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Aus den Verhandlungen des Schweiz. Bundesrathes.

(Vom 5. Februar 1886.)

Der Bundesrath hat bezüglich der Frage, inwiefern Schweizerbürger im Auslande und solche, welche nebst dem schweizerischen noch ein auswärtiges Bürgerrecht besitzen, zur Leistung des Militärpflichtersatzes herbeigezogen werden dürfen, folgenden Grundsatz aufgestellt : 1) Der im Ausland wohnende Schweizerbürger, der dort Militärdienst zu leisten oder den entsprechenden Militärpflichtersatz zu entrichten hat, sei es, weil er auch dort heimathörig ist, sei es aus irgend einem andern Grunde, ist nicht gehalten, die Militärtaxe in der Schweiz zu entrichten, für die Zeit, wo er, im Auslande wohnend, daselbst seine militärischen Obliegenheiten erfüllt hat (Fall Chatoney, Bundesblatt 1885, Bd. III, S. 925).

2) Dagegen kann ein Schweizer, welcher gleichzeitig Bürger eines andern Staates ist, aber daselbst nicht zu einer militärischen Leistung angehalten wird, sich nicht aufsein doppeltes Heimathrecht berufen, um sich der Entrichtung der Militärtaxe in der Schweiz zu entziehen, selbst für die Zeit, die er im Auslande zugebracht hat (Fall Hildebrand, Bundesblatt 1884, Bd. IV, S. 662).

(Vom 9. Februar 1886.)

Der Bundesrath hat das vom Departement des Innern vorgelegte Arbeitsprogramm des statistischen Büreau für das Jahr 1886 genehmigt. Dasselbe verzeigt folgende Aufgaben: 1) Publikation über die Bevölkerungsbewegung in der Schweiz im Jahr 1885; 2) wöchentliche Zusammenstellung der Geburten und Todesfalle in den Städten der Schweiz; 3) die pädagogischen Rekrutenprüfungen im Jahr 1886; 4) die Ergebnisse der sanitarischen Rekrutenuntersuchung im Jahr 1885; 5) die überseeische Auswanderung aus der Schweiz im Jahr 1885;

205 6) Statistik der schweizerischen Sparkassen pro 1882, mit einer historischen Einleitung und einer Darstellung der Gesetzgebung und des Statuteninhaltes hinsichtlich Errichtung, Führung und Beaufsichtigung schweizerischer Sparinstitute ; 7) Geschichte und Statistik der Sparkassen in sieben Staaten mit Postsparkassen; 8) Zusammenstellung der Ergebnisse der Viehzählung vom 21. April 1886; 9) Hülfsarbeiten zur Branntwein-Steuergesetzgebung; 10) Grundlagen einer schweizerischen Preis- und Lohnstatistik.

Als Telegraphistin in Orsières (Wallis) ist Frau Aline Troillet, Posthalterin daselbst, gewählt worden.

(Vom 12. Februar 1886.)

Herr Oberstlieutenant R i g a u d in Genf erhält die aus Gesundheitsrücksichten verlangte Entlassung vom Kommando des I. Infanterieregiments.

Das eidgenössische Militärdepartement wird ermächtigt, die vier Hauptwerke des eidgen. topographischen Bureau: Topographische Karte der Schweiz l : 100,000 ; Generalkarte der Schweiz l : 250,000; Uebersichtskarte der Schweiz mit ihren Grenzgebieten l : 1,000,000 und Topographischer Atlas der Schweiz im Maßstab der Originalaufnahmen, gemäß den Bestimmungen des Bundesgesetzes betr. das Urheberrecht an Werken der Literatur und Kunst, vom 23. April 1883, und der Vollziehungsverordoung vom 28. Dezember 1883, beim eidg. Handels- und Landwirthschaftsdepartement eintragen zu lassen, um des Schutzes jenes Gesetzes theilhaftig zu werden.

Der Zentralvorstand des Vereins schweizerischer Geschäftsreisender hat an den Bundesrath das Ansuchen gestellt: Er möge dahin wirken, daß dem deutsch-schweizerischen Handelsvertrag nachstehender Zusatz beigefügt werde: ,,Ausländer haben zum Betriebe von Déballage oder Hausiren mit Waaren in der Schweiz thatsächlichen Wohnsitz zu nehmen und um Niederlassung einzukommen. * Dieses Ansuchen scheint von der Voraussetzung auszugehen, daß der bestehende Handelsvertrag mit Deutschland den Angehöri-

206 gen dieses Staates das Recht garantire, in der Schweiz mit Waareu zu hausiren oder Wanderlager zu errichten. Letzteres ist nun aber keineswegs der Fall. Was die Wanderlager betrifft, so ist von solchen im Vertrage überhaupt nicht die Rede. Hinsichtlich des Hausirverkehrs aber ist in Paragraph 9 des Schlußprotokolls zum Art. 10 des Vertrages ausdrücklich gesagt, daß die mit einer Gewerbelegitimationskarte versehenen Gewerbetreibenden (Handlungsreisenden) wohl Waarenmuster, aber keine Waaren mit sich führen dürfen. Der Hausirverkehr ist also ausdrücklich ausgeschlossen und der Vertrag beschäftigt sich nur mit Handelsreisenden, welche im Gebiete des andern vertragschließenden Theils Waarenankäufe machen oder Waarenbeslellungen suchen wollen; diesen allein wird das Recht gewährleistet, zur Ausübung ihres Berufes abgabenfrei zugelassen zu werden.

Der Handelsvertrag mit Deutschland gewährt also der Landesgesetzgebung, d. h. den Kantonsregierungen, volle Freiheit, das Hausiren mit Waaren und Umherziehen mit sogen. Wanderlagern nach eigenem Ermessen zu regeln, und setzt der vom genannten Verein angestrebten Einschränkung dieser Erwerbsart keinerlei Hinderniß entgegen. Der gewünschte Zusatz zum Handelsvertrag erscheint daher als überflüssig, und es muß dem Verein überlassen bleiben, seinen Zweck durch Einwirkung auf die Gesetzgebung derjenigen Kantone zu erreichen zu suchen, welche von sich aus weiter gehen, als sie durch den Handelsvertrag mit Deutschland verpflichtet sind.

Die Direktion der Gotthardbahn wird eingeladen, die in dem am 1. Januar 1886 eingeführten V. Nachtrag zum Personen- und Gepäcktarif im internen Verkehr vom 1. Juni 1882 vorgesehene Erhöhung der Minimaltaxe für Gepäcksendungen ab den Stationen der Linien Airolo-Locaruo und Giubiasco-Chiasso auf 40 Cts. durch einen weitern Nachtrag und in dem Sinne außer Kraft zu setzen, daß auf dem ganzen Netze der Gotthardbahn, abgesehen von der Einschreibgebühr, nur 25 Cts. Minimaltaxe für Gepäcksendungen erhoben werden dürfen.

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Aus den Verhandlungen des schweiz. Bundesrathes.

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13.02.1886

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