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Aus den Verhandlungen des Schweiz. Bundesrathes.

(Vom 21. Mai 1886.)

J. L e u z i n g e r , von Glarus in U n t e r s t a m m h ei m (Zürich) wohnhaft gewesen, hatte sich in's Ausland begeben, ohne: sich beim Sektionschef abzumelden, und wurde infolge dessen zu einer Buße von Fr. 5 verfällt. Als er seine Heimatschriften verlangte, wurde ihm deren Herausgabe bis nach Bezahlung der Buße verweigert. Der Bundesrath hat die diesfalls erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Er ging dabei von folgenden Erwägungen aus : Allerdings ist zu wiederholten Malen von der Bundesversammlung und dem Bundesrath bei Rekursentscheiden der Grundsatz aufgestellt worden, die Heimatschriften dürfen wegen civilrechtlichen oder Steuerforderungen nicht zurückbehalten werden. Die Räthe haben diesen Grundsatz auch auf Militärsteuern ausgedehnt (zu vergi. Rekurs Weber, Bundesblatt 1875, II 669 , ferner Bundesrathsbeschluss vom 22. November 1875, Bundesblatt 1876, I, 115,.

740, 841).

Im vorliegenden Falle handelt es sich aber weder um eine civilrechtliche, noch um eine Steuerforderung, auch nicht um den Militärpflichtersatz, vielmehr um die Bezahlung einer von einer militärischen Behörde in ordnungsgemäßer Form ausgesprochenen Buße.

Es ist aber auch bis anhin in eben so bestimmter Weise an dem Grundsatz festgehalten worden, daß aus Rücksichten des Strafrechts und des Strafprozesses Heimatschriften zurückbehalten werden dürfen, beziehungsweise neue nicht aushingegeben zu werden brauchen. (Zu vergleichen Bundesblatt 1873, II, 1003; idem 1875, II, 668; Geschäftsbericht des Bundesrathes pro 1876, S. 463; idem pro 1877, 436; idem pro 1878, 588; idem pro 1879, 514; idem pro 1885, 45.)

Ohne auf die Frage weiter einzutreten, ob von diesem Standpunkt aus die Rückhaltung der Ausweisschriften zuläßig sei, fallen hier folgende militärische Gründe in Betracht: O

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Die An- und Abmeldung beim Sektionschef ist eine militärische Pflicht. Sie beruht auf der Bestimmung der Bundesverfassung, daß jeder Schweizer militärpflichtig ist. Die auf der Bundesverfassung basirende Militärpflicht- geht dem individuellen Recht der Niederlassungsfreiheit vor, und auf die Gewährleistung des letztem persönlichen Rechtes beruft sich der Bericht der ständeräthlichen Kommission in oberwähntera Rekurs Weber allein (Bundesblatt 1875, U, 668). Der Soldat kann sich nicht frei niederlassen, wo er will, er muß sich da aufhalten, wo die militärischen Befehle es verlangen. Ohne Urlaub darf der Militärpflichtige sich nicht für längere Zeit in's Ausland begeben; bei Piquetstellung darf er seine Heimat nicht mehr verlassen. Desertion ist sogar ein militärisches Verbrechen etc. Wollte man eine kantonale Behörde zwingen, Äusweisschriften aushinzugeben, wenn der Betreffende sich nicht abgemeldet, wenn er die Buße nicht bezahlt, eventuell nach geschehener Strafumwandlung die Arreststrafe nicht verbüßt hat, so würde dies zur Folge haben, daß Diejenigen, welche auf Ertheilung ·eines militärischen Urlaubs nicht rechnen können oder welche auf Piket gestellt sind und doch in Geschäften in's Ausland gehen sollten, sich um die militärischen Vorschriften des Abmeldens nicht kümmern und den letztem im Ausland dadurch Hohn sprechen würden, daß sie noch verlangten, man müsse ihnen die Heimatschriften nachschicken. Es erscheint daher geboten, die kantonalen Polizeibehörden, welche sich, bevor sie Heimatschriften aushingeben, durch Vorlage des Dienstbüchleins über die Leistung der militärischen Obliegenheiten, An- und Abmeldung, Urlaubertheilung etc., überzeugen wollen, in ihrem Rechte zu schützen, eventuell dieselben zu ermächtigen, die Ausweisschriften zurückzuhalten, bis .der Inhaber sich mit den militärischen Pflichten abgefunden hat.

(Vom 25. Mai 1886.)

Der Bundesrath hat, in Anwendung vom Artikel 3 des Zolltarifgesetzes vom 26. Juni 1884*), hausräthliche Gegenstände aus Holz und Stroh-Faserstoff oder Papierteig, wie z. B. Schüsseln, Teller, Tassen, Waschbecken, Körbe, Fässer und dergleichen, nach Analogie der unter Nr. 271 des Zolltarifs aufgeführten Papierwäsche, zu 30 Franken per 100 Kilogramm verzollbar erklärt.

*) Siehe eidg. Gesetzsammlung n. F., Band VII, Seite 549.

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als

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Vom Bundesrathe sind gewählt worden: Postkommis in Lausanne: Hr. Emil Maienfisch, Postaspirant, von Kaiserstuhl (Aargau), in Locle ; Telegraphist in Kästris : ,, Julius Kastelberg, Postablagehalter, von und in Kästris (Graubünden); ,, ,, Valendas : ,, Georg Marchion, Lehrer, von und in Valendas (Graubünden) ; ,, ,, Versam: ,, Johann Hunger, von Safien (Graubünden), Postablagehalter in Versam ; Telegraphistin in Steinsberg: Frau Mengia Thom-Keßler, von und in Steinsberg (Graubünden), Postablagehalterin daselbst.

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Aus den Verhandlungen des schweiz. Bundesrathes.

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29.05.1886

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