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Schweizerisches Bundesblatt.

40. Jahrgang. III.

Nr. 25.

2. Juni 1888.

Jahresabonnement (portofrei in der ganzen Schweiz) : 4 Franken, Einrückungsgebühr per Zeile 15 Rp. -- Inserate sind franko an die Expedition einzusenden.

Druck und Expedition der Stämplischen Buckdruckerei in Bern.

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Bericht der

nationalräthlichen Kommission über die Geschäftsführung des Bundesrathes und des Bundesgerichtes im Jahre 1887.

(Vom 19. Mai 1888.)

Tit.

Ihre Kommission hat während der Märzsession der Bundesversammlung beschlossen, sich zur Prüfung der Geschäftsberichte am 7. Mai zu versammeln. Mit Rücksicht jedoch darauf, daß die Berichte der Departemente zum Theil erst ganz kurz vor diesem Termine den Mitgliedern der Kommission zugestellt wurden und einzelne davon auf den Zeitpunkt des Zusammentrittes der Kommission noch gar nicht fertig gestellt werden konnten, mußte der letztere auf den 14. Mai verschoben werden.

Die Berathungen der Gesammtkommission und der Subkommissionen nahmen sechs Tage in Anspruch, und es war somit die Zeit zur schriftlichen Abfassung und Drucklegung des Berichtes sehr kurz zugemessen. Dieser Umstand bildet jedoch nicht den ausschlaggebenden Grund, weßhalb unsere Berichterstattung keine sehr umfassende ist, sondern wir haben absichtlich vermieden, uns in bloßen Wiederholungen des bundesräthlichen Berichtes zu ergehen, und uns bemüht, uns überhaupt so knapp als möglich zu fassen. Ebenso gingen wir von der Ansieht aus, daß die Kommission ihre Pflicht voll und ganz erfüllen könne, ohne ihren Bericht mit einer Reihe von Postulaten zu schließen. Wir haben deßhalb, mit einer einzigen Ausnahme, von Postulaten abgesehen, von der Ueberzeugung geleitet, daß der Bundesrath denjenigen Anregungen Bandesblatt. 40. Jahrg. Bd. III.

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234 Ihrer Kommission, welche die Zustimmung des Käthes finden, entsprechende Nachachtung schenken werde.

Die Kommission kann ihre einleitenden Bemerkungen nicht schließen, ohne wiederum zu konstatiren, daß die Geschäftslast des Bundesrathes eine geradezu gewaltige geworden ist. Um so eher ist ausdrücklich anzuerkennen, daß der Bundesrath in den schwierigen und wegen der Kriegsbefürchtungen theilweise recht kritischen Momenten des Berichtjahres die Interessen des Landes nach allen Richtungen gewahrt hat.

Die Kommission wünscht anläßlich ihrer Berichterstattung die Beseitigung eines Mißstandes in Anregung zu bringen, der ebenso sehr die Geschäftsreglemente der Käthe, als die Amtsführung des Bundesrathes betrifft. Es ist dies die bedauerliche Erscheinung, daß die Redaktion der Bundesgesetze und insbesondere die Bereinigung der Texte in den Landessprachen außerordentlich viele Mängel aufweisen. Um hier die erforderliche Abhülfe zu veranlaßen, und da unser Antrag nicht in den Geschäftskreis eines besonderen Departementes fällt, stellen wir an diesem Orte folgendes Postulat: ,,Der B u n d e s r a t h wird eingeladen, Bericht und Antrag darüber zu bringen, wie die endgültige Red aktion der ßundesgesetze und die B e r e i n i g u n g ihre r Texte in den drei Landess p r a c h1 e n z w e c k m ä ß i g e r o r g a n i s i r t w e r d e n k a n n."

A, Geschäftsführung des Bundesratlies.

I. Geschäftskreis des politischen Departements.

I. Beziehungen znm Auslande.

Die Kommission nimmt mit Befriedigung Akt von der Mittheilung des Bundesrathes, daß die Beziehungen zwischen der Schweiz und den auswärtigen Mächten im Berichtjahre durchaus vortreffliche waren und spricht die Hoffnung aus, daß dieselben guten Beziehungen auch in Zukunft erhalten bleiben.

235 A: Abgeschlossene oder ratifizirte Verträge.

Ihre Kommission hat sich des Nähern über die S c h i e d s g e r i c h t s k o n v e n t i o n mit C h i l i und deren Folgen erkundigt und dabei die Ueberzeugung gewonnen, daß die Interessen der kriegsbeschädigten Schweizer trotz vielfacher und großer Schwierigkeiten nach Möglichkeit gewahrt worden sind. Die Ansprüche der Schweizer gelangten vor dasselbe Gericht, wie die Forderungen der Deutschen, und es verdient Anerkennung, daß das deutsche Konsulat hiezu nicht unwesentlich mitgewirkt hat. Die Summe der an etwa sechs Schweizer ausbezahlten Entschädigung erreicht den Betrag von circa Fr. 100,000.

Ihre Kommission hat auch genauen Aufschluß darüber verlangt, welches der Inhalt der Uebereinkunft mit Baden liei Verifikation und Herstellung der internationalen Grenzmarken sei. Es ergibt sich nun, daß es sich hier bloß um untergeordnete Fälle handelt, z. B. die Ersetzung eines defekt gewordenen Grenzsteins und dergleichen, und daß gemäß der getroffenen Uebereinkunft die lokalen Behörden ohne Beiziehung höherer Instanzen das Erforderliche anordnen sollen, sofern sich keinerlei Differenzen ergeben.

B. Spezialfälle.

Die Bemerkung im bundesräthlichen Berichte, daß er die aus Spanien eingegangenen Soldrückstände für einstweilen deponirt habe, veranlaßte uns zu der Nachfrage, weßhalb diese Gelder nicht an die Berechtigten ausbezahlt werden. Auf die erhaltene Auskunft hin mußten wir unsere volle Billigung zum Vorgehen des Bundesrathes aussprechen. Die Rückstände datiren aus dem ersten Dezennium des gegenwärtigen Jahrhunderts, und es bedarf deßhalh einer umfassenden Arbeit, die heute zum Bezüge Berechtigten festzustellen, wobei auch die schwierige Frage gelöst werden muß, wie sich die Ausprüche der einzelnen Regimenter gestalten. Sind wir deßhalb mit der eiostweiligen Deposition der Summe auch ganz einverstanden, so sprechen wir doch den Wunsch aus, daß mit der Feststellung der Bezugsberechtigten ungesäumt begonnen werde, da diese Arbeit unter allen Umständen vorgenommen werden muß und kein Grund vorliegt, sie erst dann an die Hand zu nehmen, wenn sämmtliche Gelder eingegangen sind.

Die in Rede stehenden Schweizerregimenter wurden im Jahre 1829 aufgelöst, und schon ein Jahr nachher fanden die erstc.n Reklamationen nach dem rückständigen Solde statt. Die eigentliche» diplomatischen Verhandlungen aber begannen erst in den Fünfziger-

236 jähren. Dieselben führten aber nicht über die prinzipielle Anerkennung der Zahlungspflicht hinaus. Der Bundesrath hat deßhalb sehr wohl daran gethan, den im Berichte beschriebenen neuen Weg zu beschreiten. Der Erfolg bietet hiefür bessern Beweis, als jede weitere Auseinandersetzung.

Ihre Kommission hält es für dringend wünschenswertli, daß die bundesräthlichen Mittheilungen über die F r e m d e n l e g i o n möglichst -weite Verbreitung im Volke rinden. Es ist aus denselben nämlieh ersichtlich, daß infolge einer neuen Verfügung des französischen Kriegsministers Gesuche für Freilassung vor Ablauf der Kapitulationsfrist in Zukunft durehaus aussichtslos sind. Der Bundesrath hat seinerseits die Kantonsregierungen und das Publikum bereits besonders hierauf aufmerksam gemacht, und trotz dieser Warnung hatte er sich im Berichtjahre mit 13 Gesuchen um Freilassung x,u beschäftigen. Die Verhältnisse lagen aber so, daß die Mehrzahl deiFalle wegen Aussiehtslosigkeit bei der französischen Regierung nicht einmal anhängig gemacht werden konnten.

Ueber die Feststellung der schweizerisch-italienischen G r e n z e bei C h i a s s o ist das Protokoll, welches die Kommissäre der beiden Staaten am 20. Oktober 1886 aufgenommen hatten, vom Bundesrath schon am 23. August 1887 genehmigt worden, wahrend die Ratifikation seitens Italiens immer noch gewärtigt wird. Da die Bereinigung von Grenzanständen als höehst wünschenswerth bezeichnet werden muß, so erlaubt sich Ihre Kommission, eine Anregung dahin zu machen, daß die italienische Regierung besonders ersucht werden möchte, zur endlichen Regelung der Greuzfrage mitzuwirken.

II. Vertretung der Schweiz im Auslande.

B. Konsulate.

Ihre Kommission hätte gerne gesehen, wenn der Bundesrath über die Reorganisation unsers diplomatischen und Konsularkorps, sowie über die Frage der Errichtung von Berufskonsulaten im Berichtjahre den Käthen eine Vorlage gemacht hätte. Wir begreifen es jedoch, daß die Ereignisse der internationalen Politik das Departement fast vollständig in Anspruch genommen haben, und sehen uns daher bloß zu der Bemerkung veranlaßt, daß wir die für das laufende Jahr in Aussicht gestellte bestimmte "Vorlage mit Bestimmtheit erwarten.

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IV. Schweizerische Hülfsgesellschaften im Anstände.

Schon wiederholt und namentlich auch im verflossenen Jahre wurde vom Bundesrath gewünscht und von den Kommissionen der Räthe befürwortet, daß sämmtliche Kantone ihre Beiträge dem Bundesrathe zur freien Verfügung überlassen möchten, welches Verfahren allein eine angemessene Vertheilung der Gesammtsumme ermöglicht und wodurch einzig eine wirksame Kontrole über die zweckmäßige Verwendung der Gelder erzielt werden kann. Der Bundesrath verlangt nämlich von jeder unterstützten Hülfsgesellschaft einen einläßlichen Jahresbericht, und daß er es mit dieser Forderung ernst nimmt, ist daraus ersichtlich, daß er der Gesellschaft zu Petersburg, welche in der Berichterstattung nachläßig war, den Beitrag völlig entzog und sie dadurch veranlaßte, aus ihrer Saumseligkeit herauszutreten.

Während im Vorjahre noch zehn Kantone über ihre Beiträge selbst verfügten, sind im Berichtjahre sieben davon dem Wunsche des Bundesrathes gefolgt, nämlich: Luzern, Baselstadt, Appenzell I.-Rh., Graubünden, Tessin, Waadt und Wallis. Es stehen also nur noch aus: Freiburg, Neuenburg und Genf.

V. Innere Angelegenheiten.

Hier haben wir nur Veranlaßung genommen, der Botschaft des Bundesrathes über die tessinische B i s t h um s an gel e g e n h ei t nachzufragen. Da wir die Antwort erhielten, daß sich dieselbe auf dem Kanzleitische des Bundesrathes befinde und den Käthen in der kommenden Junisession vorgelegt werde, so sehen wir in Gewärtigung der Botschaft von jeder weitern Bemerkung ab.

II. Geschäftskreis des Departements des Innern.

I. Centralverwaltung.

1. Referendumsangelegenheiten, eidgenössische Wahlen und Abstimmungen.

Wegen Fälschung einer amtlichen Unterschrift auf Referendumsbogen betreffend das Alkoholgesetz (Frühling 1887) in dur

238 Gemeinde Seedorf (Bern) hat der Bundesrath eine Untersuchung veranlaßt, um die Schuldigen zur Verantwortung zu ziehen. Vom Resultat dieser Untersuchung hat der Bundesrath gegenwärtig noch keine Kenntniß erhalten. Die Kommission ist der Ansicht, der Bundesrath sollte darauf halten, daß ihm die Kantonsregierungen in solchen Fällen das Urtheil sofort, nachdem es in Kraft erwachsen ist, zur Kenntniß bringen.

Auf eine Anfrage des Staatsrathes des Kts. Wallis, unter welchen Voraussetzungen Angehörige anderer Kantone bei eidgen.

Wahlen und Abstimmungen stimmberechtigt seien, hat der Bundesrath auf seinen diesfälligen Bericht au den Nationalrath vom 21. Dezember 1886 verwiesen, worin gesagt wird: ,,Es ist ein offenbarer Irrthum des Staatsraths von Wallis, wenn derselbe glaubt, zur Theilnahme an einer eidg. Wahl bedürfe es einer durch die Kantonalgesetzgebung zu fixirenden Dauer der Niederlassung oder des Aufenthalts, und eben so irrthümlich ist die Annahme, es bestehe diesfalls ein Unterschied zwischen eidg. Wahlen und eidg. Abstimmungen. Die Praxis der Bundesbehörden steht einer solchen Auffassung entschieden entgegen. Wir erinnern bloß au unsere Beschlüsse vom 6. Februar 1885, über die Tessiuer Beschwerden betreffend die Nationalrathswahlen vom 26. Oktober 1884, und an deren Motivirung (Bundesblatt 1885, I, 356 u. ff.; 363 u. ff.).

,,Nach dem geltenden Bundesreehte bedarf es zur Betheiligung an einer eidg. Wahl oder Abstimmung des W o h n s i t z e s im betr.

Wahlkreise. Der Wohnsitz -- als Ortsbürger, Niedergelassener oder Aufenthalter -- ist aus thatsächlichen Momenten zu erkennen.

Darunter gehört wohl auch eine bestimmte Dauer des Aufenthalts, des Verweilens in einer Gemeinde. Aber es steht nicht in der Befugniß der Kantone, hiefür eine feststehende, von der Bundesverfassung und Bundesgesetzgebung nicht vorgesehene Grenzlinie zu ziehen."

Da diese Frage noch immer in den Kantonen einer verschiedenen Anschauung begegnet, sieht sich die Kommission zur Erklärung veranlaßt, daß sie die vom Bundesrath ausgesprochene Ansicht für richtig hält.

Zur Ausführung des vom Nationalrnthe unterm 6. Dezember angenommenen Postulates betreffend Ermöglichung der Stimmabgabe seitens der Angestellten der Bisenbahnen u. s. w. hat der Bundesrath laut seinem Bericht die nöthigen Vorkehren getroffen.

Mit Rücksicht auf die Wichtigkeit dieser Angelegenheit erwartet die Kominission, daß der Bundesrath dem Nationalrath von diesen Vorkehren Mittheilung machen werde.

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2. Organisation und Geschäftsgang.

Von 'der Ansicht ausgehend, daß den vielfachen Klagen über Bevorzugung einzelner Druckereien durch Errichtung einer Bundesdruckerei ein Ende gemacht werden könnte, hatte die nationalräthliche Kommission für die Geschäftsprüfung im Jahr 1886 den Wunsch ausgesprochen, der Bundesrath möchte diese Frage näher in's Auge fassen.

Im vorliegenden Bericht ist der Bundesrath nach Einholung eines Gutachtens der Bundeskanzlei vom 12. Juli 1887 zu der Ansicht gelaagt, es sei der obigen Anregung für einmal koinè weitere Folge zu geben.

Obgleich von einer Seite im Schooße der Kommission gegen die Argumentation des Bundesrathes Bedenken erhoben wurden, glaubt die Mehrheit gleichwohl, dem Bundesrath beistimmen zu müssen. Es ist zu befürchten, daß durch die Errichtung einer Bundesdruckerei die Schwierigkeiten eher vermehrt als vermindert würden.

3. Bundeskanzler III. Drucksachen.

Zur Erleichterung des Nachschlagens im Bundesblatt besteht ein sogenannter ,,Nachweiser"', welcher aber dermalen nur bis zum Jahr 1878 fortgeführt ist. Laut Erkundigung auf der Bundeskanvdei ist, einem vielfach geäußerten Wunsche entsprechend, die Fortsetzung diesas Nachweises bis Ende 1887 in Arbeit, und wird in einigen Monaten im Druck erscheinen, wobei jedoch vorläufig nur 500 Exemplare in Aussicht genommen sind. L)a dieser Nachweiset1 für den Gebrauch des Bundesblattes absolut nothwendig ist, so spricht die Kommission die Ansicht aus, die Auflage sollte erheblich vergrößert werden.

II. Vollziehung der Bundesverfassung und der eidgenössischen Gesetze.

2. Freizügigkeit der Personen, welche wissenschaftliche Berufe ausüben.

Die Verhandlungen mit Frankreich behufs Abschlusses einer Uebereinkunft betreffend die gegenseitige Zulassung des Medizinalpersonals a,n der Grenze zur Ausübung der Praxis haben wegen

240 der französischerseits erhobenen Schwierigkeiten im ßorichtjahre noch nicht zum Abschlüsse geführt werden können. Die Kommission fügt dieser Bemerkung bei, daß diese Schwierigkeiten ihren Hauptgrund in dem Widerstand der Savoy er-Aerzte finden, welche eine vermehrte Konkurrenz der Genfer-Aerzte fürchten.

Die vom Bundesrath erwähnte revidirte Verordnung über die Prüfung und Patentirung der Zahnärzte ist erlassen und am 1. April 1888 in Kraft getreten.

3. Civilstaiid und Ehe.

Mit Rücksicht auf die Vorfälle in Einsiedeln und Neuenburg spricht die Kommission die Ansicht aus, der Bundesrath solle mit aller Strenge die Vorschriften des Bundesgesetzes über Civilstand und Ehe aufrecht erhalten und die Kantone zur Nachachtung verhalten.

V. Werke der öffentlichen Gemeinnützigkeit und Wohlthätigkeit.

6, Hebung der Kunst.

In Ausführung des Bundesbeschlusses vom 22. Dezember 1887, betreffend Förderung und Hebung der schweizerischen Kunst, hat der Bundesrath unterm 18. April 1888 das in Art. 3 vorgesehene Keglement erlassen, welches nachfolgende Hauptbestimmungen enthält : Art. 1. Der B u n d e s r a t h entscheidet auf Grundlage von Anträgen seines Departements des Innern über die jährliche Vertheilung des für die Förderung und Hebung der schweizerischen Kunst jeweilen ausgesetzten Gesammtkredites auf die verschiedenen in Art. l des bezüglichen Bundesbeschlusses genannten Aufgaben, sowie über dessen Verwendung im Einzelnen.

Art. 2. Unter dem D e p a r t e m e n t des I n n e r n steht eine vom Bundesrathe zu bestellende F a c h k o m m i s s i o n , welche die A u f g a b e hat : alle wesentlichen, auf die Ausführung des genannten Bundesbeschlusses bezüglichen Fragen und Geschäfte zu prüfen und zu begutachten;

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die Hebung und Förderung der schweizerischen Kunst im Sinne desi Bundesbeschlusses von sich aus wahrzunehmen und zur Erreichung der Zwecke desselben die geeigneten Anträge /u stellen ; dem Departement des Innern in der Vollziehung der vom Bundesrathe gefaßten Beschlüsse und der depurtementalen Verfügungen behülflich zu sein ; dem Departement des Innern je zu Anfang des Jahres über ihre Thätigkeit im abgelaufenen Jahre Berichte zu erstatten.

Art. 3. Die Kommission besteht aus 11 Mitgliedern, von welchen jeweilen 6 schweizerische Künstler der verschiedenen Haupt-Kunstgattungen sein sollen.

Sie v/erden auf 3 Jahre gewählt, nach deren Ablauf ein periodischer Austritt in der Weise stattfindet, daß im ersten und zweiten Jahre der neuen Periode je 4, im dritten 3 Mitglieder ersetzt werden, wobei Ausgetretene erst nach Verfluß eines Jahres wieder wählbar sind.

Die Reihenfolge des Austritts wird zum ersten Male durch das Loos, später durch die abgelaufene Amtsdauer bestimmt.

Art. 4. Für die Gesammlbestellung der Kommission wird das Departement des Innern den bestehenden schweizerischen Vereinen und Gesellschaften, deren Zweck die Pflege und Förderung der schweizerischen Kunst ist, Gelegenheit geben, zu Händen der Wahlbehörde Vorschläge in beliebiger Zahl einzureichen.

Der Präsident der Kommission wird vom Bundesrathe bezeichnet; der Vizepräsident und der Aktuar werden von der Kommission gewählt.

8. Schweizerische permanente Schulausstellungen.

Mit Rücksicht auf die Vermehrung der permanenten Schnlausstellungen (Zürich, Bern, Freiburg, Neuenburg) schien es dem Bundesrath zweckmäßig, für den Voranschlag und die Jahresrechnung über Verwendung der erhaltenen Beiträge, sowie für die Berichterstattung etwelche Normen aufzustellen und zugleich eine Arbeitsteilung unter denselben vorzunehmen, wobei einer jeden bestimmte Aufgaben zugewiesen werden. Die Kommission bemerkt jedoch, daß diese Arbeiten noch im vorbereitenden Studium begriffen sind und daher noch keine Anträge vorliegen.

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VI. Polytechnische Schule.

1. Leistungen und Frequenz der Anstalt.

Die Kommission nimmt mit Befriedigung Notiz von der erfreulichen Zunahme der Schülerzahl am eidgen. Polytechnikum. Dieselbe betrug im Berichtjahr 496, wovon 211 Schweizer und 285 Ausländer. Die Zunahme gegenüber dem Vorjahr beträgt 82, wovon 13 Schweizer und 69 Ausländer. Es mag dies als Beweis dienen, daß sich unsere eidgen. Hochschule im In- und Ausland eines großen Zutrauens erfreut, und daß die großen Opfer, welche die Eidgenossenschaft für die Hebung dieser Schule bringt, auch ihre Früchte tragen.

4. Annexanstalten.

a. Anstalt für Prüfung der Festigkeit von Baumaterialien.

Laut dem Bericht des Bundesrathes bemerkt der eidgen. Schulrath, daß die Voraussetzungen bei der ersten Gründung vorzugsweise in Bezug auf die Brauchbarkeit der Lokalitäten und ihrer Trennung (Vorbahnhof und Schulgebäude) nicht mehr zutreffen, und daß diese Trennung der Lokalitäten, weil mit verschiedenen Uebelständen verbunden, aufhören müsse.

Da die verlangte Trennung unzweifelhaft mit großen Kosten verbunden sein wird, so spricht die Kommission ihre Verwunderung darüber aus, daß der Schulrath diese Bemerkung nicht schon damals gemacht hat, als jüngst ein erheblicher Kredit für diese Anstalt bewilligt wurde. Ein Theil der Kommission beabsichtigt, die betreffenden Lokalitäten noch vor dem Zusammentritt der Räthe zu besichtigen.

Der Bundesrath bemerkt in seinem Bericht, daß im Berichtjahr von der Schule aus der erste Versuch gemacht worden sei, für praktische Landwirthe in den Räumen der Schule Vorträge zu halten, und daß dieser Versuch gelungen sei. Im Weitern betont der Bundesrath die intensivere Berücksichtigung der französischen Sprache am Polytechnikum. Die Kommission glaubt, den Bundesrath in beiden Richtungen unterstützen zu müssen, um einerseits das Polytechnikum für die praktische Landwirtschaft möglichst nutzbar zu machen, und anderseits dessen Frequenz aus der französischen Schweiz zu vermehren.

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IX. Abtheilung Bauwesen.

F. Kantonale Straßen und Brücken.

3. Verschiedene Straßen- und Brückenangelegenheiten (Seedamm Rapperswyl).

Der Bundesrath macht die Bemerkung, daß die in seinem letzten Berichte erwähnte Reklamation von Schiffern des Züriehsee's betreffend das Oeffnen der dortigen Drehbrücke im Berichtjahre ihre Erledigung noch nicht gefunden habe.

Die Kommission macht hiebei auf § 1 des Regulatives vom 15. Dezember 1880 aufmerksam, laut welchem der Bundesrath der Verwaltung der Zürichsee-Gotthardbahn in dieser Angelegenheit die nöthigen Weisungen erlheilen kann.

G. Allgemeines Wasserbauwesen.

1. Oberaufsicht über die Wasserbaupolizei und Verschiedenes.

Da es vorkommt, daß von Kantonsregierungen über subventionirte Wasserbauten eingesandte Abrechnungen nicht vollständig den Vorschriften der Vollziehungsverordnung vom 8. März, 1879 zum eidgenössischen Wasserbaupolizeigesetze entsprechen, fand sich der Bundesrath zur Erlassung eines Kreisschreibens an sämmtliche Kantonsregierungen veranlaßt, worin er verlangte, daß diese Abrechnungen in einer Weise angefertigt und belegt seien, welche ihre Verifikation durch die Bundesorgane ermöglicht.

Ferner betont der Bundesrath mit Rücksicht auf die großen Opfer, welche. Bund und Kantone alljährlich für Flußkorrektionen bringen, die Nothwendigkeit einer Kontrole über den Erfolg der angewandten Systeme.

Die Kommission hält die Anregungen des Bundesrathes in beiden Richtungen für zweckmäßig, und empfiehlt namentlich in Bezug auf den zweiten Punkt die Anordnung von Aufnahmen, auch wenn dieselben mit Kosten verbunden sind.

3. Subventionirung von Korrektionen und Verbauungen durch besondere Bundesbeschlüsse.

In Bezug auf die Juragewässer-Korrektion macht der Bundesrath nachfolgende Bemerkung : ,,Im großen Ganzen vollendet ist von den Werken dieser Kategorie die Juragewässerkorrektion ; es erübrigen nur noch

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einige Vollendungsarbeiten im Kanton Bern, besonders auf der Aarestrecke Maienried-Büren und an der Schleuße am Seeausfluß von Nidau."

Im Schooße der Kommission wurde darauf hingewiesen, daß der Kanton Solothurn die im Bundesbeschluß vom 25. Juli 1867, Art. 2, litt, e, und Art. 3, Ziff. 2, vorgesehenen Korrektionsarbeiten auf der Flußstrecke Büren-Attisholz noch nicht ausgeführt habe.

Aus den vorliegenden Akten geht hervor : 1) daß der Kanton Solothurn die erwähnten Arbeiten nur auszuführen hat, s o w e i t s o l c h e n o t h w e n d i g e r a c h t e t werden; 2) daß die Regierung von Solothurn diese Notwendigkeit bestreitet, während die Regierung von Bern schon seit längerer Zeit auf die ganze oder theilweise Ausführung dieser Arbeiten dringt ; 3) daß in letzter Zeit auch Reklamationen von Seiten der Kantone Freiburg und Waadt laut geworden sind; 4) daß zur Besprechung dieser Angelegenheit eine Konferenz der Regierungen von Bern und Solothurn in nahe Aussicht genommen ist.

Angesichts dieser Sachlage glaubt die Kommission, der Bundesrath sollte sich aussprechen, welche Folge er den Dispositionen von Art. 2, litt, e, und Art. 3, Ziff. 2, des Bundesbeschlusses vom 25. Juli 1867 zu geben gewillt sei.

III. Geschäftskreis des Justiz- und Polizeidepartements.

A. Justizverwaltung.

I. Gesetzgebung.

1. Der im Berichtjahre vorläufig zum Abschlüsse gebrachte Entwurf zu einem Gesetze über S c h u l d b e t r e i b u n g u n d K o n k u r s ist ein lebendiger Beweis für die außerordentlichen Schwierigkeiten, mit welchen die eidgenössische Gesetzgebung über

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Materien, di« das tägliche Leben des Volkes berühren, zu kämpfen hat.

Es ist zu hoffen, daß diesem Umstände von Denjenigen, welche sich von diesem oder jenem Standpunkte aus mit dem bezeichneten Gesetzesentwurfe bisher nicht haben befreunden können, billige Rechnung getragen werde, in welchem Falle das bedeutsame Gesetzeswerk vor Räthen und Volk die Probe bestehen dürfte.

2. Bezüglich des Gesetzesentwurfes betreffend das V e r b o t der D o p p e l b e s t e u e r u n g , welcher im Berichtjahre vom Ständerathe verworfen und alsdann vom Nationalrathe als dahingefallen erklärt worden ist, sagt der bundesräthliche Berieht nicht mit Unrecht, daß die nationalräthliche Einladung, ,,unter Berücksichtigung dei- sachbezüglichen Verhandlungen der gesetzgebenden Räthe eine neue Gesetzesvorlage einzubringen", nicht dazu angethan sei, den Bundesrath zu einer neuen Vorlage zu ermuthigen.

Das Bedürfniß nach einem bezüglichen Gesetze wird aber in dein regen interkantonalen Verkehre so stark empfunden und der Mangel sichernder Bestimmungen gegen doppelte Besteuerung führt so empfindliche Schädigungen und Plakereien nach sich, daß der Bundesrath dennoch den Muth nicht sinken lassen und sich zu einer neuen Vorlage, möglicherweise mit einem etwas beschränktem Programme, entschließen sollte.

3. Der Entwurf zu einem Gesetze über die c i v i l r e c h t lichen Verhältnisse der N i e d e r g e l a s s e n e n und die demselben im laufenden Jahre zu Theil gewordene Behandlung durch die nationalräthliche Kommission bietet die Eigenthümlichkeit dar, daß der früher so scharf aufgetretene Gegensatz zwischen dein Heimats- oder Nationalitäts- und dem Territorialitäts- oder Souveränitätsprinzip aus demselben zu Gunsten des letztem Prinzips beinahe verschw inden und nur in ganz beschränkter Weise nodi zum Ausdrucke gekommen ist.

Es läßt diese fortschrittliche Erscheinung darauf hoffen, daß dem betreffenden Entwürfe ein besseres Schicksal zu Theil werde, als seinen Vorgängern, ja man kann aus derselben den Schluß ziehen, daß im Allgemeinen der weitern eidgenössischen Gesetzgebung im Privatrechte im Rechtsbewußtsein des Volkes die Wege einigermaßen geebnet seien.

4. Ueber den Entwurf zu einem neuen Gesetze über die O r g a n i s a t i o n d e r B u n d e s r e c h t s p f l e g e , dessen K r -

246 scheinen uns der bundesräthliche Geschäftsbericht erfreulicherweise ankündigt, werden wir bei der Berichterstattung über die Geschäftsführung des Bundesgerichts einige Bemerkungen anbringen.

5. Der Bundesrath bemerkt, daß er die Angelegenheit der Erlassung eines Gesetzes über die W ä h r s c h a f t b e i m V i e h v er k eh r ,,stetsfort im Auge behalte".

Es wäre zu wünschen, daß derselbe, wenn einmal die dringlichste Arbeit, das Betreibungs- und Konkursgesetz mit seinen Nachläufern, erledigt sein wird, mit seinen zu baldiger Verwirklichuug geeigneten Vorarbeiten hervortreten möchte. Die Thatsache, daß ein Kanton nach dem andern von dem bezüglichen Konkordate vom 5. August 1852 zurücktritt und demselben zur Zeit nur noch vier Kantone und vier Halbkantone angehören, darf wohl kaum als Beweis dafür angesehen werden, daß die zurücktrelenden Kantone die allgemeinen Bestimmungen des schweizerischen Obligationenrechtes als zutreffenden Ersatz für das aufgegebene Konkordat sich dienen lassen, sondern spricht mehr für die Unzulänglichkeit dieses letztern selbst. Die Bestimmungen des schweizerischen Obligationenrechtes über die Gewährleistung wegen Mängeln der Kaufsache haben sich, weil für den feiner ausgebildeten kommerziellen Verkehr berechnet, als für den Viehverkehr ungeeignet bewiesen, und es besteht deßhalb ein wirkliches Bedürfniß nach einer bundesgesetzlichen Regelung dieses bedeutenden Verkehrszweiges.

6. Wir sind mit dem Bundesrathe darüber vollkommen einverstanden, daß eine allfällige Revision des Gesetzes über den Z i v i l s t a n d und d i e Ehe niemals in einem Sinne stattfinden dürfe, welcher eine Schwächung der p r i n z i p i e l l e n G r u n d l a g e n dieses Gesetzes bedeuten könnte.

Eine nähere Betrachtung derjenigen Erscheinungen, welche da und dort eine Revision des Gesetzes zur Sprache gebracht haben, dürfte die Ueberzeugung begründen, daß jene Erscheinungen nicht sowohl durch das Gesetz selbst, als vielmehr durch die kantonalen Einrichtungen und durch die Gerichte, welche zur Anwendung des Gesetzes berufen sind, verursacht werden, indem die betreffenden Einrichtungen und gerichtlichen Verfügungen nicht hinlänglich von dem Geiste des Gesetzes durchdrungen sind.

Es will uns demnach scheinen, daß zum Zwecke der Erhaltung der sittlichen Würde der Ehe eher auf eine entsprechende Verbesserung der kantonalen Einrichtungen und auf eine richtigere Rechtspflege in Ehesachen als auf eine Revision des Gesetzes hingewirkt werden sollte.

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7. Die Frage der Ausscheidung veralteter Materien aus der offiziellen S a m m l u n g d e r G e s e t z e u n d V e r o r d n u n g e n d e r E i d g e n o s s e n s c h a f t , von welcher im Geschäftsbericht für 1886 gesagt ist, deß das Departement ihr bereits Aufmerksamkeit zugewendet habe, ist im vorliegenden Berichte nicht weiter berührt.

Daraus darf aber nicht geschlossen werden, daß in der Sache nichts geschehen sei. Nach unseren Erkundigungen hat der Bundesrath in neuerer Zeit den Beschluß gefaßt, eine bereinigte, auf 7--8 Bände berechnete Ausgabe der eidgenössischen Gesetzessammlung bearbeiten zu lassen.

Wir begrüßen dieses Vorgehen, sowie jede andere Maßregel, welche bezweckt, die Ansammlung der amtlichen eidgenössischen Erlasse dem Bürger zugänglicher zu macheu, und wünschen, daß der Bundesrath, trotz der vielfachen Schwierigkeiten, welche sich der Ausführung des Werkes entgegenstellen, diese dennoch zur Hand nehme.

II. Schweizerisches Staats- und Privatrecht.

Wenn der Bericht sagt, daß von der S a m m l u n g s t a a t s r e c h t l i c h e r Entscheidungen der administrativen B u n d e s b e h ö r d e n seit 1874 das Manuskript für einen ersten, die Bundesverfassung betreffenden Theil ,,druckbereitu vorliege, so ist dies nach den darüber erhaltenen Mittheilungen nicht wörtlich zu nehmen. Die betreffende Arbeit befindet sich beim Verfasser in Umarbeitung, und es scheint fraglich, ob dieselbe sofort wieder in die Hand des Departements gelangen wird. Immerhin wird gehofft, daß die Publikation noch im laufenden Jahre erfolgen kann.

IV. Konkordate.

Eine höchst verdienstliche Uebereinkunft ist das Konkordat der westschweizerischen Kantone betreffend den S c h u t z j u n g e r L e u t e in der F r e m d e vom Mai 1875, welchem im Berichtsjahre nun auch noch der Kanton Bern beigetreten ist.

Das Konkordat bezweckt den Schutz junger Leute, insbesondere von Mädchen, welche Anstellungen im Auslande suchen, gegen Ausbeutung und Mißbrauch und stellt zu diesem Zwecke alle Stellenvermittler uni er offizielle Kontrole.

Der Beitritt zu dieser wohlthätigen Institution dürfte sich auch für weitere Kantone empfehlen, da Verhältnisse und Erscheinungen.

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welche zu derselben Veranlaßung gegeben haben, auch anderwärts vorhanden sind.

V. Verhältnisse zu andern Staaten, a. Verträge und Konventionen.

N i e d e r l a s s u n g s v e r t r ä g e sind abgeschlossen und perfekt geworden mit Transvaal und Belgien und in Verhandlung begriffen mit Serbien, Argentinien und Ecuador. Der Vertrag mit Serbien ist zur Vorlage an die eidgenössischen Räthe für die Junisessiou bereit.

Der Abschluß von A u s l i e f e r u n g s v e r t r a g e n mit auswärtigen Staaten geht seinen Weg weiter. Ein Vertrag mit Serbien ist perfekt geworden, mit Oesterreich-Ungarn uud den Vereinigten Staaten von Nordamerika sind an Stelle der bestehenden Verträge neue in Verhandlung gezogen; die Verhandlungen mit Rumänien sind sistirt, diejenigen mit Brasilien und Uruguay in's Stocken gerathen. Die Ursachen dieser Stillstände sind nicht ersichtlich.

Es empfiehlt sich, daß bei der Feststellung des Inhalts der Auslieferungsverträge, speziell der zu Auslieferung verpflichtenden Delikte, mit größter Sorgfalt vorgegangen werde, damit sich nicht Aehnliches wiederhole, was im Auslieferungsfalle des Ferdinand Wey gegenüber Deutschland passirt ist, daß nämlich ein schweizerisches Auslieferungsbegehren wegen des Verbrechens des Mißbrauches Unmündiger unter dem Titel der Kuppelei, resp. der Nothzucht mit ziemlich freier Anwendung der Thatbestandsbegrifie dieser Delikte hat begründet werden müssen.

b. Spezielle Fälle.

Ehesachen.

1. In der f r a n z ö s i s c h e n Jurisprudenz hat sich seit 1874 ein Umschwung vollzogen, welcher die internationalen Beziehungen in Ehesachen wesentlich erleichtern dürfte.

Als im Jahre 1874 ein Franzose, welcher sich in Frankreich von seiner Frau temporär hatte scheiden lassen, sich in Bern naturalisiren ließ, daselbst die definitive Scheidung seiner Ehe bewirkte und eine zweite Ehe einging, wurde er in Frankreich wegen Doppelehe strafrechtlich verfolgt und konnte sich nur durch die Flucht der Verhaftung entziehen. Der Bundesrath, von dem Betroffenen um Schutz ersucht, lehnte seine Intervention ab, weil er es als ganz aussichtslos hielt, die französischen Behörden zur Anerkennung

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der schweizerischen Nationalität und der zweiten Ehe des betreffenden Individuums zu vermögen.

Glücklicher war der Franzose Pierre de Bosmelet, welcher Ende der 70er Jahre in Prankreich zu Tisch und Bett geschieden worden war und daraufhin im Kanton Zürich die Naturalisation erworben hatte. Derselbe ließ durch das Bezirksgericht Winter thur die gänzliche Trennung seiner französischen Ehe aussprechen und schloß in Riesbach-Zürich mit einer Engländerin eine zweite Ehe, aus welcher Kinder hervorgingen.

Auf Klage von Verwandten des Bosmelet vor den französischen Gerichten, welche darauf gerichtet war, die schweizerische Naturalisation desselben, die Scheidung und die zweite Ehe als ungültig und die Kinder dieser Ehe als illegitim erklären zu lassen, anerkannten das Civilgericht zu Dieppe und der Appellhof zu Rouen die Rechtsgültigkeit der Naturalisation, der Auflösung der ersten und der Eingehung; o der zweiten Ehe.

2. Die Hindernisse, welche sich der Beurtheilung der Ehescheidungsklagen d e u t s c h e r , i n d e r S c h w e i z w o h n e n d e r S t a a t s a n g e h ö r i g e r entgegenstellen, haben im Berichtjahr nicht eine Lösung, wohl aber für einmal eine Erledigung gefunden.

Diese Hindernisse bestehen darin, daß solche Ehescheidungsklagen in Deutschland nicht angenommen werden, weil nach dem deutsehen Prozeßgesetze die dortigen Gerichte nur für solche Personen zuständig sind, welche im betreffenden Gerichtsbezirke ihren Wohnsitz haben, und daß dieselben Klagen von den schweizerischen Gerichten nach Vorschrift des Art. 56 des Gesetzes über den Civilstand und die Ehe nur unter der Bedingung beurtheilt werden dürfen, daß die klagende Partei sich über die Anerkennung des Scheidungsurtheils in der Heimat ausweise, welche Bedingung niemals erfüllt werden kann.

Da der Versuch der Schweiz, mit Deutschland über dieses Rechtsverhältniß eine Uebereinkunft abzuschließen, erfolglos war, so blieb dem Bundesrath nur noch übrig, bezügliche Anfragen dahin zu beantworten, daß in der Schweiz wohnende Deutsche, welche ihre Ehen auflösen lassen wollen, für die Dauer des Ehescheid ungsprozesses ihren Wohnsitz eben in Deutschland nehmen müssen.

Diese Antwort, so korrekt sie ist, kann natürlich nicht befriedigen, und es sollte die Hoffnung nicht aufgegeben werden müssen, daß eine fortschreitende Entwicklung der so frequenten Beziehungen zwischen beiden Staaten in diesem Gebiete eine bessere Lösung bringen werde.

Bundesblatt. 40. Jahrg. Bd. III.

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3. Für die Eheschließung der A m e r i k a n e r in der Schweiz ist eine wesentliche Erleichterung dadurch eingetreten, daß nunmehr solche Eheschließungen von der Verkündigung des Eheversprechens a priori dispensili sind. Der Bundesrath konnte den Kantonsregierungen die bezügliche Mittheilung auf Grund einer ihm von Seite der amerikanischen Gesandtschaft abgegebenen Erklärung und der Thatsache machen, daß von den 39 Staaten der Union nur e i n e r die Verkündung vorschreibe und auch dieser nur für den Fall der Eheschließung in Amerika selbst.

Aus Veranlaßung der Scheidung schweizerischer Eheleute durch die Gerichte des Staates Illinois hat der Bundesrath sich grundsätzlich dahin ausgesprochen, daß die Auflösung schweizerischer Ehen durch einen nichtschweizerischen Richter u n g ü l t i g sei und ein bezügliches Urtheil in der Schweiz weder Anerkennung noch Vollziehung finden könne.

Der Bundesrath stützt sich für diese Entscheidung auf die Vorschrift des Art. 43 im Bundesgesetz über Civilstand und Ehe, nach welcher Ehescheidungsklagen beim Abgang eines Wohnsitzes des Ehemannes in der Schweiz entweder am Heimatorte oder am letzten schweizerischen Wohnorte des Ehemannes anzubringen seien.

Ohne dieser grundsätzlichen Entscheidung des Bundesrathes geradezu entgegentreten zu wollen, möchten wir doch den Wunsch aussprechen, daß dieselbe nicht eine unabänderliche sei und der Bundesrath mit Rücksicht auf die dadurch bedingte Erschwerung der internationalen Beziehungen und die Belästigung unserer vielen Landsleute in Amerika und anderswo die Sache nochmals in Erwägung ziehe.

4. Mit der e n g l i s c h e n Gesandtschaft entspann sich eine Diskussion über die Frage, ob ein englischer Konsul berechtigt Kei, in der Schweiz ein Ehepaar zu trauen, bei welchem britische Unterthanen betheiligt sind. Die englische Gesandtschaft viudmrto für die englischen Konsuln diese Befugniß, während der Bundesrath, nach unserer Meinung mit vollem Rechte, auf der Erklärung beharrte, daß das schweizerische Gesetz den fremden Konsuln in der Schweiz die Vornahme von Funktionen des Civilstandsamtes nicht einräume.

Zu einem Einschreiten des Bundesrathes gab das Verbot der englischen Gesetzgebung der Ehe zwischen Schwager und Schwägerin Veranlaßung. Es hatte sich eine Art Praxis gebildet, daß die betreffenden Nupturienten sich nach Neuenburg wandten und dort mit staatsräthlichem Dispense und unter Entrichtung gewisser, nicht unerheblicher Gebühren die Ehe abschlössen.

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Der Bundesrath lud wohl mit gutem Grunde den Staatsrath von Neuenburg unter Hinweisung auf Art. 37, Schlußsatz, des Gesetzes über Civilstand und Ehe ein, sieh solcher Dispensertheilungen zu enthalten, da die in Art. 31 des cit. Bundesgesetzes den Kantonsregierungen eingeräumte Befugniß, ausländische Brautleute von der V e r k ü n d u n g des Eheversprechens zu dispensimi, nicht die Kompetenz in sieh schließe, eine nach dem heimatlichen Rechte der Brautleute verbotene Ehe mit Bewußtsein des Verbotes möglieh zu machen.

Steuerverhältnisse.

Daß die internationalen Beziehungen der Staaten und Volker zu einander vielfach noch in der Entwicklung zurückgeblieben sind, wird unter Anderm auch durch die Behandlung dieser Verhältnisse bewiesen.

F r a n k r e i c h erhebt den Anspruch, von dem bewegliehen Vermögen, welches ein in der Schweiz gestorbener Schweizer in Frankreich hinterläßt, die Erbschaftssteuer zu beziehen, und B e l g i e n geht unter Berufung auf ein dortiges Gesetz vom Jahre 1817 sogar so weit, die von einem in Belgien gestorbenen Schweizer hinterlassenen, in der Schweiz gelegenen Liegenschaften mit derselben Steuer zu belegen, beide Staaten ohne Rücksicht darauf, daß die Erbschaftssteuer bereits von den betreffenden Kantonen bezogen worden ist und infolge dessen flagrante Doppelbesteuerung eintritt.

Gegenüber Belgien ist die Schweiz Mangels eines Staatsvertrages wehrlos. Gegenüber Frankreich glaubten die Verletzten sich auf den Staatsvertrag mit diesem Lande, vom 15. Juni 1869, über den Gerichtsstand und die Urtheilsvollziehung berufen zu können, welcher in Art. 5 auch Bestimmungen betreffend Liquidation oder Theilung einer Erbschaft aufstellt. Allein der Bundesrath hat jeweilen seine Intervention als nutzlos abgelehnt, weil der Staatsvertrag ausschließlich civilrechtliche Verhältnisse ordne, das Steuerwesen aber öffentlichrechtlicher Natur sei.

Die Unterscheidung ist nach der gegenwärtigen Jurisprudenz, in dieser Materie zutreffend und die Haltung des Bundesrathes danach und nach den im Geschäftsberichte zitirten Präzedenzfällen unanfechtbar. Nur ist zu bedauern, daß diese Fassung und Anwendung des Vertrages für unsere Bürger eine Ungerechtigkeit und eine Schädigung im Gefolge hat.

252 Andere Verhältnisse.

1. Daß ein internationaler Staatsvertrag unter Umständen trotz seiner theoretischen Anwendbarkeit seine Wirksamkeit versagt, hat der Bundesrath gegenüber O e s t e r r e i c h erfahren.

Ein Hohenemser hatte sich im Jahre 1884 in Sehaffhauson naturalisiren lassen und zu diesem Zwecke durch die zuständige österreichische Behörde die Entlassung aus dem österreichischen Staatsverbande ausgewirkt, war also unter Erfüllung aller Requisite rechtsförmlich Schweizerbürger geworden.

Im Jahre 1886 glaubte nun aber dieselbe österreichische Behörde, welche die Entlassung verfügt hatte, zu entdecken, daß die schweizerische Naturalisirung des Hohenemsers nur zum Zwecke der Umgehung der Wehrpflicht vorgenommen worden sei, uud erließ demnach eine Verfugung, nach welcher der Betroffene als unbefugt Ausgewanderter behandelt und bei einer allfälligen Rückkehr nach Oesterreich ausgewiesen werden solle.

Der Bundesrath ließ seine diplomatische Verwendung eintreten unter Berufung auf den Niederlassungsvertrag zwischen der Schweiz und Oesterreich-Ungarn vom 7. Dezember 1875, dessen Art. l die gegenseitige freie Niederlassung gewährleistet, und nuf Art. 4, welcher eine Wegweisung nur infolge ,,gerichtlichen Urtheils, oder gesetzmäßig angewendeter und vollzogener Polizeimaßregeln, oder kraft der Verordnungen über die Sitten- und Armenpolizei'1 vorsieht.

Allein ohne Erfolg. Die k. k. Regierung erklärte, die Rückkehr des Betreffenden nach Oesterreich würde ,,Anlaß zu öffentlichem Aergernißa bieten und könne demnach verwehrt werden, da die Kontrahenten sich ihres ,,aus der Folizeihoheit fließenden Rechtes'-1, Individuen, deren Aufenthalt im Lande für die öffentliche Ordnung nachtheilig erscheine, auszuweisen.

Sollten auch die österreichischen Behörden bezüglich des Motives zum Wechsel der Staatsbürgerschaft auf richtiger Fährte sein uud das betreffende Individuum darum wenig Sympathie verdienen, so muß man doch gestehen, daß bei den gegebenen Vorgängen eine derartige Auslegung eines Staatsvertrages bedenklich ist und einer Negation desselben gleichkommen könnte.

2. Wie fruchtbar und wohlthälig die Uebereinkunft zwischen der Schweiz und Frankreich vom 23. Juli 1879 betreffend die Nationalität der Kinder naturalisirter Franzosen ist, beweist die Thatsache, daß im Berichtjahre 91 und seit dem Abschlüsse der Uebereinkunft 781 0 p t i o u s e r k l ä r u n g e n zu Gunsten der Schweiz, wovon auf Genf allein 453 entfallen, abgegeben worden sind.

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TI. Rekurswesen.

1. Der Bundesrath hat den Rekurs eines Badensers, welchem die Regierung von Solothurn die Bewilligung zur Btablirung eines ,,Geld- und Betreibungsgeschäftes" verweigerte, weil er Ausländer sei, für begründet erklärt, weil das einschlägige solothurnische Gesetz vom 25. Februar 1879 das Recht zur Betreibung von Geschäften dieser Art nicht an die Bedingung schweizerischer Staatsangehörigkeit knüpfe und nach demselben solche Geschäfte überhaupt als ,,gewöhnliches Gewerbe" und nicht als ,,obrigkeitlich konzessionirter Beruf", wie z. B. die Advokatur, erscheine und demnach auch gemäß dem schweizerisch-deutschen Niederlassungsvertrage einem deutschen Reichsangehörigen nicht verweigert werden könne.

Wir wollen die aus dem betreffenden solothurnischen Gesetze abgeleitete Begründung der bundesräthlichen Entscheidung nicht anfechten. Wenn aber der Bundesrath bei der Qualifikation des Geld- und Betreibungsgeschäftes nach solothurnischem Gesetze als eines gewöhnlichen Berufes bemerkt, ,,wie dies der Natur der Geschäfte gemäß auch nicht wohl anders sein kann", und damit zu verstehen gibt, daß solche Geschäfte von der kantonalen Gesetzgebung überhaupt nicht als obrigkeitlich konzessionirtes Gewerbe erklärt werden dürften, so könnten wir eine solche Auffassung nicht theilen, da nach unserer Ansicht ,,Betreibungsgeschäfte" ihrer Natur nach sehr wohl gleich der Advokatur und verwandten Berufsarten der staatlichen Konzession und polizeilichen Kontrole unterworfen werden können, bezw. unterworfen werden sollen.

2. Der Geschäftsbericht enthält eine einläßliehe Darstellung der bezüglich der ,, H e i l s a r m e e a nothwendig gewordenen Verhandlungen.

Wiederholt hat der Bundesrath bei den Regierungen der Kantone Bern und Waadt die Anfrage gestellt, ob die Zeit nicht gekommen sein könnte, die bezüglich der Salutisten aufgestellten außerordentlichen Verordnungen aufzuheben oder zu modifiziren, hat aber die übereinstimmende Erklärung erhalten, daß dies ohne Nachtheil für die öffentliche Ordnung noch nicht geschehen könne.

So wünschenswerth es nun wäre, daß auch für die fraglichen wunderlichen Heiligen das für Alle geltende Recht wieder hergestellt werden könnte, so darf man sich doch bei dem gegenwärtigen Stand der Dinge beruhigen, da allem Anscheine nach die betreffenden Ausnahmemaßregeln es gerade waren, welche die so schwer gestörte öffentliche Ordnung und zugleich auch die verletzte

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Achtung vor der individuellen und, religiösen Freiheit zu schützen und zu bewirken vermochten, daß, wie der Bundesrath sagt, die ganze Angelegenheit ihren frühem aufregenden Charakter mehr und mehr verliert.

B. Polizeiverwaltung.

II. Bundesstrafrecht.

Schon vielfach ist die Erfahrung gemacht worden, daß der Art. 67, lit. b , des Bundesstrafrechtsgesetzes insofern unglücklieh gefasst ist, als er für jeden Uebertretungsfall neben der Geldbuße die Gefängnißstrafe fordert.

Es gibt im Eisenbahnbetriebe Versehen so entschuldbarer N a t u r , welche von gewissenhaften und achtbaren Bediensteten in der Ausübung ihrer oft schwierigen Funktionen begangen werden, daß die Verhängung von Gefängnißstrafe über solche Fehlbare mit Rücksicht auf die ehrverletzende Bedeutung, welche die Volksanschauung jeder Einsperrung noch immer beilegt, sehr oft eine große Härte und auch eine Schädigung des dienstlichen Ansehens der betreffenden Personen und damit des Dienstes selbst nach sich zieht. Freilich helfen sich die Gerichte etwa mit Freisprechungen, ohne damit aber die Sache besser zu machen.

So sehr wir nun anerkennen, daß bei solchen gemeingefährlichen Uebertretungen Ernst und Strenge geboten sind, so möchten wir doch die Anregung machen, daß bei Gelegenheit der in Aussicht genommenen Revision des Bundesstrafrechts auch die Frage geprüft werde, ob nicht für Fälle leichter Fahrläßigkeit auch die Ausfüllung von Geldbuße allein als statthaft erklärt werden sollte.

VII. Heimatrecht.

1. Der Bundesrath hat im Berichtjahre in einem Falle dem Art. 2, lit. a, des Bundesgesetzes über die Erwerbung und den Verlust des Schweizerbürgerrechts eine Anwendung gegeben, zu welcher wir ein Fragezeichen zu setzen uns erlauben.

Die angeführte Gesetzesbestimmung schreibt vor, daß der Einbürgerungskandidat der Naturalisirung vorgäugig während zwei Jahren in der Schweiz seinen ,,ordentlichen Wohnsitz" gehabt haben müsse.

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Der Sohn eines seit langer Zeit in der Schweiz wohnhaften naturalisirten Amerikaners, der am schweizerischen Wohnorte seines Vaters geboren war und alle dortigen Schulen durchgemacht hatte, machte seine Studien auf deutscheu Hochschulen, blieb aber in der schweizerischen Niederlassung seines Vaters stets inbegriffen, und brachte auch alle Universitätsferien im elterlichen Hause zu, so daß er nie auch nur sechs Monate nach einander von Hause abwesend war. Als er nun sich das schweizerische Bürgerrecht erwerben wollte, wurde ihm vom Bundesrathe die Bewilligung hiezu verweigert, weil, vermöge seiner Abwesenheit auf ausländischen Hochschulen, das Requisit des ,,ordentlichen Wohnsitzes" in der Schweiz nicht erfüllt sei.

Wir halten dafür, daß diese Auffassung des Wohnsitzbegriffes gegenüber den thatsächlichen Verhältnissen etwas zu restriktiv sei und mit der bisherigen Rechtsanschauung nicht ganz übereinstimme.

2. Die Vereinigten Staaten von Nordamerika proklatniren und praktiziren den Grundsatz, daß ein Amerikaner keiner anderen Nationalität angehören dürfe und demnach Jeder, der das amerikanische Bürgerrecht erwerben will, seine bisherige Nationalität abschwören müsse.

Hieraus entstehen in den internationalen Beziehungen der Republik mit den anderen Staaten schwere Konflikte in Bezug auf die Staats- und Heimatangehörigkeit und fortwährende Gefahr der Entstehung von Heimatlosigkeit.

Eine Reihe von Staaten, so namentlich auch diejenigen des nunmehrigen deutschen Reiches, haben sich deßhalb schon vor Jahren veranlaßt gesehen, mit den Vereinigten Staaten Konventionen abzuschließen, deren Inhalt dahin geht: der Deutsche ist in Amerika Amerikaner und der Amerikaner ist in Deutschland Deutscher.

Dieselben Inkonvenienzen und Gefahren haben sich nun auch für die Schweiz in ihren Beziehungen zu der großen Republik im Westen ergeben, und der vorliegende Bericht des Bundesrathes legt ein beredtes Zeugniß von den bestehenden Schwierigkeiten ab.

Die Vereinigten Staaten haben nun zur Hebung der Uebelstände der Schweiz wiederholt schon das gegenüber andern Staaten angewendete Abhülfsmittel einer Konvention vorgeschlagen. Allein der Bnndesrath hat bisher die bezüglichen Eröffnungen ablehnen zu sollen geglaubt. Er ging dabei von der Betrachtung aus, daß er Angesichts von Art. 44 der Bundesverfassung, welcher vorschreibt, daß kein Kanton berechtigt sei, einen Bürger seines schweizerischen Bürgerrechtes verlustig zu erklären, und Angesichts- des positiven

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schweizerischen Staatsrechtes, nach welchem ein Schweizer nuv durch einen förmlichen Willensakt, auf die schweizerische Nationalität verzichten könne, nicht befugt sei, durch einen Staatsvertrag diese Grundsätze abzuändern.

In jüngster Zeit scheint nun aber infolge neuerer Vorfälle und .erneuerter Ueberlegung beim Buudesrathe selbst Disposition vorhanden zu sein, unter Umständen doch auf die Eröffnungen der Vereinigten-Staaten-Regierung einzugehen, und wir möchten den Bundesrath in der That ersuchen, dieser Disposition Folge zu geben und die Frage von diesem Standpunkte aus einem erneuerten Studium zu unterziehen.

Der Keim zu einer sachbezüglichen Konvention scheint uns durch den Art. 5 des Bundesgesetzes über das Schweizerbürgerrecht gelegt zu sein, indem durch diesen Artikel dem Bürgerrecht des Schweizers, welcher eine andere Nationalität erwirkt, unbeschadet des in Art. 44 der Bundesverfassung ausgesprochenen Principes, die Aktualität und Wirksamkeit benommen ist. In der angemessenen Anwendung und Entwicklung des in der erwähnten Gesetzesbestimmung enthalteneu Gedankens glauben wir mit dem .'Bundesrath e die Möglichkeit, zu dem höchst wünschbaren Staatsvertrage zu gelangen, erblicken zu dürfen.

IV. Geschäftskreis des Militärdepartementes.

1. Die Kommission hat Kenntniß genommen von dem Protokoll der Divisionär- und Wafienchefs-Konferenz vom 27./28. Dezember 1886 und sich überzeugt, daß die nöthigeu Vorbereitungen getroffen worden sind, um den in jener Zeit befürchteten Eventualitäten begegnen zu können.

D^O W

2. Wir konstatiren die günstige Aufnahme, welche das Gesetz über die Organisation des Landsturms überall gefunden hat und die gelungene Durchführung dieser Organisation. Zur Vervollständigung derselben halten wir den Erlaß von Instruktionen, namentlich für die Grenzbezirke, nöthig. Obligatorische Uebungen der Landsturmpflichtiger], wie sie vielfach gewünscht werden, sieht das

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Gesetz absichtlich nicht vor. Freiwilligen Uebungen wird dagegen nichts entgegenstehen, und dürften zu solchen gerade die für die am meisten bedrohten Bezirke aufzustellenden Instruktionen über das Verhalten bei plötzlichem Aufgebot Anlaß geben. Nebstdem halten wir die allmälige Anschaffung von Schanzwerkzeug, wie solche vom Departement in Aussicht genommen ist, für absolut geboten.

3. Unter Nr. III ,,Pädagogische Prüfung11 wird gerügt, daß die Prüfungen nicht überall rechtzeitig beginnen konnten, weil ein/eine Kreiskommandanten die Dienstbüchlein nicht komplet vorbereitet hatten. Unter Nr. IV ,,Rekrutirung" 1 wird bemerkt, daß einzelne Kreiskommandanten, statt mit bereinigten Kontrolen versehen zu sein, nur ganz unvollkommene Listen besitzen, so daß die Organisation des Rekrutirungsgeschäftes zu viel Zeit in Anspruch nimmt.

Es deuten diese Bemerkungen darauf hin, daß das Institut der Kreiskommandanten nicht überall auf Zuverläßigkeit Anspruch machen kann, woraus große Uebelstände entstehen können. Da aber die Kreiskommandanten kantonale Beamte sind, so hält es bei unserer gegenwärtigen Organisation schwer, seitens der Eidgenossenschaft wirksame Abhülfe zu schaffen.

4. Bei VI .^Unterricht, Instruktionspersonal" veranlaßt uns die Bemerkung, daß die Thätigkeit einzelner Instruktoren eine intensivere sein dürfte, dem Wunsche Ausdruck zu geben, es möchte der Bundesrath die Frage prüfen, ob nicht die Peusionimug ausgedienter Instruktoren in Aussicht zu nehmen sei.

5. Die Berichte der Kantone über den Vorunterricht (Turnunterricht") sind immer noch unvollständig und wohl auch mitunter etwas gefärbt. Die Kommission ist der Ansicht, daß diesem Uebelstände durch periodische Inspektionen entgegengetreten werden sollte.

Mit Befriedigung konstatiren wir, daß der eigentliche militärische Voruuterricht mehr und mehr Eingang findet. Der Bund liefert für diesen freiwilligen Unterrieht die Waffen und Seheiben und 40 Schüsse per Theilnehmer; er bezahlt die Kosten für Zeiger, Reparaturen und Transport. Der Unterricht erstreckt sich vorzugsweise auf Soldatenschule, Anleitung zum Schießen, Gewehrkenntniß, Schießübungen und Turnen. Es ist zu wünschen, daß der freiwillige Vorunterricht immer mehr in Aufnahme komme.

6. Die früher gemachten Bemerkungen über willkürliehe Abweichungen vom Reglement seitens einzelner Instruktoren veranJaßen die Kommission zu dem Hinweis auf Willkürlichkeiten, welche

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immer noch mit Bezug auf die Beobachtung des Bekleidungsreglements vorkommen. E s sollte streng vermieden werden, da s s 7. Mit Bezug auf die Wiederholungskurse der Infanterie des Auszugs spricht die Kommission einstimmig den Wunsch aus : ,,Es seien künftighin zu den Wiederholungskursen der Infanterie statt nur acht 10 Jahrgänge des Auszugs einzuberufen."

8. Wiederholt macht der Bericht darauf aufmerksam, daß die Jüngern Offiziere vielfach ohne gehörige Vorbereitung in die Kurse einrücken. Es ist im Interesse der genügenden Ausbildung unserer Offiziere absolut nothwendig, daß dieselben außerhalb des Dienstes sich mit den Reglementen vollständig vertraut machen, und es sollte für jeden Offizier Ehrensache sein, nur gehörig vorbereitet zum Dienste einzurücken. Die bisher beim Einrücken abgehaltenen Prüfungen sollten daher allgemein stattfinden.

9. Die Kommission schließt sich der im Berichte ausgesprochenen Ansicht vollkommen an, daß die Generalstabsoffiziere öfters zum praktischen Dienst herangezogen werden möchten. Sie spricht den Wunsch aus, es möchte dieser Ansicht thatsächlich Folge gegeben werden.

10. Die Kommission schließt sich dem Begehren an, es seien die Wiederholungskurse der Infanterie der Landwehr um einige Tage zu verlängern. Dagegen möchte die Kommission von einer Vermehrung der Landwehr-Wiederholungskurse einstweilen Umgang nehmen.

11. Die Kommission nimmt mit die Verwendung inländischer Pferde und mehr als zuläßig erweist. Sie daß in Zukunft nur solche Pferde sollen, welche im Inlande geboren

Befriedigung davon Notiz, daß bei der Kavallerie sich mehr ist auch damit einverstanden, im Inlande angekauft werden oder auferzogen worden sind.

12. Wir können nicht verhehlen, daß die Artillerie etwas pessimistisch erscheint.

gerügten Mängel in der Instruktion vom Auskunft läßt erwarten, daß diesen Mängeln werden wird.

uns der Bericht über Die uns bezüglich der Departement ertheilte in Zukunft abgeholfen

13. Die im Berichte gerügte Mangelhaftigkeit einzelner Positionskompagnien der Landwehr bezieht sich speziell auf einen Kanton,

259 welcher seine Landwehr-Posilionskompaguie aus einem einzigen Kreise formirt, statt die geeigneten Leute aus der gesammten zur Verfügung stehenden Mannschaft auszuwählen. Wir sprechen den Wunsch aus, es möchte der betreffende Kanton zu einem rationelleren Verfahren veranlaßt werden.

14. Nach den uns gemachten Mittheilungen wird gegenwärtig der Versuch gemacht, mit einem Wiederholungskurse der Genietruppen Befestigungsarbeiten von bleibendem Werth auszuführen.

Der Versuch wird darüber Aufschluß geben, ob diese Verwendung für die Instruktion die gefürchtelen Nachtheile hat oder nicht.

15. Mit Bezug auf die Anschaffung von Fleisch- und andern Con^erven hält die Kommission die im Berichte erwähnten Vorräthe für unzulänglich und sie wünscht daher, es möchten diese Vorräthe nach Möglichkeit vermehrt werden. Dabei sollte die einheimische Industrie möglichst berücksichtigt werden.

16. Mit Befriedigung konstatirt die Kommission den günstigen Bericht über die Resultate des im Fohlenhof Thun angestellten Versuchs mit Aufzucht einheimischer Fohlen.

17. Die Erstellung einer Kantine in Thun betrachtet die Kommission als nothwendig. Das Gebäude soll nach den gegebenen Aufschlüssen nach neuem Entwurfe auf circa Fr. 1IJO,000 zu stehen kommen. Dasselbe wird aber nebst der Kantine enthalten : Wohnungen für den Kantinier und den Kasernenverwalter, eine Anzahl Offizierszimmer und einige Theoriesäle.

Die Kommission betrachtet es als einen Uebelstand in sanitarischer Beziehung, daß der Militärspital in Thun im nämlichen Gebäude untergebracht ist, in welchem sich vier eidgenössische Verwaltungen (Kriegskommissariat, Verwaltung des Munitionsdepot, Post- und Telegraphenbüreau) befinden.

18. Endlich spricht die Kommission bezüglich der Landesbefestigung folgende Wünsche aus: a. es sei das Werk auf Fondo del Bosco mit dem Gotthardtunnel in direkte Verbindung zu setzen ; b. es seien die projektirten Arbeiten beim Urnerloch sobald als möglich zu beginnen ; c. es möchten überhaupt die projektirten Befestigungsarbeiten mit möglichster Beförderung ausgeführt werden.

260 Die Kommission spricht über die bisher ausgeführten Arbeiten ihre Befriedigung aus und hat einige Bemerkungen dem Vorsteher des Militärdepartements persönlich mitgetheilt.

V. Geschäftskreis des Finanz- und Zolldepartements.

A. Finanzverwaltung.

Unter den Kompetenzen dieses Departements ist eine der wichtigsten wohl die ihm zukommende Oberaufsicht über das gesammte Rechnungs- und Kassawesen, sowie die sachliche und arithmetische Prüfung der Belege, gemäß Art. l des Reglements vom 19. Februar 1877 (III, 24).

Es ist daher schwierig, den Geschäftsbericht dieses Departements zu prüfen, ohne gleichzeitig sich mit der Staatsrechnung zu befassen, wenigstens wenn man sich versichern will, daß die Revisionsarbeiten gehörig ausgeführt werden und daß der gedruckte Auszug der Staatsrechnung den Büchern und Rechnungsbelegen, die sich in den Kontra!bureaux konzentriren, entspricht. Deßhalb ist es für uns schwer verständlich, warum die Bundesversammlung, auf ein Postulat hin, von Art. 85 des erwähnten Reglements abgegangen ist, lautend : ,,Spätestens bis Ende Mär» jeden Jahres sollen die Geschäftsberichte der Departemente sammt der Staatsrechnung dem Bundesrathe vorgelegt und bis Ende April zur Vorlage an die Prüfungskommission des National- oder Ständerathes, welchem jeweilen in Sachen die Priorität zusteht, bereit sein."

Das Ergebniß der von uns soweit möglich vorgenommenen Prüfung der Komptabilität und Kontrole ist ein sehr befriedigendes.

Die Organisation derselben scheint uns zweckmäßig und praktisch; sie erleichtert die Nachschlagungen, und diejenigen, die wir vornahmen, gestatteten uns, die geforderte Uebereinstimmung zwischen den Büchern und den Rechnungsbelegen zu konstatiren. Wir ließen uns auch die Protokolle über die häufigen Kassaverifikationen vorlegen, und Alles schien uns ganz in der Ordnung zu sein.

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Umwandlung des Anleihens.

Das hervorragendste Vorkommniß in der Geschäftsführung des Finanzdepartements im Jahr 1887 war die Umwandlung des Anleihens, dessen Zinsfuß dadurch von 4 auf 3 1/2 % herabgesetzt werden konnte. Vergegenwärtigt man sich die Gesammtlage des verflossenen Jahres und sieht man ab von dem anormalen Ueberfluß verfügbarer Kapitalien, welcher seitdem noch zugenommen hat, so kann man das Departement nur beglückwünschen zu diesem Schritte und dem damit erzielten bedeutenden Erfolge, Es ist dies ein neuer Beweis für den guten Kredit, dessen sich die Eidgenossenschaft nach Innen und, was noch mehr ist, auch nach Außen erfreut. Es hängt dies wesentlich davon ab, daß sie von diesem Kredite bis jetzt mit vorsichtiger Zurückhaltung Gebrauch gemacht hat, von welcher im Interesse der Sicherheit der Zukunft des Landes auch künftig nicht abgegangen werden darf.

Die Kosten dieser Umwandlung, welche im Geschäftsberichte mit Fr. 541,771. 78 beziffert sind, hielten sich genau innerhalb des Beschlusses, d. h. l °/o für Uebernahmsgarantie und 1/4%o Provision an die Zeichnungsstellen. Der Ueberschuß umfaßt Kursdifferenz l %, Sconto der Vorausbezahlungen, kompensirt durch späteres Datum des Eintritts der Nutzung, und endlieh gewisse nothwendige Auslagen für Publikation, Anfertigung und Porto der Titel etc.

Außerordentliche finanzielle Maßnahmen.

Auch dazu können wir uns nur beglückwünschen, daß der Bundesrath nicht in die Lage gekommen ist, die im Geschäftsberichte erwähnten außerordentlichen finanziellen Maßnahmen wirklich zu treffen, wie die Tarifirung fremder Goldmünzen, die Ausgabe von Staatskassascheinen, längeres Brachliegenlassen bedeutender Baarschaft. Es waren dies aber Vorsichtsmaßnahmen, mit denen Ihre Kommission für den Nothfall ganz einverstanden ist und deren Vorbereitung bei künftigen Eventualitäten von hohem Werthe sein werden.

Münzwesen.

Wenn die Stellung der Schweiz als Glied des lateinischen Münzverbandes im Ganzen eine sehr günstige ist, so ist dies sicher kein Grund, das Vortheilhafte eines solchen Verbandes durch Zulassung von Ländern abschwächen zu lassen, welche einen Zwangskurs für Papiergeld oder Silber haben. Wir können daher die ab-

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lehnende Haltung des Bundesrathes gegenüber von Spanien und Rumänien nur gutheißen.

Als Glied der lateinischen Union hat die Eidgenossenschaft die Pflicht, der immer mehr überhandnehmenden Zuströmung von fremden und daher des gesetzlichen Kurses entbehrenden Fünffrankenstücken zu widerstehen. Leider steht dem Bundesrathe, um in diesem Sinne zu wirken, nichts weiter zu Gebote, als die Weigerung seiner Kassen, diese Geldstücke anzunehmen. Man hat auch daran gedacht, sie zu zerschneiden, wenn sie bei öffentlichen Schaltern ausgegeben werden, wie dies anderwärts unter gewissen, allerdings etwas andern Umständen geschieht. Allein es hieße dies, einem doch meistens gutgläubigen Besitzern gehörenden Privateigentum eine Benachteiligung zufügen, zu der man sieh ohne vorausgehende reifliche Erwägung kaum entschließen dürfte.

Von den außer Kurs gesetzten schweizerischen Ein- und Zvveifranken-Scheidemünzen (sitzende Helvetia) scheinen noch für mehr als Fr. 1,100,000 im Umlauf zu sein, was befremden muß. Die Bundeskasse kauft sie immer noch mit etwa 20 % Verlust zurück, was, nach den wiederholt gewährten Fristen und beim gegenwärtigen Preise des Silbers, entgegenkommend geuug ist.

Der Geschäftsbericht für 1688 wird wohl endlieh Bestimmteres bringen in Bezug auf die neuen, umgeprägten schweizerischen Fünffrankenstücke. Die eidgenössische Münzstätte ist zu deren Prägung bereit, sobald das Modell derselben definitiv angenommen sein wird.

Angelegte Kapitalien.

Die in schweizerischen Staatspapieren angelegten Kapitalien belaufen sich auf die Summe von Fr. 7,098,000 und die ausländischen auf Fr. 10,604,000. Die Auswahl derselben fein Verzeichnißdavon findet sich im Rechnungsbericht) schien uns durchaus befriedigend , namentlich was rasche und leichte Realisirung der aust ländischen Papiere betrifft, da rast alle ein großes Absatzgebiehaben. Bei den schweizerischen Papieren scheint dies nicht allgemein der Fall zu sein.

Ihre Kommission nahm auch Kenntniß von der List o der Hanken, bei denen die Eidgenosseiisehaft Kapitalien angelegt hat, sowie von dem Portefeuille der Wechseleffekten. Ueber diese zwei Kategorien zeitweiliger Anlagen ha lien wir nichts zu bemerken.

Die im Geschäftsberichte aufgezählten Spezial f o n d s bestehen fast durchweg aus inländischen Werthtiteln, deren Auswahl ebenfalls zu keiner Bemerkung Anlaß gibt.

203 Ueber die Kautionen in Geld ist nichts zu sagen. Diejenigen in Werthtiteln, namentlich diejenigen der konzessionirten Versicherungsgesellschaften und der Gotthardgesellschaft, sind einfache Hinterlagen in natura, welche mindestens in gleicher Höhe wie die festgesetzte Summe zu halten sind.

Militärsteuer und Pulververwaltung.

Diese zwei Geschäftszweige sind mit dem Jahre 18S8 an das Militärdepartement übergegangen. Es ist dies eine dem Finanzdépartement sehr wohl zu Stalten kommende Erleichterung.

Die Kommission spricht den Wunsch aus, dass das Departement, dem künftig der Bezug der Militärtaxe zukommt, das Erforderliehe vorkehren möge, damit dieselbe in allen Kautonen gleichmäßig zur Anwendung gelange.

Banknotenkontrole.

Ihre Kommission findet keine Veranlaßung, bei dieser Abtheilung des Finanzdepartements zu verweilen, so viel Interessantes sie auch bietet. Da eine Revision des bezüglichen Gesetzes bevorsteht, so werden die Anträge des Departements, welche, wie man uns sagt, in der Dezember-Session vorgelegt werden sollen, sowie die daran sich knüpfenden Berathungen abzuwarten sein.

Wir wollen nur mit Befriedigung konstatiren, daß das Verhältniß der Baarschaft im Vergleiche zu den zirkulirenden Banknoten und selbst zu den andern Verpflichtungen auf Sicht im letzte» Jahre sich wesentlich verbessert hat. Es geschah dies theils infolge eines im März 1887 vom Departement an die Emissionsbanken erlassenen dringenden Aufrufes, theils infolge der Flauheit der Escomptirungsgeschäfte und der Ueberfüllung verfügbarer Kapitalien.

Den besten Beweis hiefür gibt der Geschäftsbericht, welcher konstatirt, daß der mittlere Diskonto-Ansatz in der Schweiz im Jahr 1887, nämlich 2,93 % tiefer stand als derjenige aller andern Länder Buropas.

B. Zollverwaltung.

Die Rohein nahmen dieser Verwaltung beliefen sich im Jahr 1887 auf 24 1/ 2 Millionen, 2 1/4 Millionen mehr als im Budget vorgesehen

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war. Die Zollbezugskosten betragen nur Fr. 1,823,000, was 7,44 % der Roheinnahmen ausmacht. Es sind dies finanzielle Ergebnisse, welche man sicher freudig begrüßen würde, wenn ihnen nicht anderseits drückende Lasten für einen Theil der Bevölkerung zur Seite stünden. Was mag gegenüber diesen Ziffern die neue Belastung des am 1. Mai 1888 in Kraft getretenen Tarifs für Ergebnisse zeigen? Es wird von Interesse sein, dies zu erfahren, und Ihre Kommission hat bereits das Departement darum angegangen, im Geschäftsbericht von 1888 eine diesfällige spezielle Statistik, in einfacher Form, zu geben. Es wird genügen, bei einer Anzahl von Artikeln, insbesondere beim Vieh, in Bezug auf welches Zollerhöhungen stattfanden, zu konstatiren, inwieweit die Einfuhr nach der Schweiz eine Aenderung erlitten hat.

Es wäre wünschbar gewesen, wenn der für die nächste Session angekündigte Bericht des Bundesrathes über die Motion Künzli mit der Anwendung des neuen Tarifs zusammengefallen wäre, da diese Motion ein theilweises Korrektiv der Zollerhöhungen im Auge hat.

Alkoholgesetz.

Nachdem dem Finanz- und Zolldepartement eine eigene Sektion für die Verwaltung des Alkoholmonopols zugetheilt worden, sollte man, wie Ihre Kommission findet, derselben überhaupt, die Prüfung und Formulirung der zahlreichen und delikaten Maßregeln überweisen, welche dieser neue Geschäftszweig nöthig macht, und der Zollabtheilung nichts Weiteres als die diesfällige Vollziehung übertragen. Die Geschäftslast dieser letztern ist bereits so bedeutend, daß man sie möglichst erleichtern muß. Es würde dadurch der Direktion unter Anderem auch mehr Zeit dafür offen bleiben, um eine stetigere Fühlung mit den Direktoren unserer sechs Zollkreise aufrecht zu halten.

Je schwerer unsere Zölle -- wir könnten nun sagen unser» Schutzzölle -- auf dem Publikum lasten, desto nothwendiger erscheint es, daß das letztere wenigstens in der Behandlungsform geschont, daß ihm jede überflüssige Anforderung erspart werde, daß man ihm die oft so komplizirten Deklarationen erleichtere und daß man bei Irrungen, wo sie gewöhnlich notorischerweise auf gutem Glauben beruhen, möglichste Rücksicht walten lasse. Dieses Resultat läßt sich nur durch anhaltende Bethätigung der Oberleitung erzielen, wozu ihr aber die nöthige Zeit einzuräumen ist.

Wir haben übrigens, was die Zollübertretungen betrifft, aus der im Geschäftsberichte enthaltenen Uebersicht gern ersehen, daß

265 beinahe alle zum gütlichen Austrage gelangen, indem die Zuwiderhandelnden es vorziehen, die Sache dem billigen Ermessen der Oberbehörde anheimzugeben, als an die Gerichte zu rekurriren.

Endlich ist es selbstverständlich, daß man durch die Erhöhung der Zölle eine Vermehrung des Schmuggels riskirt, mit welchem auch die, Ueberwachungsschwierigkeiten und Sorgen der Direktion zunehmen müssen.

Alkoholmonopol.

Der Bericht dieser Abtheilung über das Jahr 1887 konnte nicht gleichzeitig mit dem allgemeinen Berichte fertig gestellt werden.

Die Direktion dieses Verwaltungszweiges, dessen Organisation durchweg neu zu schaffen war, hofft, denselben der Bundesversammlung im Laufe der Junisession vorlegen zu können.

VI. Geschäftskreis des Handels- und Landwirthschaftsdepartementes.

I. Abtheilung.

Handel, Industrie und Gewerbe.

I. Handelsverträge.

Die Kommission ventilirte die Frage, oh hei länger andauerndenUnterhandlungenn über neue Verträge mit Deutschland., Oesterreich und Italien nicht während der vertragslosen Zeit, unter Aufhebung der Meistbegünstigungsklausel,unserrGeneraltariff Kur Anwendung zu bringen sein durfte.

Da übrigens die drei Staaten unmöglich gleich behandelt werden können, und da es den Anschein hat, daß die Verhandlungen zwischen Italien und Frankreich, die das Verhältniß der Schweiz zu den drei genannten Vertragsstaaten wesentlich beeinflussen, ziemBundesblatt. 40. Jahrg. Bd. III.

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lieh bald zum Abschlüsse gelangen dürften, so beschränkt sich die Kommission darauf, den Bundesrath auf die eingangs angedeutete Eventualität hinzuweisen und ihm im Uebrigen thunlichste Beförderung all' dieser Handelsvertragsangelegenheiten anzuempfehlen, damit dem für Handel und Industrie äußerst nachtheiligen Zustande der Ungewißheit bald ein Ziel gesetzt werde.

YI1. Handelsregister.

Die vom Bundesrathe namhaft gemachten Rekursentscheidungen punkto Pflicht zur Eintragung erscheinen der Kommission als gerechtfertigt.

Ob bei Merceriewaarenhandlungen und ähnlichen Geschäften ein Geschäftsumsatz von jährlich Fr. 10,000 gerade das richtige Kriterium bilde, namentlich mit Rücksicht auf die Folgen des Rechtstriebs- uud Konkursgesetzes, wollen wir hier um so eher ununtersucht lassen, als ja eint: Revision der sachbezüglichen Bestimmungen des Obligationenrechtes in nächster Sicht steht.

IX. Gewerbe.

Den schon im Bericht dei ständeräthlichen Kommission zum Geschäftsbericht pro 1886 ausgesprochenen Wunsch, es möchten die Verhältnisse der gewerbetreibenden Arbeiter und Lehrlinge gesetzlich geordnet werden, können wir nur theilen uud wiederholen. Es scheint übrigens die Realisation näher gerückt zu sein, indem nicht bloß sachbezügliche Enqueten angeordnet und erhoben bind, sondern der schweizerische Gewerbeverein auch bereits eine diesfällige Vorlage ausgearbeitet hat.

XI. Fabrikgesetz.

Ein früher durch die Arbeiter auch zu Händen der Bundesversammlung ausgesprochener Wunsch um Vermehrung der Zahl der Fabrikinspektoren sei nicht wiederholt worden, wohl deßhalb, weil die Fabrikbesitzer viel mehr als früher von sich aus den gerechtfertigten Forderungen des Gesetzes nachkommen.

Immerhin sind nach Mittheilungen des Departementes die Geschäfte einzelner Inspektoren so angewachsen, daß einem derselben bereits ein Adjunkt, einem andern ein Kopist beigegeben werden mußte und bei einem dritten ebenfalls ein Adjunkt wird angestellt werden müssen, und es ist gedenkbar, daß in der Folge,

2t i 7 wenn auch aus andern, als den früher von den Arbeitern geltend gemachten Gründen, die Zahl der Inspektoren seihst vergrößert werden muß.

Die Kommission spricht sich dafür ans, daß die. Entlastung der Inspektoren von den formellen Arbeiten vorzuziehen um!

nöthigenfalls noch weiter auszudehnen sei, bevor au die Vermehrung der Inspektoren selbst herangetreten wird.

XIII Haftpflicht und Unfallversicherung.

Die Kommission nimmt mit Befriedigung Akt davon, daß der Bundesrath nebst der Unfallstatistik auch die in seiner Botschaft vom 5. Dezember 1887 in Aussieht gestellten Nebenarbeiten bereits zum Theile (Ziffer 7, a, b, und c) in Angriff genommen hat und dass, nach den Eröffnungen des Departements-Chefs, auch jetzt noch beabsichtigt wird, die Vorschläge für eine zum Erlaß der Unfallgesetzgebung nach seiner Ansicht unerläßliche V erfa ssungsrevision schon vor Ablauf der drei Jahre, die der Unfallstatistik eingeräumt sind, der Bundesversammlung vorzulegen.

II. Abtheilung.

Landwirthschaft.

A. I. 5. e. Weinbauversuchsstation Lausanne.

Der bei Abfassung des Geschäftsberichtes dem Bundesrathe noch nicht vorliegende Bericht über diese Station stand der Kommission zur Verfügung und erklärt durch die Erwähnung der ausgedehnten Thätigkeit dieses Institutes die Größe der dafür verwendeten Summe von über Fr. 48,000 durch den Kanton allein.

III. Verbesserung des Bodens.

Die nicht ausgeführten 10 Projekte beschlagen hauptsächlich Entwässerung, aber auch gegentheils die Erstellung von Kanalen und Leitungen zum Zwecke der Bewässerung von Grundstücken, was immerhin mit dem Wortlaut des Art. 7 des Bundesbeschlu ae ; vom 27. Juni 1884 punkto Förderung der Landwirthschaft durchaus vereinbar ist.

268

IV. C. 2. Internationale Beziehungen.

Die auf pag. 75 des Geschäftsberichtes in Aussicht gestellte Vereinbarung mit Frankreich ist seitdem erfolgt, in dem Sinne, dass den waadtländischen Berginspektoren gestattet wird, ihre Untersuchungen des auf den Bergen des Departementes des Doubs weidenden schweizerischen Viehes vorzune men, aber unter Beobachtung der französischen Gesetzgebung und mit der Pflicht, von jedem entdeckten Krankheits- resp Seuche-Falle auch den französischen Behörden sofort Anzeige zu gehen.

V. I. 2. Maßnahmen gegen landwirtschaftliche Schäden.

Auf eine von Seiten einzelner Mitglieder der Kommission ausgesprochene Befürchtung, es möchte in den dem Kanton Genf bewilligten Samenrebschulen amerikanischer Sorte etwa mit lebendigen Exemplaren der Phylloxéra experimentirt werden, gab das Departement die beruhigende V ersi eher u u g, daß dies selbstverständlich weder gestattet würde, noch auch beabsichtigt sei.

V. II. 6. Auftreten der Reblaus im Jahre 1887.

Da die pro 1887 für die Kantone entfallenden Subsidien für Bekämpfung der Reblaus noch nicht ausbezahlt sind, fragte die Kommission das Departement au, ob bei der demnächst erfolgenden Ausbezahlung das alte System befolgt oder nach den im Postulate Fonjallaz und Konsorten vom 30. Juni 1886 (Nr. 360) aufgestellten Prinzipien, also unter Berücksichtigung aller den Kantonen nothwendig erwachsenen Kosten werde vorfahren werden. Das Departement bekundete die Absicht, dem Postulate jetzt schon Folge zu geben.

Wenn wir nun dieses Vorgehen auch als der Billigkeit und der ursprünglichen Absicht des Bundesbeschlusses vom 27. Juni 1884 punkto Förderung der Landwirthschaft entsprechend anerkennen wollen, so scheint es uns auf der andern Seite doch angezeigt, dass der Bundesrath untersuche, ob nicht an Stelle der 2 verschiedenen Systeme der Bekämpfung der Reblaus, sofern beide, wie im Berichte angedeutet ist. gleichen Erfolg habeu, blos das Eine und zwar das weniger kostspielige zu setzen oder doch denjenigen Kantonen, die durchaus das theurere System anwenden wollen, ein entsprechender Abzug an den Subsidien zu machen sei.

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III. Abtheilung.

I. Forstwesen.

Bezüglich Erweiterung des eidgenössischen Forstgebietes auf den Jura oder noch weiter erfuhren wir vom Departement, daß Neigung vorhanden sei, dem Gesuche zu entsprechen, sofern dasselbe sich als verfassungsmäßig zuläßig herausstelle. Im Uebrigeu wird hier auf die in Aussicht gestellte Botschaft hinzuweisen sein.

V. Abtheilung.

Versicherungswesen.

Der auf Seite 128 des Geschäftsberichtes vorgesehene Bericht des eidgenössischen Versicherungsamtes ist seitdem erschienen, wesentlich bestehend in statistischen Tabellen über die Rechnungen der in der Schweiz bestehenden Personen-, Sach- und Rück-Versicherungs-Gesellschaften, zu welchem reichhaltigen Material eine Einleitung über den Zweck des Aufsichtsgesetzes im Allgemeinen und eine Uebersicht über die den getroffenen Verfügungen etc. zu Grunde liegenden Prinzipien einen unentbehrlichen und werthvolleu Kommentar liefert.

Da der Bericht voraussichtlich an die Mitglieder der Käthe ausgetheilt werden wird, enthalten wir uns weiterer Ausführungen.

VII. Geschäftskreis des Post- und Eisenbahndepartements.

A. Postverwaltung.

IT. Vorlagen an die Bundesversammlung.

Ziffer 2. Eine neuf. Regelung der Haftpflicht der Postverwaltung im Sinne der Ausdehnung und Verschärfung, sei es für sich ulleiu, sei es in Verbindung mit einer Revision des Postregalgesetzes von 1849, erscheint der Kommission als wünschenswert!! und dringlich.

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Ziffer 3. Die Kommission spricht den Wunsch aus, dass auch die Frage derRücktrittsgehaltee mit allerBeförderung' studirt und einesachbezüglichee Vorlagegemachtt werde.

O O O

B. Telegraphenverwaltung.

Die Kommission theilt die Auffassung des Bundesrathes, daß die anno 1881 von den Käthen verlangte Abtrennung des Rech nungswesens zwischen Telegraphen- und Telephondienst mehr nur den Erfolg einer vermehrten Arbeitslast, als grösserer Ueberischtlichkeit des Rechnungswesens etc. aufzuweisen habe. Sie, gewärtigt aber hierüber allein oder in Verbindung mit dem Bericht über das Postulat vom 23. Dezember 1887 (Nr. 384) baldigen Bericht und Antrag des Bundesrathes in einläßlicher Botschaft.

C. Eisenbahnwesen.

B. 1. Rechtliche Grundlagen über Bau und Betrieb der Eisenbahnen.

Nachdom der Bundesrath über die Behandlung der Moratoriumslinien und den Erwerb der Nordostbahn durch den Bund theils auf frühere mündliche Mittheilungen, theils auf einen nächstens zu ertheilenden einläßlichen Bericht abstellt, wird dieser Bericht abzuwarten sein, obwohl nicht ganz ersichtlich ist, daß derselbe bei Anlaß der Botschaft über Fristerstreckung für die rechtsufrige Zürichseebahn absolut richtig angebracht sei.

B. 7. Baulicher Zustand und technische Bahn-Kontrole.

Mit der Festsetzung von l Meter als Normalspurweite für Schmalbahnen ist die Kommission völlig einverstanden.

B. 8. Bahnbetrieb.

1. Tarif- und Transportwesen.

Der Bundesrath sollte, wenn er nicht direkt befehlen kann, durch anderweitige Pressionen die schweizerischen Bahn-Gesell-

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Schäften zwingen, die neuen Tarife (pag. 638 des Geschäftsberichtes) wirklich zur Anwendung zu bringen.

Daß der Bundesrath auch die Dampfboot-Unternehmungen dazu anhielt, ihm ihre Taxen für den Güterverkehr zur Genehmigung zu unterbreiten, überhaupt zur Einrichtung des direkten Personen- und Güterverkehrs mit den Eisenbahnen Hand zu bieten, erscheint allermindestens aus Zweckmäßigkeitsgründen für den Verkehr als gerechtfertigt.

2. Kontrole des Bahnbetriebes.

Der Bundesrath wird ersucht, alles Mögliche zu thun, um einerseits dem Uebelstand der Ueberfüllung der Personenwagen abzuhelfen, anderseits bessere Beleuchtungs- und Beheizungs-Einrichtungen (Dampfheizung) allgemein einzuführen.

Bezüglich neuerer Definition von Sonntagsruhe und früherem Freisonntag neigt sich die Kommission eher der Auffassung des Bundesrathes (pag. 647) zu, gewärtigt aber definitive Vorsehläge.

Wenn die Motion Curti und Genossen vom Juni 1886 wirklich nur auf dem Gesetzeswege erreichbar ist, welche Ansicht wir theilen, so wird die Erwartung ausgesprochen, daß das auf pag. 651 in Aussicht gestellte Gesetz nicht allzu lange auf sich warten lasse.

4. Fahrpläne und Fahrordnung.

Der Bundesrath wird ersucht, dafür zu sorgen, daß die Fahrplan-Entwürfe so rechtzeitig publizirt werden, daß die Interessenten wirklich in der Lage sind, ihre Reklamationen mit Erfolg einzureichen, sowie dafür, daß die Anschlußverhältnisse besser regulirt werden.

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B. Geschäftsführung des Bundesgerichtes.

Eine bedeutsame und tief einschneidende Umgestaltung steht dem schweizerischen Bundesgerichte bevor, wenn der im Geschäftsberichte des Bundesrathes und im gegenwärtigen Berichte erwähnte Entwurf zu einem neuen B u n d e s g e s e t z e ü b e r die O r g a n i s a t i o n der B u n d e s r e c h t s p f l e g e Gesetz werden sollte.

Der betreffende Entwurf schlägt die nachbezeichneten wesentlichen Reformen vor: 1) Die Zahl der Mitglieder des Bundesgerichtes wird von 9 auf 13 erhöht.

2) Das Gericht zerfällt in zwei Abtheilungen (Senate) von 6 Mitgliedern mit gemeinschaftlichem Präsidium, deren eine im Wesentlichen als C i v i l g e r i c h t s h o f , die andere als Gerichtshof für die s t a a t s r e c h t l i c h e n Streitigkeiten fungirt.

Das öesammtgericht ist Kassationsgericht in Strafsachen und beurtheilt die nicht einer Abtheilung zugewiesenen Geschäfte.

3) Streitigkeiten des öffentlichen Rechtes, z. B. S t e u e r p r o z e s s e , für welche die kantonale Gesetzgebung das gerichtliche Verfahren vorsieht, fallen auf Parteibegehren in die Kompetenz des Bundesgerichtes.

4) Die A p p e l l a t i o n s s u m m e wird von Fr. 3000 auf Fr. 1000 herabgesetzt.

5) I n n i c h t a p p e l l a b e l n Sachen, welche von den kantonalen Gerichten nach eidgenössischen Gesetzen zu beurtheilen sind, kann das Bundesgericht als K a s s a t i o n s i n s t a n z angerufen werden und es ist die rechtliche Entscheidung des Bundesgerichtes alsdann für die kantonalen Gerichte verbindlich.

6) Der von den kantonalen Gerichten festgestellte Thatbestand ist für das Bundesgericht als Oberinstanz unverbindlich, wenn die Feststellung den Akten widerspricht oder es sich um die Beurtheilung von Willenserklärungen handelt.

Diese Reformen entsprechen unstreitig einem im Volke und im Bundesgerichte selbst schon längst lebhaft empfundenen Bedürfnisse und wir können demnach nur wünschen, daß dieselben recht bald verwirklicht werden, damit das schweizerische Bundesgericht mehr, als bisher der Fall war, seinen Einfluß auf die nationale Rechtspflege ausüben kann.

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Unsere Zustimmung zu den bezeichneten Reformideen wird eine um so ungeteiltere sein, wenn dieselben durchgeführt werden können, ohne daß das m ü n d l i c h e Verfahren, welches iü der Tradition und dem Temperamente unseres Volkes wurzelt, einem schriftlichen Prozesse hintangestellt wird und ohne daß der alsdann frequentere Verkehr zwischen dem Bundesgerichte und den kantonalen Gerichten durch häufige Rückweisungen an diese letztem einen schwerfälligen Gang erhält.

C. Anträge der Kommission.

A. Geschäftsführung des Bundesrathes.

1. Der Bundesrath wird eingeladen, Bericht und Antrag darüber zu bringen, wie die endgültige Redaktion der Bundesgesetze und die Bereinigung ihrer Texte in den drei Landessprachen zweckmäßiger organisirt werden kann.

B. Im Allgemeinen.

Der Geschäftsführung rung des Bu Bundesrathes und des Bundesgerichtes im Jahre 1887 wird die die Genehm Genehmigung ertheilt.

B e r n , den 19. Mai 1888.

Die Mitglieder d e r K o m m i s s i o n des N a t i o n a l r a t h e s : Kurz.

Brosi.

Fonjallaz.

Häberlin.

Holdener.

Keller.

Müller (Ed., Bern).

Pictet.

Schmid.

Sater.

Théraulaz.

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Bericht der nationalräthlichen Kommission über die Geschäftsführung des Bundesrathes und des Bundesgerichtes im Jahre 1887. (Vom 19. Mai 1888.)

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1888

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02.06.1888

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