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Bundesratsbeschluß betreffend

die Beschwerde des Job. Huwyler, von Auw (Aargau), gegen die Regierung des Kantons Schwyz, betreffend Verweigerung einer "Wirtschaftsbewilligung.

(Vom

21. Dezember 1901.)

Der schweizerische Bundesrat

hat über die Beschwerde des Job. H u w y l e r , von Auw (Aargau"), gegen die Regierung des Kantons Schwyz, betreffend die Verweigerung einer Wirtschaftsbewilligung ; auf den Bericht des Justiz- und Polizeidepartements, folgenden Beschluß gefaßt:

A.

In thatsächlicher Beziehung wird festgestellt:

I.

Durch Verfügung von 6. Mai 1901 hat der Regierungsrat; des Kantons Schwyz ein Gesuch des J o h. H u w y l e r , von Auw (Kanton Aargau), um Erteilung eines Wirtschaftspatentes für das von ihm in der schwyzerischen Gemeinde Lachen gekaufte Gasthaus ,,zum Sternen" abweisend beschieden, gestützt auf § 3, litt. «, des kantonalen Wirtschaftsgesetzes vom 11. August 1899, lautend: ,,Von der Bewilligung zum Betriebe einer Wirtschaft und zum Kleinverkauf von geistigen Getränken sind ausgenommen :

19 a. Personen, welche nicht seit wenigstens einem Jahr im Kanton gesetzlichen Wohnsitz haben."

Im Schlußalinea dieses Paragraphen wird dem Regierungsrat die Befugnis zugeschrieben, ,,den sub litt, a festgesetzten Termin in Fällen, wo besondere Umstände dies rechtfertigen, angemessen zu verkürzen'1. Der Gemeinderat von Lachen hatte Anwendung dieser Ausnahmemaßregel empfohlen, ,,indem sich dies vermöge der hier obwaltenden besondern Umstände rechtfertige'1 ; der Regierungsrat trat aber ,,mit Rücksicht auf die gegenwärtige regierungsrätliche Praxis bezüglich Anwendung dieser Gesetzesvorschrift und die Konsequenzen, welche bei einem Abgehen von dieser Praxis entstehen müßtena auf das Gesuch nicht ein.

II.

Gegen diese Patentverweigerung reichte Job. Huwyler den 29. Juni 1901 beim Bundesrate Beschwerde ein, die er sowohl auf Art. 31, als auf Art. 43 der Bundesverfassung stützt. Er führt zur Begründung seines Rechtsbegehrens, unter Aufhebung des regierungsrätlichen Entscheides dem Rekurrenten das nachgesuchte Patent zu bewilligen, im wesentlichen aus: Wie aus dem Gesetzestexte ersichtlich, trifft die neu eingeführte Vorschrift des § 3, litt, a, in erster Linie Kantonsbürger, welche bisher auswärts wohnten, und Bürger anderer Kantone sowie Ausländer, welche im Kanton Schwyz ihren Wohnsitz nahmen, um daselbst das Wirtschaftsgewerbe zu betreiben. Man will dieser Maßregel den Charakter einer Polizeibestimmung geben, indem man als Grund derselben vorschützt, solche neu zugewanderte Leute seien nach ihrem Charakter und Leumund, sowie demjenigen ihrer Angehörigen zu wenig bekannt, um eine Gewähr für einen soliden, polizeilich klaglosen Wirtsehaftsbetrieb zu bieten. Es rechtfertige sich daher von diesem Standpunkte aus die Einführung gleichsam einer einjährigen Quarantäne, um sich darüber klar zu werden, ob der Bewerber die nötige Qualifikation besitze, um im Kanton Schwyz zu wirten. In Wirklichkeit handelt es sich hier keineswegs um Aufstellung einer Polizeibestimmung, oder um eine vom öffentlichen Wohle geforderte Beschränkung, sondern um eine Maßregel zur Erschwerung der Ausübung des Wirtchaftsgewerbes.

Es ist augenscheinlich, daß solche neu Zugewanderte, welchen die Ausübung ihres Gewerbes während eines Jahres untersagt ist, schwer geschädigt werden, daß dieselben gegenüber der im Kanton ansässigen Bevölkerung, mit welcher sie doch die gleichen Rechte beanspruchen dürfen, stark benachteiligt sind.

20 Die Verhältnisse, welche zur Revision des Art. 31 der Bundesverfassung führten, sind bekannt. Es sollte dadurch den Kantonen die Möglichkeit geboten werden, der als Volkskalamität erkannten stetigen Zunahme der Wirtschaften entgegenzutreten und bei der Beurteilung von Wirtschaftspatentbegehren in Zukunft die Bedürfnisfrage zu stellen. Ebenso wurde die Befugnis in die Hände des kantonalen Gesetzgebers gelegt, die Ausübung des Wirtschaftsgewerbes an gewisse, durch das öffentliche Wohl geforderte Beschränkungen, zu binden.

Rekurrent behauptet nun : 1. Die neue Bestimmung des schwyzerischen Wirtschaftsgesetzes, welche zur Ausübung des Wirtschaftsgewerbes vorherigen gesetzlichen Wohnsitz im Kanton während der Dauer mindestens eines Jahres fordert, ist nicht eine durch das öffentliche Wohl diktierte Beschränkung.

Ob ein Bewerber um ein Wirtschaftspatent unter die Bestimmungen der litt, b--i des § 3 falle, oder nicht, kann die Behörde am ersten Tage der Anwesenheit eines solchen Bewerbers gerade so gut erfahren, wie nach einem Jahre Aufenthalt desselben im Kanton. Der einzige zuverlässige Weg hierfür ist die Einholung eines amtlichen Zeugnisses über die in Frage stehenden Punkte, nicht aber die während des Jahres zu machenden Erfahrungen der Nachbaren, Beamten und Behörden, welche mit Bezug auf derartige rein persönliche Verhältnisse keineswegs immer maßgebend sind.

2. Die angefochtene Bestimmung des schwyzerischen Wirtschaftsgesetzes verletzt den Grundsatz der Handels- und Gewerbefreiheit.

Daß es sich dabei nicht um eine im Interesse des öffentlichen Wohles liegende Beschränkung handelt, ist schon ausgeführt worden. Es involviert diese Bestimmung vielmehr eine Erschwerung der Ausübung des Wirtschaftsgewerbes. Für die Personen, welche dadurch getroffen werden, d. h. für alle außer dem Kanton Sehwyz wohnenden Leute, welche im schwyzerischen Gebiet das Wirtschaftsgewerbe zu betreiben gedenken, wird das Betreiben einer Wirtschaft geradezu verunmöglicht. Denn wer will von einem Gewerbsmann, abgesehen von dem Vorhandensein der aötigen Mittel, verlangen, daß er vorerst im Kauton Sehwyz ein Jahr lang antichambriere, bis ihm endlich die Ausübung seines Gewerbes gestattet wird ! Wobei dann noch das weitere Risiko vorhanden ist, daß der ,,Wartner11 sich während der Zeit seines

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Aufenthalts das Mißfallen dieser oder jener maßgebenden Persönlichkeit zuzieht und sein Wirtschaftsgesuch dann am Ende der ,,Prüfungszeita, gestützt auf den sehr elastischen Bedürfnisartikel, abgewiesen wird. Wir stehen hier vor der Thatsaehe, daß für die Einwohner des Kantons Schwyz eine unzulässige Bevorzugung geschaffen wird, während den Bürgern des Kantons Schwyz und der übrigen Schweizerkantone, welche gegenwärtig ihr Domizil in einem andern Kanton besitzen, thatsächlich die Ausübung des Wirtschaftsgewerbes im Kanton Schwyz verunmöglicht wird, nicht nur für die Dauer eines Jahres -- was übrigens unwesentlich ist; mit dem gleichen Rechte könnte man auch fünf oder zehn Jahre festsetzen -- sondern für alle Zeit.

Die Sache ist aber noch unter einem weitern Gesichtspunkte zu erörtern, welcher keinen Zweifel aufkommen läßt, daß die Bestimmung des § 3, litt, a, verfassungswidrig ist. Gerade dieser Gesichtspunkt ist im vorliegenden Falle zumeist maßgebend.

Art. 43 der Bundesverfassung bestimmt: Der niedergelassene Schweizerbürger genießt an seinem Wohnsitze alle Rechte der Kantonsbürger und mit diesen auch alle Rechte der Gemeindebürger. Es ist diese Bestimmnng augenscheinlich basiert auf Art. 4 : Alle Schweizer sind vor dem Gesetze gleich.

Die schwyzerische Niederlassungsverordnung bestimmt in § 2: Als Niedergelassener wird betrachtet und ist zur Einholung der Niederlassung pflichtig: wer in einer Gemeinde des Kantons, in der er nicht Bürger ist, seinen Wohnsitz nimmt uud entweder einen eigenen Haushalt führt oder einen Beruf oder ein Gewerbe auf eigene Rechnung betreibt.

§ 4 (gleichlautend mit der Bestimmung des Art. 45 der Bundesverfassung) : Jeder Schweizerbürger hat das Recht, sich im Gebiete des Kantons Schwyz an jedem Orte niederzulassen, wenn er einen Heimatschein oder eine andere gleichbedeutende Ausweisschrift besitzt.

Dieses Recht ist jedenfalls ziemlich illusorisch, wenn dem Niedergelassenen das Betreiben eines bestimmten Gewerbes, ohne Rücksicht auf die beigebrachten Ausweise über Leumund und bisheriges Vorleben, untersagt werden 'kann.

Es ist durch alle diese Bestimmungen und speciell durch den Wortlaut der Art. 43 und 45 der Bundesverfassung zur Evidenz festgestellt, daß die Niedergelassenen in allen Teilen den Kantonsbürgern gleichgestellt werden wollten. Die angefochtene Bestimmung trifft aber insbesondere die niedergelassenen Schweizer-

22 bürger, welche, obschon laut, § 19 der schwyzerischen Niederlassungsverordnung ihre Steuerpflicht mit dem Tage der Niederlassungsbewilligung beginnt, gleichwohl ein ganzes Jahr lang, von jenem Zeitpunkt an gerechnet, von der Ausübung eines bestimmten Gewerbes ausgeschlossen sein sollen. Diese Ausnahmebestimmung läßt sich weder mit Art. 4, noch mit den Art. 43 und 45 der Bundesverfassung vereinbaren.

Im Jahre 1880 erklärte der Bundesrat die Bestimmung des Polizeireglements des Kantons Genf betreffend die Hausierer und Ausverkäufer, von 1879, mit den Art. 31 und 45 der Bundesverfassung als unvereinbar, die Bestimmung nämlich, daß Personen, die seit mehr als einem Jahre im Kanton- Genf niedergelassen sind, nur die Hälfte der Gebühren zu bezahlen haben, und daß das Hausierpatent nicht einen Monat übersteigen darf, wenn der Petent nicht seit mehr als ein Jahr im Kanton niedergelassen gewesen ist. Denn die verfassungsmäßigen Rechte, welche Art. 31 der Bundesverfassung gewährt, müssen sogleich mit dem Erwerb der Niederlassung bewilligt werden, mit Ausnahme des Stimmrechts beginnt kein anderes verfassungsmäßiges Recht erst nach einer gewissen Zeitdauer. (Salis, II, 529.)

Durch Kaufvei'trag vom 17. April 1901 hat der Rekurrent die in Frage stehende Liegenschai't, das Doppelhaus zum ,,Sterneii"1 in Lachen nebst Garten und Platz vom frühem Besitzer, Herrn Joseph Schwyter, um die Kaufsumme von Fr. 24,000 erworben.

Der Käufer besitzt einen durchaus guten, unbescholtenen Leumund, wie aus beiliegendem Zeugnis ersichtlich. Der Kauf ist ein seriöser, das beweist die relativ hohe Anzahlungssumme von Fr. 6000. Die Liegenschaft ist zu dem Zwecke erworben worden um ein Bierdepot zu betreiben ; es bedarf keiner besondern Auseinandersetzung, daß mit diesem Geschäftsbetrieb notwendigerweise eine Wirtschaft zu verbinden ist. Unter diesen Umständen ist nun natürlich der Käufer, welchem der Betrieb seines Geschäftes für Jahresfrist untersagt wird, in seinen Geschäfts- und Erwerbsverhältnissen schwer geschädigt, und wenn je einmal, wäre es im vorliegenden Fall am Platz gewesen, daß die Regierung von der in § 3 des Wirtschaftsgesetzes ihr eingeräumten Befugnis Gebrauch mache und den festgesetzten Termin angemessen verkürze. Anstatt dessen stellt sich die Regierung'auf den merkwürdigen Standpunkt, daß auf das Gesuch ,,mit
Rücksicht auf die gegenwärtige regierungsrätliche Praxis bezüglich Anwendung dieser Gesetzesvorschrift, und die Konsequenzen, welche bei einem Abgehen von diesen Vorschriften entstehen

23 müßten'1, nicht einzutreten sei. Die Regierung nimmt also für sich die Machtvollkommenheit in Anspruch, den Schlußsatz des Art. 3 einfach aufzuheben, als nicht existent zu erklären.

Auf einen weitern Umstand ist ebenfalls noch aufmerksam zu machen. Laut- ärztlichem Zeugnis wird der Verkäufer Joseph Schwyter wegen Kehlkopf- und Lungentuberkulose seit gut dreiviertel Jahren ärztlich behandelt und befindet sich absolut außer stände, dem Wirtschaftsbetrieb vorzustehen, noch irgend ein Geschäft zu betreiben. Laut Familienbüchlein hat derselbe fünf Kinder zu ernähren ; Vermögen ist keines vorhanden ; es ist daher geradezu als ein Glück zu betrachten, daß Schwyter für die Liegenschaft einen Abnehmer gefunden hat. Nun genießt, wie bereits erwähnt, dieser einen guten Leumund, die Wirtschaft ist seit Jahren betrieben worden und kommt daher die Bedürnisfrage nicht in Betracht ; die Anwendung der Bestimmung von § 3, litt. «, des Wirtschaftsgesetzes -- die übrigens, wie oben ausgeführt, im allgemeinen verfassungswidrig ist -- erscheint also im vorliegenden Falle als reine Chicane, welche doch sicherlich der Gesetzgeber nicht im Auge hatte ; er hätte sonst nicht den mehrfach erwähnten Schlußsatz des Art. 3 in das Gesetz aufgenommen.

III.

a. Da dem Bundesrate eine Prüfung der angefochtenen Entscheidung aus dem Gesichtspunkte des Art. 43 der Bundesverfassung als notwendig erschien, eröffnete er durch Schreiben vom 5. Juli l901 die in Art. 194 des Organisationsgesetzes vorgesehene Korrespondenz mit dem schweizerischen Bundesgericht über die Fragen der Zuständigkeit und der Priorität der Behandlung. Er führte aus: ,,Was die Z u s t ä n d i g k e i t anbetrifft, scheint uns die vorläufige Prüfung der Eingabe die Ansicht zu rechtfertigen, es seien die beiden aufgeworfenen Fragen einer Verletzung der Handelsund Gewerbefreiheit und der Freizügigkeitsgarantie von den grundsätzlich kompetenten Instanzen g e s o n d e r t , und nicht die eine als Präjudizialfrage der andern, zu behandeln. Denn wenn wir auch zur Rechtsauffassung gelangen sollten, es könnte die angefochtene kantonale Gesetzesbestimmung als eine ,,durch das öffentliche Wohl geforderte Beschränkung" der Garantie des Art. 31 der Bundesverfassung wohl stand halten, so ist damit der Frage einer allfälligen Verletzung des Art. 43 der Bundesverfassung noch nicht präjudiziert. a

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,,Da somit diese Frage auf alle Fälle zu lösen ist, dürfte es auch angemessen sein, daß das Bundesgericht die P r i o r i t ä t der Behandlung des Rekurses für sich in Anspruch nähme; würde die Beschwerde vom Gesichtspunkte des Art. 43 der Bundesverfassung aus als begründet erklärt, so wäre eine Prüfung mit Bezug auf Art. 31 der Bundesverfassung nicht mehr nötig. Jedenfalls, auch wenn Sie, da Rekurrent seinen Rekurs nur bei uns eingereicht hat, zur Ansicht gelangen würden, Sie können über den gegenwärtigen Rekurs überhaupt nicht entscheiden, wäre es uns angenehm, Ihre Ansieht darüber zu vernehmen, ob Sie unsere Kompetenz für nicht gegeben erachten, soweit sich der Rekurs auf Verletzung des Art. 43 der Bundesverfassung stützt.a b. Mit Schreiben vom 25. Juli 1901 teilte das schweizerische Bundesgericht dem Bundesrat mit, daß es sich nicht für zuständig erachte, auf den Rekurs einzutreten, da er bei ihm nicht eingereicht worden sei; das Schreiben fährt fort: ,,Wir halten aber auch im übrigen die Kompetenz I h r e r Behörde für die Entscheidung des ganzen Rekurses als gegeben.

Unserer Ansicht nach hat Art. 43 der Bundesverfassung in der vorliegenden Angelegenheit überhaupt nichts zu thun ; es handelt sich nicht um die in diesem Verfassungsartikel behandelte Frage der Gleichstellung der in einem Kanton niedergelassenen Schweizerbürger mit den Kantonsbürgern, sondern der Stellung der Niedergelassenen zum Betriebe des Wirtschaftsgewerbes, ohne Rücksicht darauf, ob diese Niedergelassenen Niedergelassene aus andern Kantonen, Ausländer, oder Kantonsbürger seien. Dies zeigt gerade der Umstand, daß der Rekurrent selber schwyzerischer Kantonsbürger ist; er tritt also nicht auf als niedergelassener Schweizerbürger. Unter diesen Umständen aber kann von einer Anrufung des Art. 43 der Bundesverfassung von vorneherein keine Rede sein. Es kann sich vielmehr nur um die Rechtsgleichheit mit Bezug auf die Ausübung des Wirtschaftsgewerbes handeln; die Verletzung, der Rechtsgleichheit aber (Art. 4 der Bundesverfassung) ist in den Fällen, in denen sie geschehen sein soll durch Verletzung einer derjenigen verfassungsmäßigen Garantien, die dem Schutze des Bundesrates (und der Bundesversammlung) unterstehen, ebenfalls von diesen letztern Behörden zu prüfen, da ihr neben der Verletzung jener selbständigen verfassungsmäßigen Rechte eine selbständige Bedeutung nicht zukommt.11

25 IV.

Der Regierungsrat des Kantons Schwyz beantragt in seiner Beschwerdebeantwortung vom 2S./24. August 1901 Abweisung der Beschwerde ; zur Begründung wird ausgeführt : A. Die vom Rekurrenten aufgeworfene Frage der Verletzung des Art. 43 der Bundesverfassung, betreffend die Gewährleistung der Freizügigkeit, ist vom h. Bundesgeriehte anläßlich der mit ihm vom h. Bundesrat im Sinne des Art. 194 des Organisationsgesetzes eröffneten Korrespondenz in erschöpfender Weise beantwortet worden. Das Resultat ist: Art. 43 der Bundesverfassung hat mit der vorliegenden Angelegenheit gar nichts zu thun. Die Regierung maßt sich nicht an, die bezüglichen Ausführungen des h. Bundesgerichtes materiell rechtlich ergänzen zu wollen, doch stellt sie, um Mißverständnissen vorzubeugen und die ^tatsächlichen Verhältnisse in allen Teilen richtig zu stellen, richtig, daß Rekurrent J. Huwyler nicht Kantonsbürger von Schwyz ist. Das ändert aber an der Sache gar nichts. Derselbe hat weder den Beweis erbracht, noch überhaupt angetreten, daß er im Kanton Schwyz die Niederlassung nachgesucht oder verlangt habe. Vorderhand präsentiert er sich noch als Einwohner und Niedergelassener in ßiilach, Kanton Zürich, und als Bürger des Kantons Aargau. Es kann sich aber' auch in diesem Fall -- wie das Bundesgericht ausführt -- nicht um die Frage der Gleichstellung der in einem Kanton niedergelassenen Schweizerbürger mit den Kantonsbürgern gemäß Art. 43 der Bundesverfassung handeln.

B. Es handelt sich also lediglich um die Konsequenzen und Rechtsfolgen des Art. 31 der Bundesverfassung mit Bezug auf die Auslegung und Anwendung des § 3, litt, a, des schwyzerischen Wirtsohaftsgesetzes und der Bestimmung des Schlußsatzes dieses Paragraphen. Bezüglich des letztern wird vom Gemeinderat Lachen angeführt und vom Rekurrenten behauptet, daß maßgebende besondere Verhältnisse vorliegen, welche den Regierungsrat hätten bestimmen sollen, die in § 3, litt, a, vorgesehene Wartefrist aufzuheben oder abzukürzen. Welches sind nun diese besondern Umstände? Einzig und allein die, daß Rekurrent eine teure Wirtschaft gekauft und damit dem frühern Besitzer eine Last abgenommen hat. Die Ausnahmsfälle, welche der Gesetzgeber im Auge hatte, betreffen, soweit sie individuellen Charakter haben könnten, die Person des Patentbewerbers und nicht eines Dritten. Wollte man auf den Standpunkt des Gemeinderates Lachen und des Beschwerdeführers eintreten, so müßte man in

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jedem Fall, wo für den bisherigen Wirtschaftsinhaber die Übertragung sich vorteilhaft erweist, dieselbe begünstigen, auch wenn dem neuen Patentbewerber jede Qualität eines Gewähr bietenden Wirtes abgehen würde.

Solche Motive für die Anwendung des Art. 3, Schlußsatz, führen ad absurdum und können deshalb auch niemals ernstlich in Betracht fallen.

C. Es wird des entschiedensten des schwyzerischen Wirtschaftsgesetzes speciell eine Verletzung des Art. 31 treffend die Freiheit von Handel und

bestritten, daß § 3, litt, a, eine Veri'assungsverletzung, der Bundesverfassung beGewerbe involviert.

1. Schon unter der Herrschaft des alten Art. 31 der Bundesverfassung, vom 27. Mai 1874, haben die Bundesbehörden betreffend die Wirtschaftseinrichtungen, die Moralität der Wirtschaftsführung und dergleichen1 den Kantonen sozusagen freie Hand gelassen (vgl. den Geschäftsbericht des Bundesrates von 1890).

Sie haben durchaus nichts dagegen eingewendet, wenn die Kantone im Interesse des öffentlichen Wohles Sitten- und sicherheitspolizeiliche Vorschriften erlassen und gehandhabt haben. Die Beschränkung der Kantonalsouveränität in Wirtschaftssachen durch Art. 31 der Bundesverfassung betraf hauptsächlich die Bedürfnisfrage, d. h. die Unzulässigkeit der Beschränkung der Wirtschaften auf eine Normalzahl, wie sie nun unter der Herrschaft der Revision des Art. 31, vorn 25. Oktober 1885, ebenfalls in Betracht kommen kann.

Nun hat aber § 3, litt, a, des schwyzerisehen Wirtschaftsgesetzes absolut dea Charakter einer sittenpolizeilichen Schutzbestimmung und den Zweck der möglichst sichern Garantie für die Führung einer soliden Wirtschaft durch den jeweiligen Besitzer, welcher das Recht hierzu erwerben und beanspruchen will.

Die gleiche Bedingung der mindestens einjährigen Niederlassung im Kanton knüpft auch das Wirtschaftsgesetz des Kantons Zürich in § 6 an den Erwerb eines Wirtschaftspatentes und es ist bis heute noch niemand in den Sinn gekommen, dieses aus dem Jahre 1896 stammende Gesetz deshalb zu beanstanden. Es ist den Behörden kaum auf eine andere Art möglich, wenigstens annähernde Sicherheit zu erlangen, ob ein Patentbewerber die zur Führung einer Wirtschaft, die mit den Bedürfnissen und den Sitten des Volkes in engster Verbindung stehen soll, und daher auf einer durchaus sittlichen und soliden Grundlage beruhen und geführt werden muß, notwendige Garantie bietet, als durch die

27 ·persönlich nähere Bekanntschaft mit demselben. Die Leumundszeugnisse, welche, wie das vorliegende, meist nach einer Schablone fabriziert sind, und welche gewöhnlich nichts anderes zu konstatieren vermögen, als daß Inhaber in bürgerlichen Ehren und Rechten steht und so viel bekannt, gut beleumdet ist, bieten noch keineswegs die notwendige Gewähr für eine wirklich zweckentsprechende Qualität des künftigen Wirtes. Gerade im Kanton Schwyz hat man diesbezüglich wiederholt üble Erfahrungen gemacht und zwar nicht nur die Behörden, sondern auch Private, welche angeblich moralisch gut beleumdeten Personen zum Opfer gefallen sind ; denn es fallen für den soliden Stand einer Wirtschaft nicht nur sitten-moralische Erwägungen in Betracht, sondern auch persönliche und finanzielle Befähigung.

Herr Huwyler ist den Behörden des Kantons Schwyz insoweit noch nicht bekannt. Der im Kanton Zürich Niedergelassene weist lediglich ein allgemeines Leumundszeugnis seiner Heimatgemeinde vor und auch der Gemeiriderat von Lachen stützt seine Empfehlung nicht etwa auf die persönliche Qualität des Bewerbers, sondern auf Rücksichten gegen einen Gemeindebürger als Liegenschaftsverkäufer.

2. Der Ausnahmefall, welchen der Gesetzgeber offenbar im Auge hatte, ist somit nach der Ansicht des Regierungsrates, welcher eine konsequente Anwendung desselben anstrebt, nicht vorhanden.

Wenn Rekurrent durchblicken läßt, daß die schwyzerische Regierung offenbar beabsichtige, den § 3, Schlußsatz, überhaupt nicht zur Anwendung zu bringen, so ist dies eine ganz und gar unbelegte Behauptung. In Fällen, wo Patentbewerber früher schon längere Zeit im Kanton gewohnt und von daher bekannt sind oder wenn eine Gewähr bietende Korporation oder Gesellschaft oder auch ein einzelner Geschäftsinhaber, für welche Petent als Gérant oder Pächter eine Wirtschaft betreiben will, die volle Garantie für geordneten Betrieb leisten können, werden die Behörden des Kantons Schwyz keinen Anstand nehmen, vom Art. 3, Schlußsatz, angemessenen Gebrauch zu machen.

Im vorliegenden Falle ist es thatsächlich der eingeschlagenen Praxis und der Konsequenzen halber vorderhand nicht möglich.

Hierin das maßgebende Urteil sich zu bilden, was den Verhältnissen angemessen und das öfientliche Wohl erfordert, muß in Anbetracht, daß diese Verhältnisse und Forderungen des öffentlichen Wohles von Kanton zu Kanton, von Landesgegend zu

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Landesgegend verschieden sein können, zweifellos auch dem einzelnen Kanton überlassen bleiben.

3. Die weitere Behauptung des Rekurrenten, der Nichtkantonsbewohner werde durch die Anwendung des § 3, litt, a, des Wirtschaftsgesetzes einfach und für alle Zeit vom Betrieb des Wirtschaftsgewerbes im Kanton Schwyz ausgeschlossen, ist ebenso unbegreiflich wie total unrichtig.

Die Erlangung der Befugnis zum Betrieb des Wirtschaftsgewerbes kann vom Begierungsrat im Falle des Art. 3, litt, a, aus providentiellen Gründen zurückgestellt, nicht aber gänzlich ausgeschlossen werden. Darin liegt nicht der Sinn eines bleibenden Wirtschaftsverbotes ; es handelt sich lediglich um eine Sistierung der Wirtschaftsbewilligung auf eine gewisse Zeitdauer und das ist keine Verletzung des Art. 31 der Bundesverfassung, welche solche Bestimmungen der Kantonalgesetzgebung zugesteht.

In casu fällt, wie bereits vorübergehend erwähnt, noch in Betracht, d a ß P e t e n t d e n N i e d e r l a s s u n g s n a c h w e i s i m K a n t o n S c h w y z n i c h t e r b r a c h t . Nach der Niederlassungsverordnung ist zum Gewerbetrieb nur belügt, wer im Besitze der gesetzlichen Niederlassung ist. Dieses Kriterium fehlt dem Rekurrenten.

Derselbe kann sich daher auch nicht mit Grund wegen ungleicher Behandlung gegenüber andern beklagen. Herr Huwyler hätte nur dann das Recht, darüber sich zu beschweren, w e n n er unter gleichen Umständen, unter gleichen Verhältnissen ungünstiger als ein Anderer behandelt w ü r d e . Das ist nicht der Fall. Er ist nicht Kantonsbürger und kann nicht als Niedergelassener angesehen und behandelt werden ; für ihn trifft der § 3, litt, a, zu, und in allen ähnlichen Fällen hat der Regierangsrat bislang noch davon Gebrauch gemacht und behält sich vor, ihn anzuwenden, wenn nicht wirklich begründete Verhältnisse die Ausnahme im Sinne des Gesetzes angezeigt erscheinen lassen.

V.

a. Mit Schreiben vom 3. September ergänzte der Bundesrat seine Korrespondenz mit dem schweizerischen Bundesgericht noch dahin : Gemäß Beleg 4 dei" vom Beschwerdeführer eingelegten Beweismittel ist derselbe Bürger der aargauischen Gemeinde Auw, Bezirk Muri, und nicht schwyzerischer Kantonsbürger. Es dürfte

29 daher die Frage doch vielleicht einer eingehenden Erörterung bedürfen, ob vorliegendenfalls von einer Verletzung der in Art. 43 der Bundesverfassung garantierten Rechte gesprochen werden könne, um so mehr, als Huwyler in der Anwendung des § 3, litt, a, des schwyzerischen Wirtschaftsgesetzes, vom 11. August 1899, eine unzulässige Bevorzugung der Einwohner des Kantons . Schwyz gegenüber den Nichtkantonsbürgern erblickt.

Nach dem Wortlaute des Art. 194 des Organisationsgesetzes: ,,Wenn eine Beschwerde gleichzeitig beim Bundesgericht und beim Bundesrat erhoben wird o d e r wenn bei einer dieser Behörden Zweifel darüber bestehen, ob die Beurteilung einer i h r eingereichten Beschwerde in ihre eigene Zuständigkeit o d e r in die der a n d e r e n B e h ö r d e falle, so soll vor der Entscheidung ein Meinungsaustausch über die Kompetenzfrage zwischen den beiden Behörden stattfinden,11 ließe sich auch die Ansicht vertreten, die Einreichung der staatsrechtliche Beschwerde bei e i n e r der beiden Bundesbehörden genüge in Fällen der zweifelhaften Kompetenz. Es wäre uns erwünscht, Ihre Meinungsäußerung über diese Rechtsfrage bei Anlaß dieses Specialfalles kennen zu lernen.

b. Das schweizerische Bundesgericht beantwortete die Anfrage am 6. November folgendermaßen : Wir geben nun vorab zu, daß der Wortlaut des Art. 194 des Organisatiousgesetzes für das Bundesgericht den dort vorgesehenen Meinungsaustausch auch für den Fall vorsieht, daß nur bei einer dieser Behörden eine Beschwerde eingegangen ist und bei dieser Behörde Zweifel bestehen, ob sie oder die andere Behörde zur Beurteilung kompetent sei. Dagegen glauben wir an der in unserm Schreiben vom 25. Juli ausgesprochenen Ansicht festhalten zu müssen, daß, wenn auch die nicht angerufene Behörde materiell kompetent wäre, sie die Kompetenz aus formellen Gründen ablehnen müsse, wenn bei ihr in termino keine Beschwerde eingegangen, vom Rekurrenten also von dieser Behörde gar kein Urteil verlangt worden ist.

Aus dem Nachfolgenden ergiebt sich aber, daß diese Frage für den vorliegenden Fall nicht beantwortet zu werden braucht.

Sodann können wir Ihrer im Schreiben vom 5. Juli ausgesprochenen Ansicht nicht beipflichten, daß dem Bundesgericht die Priorität schon deswegen zufalle, weil die Frage der Verletzung des Art. 43 der Bundesverfassung unter allen Umständen

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zu lösen sei. Denn sie ist nicht zu lösen, wenn der Bundesrat zuerst über die Verletzung des Art. 31 der Bundesverfassung entscheidet und dies im Sinne der Gutheißung des Eekurses geschieht. Denn alsdann fällt der angefochtene Beschluß des Regierungsrates des Kantons Schwyz dahin, ganz unbekümmert darum, ob durch denselben gleichzeitig noch eine andere Verfassungsbestimmung verletzt wäre. Umgekehrt hat der Bundesrat keinen Entscheid mehr über den Art. 31 abzugeben, falls dem Bundesgericht die Priorität zufällt und es den Rekurs vom Standpunkt des Art. 43 aus gutheißt. In diesen Fällen entscheidet also die in erster Linie zu bestimmende Priorität, ob die zweite Behörde überhaupt noch zu funktionieren habe und es kann nicht a priori gesagt werden, daß die eine oder andere Frage unter allen Umständen zu lösen sei.

Richtig ist dagegen, daß, wie sich aus der Antwort des Regierungsrates von Schwyz ergiebt, unser Schreiben vom 25. Juli insofern einen Irrtum enthält, als dasselbe annimmt, Rekurrent sei schwyzerischer Kantonsbürger.

Trotzdem sind wir jetzt noch der Meinung, daß die Kompetenz für die Entscheidung des ganzen Rekurses Ihnen zufällt und daß Art. 43 der Bundesfassung in der Sache nichts zu thun hat.

Derselbe gewährt dem niedergelassenen Schweizerbürger alle Rechte der Kantonsbürger und es kann daher der im Kanton Schwyz niedergelassene Aargauer Huwyler in diesem Kanton das Wirtschaftsgewerbe unter den gleichen Bedingungen ausüben, wie der schwyzerische Kantonsbürger. Nun trifft die Vorschrift des § 3, a, wie die Beschwerde selbst (S. 4) wörtlich ausführt, ,, i n e r s t e r L i n i e K a n t o n s b ü r g e r , welche bisher auswärts wohnten und Bürger anderer Kantone sowie Ausländer, welche im Kanton Schwyz ihren Wohnsitz nehmen, um daselbst das Wirtschaftsgewerbe zu betreiben"1. Diese Auffassung ist zweifelsohne richtig; sie stimmt sowohl mit dem Wortlaut des Gesetzes überein (.,,Personen, welche nicht seit längstens einem Jahr im Kanton Schwyz gesetzlichen Wohnsitz haben"), als mit den in der Antwort des Regierungsrates angegebenen Gesetzesmotiven.

Nach den eigenen Ausführungen des Rekurrenten wird also der selbe im Kanton Schwyz bezüglich der Ausübung des Wirtschaftsgewerbes genau so behandelt, wie der dort niedergelassene Kantonsbürger ; damit fällt Art. 43 der Bundesverfassung außer
Betracht und hängt das Schicksal der Beschwerde einzig und allein von dein bundesrätlichen Entscheide über die behauptete Verletzung des Art. 31 der Bundesverfassung ab. Das wird wohl auch der

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Grund sein, warum der Rekurrent sich nur an Ihre Behörde gewendet und seine Beschwerde in erster Linie und hauptsächlich mit Art. 31 der Bundesverfassung zu stützen gesucht hat.

VI.

Mit Schreiben vom 18. September hat Joh. Huwyler gegen die Behauptung der Kantonsregierung, es fehle ihm das notwendigste Requisit der Patenterteilung, die Niederlassungsbewilligung, protestiert und seine Niederlassungsbewilligung für die Gemeinde Lachen, ausgestellt am 29. April 1901, zu den Akten gebracht.

B.

In rechtlicher Beziehung fällt in Betracht: I. Die Behauptung des Beschwerdeführers, es widerspreche § 3, litt, a, des schwyzerischen Wirtschaftsgesetzes, vom 11. August 1899, den in Art. 43 der Bundesverfassung enthaltenen Niederlassungsgarantien, ist vom schweizerischen Bundesgericht in seinen Berichten vom 25. Juli und 6. November 1901 folgendermaßen richtiggestellt worden : es handelt sich bei Patentverweigerungen aus dem angeführten Gesetzesparagraphen nicht um die in Art. 43 der Bundesverfassung behandelte Frage der Gleichstellung der in einem Kanton niedergelassenen Schweizerbürger mit den Kantonsbürgern, sondern um die Stellung der Niedergelassenen zum Wirtschaftsbetriebe ohne Rücksicht darauf, ob diese Petenten Niedergelassene aus andern Kantonen, Ausländer oder Kantonsbürger selbst seien. Art. 43 hat also in der Sache nichts zu thun. Derselbe gewährt dem niedergelassenen Schweizerbürger alle Rechte der Kantonsbürger und es kann daher der im Kanton Schwyz niedergelassene Aargauer Huwyler in diesem Kantone das Wirtschaftsgewerbe unter den g l e i c h e n Bedingungen ausüben, wie der schwyzerische Kantonsbürger. Nun trifft nach Darlegung der Beschwerdeschrift selbst die Vorschrift des § 3, a, in erster Linie Kantonsbürger, welche bisher auswärts wohnten, und dann auch in gleicher Weise die Kantonsfremden, welche im Kanton Schwyz Niederlassung nehmen, um das Wirtschaftsgewerbe zu betreiben.

Nach den eigenen Ausführungen des Beschwerdeführers wird also der Kantonsfremde im Kanton Schwyz bezüglich der Ausübung des Wirtschaftsgewerbes genau so behandelt, wie der Kantonsbürger; damit fällt Art. 43 der Bundesverfassung außer Betracht".

Dieser Ansicht ist beizustimmen.

32 II. Vom Bundesrate ist aber aus dem Gesichtspunkte des Art. 31 der Bundesverfassung die Beschwerdebehauptung einer Prüfung zu unterziehen, die Bestimmung von § 3, a, sei keineswegs eine Polizeibestimmung, wie solche den Kantonen trotz der Garantie der Handels- und Gewerbefreiheit im genannten Verfassungsartikel zugestanden werden ; sie bedeute vielmehr eine Erschwerung oder gar Verunmöglichung des Wirtschaftsbetriebes von Niedergelassenen, die nicht durch das öffentliche Wohl gefordert werde, also bundesverfassungswidrig sei.

Der Regierungrat des Kantons Schwyz setzt dem entgegen, daß die Forderung einer einjährigen Niederlassung aus polizeilichen Rücksichten gefordert werde, um über die Qualifikation des Bewerbers zur Führung einer Wirtschaft sich gehörigen Aufschluß verschaffen zu können, da die von den Behörden des frühern Aufenthaltsortes ausgestellten Leumundszeugnisse hierfür nicht hinreichen.

Bei Untersuchung dieser Frage ist von vornherein festzustellen, daß diese Beschränkung des Wirtschaftsgewerbes nicht unter den Begriff des öffentlichen Wohles des Art. 31, litt, c, gebracht werden kann, sondern unter litt, e des nämlichen Artikels fallen würde. Wie der schwyzerische Regierungsrat zugiebt, nimmt sie ihren Grund aus der Prüfung der persönlichen Qualifikation des Bewerbers und steht zu der Bedilrfnisfrage in keiner Beziehung.

Sobald dies zugegeben wird, steht die Möglichkeit, polizeiliche Kontrolle über die Qualifikation der Personen, welche das Wirtschaftsgewerbe ausüben wollen, zu führen, unter der Einschränkung von Art. 31, litt, e; ,,Diese Verfügungen dürfen den Grundsatz der Handels- und Gewerbefreiheit selbst nicht beeinträchtigen."

In dieser Bestimmung der Verfassung ist aber kein Unterschied gemacht zwischen einer zeitlichen oder dauernden Beeinträchtigung, sondern allgemein der Satz aufgestellt, daß die Verfügungen der Kantone den Grundsatz der Handels- und Gewerbefreiheit nicht aufheben dürfen.

Aus der Bestimmung des schwyzerischen Wirtschaftsgesetzes geht aber hervor, daß demjenigen, welcher nicht während eines Jahres im Kanton niedergelassen war, der Betrieb einer Wirtschaft ü b e r h a u p t untersagt ist. Die Auslegung des schwyzerischen Regierungsrates, wonach es sich nur um eine Sistierung der Bewilligung handeln würde, ist schon deshalb unzutreffend, weil bei Einreickung eines Gesuches nicht etwa der Entscheid

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ausgestellt, sondern das Gesuch als unbegründet abgewiesen wird, wie gerade der Fall des Rekurrenten beweist. Daraus geht eben doch hervor, daß dem Gesuchsteller während der Dauer eines Jahres von seiner Niederlassung hinweg der Betrieb einer Wirtschaft nicht gestattet wird. Dies ist aber eine Verletzung von Art. 31, litt, e, der Bundesverfassung, die jede Aufhebung, eine zeitlich beschränkte sowohl als eine dauernde, der Handels- und Gewerbefreiheit ausschließt.

Die bloße Erschwerung der polizeilichen Kontrolle darf sowenig als sie bei der Kontrolle der Geschäfts- und Wirtschaftsräumlichkeiten wegen zu großer Entfernung vom Sitze der Polizeibehörde als zulässig angesehen wurde, bei der Person des Bewerbers dazu führen, ihn von dem Mitbewerbe beim Wirtschaftsgewerbe auszuschließen. Übrigens darf gesagt werden, daß bei den heutigen Einrichtungen der Kontrollierung in der Personenpolizei, es den Behörden, welche mit der Erteilung von Wirtschaftspatenten zu thun haben, keine übergroßen Schwierigkeiten veranlaßt, sich über-die Persönlichkeit eines Bewerbers von den Behörden des frühem Wohnortes genauere Auskunft zu verschaffen, wenn die geleisteten Ausweise ihnen nicht hinreichend erscheinen.

Die im Wirtschaftsgesetze des Kantons Schwyz dem Regierungsrate gegebene Möglichkeit, von dem Erfordernis der Jahresniederlassung abzuweichen, wenn ,,besondere Umstände es rechtfertigen", ist nicht hinreichend, den mit der Bundesverfassung bestehenden Widerspruch zu heben, denn der Gewerbetreibende hat danach ein absolutes Recht, nicht nur ein durch besondere Umstände bedingtes.

Daß der Rekurrent die Niederlassung im Kanton erworben hat, ha£ er durch nachträgliche Einlegung einer Bescheinigung erwiesen ; der von der kantonalen Regierung aus dem Mangel jeder Niederlassung erhobenen Einwand fällt also dahin.

Der Regierungsrat hat in seinem Entscheide vom 6. Mai 1901 als Abweisungsmotiv einzig den formellen Mangel der einjährigen Niederlassung berücksichtigt. Wenn nun auch der Rekurs gegen die allein nach dieser Richtung motivierte Patent Verweigerung begründet erklärt werden muß, so darf hierdurch der kantonalen Behörde die Berechtigung, die Bewilligung des Patentes an Huwyler auch vom Standpunkte der Bedürfnisfrage zu untersuchen, nicht entzogen werden. Es ist deshalb in der Entscheidung dem Regierungsrate des Kantons Schwyz die Prüfung dieser Frage vorzubehalten.

Bundesblatt. 54. Jahrg. Bd. I.

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Demnach wird erkannt: Der Rekurs wird begründet erklärt; der Entscheid des Regierungsrates des Kantons Schwyz vom 6. Mai 1901 ist aufgehoben und diese Behörde wird angewiesen, eine neue Verfügung über das Patentgesuch des Johann Huwyler zu treffen, bei welcher sie an die im gegenwärtigen Entscheid niedergelegte Rechtsauffassung gebunden ist.

B e r n , den 21. Dezember 1901.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Brenner.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Ringier.

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Bundesratsbeschluß betreffend die Beschwerde des Joh. Huwyler, von Auw (Aargau), gegen die Regierung des Kantons Schwyz, betreffend Verweigerung einer Wirtschaftsbewilligung. (Vom 21. Dezember 1901.)

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Bundesblatt

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1902

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02.01.1902

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18-34

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