Vollziehung würde dem bisher beobachteten Grundsatze der Gegenseitigkeit zuwiderlaufen, wonach die in der Schweiz
konzessionirten deutschen Versicherungsgesellschaften auf ganz gleichem Fuße behandelt werden, wie die schweizerischen Gesellschaften; es wäre daher nur billig, daß es mit den schweizerischen Gesellschaften in Preußen ebenso gehalten würde.

Unsere Gesandtschaft ist von dem Entscheide des preußischen Ministeriums des Innern noch nicht benachrichtigt, aber wir hoffen, die Stichhaltigkeit unserer Bemerkungen werde anerkannt werden.

812 j. Letzten Frühling machte ein französischer Staatsbürger das Anerbieten, auf seine Kosten in Basel ein D e n k m a l errichten zu lassen zur Erinnerung an die Hülfe, welche die Schweiz im September 1870 den F r a u e n und K i n d e r n seiner Vaterstadt S t r a ß b u r g geleistet habe.

Wir. verweisen mit Bezug auf die Einzelheiten dieser Angelegenheit auf den Bericht des Departements des Inaern; wir erwähnen sie hier nur, weil der Bundesrath die politische Abtheilung beauftragt hat. in seinem Namen mit dem großmüthigen Geber zu korrespondireu.

k. Wir hatten uns dieses Jahr mit einem neuen Gesuche um E r m ä c h t i g u n g z u r F ü h r u n g d e r e i d g e n ö s s i s c h e n Flagge z u r See zu beschäftigen. Der Gesuchsteller ist auf den im Jahre 1889 getroffenen und mit der Begründung im Bundesblatte pro 1889, IV, 735, erschienenen abweisenden Entscheid (siehe Geschäftsbericht pro 1889, Bundesbl. 1890, II, 390) verwiesen worden.

VI. Bürgerrechtsertheilungen.

Im Laufe des letzten Jahres sind der politischen Abtheilung 926 Gesuche um Ermächtigung zur Einbürgerung zugekommen (883 im Jahre 1890), wovon 244 in die Vorjahre zurückreichen.

Von diesen 926 Gesuchen sind 625 genehmigt (597 im Jahre 1890), 32 als den gesetzlichen Bedingungen nicht entsprechend abgelehnt (30 im Jahre 1890) und 7 von den Bewerbern zurückgezogen worden.

262 waren am 31. Dezember noch nicht erledigt.

926 wie oben.

Wie wir seit einer Reihe von Jahren bemerken, stammte auch im Jahr 1891 die Mehrheit der Bewerber aus Deutsehland. Die 926 Gesuche betreffen 558 Deutsche, 189 Franzosen, 67 Italiener und 53 Oesterreicher oder Ungarn. Dann kommen die Russen (23), die Amerikaner (16), die Belgier (2), die Engländer (2), die Holländer (2), die Griechen (2) ; ferner l Spanier, l Portugiese, l Norweger und l Rumäne.

In 8 Fällen hat die Staatsangehörigkeit der Bewerber nicht mit Sicherheit festgestellt werden können.

109 Bewerber waren minderjährig, 380 ledig (die minderjährigen Inbegriffen), 424 verheiralhet, 73 verwittwet und 7 geschieden. In 42 Fällen konnte der Civilstand nicht festgestellt werden.

813 Die 926 Gesuche umfaßten 1270 Kinder, 765 Knaben und 505 Mädchen.

Die Gesammtzahl der Bürgerrechtsbewerber betrug also im Jahre 1891 mit Inbegriff der verheiratheten Frauen 2618 (im Jahre 1890 2517).

Die im Jahre 1891 ertheilten Einbürgerungsbewilligungen vertheilen sich auf 398 Deutsche, 141 Franzosen, 42 Italiener, 20 Oesterreicher oder Ungarn, 9 Amerikaner, 9 Russen, 2 Holländer, l Engländer, l Norweger, l Belgier und l Rumänen.

Bei diesen Bewilligungen waren 1060 Kinder Inbegriffen, 628 Knaben und 432 Mädchen.

Die Gesammtzahl der Personen, denen im Jahre 1891 Ermächtigungen zur Einbürgerung ertheilt wurden, belauft sich auf 2027 (1943 im Jahre 1890), die verheiratheten Frauenspersonen inbegriffen.

Die den Personen, welche die Ermächtigung zur Einbürgerung erhielten, ausgestellten Aufenthaltszeugnisse vertheilen sich auf die einzelnen Kantone wie folgt: Baselstadt 150, Genf 109, Zürich 103, Neuenburg 41, Bern 39, St. Gallen 39, Waadt 37, Wallis 20, Thurgau 15, Baselland 12, Tessin 10, Solothurn 9, Luzern 7, Aargau 6, Freiburg 5, Graubünden 4, Schaffhausen 6, Appenzell A.-Rh. 4, Glarus 3, Schwyz 3, Appenzell I. Rh. l, Uri l, Nidwaiden 1.

Nur die zuständigen Behörden von Zug und Obwalden hatten im Jahre 1891 keine als Belege für Einbürgerungsgesuche dienenden Aufenthaltszeugnisse auszustellen.

Unter den 625 ertheilten Ermächtigungen finden sich 15 solche, die den W i e d e r e r w e r b d e r S t a a t s a n g e h ö r i g k e i t zu Gunsten von Wittwen anbetreffen, die, ursprünglich Schweizerinnen, durch Heirath Ausländerinnen geworden waren.

Wir hatten uns auch mit 68 Fällen zu beschäftigen, die hinsichtlich der Naturalisationsfragen von allgemeinerer Bedeutung waren.

Deutsche Reichsangehörige, die um die bundesräthliche Ermächtigung nachsuchten, haben wiederholt von uns eine Erklärung verlangt, dahingehend, daß ihnen die Einbürgerung in der Schweiz gestattet, werde, nachdem sie von ihrer Regierung eine Entlassungsurkunde erhalten hätten.

Der stets befolgten Uebung gemäß konnten wir ihrem Wunsche nicht entsprechen, da der Bundesrath den Bewerber nur e r m ä c h t i g t , sich in einem schweizerischen Kanton und in einer schwei-

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zeriachen Gemeinde als Bürger aufnehmen zu lassen, die Einbürgerung selbst dagegen in die Befugniß der Kantone fällt. Zugleich hoben wir hervor, daß eine eigentliche Eotlassungsurkunde zur Erlangung der bundesräthlichen Ermächtigung nicht nöthig ist, und daß eine bloße E n t l a s s u n g s z u s i c h e r u n g zu diesem Zwecke genügt, sofern sie bedingungslos bescheinigt, daß die Entlassungsurkunde dem Bewerber werde ausgestellt werden, sobald er den Behörden seines Heimatlandes den amtlichen Ausweis über seine Einbürgerung in der Schweiz vorlege.

Mehrere Personen, die auf die Geltendmachung ihrer Einbürgerungsermächtigung verzichteten, haben uns ersucht, ihnen die bezahlte Gebühr zurückzuerstatten. Wir haben auf diese Gesuche nicht eintreten können. Es ist ein für alle Mal bestimmt, daß die bezogene Gebühr in der Bundeskasse zu verbleiben habe, aus weichein Grunde auch von der Ermächtigung kein Gebrauch gemacht worden sein mag.

Wir haben ebensowenig dem Wunsche von Inhabern verjährter Ermächtigungen um eine Verlängerung derselben entsprechen können. Ist die Einbürgerung innerhalb zweier Jahre nach dem Tage der Ausstellung der Ermächtigung nicht erfolgt, so hat diese keine Geltung mehr, und ihr Inhaber muß in a l l e n F ä l l e n , wenn er sich noch einzubürgern wünscht, ein neues Gesuch nebst Belegen an uns richten und für die Erlangung der Ermächtigung eine nochmalige Gebühr bezahlen. Wir müssen noch hervorheben, daß gemäß Artikel 2, Ziffer 2 des Bundesgesetaes über die Einbürgerung, vom 3. Juli 1876, die Ermächtigung sich von Rechtswegen auf die Frau und die minderjährigen Kinder des Bewerbers erstreckt, falls nicht für diese letztern ausdrücklich etwas Anderes bestimmt ist. Eine Wittwe ist also berechtigt, von der ihrem Ehemanne ertheilten Ermächtigung Gebrauch zu inachen, wenn dieser vor seiner Ein bürgerung stirbt.

Wir haben zwei schon ertheilte Ermächtigungen rückgängig machen müssen; die eine, weil sie auf betrügerischem Wege, d. h.

auf die Vorlage einer gefälschten Entlassungsurkunde hin, erlangt worden war, und die andere, weil wir zu der Ueberzeugung gelangten, daß der Bewerber nur zu dem Zwecke Schweizerbürger werden wollte, um seine Ehescheidung durchsetzen zu können.

Was die Italiener anbelangt, so halten wir es für angezeigt, die Thatsache zu betonen, daß laut der dem
Niederlassungs- und Konsularvertrage mit Italien vom 22. Juli 1868 beigefügten Erklärung die Angehörigen des Königreichs, die in Folge Verzichts, Erwerbung eines auswärtigen Bürgerrechts u. s. w. ihre Staatsangehörigkeit verlieren, weder vom Militärdienst irn italienischen Heere be-

815 freit, noch der Strafen enthoben sind, welche laut Art. 11 und 12 des italienischen bürgerlichen Gesetzbuches denen auferlegt werden, welche gegen ihr Vaterland (Italien) die Wafien ergreifen. Wir ertheilen deshalb einem Italiener niemals die Bewilligung zur Einbürgerung, ohne diese einschränkende Bedingung ausdrücklich zu «rwähnen.

Heben wir schließlich hervor, daß die Bundesrathsbeschlüsse vom 23. Dezember 1890, welche die Erleichterung der Einbürgerung gewisser Kategorien von Ausländern bezwecken (siehe unsern letzten Geschäftsbericht, Bundesbl. 1891, I, 794, und 1891, I, 39), allseitig sehr günstig aufgenommen worden sind. Wir müssen in der That darnach trachten, die fremden Elemente, die bei uns immer zahlreicher werden, möglichst in unserer Bevölkerung aufgehen zu lassen. Die größten, in dieser Hinsicht zu überwindenden Schwierigkeiten liegen in der Verschiedenheit der kantonalen Gesetzgebungen auf diesem Gebiet und besonders in der Höhe der kantonalen und ·örtlichen Einkaufsgebühren, welche der Bewerber fast überall für die Einbürgerung zu zahlen hat.

Am Schlüsse unseres Geschäftsberichtes für das Jahr 1890 sprachen wir die Hoffnung aus, in Zukunft eine vollständige und genaue Statistik der in der Schweiz eingebürgerten Ausländer aufstellen zu können, und wir ersuchten zu diesem Zweck um die gefällige Mitwirkung der Kantone. Es ist uns leider dieses Jahr noch nicht möglich, unsern Plan auszuführen, da uns einige Kantone nur ungenaue Angaben gemacht haben. Um diesem Uebelstande abzuhelfen, haben wir unterm 7. Dezember 1891 an die kantonalen Behörden ein Kreisschreiben gerichtet nebst Formularen, die nach folgenden Richtungen hin auszufüllen sind : Name und Vornamen; Heimatland; Wohnort; Datum der bundesräthlichen Ermächtigung; Einbürgerungs-Gemeinde; Datum der Einbürgerung in der Gemeinde; Einkaufsgebühr in der Gemeinde; EinbürgerungsKanton; Datum der Einbürgerung im Kanton ; kantonale Einkaufsgebühr.

Wir gestatteten uns außerdem, die Kantone zu ersuchen, uns diese Formulare jeweilen vor dem 15. Januar anzustellen, um regelmäßig die von ihnen gemachten Angaben für den Geschäftsbericht des vorhergehenden Jahres verwenden zu können.

VII. Optionen.

Wir haben im letzten Jahre auf Grund der Uebereinkunft zwischen der Schweiz und Frankreich vom 23. Juli 1879 96 Optionserklärungen (109 im Jahre 1890) und 85 vorläufige Options-

816 anmeldungen (88 im Jahre 1890) erhalten. Für die französische Staatsangehörigkeit ist wie im Jahre 1890 nur eine Erklärung erfolgt.

Am 27. Januar 189J (Bundesbl. 1891, l, 208) haben wir an die Kantonsregierungen ein Kreisschreiben erlassen, worin die minderjährigen Söhne vou in der Schweiz eingebürgerten Franzosen eingeladen werden, uns ihre vorläufige Optionserklärung vor dem 20. Oktober desjenigen Jahres zu übersenden, in dem sie ihr zwanzigstes Altersjahr erfüllen. Wir bestätigten hiemit unser Kreisschreiben vom 5. Juni 1890 (Bundesbl. 1890, III, 265), welches nicht gehörig beobachtet worden war, so daß die französische Botschaft uns hatte wiederholen müssen, sie könne die Eintragung der Betheiligten in die französischen Rekrutirungslisten nicht hindern, wenn deren Anzeigen betreffend die beabsichtigte Option ihr nicht vor Schluß dieser Listen, also jeweilen vor dein I.November, zukämen. Wir haben beigefügt, daß wir, Ausnahmsfälle abgerechnet, der Botschaft auch die vorläufigen Optionsanzeigen, weiche uns n a c h dem 20. O k t o b e r zugestellt werden, nicht mehr mittheilen und es den Betheiligten überlassen werden, sich gegen die Folgen ihrer Eintragung in die französischen Heereslisten zu schützen.

Arn 18. Juni haben wir an die eidgenössischen Stände ein nochmaliges Kreisschreiben gerichtet (Bundesbl. 1891, III, 466), worin, wir sie ersuchten, dafür zu sovgen, daß der Optirende den Erklärungen, welche die kantonalen Behörden nach Maßgabe der Uebereinkunf't vom 23. Juli 1879 entgegenzunehmen haben, seine Unterschrift beisetze.

Die französische Botschaft hatte uns nämlich den Wunsch ausgedruckt, es möchte diese Uebung, welche schon in den meisten Kantonen bestand, verallgemeinert und überall eingeführt werden.

Obwohl die erwähnte Uebereinkunft diese Maßregel nicht vorschreibt, glaubten wir jenem Wunsche entgegenkommen zu sollen. Es versteht sich jedoch, daß auch in Zukunft eine Erklärung, die ausnahmsweise nicht die Unterschrift des Optirenden trüge, nicht aus diesem Grunde als ungenügend zurückgewiesen werden könnte.

Immerhin wird die fragliche Maßregel ermöglichen, falls sich, wie dies auch schon geschehen ist, Schwierigkeiten erheben sollten, demjenigen, von dem die Erklärung herrührt, seine Unterschrift entgegenzuhalten.

Wir ersuchten gleichzeitig die zuständigen Behörden, der
mehrerwähnten Uebereinkunft die größtmögliche Verbreitung geben zu wollen behufs Vermeidung von verspäteten Optionserklärungen, die in keinem Falle, aus welchem Grunde auch der Optirende verhindert gewesen sein mag, seine Erklärung vor dem erfüllten 22. Jahre

817 abzugehen, von der französischen Botschaft als gültig anerkannt werden. Noch in diesem Jahre haben wir mehrere solche Erklärungen erhalten, die, weil nicht rechtzeitig eingetroffen, nichtig erklärt worden sind. Da einer diese Fälle uns besondere Berücksichtigung zu verdienen schien, haben wir alle möglichen Schritte gethan, damit die verspätete Erklärung angenommen werde; aber alle unsere Bemühungen waren vergeblich.

Auch dieses Jahr noch mußten wir häufig Options-Anzeigen und -Erklärungen behufs Berichtigung oder Vervollständigung zurücksenden. Wir machen namentlich unsere Konsulate auf den wichtigen Umstand aufmerksam, daß diese Urkunden in allen Punkten den den bundesräthlichen Kreisschreiben vom 27. Juli 1880 und 14. April 1882 beigegebenen Formularen (Bundesbl. 1880, III, 523, und 1882, II, 364) entsprechen müssen. Zwei wesentliche Auslassungen kommen sehr oft vor: diejenige des Todesdatums des Vaters des Optirenden, falls nur noch seine Mutter lebt, und diejenige der Angabe des gesetzlichen Wohnortes des Vaters des Optirenden in Frankreich vor seiner Einbürgerung in der Schweiz, falls er aus den nach dem deutsch-französischen Kriege einverleibten Ländern stammte.

Indem wir uns auf die aa gleicher Stelle in unserm letztjährigen Geschäftsbericht (Bundesbl. 1891, I, 796) gemachte Bemerkung beziehen, müssen wir darauf hinweisen, daß wir auch letztes Jahr mehrere Male eingreifen mußten, um die Streichung junger Leute aus den französischen Rekrutirungslisten zu erlangen, weil diese, obschon sie rechtzeitig optirt hatten, doch Aufgebote erhielten, vor der Revisionskommission ihres ursprünglichen Heimatlandes zu erscheinen.

YIII. Verzicht auf das schweizerische Bürgerrecht.

Während des Jahres 1891 hatten wir 6 Fälle von Verzieht auf das Schweizerbürgerrecht zu behandeln (11 im Jahre 1890); einer derselben ist noch unerledigt. Die meisten dieser Fälle gehen übrigens direkt der zuständigen Kantonsbehörde zu, da das Gesetz nicht bestimmt, daß sie zunächst dem Bundesrathe vorgelegt werden müssen, und dieser folglich nur in denjenigen Fällen, die ihm zufällig mitgetheilt werden, seine Vermittlung eintreten zu lassen hat.

818

IL Abtheilung.

Handelsabtheilung.

I. Handelsverträge.

In dem Tableau der schweizerischen Handelsverträge, mit welchem wir, wie bisher, den Geschäftsbericht der Handelsabtheilung unseres Departements des Auswärtigen einleiten, sind wesentliche Aenderungen eingetreten. Neue Verträge sind mit dem Deutschen Reiche und mit Oesterreich-Ungarn am 10. Dezember 1891 in Wien abgeschlossen und von Ihnen ratifizirt worden; dieselben traten am 1. Februar 1892 in Kraft. Abgelaufen sind infolge Kündigung die Verträge mit Rumänien (am 10. Juli 1891), mit Portugal (am 30. Januar 1892), mit Prankreich (am 31. Januar 1892) und mit Italien (am 12. Februar 1892). Der Handelsvertrag mit Spanien, welcher ebenfalls auf l. Februar 1892 gekündet war, ist durch eine Uebereinkunft vom 25. Januar 1892 mit einigen Aenderungen bis zum 30. Juni 1892 verlängert worden. Im Vertragsverhältniß zu den übrigen Staaten tritt dagegen keine Aenderung ein.

Folgendes sind die zur Zeit bestehenden Handelsverträge der Schweiz :

Schweizerische Handelsverträge, in Kraft am l, März 1892.

Staaten Belgien

Abschluss 3. Juli 1889

Inkraftsetzung

Publikation

Dauer

29. Dezember 1889 1 Jahr nach Kündnng

A. S. n. F. XI, 341

Bulgarien. Durch Notenaus tausch zwischen deiD Vertreter Fraükreic lis in Sofia und der bulgari sehen Regierung, vom 9. Oktober 18 90, ist Frankreich und der S c h w e i z die Behandlung auf dein B uße der meistbegünstigten Nation (Werthverzollung von 872 °/°) zugesich«,rt worden.

Dänemark . . .

Deutschland Ecuador

16. November 1889 U.April 1890 10. Februar 1875 10. Juli 1875 10. Dezember 1891 1. Febrnar 1892 22. Juni 1888 21. Oktober 1889

Frankreich, grenznachbarliche Verhältnisse und Beaufsichtigung der Grenzwaldnngen . .

Genf und freie Zone .

23. Februar 1882 14. Juni 1881

Griechenland Großbritannien . . . .

Hawaii-Inseln (Sandwich) .

10. Juni 1887 6. Sept. 1855 20. Juli 1864

Japan Znsatzkonvention . . .

6. Februar 1864 26. April 1867

10 Jahre 1 Jahr nach Kündung 31. Dezember 1903

A. S. n. F. XI, 427

10 Jahre

I, 668 XII, 505 XI, 210

16. Mai 1882 1. Januar 1883

1 Jahr nach Kündung 30 Jahre

VI, 468 VI, 515

10. Juni 1887 6. März 1856 215. Februar 1869 6. Februar 1864 26. April 1867

1 Jahr nach Kündung 1 Jahr nach Kündung 1 Jahr nach Kündung

XI, 357 A. S. V, 271 n IX, 497 ,, VIII, 683

}

Seit längerer Zeit in Revision begriffen.

.

K, 57 OD H^

as

Staaten Liechtenstein (Vertrag mit Oesterreicb-Ungarn) . .

1 Niederlande Oesterreich-Ungarn . . .

Persien Rußland Salvador Spanien .

Transvaal (Südafrikanische

Inkraftsetzung

Abschlags

Dauer

Publikation

%

10. Dezember 189Ì 1. Februar 1892 19. August 1875 1. Oktober 1878 10. Dezember 1891 1. Februar 1892 23. Jnli 1873 27. Oktober 1874 26. Dezember 1872 30. Oktober 1873 30. Oktober 1883 7. Febrnar 1885 10. Juni 1880 10. Juni 1880 14. März 1883 18. August 1883

6. Nov. 1885

18. November 1887

·31. Dezember 1903 1 Jahr nach Kündnng 31. Dezember 1903 1 Jahr nach Kündung 1 Jahr nach Eiindnng 10 Jahre 1 Jahr nach Rundung 30. Juni 1892*)

10 Jahre

A. S. n. F. XII, 564 III, 522

XII, 564 I, 196 A. S. XI, 376 A. S. n. P. VII, 744 V, 172 VII, 222, X, 113 n.

XII, 644 X,284

TUrkei. Der Vertrag vom 29. Apri} 1861 nebst Konventionaltarif ist am 13. März 1890 erloschen, An Stelle desselben ist einstweilen eint vom 22. März 1890 datirte Erklärung der Pforte getreten, wonacl i der schweizerische Handel in der Tür sei die Behandlung auf dem Fuße desjen gen der meistbegünstigten Ï ation genießt, sofern · dem türkischen Ha ndel in der Schwei z die gleiche Behand lung zu Theil wird.

Ver. Staaten von Amerika

25. November 1850

8. November 1855 1 Jahr nach Kündung

*) Durch Uebereinkunft vom 25. Januar 1892 bis zum 30. Ju ni 1892 verlängert.

A. S. V, 201

OB (sì

O

821 Deutschland und Oesterreich-Ungarn. Die mit diesen beiden Staaten unterm 10. Dezember 1891 abgeschlossenen Handelsverträge sind von der Bundesversammlung in der letzten Januarsession ratifizirt worden, nachdem die Genehmigung derselben durch die Parlamente in Berlin und Wien kurz vorher erfolgt war. Der Austausch der Ratifikationsurkunden geschah in diesen beiden Städten am 30. Januar.

Was die vorgäugigen Verhandlungen, dann die Unterhandlungen selbst, das Resultat und den Inhalt der Verträge, die wirthschaftlichen Folgen derselben für unser Land anbelangt, verweisen wir auf unsere Botschaft an die Bundesversammlung vom 5. Januar 1892 (vide ßundesbl. 1892, Bd. I, pag. 137).

Frankreich. Die Botschaft über die Rechtsverhältnisse beim Handelsverkehr mit Frankreich, welche in der Januarsession (1892) an Sie gelangt ist (s. Bundesbl. 1892, Bd. I, pag. 385), hat Ihnen eingehenden Aufschluß gegeben über die Reihe der Verhandlungen, die während dem Jahre 1891 stattgefunden haben, bis wir zu dem heutigen Stand der Beziehungen zu diesem Lande gekommen sind.

Wir greifen hier vor, indem wir Ihnen die Maßregeln auseinandersetzen, welche wir im Anfange dieses Jahres getroffen haben.

Sie ertheilten uns die Vollmacht, bis zur nächsten ordentlichen Session der Bundesversammlung die Interessen der Schweiz im Handelsverkehr mit Frankreich so gut als möglich zu wahren.

Seit dem 1. Februar wendet Frankreich auf Waaren schweizerischer Provenienz seinen Minimaltarif an, und die Schweiz hat auf Zusehen hin den Gebrauchstarif beibehalten. Dieser Zustand ist nur ein provisorischer, ohne gegenseitige Verpflichtung für eine bestimmte Zeitdauer. Er kann ein Ende nehmen, je nach dem Belieben der einen oder andern Partei.

Wie in der Botschaft erwähnt ist, hat sich Frankreich im Interesse der Aufrechterhaltung der guten Beziehungen zwischen beiden Ländern bereit erklärt, nach dem 1. Februar die Reklamationen des Bundesrathes in Betreff des Minimaltarifs zu prüfen.

Wir werden uns bemühen, sobald als möglich zu einer neuen Verständigung und damit zu einem neuen Vertrag mit Frankreich zu kommen.

Zu diesem Zwecke haben wir mit Hülfe des Vororts des schweizerischen Handels- und Industrievereius eine Enquete vorgenommen, die bei den Unterhandlungen mit Frankreich als Basis der Instruktionen dienen soll für die Ermäßigungen, welche wir auf dem französischen Minimaltarif zu erlangen wünschen.

822 Wir hoffen, daß es zu einer Verständigung kommt, daß Frankreich die Begehren der Schweiz in billiger Weise berücksichtigt und die Wiederherstellung von erträglichen Handelsbeziehungen zwischen beiden Ländern ermöglicht.

Italien. Betreffend die Erneuerung des Handelsvertrages mit Italien, haben wir Ihnen unterm 16. Januar 1892 eine Botschaft (s.-Bundesbl. 1892, Bd. I, pag. 353) mit dem Antrage vorgelegt: ,,Für den Fall, daß vor dem nächsten Zusammentritt der ,,Bundesversammlung ein neuer Handelsvertrag mit Italien unter,,zeichnet würde, ist der Bundesrath ermächtigt, denselben unter ,,dem Vorbehalte der Gegenseitigkeit provisorisch in Kraft zu ,,setzen."

Sie haben diesen Antrag zum Beschlüsse erhoben, in der Meinung, daß sofort nach Unterzeichnung des Vertrages die Bundesversammlung zum Zwecke der Ratifikation desselben -- wenn nöthig, zu einer außerordentlichen Session -- einberufen würde.

Der Gang der Unterhandlungen, welchen eingehende Untersuchungen über die Klagen betreffend den bisherigen Vertrag, sowie über die schweizerischen Begehren für die Vertragserneuerung vorausgegangen sind, und das Resultat dieser Unterhandlungen wird Gegenstand eines künftigen Berichtes sein, da die letztern nicht im Laufe des Berichtsjahres, sondern Anfangs 1892 an Hand genommen worden sind.

Spanien. Die Botschaft vom 26. Jonuar abbin, betreffend die Verlängerung unseres Handelsvertrages mit Spanien (Bundesbl. 1892, Bd. I, pag. 529), die in der letzten Januarsession an die Käthe ausgetheilt worden ist, gibt die Gründe an, welche die spanische Regierung veranlaßt haben, den schweizerisch-spanischen Handelsvertrag auf 1. Februar zu künden.

Wie Sie wissen, ist es uns gelungen, diesen Vertrag bis 30. Juni 1. J. zu verlängern. Von der Verlängerung sind einige Artikel ausgeschlossen.

Die Botschaft gibt im Uebrigen eingehend Aufschluß über die Unterhandlungen, welche dem Abschluß der Uebereinkunft betreffend die Verlängerung vorausgegangen sind, und die Artikel, auf welche sie sich bezieht.

Wir hoffen, bis 30. Juni zu einem neuen Vertrage mit Spanien zu kommen.

Portugal. Der schweizerisch-portugiesische Handelsvertrag vom 6. Dezember 1873, in Kraft getreten am 30. Juli 1876, wurde von

823 Portugal unterm 30. Januar 1891 gekündet. Gemäß den darin getroffenen Vereinbarungen trat er ein Jahr nach erfolgter Kündigung, d. h. am 30. Januar 1892, außer Kraft.

Wir haben nicht ermangelt, die nöthigen Schritte zu thun, um einen Bruch der Vertragsbeziehungen, welche bis dahin zwischen beiden Ländern bestanden hatten, und die beiderseitige Anwendung der Generaltarife zu vermeiden, da es von wesentlichem Interesse ist, die gegenseitigen Handelsbeziehungen durch einen Vertrag geregelt zu sehen. Deßhalb hatten wir mit der portugiesischen Regierung sobald als möglich in Unterhandlungen zu treten verlangt, um am 1. Februar 1892 einen neuen Vertrag an Stelle des außer Kraft tretenden zu haben. Unsere Begehren blieben . bis jetzt ohne Erfolg. Portugal will zuerst seine Handelsbeziehungen mit den ihm näher stehenden Ländern regeln.

Als der 1. Februar 1892 herannahte, schlugen wir Verlängerung des bestehenden Vertrages bis Ende 1. J. vor.

Da die portugiesische Regierung hierauf erklärte, zu einer Verlängerung nicht Hand bieten zu können, haben wir beschlossen, vom 1. Februar 1892 an auf Waaren portugiesischen Ursprunges den Generaltarif anzuwenden.

Die beiden Regierungen sind indessen nach wie vor bestrebt, die guten Handelsbeziehungen, welche bis dahin zwischen beiden Ländern bestanden haben, aufrecht zu erhalten und zu verbessern.

Wir hoffen daher, daß es uns gelingen werde, mit Portugal wieder einen neuen Vertrag abzuschließen.

Rumänien. Der Handelsvertrag, welchen wir mit diesem Staate abgeschlossen hatten, ist am 10. Juli 1891 abgelaufen. Rumänien nahm eine Revision seines Zolltarifs theilweise im Sinne einer Ermäßigung der Zölle vor, und da es die Hände frei behalten wollte, kündigte es alle seine Handelsverträge und weigerte sich, neue abzuschließen, bevor die Wirkungen des revidirten Zolltarifs bekannt, um diesen sodann zur Grundlage der Unterhandlungen nehmen zu können. Uebrigens will es vor Allem mit Oesterreich-Ungarn einen Vertrag abschließen, mit welchem es viel umfassendere Handelsbeziehungen unterhält, als mit den andern Ländern.

Wir hoffen, mit Rumänien zum Abschluß eines Vertrages zu gelangen. Unterdessen behandeln wir die rumänischen Produkte auf dem Fuße der Meistbegünstigung.

TUrkei. Alle Handelsverträge, welche die Türkei mit andern Staaten abgeschlossen hatte, sind abgelaufen. Seit dieser Zeit hat sie indessen fortgefahren, die auf ihr Gebiet importirten Waaren,

824 nach dem in den abgelaufenen Verträgen vorgesehenen Grundsatz zu behandeln, d. h. sie erhebt einen Zoll von 8 °/o des von den Importeuren deklarirten Werthes. -- Im Uebrigen hat sie sich zürn Abschluß neuer Verträge bereit erklärt. Mit Deutschland ist unterm 26. August 1890 ein Vertrag vereinbart worden, derselbe ist indessen noch nicht in Kraft getreten; mit Oesterreich-Ungarn sind die Unterhandlungen bis auf wenige Punkte beendigt. -- Die Türkei will das bedrohte Gleichgewicht in ihren Finanzen wieder herstellen und sucht zu diesem Zweck sich in den neuen Verträgen erheblich höhere Eingangszölle auf fremde Waaren zu sichern, als die, welche bis jetzt bestanden hatten.

Frankreich, das uns gegenüber der Türkei vertritt und für uns unterhandelt, hat die Unterhandlungen seit 1887 nicht wieder aufgenommen. Damals wurden sie eingestellt in Folge der Opposition, welche sich in Prankreich gegen die Handelsverträge überhaupt anfing geltend zu machen. Während des Jahres 1891 ist die Angelegenheit liegen geblieben. Für die Schweiz gilt einstweilen die von der Pforte abgegebene Erklärung vom 22. März 1890, welche in unserm letztjährigen Berichte reproduzirt worden ist.

Wir wollen hier nicht unerwähnt lassen, daß filr bedruckte Baumwolltücher (Kalemkiars), welche einen der wichtigsten Artikel unserer Ausfuhr nach der Türkei bilden, im neuen österreichischtürkischen Handelsvertrag der Zoll von 400 Piastern, d. h, derjenige Ansatz flguriren wird, welcher s. Z. in den französischen Unterhandlungen mit der Pforte vereinbart wurde.

Egypten. In unserm letzten Geschäftsbericht haben wir erwähnt, daß Großbritannien, Portugal und Oesterreich-Ungarn im Jahre 1890 umfassende Handelsverträge mit Egypten abgeschlossen haben, und daß wir unsererseits in Anbetracht unserer wichtigen Handelsbeziehungen mit diesem Lande mit Hülfe des schweizerischen Handels- und Industrievereins eine Untersuchung betreffend den Abschluß eines Vertrages mit Egypten in Gang setzten.

Diese Untersuchung hat im Jahre 1891 nicht zu Ende geführt werden können.

Japan. Im Jahre 1889 waren die Unterhandlungen über einen neuen Handelsvertrag mit diesem Lande ziemlich weit gediehen, es war sogar bis auf einen einzigen Punkt ein vollständiges Binverständniß erzielt worden. In der Zwischenzeit hatte sich jedoch bei einem plötzlichen Umschwung der
japanischen Politik eine starke Opposition gegen die Handelsverträge geltend gemacht, in Folge dessen der beabsichtigte neue Vertrag mit Japan nicht perfekt wurde.

825 Wie wir in unserem letzten Geschäftsbericht erwähnt haben, machte uns im Jahre 1890 der bei Oesterreich-Ungarn und der Schweiz akkreditirte japanische Gesandte im Auftrag seiner Regierung den Vorschlag, die Unterhandlungen wieder aufzunehmen.

Die Bedingungen, von welchen Japan den Abschluß eines neuen Vertrages abhängig machte, insbesondere das Verbot, daß Ausländer Grundeigentum besitzen dürfen, und die Zurückziehung des Projektes der Aufstellung von Gerichten aus Ausländern und Eingeborenen für Streitigkeiten zwischen Ausländern und Japanern veranlaßten uns, diesen Vorschlag abzulehnen.

Seit dieser Zeit hat die Regierung von Japan keine weitern Sehritte mehr gethan. Wir unsererseits möchten, so lange Japan seine Forderungen aufrecht erhält, zu weitern Verhandlungen auf ·dieser Grundlage nicht Hand bieten.

Mexiko. In unserm Geschäftsbericht vom Jahre 1890 haben wir erwähnt, daß Vertragsbeziehungen mit Mexiko angeregt worden seien. Die beiden Regierungen wünschten zwischen den beiden Ländern einen Handels- und Niederlassungsvertrag abzuschließen.

Wir haben deshalb unsere Gesandtschaft in Washington beauftragt, mit dem mexikanischen Gesandten daselbst über einen solchen Vertrag zu unterhandeln.

Anläßlich eines Besuches des mexikanischen Ministers des Auswärtigen in Paris machte dieser unserm dortigen Gesandten den Vorschlag, als Basis für den neuen Vertrag den französisch-mexikanischen Handels- und Niederlassungsvertrag vom 27. November 1886 anzunehmen.

Wir unsererseits schlugen der mexikanischen Regierung darauf vor, auf Grund des mit der Republik Salvador unterm 27. November 1886 abgeschlossenen Handels- und Niederlassungsvertrages zu negoziren.

Seit dieser Zeit, d. h. seit Oktober 1890, sind die Verhandlungen nicht weiter gediehen.

Die mexikanische Regierung erklärte, daß der Vorschlag der Schweiz eine genaue Prüfung der zwischen diesem Staate und Salvador vereinbarten Uebereinkunffc erfordere. Sodann verlangte sie, daß die Unterhandlungen, da sie voraussichtlieh lange Zeit in Anspruch nehmen würden, in Mexiko selbst stattfinden sollten. Dieses Begehren wurde von uns ablehnend beschieden, indem wir der Ansicht waren, daß diese Unterhandlungen zwischen unserer Gesandtschaft und derjenigen von Mexiko in Washington stattfinden sollten. Die Unterzeichnung des Vertrages könnte dann auf den Bnndesblstt. 44. Jahrg. Bd. II.

55

826 Wunsch Mexiko's immerhin in Mexiko erfolgen. Der mexikanische?

Minister des Auswärtigen war darauf während ziemlich langer Zeit verhindert, sich mit der Angelegenheit zu beschäftigen; ferner war die Regierung von Mexiko durch Krieg und innere Wirren anderweitig in Anspruch genommen.

In Folge dessen ist es, trotz des von der mexikanischen Regierung wiederholt geäußerten Wunsches, einen Vertrag abzuschließen, und trotz wiederholter, von unserer Gesandtschaft aa diese gerichteter Noten bis heute noch zu keinen Verhandlungen gekommen.

Brasilien. Ende des Jahres 1890 wurde Europa durch die Nachricht überrascht, daß die Vereinigten Staaten mit der brasilianischen Regierung über einen neuen Handelsvertrag zu unterhandeln angefangen hätten, und daß sie sich anschickten, auch mit andern amerikanischen Republiken Verträge abzuschließen. In der That ist dann im Januar 1891 zwischen Brasilien und den Vereinigten Staaten unter dem Vorbehalt der Ratifikation durch die Parlamente der beiden Staaten ein Vertrag zu Stande gekommen.

Er bestimmt einerseits bei der amerikanischen Einfuhr in Brasilien für gewisse Artikel Zollfreiheit und Reduktion um 25 % für andere ; andererseits Zollfreiheit für gewisse landwirtschaftliche Erzeugnisse Brasiliens bei der Einfuhr in die Vereinigten Staaten.

Diese Nachricht wurde in Europa ziemlich übel aufgenommen.

Die Presse machte sich hier zum Organ der Industriellen und der Kaufleute, welche dafür hielten, daß dieser Vertrag nachtheilige Folgen für die europäische Ausfuhr nach Brasilien haben werde, und lebhaft darauf drangen, daß die betheiligten Regierungen das Beispiel der Vereinigten Staaten Nordamerika's nachahmen.

Wir haben nicht ermangelt, bei unserm Generalkonsulat in Rio de Janeiro Erkundigungen einzuziehen über die Wirkungen, welche der Vertrag auf die Handelsbeziehungen der europäischen Staaten, und insbesondere der Schweiz mit Brasilien haben werde.

Wir haben uns über die Frage, ob Eröffnungen betreffend den Abschluß eines Handelsvertrages an die brasilianische Regierung zeitgemäß seien, sowie über den Weg, den man einschlagen müßte, zu unterrichten gesucht. Bei diesem Anlaß haben wir erfahren, daß der neue Vertrag zwischen den Vereinigten Staaten und Brasilien in diesem letztern Lande nur ungern gesehen wurde, und daß die europäischen Staaten zur Stunde
nur schwer zu Verträgen gelangen könnten, da solche die ohnehin schon sehr kompromittirten brasilianischen Finanzen noch mehr schädigen und infolge der Reduktion der Zolleinnahmen das Gleichgewicht im Budget bedrohen würden»

827 Immerhin hat unser Generalkonsulat in Brasilien mit einer Untersuchung betreffend die den schweizerischen Exportfirmen durch den neuen Vertrag verursachte Situation begonnen. Das Resultat derselben ist uns noch nicht bekannt.

Kine Anzahl europäischer Staaten suchen zur Zeit Verträge mit Brasilien anzubahnen, um die Interessen ihres Exporthandels und ihrer Exportindustrie zu wahren. Auch wir werden nicht unterlassen, zum Schutze der schweizerischen Interessen unser Möglichstes zu thun.

II. Anstände im internationalen Handelsverkehr.

Ausser den seit einigen Jahren ständig gebliebenen Erschwerungen unseres Exporthandels, welche ihren besonderen Grund theils in dem Abbruch der Handelsbeziehungen zwischen Frankreich und Italien seit dem i. März 1888, theils in der strengen Durchführung des englischen Waarenzeichengesetzes haben, und auf welche wir des Nähern zu sprechen kommen werden, sind im Berichtjahre verhältnißmäßig weniger Anstände im internationalen Handelsverkehr der Schweiz mit dem' Auslande vorgekommen, als bisher. Auch haben sich Fälle, wie in den letzten Jahren, wo es sich um besonders schwere Schädigung der Interessenten handelte, glücklicherweise nicht wiederholt, wenigstens sind keine bezügliche Reklamationen bei der Bundesbehörde selbst anhängig gemacht worden. Manche Anstände wurden durch unsere Gesandtschaften im Auslande, an welche sich die Interessenten häufig direkt wenden, ohne unsere Mitwirkung erledigt. Die Bereitwilligkeit und der Eifer, mit welchem sich unsere diplomatischen Vertreter von jeher bei Zollanständen der schweizerischen Interessen angenommen haben, verdient volle Anerkennung.

Wir haben bereits in unserm letztjährigen Geschäftsberichte darauf hingewiesen, daß wir seit Jahren bestrebt sind, unserem Handelsstand durch geeignete Publikationen im Handelsamtsblatt und auf direktem Wege durch möglichst eingehende Beantwortung an uns gerichteter Anfragen über gesetzliche und reglementarische Vorschriften ausländischer Zollverwaltungen Auskunft zu verschaffen.

Frankreich. In Bezug auf den Export t e s s i n i s c h e r R o h s e i d e nach Frankreich ist zu konstatiren, daß dieser Ausfuhr, die seit dem 1. März 1888 unter dem Einfluß des französisch-italienischen Tarifkrieges litt, im Berichtjahre weniger Schwierigkeiten in den Weg

828 gelegt wurden. -- Unter dem Verdachte, italienisches Produkt mit schweizerischem Ursprungszeugniß zu sein, wurde eine Sendung tesainischer S a l a m i von einem französischen Zollamte trotz schweizerischem Ursprungszeugniß konflszirt, dann aber auf Verwendung der schweizerischen Gesandtschaft in Paris wieder freigegeben.

Der Exporteur kam aber immerhin zu Sehaden, da mittlerweile die Sendung theilweise verdorben war. -- Ebenfalls auf Grund der gegenüber Italien immer noch angewendeten Differentialzölle, an deren Stelle mit dem 1. Februar 1892 der neue französische Generaltarif getreten ist, wurden schweizerische Weinhändler angehalten, ihre Ursprungszeugnisse zu Sendungen von W e i n nach Frankreich durch ein französisches Konsulat in der Schweiz legalisiren zu lassen. Diese Maßnahme, zu welcher allerdings · die französische Zollverwaltung auf Grund von Art. 13 des nun abgelaufenen Handelsvertrages berechtigt war, welche jedoch bisher nur ausnahmsweise angewendet wurde, konnte von uns nicht bestritten werden. In gewöhnlichen Fällen begnügte sich die französische Douane jeweilen mit dem Visum der Orts- oder Kantonsbehörden.

Einige weitere Anstände im Handelsverkehr mit Frankreich betreffen : B r o e h i r t e B a u m w o l l g e w e b e . Eine ostschweizerische Firma bezog aus einer Jacquard -Weberei rohe façonnirte Baumwolltücher, zum Export nach Frankreich, welche kontraktgemäß das Gewicht von' 11 kg. per 100 m 2 erreichen, bezw. übersteigen sollten.

Bei zwei -im verflossenen Jahre in Delle zur Verzollung gelangten Sendungen machte das dortige Zollamt die Wahrnehmung, daß eine Anzahl Stücke jene Gewichtsgrenze nicht erreichte und deßhalh in eine höhere Tarifklasse fiel. Die Folge war eine Zollbuße, an welcher die französische Zollverwaltung festhielt, obschon geltend gemacht wurde, daß der betreffenden, höchst achtbaren Firma die Absicht einer unrichtigen Deklaration ferngelegen habe und daß die Gewichtabnahme des Tuches theilweise äußeren Einflüssen, wie langer Trockenheit, zuzuschreiben sei.

W o l l e n e W i r k w a a r e n . Mehrere Sendungen wollener Wirkwaaren, als bonneterie coupée deklarirt, wurden als ,,Spitzen^ erklärt, da sie wirklich wie solche aussahen, und mit Beschlag belegt. Der darauf erfolgte Expertenentscheid ,>lautete übereinstimmend. An der Hand von Mustern gelang es
jedoch, die französische Zollverwaltung zu überzeugen, daß es sich wirklich um Bonneterie und nicht um Spitzen handle. Die Tücher waren nicht wie eigentliche Spitzen gewoben, sondern am ganzen Stück auf dem Wirkstuhl hergestellt und erst nachher geschnitten und an die Tücher genäht. Die Zollbuße nebst der Zolldifferenz wurden der rekurrirenden Firma zurückerstattet.

829 Eine Sendung O r a n g e n , welche im Mai letzten Jahres aus Spanien via Marseille nach der Schweiz abging, war, angeblich wegen Gefahr der Fäulniß, in Marseille zu reduzirten Preisen versteigert worden. Die infolge Reklamation des Empfängers gegen den betreffenden französischen Zollbeamten auf Verwendung des schweizerischen Konsulates daselbst angehobene Untersuchung ergab jedoch, daß in der ganzen Angelegenheit reglementarisch verfahren worden war, und daß außergewöhnliche Umstände im Spiele waren, welche einen raschen Verkauf der Früchte uöthig erscheinen ließen.

Italien. Ueber die in unserem letztjähngen Geschäftsbericht einläßlicher besprochenen, allgemeinen Klagen des schweizerischen Handelsstandes betreffend die außergewöhnlich hohen Z o l l a b f e r t i g u n g s g e b ü h r e n in den italienischen Bahnhöfen haben wir durch den Vorort des schweizerischen Handels- und Industrievereins ein fachmännisches Memorandum ausarbeiten und dasselbe anläßlich der Eröffnung der Handelsvertragsunterhandlungen der italienischen Regierung überreichen lassen. Trotz der im Schlußprotokoll zum bisherigen, am 12. Februar 1892 abgelaufenen Handelsvertrage von Italien abgegebenen Erklärung, daß die italienische Zollveiwaltung veranlaßt worden sei, Untersuchungen zum /wecke einer Herabsetzung dieser Gebühren anzustellen, war nämlich nicht nur keine Ermäßigung, sondern eine bedeutende Erhöhung derselben eingetreten, worunter namentlich der Verkehr in kleineren Waarenmengen empfindlich zu leiden hatte.

Bei den mit Italien neulich geführten Handelsvertragsunterhandlungen ist die Frage der Zollgebühren schweizerischerseits neuerdings zur Sprache gebracht worden.

Eine Sendung glatter, appretirter B a u m w o l l g e w e b e aus M a k o g a r n (_Garn aus egyptischer Makobaumwolle, welche von Natur aus eine in's Röthlichgelbe spielende Nuance ausweist) wurde vom italienischen Zollamt Venedig als gefärbt verzollt. Die Versuchung hiezu lag allerdings nahe, da das Garn, aus welchem das Gewebe bestand, durch ein besonderes Verfahren, dadurch nämlich, daß das Garn einige Stunden lang einem hohen Dampfdruck ausgesetzt wird, eine noch dunklere Nüancirung erhalten hatte. Die sofort eingeleiteten Schritte blieben leider ohne Erfolg, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil die rekurrirende Firma oder deren Spediteur
es unterlassen hatten, den bei Zollanständen mit Italien gesetzlich vorgeschriebenen Weg (italienisches Gesetz vom 13. November 1887, s. schweizerisches Handelsamtsblatt 1888, Seite 72) zu betroten. Laut jenem Gesetz hat der Versender der Waare oder dessen Spediteur jeweilen bei der Verzollung sofort Einsprache zu

830

erheben, wenn er mit letzterer nicht einverstanden ist; es wird sodann ein Protokoll aufgenommen und dieses, nebst einem Muster der Sendung, der Handelskammer zur Prüfung vorgelegt, in deren Bezirk das Zollamt sich befindet. Ist der Zollpflichtige oder auch das Zollamt mit dem Entscheid der Handelskammer nicht einverstanden, so kann innerhalb 14 Tagen beim Finanzministerium in Rom Berufung eingelegt werden.

Ebenfalls wegen theilweiser Nichtbeachtung gesetzlicher Vorschriften mußte eine Sendung M a s c h i n e n t h e i l e , welche zur Reparatur nach der Schweiz spedirt wurden, bei der Wiedereinfuhr in Italien verzollt werden. Ein italienisches Gesetz vom 2. Februar 1890 bestimmt nämlich, daß das Finanzministerium die temporäre Ausfuhr nationalisirter, d. h. ausländischer, in Italien eingeführter Waaren zum Zwecke der Reparatur gestatten könne, sofern die Reparatur nur durch den Fabrikanten selbst ausgeführt werden kann. Dafür bedarf es aber in jedem einzelnen Falle der besonderen Erlaubniß des Finanzministers. Ist diese nicht eingeholt worden, so darf ein Freipaß nicht mehr ausgestellt werden.

Gestenreich. Eine wegen irrthümlicher Verzollung einer Sendung R o h s e i d e durch Vermittlung unserer Gesandtschaft in Wien erhobene Beschwerde gegen das Hauptzollamt Pilsen wurde als begründet erklärt und der betreffenden schweizerischen Firma der Zollbetrag zurückerstattet.

M a s c h i n e n . Sowohl im bisherigen als auch im neuen Handelsvertrag mit Oesterreich-Ungarn ist die Bestimmung ent.halten, daß die Maschinen im kompleten, wenn auch zerlegten Zustande zur Verzollung gebracht werden können. Bei gewissen, besonders schweren Maschinen, wie z. B. Papiermaschinen und Schiffmaschinen, welche ein Gewicht von 100,000 bis 170,000 kg.

und darüber erreichen, ist es aus verschiedenen, technischen Gründen unmöglich, dieselben unter einem Male dem Zollamte zur Verzollung vorzuführen, da jede dieser Maschinen eine ganze Serie von Wagenladungen ausmacht. Die österreichische Zollverwaltung gestattete nun allerdings die Vorführung derartiger Maschinen in mehreren Theilsendungen zum Vertragszoll, jedoch unter der Bedingung, daß nach erfolgter Ablieferung sämmtlicher Bestandtheile der Maschine eine Abordnung österreichischer Zollbeamter auf Kosten der Importeure stattfinde, um an Ort und Stelle zu konstatiren,
ob die einzeln eingeführten Sendungen thatsächlich die kotnplete Papier- (bezw. Schiffs-) Maschine bilden. Gegen die Auferlegung der Kosten jener Expertise erhob die betreffende schweizerische Maschinenfabrik Einsprache, indem sie geltend machte, daß die den einzelnen Sendungen beigegebenen Pläne die Identität der

831 Maschine genügend nachweisen. Da in der erwähnten Kontrolmaßregel die Verletzung einer Vertragsbestimmung nicht erblickt werden konnte, so waren wir nicht in der Lage, der Reklamation weitere Folge geben zu können.

Mit Deutschland kamen im verflossenen Jahre Anstände von Bedeutung nicht vor.

England. Das englische Waarenzeichengesetz (Merchandise Marks Act), das am 23. August 1887 in Kraft getreten ist und anfanglich zu äußerst zahlreichen Beschlagnahmen und Konfiskationen von Waaren mit englischen Bezeichnungen und ungenügender Ursprungsangabe Veranlassung gegeben hat, wird auch jetzt noch mit unverminderter Strenge gehandhabt, und die Fälle, in welchen Waaren angehalten und weggenommen werden, kommen immer noch verhältnißmäßig häufig vor.

Während des vergangenen, am 31. März 1891 abgelaufenen englischen Verwaltungsjahres sind von den Zollbehörden des Vereinigten Königreichs auf Grund dieses Gesetzes 3498 Sendungen, die Postpakete und Transitwaaren nicht mitgerechnet, zurückgehalten worden. 16S4 dieser Sendungen, also nahezu die Hälfte, kamen aus Deutschland, 379 aus Frankreich, 326 aus Holland, 271 aus Belgien, 260 aus den Vereinigten Staaten, der Rest aus andern Ländern. Von den Postsendungen wurden 2519 und von Transitsendungen 93 beschlagnahmt, so daß die Gesammtzahl der be.anstandeten Sendungen 6110 beträgt. Von diesen letztern sind dann schließlich 319 konflszirt worden. Was die Sendungen aus der S c h w e i z betrifft, so sind deren im Ganzen 159, worunter 68 Postsendungen, beanstandet und davon 6 konflszirt worden.

Die letzterwähnten Ziffern gaben uns Veranlassung, denjenigen schweizerischen Industriellen und Kaufleuten, die nach Großbritannien exportiren, oder 'deren Waaren auf dem Wege nach ihrem Bestimmungsorte dieses Staatengebiet berühren, die genaue Beobachtung der Vorschriften des englischen Waarenzeichengesetzes, dessen hauptsächlichste Bestimmungen wir im schweizerischen Handelsamtsblatt, Jahrgang 1887, Seite 726, zum Abdruck gebracht haben, neuerdings dringend anzuempfehlen.

Das erwähnte Gesetz verbietet die Anbringung von Namen und Bezeichnungen in englischer Sprache auf den Waaren oder deren Umhüllung, wenn daneben nicht deutlich der Name des Produktionslandes, z. B. ,,manufactured in Switzerland", ,,made in .Switzerland", ,,Swiss made", angebracht ist. Die Bezeichnung ,,Swiss makea ist nicht genügend, da dieselbe den Sinn von ,,à la mode suisse" haben könnte. Aufschriften wie superflue mabe, patent,

'832 registered oder warranted, Angaben über Maß und Zahl, z. F..

auf Stickereien die Länge in Yards, auf Uhren in Schachteln die Bezeichnung ,,l dozen", sogar die Worte ,,and Co." in einer nicht englischen Firma sind verboten, wenn nicht der Name des Ursprungsortes daneben steht. Diese Vorschriften gelten selbst für Amerika und andere fremde Länder, deren NAtionalsprache die englische ist, wenn die Waaren englische Häfen berühren. Auf alle diese Einzelheiten haben wir die Interessenten in den verschiedenen Jahrgängen des schweizerischen Handelsamtsblattes genügend aufmerksam gemacht ; dieselben haben aber, wie es scheint, nicht tiberall die nöthige Beachtung gefunden.

Im Berichtjahre sind bei der Bundesbehörde zwei Reklamationen wegen Beschlagnahme auf Grund des englischen Waarenzeichengesetzes anhängig gemacht worden; in beiden Fällen handeltees sich um Uhrensendungen. Dank den energischen Bemühungen unseres diplomatischen Vertreters in London wurden beide Sendungen freigegeben, die eine jedoch nur gegen Entrichtung einer Zollbuße, weil die Bezeichnung ,,Swiss made" mit ganz kleinen Buchstaben und fast unsichtbar neben der Adresse des englischen Bestellers auf dem Zifferblatte angebracht war, und die.englische Zollbehörde hierin eine absichtliche Umgehung des Gesetzes erblickte. Unsere Gesandtschaft in London meldet uns, daß sie in letzter Zeit wieder häufig in den Fall gekommen sei, zu Gunsten schweizerischer Fabrikanten, die ihre Waaren ganz entgegen den Bestimmungen des englischen Gesetzes bezeichnet hatten, bei den Zollbehörden sich zu verwenden. Abgesehen davon, daß sich die Zollbehörden in vielen Fällen geweigert haben, die konßszirten Waaren wieder herauszugeben, müssen derartige Verzögerungen in der Ablieferung nothwendig Verluste zur Folge haben.

Schweden. Ueber die Besteuerung der ausländischen H a n d e l s r e i s e n d e n in Schweden verfügte eine kgl. Verordnung vom 5. Oktober 1889, daß Ausländer oder im Auslande wohnende schwedische Staatsangehörige, welche in Schweden die sonst bestehenden Steuern nicht entrichten, verpflichtet sind, bei ihrer Ankunft in Schweden dem Steueramte der nächstliegenden Stadt für den Fall, daß sie für eigene oder fremde Rechnung zur Einleitung von Handelsgeschäften, mit oder ohne Waarenmuster, Bestellungen ausländischer Waaren aufnehmen wollen,
eine schriftliche Erklärung darüber abzugeben, wie lange sie sich in Schweden aufhallen wollen. Für die Bewilligung zur Aufnahme von Bestellungen und zum Abschluß von Handelsgeschäften ist für jeden Kalendermonat oder Bruchtheil eines solchen eine Taxe von 100 Kronen (Fr. 140) zu entrichten. In jeder Ortschaft, in welcher sie Geschäfte zu.

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machen beabsichtigen, müssen die Handelsreisenden zuerst die Quittung, die sie für Entrichtung der Patentgebühr erhalten haben, von der Ortspolizeibehörde legalisiren lassen. Auch sollen keine Waaren von Hand zu Hand verkauft werden ; die bestellten Waaren dürfen erst später vom Auslaude her geliefert werden. Auf Zuwiderhandlungen gegen dieses Gesetz lastet eine Buße von 100 bis 500 Kronen.

Obschon wir auch hier den schweizerischen Handelsstand, auf Grund rechtzeitiger und eingehender Informationen unseres Konsulates in Stockholm, im schweizerischen Handelsamtsblatt auf die Gefahren dieses mit äußerster Strenge durchgeführten Gesetzes aufinerksam machten, kamen nichtsdestoweniger einige Fälle von Schädigung schweizerischer Handelsleute vor. Eine Uhrenfabrik namentlich wurde durch Konfiskation einer ganzen Uhrenseudung von mehreren hundert Stücken schwer geschädigt. In einem Prozeß, welcher gegen zwei (allerdings nicht schweizerische) Reisende vom Fiskus einer schwedischen Stadt angestrengt worden war, verurtheilte das Polizeigericht in Stockholm dieselben zu einer erheblichen Buße, weil sie ihre Handelsgeschäfte besorgten, ohne vorher ihre Patentquittung zur bloßen Beglaubigung vorgewiesen zu haben. In letzter Zeit scheint sich jedoch der Handel den strengen Vorschriften des erwähnten Gesetzes angepaßt zu haben.

III. Weltausstellung in Chicago.

Als die Frage einer Weltausstellung in den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika aufgeworfen und diskutirt wurde, d. h. im Jahre 1888 schon, haben wir über die eventuelle Betheiligung der Schweiz an dieser Ausstellung Erkundigungen eingezogen. Der Vorort des schweizerischen Handels- und Industrievereins, an welchen wir uns gerichtet hatten, begann sofort bei den Vertretern der verschiedenen Industrien und den Handels- und Industriegesellschafien eine Enquete anzustellen. Aus dem uns im Laufe des Jahres 1890 zugekommenen Berichte desselben geht hervor, daß allgemein eine gewisse Ausstellungsmüdigkeit herrschte. Gewisse Industrien, welche der Ansicht sind, daß die durch eine Betheiliguug verursachten Kosten und Unannehmlichkeiten nicht aufgewogen würden durch die daraus resultirenden Vortheile, hatten schon den Beschluß gefaßt, sich an der Ausstellung nicht zu betheiligen. Die Mehrzahl der genannten Gesellschaften äußerte kein Begehren der Beiheiligung der Schweiz an einer amerikanischen Ausstellung. Einzig die Stickerei- und die Uhrenindustrie gaben die Absicht kund, ihre Fabrikate ausstellen zu wollen, ohne daß sie indessen eine offizielle Organisation von Seiten der Schweiz für nò'thig erachteten.

834

Der Vorort kam zum Schluß, die Schweiz solle sich nicht offiziell betheiligen, sondern eher denjenigen Industriellen, welche ausstellen wollten, eine Subvention gewähren.

Unterdessen hatte das Parlament der Vereinigten Staaten nach langen Diskussionen über die Zweckmäßigkeit einer Ausstellung und über den Sitz derselben sich für eine solche ausgesprochen und beschlossen, daß dieselbe in Chicago stattfinden sollte.

Die offizielle Einladung zur Theilnahme an der Ausstellung langte am 7. Februar 1891 ein. Als Eröffnungstag ist der 1. Mai 1893 festgesetzt worden; der Schluß soll am 31. Oktober gì. J.

stattfinden.

Unterdessen war die Frage der offiziellen Betheiligung von Seiten der Schweiz lebhaft besprochen worden. Zu einer Lösung war man indessen noch nicht gelangt.

Unsere Gesandtschaft in Washington wies in einem Bericht vom Mai 1891 auf die Bedeutung des amerikanischen Absatzgebietes, welches der Schweiz trotz der Mac-Kinley-Bill noch geblieben sei, hin. Sie empfiehlt dem schweizerischen Handel und der Industrie, in Chicago auszustellen, auch wenn die Eidgenossenschaft von einer offiziellen Betheiligung absehen würde.

Im August 1891 kamen Delegirte des Ausstellungskomite's in die Schweiz, um für die Beschickung von Seiten unserer Industriellen Schritte zu thun. Diese waren aber noch nicht in der Lage, die Fragen, welche in Betreff der Organisation der Ausstellung an sie gestellt wurden, zu beantworten, und ihre Empfehlungen fanden in den Kreisen der Interessenten nur wenig Anklang.

Wahrend seines Aufenthaltes in der Schweiz erkundigte sieh unser Gesandter in Washington über die Stimmung der verschiedenen schweizerischen Industriezweige; er überzeugte sich dabei, daß nur die Stickerei- und die Uhrenindustrie die Frage der Betheiligung ernstlich in Betracht gezogen hatten.

Unter den Vertretern dieses letztern Industriezweiges selbst herrscht übrigens noch eine große Meinungsverschiedenheit. Die einen erklären, es sei unnütz, in Chicago auszustellen ; die andern, mau solle in jedem Falle nur Fabrikate von hervorragendem Werth hinschicken.

In Anbetracht dieser Verschiedenheit der Ansichten wandten wir uns abermals an den Vorort des schweizerischen Handels- und Industrievereins und ersuchten ihn um einen neuen Bericht, welcher uns über den Stand der Betheiligungsfrage und die zu treffenden Maßnahmen eingehend Aufschluß geben sollte.

835

Dieser Bericht ist uns zugekommen. Er spricht sich über die Frage der offiziellen Betheiligung ablehnend aus und weist abermals auf das geringe Maß an Interesse hin, mit dem die schweizerischen Industriellen und Industriegesellschaften, die ein zweites Mal angefragt worden waren, dem Projekt begegnen.

Die allgemeine Ansicht, welche daraus resultirt und welche ·die herrschende zu sein scheint, ist die, daß eine offizielle Betheiligung nicht augezeigt sei. Der Bund würde seine Aufgabe ebenso gut durch Gewährung einer Subvention an die schweizerischen Aussteller erfüllen.

In beiden Berichten ist der Vorort zu diesem nämlichen Schluß gekommen.

Im Hinblick auf diese Sachlage haben wir beschlossen : 1. Von einer offiziellen Organisation der Betheiligung der Schweiz an der internationalen Ausstellung, welche im Jahre 1893 in Chicago abgehalten wird, wird Abstand genommen.

2. Wenn sich privatim einzelne Industriegruppen oder Einzelflrrnen mit ihren Produkten an der Ausstellung betheiligen, so wird der Bundesrath untersuchen und entscheiden, ob und welche Beiträge an die Kosten dieser Betheiligung aus der Bundeskasse zu leisten seien.

IV. Kommerzielle Berufsbildung.

Anläßlich der Prüfung des Geschäftsberichtes pro 1888 hatte uns der Ständerath eingeladen, den eidgenössischen Käthen in ihrer nächsten Session einen Entwurf zu einem Bundesbeschluß betreffend die Förderung der kommerziellen Bildung durch den Bund zu unterbreiten.

Wir sind diesem Wunsche nachgekommen, indem wir über die Frage unterm 18. November 1890 eine Botschaft und den Entwurf zu einem Bundesbeschluß vorlegten, dahingehend, es sei der Bund zu ermächtigen, die kommerziellen Bildungsanstalten, sowie auch die kaufmännischen Vereine zu Subventioniren, und es sei ihm zu diesem Zwecke für das Jahr 1891 ein Nachtragskredit von Fr. 60,000 zu bewilligen.

Dieser Entwurf ist von den eidgenössischen Käthen in ihrer Frühlingssession durchberathen und zum Beschluß erhoben worden und am 24. Juli 1891 in Kraft getreten. Der Bundesrath hat ihn mit einer Vollziehungsverordnung vom gleichen Datum begleitet, welche die verschiedenen Bedingungen festsetzt, denen die Handelsschulen und kaufmännischen Vereine, um subventionirt werden zu können, genügen müssen.

836 Der Bund ist dadurch in den Stand gesetzt worden, den zahlreichen Subventionsbegehren, die an ihn gestellt wurden, unter gewissen Voraussetzungen zu entsprechen und die kaufmännische Bildung mit Erfolg zu fördern.

Es freut uns, den guten Erfolg, den dieser Beschluß gehabt hat, konstatiren zu können.

Bestehende Handelsschulen haben sich bestrebt, ihren Lehrplau im Sinne desselben zu erweitern, um die in Aussicht gestellten Subventionen zu erhalten. Wenn sie den reglementarischen Bedingungen nicht genügten, haben sie sich bemüht, dies zu thun.

Man kann den Impuls, welchen der neue Bundesbeschluß dieser Entwicklung gegeben hat, am besten bemessen, wenn man die Zahl derjenigen Handelsschulen, welche im laufenden Jahr subventionirt worden sind, vergleicht mit der Zahl derjenigen, welche sieh erst noch auf die Bewerbung um eine Subvention vorbereiten.

Im Jahr 1891 haben wir nur an 4 Handelsschulen: Luzern, Chaux-de-Fonds, Neuenburg und Genf, Subventionen im Betrage von Fr. 22,916. 50 ausgerichtet. Zürich, Winterthur, Bern und Sololhurn haben theils ihre betreffenden Schulen schon eingerichtet, theils sind sie noch daran, es zu thun, um einer Bundessubvention theilhaftig zu werden. Bern will die Klassen der Handelsschule nicht nur auf 3, sondern auf 4 erhöhen, um so allen Anforderungen an eine gute Handelsschule zu entsprechen.

So hat der Bundesbeschluß vom 15. April 1891 auf die Entwicklung dieser Anstalten in hohem Maße fordernd eingewirkt.

Unser Ziel war nicht darauf gerichtet, den Zutritt zu den Handelsschulen zu erleichtern und deren Frequenz zu erhöhen, sondern die kaufmännische Bildung zu heben, und zwar ganz wesentlich die Zöglinge mit denjenigen Kenntnissen auszurüsten,, welche sie iu den Stand setzen, später in Handel, Industrie und Verwaltung in allen Stellungen Tüchtiges zu leisten und mit Erfolg gegen die fremde Konkurrenz zu kämpfen.

Aus diesem Grunde verlangten wir die Ermächtigung, ziemlich namhafte Subventionen ausrichten zu können. Deßhalb auch haben wir im Vollziehungsreglement ziemlich rigorose Bedingungen aufgestellt, bei deren Nichterfüllung Handelsschulen überhaupt nicht subventionirt werden können; insbesondere haben wir verlangt, daß der Eintritt in diese Schulen erst nach zurückgelegtem 15.

Altersjahr und nach bestandener Aufnahmspriifung erfolgen könne.

837

Der Beschluß sieht auch die Subventionirung von kaufmännischen Vereinen vor, welche ihre Mitglieder in den kommerziellen Fächern zu unterrichten hezwecken. Wir haben von dieser Befugniß im Jahre 1891 einen ausgiebigen Gebrauch gemacht. Der schweizerische kaufmännische Verein mit 27 Sektionen in der Schweiz und einer in London hat daraus am meisten Nutzen gezogen.

Im vergangenen Jahre haben wir nämlich dieser Gesellschaft folgende Beiträge bewilligt: 1. Dem Centralkomite in Zürich zum Zweck der Förderung der kaufmännischen Bildung in den Sektionen, Aussetzung von Prämien für Preisarbeiten, Ergänzung von Lücken in den Bibliotheken der Sektionen, Anordnung von Vorträgen etc. Fr. 2,000 2. 27 Sektionen des schweizerischen kaufmännischen Vereins für Unterrichtszwecke ,,11,150 Dem schweizerischen kaufmännischen Verein

Total

Fr. 13,150

Unter denjenigen kaufmännischen Vereinen, welche dem Central verbände nicht angehören, haben die folgenden Beiträge erO > O ö halten : 1. Cercle commercial suisse de Paris.

2. Kaufmännischer Verein Borgen.

3. Verein junger Kaufleute Basel.

4. Verein junger Kaufleute Herisau.

5. Société des jeunes commerçants Lausanne.

G. Kaufmännische Sektion Herzogenbuchsee.

Die an diese geleisteten Beiträge belaufen sich zusammen auf Fr. 2800.

An die kaufmännischen Vereine überhaupt wurden also Subventionen ausgerichtet im Gesammtbetrage von Fr. 15,950.

Diese Subventionen haben den Zweck, die Ausgaben für die Kurse, Vorträge, Preisaufgaben, Erwerbungen für die Bibliothek etc. theilweise zu decken. Es werden solche nur unter gewissen, im Vollziehungsreglemeut aufgezählten Voraussetzungen gewährt. Die Bewerbung geschieht durch ein Gesuch, welches genaue Angaben über die Organisations- und die finanziellen Verhältnisse zu enthalten hat.

Die subventionirten Vereine übernehmen die Verpflichtung, auch Unbemittelten durch finanzielle ^Erleichterungen den Besuch ihrer Kurse zu ermöglichen. Die Höhe der Subvention hängt hauptsächlich von der Mitgliederzahl und von der Höhe der zu Lehrzwecken gemachten Ausgaben ab. Die subventionirten Vereine sind ge-

838 halten, über die Verwendung des. vom Bunde erhaltenen Beitrages Bericht zu erstatten. Diesem Bericht müssen die nöthigen Belege beigelegt werden.

Anläßlich der Subventionsgesuche von zwei Vereinen haben wir unterm 6. Oktober den Beschluß gefaßt, daß an ein und demselben Orte nur ein Verein unterstützt werden soll. Kaufmännische Vereine, welche auf Subvention Anspruch machen wollen, dürfen nicht andere Zwecke, wie z. B. religiöse oder politische, im Auge haben, welche denjenigen, der in dieser Beziehung anderer Gesinnung ist, verhindern würden, den kaufmännischen Bildungsbestrebungen sich anzuschließen. Da nun aber an den Orten, wo jene Vereine sind, schon je ein kaufmännischer Verein existirt, besteht kein Hinderniß, die Unterrichtskurse desselben zu benutzen.

Die Subventionen dürfen nicht dazu dienen, einer auf religiösen oder politischen Motiven beruhenden Zersplitterung Vorschub zu leisten, sondern sollen im Gegentheil einer Vereinheitlichung der daherigen Bestrebungen rufen, wodurch das Ziel, das der Gesetzgeber im Auge hat, unbedingt leichter zu erreichen ist, als bei einer Zersplitterung jener Vereine und Bestrebungen.

Mit dieser Motivirung wurden beide Gesuche im ablehnenden Sinne beschieden.

Was von den Handelsschulen gesagt worden, gilt auch von den kaufmännischen Vereinen; auch hier macht sich seit dem Inkrafttreten des Bundesbeschlusses eine erfreuliche Entwicklung und ein Wetteifer in den Bildungsbestrebungen bemerkbar.

Der Bundesbeschluß betreffend Förderung der kommerziellen Bildung stellte dem Bundesrathe pro 1891 einen Kredit von Fr. 60,000 zur Verfügung. Von diesem wurden, wie bereits erwähnt, verwendet: Für die Handelsschulen Fr. 22,916. 50 Für die kaufmännischen Vereine . . . . ,, 15,950. --

Total Fr. 38,866. 50 V. Konsul arberichte.

Was die Berichterstattung unserer Konsulate anbelangt, so können wir im Wesentlichen auf das in den früheren Geschäftsberichten Gesagte verweisen. Berichte sind uns in diesem Jahre von folgenden Konsularstellen zugegangen : Adélaïde, Algier, Antwerpen, Brüssel, Budapest, Bukarest, Cannes, Christiania, Cincinnati, Frankfurt a. M., Galatz, Hamburg,

839 Yokohama, Königsberg, Liverpool, London, Lyon, Mailand, Manila, Melbourne, Montevideo, Patras, Portland (Vereinigte Staaten von Nordamerika), Riga. Rotterdam, San Francisco, Stockholm, Triest, Valparaiso, Venedig und Warschau.

Die meisten dieser Berichte sind ganz oder im Auszuge im Schweizerischen Handelsamtsblatte zur Kenntniß der Interessenten gebracht worden.

Nicht unerwähnt wollen wir lassen, daß auch im Laufe dieses Jahres eine zunehmende Zahl von Konsulaten bestrebt gewesen war, außer dem reglementarischen Jahresberichte über Vorgänge im wirthschaftlichen oder politischen Leben ihres Konsularkreises uns von Zeit zu Zeit Meldung zu machen. Diese Gelegenheitsberichte sind, soweit sie sich zur Veröffentlichung eigneten, jeweilen im Schweizerischen Handelsamtsblatt publizirt worden.

Tl. Handelsamtsblatt.

Der Stoff und die Anordnung des Handelsamtsblattes haben im Berichtsjahre keine wesentliche Aenderung erlitten; ebenso ist auch die Abonnentenzahl ungefähr die gleiche geblieben. Das Blatt wurde in einer Auflage von 3100 Exemplaren gedruckt, wovon rund 2500 an Abonnenten, die übrigen gratis an die Handelsregisterführer, Gesandtschaften und Konsulate, ferner an die Mitglieder der Bundesversammlung etc. versandt wurden.

Bemerkenswert!! ist die außerordentliche Vermehrung der Handelsregisterpublikationen, welche sich im Zusammenhang mit den Vorbereitungen zur Inkraftsetzung des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs gegen das Vorjahr mehr als verdoppelt haben. Es wurden im Ganzen 16,308 Einträge veröffentlicht (1890: 7736), wovon 9081 Neueintragungen, 6226 Löschungen, 1001 Aenderungen. Dank den im Vorjahre getroffenen Anordnungen zur besseren Ausnützung des Raumes und Ersparnis von Kosten hat sich der Umfang des Blattes trotz der erwähnten Verdoppelung der Handelsregister-Veröffentlichungen (im Berichtsjahre 410 Seiten, im Vorjahre 240 Seiten) nur um 80 Seiten vermehrt.

Die im Vorjahre begonnene Selbstverwaltung des Inseratentheils hat sich ebenfalls finanziell und organisatorisch sehr gut bewährt.

Im Handelsamtsblatte wurden bis jetzt hauptsächlich folgende Materien veröffentlicht : O b l i g a t i o n e n r e c h t : Handelsregister, Werthtitel-Amortisationen.

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Schutz des geistigen und gewerblichen Eigenthums: Fabrik- und Handelsmarken, Erfindimgspatente, Einträge von Mustern und Modellen, litterarischen und künstlerischen Werken.

E m i s s i o n s b a n k e n : Wochen-, Monats- und Jahresbilanzen, statistische Uebersichten etc.

V e r s i c h e r u n g s w e s e n : Jahresbilanzen, Rechtsdomizile etc.

Z o l l s t a t i s t i k : Monats-, Quartals- und Jahresübersichten der schweizerischen Waaren-Ein- und -Ausfuhr.

K o n s u l a r w e s e n : Konsularberichte.

E i s e n b a h n e n : Tarifanzeiger, Monatsübersichten des Verkehrs und der Einnahmen.

Im nichtamtlichen Theile des Blattes werden die verschiedenen Gesetze und Verträge kommerzieller und allgemein wirthschaftlicher Natur, sowie laufende Mittheilungen über den Stand der Handelsverträge, über Zolltarife, Zollformalitäten, Ausstellungen etc.

zur Orientirung unserer Geschäftswelt veröffentlicht.

Mit dem Beginne des neuen Jahres treten als bedeutender Zuwachs zum bisherigen obligatorischen Stoffe die K o n k u r s p u b l i k a t i o n e n gemäß dem schon erwähnten Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs hinzu. Im Handelsamtsblatte haben z. B. zu erscheinen : Die Eröffnung des Konkurses, der allfällige Widerruf desselben oder die Einstellung des Verfahrens ; die Auflegung des Kollokationsplanes, sowie dessen Abänderung, die Steigerungen, der Schluß des Konkursverfahrens; ferner (im summarischen Konkursverfahren) die Aufforderung an die Gläubiger zur Eingabe ihrer Forderungen und der Schluß des Verfahrens; schließlich (im Falle des Nachlaßvertrages) die Stundung, sowie deren Widerruf, die Aufforderung an die Gläubiger zur Eingabe ihrer Forderungen, die Einberufung einer Gläubigerversammlung zur Berathung des Naehlaßgesuches, der Entscheid über den Nachlaßvertrag, der Widerruf desselben.

Der Konkursbeireibung unterliegen nach dem bereits genannten Bundesgesetze bekanntlich nur Diejenigen, welche im Handelsregister eingetragen sind. Die Grundlage für das Vorgehen der Betreibungsbearnten bilden daher die im Handelsamtsblatte veröffentlichten Handelsregister-Einträge, wie anderseits die Konkurspublikationen dieses Blattes für die Berechnung der Fristen maßgehend sind.

Wir haben deßhalb verfügt, daß das Handelsamtsblatt den Konkursund Betreibungsämtern, sowie den Aufsichtsbehörden, 1252 an
der Zahl, gratis zuzustellen sei. Der allgemeine Wunsch, die mit der Konkursbetreibung verbundenen Unkosten möglichst zu reduziren, hat uns ferner veranlaßt, die Gebühren für die betreffenden Publikationen im Handelsamtsblatt äußerst niedrig zu bemessen.

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Für möglichste Promptheit im Erscheinen der verschiedenen amtlichen und nichtamtlichen Veröffentlichungen in diesem Blatte ist durch das schon seit längerer Zeit bewährte System gesorgt, nach welchem ersteres so oft herausgegeben wird, als der Stoff die Herausgabe einer Nummer von 4 Seiten gestattet. Während des größten Theiles des Jahres erscheint das Blatt in Folge dieser Anordnung täglich, bisweilen auch zwei Mal per Tag.

Es ist zu hoflen, daß der besprochene Stoffzuwachs dem Handelsamtsblatte eine größere Anzahl neuer Leser gewinnen werde.

Wir mußten bis jetzt leider immer wieder konstatiren, daß von Nichtabonnenten bei unseren Departementen brieflich Aufschlüsse über Handelsverträge, Zolltarife, Ausstellungen und andere Materien verlangt werden, welche im Handelsamtsblatte schon ertheilt worden sind. Der Preis desselben ist so gering (6 Franken per Jahr), daß dessen Abonnirung jeder Firma von einiger Bedeutung zugemuthet werden darf.

VII. Statistisches Bureau.

Wie in früheren Jahren bethätigte sich das Bureau auch in diesem Jahre in erheblicher Weise an den vielen Geschäften der Handelsabtheilung, und zwar hauptsächlich an den Vorarbeiten für die verschiedenen Handelsverträge. Seit dem Beginn der Unterhandlungen wurde dasselbe als Annex der Handelsabtheilung durch die bezüglichen Arbeiten vollständig in Anspruch genommen.

VIII. Gold- und Silberwaareii.

Der Geschäftsbericht dieses Dienstzweiges ist in zwei 'Abtheilungen getheilt: a. Kontrole der Gold- und Silberwaaren.

Kontroiämter. Am 1. Januar 1891 ist das seit 1882 bestehende ,,Kontroiamt Madretsch11 geschlossen und mit dem Amt ,, B i e l " vereinigt worden. Die im Kontroiamt Madretsch gebrauchten Kontrolstempel, sowie die Matrizen und die beim Departement als Vorrath für dieses Amt verbleibenden Stempel wurden, nach Verifikation, durch das eidgenössische Amt für Gold- und Silberwaaven vernichtet. Wir können nicht umhin, bei diesem Anlaß dem Kontroiamt Madretsch noch das Zeugniß auszustellen, daß es durch gewissenhafte- Aufsicht in seinem Wirkungskreis dem Gesetze die nöthige Nachachtung erwirkt und durch seine geleisteten vorzüglichen Dienste überhaupt unsere Anerkennung verdient hat.

Bundesblatt. 44. Jahrg. Bd. II.

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Gegenwärtig sind 12 Kontrol ämter in Thätigkeit. Die Einnahmen derselben belaufen sich pro 1891 im Ganzen auf Fr. 220,566.15, gegenüber einer Ausgabeusumme von Fr. 157,503. 97; der Einnahmenüberschuß beträgt demnach Fr. 63,062. 18.

In der beigefügten Tabelle geben wir eine vergleichende Uebersicht der in den Jahren 1882--1891, d. h. seit dem Inkrafttreten der eidgenössischen Kontrole, durch die Kontroiämter vorgenommenen Stempelungen und Proben. Diese Zusammenstellung ergibt für 1891 eine Verminderung von 12,8 °/o der Gesammtzahl der im Jahre 1890 kontrolirten Uhrenschalen. (Die Ziffer des Jahres 1890 ist die höchste, die bis jetzt jemals erreicht wurde.) Diese Verminderung ist auf Rechnung des flauen Geschäftsganges der Uhrenindustrie überhaupt zu setzen, welch' letzterer auf das fragliche Zustandekommen von neuen Handelsverträgen zurückzuführen sein dürfte.

Aus einer im Laufe des Berichtsjahres vorgenommenen allgemeinen Inspektion der Kontroiämter ergibt sich, daß das Bundesgesetz betreffend Kontrolirung der Gold- und Silberwaaren und dessen Verordnungen bis auf wenige Ausnahmen genau beobachtet werden. Wir haben uns überzeugen können, daß die Kontrolämter im Allgemeinen die gesetzlichen Vorschriften gleichmäßig anwenden.

Die Geschäftsführung der Aemter ist eine ziemlich korrekte; dennoch haben wir infolge verschiedener von uns gemachten Konstatirungen von einigen Kontrolverwaltungen eine striktere Beobachtung der ergänzenden Instruktionen vom 12. Juni 1882 (wonach die Stempel außer Gebrauch gesetzt werden sollen, sobald das Unterscheidungszeichen nicht mehr genau sichtbar ist) verlangt.

Dieser letzte Punkt benöthigt demnach häufigere Inspektionen der Kontroiämter.

Beeidigte Probirer. Prüfungen für die Erlangung des eidgenössischen Diploms für Probirer fanden am Polytechnikum in Zürich vom 20. bis 25. Juli statt, gemäß dem im schweizerischen Handelsamtsblatte veröffentlichten Programm.

Da der Bildungsgang, den die einzelnen Kandidaten bisher durchgemacht hatten, ein ziemlich verschiedener war, wurde, um etwas mehr Gleichmäßigkeit in der Ausbildung der Probirerkandidateu zu. erzielen, ein Instruktions-Vorkurs vom 29. Juni bis 18. Juli veranstaltet. Der Unterricht in den wissenschaftlichen Fächern wurde von den Herren Professoren Dr. Lunge und Dr. Barbieri ertheilt; mit dem theoretischen und praktischen Unterricht in der Probirkunde wurde Herr Eugen Tissot, Chef-Probirer des Kontrol-

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V e r g l e i c h e n d e U el> er s icli t der

wahrend der Jahre 1882--1891 von den Kontroiämtern für Gold- und Silberwaaren vorgenommenen Stempelungen und Proben.

Gestempelte Uhrenschalen.

Aemter.

Zürich '

1882.

1883.

1884.

1885.

1886.

1887.

1888.

1889.

1890.

1891.

1882.

1883.

Stücke.

Stöcke.

Stücke.

Stücke.

Stücke.

Stücke.

Stücke.

Stücke.

Stücke.

Stücke.

Stücke.

Stücke.

. . . .

Biel St. Immer . . . . · .

Madretsoh 8 . . . .

Noirmont 8 .

Pruntrut * Tramüngen . . . .

Grenchen (Solothnrn) B .

Schaffhausen . . . .

Chaux-de-Fonds . . .

Fleurier Locle Genf Total Zunahme gegenober dem Vorjahre Abnahme gegenüber dem Vorjahre

256

173,847 99,369 23,623

140,743 128,318 143,415

156,291 126,802 142,903 48,005

132,158 99,513 137,735 53,970

232,356 154,743 141,847 89,293

270,748 187,942 182,537 99,796

* 77,845

96,298

69,797

55,488

82,189

174,550

34,879 286,539 35,181 103,771 23,405 52,848

41,405 310,604 41,760 121,153 23,566 53,793

51,634 315,076 60,559 129,423 23,336 50,900

43,596 278,679 55,787 103,275 19,499 42,131

50,639 304,107 54,040 131,749 11,416 37,252

41,293 323,686 57,772 131,932 46,358 31,328

911,307

1,101,055

1,174,726

1,021,831

1,289,631

1,547,942

189,748

73,671

267,800

258,311

287,850 229,258 189,317 118,792 184,841 246,062

354,695 295,441 262,924 143,461

68,672 336,787 69,296

73,710 399,689 75,854 153,026 23,858 68,327

343,544 304,867 178,710 137,027 337,511 352,535 122,454 67,769 432.129 80,445 159,766 25,483 75,174

1,941,274

2,502,619

2,617,414

393,332

561,345

114,795

322,940 328,694

133,597 24,431 52,371

;1 52,895

397,910 232,203

2,599 10

2,618

1884.

1885.

Stücke. Stücke.

9,804 3,443 2,368 2,618

1886.

1887.

1888.

1889.

1890.

Stücke.

Stücke.

Stücke.

Stücke.

Stücke.

3,991

4,569

5,749

6,544

3,926-

1891.

2,283,130

48,549 45,653 52,994 42,553 35,472 36,891 40,912 41,917

7,341 2,896

1,419

10,441

4,021

1882.

1883.

S

Eröffnet Ende Novembf r 1883; gesch ossen Ende t> ovember 1885. -- » Eröffnet im Oktober 1882, mit Biel vereinigt den 1. Janaar 18!»1. -- » Eräffi et den 1. Jan aar 1881. - « Eröffnet den li>. März 18«a -- " JEröffnet den 10. Mai 1890.

1885.

Angfthl,

1888.

1889.

1890.

1,196 1,012

1,141 721

1,049 524

1,219 530

910

795

666

685

620

504

487

360

430

471 442 557

433

551

754

546

583

489

517

426

383

426

421

530

477

4,208 932 2,745 491 6

4,089 844 1,714 375 10

6,376 790

7,664 979 1,018 277 15

8,081

8,456 862 770 125 30

8,177 727

275

1,350 229 6

697

1,207

892 914 156 26

1891.

Anzahl. Anzahl. Anzahl. Anzahl.

359

2,314

874

1887.

421

37,725 36,851 11,435 10,738 13,052 14,259

4,192

1886.

383

1,005

7,081

1884.

Stücke. Anzahl. Anzahl. Anzahl. Anzahl. Anzahl.

141 19 134 1,112 1,040 " 1,180 1,116 1,109 6,189 604 749 765 705 880 1,180 944 1,069 1,149 192 428 453 556

161 113 135 51 56 181 97 192 2 122,948 13 2 329,148 360,765 179,985 57,793 27,253 26,439 27,366 24,246 23,502 24,442 27,244 28j021 22,927 21,473 1,763 2,460 461 327,889 738 387 384 750 264 360 469 378 43 121 91 10 70,895 159 90 45 24 8 199 72 122,984 163 122 367 5 76 96 30 51 189 110 143 91 24,024 99 121 192 148 161 125 56,586 16,158 13,483 12,178 11,018 7,154 7,404 8,310 7,445 7,666 8,536

334,284 1

1

Proben von Gold- und Silberbarren.

Gestempelte Bijouteriegegenstiinde.

595

8,523 749 904

241

185

32

28

515 8,500 836 772 243 97

1,967 615 359 530 540 683 414 7,989 756 696 339 155

14,616 15,156 14,369 14,605; 15,142 15,043 357

540

236 787

537

99

843

amtes in La Chaux de-Fonds, betraut. Von den zwölf zum Kurse und zu den Schlußprüfungen zugelassenen Kandidaten bestanden neun die Prüfungen mit Erfolg und wurden daher brevetirt.

Eidgenössische Kontroistempel. Die Register geben die nachfolgenden Ziffern für die bezüglichen Bin- und Ausgänge : Stempel, welche am 31. Dezember 1890 bei den Kontroiämtern in Gebrauch waren (ausgenommen 34 vom Kontroiamt Madretsch am 5. Januar 1891 dem Departement zurückgesandte) . 485 Unbrauchbar gewordene, von den Aemtern im Jahr 1891 zurückgesandte Stempel (ausgenommen 15 vom Amt Madretsch am 5. Januar 1891 zurückgesandte) 180 Bleiben 305 Stempel, welche 1891 den Aemtern geliefert worden sind . 187 Total der am 31. Dezember 1891 bei den Kontrolämtern in Gebrauch stehenden Stempel ' 492 Auch im Berichtsjahre wurden die Stempel im eidgenössischen Amt für Gold- und Silberwaaren durch dessen technischen Beamten hergestellt und dann den Kontrolämtern ausgefolgt.

Beschlüsse und Instruktionen. Auch dieses Jahr war die ßundesbehörde im Falle, solche über die Kontvole der Gold- und Silberwaaren zu erlassen. Da sich aber die Mehrzahl derselben auf Spezialfalle bezieht, beschränken wir uns darauf, nur diejenigen, welche ein allgemeines Interesse bieten, zu erwähnen.

1. Beschluß des Departements vom 10. März 1891.

Feststellung der Bedingungen für die Annahme der Armband-Uhren zur Stempelung.

2. Bundesrathsbeschluß vom 28. April 1891, betreffend Abänderung des Artikels 3, litt, a, des Reglements vom 26. August 1881 über Organisation und Befugnisse des eidgenössischen Kontrolamtes für Gold- und Silberwaaren (Kommission für die eidgenössischen Probirerprüfungen).

3. Kreisschreiben des Departements vom 20. Mai 1891, welches verfügt, daß die nach Deutschland bestimmten Uhrgehäuse mit der Fabrikmarke versehen sein müssen. (Wiederholung des Kreisechreibens vom 12. Mai 1887, dessen Nichtbeachtung im Berichtsjahre in einzelnen Fällen konstaürt wurde.)

4. Kreisschreiben vom 9. Oktober 1891, mit welchem jeder Kontroiverwaltung ein Kontrolbiichlein zur Eintragung der in ihrem Bureau gebrauchten Stempel übersendet wird. Diese Kontrol-

844

büchlein müssen stets richtig geführt und bei jeder Inspektion der Kontrolstempel eingesehen werden.

Die große Zahl der in den letzten Jahren erlassenen Beschlüsse und Instruktionen nöthigt uns, eine allgemeine Revision der Vollziehungsverordnung vom 17. Mai 1881 (_Amtl. Samml. n. F. V, 386) und der andern gesetzlichen Vorschriften über Kontrolirung der Gold- und Silberwaaren vorzunehmen. Diese Revision ist bereits angefangen, und wir werden im Laufe des Jahres 1892 eine diesbezügliche ,,neue Sammlung" publiziren.

Verfolgung von Gesetzesübertretungen. Es wurden dem Departement im Berichtsjahre verschiedene Uebertretungen des Bundesgesetzes vom 23. Dezember 1880 zur Kenntniß gebracht. Eine derselben betrifft einen Pruntruter Fabrikanten silberner Uhrgehäuse, welcher in gestempelte Uhrgehäuse nachträglieh nicht kontrolirte Theile hineinsteckte. Das Gericht von Pruntrut hat, nach Art. 6, Alinea 4, des obenerwähnten Bundesgesetzes, diesen Industriellen zu Fr. 100 Buße und zu den Kosten verurtheilt.

Bin anderer Schalenmacher (Ausländer) wurde vom Gericht in La Chaux-de-Fonds zu einer Buße von Fr. 200 und zu den Kosten (auch circa Fr. 200) verurtheilt, weil er 14karätige goldene Ringe in Bügel (pendants) von ISkarätigen Uhrgehäusen hineingelöthet hatte.

Bin Schalenmacher von La Chaux-de-Fonds, welcher sich eine Uebertretung des Art. 2, Alinea l, des Bundesgesetzes zu Schulden kommen ließ, wurde zu einer Entschädigung von Fr. 400 zu Gunsten des Uhrenfabrikanten verurtheilt, während letzterer als Mitschuldiger die Kosten (auch circa Fr. 400) zu bezahlen hatte.

Die Uhrgehäuse, welche dem gesetzlichen Feingehalte nicht entsprachen, wurden zerschnitten.

Ferner wurden mehrere Fälle von Gesetzesübertretungen, hauptsächlich in Bezug auf die Stempel ung der nach Deutschland bestimmten Uhrgehäuse, entdeckt.

Die Gesetzesübertretungen werden meistens vom Spezialkommissar des Departements konstatirt; derselbe setzt mit Unterstützung der Kontrolverwaltungen seine Nachforschungen in thätigster Weise nach dieser Richtung hin fort. Der gute Ruf, dessen sich die eidgenössische Kontrole in den ausländischen Absatzgebieten unserer Uhrenindustrie erfreut, kann dadurch nur gewinnen.

Beziehungen zum Auslande. Im Berichtsjahre wurden nur von P o r t u g a l neue Vorschriften betreffend die Kontrole der Gold- und Silberwaaren in Kraft gesetzt ; allein da dieselben den

845

Bestimmungen des diesbezüglichen schweizerischen Gesetzes beinahe entsprechen, haben wir bis jetzt nicht als nöthig erachtet, besondere Instruktionen für die nach diesem Lande bestimmten Uhrgehäuse zu erlassen.

b. Handel mit Gold- und Silberabfällen.

Industrielle, welche berechtigt sind, Gold- und Silberabfälle anzukaufen, zu schmelzen und zu probiren. Am 31. Dezember 1890 betrug die Zahl der gesetzlich berechtigten Käufer, Schmelzer und Probirer 89 Das in Art. l des Gesetzes vorgeschriebene Souchenregister wurde im Laufe des Jahres 1891 8 neuen Bewerbern zugestellt, so daß die Zahl der Industriellen welche dasselbe erhalten haben, sich auf 97 beläuft. Da anderseits 6 aus verschiedenen Gründen (Verzicht, Tod oder Konkurs) zurückgezogene Ermächtigungen in Abzug gebracht werden müssen 6 so stellt sich die Anzahl der am 31. Dezember 1891 noch dem Gesetze unterstellten Käufer, Schmelzer und Probirer auf 91 die sich folgendermaßen auf die einzelnen Kantone vertheilen: Bern 24 Neuen bürg 50 Sehaffhausen 2 Zürich l Waadt l Genf 11 Solothurn 2_ Total 91 Wir fügen bei, daß einem Gesuche nicht entsprochen wurde, weil der betreffende Bewerber, nach unserer Ansicht, die nöthigen Bedingungen nicht erfüllte.

Uebersicht der Operationen. Die nachstehende Zusammenstellung gibt eine allgemeine Uebersicht des durch den Handel mit Gold- und Silberabfällen seit dem Inkrafttreten des Gesetzes befolgten Ganges. Während von 1887 bis Ende 1890 sowohl die Zahl der Operationen als der durch sie aufgewiesene Werth i u stetiger Zunahme begriffen waren, ergibt sich für das Berichtsjahr ein Rückgang gegenüber dem vorhergehenden Jahre. Diese Thatsache ist jedenfalls der Krisis zuzuschreiben, die momentan unsere Uhrenindustrie heimsucht. Dessenungeachtet stellen sich die Zahlen

/u Seite 845.

Verg-loichencle TJefoer siolxt der

I. Noirmont I I . S t . Immer . . . .

III. Tramlingen . . . .

IV. Madretsch-(Grenclien) ' V. Biel V I . Schaffhausen . . . .

VII. Neuenburg . . . .

Vili. Fleurier IX. Loele X. Chaux-de-Fonds . . .

! XI. Genf XII. Pruotrut 2 . . .

Total

: ' |

1

8 1

(Verkäufer v.Abfällen).

Anfsichtskreise.

Eröffnete Konii am 31. Dez. 1891

Käufer, Schmelzer 1 und Problrer am ' 31. Dez. 1891. |

in den Jahren 1887, 1888, 1889, 1890 und 1891 kontrolirten Käufe, Einschmelzungen und Proben von Gold- und Silberabfällen,

365 850 603 166

2 10 3 9 7 12 24 11 3

1,114 186 243 284 860 2,646 784 620

91

8,721

Abfälle (bezahlter Werth).

Bordereaux.

1887.

508 2,306 2,889 356 2,778 171 541 896 2,753 12,160 1,156

1888.

1889.

1890.

1891.

1887.

1888.

1889.

1890.

1891.

Fr.

Fr.

Fr.

Fr.

Fr.

35,931.40 33,267. 70 584 607 697 26,034. 15 40,769. 45 670 36,290. 55 219,415.-- 181,207.50 138,418.65 185,979.80 2,315 2,143 2,020 128,556, 40 2,145 52,385. 75 63,569. 70 52,597. 25 1,507 124,644. 95 80,380. 20 990 1,111 1,076 46,822. 10 372 21,279 95 467 40,855. 80 22,133.75 33,319. 20 405 335 3,077 3,134 3,620 3,998 306,286. 90 377,818. -- 511,407. 45 639,507. 80 641,101. -- 83,260. 50 71,028. 10 52,283. 50 329 349 50,672. 55 69,066. 20 365 312 46,641.20 42,082.

60 545 40,840.

65 639 35,285. 10 45,400. 80 549 457 59,609. 35 49,711. 60 58,807. 45 744 710 71,775.10 55,689. 75 670 691 2,778 2,930 2,878 2,775 342,666. 70 406,423. 40 459,570. 60 517,583. -- 482,621. 35 12,387 12,157 12,64t 12,596 1,406,705. 40 1,507,162.90 1,805,179. -- 2,019,748. 50 1,880,083. 70 1,742 1,815 1,731 1,536 214,561.20 506,841. 75 440,731.10 393,323. 40 317,269. 05 70,945. 25 100,073. 60 1,702 45,606. 20 93,068. 50 2,392 2,277 2,241

26,514 28,077 28,075

29,352 28,707 2,729,322. 20 3,302,417. 60 3,757,130. 50 4,225,485. 55 3,867,443. 60

* Aufsichtskreis M a d r e t s c h bis zum 1. Januar 1891; infolge Verschmelzung des dortigen Bürean's mit demjenigen von Biel ist der ehemalige IV. Kreis -- mit Ausnahme des Bezirks Nidau, der dem V. Kreis zngetheilt wurde -- unter die Aufsicht des Kontroiamtes G r e n c h e n gestellt worden.

2 Seit dem 1. April 1888 vom III. Anfsichtskreise getrennt.

846

pro 1891 höher als diejenigen der Jahrgänge 1887, 1888 und 1889.

Wir weisen speziell darauf hin, da dieses Resultat den besten Beweis liefert für die strenge Kontrole, die über den Handel mit Gold- und Silberabfällen fortwährend ausgeübt wird.

Im Laufe des Jahres 1891 wurden 983 Konti neu eröffnet.

Ende 1890 betrug die Zahl derselben 7738, so daß die Gesammtzahl der bis 31. Dezember 1891 eröffneten Konti auf 8721 ansteigt, entsprechend der Anzahl der in den Uhren- und Bijouterieindustrien beschäftigten und zum Verkauf von Abfällen berechtigten Personen.

Aufsichtskreise und Stellvertreter der Kontrolverwaltungen (Préposés). Die in unserem letztjährigen Geschäftsberichte bereits erwähnten Aenderungen haben sich mit dem 1. Januar 1891 vollzogen. Seit diesem Datum ist die Aufsicht über den Handel mit Gold- und Silberabfällen im 4. Kreise (.Kantone Solothurn und Basel) vom Kontroiamte Madretsch auf dasjenige in Grenchen übertragen worden.

Infolge Niederlegung ihres Mandates sind drei Préposés, nach den Vorschlägen .der betheiligten Kontrolverwaltungen, ersetzt worden.

Wir können uns auch dieses Jahr nur lobend aussprechen über die umsichtige und uneigennützige Mitwirkung der Kontrolverwaltungen und deren Stellvertreter. Das eidgenössische Amt für Goldund Silberwaaren hat uns ferner auf die guten Dienste aufmerksam gemacht, die durch den im Art. 10 des Genfer Polizeigesetzes vom 25. Januar 1888 vorgesehenen kantonalen Beamten der gemeinen Sache geleistet werden.

Inspektion der Souchenregister. Eine allgemeine Inspektion der Souchenregister hat im Berichtsjahre stattgefunden. Aus den Rapporten, die uns darüber erstattet wurden, konnten wir ersehen, daß sich der größte Theil dieser Register in guter Ordnung befand.

Es wurden zwar einige Unregelmäßigkeiten entdeckt, die fast alle auf administrativem Wege ihren Abschluß fanden. Nur in einem Falle ist der strafbare Käufer dem zuständigen Gerichte überwiesen worden. Wir kommen auf die Austragung dieses Falles uoch zurück.

Zuwiderhandlungen gegen das Gesetz. Strafurtheile. Diebstähle von Abfällen. Wegen Uebertretung der Art. 2 des Gesetzes und l, litt, b, der Vollziehungsverordnung wurde ein Käufer, auf Anzeige der Kontrolverwaltung St. Immer, vom Polizeirichter des Bezirks Courtelary zu Fr. 20, seine Mitangeklagten zu Fr. 10 Buße, und Alle solidarisch zu den Kosten verurtheilt.

847

Die gleiche Strafe wurde von demselben Richter, nach erfolgter Anklage seitens der Kontrolverwaltung Tramlingen, einer Person auferlegt, die, ohne die gesetzliche Ermächtigung zu besitzen, eine neue Uhrenschale gekauft hatte.

Wir sahen uns endlich veranlaßt, wie bereits erwähnt, von Amtes wegen gegen einen Käufer und Schmelzer von Biel Klage zu erheben, der seine Souchenregister nicht vorschriftsgemäß führte.

Der Polizeirichter von Biel verurtheilte ihn am 27. November 1891 zu einer Buße und zu den Kosten.

Ueber verschiedene Diebstähle von Abfällen, welche Dank der Wachsamkeit der Aufsichtsbehörden im Berichtsjahre ermittelt worden sind, wollen wir uns nicht weiter auslassen, da die Parteien sich jeweilen gütlich verständigten und deßhalb keine Strafanzeigen eingereicht wurden.

III. Abtheilnng.

Aus wanderungs wesen.

A. Administrative Sektion.

I. Allgemeines.

1. Im Nachfolgenden geben wir vorerst eine Uebersicht der Resultate der statistischen Erhebungen über die Zahl der im Jahr 1891 aus der Schweiz ausgewanderten Personen und über die von letzteren den Auswanderungsagenturen in der Schweiz übergebenen und den Auswanderern am Bestimmungsorte auszuzahlenden Summen.

848 Kantone.

Zürich Bern Luzern Uri Schwyz Unterwaiden ob dem Wald .

Unterwaiden nid dem Wald .

Glarus Zug Freiburg Solotliurn Basel-Stadt Basel-Landschaft Schaffhausen Appenzell A.-Rh Appenzell L-Rh St. Gallen Graubünden Aargau Thurgau Tessin Waadt Wailis Neuenburg Genf Total

Zahl Betrag der den der Agenturen einbezahlten Auswanderer.

Wechselsummen.

Fr.

7fe2 1862 135 72 171 117 24 172 30 32 162 349 124 206 197 27 726 286 346 158 689 271 203 243 132 7516

55,028.

227,923.

28,299.

5,475.

18,992.

6,025.

694.

19,618.

18,415.

237.

10,212.

45,004.

11,259.

29,367.

15,965.

1,350.

97,594.

24,716.

60,867.

14,468.

5,390.

26,180.

' 4,050.

27.157.

1,451.

755,745.

55 75 90 -- -- -- 50 75 -- -- 75 50 -- 90 25 -- 05 30 45 50 82 15 -- 65 50 27

Im Jahre 1889 betrug die Zahl der von dea patentirten Auswanderungsagenturen und einem Passagegeschäft aus der Schweiz beförderten Personen 8430 und im Jahre 1890 7712. Es ist somit in den beiden jüngsten Jahren eine Abnahme der schweizerischen Auswanderung zu konstatiren; für das Berichtsjahr beträgt die Abnahme 196. Im 9. Jahrzehnt wanderten 92,038 oder durchschnittlich jährlich 9204 Personen aus; die Auswanderungszifler des Jahres 1891 steht sonach um 1688 unter jener Uurchschnittsziffer. Nicht selten wird von der Zu- oder Abnahme der Auswanderung auf die wirthschaftlichen Verhältnisse des Landes irn Allgemeinen geschlossen, wir glauben mit Unrecht, und zwar einerseits, weil die Veranlassung zur Auswanderung in vielen Fällen eher im Bestimmungslands als im Herkunftslande des Auswanderers zu suchen ist, andrerseits

.

%

849

weil der Kreis, aus welchem sich die Auswanderung rekrutirt, im Verhältniß zur Gesammtbevölkerung immerhin nur ein beschränkter ist. Dagegen ist wohl zu beachten, daß im Vergleich zu mehreren anderen europäischen Staaten die Schweiz eine hohe Auswanderungsziffer aufweist, und daß wohl kein Land in Europa bei einer proportionell gleich starken Auswanderung eine so starke Einwanderung hat als unser Land. Vpn Bedeutung ist dann allerdings auch die Thatsache, daß nahezu die Hälfte der schweizerischen Auswanderer dem Kleinbauernstande angehört, während die Industriebevölkerung dabei nicht so erheblich betheiligt ist, wie vielfach fälschlicher Weise angenommen wird.

Auch im Berichtsjahre wurde übrigens die Erfahrung gemacht, daß ziemlich viele Personen auswandern, welche sich der Vermittlung der patentirten Auswanderungsagenturen nicht bedienen und deßhalb in der Statistik nicht figuriren. Es handelte sich meistens um Personen, welche einer der Kategorien angehörten, die zu befördern den patentirten Agenturen durch Art. 11 des Bundesgesetzes vom 22. März 1888 verboten ist, oder welche, veranlaßt durch auswärtige Agenten, die im Dienste irgend eines Kolonisationsunternehmens stehen, sich direkt nach dem Einschiffungshafen begaben. Weitaus bedeutender ist die Zahl von Ausländern, welche von den schweizerischen Agenturen befördert wurden; sie erreicht nahezu die Zahl der beförderten Inländer. Dieser Umstand ist ohne Zweifel den günstigen Verkehrsverhältnissen zwischen Basel einerseits und Havre und Antwerpen andrerseits zuzuschreiben.

Die ausländischen Auswanderer genießen übrigens den Schute unseres Gesetzes wie die einheimischen.

Von den statistischen Ergebnissen notiren wir noch, daß von den europäischen Einschiffungshäfen am meisten benutzt wurden : Havre (5599), Antwerpen (1201), Bordeaux (225), Boulogne s. M.

(195), Marseille (83), Rotterdam (61), Liverpool (51) und Genua (37). Am stärksten ist die Auswanderung jeweilen in^den Monaten März, April, Mai und Oktober.

Ueber die Reiseziele der Auswanderer des Jahres 1891 gibt der IV. Abschnitt dieses Berichtes Auskunft.

2. Hinsichtlieh der Summe, für welche die Auswanderer bei den Agenturen Wechsel gekauft haben, bemerken wir, daß der größte Theil derselben in New York auszubezahlen war, und daß, wie uns mitgetheilt wurde, viele Auswanderer ihre Wechsel bei Bankgeschäften kaufen, so daß, abgesehen von den Effekten und den Baarvorräthen, welche die Auswanderer mit sich nehmen, die

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obige Summe von Fr. 755,745. 27 nur einen Bruchlheil dessen repräsentirt, was die Auswanderer ihrem neuen Heimatlande bringen. Es bestätigt diese Thatsache auch die sonst gemachte Wahrnehmung, daß die große Mehrzahl der Auswanderer keineswegs der ganz unbemittelten Klasse der Bevölkerung angehört, und daß der Mangel bei Manchem gerade dea Grund bildet, warum er nicht auswandert.

3. Wie früher kamen wir auch im Berichtsjahre sehr oft in den Fall, Betheiligten darüber Auskunft zu ertheilen, ob gewisse Personen ausgewandert seien, oder über das Befinden von Ausgewanderten, welche längere Zeit ihren in der Schweiz wohnenden Angehörigen keine Nachricht hatten zugehen-lassen, bei den resp.

schweizerischen Gesandtschaften und Konsulaten Nachfrage zu halten. Mit Befriedigung konstatiren wir, daß es den letztern, oft allerdings nach vieler Bemühung, immer gelungen ist, über die Vermißten Auskunft zu erhalten.

4. Ein Hauptübelstand, der bei Inspektionen und im Verkehr mit Auswanderern entdeckt wurde, besteht darin, daß die Preise der verschiedenen Agenturen, ja oft einer und derselben Agentur, je nach Umständen für dieselbe Reise nicht selten erheblich variiren.

Die Sache wäre begreiflich, wenn die Verschiedenheit jedesmal durch eine Preistarifänderung der Eisenbahn- oder Schiffsgesellschaften entstünde; aber nur in den seltensten Fällen-ist sie hierauf zurückzuführen, in den meisten auf die Willkür der Agenturen.

Da das Gesetz in dieser Richtung der Behörde keine Handhabe zur Abstellung des Uebelstandes bietet, wurde versucht, eine Verständigung der Agenten herbeizuführen; im Berichtsjahre aber ist die Angelegenheit nicht zur Erledigung gekommen.

II. Agenten, Unteragenten und Kautionen.

1. Während des Berichtsjahres ist sich die Zahl der Auswanderungsagenturen gleich geblieben, erst gegen Ende desselben bewarb sich eine fernere Agentur um ein Patent: die Firma Berta & Andreazzi in Giubiasco mit Filiale in Bellinzona. Es bestehen mit Einschluß der letzteren zur Zeit 8 Agenturen und ein Passagegeschäft. Die Zahl der Unteragenten hat sich ausnahmsweise nicht vermehrt; dagegen ist wie früher der Wechsel im Bestände derselben ein häufiger gewesen : 32 traten aus dem Dienste, 30 wurden angestellt und 2 traten von einer Agentur zu einer anderen über.

An Gebühren wurden für diese Mutationen Fr. 1050 bezahlt.

851 Ueber den Einfluß derTZahl [und des beständigen Wechsels im Bestände der Subagenturen haben wir uns in den früheren Berichten so einläßlich ausgesprochen, daß wir ein Weiteres nicht vorzubringen im Falle sind. Die dort signalisirten Erscheinungen sind auch im Berichtsjahre beobachtet worden. Wir verweisen daher, um Wiederholungen zu vermeiden, auf jene Berichte.

2. Auf die Wahl des Bestimmungsortes der Auswanderer üben die Agenten in der Regel nur einen geringen Einfluß aus, indem wohl die meisten Auswanderer sich dahin begeben, wo sie bereits Verwandte oder Freunde besitzen, die durch ihre Nachrichten, hie und da auch durch Geldsendungen die Zurückgebliebenen aufmuntern, ihnen nachzufolgen. Dagegen mag es wohl vorkommen, daß die Agenten Personen, die über die Frage, ob sie überhaupt auswandern sollen, noch nicht schlüssig sind, zu beeinflussen suchen und auch oft Personen, die aus irgend einem Grunde mit ihren heimatlichen Verhältnissen unzufrieden sind, als Auskunftsmittel die Auswanderung empfehlen. Zu dieser Bemerkung gibt uns besonders die Spedition solcher Personen Veranlassung, welche bei ihrer Einwanderung in die Vereinigten Staaten auf Schwierigkeiten stießen, worüber Näheres im IV. Abschnitte dieses Berichtes.

3. So wünschenswerth wir in früheren Berichten eine Reduktion der Zahl der Unteragenten bezeichnet haben, konnten wir dennoch der Ansicht einer Behörde nicht beipflichten, es sei die Genehmigung der Anstellung eines weiteren Unteragenten in ihrem Kanton zu verweigern, da. für die Bedürfnisse desselben die vorhandene Zahl ausreiche und die Auswanderung aus dem Kanton ohnehin schon stark sei. In der That hätten wir für die Verweigerung der Ge-.

nehmigung im Gesetze keinen Stützpunkt gefunden.

Dagegen glaubten wir die Anfrage eines konsularischen Vertreters eines überseeischen Staates, ob seiner Anstellung als Unteragent einer Auswanderungsfirma nichts im Wege stehe, wenn auch nicht ablehnend bescheiden, so doch mit Rücksicht auf die Bestimmungen betreffend die Propaganda zu Gunsten der Auswanderung nach gewissen Ländern seinen Eintritt in den Dienst einer Auswanderungsagentur als nicht empfehlenswert!! bezeichnen zu sollen.

e. Eine kantonale Behörde stellte die Anfrage, oh ein Unteragent sich in den Zeitungen eines Kantons, in welchem er nicht wohnhaft sei, zum Abschluß von
Auswanderungsverträgen empfehlen dürfe. Es wurde hierauf erwidert: Das den Auswanderungsagenturen ausgestellte Patent gibt denselben das Rocht, das Auswanderungsgeschäft auf dem ganzen Gebiet der Eidgenossenschaft zu betreiben (Art. 10 des Vollziehungsreglements vom 10. Juli 1888),

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und wenn Art. 21 dieses Reglements bestimmt, daß ohne Einwilligung des Departements des Auswärtigen Unteragenten nicht an einem anderen Orte Auswanderungsgeschäfte betreiben dürfen, als an dem in der Anmeldung angegebenen Domizil, so wurde damit nur bezweckt, die Kontrole, welche die Behörden über die Geschäftsführung der Agenturen auszuüben haben, zu erleichtern.

Daß damit nicht Beschränkungen bezüglich der kantonalen Territorien eingeführt werden wollten, geht schon daraus hervor, daß die Agenten auch nicht an einem anderen Orle des Kantons, in welchem ihr Wohnsitz sich befindet, Auswanderungsgeschäfte betreiben dürfen, ohne die Einwilligung des genannten Departements eingeholt zu haben. Es wird darum auch jeweilen den kantonalen Behörden, welche nach Art. l des Gesetzes zur Mitwirkung bei der Aufsicht über den Geschäftsbetrieb der Auswanderungsagenturen berufen sind, von den Domiziländerungen der Agenten Kenntniß gegeben. Aus der Thatsache, daß eine Agentur, welche in einem Kanton keine Unteragenten besitzt, sich in Zeitungen desselben Auswanderungslustigen empfiehlt, folgt übrigens auch noch nicht, daß dieselbe auf dem Gebiete jenes Kantons Auswanderungsgeschäfte betreibt. Die Personen, an die sieh die bezügliche Publikation wendet, können mit letzterer auch einfach eingeladen werden, sich schriftlich an die Agentur zu wenden oder sich persönlich zu ihr zu begeben. Eine Verletzung des Art. 21 des Vollziehungsreglements läge erst dann vor, wenn ein Agent sich außerhalb seines Wohnsitzes nach einem anderen Orte begäbe, liege nun dieser in demselben Kantone oder nicht, und dort Auswanderungsgeschäfte betriebe, ohne vorher die Einwilligung dazu eingeholt zu haben.

5. Wie wir bereits in der Botschaft betreffend die Revision des Auswanderungsgesetzes vom 24. Dezember 1880 (Bundesbl. 1887, II, 196 ff.) mitgetheilt haben, besteht in der Schweiz; eine Anzahl von Geschäften, welche sich mit dem Verkauf von Passagebilleten befassen, d. h. Personen nach überseeischen Plätzen befördern, ohne mit denselben Auswanderungsverträge abzuschließen. Mehrere Vorkommnisse des Berichtsjahres, insbesondere von jenen Geschäften erlassene Inserate und versandte Circulara, machten die Prüfung der Frage nothwendig, ob jene Geschäfte als Auswanderungsagenturen zu betrachten und demgemäß zu verhalten seien, sich um ein
Patent zu bewerben. Bin prinzipieller Entscheid der Frage ist äußerst schwierig. Bei der Revision des früheren Gesetzes wurde der geschäftsmäßige Verkauf von Passagebilleten den Bestimmungen des neuen Gesetzes deßhalb unterworfen, weil sich unter der Herrschaft des alten Gesetzes einige Geschäfte und darunter auch Auswanderungsagenturen beikommen ließen, solchen Auswanderern, die das Gesetz zu befördern verbietet, Passage-

853 billete abzugeben, in der Meinung, daß auf solchergestalt, d. h.

ohne formellen Vertragsabschluß ausgeführte Speditionen die Bestimmungen des Gesetzes nicht anwendbar seien. Es konnte aber offenbar nicht der Wille des Gesetzgebers sein, jeglichen Verkauf von Passagebilleten und demgemäß auch jede Publikation, welche hierauf Bezug hat, nur patentirten Personen zu gestatten. In der That dienen jene Geschäfte und Publikationen auch den Interessen des Handels und der Industrie, sowie dem Fremdenverkehr. So ist es bekannt, daß viele überseeische Plätze von schweizerischen Handelsreisenden besucht werden und das Ziel vieler Fremden sind, die auf Besuch in die Schweiz gekommen sind. Weniger spricht für die Befreiung jener Geschäfte von der Verpflichtung, sich um ein Patent zu bewerben, der Einwand, daß die meisten Personen, die ihre Billete von jenen Geschäften kaufen, die erste oder zweite Klasse der Eisenbahnen und Dampfschiffe benutzen, während die Auswanderer in der Regel dritte Klasse fahren. Wir haben in der oben zitirten Botschaft nachgewiesen, daß die Klasse, die ein Reisender nach überseeischen Plätzen benutzt, für die Bestimmung der Frage, ob er ein Auswanderer sei oder nicht, nicht in Betracht kommt. Wir glauben aber, es wäre eine vexatorische Anwendung des Gesetzes, wenn alle jene Geschäfte dazu verhalten würden, sich um ein Auswanderungsagenturpatent zu bewerben ; ebenso wie es zu weit gegangen wäre, in Ausführung von Art. 8 des Gesetzes, alle Publikationen betreffend die Beförderung nach überseeischen Plätzen nur den patentirten Agenten zu gestatten. Dagegen wird es Sache der zuständigen Behörden sein, über den Geschäftsbetrieb jener Firmen, welche Beförderungen nach überseeischen Gegenden ausführen, eine Untersuchung zu veranstalten und nach Art. 19 des Gesetzes vorzugehen, wenn diesen Firmen der Verkauf von Passagebilleten an wirkliche Auswanderer nachgewiesen werden kann.

III. Klagen.

Ueber die Klagen wegen Verletzung des Bundesgesetzes betreffend den Geschäftsbetrieb von Auswanderungsagenturen ist im Allgemeinen zu berichten, daß zwar die Zahl derselben gegenüber der des Vorjahres etwas abgenommen hat, immer aber noch sehr groß ist, und daß die Untersuchungen, welche dieselben nothwendig machen, oft sehr langwierig sind, was sich leicht aus dem Umstände erklärt, daß in vielen Fällen die Thatsachen, welche den Klagen zu Grunde liegen, sich nicht auf schweizerischem Territorium zugetragen haben und in noch mehr Fällen der Kläger bereits sieh an seinem überseeischen Bestimmungsort befindet. Sodann ist zu beachten, daß bei der geringen Harmonie, die unter

854 den Auswanderungsagenten besteht, immer noch viele Denunziationen vorkommen, die zwar ein grelles Licht auf die Konkurrenzverhältnisse im Auswanderungsagenturgeschäfte werfen, in der Regel aber zu einem praktischen Resultate nicht führen. Uebrigens haben wir geglaubt, in diesem Abschnitt auch der Fälle Erwähnung thun zu sollen, in denen, ohne daß eine Gesetzesübertretung vorlag, unsere Intervention von Auswanderern oder Verwandten von solchen angerufen wurde.

Die im Jahre 1891 bei uns eingereichten Klagen und Interventionsgesuche betrafen : 1. Die Beförderung von Personen, welche wegen vorgerückten Alters und Gebrechlichkeit arbeitsunfähig waren und deren hinlängliche Versorgung am Bestimmungsorte nicht nachgewiesen war (Art. 11, Ziff. 1): 2 Fälle-; 2. die Beförderung von Personen, welche keine Ausweisschriften über Herkunft und Bürgerrecht besaßen (Art. 11, Ziff. 5): 5 Fälle; 3. die Beförderung von militärdienslpflichtigeu Schweizerbürgern, die sich nicht ausgewiesen, daß sie die vom Staate erhaltenen Militäreffekten zurückerstattet hatten (Art. 11, Ziff. 6) : 6 Fälle; 4. die Beförderung von Eltern, welche unerzogene Kinder zurückgelassen hatten und mit deren Auswanderung die zuständige Armenbehörde nicht einverstanden war (Art. 11, Ziff. 7): 5 Fälle; 5. mangelhafte Spedition des Gepäcks von Auswanderern : 5 Fälle; 6. die Verwendung von Personen, welche den Behörden nicht als Unteragenten angemeldet waren, zum Geschäftsbetriebe (Zuweiser u. dgl.) (Art. 5, AI. 5): 5 Fälle 5 7. unbefugten Betrieb von Auswanderungsgeschäften (Art. 2 und 19): 2 Fälle; 8. Beförderung eines Auswanderers über eine andere Route als die im Vertrage genannte und unrichtige Instradirung : 2 Fälle; .

9. Nachzahlung über den im Vertrage festgesetzten Preis (Art. 16, Ziff. 3): 4 Fälle; 10. Betheiligung an Kolonisationsunternehmungen, bezw. Propaganda zur Förderung der Auswanderung (Art. 10 des Gesetzes und Art. 41 u. ff. der Vollziehungsverordnung) : 5 Fälle;

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11. die Weigerung von Agenten, eivilrechtliche Ansprüche von Auswanderern zu befriedigen : 3 Fälle ; 12. Beköstigung auf der Reise: 2 Fälle; 13. Verletzung der Bestimmung, wonach der Preis eines überseeischen Inlandfahrbillets im Aus wand erungs vertrage besonders vorzumerken ist (Art. 17, Ziff. 4): 2 Fälle; 14. das Verbot des Herumziehens im Lande, Abschluß von Speditionsverträgen an einem andern als dem der Behörde verzeigten Domizil (Art. 11 und 21 der Vollziehungsverordnung"): 2 Fälle; 15. unbefugte Publikationen (Art. 8, 2. Alinea): 9 Fälle.

Es ist bei dieser Aufzählung zu beachten, daß des Oeftern bei einer und derselben Klage es sich um Verletzung mehrerer gesetzlichen Bestimmungen handelte. Im Uebrigen beschränken wir uns i in Nachfolgenden darauf, derjenigen Klagen einläßlicher Erwähnung zu thun, welche in irgend einer Beziehung besonderes Interesse bieten, oder deren Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung ist.

1. Eine schweizerische Hülfsgesellschaft im Auslande beschwerte sich darüber, daß eine Gemeinde eine Familie zur Auswanderung veranlaßt habe, welche durchaus nicht in der Lage sei, sich ihren Unterhalt zu erwerben, und von Anfang an habe unterstützt werden müssen. Sowohl das dem Familienhaupt ausgestellte Leumundszeugniß als die Bescheinigung, daß die Familie am Bestimmungsort Verwandte besitze, hätten sieh als mit den thatsächlichen Verhältnissen im Widerspruch stehend erwiesen. Wir bemühten uns, leider erfolglos, die Gemeinde zu veranlassen, für die Heimschaffung der Familie zu sorgen. Es verdient indessen Erwähnung, daß seit vielen Jahren Fälle ähnlicher Natur höchst selten mehr vorkommen.

2. Ein Agent wurde beschuldigt, einen Auswanderer befördert zu haben, welcher weder im Besitz von Ausweisschriften über Herkunft und Bürgerrecht gewesen sei, noch seine vom Staate erhalteneu Militäreffekten zurückerstattet habe. Die Untersuchung ergab, daß der Auswanderer den Agenten getäuscht, indem er ihm Ausweise und quittirtes Dienstbüchlein eines Dritten vorgewiesen.

Allerdings bestand zwischen dem Alter des Auswanderers und dem des Eigenthümers der Schriften eine Differenz von 11 Jahren ; die verzeigende Behörde war jedoch mit uns darüber einverstanden, daß bei jüngeren Personen allerdings ein solcher Altersunterschied dem Agenten hätte auffallen müssen, nicht aber immer bei Personen, von denen, wie im vorliegenden Falle, die eine 40, die andere 30 Jahre alt war.

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3. Im Auftrage ihrer Regierung beschwerte sich die italienische Gesandtschaft gegen einige Auswanderungsagenturen, indem sie vorbrachte, dieselben spedirten Personen italienischer Herkunft, welchen wegen ihrer militärischen Pflichten oder aus andern Gründen auszuwandern verboten sei (Refraktäre, beurlaubte Soldaten und Angeklagte). Dabei sprach die Gesandtschaft die Ansicht aus, daß zufolge der Bestimmungen des Art. l und 4 der Uebereinkunft zwischen der Schweiz und Italien über den Polizeidienst in den internationalen Stationen der Gotthardbahn vom 16. Februar 1881 (A. S. n. F. V, 577 u. ff.) die hierseitigen Polizeiorgane auf der Station Chiasso dazu mitwirken sollten, daß von den schweizerischen Auswanderungsagenturen keine Personen italienischer Herkunft befördert werden, denen die Gesetze ihres Heimatlandes die Auswanderung untersagen.

Wir erwiderten hierauf, daß die schweizerischen Agenturen de jure nur dem Bundesgesetze betreffend den Geschäftsbetrieb von Auswanderungsagenturen unterstellt werden können, und daß einzig Rücksichten der Humanität und nicht dem öffentlichen Rechte entnommene Gründe die Bundesbehörde leiteten, wenn sie die schweizerischen Agenturen verpflichtete, den Bestimmungen jenes Gesetzes ebensowohl bei der Beförderung von Ausländern als bei derjenigen von Sehweizerbürgern nachzuleben. Wenn die schweizerischen Agenturen in ihren Circularen ankündigten, daß sie Italiener auch auf Grund eines Passes für das Inland befördern, so machen sie sich einer Verletzung des Gesetzes nicht schuldig. Dieses verlange die Vorweisung von Ausweisschriften über Herkunft und Bürgerrecht, und die italienischen Pässe fürs Inland entsprächen allen Anforderungen unseres Gesetzes, indem sie über Herkunft und Bürgerrecht ausreichend Auskunft geben. Daß unsere Agenturen die Auswanderer italienischer Herkunft aber einer strengeren Kontrole unterwerfen als die Schweizerbürger, sei unzulässig. Indem wir die schweizerischen Agenturen dazu verhielten, sich auch von Ausländern Ausweisschriften gedachter Art vorlegen zu lassen, seien wir weiter gegangen, als die Nachbarstaaten, wo, wie z. B. in Genua, über welchen Hafen viele Schweizer auswandern, Ausländer, ohne im Besitze von Ausweisschriften zu sein, zur Beförderung nach überseeischen Ländern übernommen würden.

Artikel l der Konvention vom 16. Februar
1881 spreche übrigens nur einen allgemeinen Grundsatz aus und Art. 4 derselben beziehe sich gar nicht auf das in Frage stehende Verhältniß, sondern habe im Gegentheil eine möglichst geringe Belästigung der Reisenden im Auge. Keines Falls aber könne aus der Konvention für die schweizerischen Polizeiorgane die Pflicht abgeleitet werden, den italie-

857 iiisehen Behörden in der Handhabung des italienischen Auswanderungsgesetzes auf schweizerischem Gebiete behülflich zu sein.

Ueberdieß sei zu beachten, daß die Italiener, welche in der Absicht, auszuwandern, nach der Schweiz kommen, entweder bereits mit italienischen Agenten Vertrag geschlossen hätten oder dann denselben erst abschließen, nachdem sie die Station Chiasso verlassen haben, und es gehe durchaus nicht an und sei dem Sinne und Wortlaut des angerufenen Art. 4 -- welcher besagt, daß aus den Formalitäten bei der Paßabfertigung und Fremdenpolizei für -die Reisenden kein weiterer Aufenthalt erwachsen dürfe -- durchaus zuwider, daß die schweizerischen Polizeiorgane die im Bahnhof von Chiasso ankommenden Reisenden einem Verhör unterstellen, um zu erfahren, ob sie Auswanderer seien, oder ob sie beabsichtigen, in der Schweiz einen Auswanderungsvertrag abzuschließen.

Endlich sei für die Behandlung der Angeklagten der Auslieferungsvertrag zwischen der Schweiz und Italien vom 22. Juli 1868 (A. S. IX, 732) maßgebend, und in dieser Richtung uns noch nie eine Klage darüber bekannt geworden, 'daß die tessinische Polizei den italienischen Behörden die vertragliehe Rechtshülfe verweigert hätte.

Bezüglich der Refraktäre und beurlaubten Soldaten sei zu bemerken, daß die Bundesbehörden zur Handhabung auswärtiger Militärgesetze konsequent ihre Beihülfe versagen und daß daher auch von diesem Gesichtspunkte aus eine besondere Beaufsichtigung dieser Art von Reisenden dui-ch die schweizerische Polizei abgelehnt werden müsse.

Immerhin sind in Berücksichtigung der freundnachbarlichen Beziehungen zu Italien die angeschuldigten Agenturen von der Beschwerde in Ketmtniß gesetzt und aufgefordert worden t derselben Rechnung zu tragen.

4. Eine Agentur hatte die Beförderung zweier Auswanderer nach Wickes (Montana) übernommen, und zwar sollte die Fahrt von New York nach Wickes per Bisenbahn stattfinden. Statt dessen wurden die Reisenden von New York per Schiff nach Norfolk und von da erst per Bahn nach Wickes befördert. Für die Fahrt waren Zur Vernehmlassung über die Angelegenheit aufgefordert, machte die Agentur anfänglich allerlei Ausflüchte und legte endlich eine Erklärung der Kläger vor, des Inhalts, der Anstand habe seine ßnndesblatt. 44. Jahrg. Bd. II.

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858 Erledigung gefunden. Wir konnten aber unsererseits damit die Klage keineswegs als dahingefallen betrachten, und zwar aus folgenden Gründen : Wie bei den meisten Klagen von Auswanderern gegen Agenturen, so handelte es sich auch bei der gegenwärtigen nicht bloß um eine Entschädigungsforderung, sondern auch um die Frage, ob bei der Spedition eine Bestimmung des Gesetzes verletzt worden sei oder nicht. Selbst dann, wenn der geschädigte Kläger oder deiini Auftrage desselben handelnde Vertreter die Klage, beziehungsweise die Entschädigungsforderung zurückzieht, bleibt für die administrative Bundesbehörde immer noch zu untersuchen übrig, ob die Agentur sich einer Gesetzesverletzung schuldig gemacht hat.

Wenn dies der Fall ist, hat die mit der Aufsicht über den Geschäftsbetrieb der Auswanderungsagenturen betraute Bundesbehörde auf dem Disziplinarwege gegen die Agentur einzuschreiten und es fällt mit dem Kückzug der Klage nur die Intervention des kantonalen Richters dahin.

Die Agentur wurde denn auch iti eine Buße verfällt, und zwar gestützt auf folgende Erwägungen: 1. Art. 17, Ziff. 4, des Bundesgesetzes betreffend den Geschäftsbetrieb von Auswanderungsagenturen schreibt vor, daß der Preis eines allfâlligen überseeischen Inlandfahrbillets im Auswaaderungsvertrage besonders vorzumerken ist. Es ist klar, daß der Gesetzgeber bei Aufstellung dieser Vorschrift die Absicht hatte, eine Kontrole darüber zu ermöglichen, ob Auswanderern, welche sich in das Innere eines überseeischen Staates begeben wollen und die bezüglichen Fahrbillete schon bei den Auswanderungsagenten in der Schweiz erwerben, nicht zu hohe Preise dafür abverlangt werden. Eine Ueberforderung kann auch dadurch stattfinden, daß ein Auswanderer über eine Bahn- oder Schiffslinie befördert wird, deren Tarif niedriger ist als derjenige der Bahn- oder Schiffsgesellschaft, auf deren Linie derselbe laut Vertrag hätte spedirt werden sollen, und es ist offenbar, daß nach Analogie von Art. 16, Ziff. 2, welcher vorschreibt, daß die Beförderung zu Wasser nur auf Schiffen derjenigen Gesellschaft geschehen darf, welche im Reisevertrag genannt ist, auch die Beförderung zu Lande auf der; Bahnlinie stattfinden muß, die im Vertrage aufgeführt ist. Wie dem aber auch sei, darüber kann kein Zweifel walten, daß die Beförderung überhaupt nach dem Wortlaut des
Vertrages zu erfolgen hat.

2. Nach dem Vertrage, welchen die klägerischen Auswanderer abgeschlossen, hatten sie darauf Anspruch, von New York aus per Bahn nach Wickes (Montana) befördert zu werden. Statt dessen

859 wurden sie bis nach Norfolk per Schiff und erst von da aus per Bahn befördert. Die Reise über Norfolk ist aber beschwerlicher, als diejenige auf der all rail route (Union- und Central-Paciflcbahn), dauert länger, bietet weniger Fahrgelegenheiten und nöthigt deßhalb die Auswanderer in der Regel zu einem längern Aufenthalt in-New York.

3. Allerdings ist im Vertrage die von den Auswanderern für die Reise von New York nach Wickes zu benutzende Linie entgegen den Vorschriften des Gesetzes nicht in bestimmter Weise angegeben.

Die Höhe der Akkordsumme, Fr. 450 für jeden der beiden Auswanderer, zeigt aber, daß bei der Berechnung der Summe der Preis für die Fahrt via Union- und Central-Pacifiebahn zu Grunde gelegt worden sein muß. Laut Tarif beträgt derselbe Dollars 54. 50, während die Fahrt über Norfolk nur 46 Dollars kostet. Die Agentur hat sich somit einen widerrechtlichen Gewinn im Betrage von 8 Dollars 50 Cents verschafft, abgesehen von der sehr hohen Kommission, die die schweizerischen Agenturen für den Verkauf amerikanischer Eisenbahnbillete beziehen, und davon, daß sie für den Dollar einen zu hohen Kurswerth angenommen hat.

Es ergibt sich im Uebrigen aus diesen Erwägungen, daß die Beschwerdeführer nicht durch eine wahre Darstellung der thatsächlichen Verhältnisse zum Zurückzug ihrer Beschwerde veranlaßt worden sind, und es rechtfertigt sich deßhalb trotz jenes Rückzuges die Intervention der administrativen Bundesbehörde auch aus diesem Grunde.

5. Ein Auswanderuagsagent fertigte für ein Ehepaar und dessen zwei im Alter von weniger als drei Jahren sich befindende Kinder zwei Reiseverträge aus, weil je eine Familie für die Seefahrt auf unentgeltliche Beförderung eines Kindes in genanntem Alter Anspruch hat. Durch Theilung des Vertrages glaubte der Agent, die beiden Kinder unentgeltlich spedirea zu können. Die Angestellten der Schiffsgesellschaift bemerkten jedoch noch vor Abfahrt des Dampfers die List und verlangten für einen 1U Schiffsplatz eine Nachzahlung im Betrage von Fr. 30. Da der Auswanderer nicht im Stande war, dieselbe zu leisten, gewährte ihm das schweizerische Konsulat in Havre einen Vorschuß von Fr. 20.

Zur Vernehmlassung über die Angelegenheit aufgefordert, brachte die Agentur vor: Der in Frage kommende Sehiffsplatz für das zweite Kind sei von ihr am Tage der Einschiffung der
Schiffsgesellschaft (d. h. deren Vertreter in Basel) bezahlt worden, alsbald nachdem sie den Irrthum des Unteragenten bemerkt habe.

Letzterer habe nicht aus eigenem Antrieb, sondern auf Veranlassung des Auswanderers hin die Verträge getheilt ausgefertigt.

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Die Agentur wurde in eine Buße verfällt, gestützt auf folgende Erwägungen : 1. Nach Art. 15, Ziff. l, des Bundesgesetzes vom 22. Mär/, 1888 umfaßt die Verpflichtung der Agenten gegen die Auswanderer in allen Fällen : sichere Beförderung der Personen und ihres Gepäcks um einen bestimmten, im Vertrage festgesetzten, in keinem Falle und in keiner Weise zu erhöhenden Preis bis an den vertragsmäßigen Bestimmungsort, und nach Art. 16, Ziff. 3, ibidem hat der Auswanderer unter keinen Umständen über die im Vertrag festgesetzten Leistungen hinaus Nachzahlungen au machen.

2. Es ist unbestritten, daß F. W. in Havre von der Compagnie générale transatlantique angehalten wurde, eine Nachzahlung im Betrage von Fr. 30 zu machen, und daß der Passagepreis der Familie W. sich somit um diesen Betrag höher stellte, als er iu den beiden Auswanderungsverträgen angegeben ist. Die Behauptung, die Intervention des Konsulats in Havre sei uunöthig gewesen, weil die Agentur dem Vertreter der Compagnie générale transatlantique in Basel noch am 29. November (dem Tage der Einschiffung der Familie W.) die Fr. 30 einbezahlt habe, ist unrichtig, da die Einzahlung, wenn sie überhaupt am 29. November erfolgt ist, doch nicht vor der Einschiffung in Havre bekannt sein konnte und auch nicht bekannt war. Ohne die Intervention des Konsulats wäre die Familie W. vielmehr an der Einschiffung verhindert und genöthigt worden, bis zur Abfahrt des nächsten Dampfers in Havre zu bleiben.

3. Die Behauptung, daß nicht der Unteragent, sondern der Auswanderer die Ausfertigung zweier Verträge behufs Gratisspedition zweier Säuglinge angerathen, ist nicht wahrscheinlich; gesetzt aber auch, sie wäre richtig, so ist ihr entgegenzuhalten, daß der Unteragent dem Rath einfach nicht hätte Folge leisten sollen.

Der Unteragent, oder nach Art. 7 des Gesetzes die von ihm vertretene Agentur, nicht der Auswanderer, ist für die Folgen der Manipulation verantwortlich.

Aehnliche Unannehmlichkeiten können Auswanderern auch dadurch erwachsen, daß das Alter der mit ihnen reisenden Kinder in den Verträgen behufs Erzielung eines niedrigeren Fahrpreises zu nieder angesetzt wird. Eine Bestrafung der fehlbaren Agentur 'kann aber in solchen Fällen nur eintreten, wenn der Auswanderer Besehwerde darüber erhebt, daß er in Folge der unrichtigen Angabe des Alters eines seiner Kinder habe eine Nachzahlung leisten müssen.

861 6. Eine Agentur hatte einen Ehemann auf Grund eines HeimatScheines für Verheiratete zur Beförderung nach Amerika übernommen. Auf die Frage, ob er Kinder besitze, hatte der Auswanderer eine verneinende Antwort gegeben, und da überdieß im Heimatschein Kinder nicht eingetragen waren, hatte die Agentur geglaubt, der Verpflichtung, sich darüber zu vergewissern, ob die zuständige Armenbehörde mit der Auswanderung einverstanden sei, enthoben zu sein. In Wirklichkeit aber war der Auswanderer unter Zurücklassung unerzogener Kinder verreist, und die zuständige Armenbehörde erklärte, daß sie ihre Zustimmung zur Auswanderung nie würde gegeben haben.

Wir haben die Agentur wegen Verletzung des Gesetzes (Art. 11, Ziff. 7) in eine Buße verfällt. Dabei leitete uns namentlich die Erwägung, daß, wenn die Agenturen nicht in allen Fällen, wo Personen mit Heimatscheinen für Verheiratete von ihnen befördert werden wollen, die .Verpflichtung haben, sich von denselben eine amtliche .Erklärung darüber vorweisen zu lassen, daß sie keine unerzogenen Kinder zurücklassen, oder daß die zuständige Armenbehörde mit ihrer (d. h. der unerzogene Kinder in der Schweiz zurücklassenden Eltern) Auswanderung einverstanden sei, die Gesetzesvorschrift illusorisch ist. Denn in den seltensten Fällen nur gibt bereits der Heimatschein selbst über das Vorhandensein von Kindern Aufschluß, und im Fernern sind die Agenturen schon zu wiederholten Malen angewiesen worden, sich mit den mündlichen Angaben der Auswanderer nicht zu begnügen.

Um eine völlige Durchführung der in Rede stehenden Gesetzesvorschrit't zu sichern, ist es aber allerdings nicht nur nöthig, daß Niemand, der sich nach der Ausweisschrift als verheiratet darstellt, zur Spedition übernommen werde, ohne daß vorher über das Vorhandensein von Kindern die nöthige Erkundigung eingezogen worden wäre. Es bleibt vielmehr auch dringend zu wünschen, daß die Kantone oder Gemeinden, in deren Interesse allein -- und nicht in demjenigen der Auswanderer, welches das Gesetz in seinen übrigen Bestimmungen sonst nahezu ausschließlich im Auge hat -- die Vorschrift in Art. 11, Ziff. 7, in das neue Gesetz aufgenommen worden ist, anordneten, daß Personen, welche auswandern wollen, der Heimatschein nur ausgehändigt werde, nachdem allfällige Kinder derselben in den Sehein eingetragen worden sind.
7. Eine Agentur hatte zwei Auswanderer nach Champerico (Guatemala) zu befördern. Da der atlantische Dampfer zu spät in Colon anlangte, verfehlten sie den Anschluß an den Pacificdampfer und mußten sich deßhalb in Colon und Panama etwa 8 Tage aufhalten. Hierüber, sowie deßhalb, weil sie entgegen den Bestimmungen

862 des Auswanderungsvertrages von Colon ab statt 100 nur 50 Kilos Freigewicht gehabt hatten, führten sie Beschwerde und verlangten, daß die Agentur verhalten werde, die Auslagen, welche ihnen durch die beiden angegebenen Umstände erwachsen seien, im Betrage von 37 Dollars zu vergüten. Die Agentur machte gegen die Reklamation geltend, daß sie beim Vertragsabschluß die Auswanderer darauf aufmerksam gemacht habe, daß sie den Anschluß an den Pacificdampfer verfehlen könnten und daß 100 Kilos Gepäck nur auf den atlantischen Dampfern frei seien. Das Verfehlen des Anschlusses sei als ein Fall höherer Gewalt zu betrachten. Wir konnten diesen Einwand nicht gelten lassen. Liegt es auch nicht in der Hand einer Agentur, die verspätete Ankunft eines Dampfers zu verhindern, so ist damit noeh nicht bewiesen, daß dieselbe auf die Einwirkung einer höheren Gewalt zurückzuführen sei. In keinem Falle aber lag ein Verschulden der Auswanderer vor. Allerdings hatten nach Art. 3, lit. b, des Reisevertrages, wie die Agentur des Fernern einwendete, die Auswanderer auf der überseeischen Inlandreise sich selbst zu verköstigen, sie verlangten aber auch gar nicht die Restitution ihrer normalen Auslagen für Beherbergung und Verpflegung auf der Reise von Colon nach Champerico, sondern die Zurückerstattung derjenigen Auslagen, welche ihnen durch den ohne ihre Schuld nothwendig gewordenen Aufenthalt in Colon und Panama erwachsen waren.

In dieser Beziehung schreibt Art. 15, Ziff. 7, des Gesetzes vor, daß bei Aufenthalt oder Verzögerung auf der Reise ohne nachweisbare Schuld des Auswanderers die Agentur für vollständige Verpflegung und Beherbergung zu sorgen hat. Die Ansprüche der beiden Auswanderer mußten deßhalb befriedigt werden.

8. In gleicher Weise ließen wir unsere Intervention eintreten in einem Falle, wo eine Agentur einen Auswanderer nach Lakeview im County Volusia (Florida) befördert hatte, während derselbe nach dem Orte gleichen Namens im County Clay reisen wollte.

Die Ausrede der Agentur, es sei Sache des Auswanderers gewesen, näher zu bestimmen, um welche Ortschaft Lakeview es sich handle, ließen wir nicht gelten, da eine Agentur, welche darauf Anspruch erhebt, ,,mit der Geschäftsführung der Auswanderung vertraut und im Stande zu sein, die sichere Beförderung der Auswanderer zu besorgen"1, wissen muß, daß es im Staate
Florida zwei Ortschaften Lakeview gibt, und den Auswanderer auf den Umstand aufmerksam zu machen hatte.

9. Hinsichtlich der stets häufigen Reklamationen wegen Verlustes oder verspäteter Ankunft des Gepäckes führen wir an, daß wir glaubten, auch in den Fällen uns der Sache annehmen /u

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sollen, wo es° sieh nicht um Auswanderer im strikten Sinne des Wortes, sondern um Personen handelte, welche aus überseeischen Staaten nach der Schweiz zurückkehrten.

10. Im Berichte über unsere Geschäftsführung pro 1890 haben wir über ein Urtheil des tessinischen Appellationsgerichtes uns ausgesprochen, mit welchem ein Bürger des Kantons Tessin, obwohl er unbestrittenermaßen in unbefugter Weise Auswanderungsgeschäfte betrieben hatte, freigesprochen worden ist. Begründet wurde das Urtheil hauptsächlich damit, daß der Kanton keine Vollziehungsverordnuug zum Auswanderungsgesetze erlassen und über das Verfahren, welches seitens der kantonalen Behörden bei Verletzungen jenes Gesetzes zu beobachten sei, keine Bestimmungen aufgestellt habe. Unter einläßlichem Nachweis, daß die Voraussetzungen des Urtheils absolut unrichtig seien, hatten wir den Staatsrath des Kantons Tessin eiügeladen, das Gericht, falls dies zuläßig sei, zu veranlassen, eine Revision des Urtheils vorzunehmen (s. Bundesbl. 1890, III, 1099). Im Berichtjahre theilte uns der Staatsrath mit, daß das Appellationsgericht der Ansicht sei, das in Kraft bestehende Strafverfahren des Kantons Tessin gestatte nicht, das fragliche Urtheil einer Revision zu unterziehen, und daß er selbst diese Ansieht theile. Gleichzeitig legte er uns den Entwurf zu einer kantonalen Verordnung, mit welcher dem Mangel abgeholfen werden sollte, zur Genehmigung vor. Wir konnten nicht umhin, dem Staatsrath unser Bedauern darüber auszusprechen, daß eine thatsächliche, unbestrittene Verletzung eines Bundes2:esetzes durch einen tessinischen Bürger ungeahndet bleibe. Obwohl im Prinzip nicht zugegeben werden kann, daß ein Bundesgesetz in einem Kanton so lange keine Anwendung finde, bis sich derselbe herbeigelassen, ein vom Gesetze gar nicht verlangtes Reglement aufzustellen, blieb uns nach dem Vorgebrachten nichts übrig, als den Fall als erledigt zu betrachten.

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IV. Auswanderungsziele.. Anstände bei der Einwanderung in die Vereinigten Staaten von Amerika. Kolonisationswesen. Propaganda für die Auswanderung.

A. Vereinigte Staaten von Amerika.

Von den im Berichtsjahre aus der Schweiz ausgewanderten 7516 Personen haben sich 6920 nach den Vereinigten Staaten begeben, gegen 6909 im Vorjahre ; trotzdem also die Auswanderung aus der Schweiz im Jahre 1891 im Ganzen abgenommen, hat diejenige nach den Vereinigten Staaten zugenommen. Im Jahre 1888 betrug dieselbe

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82,1, im Jahre 1889: 82,5, im Jahre 1890: 89,5 und im Jahre 1891: 92 °/o der gesammten schweizerischen Auswanderung nach überseeischen Staaten. Dieses Verhältniß ist ohne Zweifel den politischen Unruhen zuzuschreiben, die während der verflossenen Jahre in mehreren südamerikanischen Staaten geherrscht haben, insbesondere aber dem Umstände, daß in den Vereinigten Staaten bereits sehr viele Schweizer niedergelassen sind, die überwiegende Mehrzahl schweizerischer Auswanderer dort Verwandte, Freunde und Bekannte besitzt, deren Nachrichten für Viele direkt und indirekt die Veranlassung zur Auswanderung werden. Eine detaillirtere Auswanderungsstatistik würde zeigen, daß Auswanderer aus gewissen schweizerischen Gegenden sich in der Regel nach einem bestimmten Staate der Union begeben; sie finden daselbst eben, den Kern einer Niederlassung von engeren Landsleuten. Nicht zu unterschätzen ist auch der Umstand, daß die Fahrt ungemein viel kürzer (z. B. von Havre nach New York 7--8 Tage) und dementsprechend der Fahrpreis leicht erschwinglich ist (Von Basel bis New York circa Fr. 150 für erwachsene Personen, Beköstigung, auf der ganzen Reise Inbegriffen).

Im Jahr 1890 sind den gesetzgebenden Körperschaften der Vereinigten Staaten eine Anzahl Gesetzesentwürfe unterbreitet worden, deren Annahme geeignet gewesen wäre, die Einwanderung in die Vereinigten Staaten ganz außerordentlich zu beschränken.

Unterm 3. März 1891 aber wurde dann ein Gesetz über, die Einwanderung erlassen, das allerdings eine Verschärfung der Maßnahmen enthält, welche die bisherigen Gesetze zur Verhinderung der Einwanderung gewisser Kategorien von Personen vorschreiben, aber in dieser Richtung weniger weit ging, als einige der abgelehnten Entwürfe. Mit Rücksicht darauf, daß Art. 11, Ziff. 4, unseres Bundesgesetzes über den Geschäftsbetrieb von Auswanderungsagenturen den letzteren untersagt, Personen zu befördern, denen die Gesetze des Einwanderungslandes den Eintritt verbieten,, haben wir sowohl eine Uebersetzung des sog. Kontraktarbeitsgesetzes vom 26. Februar 1885 als desjenigen vom 3. März 1891 (Bundesbl. 1891, IV, 339 ff.) veröffentlicht, üeberdies ist ein Auszug aus diesen Gesetzen angefertigt und sind die Agenten und Unteragenten verhalten worden, denselben in ihren Bureaux an leicht sichtbarer Stelle anzubringen. In aller Kürze führen
wir an, daß diese Gesetze die Einwanderung verbieten von: 1. Blödsinnigen und Geisteskranken.

2. Bettlern (sog. Paupers) und solchen Personen, von denen vorauszusehen ist, daß sie der öffentlichen Wohlthätigkeit zur Last fallen werden. (In diese · Kategorie gehören nach Ent-

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scheiden der mit der Vollziehung jener Gesetze betrauten Behörden auch schwangere Mädchen, Krüppel und infolge ihres Alters gebrechliche und erwerbsunfähige Personen.)

3. Personen, welche an einer ekelhaften oder gefährlichen ansteckenden Krankheit leiden. (In der Praxis werden Lungenschwindsüchtige auf Grund dieser Bestimmung zurückgewiesen.)

4. Konvikten, d. h. solchen Personen, welche eines gemeinen Verbrechens oder entehrenden Vergehens überführt sind.

(Ausgenommen hievon sind politische Verbrecher.)

5. Anhängern der Vielweiberei.

6. Solchen Personen, deren Ueberfahrt von Dritten (Privatpersonen, Behörden, Körperschaften irgend welcher Art) im Voraus bezahlt worden ist. (Immerhin ist es den in den Vereinigten Staaten wohnenden Personen gestattet, engeren Familiengliedern zum Zwecke der Auswanderung nach den Vereinigten Staaten und zur Niederlassung daselbst behülflich zu sein.) · 7. Von sog. Kontraktarbeitern. (Unter Kontrakfarbeitern versteht das Gesetz der Vereinigten Staaten solche Personen,7 D mit welchen vor ihrer Auswanderung ein Abkommen über Uebernahme einer Stelle, eines Dienstes u. dgl. in den Vereinigten Staaten abgeschlossen worden ist ; dabei ist es ohne Belang, in welcher Weise das Abkommen getroffen worden .ist. Solche im Auslande abgeschlossene Abkommen, Verträge oder Engagements sind ungültig und Auswanderer, welche im Besitze derartiger Verträge sind, oder mit denen nach ihrer eigenen oder der glaubwürdigen Aussago von Dritten solche Abkommen getroffen worden sind, werden von der Landung ausgeschlossen.)

Von diesem Verbot werden nicht betroffen: Privatsekretäre, Bediente und Knechte, welche von in den Vereinigten Staaten sich aufhaltenden Fremden engagirt worden sind, -- ferner Spezialarbeiter, welche zur ^Gründung einer neuen Industrie in den Vereinigten Staaten n .r vom Ausland bezogen werden können ; Geistliche, Lehrer für Seminarien oder höhere Schulen, Schauspieler, Sänger u d Künstler.

In Anwendung dieser Gesetze hat die Einwa: derungsbehörde in New York im Berichtsjahre die ßückspeditic 3 von 33 von schweizerischen Agenturen beförderten Personen v» rfügt; aber nur in 5 Fällen ist die Rückspedition wirklich erfolgt, n allen übrigen Fällen gelang es den Bemühungen des schweizer] ichen Konsulats

866 in New York und der Gesandtschaft in Washington, die Verfügung wieder rückgängig zu macheu, theils weil der zuständigen Behörde der Nachweis geleistet werden konnte, daß die Voraussetzungen, unter denen die Verfügung der Rückspedition getroffen worden war, unrichtig seien, theils weil bereits in den Vereinigten Staaten wohnende Verwandte oder Freunde der Betroffenen Garantie dafür leisteten, daß die letzteren der öffentlichen Wohlthätigkeit nicht zur Last fallen werden. Wir glauben es nicht verschweigen zu sollen, daß es sich in den meisten Fallen um unverheiratete Frauenspersonen handelte, die ihrer Niederkunft entgegensahen, und daß es gerade in diesen Fällen schwer hielt, die Erlaubniß zur Einwanderung zu erwirken. Diese Vorkommnisse zeigen auch, wie zweckmäßig es war, dem Konsulate in New York einen Beamten beizugeben, dessen Aufgabe es ist, beim Eintreffen schweizerischer Einwanderer im Landungsdepot anwesend zu sein und deren Interessen zu wahren. Bisweilen ist es vorgekommen, daß Auswanderer die bei ährer Ankunft von der Einwanderungsbehörde an sie gerichteten Fragen nicht verstanden und dann Antworten gaben, die für sie verhängnißvoll wurden, indem diesel heu ihre Rückspedition verursachten. Die. Hoffnung, daß durch den Uebergaug der Aufsicht im Landungsdepot von einer Kommission des Staates New York an eine Behörde der Vereinigten Siaaten willkürliche Zurückweisungen weniger oft vorkommen werden, hat sieh nur theilweise erfüllt.

Soweit die uns über die erwähnten Vorfälle zugekommenen Berichte ein Urtheil gestatten, ist auch im Berichtsjahre die Rückspedition vielfach mit einer sich oft widersprechenden Begründung erfolgt.

Auch im Beriehtjahre mußten die Behörden der Vereinigten Staaten wieder darauf aufmerksam gemacht werden, daß nicht alle schweizerischen Auswanderer, die von ihrer Heimatgemeinde einen Beitrag an ihre Reisekosten erhalten haben, deßhalb als armengenössig (paupers) oder gar als abgeschoben betrachtet weiden dürfen, indem jener Beitrag nicht den Charakter eines Almosens sondern gewissermaßen den dem Auswanderer zukommenden Antheil aus dem Bürgergut repräsentire. Es scheint, daß man in Zukunft dieser Auffassung Rechnung tragen will.

Hinsichtlich der Frage, von wem in Fällen der Ruckspedition die Kosten derselben zu tragen seien, hahen sich bis heute Schwierigkeiten
nicht ergeben ; wenigstens sind Klagen diesbezüglich nicht an uns gelangt. Nur in einem Falle hatten wir Veranlassung, unsere Intervention dafür eintreten zu lassen, daß einem zurückspedirten Auswanderer der Betrag des überseeischen Inlaudfahrbiüets und eines Checks zurückerstattet wurde. Wir haben übrigens den Agenten die Anstände zur Kenntniß gebracht, welche die von ihnen beförderten Personen bei ihrer Einwanderung in die Vereinigten Staaten

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gehabt haben, und wo es nöthig schien, auch öl ue daß Klage erhoben worden wäre, eine Untersuchung darüber eingeleitet, ob nicht ein Verschulden der Agenturen vorliege, bezv . ob 'dieselben nicht zum Voraus hätten wissen können, daß eine Rückspedition erfolge. Eine Veranlassung zum weitern Einschreiten lag nicht vor, theils weil, wie bereits erwähnt, die Praxis in der ö indhabung der Ein Wanderungsgesetze eine wechsel volle ist, theils weil die Auswanderer oft selbst ihren eiae Rückspedition mogi: ìherweise veranlassenden Zustand verheimlichen. Immerhin habe i wir Ursache, zu hoffen, daß in Folge der den Agenturen im Berichts ahre ertheilten Instruktionen und des Bekanntwerdens der amerikai ischen Gesetze die Anstände der Auswanderer bei ihrer Ankunft i i einem Hafen der Vereinigten Staaten in Zukunft weniger zahlreic i sein werden.

Die statistischen Erhebungen ergaben, daß i den letzten Monaten des Jahres aus der romanischen Schweiz, besonders aus dem Kanton Waadt, welcher sonst eine relativ ichwache Auswanderung hat, ungewöhnlich viel Personen nach c en Vereinigten Staaten auswanderten. Verschiedene Anzeichen f ihrten zu der Annahme, daß dieser Umstand auf die Verbreitung zurückzuführen sei, welche eine von Herrn Henri Gaullieur verf ,ßte und ,,Die Gegend von Pecos" betitelte Broschüre in der W estschweiz gefunden hatte. Bezüglich dieser Angelegenheit wiri im Uebrigen auf den nachfolgenden Bericht der kommissarische i Sektion verwiesen.

B. Central- und Südamerika.

Seitdem eine schweizerische Auswanderungssl itistik besteht, d. i. seit 1868, ist die Auswanderung nach Centrala nerika nie eine erhebliche gewesen ; seit 1883 aber ist sie kaum nennenswerth.

Im Berichtsjahre betrug die Zahl der nach Mexi :o, Guatemala, Honduras und der Insel Guadeloupe Ausgewanderten 15; nach anderen Theilen Centralamerika's wurden keine ,chweizerischeu Auswanderer befördert. Bedeutender war die Ausvi anderung nach Südamerika, aber erst nachdem Chile, Argentinier und in letzter Linie Brasilien angefangen hatten, durch allerlei Mi tel, namentlich durch Vorschüsse der Kosten der Seefahrt, den S rom der europäischen Auswanderung auf ihr Gebiet zu lenken, überschritt die Zahl der schweizerischen Auswanderer nach Sudarne rika die Durchschnittszahl der in den Jahren 1871/1882 Ausgewanderten (724) um ein Bedeutendes. Wir haben in den früheren Berichten über unsere Geschäftsführung die Maßnahmen jener 8 aaten zur Anziehung von Auswanderern einläßlich besprochen und mehrmals Gelegenheit gehabt, über die zum Theil sehr schä [liehe Wirkung

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jener Maßnahmen unser Bedauern auszusprcchen. Heute sind wir im Falle, mitzutheilen, daß die Auswanderung nach Südamerika stark in Abnahme begriffen ist. Schon im Jahr 1890 war die Zahl der schweizerischen Auswanderer nach Südamerika von 1419 im Jahr 1889 auf 752 gesunken; im Berichtsjahre betrug sie nur noch 500. Die Ursachen dieser Erscheinung sind allgemein bekannt;, es sind die Unruhen, welche in Chile, Argentinien, Brasilien und Uruguay geherrscht, und das Bekanntwerden der Zustände, welche jene Unruhen verursacht haben. Sodann ist. nicht außer Acht zu lassen, daß die Propaganda, welche in früheren Jahren zur Förderung der Auswanderung nach jenen Staaten gearbeitet hatte, theilweise ohne Zweifel aus finanziellen Gründen, erheblich nachgelassen hat.

Ganz besonders hat die Auswanderung nach Argentinien, welche in den Jahren 1888 und 1889, dank dem äußerst rührigen, aber auch oft zudringlichen Treiben von aus- und inländischen Agenten, von Emissären und Schiffsgesellschaften, zu einer ganz ungewöhnlichen Stärke (1384 im Jahr 1888 und 1294 im Jahr 1889) gelangt war, abgenommen. Sie betrug im Berichtsjahre 281 gegen 629 im Jahr 1890. Die Zahl der nach Chile, Venezuela uud Columbia Ausgewanderten beträgt 35. Einzig die Zahl der Auswanderer nach Brasilien hat zugenommen; sie beträgt 184 gegen 79 im Vorjahre. Die Zunahme ist zum Theil der Gründung der Kolonie Alpina in der Provinz Rio de Janeiro durch die Firma Eugen Meyer & Cie. in Basel und Rio de Janeiro zuzuschreiben.

(Näheres hierüber siehe im Berichte für das Jahr 1890.1 Im Jahr 1891 sind 100 zumeist aus dem Kanton St. Gallen stammende Personen dahin ausgewandert. Wir haben übrigens in Erfahrung gebracht, daß gerade nach Brasilien Personen ausgewandert sind, die sich der Vermittlung der schweizerischen Agenturen nicht bedient haben. Diese, sowie nicht minder eine Anzahl der von den letzteren Beförderten sind, wie wir anzunehmen alle Ursache haben, zur Auswanderung durch Broschüren und Prospekte veranlaßt worden, mit welchen Emissäre der brasilianischen Regierung und Agenten von Schiffsgesellschaften dem leichtgläubigen Publikum die verführerischsten Schilderungen von den Verhältnissen in Brasilien und den Vortheilen machten, die dort den Einwanderern gewährt werden. Aus Anfragen, welche an das Auswanderungsbüreau gerichtet worden sind, konnte
geschlossen werden, daß in 'gewissen Gegenden von solchen Emissären eine geradezu fieberhafte Thätigkeit zur Förderung der Auswanderung nach Brasilien entfaltet werde. Ciroulare, in welchen freie Ueberfahrt von einem europäischen Seehafen nach Santos oder Rio de Janeiro versprochen war, wurden in Wirthschaften vertheilt. In Genf standen zwei Personen, von denen die eine brasilianischer Herkunft war, stark

869 unter dem Verdachte, für die Auswanderung I ropaganda zu machen. Dieses Treiben erklärt sich, wenn man weiß, daß den Schiffsgesellschaften, welche 10,000 Auswanderer lach Brasilien bringen, eine Prämie von Fr. 100,000 zugesichert orden ist. In Frankreich, Deutschland und Italien wurden Maß lahmen gegen diese Art und Weise, die Bevölkerung ihrer Heim it überdrüssig zu machen, ergriffen. Den französischen Agenten wu rden die schon früher erlassenen Warnungen vor der Anwerbung von Auswanderern nach Brasilien in Erinnerung gebracht und die Fehlbaren mit Entzug des Patentes bedroht; ein Hamburger Gesetz verbietet schon längst Beförderungen, welche den Auswan erern in dem Bestimmungslande irgend welche Verpflichtungen (. uferlegen oder die freie Bestimmung über ihre Bewegung irgendw ie beeinträchtigen. Die ' Prospekte italienischer Schiffsgesellsch aften besagen, daß Ausländer ohne Weiteres zur Gratisbeförderu ng nach Brasilien übernommen werden, daß Italiener aber eineBlewilligungg der zuständigen Behörde besitzen müssen. Wir haben in dem Kreisschreiben vom 19. Februar 1889 (Bundesbl. 1889, I, 327) einläßlich auf die mancherlei Gefahren aufmerksam gemacht,wilchee diejenigen Auswanderer insbesondere laufen, die von ausländischenn Regierungen oder Kolonisationsgesellschaften sich die Kosten der Reise bezahlen lassen. Die Erfahrungen, welche die Schweiz in füherenn Jahren mit der Auswanderung nach Brasilien und i n n e u i ester Zeit mit derjenigen nach Chile und Argentinien gemacht l at, sind nicht geeignet, die in jenem Kreisschreiben geäußerten Be lenken zu zerstreuen. Es ist hier daran zu erinnern, daß die Bundesbehörde nur dann direkt einzuschreiten die Kompetenz hat, >ennn patentirte Agenten oder Unteragenten die Urheber vorhandenerr Uebelstände im Auswanderungswesen sind, daß aber, wenn Dri tpersonen sich gegen das Auswanderungsgesetz verfehlen, sie sichh darauf beschränken muß, die ihr zur Kenntniß gebrachten Fi Ile den kantonalen Behörden zu überweisen. In dieserBeziehuni g müssen wir, wenn auch ungern, mittheilen, daß nicht überall mit 1er wünschenswerthen Energie der signalisirten Propaganda entgegengetretenn worden ist; namentlich wurden das Verbreiten von verführerischen Prospekten und unbefugte Publikationen mit allzu viel Nachsicht behandelt. Es scheint, daß trote derErfahrunge« n,
welche im 6. Jahrzehnt unseres Jahrhunderts gerade hinsichtlic .1 der Auswanderung nach Brasilien gemacht worden sind, es n ich immer gewisse Kreise gibt, welche der Ansicht sind, daß die Auswanderung, wenn auch nicht das einzige, so doch ein wirksamess Mittel zur Lösung der Armenfrage sei. Es kann nicht Aufgabee dieses Berichtes sein, diese Ansicht zu widerlegen, wohl al er müssen wir gestehen, daß wir bisweilen den Bindruck hatten, d iß dieselbe auf

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die Vollziehung des Auswanderungsgesetzes in einzelnen Kantonen einen gewissen Einfluß ausübe.

Ueber die Klagen, welche uns von Ansiedlern in den Kolonien La Matilde (Provinz Buenos Aires) und Alpina (.Brasilien) zugekommen sind, glauben wir vorläufig uns nicht weiter verbreiten zu sollen, da die angeordnete Untersuchung über die Begründetheit derselben noch nicht abgeschlossen ist.

C. Andere Auswanderungsziele.

Es wanderten im Berichtsjahre ferner aus : 1. nach dem nördlichen Afrika 6 Personen, 2. nach der Capkolonie 11 Personen, 3. nach Australien 47 Personen, 4. nach Asien 8 Personen.

Diese Auswanderungsziele geben uns zu keinen Bemerkungen Veranlassung.

B. Kommissarische Sektion.

I. Begleitung von AuswandererzUgen.

Einzelne Auswandererzüge werden nur eine längere oder kürzere Strecke weit über die Schweizergrenze hinaus, andere bis zur Einschiffung vom Kommissär begleitet. Jene kürzeren Begleitungen haben sich bald als eine zweckmäßige Einrichtung erwiesen, und es wäre nur zu wünschen, daß sie häufiger stattfinden könnten.

Sie bieten ein bequemes Mittel zur Ausübung einer Kontrole über den Inhalt der Reiseverträge und damit theilweise auch über die Geschäftsführung der Agenten, über die Beköstigung der Auswanderer auf der Landreise, die zugesicherte Rücksichtnahme der Eisenbahngesellschaften auf eine bequemere Unterkunft der Auswanderer in den Eisenbahnwagen u. dgl. Dann aber sind sie auch ein Mittel, denjenigen Auswanderern, welche ohne vorausgegangene Information über ihre Reiseziele und von gefährlichen Illusionen erfüllt den Schritt in's Unbekannte wagen, im letzten Augenblick noch nahe zu treten, sie über mancherlei Nothwendiges zu belehren, bisweilen auch einem mit guten Zeugnissen versehenen Manne eine zuverläßige Empfehlung zu geben, damit er sich jenseits des Meeres weiter Raths erholen könne. Häufig kommt es vor, daß Auswanderer, welche zwar von der verschärften Kontrole seitens der nordamerikanischen Einwanderungsbehörde, nicht aber von der

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Strenge des Einführungsverbotes von Arbeitern unte · Kontrakt gehört hatten, sich den Anschein zu geben beabsichtig en als besäßen sie in Amerika bereits eine Anstellung. Einige auf! lärende Worte über jenes Verbot können Manchem eine arge V eelegenheit ersparen ; die Agenten aber würden in ihrem eigenei Interesse und namentlich in demjenigen der von ihnen beförderte Auswanderer handeln, wenn sie bei Anlaß der Vertragsabschlüsse [einen darüber im Zweifel belassen würden.

Es wurden vier Züge bis in den Einschiffungs hafen begleitet und dabei die Häfen von Boulogne, Havre, Marseille, Genua, Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam besucht.

1. B o u l o g n e . Seit dem Spätherbst 1890 ] egen die nach New York fahrenden Auswandererdampfer der niederländischamerikanischen Dampfschifffahrtsgesellschaft allwöch entlich auf der Rhede von Boulogne an, um dort Passagiere aufzu lehmen. Bald machten auch schweizerische Agenturen von dieser Gelegenheit zur Beförderung von Auswanderern Gebrauch, und es wurde infolge dessen nothwendig, sich zu vergewissern, in welch er Weise diese Beförderung und die Beköstigung auf der Eisenbai n, der Uebergang vom OStbahnhof zum Nordbahnhof in Paris, di \ Beherbergung der Auswanderer daselbst und in Boulogne und d .e Einschiffung auf offener Rhede vor sich gehen und wie die Räumt des Zwischendecks für die Aufnahme von Passagieren beschaffe n seien, nachdem das Schiff mit einer größeren Zahl von Auswand erern 12, resp.

18 Stunden früher von Rotterdam, beziehungsweise · von Amsterdam ausgelaufen war. Das Ergebniß der Beobachtungen auf der Eisenbahn bis Boulogne war ein ziemlich günstiges. Di rt aber ergab es sich, daß der Auswandererwirth nicht alle w ünschenswerthe Gewähr für ein nach allen Richtungen sicheres Unte rkommen biete, und es mußte, allerdings außerhalb des Logirhauses einem Betrug gewehrt werden, dessen Opfer ein Auswanderer zu werden in Gefahr stand. Die Einschiffung fand mitten in finste per Nacht und bei nicht ausgiebiger Beleuchtung vermittelst eines klei neren Dampfers statt, welcher die Leute verschiedener Nationalitäten , über 100 an der Zahl, auf das ziemlich bewegte Meer hinaus in d an Bord des ,,Obdam" zu führen hatte. Einer solchen Einschif fung gegenüber bietet diejenige in einem Hafen selbst so viele Vorthe le, daßletzteree entschieden vorzuziehen ist,
selbst wenn sichdadurchh die Kosten um etwas höher stellen würden. Thatsächlich ist es schweizerischen Auswanderern ohne erhebliche Kosten Vermehrung le cht möglich, in Rotterdam oder Amsterdam einzusteigen und sich dadurchh besserer Plätze zu versichern, und auch die Logirverhältniss sind in diesen

·872 letztgenannten Städten offenbar geregeltere als in Boulogne, wenn auch nicht zu verkennen ist, daß die Schiffsgesellschaft selbst bemüht ist, die hier sich zeigenden Uebelstände zu beseitigen. Der Zustand des Zwischendeckes erwies sich günstiger, als man nach 12 stündiger Reise erwarten konnte.

2. H a v r e . Während des größten Theils des Frühjahres, sowie bei der gegen den Herbst hin wieder anwachsenden Auswanderung ließ die Compagnie générale transatlantique ihre gewohnten Extrazüee mit den besonders zur BeförderungO von AusO wanderern eingerichteten Wagen zirkuliren. Wenn auch die Reise von den Auswanderungspunkten Basel und Bern bis Havre in einem und demselben Wagen besonders für Familien etwas beschwerlieh erscheint, so überwiegen die Vorzüge dieser Art der Beförderung doch die Nachtheile weit, besonders weil eine Nachtreise auf der Eisenbahn ohnehin nicht vermieden werden kann. Gewisse Unzulänglichkeiten in der Beköstigung während der Fahrt wurden den Organen der Gesellschaft zur Kenntniß gebracht und auf Abhülfe .gedrungen; aber ein vollständiger Erfolg und namentlich auch die Einführung mindestens einer warmen Mahlzeit wird kaum anders als auf dem Wege einer entsprechenden Mehrleistung seitens der Agenten, resp. der Auswanderer selbst zu erwarten sein.

Entgegen früherer Uebung wurde bei dem diesjährigen Besuch in Havre zum ersten Male die Einschiffung der Auswanderer in den Dampfer der Compagnie générale transatlantique in der Weise vorgenommen, daß die Leute schon auf dem Quai nach Familien, Geschlechtern und soweit thunlich auch nach Nationalitäten zusammengestellt, hierauf eine Person nach der anderen an Bord auf·genommen und in den für sie bestimmten Platz gewiesen wurden.

Auf diesem Wege wird deon auch die Handhabung von Moral und Ordnung im Zwischendeck wesentlich erleichtert. Die Hamburgamerikanische Paketfahrt-Aktiengesellschaft, welche allwöchentlich ihre Schiffe in Havre zur Aufnahme von Passagieren einlaufen läßt, hatte dieses sehr zweckmäßige Vorgehen noch nicht eingeführt; die Zahl der aufzunehmenden Auswanderer war aher auch eine viel geringere, weil ein großer Theil der verfügbaren Plätze schon in Hamburg besetzt worden war. Die Ordnung und Reinlichkeit, sowie die Eintheilung der Räume im Zwischendeck war indessen, obschon das Schiff seit zwei Tagen auf See gewesen
war, derjenigen des französischen Dampfers in jeder Hinsicht mindestens ebenbürtig. In Beziehung auf die Anordnungen für die Einnahme der Mahlzeiten im Zwischendeck übertrifft das Hamburger Schiff -Wieland" die Sehiffe der für uns in Betracht fallenden fran-

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zösisehen Gesellschaften, indem nicht nur die Eßtische tVei stehen und daher ringsum bequem zugänglich sind, sondern auch die Passagiere einzeln servirt werden, während dieselben auf den französischen nach hergebrachter Uebung in Gruppen von 10 Personen das Essen in der Küche abholen und unter sich theilen müssen, wodurch , abgesehen von anderen Inkonvenienzen, bescheidenere Leute oft benachtheiligt werden. Welcher Qualität der Schiffskost die Auswanderer den Vorzug geben, ist nicht mit Bestimmtheit zu sagen ; dagegen muß konstatirt werden, daß die Compagnie générale transatlantique eine Vermehrung der Platten bei der Hauptmahlzeit eingeführt hat. Wir benützen diesen Anlaß, unserer Ueberzeugung Ausdruck zu geben, daß die bisherige Einrichtung rnit der weitgehenden Ausnutzung der unteren Schiffsräume zürn Auswanderertransport, dem gewöhnlichen Mangel an kleineren Kabinen für einzelne Familien oder Gruppen, den Unzukömmlichkeiten bei der Beköstigung u. dgl. den Bedürfnissen einer großen Mehrzahl der aus den mittel- und westeui-opäischen Ländern herkommenden Auswanderer längst nicht mehr entspricht, und daß eine Revision der diesbezüglichen gesetzlichen oder reglementarischen Bestimmungen seitens der Regierungen der Seestaaten als sehr wünschenswert!} erscheint.

Der Besuch in Havre bot übrigens auch Gelegenheit zu einer Vergleichung des äußeren Aspektes unserer west- und mitteleuropäischen Auswanderer mit dem allgemeinen Aussehen von einigen Hunderten aus Amerika kommender Einwanderer. Diese Vergleichung fiel entschieden zu Gunsten der Ersteren aus und erweckte den Eindruck, daß vielen dieser Einwanderer, wenn sie, statt in Havre in New York ankämen, von den mit wachsender Strenge verfahrenden amerikanischen Einwanderungsbehörden die Landung verweigert würde.

Die Logirhäuser, in welchen die schweizerischen Auswanderer in der Regel Unterkunft suchen, werden in durchaus untadelhafter Weise geführt.

Bei allen Verrichtungen unseres Kommissärs in Havre wirkte Herr Konsul Wanner mit. Die Aufgaben, welche diesem Beamten aus dem Auswanderungswesen erwachsen, sind zahlreich und oft schwieriger Natur; er entledigt sich derselben mit Geschick und Energie.

3. M a r s e i l l e . Infolge der Krisis der für schweizerische Auswanderer gewordenen Verhältnisse in Brasilien Chile war die Auswanderung nach Bundesblatt.

44. Jahrg. Bd. II.

in Argentinien und Uruguay, im Allgemeinen ungünstig und des Bürgerkrieges in Südamerika im Laufe des 58

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Jahres bedeutend schwächer als früher, wenn auch die Verlockungen dazu seitens geheimer Agenten nicht ganz ausgeblieben sind. Daher war auch die Zahl der nach Marseille begleiteten Auswanderer keine große. Die Einschiffung ging in gewohnter Weise vor sich ; die Auswanderer sammelten sich auf dem Verdeck, und eine Person um die andere wurde, wie sie eben auf dem Verzeichniß standen, aufgerufen, nach ihren Papieren befragt, beim Vorübergehen sanitarisch auf ansteckende Hautkrankheiten an den Händen, bisweilen auch in der Augengegend, untersucht und dann in die für sie bestimmte Abtheilung des Zwischendecks gewiesen. Im letzteren fiel auf, daß, entgegen der in den meisten Seestaaten und so auch in Frankreich geltenden gesetzlichen Bestimmung über die Einrichtung der für die Beförderung von Auswanderern autorisirten Schiffe, an einzelnen Stellen drei anstatt zwei Bettstelleu über einander angebracht waren. Die Bestimmung des Art. 11 des in Kraft bestehenden französischen Dekretes vom 15. März 1861 lautet: ,,II n'y aura, en aucun cas, plus de deux rangées de couchettes11. Es ist einleuchtend, daß aus einer Nichtbeachtung dieser Vorschrift höchst unangenehme Zustände für die Auswanderer erwachsen müssen.

Auf die diesbezügliche Anfrage wurde die Auskunft ertheilt, dieses Schiff, der ,,Bearna, habe wegen der über das gesetzliche Minimum hinausgehenden Höhe des Zwischendeckes die ausnahmsweise Berechtigung dazu erhalten.

Eine erfreulichere Wahrnehmung bestand darin, daß nun infolge der Bemühungen des im Jahre 1890 gewählten Konsuls, Herrn Hofmann, der. sich der Sache mit Verständniß und Eifer annimmt, den schweizerischen Auswanderern bei ihrer Einschiffung die Reiseverträge regelmäßig belassen und nicht wie früher gegen einfache Schiffsbillete umgetauscht werden. Diese Reiseverträge bilden für unsere Auswanderer nach ihrer Ausschiffung oft ein sehr wichtiges Beweismittel. Die Ausrüstung der Schiffe der Compagnie des transports maritimes, welche beinahe ausschließlich die Beförderung der Auswanderer von Marseille nach Südamerika vermitteln, ist so vollständig als möglich. Es fehlt, im Unterschied von den Schiffen vieler anderer Gesellschaften, sogar nicht an lebendem Groß- und Kleinvieh für die Versorgung der Passagiere mit frischem Fleisch, ebenso wenig fehlen Vorräthe an frischen Gemüsen, Schweizerund
anderem Käse, kondensirter Milch von Cham, Wein und dergleichen. Auch die Spital- und andere zweckmäßige Einrichtungen sind vorhanden, und es entsteht nur die Frage, ob und in welchem Maße diese Sachen unterwegs auch den Zwischendeckpassagieren zugute kommen. Diesbezügliche Klagen sind gegen diese Linie im Berichtsjahre nicht eingelangt.

875 Die Direktion der Schiffsgesellschaft wiederholte die schon früher gegebenen bestimmten Zusicherungen hinsichtlich-der Placirung der schweizerischen Auswanderer in einem besonders bezeichneten Räume des Zwischendeckes und im Falle der Ueberfüllung desselben in den zunächst gelegenen Kabinen II. Klasse, der Gruppirung der Passagiere nach Nationalitäten und der Behandlung und Beköstigung auf der Reise. Dieses alles ist bei dieser Gesellschaft von besonderer Bedeutung, weil die Schiffe derselben vorerst in Genua italienische Auswanderer, oft in großer Zahl, abholen, deren Bedürfnisse, Lebensweise und Gewohnheiten von denjenigen der schweizerischen bekanntlich sehr verschieden sind.

Die Logirhäuser wurden inspizirt und in Ordnung befunden, und Klagen über Prellerei in einem derselben, wie sie früher statt hatten, sind diesmal nicht laut geworden.

e. G e n u a . Aus den gleichen Gründen wie in Marseiile hat auch in Genua die Beförderung schweizerischer Auswanderer nach Südamerika bedeutend abgenommen. Nach der Versicherung unseres Konsulats sind die meisten derselben Tessiner, die sich einer regelmäßigen hierseitigen Kontrole entziehen, indem sie nicht mit schweizerischen Reisevertvägen in Genua ankommen, sondern erst im Hafen ein gewöhnliches Passagebillet lösen. Nach unserer statistischen Zusammenstellung wären im Berichtsjahr nur 37 schweizerische Auswanderer über Genua gereist.

Es wurden zwei Schiffe, ,,Aquila11 und ,,Nordamerika", inspizirt. Die weitgehende Ausnützung der Zwischendeckräume, die häufig in 3 Reihen übereinander angebrachten Bettladen und die Ordnung in dem ersteren, bei der Inspektion schon mit Auswanderern angefüllten Dampfer machten einen entschieden ungünstigen Eindruck, welcher namentlich beim ,,Nordamerika14 durch den Kontrast der Räume III. Klasse mit der glänzenden Ausstattung der I. nur noch verstärkt wurde. Das Beste an einigen der italienischen Schiffe mag der Umstand sein, daß die Reise derselben nach Buenos-Aires in der Regel kaum länger als 17 bis 19 Tage dauert.

5. A n t w e r p e n . Beinahe der sechste Theil unserer Auswanderer wählte die Route über Antwerpen, offenbar auch aus dem Grunde, weil die Reisekosten um etwa Fr. 20 für die erwachsene Person billiger sind als über Havre, während die Seefahrt durchschnittlich nur um etwa 2 Tage länger dauert. Auch
vollzieht sich die Reise nach Antwerpen von Basel aus in einem Tag, und die Nacht vor der Einschiffung kann noch in dem neu eingerichteten und gut geführten Hotel Philadelphia daselbst zugebracht werden.

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Die Urtheile von Ausgewanderten darüber, ob auf den Schiffen dieser Gesellschaft die Verpflegung und Behandlung der Auswanderer besser oder geringer sei als auf den anderen Linien, lauten verschieden, in dem Maße, wie die Ansprüche verschieden sind.

Eigentliche Klagen sind von dieser Seite im Berichtsjahr nicht eingegangen, und wenn es bei der Antwerpener ,,Red Star Line"1 schwieriger ist als in Havre, schweizerische Auswanderer gleich denjenigen anderer Nationalitäten gruppenweise einzulogiren, so kommt dieß daher, daß die ohnehin nach Familien und Geschlechtern getrennten Gruppen gewöhnlich eine verschwindend kleine Zahl bilden. Man hat sich mit der Zusicherung begnügen müssen, daß man bestmöglich die deutschen Schweizer zu den Deutsehen, die französischen und italienischen Schweizer zu den Franzosen und Belgiern einlogiren werde. Die Räume des Zwischendecks und deren Bintheilung differìren nicht wesentlich von denjenigen der großen Dampfer französischer Linien. Unser Konsulat nimmt sich der Auswanderer mit Fleiß und Energie an.

6. R o t t e r d a m und A m s t e r d a m . Da die Einschiffungen in diesen Häfen, wie in Havre und Antwerpen, jeweilen am Samstag vor sich gehen, der Besuch derselben aber nur anläßlich einer Begleitungs- und Inspektionsreise nach Antwerpen stattfand, so mußten sich die Funktionen des Kommissärs wesentlich auf den Verkehr mit den Konsulaten, mit der Direktion der niederländisch-amerikanischen Schiffsgesellschaft in Rotterdam und deren Vertretung in Amsterdam und auf die Besichtigung von Logirhäusern beschränken.

In beiden Häfen lagen die gerade anwesenden Auswandererdampfboote in Reparatur.

Von den Konsulaten in beiden Städten ist das Gleiche zu sagen wie von den vorerwähnten. Der Direktion der Gesellschaft wurde von einer an Bord des Auswandererdampfers ^Obdam"1 verfaßten und von über 100 beinahe ausschließlich fremden Unterschriften bedeckten Klage Kenntniß gegeben. Diese Klage richtete sich wesentlich gegen die Unordnung und Unreinlichkeit, welche während der Ueberfahrt des in Boulogne inspizirten und überfüllten Dampfers stattgefunden haben sollen, sowie gegen die rohe Behandlung, welcher einzelne Passagiere seitens der Schiffsangestellten ausgesetzt gewesen seien. Es wurde darauf eine strenge Untersuchung zugesichert, da eine solche, sowie die Abstellung von
Uebelständen, nicht minder im Interesse der Gesellschaft als der Auswanderer selbst liege ; es wurde aber auch auf die Thatsache hingewiesen, daß jene Fahrt eine ausnahmsweise stürmische gewesen sei und daß bei dem damals herrschenden außerordentlichen Zudrang von Auswanderern alle verfügbaren Zwischendeckräume hätten in An-

877

sprach genommen werden müssen. Es sind über diese Angelegenheit abschließende Berichte noch nicht eingegangen, aber auch keine neuen Klagen. Man muß sehr wünschen, und wir werden diesen Punkt nicht aus den Augen verlieren, daß ;die Beförderung von Auswanderern auf dieser Route in korrekter Weise vor sich gehe, weil sie die billigste Fahrgelegenheit darstellt. Die Preisdifferenz beträgt, von Basel aus berechnet, für jede erwachsene Person Fr. 30 bis 35 gegenüber der allerdings theureren, aber auch um 3 bis 4 Tage kürzeren Reise mit den Dampfern der Compagnie générale transatlantique in Havre. Die Rotterdamer Route bietet daher besonders solchen Familien, welche auf strenges Zusammenhalten ihrer Geldmittel angewiesen sind, hiezu eine willkommene Gelegenheit.

In Rotterdam gibt es einige trefflich gehaltene Logirhäuser für Auswanderer. Das beste dieser Art aber dürfte in Beziehung auf die Zweckmäßigkeit der Einrichtungen, der durchgreifenden Ordnung uod billigen Preise die neue, von einer wohlthätigen Gesellschaft in Amsterdam erbaute Auswandererherberge mit ihren Einzelnschlafzimmern, Speise- und Lesesälen, Badezimmern etc. sein.

II. Begutachtung von Kolonisationsunternehmungen.

1. Im Juli theilte dei1 auf Urlaub in der Schweiz anwesende Herr Minister de Claparède dem Auswanderungskomtnissariate mit, daß sich in Bern unter dem Vorsitz des Herrn von Waltenwyl in Elfenau ein Komite zur Unterstützung auswandernder Landwirthe gebildet habe, und daß dasselbe bereits durch eines seiner Mitglieder, Herrn H. Gaullieur auf Schloß Kiesen, eine für die Niederlassung schweizerischer Landwirthe passende Gegend am PecosFluß in Neu-Mexiko gefunden zu haben glaube. Eine solide amerikanische Kaaalbaugesellschaft habe dort ausgedehnte Ländeveien für die in jener Gegend nothwendige künstliche Bewässerung zugänglich gemacht; das Unternehmen verdiene alle Beachtung, und das Komite, das bereits im Besitze eines ausführlichen gedruckten Berichtes des Herrn Gaullieur sei, beabsichtige sich mit dem Kommissariat in Beziehung zu setzen. Ein Exemplar dieses Berichtes lag bei.

Allein bevor Weiteres geschehen war, ging am 11. August dem Kommissariate ein Auskunftsgesuch aus der französischen Schweiz zu, in welchem gesagt wurde, daß eine gewisse Anzahl von Familien, ,,verlockt durch die beinahe wunderbaren Beschreibungen" des Gaullieur'schen Berichtes und auf dem Punkt, auszuwandern, aus uninteressirter Quelle Zuverlässiges darüber zu vernehmen wünschte.

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Sofort wurde Herr Gaullieur auf die aufregende Wirkung seines Berichtes, welcher den Weg in die Oeffentlichkeit gefunden zu haben scheine, und auf Art. 10 des Bundesgesetzes betreffend das Auswanderungswesen aufmerksam gemacht. Gleichzeitig wurden ihm mit Rücksicht auf die vorausgegangene Empfehlung durch Herrn Minister de Claparède und auf die humanitären Absichten des Berner Komite's alle wünschenswerthen Aufschlüsse angeboten über das gegenüber den Bundesbehörden diesbezüglich zu beobachtende Verfahren. Herr Gaullieur ging mit der Entschuldigung, das Gesetz nicht gekannt zu haben, sofort darauf ein und reichte uns am 20./24. August, unter Ertheilung allseitigen Aufschlusses über das Kolonisationsunternehmen am Pecos-Fluß, das Gesuch um die Ermächtigung ein, die dortige Kanalbaugesellschaft in der Schweiz vertreten zu dürfen. Es war ihm ausdrücklich bemerkt worden, daß es sich hier wahrscheinlich um ein Kolonisationsunternehmen handle, bei welchem weniger die Gründung einer schweizerischen Kolonie mit festen Normen, als vielmehr die Sicherung gewisser Garantien zu Gunsten von schweizerischen Auswanderern, die sich auf den Ländereien der Kanalbaugesellschaft oder überhaupt im Bereiche jener Bewässerungsanlagen niederlassen wollten, in Frage komme. Erst nach Einsichtnahme des über die Eingabe von unserer Gesandtschaft in Washington einzuholenden Berichtes werde man hierüber zu einer bestimmten Ansicht gelangen können.

Am 29. August ertheilten wir der erwähnten Gesandtschaft die nöthigen detaillirten Aufträge für die Berichterstattung, welche der Natur der Sache nach viel Zeit in Anspruch nahm und aus diesem Grunde auch erst am 19. Dezember eintraf. Dafür aber war dieselbe sehr eingehend und mit einer erheblichen Zahl von Beilagen begleitet und beleuchtete alle in Betracht kommenden Punkte klar genug, um sich ein sicheres Bild darüber machen z,u können.

Herr de Claparède kommt dabei zu folgenden Schlüssen: Die der Bewässerung zugänglichen Kulturen sind im Allgemeinen abträglich; sie sind es oder werden es mindestens ebenso gut in diesem Theile von Neu-Mexiko sein können wie in den bewässerten Theilen anderer Unionsstaaten, welche in den letzten 20 Jahren eine sehr bedeutende Entwicklung aufzuweisen hatten.

Der Boden ist in dieser Gegend noch frisch, reichhaltig und fruchtbar. Das bei Eddy
halbtropische, gegen Roswell hin etwas angenehmere und gemäßigtere Klima ist durchaus gesund. Das Wasser des Hondoflusses und des Pecos ist zwar ungenügend zur Bewässerung der ganzen Gegend, resp. in derjenigen Ausdehnung, wie sie in der Spekulationsliteratur angegeben ist. Indessen genügt es für

879 die Gründung breit angelegter Kolonien in diesen Gegenden, und es ist sicher, daß die Gesellschaft die Wassermenge im Verhältniß der Nachfrage vermehren wird. Die Landesgesetze und die Verträge der Gesellschaft sichern ein gesetzliches Vorgehen gegen die Gesellschaft zum Zwecke der Erfüllung ihrer Verpflichtungen. Die Bigenthumstitel sind durch Unionsgesetze gesichert, und die Direktion der Gesellschaft bietet hinsichtlich ihrer Rechtlichkeit und Solvabilität alle wünschbaren Garantien. Es kann somit Herrn Gaullieur die Ermächtigung ertheilt werden, die Pecos-Gesellschaft in der Schweiz zu vertreten. In Beziehung auf die Frage, ob das Auswanderungsbüreau diese Gegend unseren Auswanderern ohne irgendwelchen Rückhalt empfehlen dürfe, macht Herr de Claparède darauf aufmerksam, daß es in allen Gebieten der Vereinigten Staaten beträchtliche Distrikte gibt, wo die Kolonisten sich niederlassen und verhältnißmäßig leicht ihren Lebensunterhalt verdienen können und es müßten daher iri jedem speziellen Falle die persönlichen Verhältnisse, sowie die Vortheile und Nachtheile einer Gegend abgewogen werden. Die Nachtheile seien am Pecos folgende: Wenn auch die Sommerhitze infolge der Trockenheit der Luft verhältnißmäßig erträglich ist, so erreicht sie doch immerhin in der Periode der höchsten Temperaturen 30 und mehr Grade nach Reaumur. Die Einförmigkeit eines flachen, dürren Landes kontrastirt mit der Schönheit des Heimatlandes. Als Nachtheile erscheinen auch die Entfernung von der Heimat und die durch die Reise dorthin verursachten Kosten, sowie der verhältnißmäßig beträchtliche Aufwand von Kapital für Erwerbung von Wasserkonzessionen. Sprechen also diese Gründe gegen eine Niederlassung in jenen Gegenden, so kann andererseits nicht geleugnet werden, daß die Staaten des Westens eine raschere Entwicklung aufweisen als die anderen Theile der Union, daß das Klima gesunder ist als in den Süd- und Oststaaten, daß die Spekulation lebhafter und die Aussicht, einen Mehrwerth auf dem Ankaufspreis zu erzielen, günstiger ist als überall anderswo. Man übersehe auch nicht, daß die Schulen, die Verkehrsmittel sich rasch vermehren, daß die Märkte durchaus genügend sind für die Aufnahme der Produkte der Gegend, und daß Diejenigen, welche vor den weiten Entfernungen, dem Leben in der Einsamkeit und den fremdartigen Sitten
eines neuen Landes nicht zurückschrecken und gesund, willensstark und thatkräftig genug sind, während einiger Jahre in einer flachen Gegend ohne Wälder und ohne Horizont angestrengt zu arbeiten, Aussicht haben, dort wohlhabend zu werden. Das Auswanderungsbureau werde daher nur auserlesenen Naturen, welche allein zu einem solchen Ringen befähigt sind, die Niederlassung am Pecos empfehlen können.

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Aus den zahlreichen Beilagen, welche im Allgemeinen diese Angaben bestätigen, heben wir der Vollständigkeit wegen aus dem Bericht des Census-Amtes des nordamerikanischen Departements des Innern die Notiz heraus, daß die Kanalunternehmungen gewöhnlieh die Bewässerungskraft ihrer Anlagen überschätzen und gestützt auf ihre theoretischen Berechnungen sich anheischig machen, jede Nachfrage nach Wasser zu befriedigen. Nach allmäliger Besiedlung einer Gegend stelle sich dann bei den weiter thalabwärts liegeaden Besitzungen Wassermangel ein ; mit der weiter aufwärts stets zunehmenden Zahl der Ansiedelungen aber vermindern sich die WasserO bestände des Leitungskanals, so daß den entfernter liegenden schließlich nur noch ein spärlicher Rest übrig bleibe.

Auf Grund des Berichtes der Gesandtschaft und der Beilagen, begutachtete hierauf die kommissarische Sektion des Auswanderung^bureau am 23. Dezember die ganze Angelegenheit und sprach die Ansicht aus, es sei dem Herrn Gaullieur die nachgesuchte Ermächtigung zu ertheilen, unter der Bedingung, daß er für die in seiner Broschüre, betitelt ,,Die Gegend von Pecosa, welche mittlerweile zu einiger Verbreitung gelangt war,i an Auswanderer gemachten Anerbietungen haftbar sei und auch die im Gutachten erwähnten Schattenseiten in seine Broschüre aufnehme.

Mittlerweile waren namentlich in der französischen Schweiz zahlreiche Auswanderungslustige auf die Ländereien am Pecos aufmerksam geworden. Daherige Auskunftsbegehren wurden vom Kommissariat mit dem Hinweis auf einen bald zu gewärtigenden Bericht uuserer Gesandtschaft in Washington und mit der Zusicherung, die nachgesuchte Auskunft sofort nach dem Eintreffen desselben zu ertheilen, beantwortet. Andere Auswanderer begnügten sich mit den von Herrn Gaullieur ihnen ertheilten Aufschlüssen, und im Herbst reiste Letzterer mit einer größeren Anzahl von Personen nach dem Pecos ab. Die erwähnte Berner Gesellschaft hatte sich schon seit längerer Zeit an der Sache nicht mehr betheiligt.

Nachdem das Gutachten des Kommissariates bereits erstattet war, traf am 26. Dezember von zu verläßiger Seite die Nachricht ein, daß laut einem aus Amerika eingelangten Telegramm des Herrn Gaullieur die Bedingungen für den Landerwerb am Pecos, wie sie von Herrn Gaullieur in seiner Eingabe an uns und in seiner Broschüre angegeben waren, nicht
mehr unverändert festgehalten werden. Die Gesellschaft blieb zwar nach den eingegangenen Nachrichten bei dem bisherigen Preise für die Landloose von 40, 80 und 120 Jucharten, sie baut aber die zu den Loosen gehörigen Häuser nicht mehr auf ihre Kosten, wie ursprünglich angeboten worden war. Der Behörde selbst gab Herr Gaullieur von dieser Aenderung der Kauf bedingungen keine Kenntniß.

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881 In einem nachträglichen Gutachten über die dadurch entstandene veränderte Sachlage kam das Auswanderungskommissariat zu dem Schlüsse, dieser ohne hierseitiges Vorwissen vollzogene Rücktritt von früheren Anerbietungen begründe den Mangel an einer Garantie dafür, daß nicht weitere Aenderungen der angebotenen Bedingungen erfolgen werden, besonders weil die Kanalgesellschaft nicht Eigenthümerin ausgedehnter, zusammenhängender, sondern nur beschränkter Ländereien sei. Es sei vielmehr als sicher anzunehmen, daß bei der in solchen Fällen in Amerika gewöhnlich fieberhaften Nachfrage gleichzeitig auch anderes, in den Händen von Spekulanten oder noch der Regierung befindliches Land an die Reihe kommen werde, wobei von einer Festsetzung eines bleibenden Preises für das der Spekulation anheimgefallene Land keine Rede mehr sein könne und das Regierungsland voraussichtlich rasch in die Hände von Privaten übergehen werde. Die Besiedlung des Pecosthales oder eines Theiles desselben qualiflzire sich daher nicht als ein in sich geschlossenes, auf eine bestimmte Zeitfrist und feste Bedingungen gegründetes Kolonisationsunternehmeii im Sinne des Art. 10 des Bundesgesetzes betreffend die Auswanderung vom 22. März 1888; eine allfällige weitere Verbreitung der Broschüre des Herrn Gaullieur, so lange diese nicht eine entsprechende Abänderung erfahre, erscheine als eine Publikation, welche in Beziehung auf den Kaufpreis des Landes geeignet sei, Auswanderer in Irrthum zu führen. Immerhin sei nach den in ähnlichen ßewässerungsgebieten gemachten Erfahrungen anzunehmen, daß das Fecosthal vielen Auswanderern noch jahrelang als ein begehrenswerthes Reiseziel erscheinen werde, und wenn daher von einer einfachen Grutheißuna; der Eingabe des Herrn Gaullieur unter allen diesen Umständen Umgang genommen werden müßte, so müsse es andererseits doch dem Auswanderungskommissariat anheimgestellt bleiben, einlaufende Auskunftsbegehren über das Pecosthal nach Mitgabe der vorliegenden und allenfalls noch weiter einzuholenden Berichte zu beantworten. Letzteres ist denn auch bis jetzt in durchaus sachgemäßer, objektiver Weise geschehen.

Im Uebrigen war mit der Begutachtung des Unternehmens die Thätigkeit des Kommissariates abgeschlossen, denn die Antragstellung und weitere Amtshandlung betreffend die Eingabe des Herrn Gaullieur fiel in
den Geschäftskreis der administrativen Sektion. Wenn daher später, bei Anlaß der Zurückziehung der Eingabe, Herr Gaullieur beim Departement des Auswärtigen sieh beklagte, von dem Kommissariat in dessen Korrespondenzen unhöflich behandelt worden zu sein, so ist dagegen zu konstatiren, daß ein solcher Vorwurf völlig unbegründet ist, indem überhaupt seit der Ueberweisuna; der Akten an die Gesandtschaft in Washington eine KorreO o

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spondenz des Kommissariates mit Herrn G-aullieur nicht stattgefunden hat. Und wenn die gleiche Amtsstelle bei demselben Anlaß noch anderweitiger Unkorrektheiten beschuldigt wurde, so hat eine genaue Durchsicht der Akten gezeigt, daß eine solche Beschuldigung ebenfalls jeder Begründung entbehrt.

2. Eine schweizerische Geschäftsfirma machte eine Eingabe an uns, ein Kolonisationsunternehmen in Kalifornien vertreten zu dürfen, und es wurde das schweizerische Konsulat mit der Berichterstattung darüber beauftragt. In dem daderigen Bericht wurde aber konstatirt, daß die Aufschlüsse, welche in dieser Eingabe über die Lage der für das Unternehmen in Aussicht genommenen Ländereien gegeben wurden, nicht vollständig genug waren, um eine Untersuchung zu ermöglichen. Es wurde der Sache keine weitere Folge gegehen.

3. Ein in Brooklyn bei New York wohnhafter Schweizer reichte ein gleiches Gesuch für eine im Staat New Jersey zu gründende Schweizerkolouie ein. Der eingeholte Bericht unseres Konsulates in Philadelphia lautete aber betreffend die Qualität der betreffenden Ländereien dahin, daß sich dieselben für eine gedeihliche Ansiedlung nicht eignen würden, und es mußte daher das Gesuch abgewiesen werden.

e. Die General European Agency in Amsterdam stellte die Anfrage an uns, ob ihr gestattet werden könnte, eine vorgelegte Druckschrift über die Staaten Nord- und Süd-Dakota durch einige Geschäftshäuser in der Schweiz unter Auswanderungslustige vertheilen zu lassen; es sollte dies angeblieh nur den Zweck haben, diesen Leuten die Benützung der Eisenbahn der Chicago-Milwaukee und St. Paul-Company xu empfehlen. Es stellte sich aber heraus, daß die erwähnte Broschüre eine Reklameschrift sei, welche nur dem Scheine nach für eine Eisenbahn, thatsächlich aber für die Ansiedlung in einer bestimmten Gegend in den Vereinigten Staaten Propaganda mache, über welche kaum einige Wochen vorher ein ausführlicher und entschieden ungünstiger Bericht unseres Konsulates in St. Paul eingegangen war. Das Gutachten der kommissarischen Sektion lautete auf Grund dieses amtlichen Berichtes und wissenschaftlicher Erhebungen dahin, daß die Anfrage der genannten Agentur zu verneinen sei, weil gegenwärtig weder Süd- noch NordDakota solche Verhältnisse aufweise, welche schweizerischen Auswanderern eine günstige Niederlassung in Aussicht zu stellen vermögen.

O 5. Nicht lange nach diesem abweisenden Bescheid langte ein Gesuch der Canadian Pacific Railway Company in London ein,

883.

eine Flugschrift über die Kolonisation in Canada, betitelt ,,Le meilleur pour tous", durch die Auswanderungsagenturen in der Schweiz vertheilen zu dürfen. Es werden darin namentlich die Provinzen Manitoba und Britisch Columbia in einer Weise angepriesen, welche zufolge des Gutachtens der kommissarischen Seklion mit der Wirklichkeit uicht übereinstimmt, und diese Flugschrift wäre, wie selten eine andere, geeignet, Auswanderer in Irrthum zu führen. Besonders hat Manitoba ein so extremes Klima und vielerorts so primitive Verhältnisse, daß nur in ganz ausnahmsweisen Fällen schweizerische Auswanderer sich dort zu einer befriedigenden Existenz emporzuschwingen vermöchten. Wir konnten um so weniger dazu Veranlassung bieten, daß eine solche Gegend zum Keiseziel unserer Auswanderer gewählt werde, als es andere Länder gibt, welche denselben ungleich bessere Aussichten zu bieten vermögen, und wiesen daher das Gesuch ab.

III. Ertheilung von Auskunft und Rath an Auswanderer.

Die Zahl der eingelaufenen Begehren überstieg diejenige des Vorjahres um mehr als hundert. Dieselben wurden zum geringern Theil für Einzelpersonen, meistentheils für Familien und ganze Gruppen von Familien oder Personen gestellt und beantwortet.

Etwa die Hälfte ging von Landwirthen aus, ungefähr ein Viertheil von Handwerkern und ebenso viel von Kaufleuten und Vertretern wissenschaftlicher Berufsarten. Weitaus die meisten Auskunftsbegehren wurden brieflich gestellt und beantwortet und veranlaßten in vielen Fällen wiederholte Korrespondenzen. Es gingen solche aus allen Kantonen ein, eine kleinere Anzahl auch von Schweizern im Auslande. In Beziehung auf die Auswanderungsziele stellte sich das Verhältniß für die Auskunftsbegehren etwas anders als für die Statistik der Auswanderer selbst. Während 92 °/o dieser letzteren nach den Vereinigten Staaten gingen, bezog sich nur wenig mehr als die Hälfte der Auskunftsbegehren auf Nordamerika, offenbar weil viele Briefe früher dorthin Ausgewanderter herüberkommen; die übrigen auf einzelne Länder von Central- und Südamerika, Afrika, Asien und Australien, eine kleinere Zahl auch auf europäische Länder, eines speziell auf Corsica, wo eine französische Gesellschaft die Besiedelung gewisser menschenarmer Theile der Insel zu befördern bemüht ist.

Je ungünstiger sich in einzelnen Einwanderungsländern die
Verhältnisse zeitweise gestalten, und je rascher und intensiver in denselben Krisen auftreten, desto nöthiger wird es, daß sich die Auswanderer rechtzeitig an uninteressirter Stelle über die in's Auge gefaßten Auswanderungsziele erkundigen. Mochten auch die

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Nachrichten z. B. aus Argentinien, Brasilien, Chile, Paraguay und Uruguay im Allgemeinen noch so ungünstig lauten, und wanderten aus Argentinien während der ersten 10 Monate des Jahres bei 30,000 Personen mehr aus als ein, weil die dortige Finanzkrisis einen lähmenden Einfluß auf die Geschäfte ausübte, so fehlte es doch keineswegs an deutlichen Spuren, daß einzelne Anfragen über die dortigen Zustände durch eine von dort ausgehende Spekulation veranlaßt waren, welche sich später um das Schicksal der Einwanderer in der Regel sehr wenig kümmert.

Hatte Südafrika begonnen, einer gewissen besonders thatkräftigen Kategorie von Auswanderern ein relativ nicht ungünstiges Reiseziel zu bieten, so konnte eine Orientirung darüber seitens derselben nach dem plötzlichen Auftreten einer Krisis in der dortigen Bergwerk-Industrie manchen Irrweg verhüten. Im Fernern hatte Chicago wegen der bevorstehenden Weltausstellung auch aus der Schweiz immer noch viele mit der Sachlage nicht vertraute Personen angelockt, als der beste Theil der dort erwarteten lohnenden Arbeit bereits von den aus verschiedenen Theilen Amerika's selbst hergereisten Arbeitern in Anspruch genommen war. Daß in Australien Arbeitseinstellungen und andere Vorkommnisse auf eine für Ogewisse O Auswandererkategorien nicht gerade günstige Aussicht schließen ließen, während andere Kreise davon weniger betroffen wurden, kann Manchem unbekannt geblieben sein, welcher sich nicht an zuverläßiger Stelle erkundigte. Allgemeine öffentliche Warnungen vor einzelnen Auswanderungszielen können leider nur in wenigen Fällen zur Anwendung kommen; denn es muß stets in Betracht gezogen werden, ob solche Warnungen gegenüber gewissen Ländern und für eine Anzahl von Auswanderern wirklich berechtigt wären. Hieraus ergibt sich aber auch, wie nothwendig es ist, daß unsere Konsulate im Auslande es niemals an den nöthigen und raschen Mittheilungen an die Behörden sollten fehlen lassen, sobald sich in den Bedingungen etwas für die Einwanderung irgendwie Erhebliches geändert hat. Solche Mittheilungen nehmen wir jederzeit gerne auch von schweizerischen Hülfsgesellschaften entgegen, weil diese sehr oft in der Lage sind, die Verhältnisse eingewanderter Landsleute und allfällig veränderte Existenzbedingungen genau zu kennen und schnell wahrzunehmen.

Es kommt auch nicht selten vor,
daß sich die Vertreter einzelner Berufsrichtungen über den Werth und die Aussichten, welche die Auswanderung überhaupt oder nach besonderen Zielen für sie haben kann, in bedenklichster Weise täuschen. Wenn z. B. eine ziemlich zahlreiche Gruppe von etwa 40 jungen Kaufleuten, Handwerkern und Landwirthen sich zum Zweck der Gründung einer Plantage oder einer anderweitigen überseeischen landwirtschaftlichen

885 Niederlassung zusammenthun will, wie dies im Berichtsjahr vorgekommen ist, ohne auch nur über die notwendigsten Bedingungen für das Gelingen eines derartigen Unternehmens unterrichtet zu sein und ohne über die hiezu erforderlichen bedeutenden Finanzmittel zu verfügen, dann wird die schonungslose Bekämpfung solcher Projekte für die Betheiligten zu einer Wohlthat, ohne welche wohl die meisten Mitglieder unerbittlich einem verhängnißvollen Schicksal entgegeneilen müßten. Das Kommissariat hat sich mit Erfolg bemüht, zuerst auf schriftlichem Wege und darin auch in eiuem einläßlichen mündlichen Vortrage die nöthigen Belehrungen zu ertheilen.

In einer Reihe anderer Fälle handelte es sich um Aufklärung über die klimatischen und gesundheitlichen Verhältnisse in gewissen Tropengegenden, für welche jungen Kaufleuten und Landwirthen Engagements in Aussieht standen, und über welche bei dem gegenwärtigen Stande der wissenschaftlichen Forschungen und sonstiger zuverläßiger Informationen genaue Auskunft ertheilt werden konnte.

IV. Verschiedenes.

1. Es wurden neben dem obenerwähnten für eine Gruppe Auswanderungslustiger bestimmten Vortrag vier öffentliche Vorträge gehalten: für die akademische Gesellschaft in Bern über Geschichtliches aus der Auswanderung; in der Kulturgesellschaft des Bezirkes Zofingen über Auswanderung überhaupt; in der kaufmännischen Gesellschaft von Baden über die Stellung schweizerischer junger Kaufleute zur Auswanderung, und in der kaufmännischen Gesellschaft in Biel über die Chancen ausgewanderter junger Kaufleute. Ueberall, so weit man es beobachten konnte, begegnete die dadurch gebotene Belehrung einem der Wichtigkeit der Sache angemessenen Interesse.

2. Die durch das Kommissariat angeregte Bethätigung von Gemeinde- und kirchlichen Behörden machte sich in einer Reihe von Auskuuftabegehren bemerkbar. Im Kanton Zürich hat die kirchliche Oberbehörde die ihr unterstellten Organe auf die Zweckmäßigkeit aufmerksam gemacht, Auswanderer zum Zweck ihrer Orientirung über die gewählten Auswanderungsziele an das Kommissariat zu weisen.

3. Im geographischen Weltkongreß in Bern kam u. A. auch die Frage des Auswandererschutzes zur Behandlung. Das wichtigste Ergebniß der diesbezüglichen Berathung war eine Resolution, durch welche sich der Kongreß für die Wünsch barkeit einer internationalen Regelung des Auswandererschutzes aussprach. Es wurde auch ein aus hervorrasenden Männern verschiedener Nationalitäten beste-

886 hendes Komite gewählt, welches zu prüfen hat, in welcher Weise dieser Resolution praktische Folge gegeben werden könne.

4. Von einem andererseits 1889 zu gleichem Zwecke in Paris aufgestellten Komite erhielt das Departement des Auswärtigen eine Einladung zu einem gegen Ende September einzuberufenden Kongresse. Da aber diese Einladung zu spät in offizieller Weise eintraf und daher für die Instruktion einer Abordnung nicht genügende Zeit übrig geblieben wäre, so mußte von einer Betheiligung Umgang genommen werden.

IY. Abtheilung.

Amt für geistiges Eigenthum.

Personal.

Wie im letzten Geschäftsbericht vorausgesehen wurde, erwies sich eine Personalvermehrung zur Bewältigung der immer noch wachsenden Geschäftslast als nothwendig. Mit Beginn des Jahres wurde ein dritter Techniker und im August ein dritter Kanzlist angestellt.

Wir werden uns bald genöthigt sehen, zu einer weitern Vermehrung des technischen und administrativen Personales zu schreiten.

Was den technischen Dienst anbetrifft, so ist es unumgänglich nothwendig, die Untersuchung der Patentgesuche mehr zu beschleunigen, als bisher möglich war. Die administrativen Arbeiten wachsen hauptsächlich deswegen stets an, weil die Kontrole sich über eine von Jahr zu Jahr zunehmende Anzahl von Patenten ausdehnen muß; auch die Gratiszustellung der amtlichen Veröffentlichungen, insbesondere der Patentschriften, an über 50 Gemeinden des Inlandes vermehrt die Arbeit in fühlbarer Weise.

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1. Erfindungsschutz.

Im Laufe des Jahres sind 1556 Gesuche für Erfindungsschute eingereicht worden, und zwar 977 Gesuche für provisorische, 524 Gesuche für definitive und 52 Gesuche für Zusatzpatente; zudem 3 Gesuche für zeitweiligen Ausstellungsschutz. Das Amt mußte 55 Gesuche abweisen, 57 wurden von den Gesuchstellern zurückgezogen. Die Abweisungen gaben zu 9 Rekursen an das Departement Anlaß, von welchen 3 gutgeheißen und 6 abgewiesen wurden.

Wie früher, konnte auch dieses Jahr die Mehrzahl der Gesuche nicht ohne Weiteres registrili werden. Die seitens der Techniker vorgenommene Durchsicht ergab, daß 1244 Gesuche Unregelmäßigkeiten enthielten, welche 1647 schriftliche Mittheilungen veranlaßten.

Außerdem wurden in Gemäßheit des Art. 17, Abs. 2, des Gesetzes 59 vorläufige vertrauliche Anzeigen erlassen.

In der Anzahl der Patenterteilungen ist gegenüber dem Vorjahre eine erhebliche Vermehrung zu konstatiren. Im Jahre 1890 wurden nämlich nur 1132 Patente registrirt, im Berichtsjahre dagegen 1444, und zwar 1416 Hauptpatente und 28 Zusatzpatente.

Der Natur der Sache gemäß werden von Jahr zu Jahr mehr Jahresgebühren entrichtet; so sind im Berichtsjahre zirka 700 Gebühren mehr eingegangen, als im Vorjahre. Die genauen Zahlen für 1891 sind: 1510 erste, 900 zweite, 678 dritte und 115 vierte, im Ganzen 3203 Jahresgebühren. Das Amt hat im Berichtsjahre 1124 Zahlungsmahnungen erlassen. Für 7 Gesuche wurde Stundung der Jahresgebühren gewährt.

Das Amt hat fortgefahren, an die Inhaber provisorischer Patente Mahnungen betreffend rechtzeitige Leistung des Modellausweises zu richten, und demgemäß 423 solcher Mahnungen expedirt.

Die Zahl der Modellvergleichungen belief sich auf 929, wovon 74 von amtlichen Experten außerhalb der Büreaulokalitäten vorgenommen wurden. Die Schwierigkeiten in dieser Hinsicht sind sich gleichgeblieben; das Amt sah sich in 170 Fallen genöthigt, die Leistung des Beweises zu verneinen. Beim Departemente wurden 9 Rekurse gegen diesbezügliche Entscheide des Amtes eingereicht, von denen auf Grund vervollständigter Beweismittel 7 gutgeheißen werden konnten, während 2 abgewiesen werden mußten.

Es werden gegenwärtig Studien über die Frage gemacht, auf welche Weise die Schwierigkeiten in Sachen der Leistung des Modellausweises gemindert werden könnten.

Wie vorauszusehen, wächst die Anzahl der jedes Jahr zur Löschung gelangenden Patente stetsfort; 395 Löschungen im Jahre 1890 stehen 841 im Berichtsjahre gegenüber.

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Die Anzahl der registrirten Aenderungen im Besitz und Genuß der Patente beträgt 123; nämlich 97 Uebertragungen, 23 Licenzertheilungen und 3 Verpfändungen. Es i&t auch in dieser Beziehung eine Vermehrung gegenüber dem Vorjahre zu konstatiren.

Die starke Zunahme der den Erfindungsschutz betreffenden Korrespondenz (7117 eingehende Nummern) zeugt ebenfalls von dem gegenwärtigen Umfang dieses Dienstzweiges.

Wir haben im letztjährigen Berieht den Beschluß erwähnt, den wichtigsten Industrie- und Verkehrscentren der Schweiz Gratissanimlungen der Palentschriften zukommen zu lassen.

Von den diesbezüglich erlassenen Offerten wurden 53 angenommen und 8 von der Hand gewiesen.

Da die Gemeinden sich mit der Auslegung der Patentschriften ziemliche Lasten auferlegen, hat es uns billig geschienen, dieselben einigermaßen zu erleichtern. Sie haben dem zu diesem Zwecke in das Budget für 1892 aufgenommenen Spezialkredit für Rückerstattung der Einbandkosten der Patentschriften Ihre Genehmigung ertheilt.

Diese erste Maßregel wird den Gemeinden gestatten, den Sammlungen vermehrte Sorgfalt zuzuwenden und dieselben mit Hülfe der Jahreskataloge den Interessenten leichter benutzbar zu machen.

Wir beabsichtigen, später diese Gemeinden noch in weitergehendem Maße zu unterstützen, damit der durch Schaffung der Auslagestellen beabsichtigte Zweck voll und ganz erreicht werden kann. Die finanzielle Situation des Amtes gestattet derartige, in Artikel 34 des Buudesgesetzes betreffend die Erfradungspatente vorgesehene Ausgaben.

Außer vorgenannten 53 Sammlungen werden gemäß Art. 23, Abs. 3, des Gesetzes noch 79 im Inlande gratis abgegeben (an die Departemente des Bundesrathes, das Bundesgericht, die Kantonsregierungen, die kantonalen Obergerichte, die höhern Lehranstalten und die Gewerbemuseen), so daß unsers Wissens kein anderer Staat in so umfassender Weise für die Verbreitung der Kenntniß der patentirten Erfindungen besorgt ist.

Das deutsche Reich hat im Laufe des Berichtsjahres Verhandlungen eröffnet betreffend Abschluß eines Vertrages über gegenseitigen Schutz des gewerblichen Eigenthums. Diese Verhandlungen haben jedoch im Berichtsjahre noch keinen Abschluß gefunden.

889 Vertheilung nach Ländern der im Berichtsjahre ertheilten Erfindungspatente.

(Total 1444, wovon 1416 Hauptpatente und 28 Zusatzpatente.)

Schweiz .

Ausland .

429 Deutschland Frankreich 195 Großbritannien . .

108 80 Oesterreich-Ungarn Vereinigte Staaten von Nordamerika . . . .

63 21 Italien Schweden und Norwegen 10 Spanien 8

. 471 -- 33 % . 945 -- 67 °/o Niederlande . . . . .

Dänemark Belgien Rußland Türkei Egypten Rumänien Luxemburg Peru

.

.

.

.

.

.

.

.

, ,

.

8 7 6 4 2 1 1 1 1

2. Gewerbliche Muster und Modelle.

Die beigedruckte Tabelle gibt eine Uebersicht der Frequenz des Muster- und Modellschutzes.

Muster

Modelle

Ifintarlp.

rtllllcrlc'

gungen.

I. Periode

.

.

147 45 10 10

Abtretungen .

Löschungen

12 45

n.

in.

,, ,,

IV.

,,

offen.

446 85 -- -- 11 543

versiegelt.

1253 -- -- -- 26

offen.

145

144 10 10 16 115

Total der Muster und verModelle.

siegelt.

323 -- -- -- 6 --

2167 229 10 10 59 658

Dieselbe zeigt einen merkbaren Fortschritt gegenüber dem Vorjahre, in welchem nur 1021 Muster und Modelle eingetragen wurden.

Auf Grund des im Januar 1891 auf 1. Februar 1892 gekündeten französisch-schweizerischen Vertrages vom 23. Februar 1882 wurden 4 Modelle hinterlegt und für 3 der Schutz erneuert.

Bundesblatt. 44. Jahrg. Bd. II.

59

890

3. Fabrik- und Handelsmarken.

Das Bundesgesetz vom 26. September 1890, betreffend den Schutz der Fabrik- und Handelsmarken, der Herkunftsbezeichnungen von Waaren und der gewerblichen Auszeichnungen, ist am 1. Juli 1891 in Kraft getreten j zugleich auch die darauf bezügliche Vollziehungsverordnung vom 7. April 1891.

Dieses Gesetz, welches die Ehrlichkeit in Industrie und Handel gegen unredliche Konkurrenz schützen soll, wurde schon seit einer Reihe von Jahren lebhaft gewünscht.

Die schweizerischen Tabakfabrikanten erblickten in dem Mangel von Uebergangsbestimmungen eine Ursache für Schädigung ihrer Interessen und wünschten, daß die Vollziehung des Gesetzes verschoben würde, damit sie Zeit hätten, ihre mit künftighin verbotenen Bezeichnungen versehenen Waarenvorräthe zu liquidiren.

Theils um diesem Wunsche einigermaßen entgegen zu kommen, theils um die nothwendige Zeit zum Studium einer Reihe die Vollziehungsverordnung betreffender schwieriger Fragen zu gewinnen, wurde die Vollziehung des Gesetzes bis 1. Juli 1891 hinausgeschoben.

Der Vollzug des neuen Gesetzes hat keine besondern Schwierigkeiten verursacht; die Interessenten unterziehen sich im Allgemeinen den strenger gewordenen Bestimmungen willig. Nur eine französische Vereinigung von Industriellen hat Schwierigkeiten gemacht, welche gegenwärtig jedoch gehoben sein dürften.

Wie schon oben bemerkt, ist der französisch - schweizerische Vertrag vom 23. Februar 1882, betreffend den gegenseitigen Schutz der Fabrik- und Handelsmarken, der Firmen und der gewerblichen Muster und Modelle, von der Schweiz auf 1. Februar 1892 gekündigt worden. Da beide Staaten der internationalen Union zum Schutz des gewerblichen Eigenthums angehören, so hat diese Kündigung für die Schweiz keine Nachtheile.

Die dem Bericht beigefügte Tabelle gibt eingehenden Aufschluß' über die während des Berichtsjahres registrirten Marken.

Seit dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes bis 31. Dezember 1891 wurden 279 Marken zur Registrirung angemeldet; 136 derselben haben Veranlassung zu Anzeigen betreffend Unregelmäßigkeiten gegeben; außerdem wurden 24 vertrauliche Anzeigen expedirt 5 von jenen 279 angemeldeten Marken wurden 252 eingetragen, 6 zurückgezogen und 21 abgewiesen.

Es wurden im Berichtsjahre 9 Marken gelöscht, 5 infolge Verzichtes, 4 infolge gerichtlichen Urtheils. Außerdem wurde infolge

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Statistik der bis Ende 189Ì vollzogenen Eintragungen von Fabrik- und Handelsmarken.

Frankreich.

Schweiz.

Waarenklassen.

Ende 1890.

1891.

Ende 1890.

1891.

Deutschland.

Grossbritannien.

Ende Ende 1891.

189 .

1890.

1891.

Ende 1890.

1891 |

Niederlande.

Schweden.

Italien.

'

Ende 1890.

1891.

Ende 1890.

1891.

Belgien.

E nde 1 )90.

1891.

OesterreichUngarn.

Ende

1 IHfll

1890. | 1891>

Spanien.

Ende 1890.

1891.

Ver.Staaten von Nord- Brasilien.

Amerika.

Ende 1890.

1891.

Ende 1890.

1891.

Total.

Ende 1890.

1891.

1

1. Frische, zubereitete und konservirte Nahrungsmittel; Milch, Speiseöle ; Spezereien etc 2. Gegohrene und andere Getränke; Mineralwasser; Eis .

3. Tabakfabrikate ; Raucherartikel 4. Hygieinische , medizinische, pharmazeutische und chemische Materialien und Präparate (ausgeschlossen?; Farben); Verbandartikel ; chirurgische, orthopädische Instrumente ; Turn-, Feuerlösch- uod Rettungsgeräthe . . . .

5. Farben, Lacke und Firnisse; Wachse; Wichsen; Klebmittel; technische und landwirtschaftliche Präparate (Thierarzneien ausgenommen); Seifen und Waschartikel; Parfümerien und Coiffeurartikel .

. .

6. Textilprodukte u. dergl. ; Schuhwaaren ; Kleider; Hüte; Bettwaaren, Matten, Teppiche; Reit- und Zugthierausrüstungen ; Reiseartikel, Korb- und Bürstenwaaren etc., sowie Fournitüren und Zubehör 7. Brenn- und Leuchtmaterialien; Zündwaaren, Explosivstoffe, Munition; Waffen etc. . . . . .

8. Papier- und Carton waaren; Schreib-, Zeichen-, Malerartikel etc.j;

4

5

47

2

44

4

18

34

8 115 25

1

3

12

1

3

-^

39 51 13 15 267 22 90 29

31 47

211

23 209

9

37

153

24

86

4

365

21 182 12

63

3

47

1 21

58

5

20

4

11

33

1 37

5

1

7

3 1 7

23 15 12

365 142 442

6

3

1

3

1

--

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5

5

5

1

Total

--

2 ~

8

7

110

13

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1315 181 3

3283 .421 988 i 68 !

1

331 22

56

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67

89

10

93

6

1

78

1

1

60

8

257

16

1381 8

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1

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5

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33

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324

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1

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17

516

1

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1

39

63 37 101

511

2

1

9. Baukonstruktionen, Baumaterialien; keramische Produkte; Glas10. Möbel und Gegenstände, welche zum persönlichen, häuslichen i oder öffentlichen Gebrauche dienen, soweit sie nicht zu einer anderen Klasse gehören 11. Rohe und bearbeitete Metalle; Werkzeuge, Instrumente, Apparate, Maschinen und Motoren; Vehikel etc 12. Uhren- und Uhrenbes'iauuiheile , Gravirarueileu, Bijouterien, Musikinstrumente etc. mit Zubehör (Werkzeuge ausgenommen)

5

11

2

1

475 548

1

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891 Urtheils des Bundesgerichtes für eine Marae die bezügliche Wanrenbezeichnung abgeändert.

Dem Amte wurden viele Markenprqjekte vor der Anmeldung zur Begutachtung unterbreitet; auf diese Weise können sich die Anfragenden unnöthige Kosten für nicht annehmbare Clichés ersparen. Das Amt entspricht solchen Anfragen, wenn immer möglich, jedoch stets unter Ablehnung jeder Verantwortlichkeit.

Oft kommt es vor, daß Eigenthümer älterer Marken sich beim Amte über die Eintragung neuer, ihrer Ansicht nach den ihrigen ähnlicher Marken beklagen. In solchen Fällen kann das Amt nur darauf hinweisen, daß die Marken unter der Verantwortlichkeit der Bewerber eingetragen werden, und daß nur die Gerichte kompetent sind, Streitfälle dieser Art zu entscheiden.

4. Schutz des literarischen und künstlerischen Eigenthums.

Im Berichtsjahre wurden 34 obligatorische und 36 fakultative, im Ganzen also 70 Einschreibungen vorgenommen ; außerdem wurden 14 Uebertragungen künstlerischer Werke registrirt.

Infolge wohlbegründeter Beschwerden gegen die Art und Weise, wie schweizerische Gesangvereine und Musikgesellschaften auf Grund des französisch-schweizerischen Vertrages vom 23. Februar 1882 über den gegenseitigen Schutz des literarischen und künstlerischen Eigeuthums ausgebeutet werden, wurde dieser Vertrag im Januar 1891 auf 1. Februar 1892 gekündigt. Anläßlich der Kündigung wurde die Geneigtheit zum Eintreten auf Unterhandlungen behufs Abschluß eines neuen Vertrages ausgesprochen.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrathes an die Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahre 1891.

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1892

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

19

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

11.05.1892

Date Data Seite

777-891

Page Pagina Ref. No

10 015 690

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