1034 befreunden könnten, wollen Sie unserem Departement des Innern ebenfalls bis Ende August ein Verzeichnis der Gemeinden Ihres Kantons nach dem gegenwärtigen Stande übermitteln. Es würde sodann Vorsorge getroffen werden, daß sämmtliche Gemeindebehörden bis längstens Mitte Oktober in den Besitz der nöthigen Formulare und Zählpapiere gelangen würden.

Wir benutzen diesen Anlaß, Sie, getreue, liebe Eidgenossen, sammt uns in Gottes Machtschutz zu empfehlen.

B e r n , den 14. August 1888.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Hertenstein.

Der Stellvertreter des eidg. Kanzlers : Schatzmann.

# S T #

Aus den Verhandlungen des Schweiz. Bundesrathes.

(Vom 4. Juli 1888.)

Der Negotiant F. Buser, von und in Aarau, betreibt in Zürich seit einer Reihe von Jahren den gewerbsmäßigen Ankauf von getragenen Kleidern. Derselbe wurde von den zürcherischen Behörden verhalten, sich bei Ausübung seines Gewerbes an die Bestimmungen des Gesetzes betreffend die Gewerbe der Pfandleiher, Feilträger und Gelddarleiher, vom 2l. Mai 1882, zu halten. Rekurrent beschwerte sich hierüber beim Bundesrath wegen Beeinträchtigung der Handels- und Gewerbefreiheit. Der Bundesrath ist auf den Rekurs wegen Inkompetenz, materiell nicht eingetreten, in Erwägung : 1) Daß die Kantone befugt sind, die Gewerbe der Pfandleiher, Feilträger u. s. f. gewissen Kontroibestimmungen und Beschränkungen zu unterwerfen, indem solche Vorschriften unter den Begriff der

1035 durch Art. 31, litt, e, der Bundesverfassung vorbehaltenen Verfügungen über die Ausübung von Handel und Gewerben fallen, steht bundesreehtlich fest und ist speziell durch den von der Bundesversammlung bestätigten ßundesrathsentseheid in Sachen Eichin und Konsorten vom 11. Februar 1887 anerkannt worden (Bundesblatt 1887, I, 596).

2) Im vorliegenden Falle handelt es sich um die Frage, ob der Rekurrent von der Zürcherbehörde mit Recht den Vorschrtften des zürcherischen Gesetzes vom 21. Mai 1882 über die Gewerbe der Pfandleiher etc. unterworfen werde, nicht darum, ob das Gesetz selbst und dessen Bestimmungen bundesrechtlich zuläßig seien.

Die A n w e n d u n g der kantonalen Gesetze ist nun aber Sache der Kantonsbehörden und entzieht sich der Prüfung der administrativen Bundesrekursinstanz. Sollte der Rekurrent in der Anwendung des erwähnten Spezialgesetzes auf ihn eine Beeinträchtigung seiaer Rechtsstellung erblicken, so könnte er sich eventuell beim Bundesgerichte wegen Verletzung der Gleichheit aller Bürger vor dein Gesetze (Art. 4 der Bundesverfassung) beschweren.

Ein Rekurs des deutschen Staatsangehörigen R. Thal, von Arolsen (Waldeck"), Dekorationsmaler in Eoge-Zürich, gegen seine Besteuerung als ,,auswärtiger Liegenschaftsbesitzer'1 in St. Gallen wird gestützt auf folgende Erwägungen als unbegründet abgewiesen : 1) Der Rekurrent hat seinen ordentlichen Wohnsitz in Enge (Kanton Zürich); in St. Gallen besitzt er ein Geschäftsdomizil.

Seine Ausweisschriften sind in Enge hinterlegt, in St. Gallen hat er bloß die Niederlassung genommen, um daselbst ein Zweiggeschäft zu betreiben. Außerdem besitzt er in St. Gallen eine Liegenschaft, ein Haus, das er käuflich zu Eigenthum erworben hat.

2")-'Weil die st. gallischen Steuerbehörden den Rekurrenten nicht bloß für das im Zweiggeschäft angelegte Vermögen und dis daher stammende Einkommen besteuern, sondern in Anwendung von § 8, litt, b, des dortigen Steuergesetzes ihn überdies für den wahren Werth seiner Liegenschaft, ohne Abzug der Hypothekarschulden, zur Steuer heranziehen, also wie einen ,,auswärtigen"1 Liegenschaftsbesitzer behandeln, so glaubt derselbe in den durch Art. Ï des deutsch-schweizerischen Niederlassungsvertrages vom 27. April 1876 im Zusammenhalt mit Art. 43 der Bundesverfassung ihm zugesicherten Rechten als Niedergelassener beeinträchtigt zu sein. ,,Der direkte Gegensatz zur Auswärtigkeit", sagt der Rekurrent,

1036 ,,ist ein rechtlicher, auf einer faktischen Grundlage -- Wohnung oder Geschäftsbetrieb -- ruhender Verband mit einem Staate, d. h.

mit andern Worten die Niederlassung.11 3) Das Bundesgericht hat bei seinem diesfälligen Entscheide vom 20. April 1888 gefunden, es liege in der den Rekurrenten in St. Gallen treffenden Besteuerung keine Verfassungsverletzung, speziell nicht eine solche des Grundsatzes der Gleichheit der Bürger vor dem Gesetze (Art. 4 der Bundesverfassung).

Wörtlich sagt der Gerichtshof darüber : ,,Dieselbe (d. h. die Entscheidung der st. gallischen Behörden) beruht auf einer Auslegung des kantonalen Steuergesetzes, welche jedenfalls möglich ist und die sich im Uebrigen der Nachprüfung des Bundesgerichtes nach bekanntem Grundsatze entzieht. Wenn es grundsätzlich zuläßig ist, bezüglich der Gestattung des Schuldenabzugs bei der Versteuerung von Grund und Boden einen Unterschied zwischen Kantonseinwohnern und Nichtkantonseinwohnern zu machen, so muß es gewiß den Kantonen auch anheimgegeben sein, darüber zu entscheiden, ob Steuerpflichtige, die ihr persönliches Domizil auswärts haben und im Kanton nur eine Greschäftsniederlassung besitzen, in der gedachten Richtung den Kantonseinwohnern oder den Auswärtswohnenden zuzuzählen seien."

4) Der Bundesrath nimmt keinen Anstand, dem Rekurrenten als deutschem Staatsangehörigen, gleichwie es auch das Bundesgericht gethan hat, zuzugestehen, daß er kraft des deutsch-schweizerischen Niederlassungsvertrages an seinem Niederlassungsorte in Steuersachen nicht anders behandelt werden darf, als wie ein Schweizerbürger. Wenn daher die Beschwerde eines Schweizerbürgers im Falle des Rekurrenten begründet erklärt werden müßte, so ist diesem Letztern gegenüber ebenso zu erkennen.

Allein die vorliegende Beschwerde kann aus materiellrechtlichen Gründen nicht gutgeheißen werden, wie sich aus den nachfolgenden Betrachtungen ergibt. Zufolge des Art. 43, Abs.. 3, der Bundesverfassung hat der niedergelassene Schweizerbürger an s e i n e m W o h n s i t z e alle Rechte der Kantonsbürger und mit diesen -- Ausnahmen vorbehalten -- auch alle Rechte der Gemeindebürger zu beanspruchen.

Nach Art. 45, Abs. 6, der Bundesverfassung darf die Gemeinde, in welcher der niedergelassene Schweizerbürger s e i n e n W o h n s i t z nimmt, ihn nicht anders besteuern als den
Ortsbürger.

Diese beiden Rechtssätze allein können im Rekursfall in Betracht kommen. Im Grunde liegt in beiden nichts Anderes als die Gleichstellung der Niedergelassenen mit den Kantons- und Gemeindebürgern an ihrem ,, W o h n s i t z e " .

1037 Da der Rekurrent seinen ,,Wohnsitz" nicht in St. Gallen hat, demnach, wie auch das Bundesgericht annimmt, nicht den Kantonseinwohnern im eigentlichen Sinne des Wortes beizuzählen ist, so kann in seiner Behandlung als ,,auswärtiger"1 Eigenthümer keine Verletzung der nach den zitirten Sätzen der Bundesverfassung ihm zustehenden Rechte liegen.

Daß der Kanton St. Gallen a l l e in seinem Gebiete befindlichen , n u r eine Geschäftsniederlassung besitzenden Personen in Hinsicht auf § 8, litt, b, seines Steuergesetzes, wie den Rekurrenten, als Auswärtige behandeln muß, bedarf keiner Erörterung. Im entgegengesetzten Falle, der übrigens auch vom Rekurrenten nicht als thatsächlich vorhanden angenommen wird, würde der Rekur.rent mit Recht wegen Verletzung der Gleichheit vor dem Gesetze beim Bundesgerichte sich beschweren können.

Ebenso mag der Rekurrent, wenn er unrichtiger Weise in St. Gallen mit einer Haushaltungssteuer belegt wird, zuständigen Ortes um Remedur einkommen.

(Vom 14. August 1888.)

Der Konsul der Vereinigten Staaten von V e n e z u e l a , Herr Ernst von Hease-Wartegg, in Bern, hat das eidgenössische Exequatur erhalten.

Der Bundesrath hat in T r a i g u e n (Chile) ein schweizerisches Vizekonsulat errichtet, dessen Amtskreis die folgenden Provinzen umfassen wird : Malleco, mit den Departementen Angol, Collipuli und Traiguen, Cautin, mit den Departementen Pemuco und Imperiai.

Als Vizekonsul ist Herr Louis Mo r en, aus Vétroz (Wallis).

in Traiguen, ernannt worden.

Die Taggelder und Reiseentschädigungen der Schätzungskommissionen für Brennereientschädigungen werden denjenigen der Mitglieder des Nationalrathes und der Kommissionen der Bundesversammlung gleichgestellt (Art. l des Bundesrathsbeschlusses vom 26. November 1878).

Der Bundesrath hat den für den Bau P a r a d i s o bei Lugano nach dem Gipfel der Gesellschaft vorgelegten Finanzausweis, angesetzt ist, vorbehaltlich der Genehmigung

der Drahtseilbahn von des San Salvatore von welcher zu Fr. 600,000 der Statuten, genehmigt.

1038 Der Bundesrath hat die Stelle eines Grenzwachtchefs in Basel errichtet.

Die in verschiedenen Zeitungen verbreitete Nachricht, der Bundesrath beabsichtige, zur Untersuchung der Verhältnisse des Generalkonsulates in Bukarest zum dortigen Schweizerverein einen Spezialbevollmächtigten dahin zu entsenden, ist unrichtig.

(Vom 17. August 1888.)

Die Gesellschaft zur Hebung der Pferdezucht in der französischen Schweiz, welche auf den 22. und 23. dies eine Pferdeausstellung und ein Pferderennen in Y v e r don veranstaltet, hat zur Unterstützung ihrer Bestrebungen vom Bundesrathe eine Ehrengabe von Fr. 200 erhalten.

Von dem Verzieht der Lebensversicherungsgesellschaft ,,La F o n c i è r e " 1 in Paris auf die ihr unterm 26. November 1886 ertheilte Konzession zum Geschäftsbetriebe in der Schweiz ist Notiz genommen worden. Die Gesellschaft verbleibt rücksichtlich der Abwicklung der bestehenden Versicherungsverträge unter der Aufsicht und Gesetzgebung des Bundes.

Der Bundesrath hat anläßlich der Bewilligung eines Bundesbeitrages an eine neue Weganlage und Parzelleneintheilung eines Feldes beschlossen, daß für Landentschädigung nur diejenigen Beträge in Rechnung gestellt werden dürfen, welche die unternehmende Genossenschaft an D r i t t e (nicht Mitglieder der Genossenschaft) für Landerwerb zu zahlen hat.

Zum Kommis auf dem Hauptpostbüreau Zürich ist Hr. Eduard Glanzmann, Postkommis, von und in Luzern, gewählt worden.

Der Bundesrath hat das Postbürean C h ê n e - B o u g e r i e s (Genf) wegen des minimen Verkehrs auf den 1. Oktober nächsthin aufgehoben.

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