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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Aenderung der Konzession für eine Eisenbahn von Bern nach Neuenburg (direkte Linie).

(Vom 28. November 1902.)

Tit.

Mittelst Eingabe vom 13. September d. J. stellte die BernNeuenburg-Bahn (direkte Linie) das Gesuch, es möchte ihr mit Wirkung vom 1. Mai 1903 an eine Erhöhung bis auf 30 °/o der gegenwärtigen konzessionsmäßigen Taxen im Personen-, Gepäck-, Tier- und Güterverkehr bewilligt werden. Zur Begründung führte die Bahnverwaltung irn wesentlichen folgendes an: Die Erfahrungen und Ergebnisse, welche seit der am 1. Juli 1901 erfolgten BetriebseröfFnung der Bern-Neuenburg-Bahn vorliegen, hätten leider gezeigt, daß es der Gesellschaft in den nächsten Jahren nicht möglich sein werde, aus den Betriebseinnahmen die Betriebskosten, sowie die Obligationenzinse zu decken.

In einem solchen Falle könne der Bundesrat gemäß Art. 24, zweites Alinea, der Konzession vom 9. Oktober 1890 (E. A. S.

XI, 155), vorbehaltlich der Zustimmung der Bundesversammlung, eine angemessene Erhöhung der Tarife gestatten.

Eine Steigerung der Einnahmen könne nur auf dem Wege der Taxerhöhung in wirksamer Weise erzielt Werden, weil eine

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irgendwie erhebliche Reduktion der Betriebsausgaben aus folgenden Gründen als ausgeschlossen bezeichnet werden müsse.

Die Linie sei durch Beschluß des Buudesrates als HauptbahE bezeichnet worden, wodurch ihr verschiedene, namentlich bezüglich Mitbenutzung der Bahnhöfe in Bern, Kerzers und Neuenburg, das Ausgabenbudget stark belastende Verpflichtungen auferlegt worden seien. Sodann bedingen die geographische Lage der BernNeuenburg-Bahn bezw. die sie umgebenden Konkurrenzlinien, ferner die Herstellung der Anschlüsse in Bern, Kerzers und Neuenburg, und in verhältnismäßig kurzer Zeit auch die Aufnahme des Verkehrs der in Ins und Gümmenen einmündenden neuen Linies einen etwas kostspieligen Fahrplan, der im Sommer 9 und im Winter 8 Personenzüge in jeder Richtung vorsehe.

Das Rechnungsergebnis des Jahres 1901 weise nach Verzinsung des Obligationenkapitals pro 1. Juli bis 31. Dezember einen Ausgabenüberschuß von Fr. 69,468. 80 auf.

Für das laufende Jahr werde sich voraussichtlich ein Ausgabenüberschuß von Fr. 201,775 ergeben.

Daraus gehe hervor, daß man schon nach 18 Betriebsmonatem mit einem mutmaßlichen Defizit von rund Fr. 270,000 zu rechnen haben werde, was eine sehr mißliche finanzielle Lage des Unternehmens bedeute.

Allerdings können gemäß dem Eisenbahnsubventionsgesetze des Kantons Bern vom 4. Mai d. .T. der Bern-Neuenburg-Bahn vom Staate Bern verzinsbare Vorschüsse bis auf Fr. 1,000,000 gemacht werden. Durch die Inanspruchnahme des Kredites des Staates Bern würde aber der Unternehmung nur vorübergehend geholfen, und es würden ihr, da die Vorschüsse zu verzinsen seien, neue Lasten auferlegt, welche wiederum aus den Betriebseinnahmen bestritten werden müßten.

Zur Konsolidierung des Unternehmens erachte die Direktion eine Erhöhung der bisherigen Taxen für den Personen-, Gepäck-, Tier- und Güterverkehr bis auf 30 °/o für notwendig, welche Modifikation vom 1. Mai 1903 an in Wirksamkeit treten sollte.

Hierbei werde in Aussicht genommen, die anwohnende Bevölkerung dadurch nach Möglichkeit zu berücksichtigen, daß im Personenverkehr auf den Retourbilletten II. und III. Klasse ein größerer Rabatt gewährt werde als bisher und im Güterverkehr die Grundtaxen und Expeditionsgebühren der schweizerischen Bundesbahnen zur Anwendung gebracht werden. Dadurch werde erreicht, daß einerseits die Taxen der Retourbillette III. Klasse,

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welche für die Anwohner namentlich in Betracht i'allen, nur eine unbedeutende Erhöhung erfahren und anderseits die Grütertaxen immer noch unter denjenigen einer größern Anzahl ähnlicher schweizerischer Unternehmungen bleiben.

Wenn die TaxerhQhung in der angedeuteten Art und Weise durchgeführt werden könne, so ergebe sich eine jährliche Mehreinnahme von zusammen Fr. 94,950, und es würde sich der Ausgabenüberschuß noch auf Fr. 106,825 stellen.

Zur Deckung dieses Ausfalles werde eine für das Unternehmen günstigere Verkehrsteilung, sowie die Konvertierung des 4!/2 °/oigen Anleihens in ein solches mit niedrigerem Zinsfuß angestrebt.

Unter diesen Voraussetzungen und der Annahme einer gewissen sukzessiven Verkehrsvermehrung, wie solche bei allen neuen Bahnen erwartet werden könne, glaube die Direktion mit Bestimmtheit darauf rechnen zu dürfen, vom Jahre 1906 ab das finanzielle Gleichgewicht hergestellt zu haben und zudem auch in der Lage zu sein, die Einlagen in den Erneuerungsforida,' welche sie in ihrer Darstellung bis jetzt unberücksichtigt gelassen Labe, bestreiten zu können. Die Taxerhöhung sei deshalb auf 1. Mai 1903 und nicht schon auf einen frühern Termin nachgesucht worden, weil auf jenen Zeitpunkt die neuen Tarife der schweizerischen Bundesbahnen in Kraft gesetzt und auch sämtliche Tarife umgearbeitet werden müsseü, eine frühere Durchführung der erhöhten Taxen daher kaum denkbar wäre.

Laut Vernehmlassungen vom 26., 27. und 30. September dieses Jahres erheben die Regierungen der Kantone Neuenburg, Freiburg und Bern keine Einwendungen.

Gemäß den Ausführungen der Direktion der Bern-NeuenburgBahn würde durch die vorgesehene Erhöhung der Taxen um 30 % das jährliche Defizit auf Fr. 106,825 reduziert. An Hand der Einnahmenbulletins für das Jahr 1902 ergibt sich aber, daß die wirklichen Einnahmen aus dem Betrieb die budgetierten voraussichtlich um rund Fr. 59,000 übersteigen werden, so daß also unter der Voraussetzung, daß die Ausgaben die vorgesehenen nicht übersteigen, das vorstehende Kechnungsdefizit von Fr. 106,825 durch die erhöhten Taxen noch ganz bedeutend reduziert und bei gleichbleibendem Verkehr Fr. 42,000 kaum übersteigen wird; bei vermehrter Verkehrszuweisung und bei Reduktion der Anlehenszinse, welche die Verwaltung in Aussicht nimmt, dürfte das Defizit wohl bald ganz verschwinden. Es muß daher die

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verlangte Erhöhung der Taxen um 30 % als eine sehr erhebliche bezeichnet werden. Wir tragen dennoch keine Bedenken, Ihnen das Gesuch in vollem Umfange zur Berücksichtigung zu empfehlen, damit das Unternehmen gehörig konsolidiert werden kann und die Verwaltung in die Lage versetzt wird, die nötigen Anordnungen zu treffen, um die B e l a s t u n g des L o k a l v e r k e h r s möglichst zu vermeiden.

Im nachfolgenden Beschlußentwurf, der die Erhöhung der konzessionsmäßigen Taxen um 30 °/o vorsieht, haben wir, wie es in derartigen Fällen üblich ist, die Klausel angebracht, daß die Erhöhung sukzessive zu reduzieren ist, wenn der Reinertrag der Unternehmung während drei aufeinanderfolgenden Jahren 3 '/a % übersteigt.

Zu weitern Bemerkungen gibt uns der nachstehende Beschlußentwurf keine Veranlassung.

Wir empfehlen Ihnen denselben zur Annahme und benutzen gleichzeitig auch diese Gelegenheit, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 28. November 1902.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Zemp.

Der I. Vizekanzler : Sehatzroann.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

Aenderung der Konzession einer Eisenbahn von Bern nach Neuenburg (direkte Linie).

Die Bundesversammlung d e r s c h w e i z e r i s c h e n Eidgenossenschaft nach Einsicht 1. einer Eingabe der Direktion der Bern-Neuenburg-Bahn vom 13. September 1902 ; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 28. November 1902, b eschließt: 1. Die Art. 15, 17 und 18 der Konzession einer Eisenbahn von Bern nach Neuenburg (direkte Linie) vom 10. Oktober 1890 (E. A. S. XI, 155) werden dahin geändert, daß der Gesellschaft gestattet wird, die sämtlichen in den genannten Artikeln aufgestellten Taxen um 30 % zu erhöhen.

2. Wenn in der Folge die Bahnunternehmung während drei aufeinanderfolgenden Jahren einen 3 % übersteigenden Reinertrag abwirft, so sind die erhöhten Taxen sukzessive auf die normalen herabzusetzen.

3. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses, welcher sofort in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung bezüglich Abänderung und Ergänzung des Bundesgesetzes vom 29. März 1893 betreffend den Transport auf Eisenbahnen und Dampfschiffen.

(Vom 28. November 1902.)

Tit.

Durch das am 16. Juni 1898 abgeschlossene und am 10. Oktober 1901 in Kraft getretene Zusatzübereinkommen zum internationalen Übereinkommen über den Eisenbahn-Frachtverkehr vom 14. Oktober 1890 (A. S. n. F. XVIII, 720) sind verschiedene Bestimmungen dieses letztern abgeändert und ergänzt worden, welche seinerzeit unverändert in das Bundesgesetz vom 29. März 1893 betreffend den Transport auf Eisenbahnen und Dampfschiffen (A. 8. n. F. XIII, 644) übernommen worden waren.

Da es als sehr wünschenswert bezeichnet werden muß, daß die bestandene Übereinstimmung zwischen dem internationalen Frachtr a cht und dem schweizerischen Transportgesetz soweit als irgend möglich wieder hergestellt werde, so beehren wir uns Ihnen vo rzuschlagen, das letztere Gesetz im Sinne des anliegenden Beschlussesentwurfes zu revidieren. Wir begleiten diesen Entwurf mit folgenden Bemerkungen :

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Aenderung der Konzession für eine Eisenbahn von Bern nach Neuenburg (direkte Linie). (Vom 28.

November 1902.)

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1902

Année Anno Band

5

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49

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

03.12.1902

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571-576

Page Pagina Ref. No

10 020 332

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