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Bericht des

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Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend das Begnadigungsgesuch des wegen Übertretung des Patenttaxengesetzes bestraften Pierre A. Grêlât, Schneiders, in Courgenay.

(Vom 7. März 1902.)

Tit. .

Im Jahre 1900 ließ sich der Pètent Grêlât von der Firma Marti & Fabrès, Weinhandlung in Courgenay, als Reisender engagieren und machte als solcher in verschiedenen Ortschaften des bernischen Jura Geschäftstouren behufs Aufnahme von Warenbestellungen bei Privaten. Dabei war er nicht im Besitze der nötigen Ausweiskarte ; weder er selbst, noch seine Prinzipale hatten für ihn die Patenttaxe für Handelsreisende bezahlt.

Am 30. Mai 1900 erfolgte gegen Grêlât die erste Vorzeigung wegen Übertretung des Patenttaxengesetzes, am 27. Juni, am 5. Juli, am 11. Juli und am 2. August weitere gleicher Art, jeweilen dahin gehend, daß er ganze Dorfschaften wegen Bestellungen abgesucht habe. Nach mehreren erfolglosen Vorladungen gelang es endlich, ihn am 16. August zur Verhandlung vor den Polizeirichter zu bringen. Er anerkannte die gegen ihn vorgebrachten Anschuldigungen als begründet und wurde gleichen Tages, in Anwendung der Art. l, 2 und 8, c des Bundesgesetzes verurteilt zu Fr. 400 Geldbuße und 4/7 der Kosten.

Nunmehr ersucht Grêlât um gnadenweisen Erlaß dieser Buße im vollen Umfange oder wenigstens um erhebliche Reduktion derselben. Zur Begründung bringt er vor: Beim Eintritt in das Geschäft Marti & Fabrès sei er mit den gesetzlichen Vorschriften über die Patenttaxen der Handelsreisenden gänzlich unbekannt gewesen und er habe angenommen, die ihm von dem Geschäftsherrn übergebene grüne Karte genüge zu seiner Legiti-

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mation, respektiv eine ihn treffende Geldbuße werde vom Geschäftshause bezahlt werden. Letzteres sei aber noch im Jahre 1900 in Konkurs gekommen, er selbst habe wieder zu seiner Profession als Schneider zurückkehren müssen und sei nun gänzlich außer Stande, die Buße zu bezahlen, da sein Verdienst kaum zur Bestreitung des Unterhaltes seiner Familie ausreiche.

Der Gemeinderat von Courgenay bestätigt die von Grêlât gemachten Angaben über dessen ökonomische Verhältnisse und der Vizepräsident des Polizeigerichtes von Pruntrut schließt sich der Bitte um Begnadigung mit dem Bemerken an, daß der Verurteilte nach seiner Ansicht sich der Strafbarkeit seiner Handlungsweise kaum bewußt gewesen sei und eher Mitleid als Tadel verdiene.

Es handelte sich im vorliegenden Falle um eine vielfach wiederholte grelle Gesetzesübertretung, und es kann keinem Zweifel unterliegen, daß Grêlât infolge der ersten Vorzeigungen und Vorladungen vor den Polizeirichter schon vor Abschluß seiner strafbaren Thätigkeit sich der Ungesetzlichkeit derselben bewußt geworden ist, wenn er auch anfänglich sich durch die Prinzipale gedeckt fühlen mochte. Aus diesem Grunde würde es sich nicht rechtfertigen, ihm die ausgefällte Buße gänzlich zu erlassen; dagegen bildet seine prekäre ökonomische Situation einen Grund, dieselbe entsprechend herabzusetzen, damit seine Familie bei Notwendigkeit der Umwandlung nicht allzu lange des Erwerbes des Hausvaters entbehren muß.

Wir stellen daher bei Ihrer hohen Versammlung den A n tr ag:

Es sei die dem Grêlât auferlegte Buße von Fr. 400 auf Fr. 200 herabzusetzen, in der Meinung, daß dieselbe im Falle der Unerhältlichkeit in vierzig Tage Gefängnis umgewandelt sein soll.

B e r n , den 7. März 1902.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Zemp.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend das Begnadigungsgesuch des wegen Übertretung des Patenttaxengesetzes bestraften Pierre A. Grélat, Schneiders, in Courgenay. (Vom 7. März 1902.)

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1902

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12.03.1902

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1059-1060

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