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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend das Begnadigungsgesuch des wegen Zollübertretung bestraften Paul Eyen in Pruntrut.

(Vom 14. März 1902.)

Tit.

Die Oberzolldirektion hat den Petenten wegen unverzollter Einführung eines Velos zuerst mit dem neunfachen Betrag des umgangenen Zolles von Fr. 9. 80 bestraft, diese Buße aber auf Gesuch des Eyen auf das Dreifache dieses Betrages ermäßigt, unter Nachlaß eines Drittels mit Rücksicht auf die von ihm abgegebene Erklärung, daß er sich dem Strafentscheid vorbehaltlos unterziehe. Eyen hätte somit noch eine Buße von Fr. 29. 60 zu bezahlen, nebst dem einfachen umgangenen Zoll (Art. 55 a und 56 des Zollgesetzes).

Nachträglich aber reichte Eyen gegenüber der ersten, schärferen Strafverfügung ein Begnadigungsgesuch ein in dem Sinne, daß ihm die Buße erlassen werde, indem er sich anerbot, die umgangene Gebühr zu bezahlen und er hält dieses Gesuch auch nach erfolgter Reduktion der Buße fest.

Er will das Velo von einem Unbekannten gekauft haben, der ihm vorgegeben, er habe dasselbe aus Frankreich eingeführt und beim Übergang über die Grenze einen Freipaß (passavant) gelöst, d. h. die Zollgebühr erlegt.

Bundesblatt.

54. Jahrg. Bd. II.

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Pètent wird in den Akten wiederholt als Velohändler bezeichnet. Er hatte jedenfalls genaue Kenntnis von den gesetzlichen Vorschriften, welche bei Einführung von Waren aus dem Ausland beobachtet werden müssen. Er erkannte nach eigener Zugabe sofort die Provenienz des ihm zum Kaufe angebotenen Fahrrades, und aus Mißtrauen gegen die Person des Verkäufers bezahlte er den Kaufpreis von Fr. 100 nicht vollständig, sondern machte er bloß eine Anzahlung von Fr. 24; aus dem gleichen Grunde fand er sich auch veranlaßt, die Polizeibehörde von dem Handel in Kenntnis zu setzen. Unter solchen Umständen wäre es Pflicht des Potenten gewesen, vom Verkäufer die Übergabe des angeblich gelösten Freipasses zu verlangen, oder dann selbst sich über die geschehene Verzollung bei der Zollbehörde zu erkundigen und wenn nötig, von sich aus den Zoll zu erlegen. Daß er dies nicht gethan, machte ihn straffällig, und es liegt kein Grund vor, die auf das Dreifache des umgangenen Zolles reduzierte Buße noch weiter zu ermäßigen oder gar gänzlich aufzuheben.

Wir stellen daher an die hohe Versammlung den Antrag : Es sei das Begnadigungsgesuch des Paul E y e n abzuweisen.

B e r n , den 14. März 1902.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Zemp.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend das Begnadigungsgesuch des wegen Zollübertretung bestraften Paul Eyen in Pruntrut. (Vom 14. März 1902.)

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Jahr

1902

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12

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19.03.1902

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321-322

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