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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Ausdehnung der Konzession einer elektrischen Straßenbahn von St. Moritz-Dorf nach St. Moritz-Bad auf die Strecken St. Moritz-Dorf--Station St. Moritz der Rhätischen Bahn und von hier dem See entlang nach St. Moritz-Bad.

(Vom 8. Dezember 1902.)

Tit.

Unterm 28. August dieses Jahres unterbreitete der Verwaltungsrat der Aktiengesellschaft Straßenbahn St. Moritz im Namen dieser Gesellschaft dem Eisenbahndepartement zu Händen der Bundesbehörden ein Gesuch um Erteilung der Konzession für eine Ausdehnung des bestehenden Netzes St. Moritz-Dorf--St. MoritzBad auf die Strecken St. Moritz-Dorf--Station St. Moritz der Rhätischen Bahn und von hier dem See entlang nach St. Moritz-Bad.

Im allgemeinen Berichte wird ausgeführt, die Station St. Moritz der Rhätischen Bahn liege so weit vom Dorfe und vom Bad entfernt, daß eine gute Verbindung mittelst einer Straßenbahn unbedingt erforderlich sei. Die vorgesehene Erweiterung bezwecke nun, sowohl das Dorf als das Bad mit der Station St. Moritz der Rhätischen Bahn in Verbindung zu setzen. Die Rhätische Bahn habe die Zufahrtsstraße vom Dorf und Bad zur Station in einer

714 Breite von 6 m. projektiert, die Gemeinde St. Moritz verlange aber mit Rücksicht auf die künftige Straßenbahn eine Breite von 10 m. Die Angelegenheit werde in der Weise erledigt, daß die Khätische Bahn die Straße in der verlangten Breite von 10 m. erstelle, wogegen die Gemeinde an den Kosten partizipiere.

Durch die neue Bahnanlage in Verbindung mit der bereits bestehenden entstehe eine Art Ringbahn vom Kurhaus im Bad über die alte Linie zum Dorf hinauf, von da hinunter zur Station und von dieser letztern längs des Sees wieder ins Bad zurück.

Diese Anlage werde eine große Annehmlichkeit sein nicht nur für den Verkehr von und nach der Station, sondern auch für die vielen Spaziergänger nach der Meierei, Pontresina etc., welche gern einen Teil des Weges fahren.

Laut dem technischen Bericht beträgt die Länge vom Postplatz im Dorf bis zur Haltsteile auf der Station der Rhätischen Bahn 930 m. und von da bis zur Einmündung in die bestehende Linie im Bad 1460 m., so daß die lotale Betriebslänge der neuen Strecken 2400 m. sei. Einschließlich der bestehenden Linie würde das ganze Netz dann ein<>, Länge von 4050 m. bekommen.

Für die neue Linie werde ebenfalls wie für die bestehende Anlage elektrischer Betrieb mit oberirdischer Stromzuführung vorgesehen. Die Spurweite betrage l m. Die Steigungs- und Krümmungsverhältnisse seien auf der Strecke Postplatz-Dorf bis zur Station keine günstigen ; die Straße habe ein Gefalle von 6 °/o und mache in der Nähe der Slation eine Wendung, welche einen Radius des Geleises von 17,5 in. bedinge; im übrigen kommen auf offener Strecke keine Radien unter 50 m. vor. Die Geschwindigkeit sei durchschnittlich auf 12 km. in der Stunde angenommen und dementsprechend der Fahrplan aufgestellt. Als Betriebskraft seien in den Wagen untergebrachte Motoren vorgesehen wie in den bestehenden Wagen. Das Rollmaterial werde aus 8 automobilen geschlossenen Personenwagen bestehen ; davon seien 4 Stück vorhanden mit 12 Sitzplätzen und 12 Stehplätzen.

Dazu kommen 2 offene Anhängewagen für Personen, welche, bei gesteigertem Verkehr, z. B. bei Ankunft der Züge der Rhätischen Bahn, Verwendung finden. Zwei Anhänge-G-epäckwagen dienen zum Gepäcktransport von und nach der Station. An geeigneter Stelle werde ein Depotgebäude mit Platz für 15 Wagen

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mit einem seitlichen Anbau, enthaltend Bureau, Magazin, Werk.statte und Aufenthaltslokal für das Beamtenpersonal, errichtet.

Der Betrieb werde wie bisher sich vorläufig auf die Sommermonate beschränken; wenn es sich jedoch im Laufe der Zeit als wünschenswert zeigen sollte, daß der Betrieb zwischen Station und Dorf auch im Winter festgesetzt werde, so solle ein Versuch gemacht werden. Die Wagen folgen in Intervallen von 10 Minuten und machen vom Kurhause aus den Kreislauf in beiden Richtungen.

Der summarische Kostenvoranschlag enthält folgende Hauptposten : Unter- und Oberbau Fr. 78,000 Elektrische Leitung ,, 65,000 Rollmaterial ,, -J 07,000 Depoträume ,, 82,000 Kapitalbeschaffung, Projektierung, Bauleitung, Abrechnung, Unvorhergesehenes und Verschiedenes ,, 28,000 Total

Fr. 360,000

Unterm 6. September dieses Jahres übermittelte das Eisenbahndepartement das Konzessionsgesuch dem Kleinen Rate des Kantons Graubünden zur Vernehmlassung mit der Einladiing, sich in derselben insbesondere auch über die Frage der Straßenbenützung auszusprechen. In seiner Vernehmlassung vom 11. November abhin teilt nun der Kleine Rat mit, es seien von der Gemeinde St. Moritz und der Rhätischen Bahn bezügliche Erklärungen über die Frage der Straßenbenützung zu den Akten gegeben worden. Die Erklärung der Gemeinde St. Moritz vom 30. September 1902 laute: ,,Der Gremeinderat von St. Moritz, nach Einsichtnahme eines Konzessionsgesuches d. d. 28. August 1902 des Verwaltungsrates der Straßenbahn St. Moritz zur Verlängerung ihrer Linie durch Benützung des Körpers der beiden neuen Bahnhofstraßen, erklärt sich andurch mit einer solchen Anlage ganz einverstanden und .zwar für die gleiche Konzessionszeit wie für die jetzige Linie.a Die Erklärung der Rhätischen Bahn vom 29. Oktober 1902 laute : ,,Die Direktion der Rhätischen Bahn erklärt sich mit der Benützung des Körpers der beiden neuen Bahnhofstraßen in

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St. Moritz für die Anlage des Geleises der Straßenbahn St. Moritz einverstanden mit dem Vorbehalte vorheriger Vereinbarung aller Einzelheiten der Bahnanlage, soweit sie die Straße berühren.a Der Kleine Rat seinerseits erklärt,' daß er gegen die Konzessionserteilung nichts einzuwenden habe, mit dem Vorbehalt, daß die Frage der eventuellen Kreuzung der Straßenbahn mit der Rhätischen Bahn bei einer spätem Fortsetzung dieser letztern jetzt schon zwischen der Straßenbahn und der Rhätischen Bahn geregelt werde.

Das Eisenbahndepartement erachtete es für zweckmäßig, die Konzession für die bestehende Linie auf die Strecken St. MoritzDorf--Station St. Moritz und Station St. Moritz-St. Moritz-Bad auszudehnen und hat zu diesem Zwecke einen Entwurf zu einem bezüglichen Bundesbeschlusse erstellt, in welchem einige den neuern Konzessionsbestimmungen entsprechende Änderungen angebracht werden mußten.

Dieser Entwurf wurde der Straßenbahn St. Moritz und dem Kleinen Rate des Kantons Graubünden zur Rückäußerung zugestellt. Die Straßenbahn St. Moritz stellte denselben auch noch Herrn v. Schumacher, Ingenieur, in Luzern, der die Pläne zum Konzessionsgesuche entworfen hatte, zu. Von keiner Seite wurden Einwendungen erhoben. Nur Herr von Schumacher sprach den Wunsch aus, es möchten am Schlüsse von Ziffer 4 die Worte hinzugefügt werden : flund es die Verhältnisse gestatten". Diesem Wunsche -wurde aus den von Herrn v. Schumacher angeführten Gründen Rechnung getragen.

Durch Ziffer 7 wurde die Verpflichtung zur Ausgabe von Retourbillets beseitigt, da ein zutreffender Grund für diese Auflage fehlt. Es handelt sich um einen Straßenbahndienst i n n e r h a l b e i n e r G e m e i n d e , für welchen nach bisheriger Praxis eine Verpflichtung zur Ausgabe von Retourbillets nicht besteht.

Durch die Erweiterung des Netzes würden sich sodann zweifellos im Betriebe Schwierigkeiten betreffend dieser Retourbillets ergeben, welche früher oder später doch zu deren Aufhebung führen müßten.

In Ziffer 11 wird der erste Rückkaufstermin, der gemäß Art. 22 der Konzession auf den 1. Mai 1915 festgesetzt war, hinausgeschoben auf den 1. Januar 1925.

Zu weitern Bemerkungen gibt uns der nachstehende Beschlußentwurf keine Veranlassung.

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Wir empfehlen Ihnen denselben zur Annahme und benützen auch diese Gelegenheit, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den S.Dezember 1902.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Zemp.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Eingier.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

Ausdehnung der Konzession einer elektrischen Straßenbahn von St. Moritz-Dorf nach St. Moritz-Bad auf die Strecken St. Moritz - Dorf -- Station St. Moritz der Rhätischen Bahn und von hier dem See entlang nach St. Moritz-Bad.

Die B u n d e s versam m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht l. einer Eingabe des Verwaltungsrates der Straßenbahn St. Moritz vom 28. August 1902 ; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 8. Dezember 1902, beschließt: I. Die durch Bundesbeschluß vom 22. Dezember 1892 (E. A. 8. XII, 253), den Herren Em. Michel und E. Pidermann, beide in St. Moritz, handelnd als Präsident und Aktuar eines Initiativkomitees namens des letztere, zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft erteilte Konzession für den Bau und Betrieb einer elektrischen Straßenbahn von St. M o r i t z - D o r f nach St. M o r i t z - B a d, wird auf eine Fortsetzung dieser Bahn von St. M o r i t z - D o r f nach der S t a t i o n St. M o r i t z der R h ä t i s c h e n B a h n und von h i e r dem See entlang nach St. M o r i t z - B a d ausgedehnt und gleichzeitig folgendermaßen abgeändert :

719 1. Binnen einer Frist von 12 Monaten, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, sind dem Bundesrate die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen für die Strecken St. M o r i t z - D o r f -- S t a t i o n St. M o r i t z ' u n d S t a t i o n St. M o r i t z -- St. M o r i t z - B a d nebst den revidierten Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der neuen Strecken zu machen.

2. Binnen 12 Monaten, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, sind die neuen Linien zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

3. Die Bahn wird als Nebenbahn im Sinne des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1899 erklärt.

4. Der Bundesrat kann verlangen, daß der Betrieb zwischen St. Moritz-Dorf und Station St. Moritz auch im Winter fortgeführt wird, falls sich hierfür ein Bedürfnis zeigt und es die Verhältnisse gestatten.

5. Für Kinder unter vier Jahren ist, sofern für solche kein besonderer Platz beansprucht wird, keine Taxe zu bezahlen.

B. Das Handgepäck ist soweit frei, als es ohne Belästigung der Mitreisenden im Wagen untergebracht werden kann ; für größere Stücke kann im Maximum eine Taxe von 20 Rappen erhoben werden.

7. Zur Ausgabe von Retourbillets ist die Gesellschaft nicht verpflichtet.

8. Die Gesellschaft ist verpflichtet, zu Bedingungen, welche im Einvernehmen mit dem Bundesrate aufzustellen sind, Abonnementsbillette zu reduzierter Taxe 'auszugeben.

9. Sämtliche Réglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, bevor die neue Linie dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrate zur Genehmigung vorzulegen.

10. Für die Ausübung der Rückkaufsrechte des Bundes, oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Graubünden, bildet die ganze Bahnunternehmung ein einziges Rückkaufsobjekt.

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11. Der Rückkauf kann frühestens auf 1. Januar 1925 und von da an jederzeit erfolgen» Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu ,geben.

II. Sollten die unter 2;iffern l und 2 hiervor festgesetzten Fristen nicht eingehalten werden, so fällt der gegenwärtige ßundesbeschluß dahin, und es tritt der Bundesbeschluß betreffend Konzession einer elektrischen Straßenbahn von St. Moritz-Dorf nach St. Moritz-Bad vom 22. Dezember 1892 wieder unverändert in Kraft.

III.

Der Bundesrat ist mit der Vollziehung des gegenwärtigen Beschlusses, welcher sofort in Kraft tritt, beauftragt.

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10.12.1902

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