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Schweizerisches Bundesblatt.

40. Jahrgang. III.

Nr. 34.

28. Juli 1888.

Jahresabonnement (portofrei in der ganzen Schweiz): 4 Franken.

Einrückungsgebühr per Zeile 15 Kp. -- Inserate sind franko an die Expedition einzusenden.

Druck und Expedition der Stämpfischen Buchdruckerei in Bern.

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Reglement zur

Vollziehung der Strafbestimmungen des Bundesgesetzes vom 23. Dezember 1886 betreffend gebrannte Wasser.

(Vom 24. Juli 1888.)

Der s c h w e i z e r i s c h e B u n d e s r ath, in Ausführung der Artikel 10, 14, 15, 17 und 20 des Bundesgesetzes betreffend gebrannte Wasser ; auf den Antrag seines Justiz- und Polizeidepartements, sowie seines Finanzdepartements, beschließt:

A. Thatbestand.

Art. 1. Der Uebertretung des Bundesgesetzes vom 23. Dezember 1886, betreffend gebrannte Wasser ( Amtl.

Samnil. n. P. X, 60), macht sich gemäß Art. 14 dieses Gesetzes schuldig: a. wer unbefugter Weise gebrannte Wasser erzeugt; 6. wer die nach Art. l und 2 des Gesetzes befugter Weise erzeugte Menge gebrannter Wasser nicht vollständig an den Bund abliefert; c. wer eine ungerechtfertigte Rückvergütung sich zuwendet; Bundesblatt. 40. Jahrg. Bd. III.

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d. wer denaturirt bezogene Waare zu anderà als den gestatteten Zwecken verwendet; e. wer auf unrechtmäßige Weise gebrannte Wasser sich verschafft.

Der Versuch der in lit. a bis e aufgezählten Handlungen wird der Vollendung gleich gehalten.

Art. 2. Außer den oben genannten Fällen wird jede Uebertretung des Bundesgesetzes vom 23. Dezember 1886 oder der zur Ausführung desselben erlassenen Verordnungen gemäß Art. 15 dieses Gesetzes bestraft.

Auch ist nach Vorschrift des gleichen Artikels Derjenige strafbar, welcher die Vornahme der amtlichen Kontrole zu verhindern gesucht hat.

Art. 3. Zur Erläuterung von Artikel l und 2 hievor werden diesem Réglemente als Anhänge I--VIII folgende Aktenstücke beigedruckt: I. Artikel 31, 32 und 32 bl9 der Bundesverfassung und Artikel 6 ihrer Uebergangsbestimmungen ; II. Bundesbeschluß betreffend Artikel 32bl8 der Bundesverfassung (vom 20. Dezember 1887) ; III. Bundesgesetz betreffend gebrannte Wasser (vom 23. Dezember 1886); IV. PQichtenheft betreffend die Vergebung der in den Artikeln l und 2 des Bundesgesetzes über gebrannte Wasser vorgesehenen Brennloose (vom 23. Mai 1888) ; V. Bundesrathsbeschluß betr. die Erhebung von Monopolgebühren auf gewissen zur Branntweinbereitung dienlichen ausländischen Rohstoffen (vom 17. Juli 1888) ; VI. Reglement über Rückvergütung des Monopolgewinnes auf ausgeführten flüssigen Alkoholfabrikaten im Sinne von Artikel 5 des Bundesgesetzes vom 23. Dezember '1886 betreffend gebrannte Wasser (vom 4. November 1887, 10. Februar und 2. März 1888);

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VII. Bundesrathsbeschluß über deu weitern Vollzug der einzelnen Theile des Bundesgesetzes vom 23. Dezember 1886 betreffend gebrannte Wasser (vom 31. Dezember 1887, Alinea l von Ziffer 1); V1IÏ. Bundesrathsbeschluß betreffend das Denaturiren von Alkohol (vom 2. September 1887).

B. Ermittelung des Thatbestandes.

Art. 4. Für das Verfahren zur Feststellung des Thatbestandes einer Uebertretung erwähnter Art und für die Ausmittelung der anwendbaren Strafe finden die Vorschriften des Bundesgesetzes vom 30. Juni 1849, betreffend das Verfahren bei Uebertretungen fiskalischer und polizeilicher Bundesgesetze (Amtliche Sammlung I, S. 87, -- s. Anhang IX), nach Maßgabe der folgenden nähern Anleitungen ihre Anwendung (Art. 17 des Gesetzes vom 23. Dezember 1886).

Art. 5. Die Beamten und Bediensteten der Alkoholverwaltung und der Zollverwaltung, sowie die Landjäger, Polizeiangestellten und Polizeibeamten, wie überhaupt die zur Ueberwachung der richtigen Durchführung des Gesetzes bestellten Organe des Bundes, der Kantone, Bezirke oder Gemeinden, sind verpflichtet, jede der oben in Art. l und 2 erwähnten Uebertretungen unverzüglich bei der Alkoholverwaltung in Bern zur Anzeige zu bringen.

Art. 6. Zu diesem Zwecke ist über den Vorgang sofort ein Protokoll (s. Anhang X) anzufertigen, und die Gegenstände der Uebertretung, sowie diejenigen, welche zu ihrer Vollführung gedient haben, sind zu sequestriren.

Vom Sequester sind die dem Bunde gehörenden Gegenstände ausgenommen.

Der Sequester unterbleibt, wenn hinreichende Sicherheit für den muthmaßlichen Betrag der Buße nebst Kosten ge-

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leistet wird, ausgenommen, daß der Sequester im Interesse der Untersuchung oder aus andern Gründen als demjenigen zur Deckung der Buße und Kosten als nothwendig erscheinen würde.

In allen Fällen, in denen die gebrannten Wasser, auf welche eine Uebertretung sich bezieht, am Thatorte noch ganz; oder theilweise vorhanden sind, hat der das Protokoll aufnehmende Beamte, Angestellte, Landjäger etc. von jeder Gattung der betreffenden Waaren Muster von circa Va Liter zu entnehmet» und dieselben, mit dem Protokoll, der Alkoholverwaltung in Bern einzusenden.

Art. 7. Das Protokoll (Verbalprozeß -- s. Anhang X) soll enthalten: a. Ort, Tag und Stunde der Abfassung; b. Name, Stand und Wohnort des Beklagten; c. die Benennung des oder der anwesenden Zeugen; d. die getreue Darstellung des Thatbestandes der Uebertretung, wobei besondere Rücksicht zu nehmen ist auf Thatsachen, die bei Festsetzung der Strafe als Erschwerungsgründ (besondere List z u r Täuschung der Beamten, Vorlage unrichtiger oder gefälschter Ausweise, Vernichtung der Papiere, Rückfall, Widersetzlichkeit etc.) oder als Milderungsgründe (Fahrläßigkeit, Mangel an Absicht, Unkenntniß der Vorschriften etc.)

in Betracht kommen können; e. die Erklärung des Angeklagten, ob er dem Entscheide der Verwaltung von vorneherein freiwillig sich unterziehen wolle oder nicht; f. Name, Stand und Wohnort der allfälligen Bürgen; g. die Beschreibung der betreffenden Gegenstände, mit der Angabe, ob sie sequestrirt und wo sie untergebracht seien, . oder ob und gegen welche Sicherheit sie freigegeben worden ; h. die Bezeichnung allfällig entnommener Muster.

879 Art. 8. Zu der Abfassung des Protokolls müssen der Uebertreter, wenn er bekannt ist, und Gerichts- oder Gemeindebeamte des Ortes beigezogen werden.

Alle Anwesenden haben das Protokoll zu unterzeichnen.

Wenn der Uebertreter unbekannt ist oder sich weigert, anwesend zu sein oder das Protokoll zu unterzeichnen, so muß dieses im Protokoll bemerkt werden.

Die Erklärung des Uebertreters, daß er dem Entscheide ohne Vorbehalt sich unterziehe, muß amllich beglaubigt sein.

Art. 9. Bei Strafe der Nichtigkeit muß das Protokoll innert 48 Stunden von der Entdeckung der Uebertretung hinweg abgefaßt und unterzeichnet werden (Art. 4 des Bundesgesetzes vom 30. Juni 1849).

Art. 10. Wenn die oben in Art. 5 erwähnten Beamten, Angestellten, Landjäger etc. zur Herstellung des Thatbestandes einer Uebertretung, deren Spuren sie verfolgen, genöthigt sind, in ein Haus '/AI gehen und dort ihre Nachforschungen zu machen (was aber nur beim Vorhandensein dringender Inzichten geschehen darf), so sollen sie sich von einem Gerichtsbeamten oder von dem Gemeindebeamten des Ortes begleiten lassen, welche darüber zu wachen haben, daß die Hausdurchsuchung sich nicht vom Zwecke der Nachforschung entferne oder ihre Grenze überschreite.

Der Beamte , Angestellte, Landjäger etc., welcher die Hausdurchsuchung macht, hat über den Vorgang im Beisein der Anwesenden sofort ein Protokoll aufzunehmen. Er soll hiezu den Uebertreter, wenn er bekannt ist, und die Person, in deren Wohnung die Durchsuchung stattfindet, beiziehen.

Alle unterzeichnen das Protokoll.

Wenn der Uebertreter unbekannt ist, oder wenn er oder die Person, in deren Wohnung die Hausdurchsuchung stattgefunden, sich weigern, sich zu stellen, oder zu unterzeichnen, oder wenn einer der Anwesenden seine Unterschrift verweigert, so wird dieses im Protokoll bemerkt.

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Der Beamte, Angestellte, Landjäger etc., der von der Befugniß, Hausdurchsuchungen vorzunehmen, Mißbrauch gemacht hat, ist mit einer Buße von 10 bis 200 Franken zu belegen. (Art. 5 des Bundesgesetzes vom 30. Juni 1849.)

Art. 11. Die Beamten, Angestellten , Landjäger etc.

können zur Vollziehung der in Art. 5, 6, 7 und '10 angeführten Verrichtungen, im Falle von Widerstand, Gewalt anwenden; sie können zu diesem Behufe die Beihülfe der Polizeigewalt verlangen (Art. 6 des gleichen Bundesgesetzes).

Auch dieser Vorgang muß im Protokoll, unter Beobachtung der oben Art. 8, 9, 10 gegebenen Vorschriften, erwähnt werden.

Art. 12. Aul' die Abfassung der Protokolle muß um so mehr alle Sorgfalt verwendet werden, als dieselben gemäß Art. 7 des Bundesgesetzes vom 30. Juni 1849 so lange vollen Beweis bilden, bis das Gegcntheil ihres Inhaltes bewiesen worden ist.

C. Strafverfahren.

Art. 13. Der Direktor der Alkoholverwaltung wird für jeden einzelnen Fall dem eidg." Finanzdepartement einen Antrag vorlegen, welcher gestutzt auf das Protokoll und in Anwendung der Artikel 14 und 15 des Bundesgesetzes vom 23. Dezember 1886 die Strafe ausspricht.

In schwereren Fällen kann das Departement einen Entscheid des Bundesrathes veranlassen.

In allen Fällen, wo der Vollziehung des Bundesgesetzes vom 23. Dezember 1886 Gewalt entgegengesetzt wird, oder in anderer Form der Thatbestand von Art. 47 des Bundesstrafrechtes vorliegt, ist der Entscheid des Bundesrathes darüber zu veranlassen, ob er gemäß Art. 74 des gleichen Gesetzes den Fall an die eidg. Assisen, oder an die Gerichte des betreffenden Kantons verweisen wolle (Art. 15 des Bundesgesetzes vom 23. Dezember 1886).

881 Art. 14. Das Dekret des Finanzdepartements, resp. dasjenige des Buadesrathes, wird vom Direktor der Alkoholverv^altung dem Beamten, von welchem das Protokoll angefertigt wurde, mitgetheilt, um die Sache fallen zu lassen und die allfällig sequestrirten Gegenstände frei zu geben, falls keine Strafe ausgesprochen worden wäre.

Art. 15. Die Alkoholverwaltung gibt dem Uebertreter, wenn er bekannt ist, von dem Entscheide (Art. 13) amtlich Kenntniß, und ladet ihn ein, sieh innerhalb der Frist von höchstens acht Tagen zu erklären, ob er sich der festgesetzten Strafe unterziehen, und, wenn es sich um eine Geldbuße handelt, ob er den Betrag derselben anerkennen und sich zur Bezahlung derselben verpflichten wolle.

Die Entscheidung wird ebenfalls den Bürgen, wenn solche vorhanden sind, mitgetheilt.

Die Anerkennung des Entscheides muß stets amtlich beglaubigt sein (Art. 11 und 14 des Bundesgesetzes vom 30. Juni 18493.

Bei der Mittheilung des Entscheides ist der Uebertreter auf die Vergünstigung aufmerksam zu machen, die ihm durch Art. 12 des soeben erwähnten Bundesgesetzes zugesichert ist, falls er dem Entscheide innerhalb von acht Tagen, von der Anzeige desselben hinweg, sich unterzieht.

Art. 16. Die beglaubigte Anerkennungsurkunde des Strafeütscheides stellt gemäß Art. 14 des Bundesgesetzes vom 30. Juni 1849 in ihren Wirkungen einem rechtskräftigen Urtheile gleich.

D. Gerichtliche Klage.

Art. 17. Wenn der Entscheid (Art. 13) nicht anerkannt wird oder der Uebertreter nicht bekannt ist, so entscheidet das Finanzdepartement, ob die StrafkJage eingeleitet werden soll.

882 Wenn die gerichtliche Verfolgung verfügt wird, ist die Klage bei dem kompetenten Gerichte desjenigen Kantons einzugeben, in welchem die Uebertretung stattgefunden hat (Art. 9 und 16 des Bundesgesetzes vom 30. Juni 1849).

Der Klage müssen das Protokoll (Verbalprozeß) und der Strafentscheid der Verwaltungsbehörde beigefügt, und gleichzeitig müssen allfällige Zeugen genannt werden.

Art. 18. Das strafrechtliche Verfahren verjährt: a. nach Ablauf von einem Jahre seit der Begehung, wenn die Uebertretung nicht entdeckt worden ; b. nach vier Monaten, von dem Tage an gerechnet, an welchem das Protokoll angefertigt worden ist, wenn die Klage während dieser Frist bei dem kompetenten Gerichte nicht angebracht worden ist (Art. 20 des Bundesgesetzes vom 30. Juni 1849).

Art. 19. Für das gerichtliche Verfahren sind die Vorschriften des Bundesgesetzes vom 30. Juni 1849, Art. 17, 18 und 19 (s. Anhang IX), und für die Bestimmung des Strafmaßes die Art. 14 und 15 des Bundesgesetzes vom 23. Dezember 1886 (s. Anhang III) maßgebend.

Zur Berechnung der dem Staate unterschlagenen Summe ist für jeden Liter absoluten Alkohols, welcher der Besteuerung entzogen worden ist, ein Betrag von 80 Cts. anzusetzen.

Art. 20. Ausgenommen von der Vorschrift des Art. 19, Absatz l, sind diejenigen Fälle, welche gemäß Art. 47 und 74 des Bundesgesetzes über das Bundesstrafrecht zur gerichtliehen Verfolgung eingeleitet worden sind. -- Die an die eidgenössischen Assisen verwiesenen Fälle werden nach den Formen des Bundesgesetzes über die Bundesstrafrechtspflege, und diejenigen Fälle, welche an die kantonalen Gerichte verwiesen worden sind, nach dem Prozeßgesetze des betreffenden Kantons verhandelt. -- Für die Strafe ist in beiden letztern Ballon der Art. 47 des Bundesstrafrechtes maßgebend.

883 Art. 21. Ein Nachlaß von Bußen, Kosten oder Gefängnißstrafen kann s in Fällen des Art. 19 nur von dem Bundesrathe ausgesprochen werden (Art. 12, Lemma 4 des Bundesgesetzes vom 30. Juni 1849). Die Begnadigung in Fällen des Art. 20 steht der Bundesversammlung zu (Art. 74, Lemma 2 des Bundesstrafrechtes).

B e r n , den 24. Juli 1888.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Für den Bundespräsidenten:

Schenk.

Der Kanüler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Anhänge zu vorstehendem Eeglement.

I.

Art. 31, 32 und 32bis der Bundesverfassung und Art. 6 ihrer Uebergangsbestimmungen.

Art. 31. Die Freiheit des Handels und der Gewerbe ist im ganzen Umfange der Eidgenossenschaft gewährleistet.

Vorbehalten sind : a. Das Salz- und Pulverregal, die eidgenössischen Zölle, die Eingangsgebühren von Wein und andern geistigen Getränken, sowie andere vom Bunde ausdrücklich anerkannte Verbrauchssteuern, nach Maßgabe des Art. 32.

b. Die Fabrikation und der Verkauf gebrannter Wasser, nach Maßgabe des Art. 32bis c. Das Wirthschaftswesen und der Kleinhandel mit geistigen Getränken, in dem Sinne, daß die Kantone auf dem Wege der Gesetzgebung die Ausübung des Wirthschaftsgewerbes und des Kleinhandels mit geistigen Getränken den durch das öffentliche Wohl geforderten Beschränkungen unterwerfen können-.

d. Sainitätspolizeiliche Maßregeln gegen Epidemien und Viehseuchen.

885 c. Verfügungen über Ausübung von Handel und Gewerben , über Besteuerung des Gewerbebetriebes und über die Benutzung der Straßen. Diese Verfügungen dürfen den Grundsatz der Handels- und Gewerbefreiheit selbst nicht beeinträchtigen.

"5C Art. 32. Die Kantone sind befugt, die im Art. 31, litt, a, erwähnten Eingangsgebühren von Wein und andern geistigen Getränken unter folgenden Beschränkungen zu erheben : a. Bei dem Bezug derselben soll der Transit in keiner Weise belästigt und der Verkehr überhaupt so wenig als möglich gehemmt und mit keinen andern Gebühren belegt werden.

b. Werden die für den Verbrauch eingeführten Gegenstände wieder aus dem Kanton ausgeführt, so sind die bezahlten Eingangsgebübren ohne weitere Belästigung zurückzuerstatten.

c. Die Erzeugnisse schweizerischen Ursprungs sind mit niedrigeren Gebühren zu belegen, als diejenigen des Auslandes.

d. Eingangsgebühren von Wein und andern geistigen Getränken schweizerischen Ursprungs dürfen da, wo solche schon bestehen, nicht erhöht, und in Kantonen, welche noch keine beziehen, nicht eingeführt werden.

e. Die Gesetzt und Verordnungen der Kantone über den Bezug der Eingangsgebühren sind der Bundesbehörde vor Vollziehung derselben zur GutheiiSung vorzulegen, damit die Nichtbeachtung vorstehender Grundsätze verhindert werden kann.

Mit Ablauf des Jahres 1890 sollen alle Eiugangsgebühren, welche dermalen von den Kantonen erhoben werden, sowie ähnliche, von einzelnen Gemeinden bezogene Gebühren ohne Entschädigung dahinfallen.

886 Art. 32biB. Der Bund ist befugt, im Wege der Gesetzgebung Vorschriften über die Fabrikation und den Verkauf gebrannter Wasser zu erlassen. Bei dieser Gesetzgebung sollen diejenigen Erzeugnisse, welche entweder ausgeführt werden oder eine den Genuß ausschließende Zubereitung erfahren haben, keiner Besteuerung unterworfen werden. Das Brennen von Wein, Obst und deren Abfällen, von Enzianwurzeln, Waehholderbeeren und ähnlichen Stoffen fällt betreffend die Fabrikation und Besteuerung nicht unter die Bundesgesetzgebung.

Nach dem Wegfall der in Art. 32 der Bundesverfassung erwähnten Kingangsgebühren auf geistigen Getränken kann der Handel mit solchen, welche nicht gebrannt sind, von den Kantonen keinen besondern Steuern unterworfen werden, noch andern Beschränkungen als denjenigen, welche zum Schutze vor gefälschten oder gesundheitsschädlichen Getränken nothwendig sind. Jedoch bleiben hiebet in Betreff des Betriebes von Wirtschaften und des Kleinverkaut's von Quantitäten unter zwei Liter die den Kantonen nach Art. 31 zustehenden Kompetenzen vorbehalten.

Die aus der Besteuerung des Verkaufs gebrannter Wasser erzielten Reineinnahmen verbleiben den Kantonen, in welchen sie zum Bezüge gelangen.

Die Reineinnahmen des Bundes aus der inländischen Fabrikation und aus dem entsprechenden Zollzuschlag auf eingeführte gebrannte Wasser werden unter die sämmtlichen Kantone nach Verhältnis der durch die jeweilige letzte eidgenössische Volkszählung ermittelten faktischen Bevölkerung vertheilt. Von den daherigen Einnahmen haben die Kantone wenigstens 10 % zur Bekämpfung des Alkoholismus in seinen Ursachen und Wirkungen zu verwenden.

Art. 6 der Uebergangsbestimmungen zur Bundesverfassung. Wenn vor Ende des Jahres 1890 ein Bundesgesete im Sinne des Art. 32bi" eingeführt wird, so fallen schon mit

887 ·dessen Inkrafttreten die von den Kantonen und Gemeinden nach Art. 32 bezogenen Eingangsgebühren auf geistigen Getränken dahin.

Wenn in diesem Falle die auf die einzelnen Kantone und Gemeinden berechneten Antheile an der zur Vertheilung kommenden Summe nicht hinreichen würden, um die dahingefalleuen Gebühren auf geistigen Getränken nach dem durchschnittlichen jährlichen Nettoertrage in den Jahren 1880 bis und mit 1884 zu ersetzen, so wird den betroffenen Kantonen und Gemeinden bis Ende des Jahres 1890 der daherige Ausfall aus derjenigen Summe gedeckt, welche den übrigen Kantonen nach der Volkszahl zukommen würde, und erst der Rest auf die letztern nach ihrer Volkszahl vertheilt.

Außerdem ist auf dem Wege der Bundesgesetzgebuug zu bewirken, daß denjenigen Kantonen oder Gemeinden," für welche das Inkrafttreten dieses Beschlusses eiue fiskalische Einbuße zur Folge haben kann, diese Einbuße nicht auf einmal in ihrem vollen Umfange, sondern nur alltnälig bis zum Jahre 1895 erwachse. Die hiezu erforderlichen Entschädigungssummen sind vorweg aus den in Art. 32Ms, Alinea 4, bezeichneten Reineinnahmen zu entnehmen.

888 II.

Bundesbeschluß betreffend Artikel 32li der Bundesverfassung.

(Vom 20. Dezember 1887.)

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 5. Dezember 1887, beschließt: Art. 1. Die Bestimmung von Art. 32bis der Bundesverfassung, lautend : ,,Das Brennen von Wein, Obst [und deren Abfällen, von Enzianwurxeln, Wuchholderbeeren und ähnlichen Stoffen fällt betreffend Fabrikation und Besteuerung nich unter die Bundesgesetzgebung bezieht sich nur auf Stoffe inländischer Herkunft.

Art. 2. Der Bundesrath ist mit dem Vollzug dieses Bundesbeschlusses beauftragt, der als dringlich erklärt wird.

Also beschlossen vom Ständerathe, B e r n , den 20. Dezember 1867.

Der Präsident: A. Gavard.

Der Protokollführer: Schatzmann.

Also beschlossen vom Nationalrathe, B e r n , den 20. Dezember 1887.

Der Präsident: Kurz.

Der Protokollführer: Ringier.

ö

Der schweizerische B u n d e s r a t h beschließt: Vollziehung des vorstehenden Bundesbeschlusses.

B e r n , den 31. Dezember 1887.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Droz.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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in.

Bundesgesetz betreffend gebrannte Wasser.

(Vom 23. Dezember 1886.)

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, 1) nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 8. Oktober 1886; 2) in Anwendung der Art. 31, 32 und 32bi8 der Bundesverfassung und Art. 6 ihrer Uebergangsbestiminungen, beschließt: Art. 1. Das Recht zur Herstellung und zur Einfuhr gebrannter Wasser aus Stoffen, deren Brennen der Bundesgesetzgebuug unterstellt ist, steht ausschließlich dem Bunde zu.

Der Bund ist verpflichtet, dafür zu sorgen, daß die für Verarbeitung zu Getränken bestimmten gebrannten Wasser genügend gereinigt seien.

Soweit der Bedarf durch inländische Produktion gedeckt werden soll, überträgt der Bund die erforderlichen Lieferungen an die Privatthätigkeit nach Maßgabe von Art. 2.

Art. 2. Annähernd ein Viertheil des Bedarfes an gebrannten Wassern wird durch Lieferungsverträge beschafft, welche der Bund mit inländischen Produzenten abzuschließen hat.

Die Lieferungen werden vom Bundesrathe, nach Feststellung des Pflichtenheftes, in Loosen von mindestens 150 und höchstens 1000 Hektolitern absoluten Alkohols, für Uebernahme ausgeschrieben und auf Grund der für die ein-

890 zelnen Loose eingelangten Angebote an Diejenigen vergeben, welche bei zureichender Garantie die günstigsten Bedingungen stellen.

· Bei der Vergebung ist das Brennen einheimischer Rohmaterialien und der Brennbetrieb in Form landwirthschaftlicher Genossenschaften vorzugsweise zu berücksichtigen.

Keine Brennerei erhält mehr als ein Loos zugesehlagen.

Art. 3. Die Einfuhr von Qualitätsspirituosen wird zu den vom Bundesrath aufzustellenden Bedingungen und gegen eine feste Monopolgebühr von Fr. 80 per Meterzentner Bruttogewicht nebst Eingangszoll, ohne Rücksicht auf den Alkoholgehalt, auch Privatpersonen gestattet.

Art. 4. Die gebrannten Wasser werden vom Bund in Mengen von mindestens 150 Litern gegen Baarbezahlung abgegeben ; der Verkaufspreis wird vom Bundesrath zeitweise festgesetzt und im Bundesblatt veröffentlicht. Derselbe soll per Hektoliter absoluten Alkohols, ohne Gebinde, nicht weniger als Fr. 120 und nicht mehr als Fr. 150 betragen.

Art. 5. Bei der Ausfuhr von Erzeugnissen, zu deren Herstellung steuerpflichtiger Alkohol verwendet wird, ist die Menge desselben nach dem Verhältnisse, in welchem er bei der betreffenden Fabrikation Verwendung findet, zu ermitteln, und es ist für den entsprechenden Monopolgewinn am Ende des Rechnungsjahres Rückvergütung /u leisten.

Diese Rückvergütung wird vom Bundesrath nach Maßgabe des durchschnittlichen Unterschiedes zwischen dem Verkaufspreis und dem Anschaffungspreis der eingeführten gebrannten Wasser (loco Magazin) berechnet.

Für Ausfuhrmengen unter 20 Litern wird die Rückvergütung nicht geleistet.

Art. 6. Zur \7erwendung für technische und Haushaltungs-Zwecke werden die hiezu geeigneten, in der Regel

891 den wohlfeilsten Vorräthen zu entnehmenden gebrannten Wasser aus den Magazinen des Bundes in Mengen von 150 Litern an zum Selbstkostenpreis, bei importirter Waare unier Hinzurechnung des betreffenden Eingangszolles, denaturirt abgegeben.

Der Bundesrath wird die Bedingungen und das Verfahren feststellen, denen die Denaturirung unterworfen ist.

Art. 7. Das Hausiren mit gebrannten Wassern jeder Art, sowie der Ausschank von solchen und der Kleinhandel mit denselben in Brennereien und solchen Geschäften, in denen der besagte Ausschank und Kleinhandel nicht im natürlichen Zusammenhang mit dem Verkauf der übrigen Handelsartikel stehen würde, sind verboten. Vorbehalten bleibt der Kleinhandel mit deuaturirtem Sprit und der Kleinhandel aus Brennereien nach Art. 8, Alinea 4.

Art. 8. Der Verkauf von gebrannten Wassern aller Art in Quantitäten von mindestens 40 Litern ist ein freies Gewerbe (Großhandel).

Der Handel mit kleinern Quantitäten (Kleinhandel) zerfällt in: 1. den Ausschauk zürn Genuß an Ort und Stelle; 2. den Kleinverkauf über die Gasse.

Die Bewilligungen zum Ausschank und Kleinverkauf werden von den kantonalen Behörden ertheilt und sind an «ine der Größe und dem Werthe des Umsatzes entsprechende Verkaufssteuer zu knüpfen welche bis zum Erlaß eines Bundesgesetzes von den Kantonen festgesetzt wird.

Brenner jedoch, welche im nämlichen Jahre höchstens 40 Liter nicht bundessteuerpflichtigen Branntwein darstellen, dürfen ihr Erzeugniß in Quantitäten von mindestens 5 Litern frei verkaufen.

Die (refasse der Schankstellen sind eichpflichtig.

Bundesblatt. 40. Jahrg. Bd. III.

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892 Art. 9. Die Kantone sind verpflichtet, die Aufsicht über den Handel mit den vom Bunde abgegebenen gebrannten Wassern, sowie über die Fabrikation und den Verkauf des nicht bundessteuerpflichtigen Branntweins zu üben.

Art. 10. Die Durchführung des Gesetzes in seinen übrigen Theilen liegt dem Bundesrathe ob, welcher hiefür die nöthigen Vollziehungverorduungen erlassen und die erforderlichen Organe bezeichnen wird. Der Bundesrath kann die Mitwirkung der Kautone beanspruchen, in welchem Falle denselben nachgewiesene Kosten zu vergüten sind.

Der Bund wird die zur Durchführung des Gesetzes erforderlichen Summen der Monopolverwaltung vorschießen, welche dieselben zu verzinsen, beziehungsweise in angemessenen Zeiträumen zu amortisiren hat.

Art. 11. Der Bund bezieht von allen eingeführten Spirituosen die betreffenden Zollgebühren und hat die Kosten der Monopolverwaltung und die der Zollverwaltung durch das Monopol verursachten Mehrkosten in Anrechnung zu bringen.

Art. 12. Dio Reineinnahmen der Monopolverwaltung werden, vorbehältlieh der Vorschriften im Artikel 6 der Uebergangsbestimmungen zur Bundesverfassung, unter die sämmtlichen Kantone nach Verhältniß der durch die jeweilige letzte eidgenössische Volkszählung ermittelten faktischen Bevölkerung vertheilt Der Rechnungsabschluß findet jeweilen auf den 31. Dezember statt.

Art. 13. Die Kantonsregierungen haben über die Verwendung der zur Bekämpfung des Alkoholismus nach Art. 32bis der Bundesverfassung bestimmten 10 % ihrer Einnahmen jedes Jahr an den Bundesrath Bericht zu erstatten, und es sind die bezüglichen Berichte der Bundesversammlung gedruckt vorzulegen.

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Art. 14. Wer den Bestimmungen dieses Gesetzes zuwiderhandelt, indem er unbefugter Weise gebrannte Wasser erzeugt, oder die befugter Weise erzeugte Menge an solcher Waare nicht vollständig abliefert, oder sich eine ungerechtfertigte Rückvergütung zuwendet, oder denaturili bezogene Waare zu andern als den gestatteten Zwecken verwendet, oder auf unrechtmäßige Weise sich gebrannte Wasser verschafft, ist mit einer Geldbuße zu belegen, welche das Fünf- bis Dreißigfache der dem Staate unterschlagenen Summe beträgt.

Kann die letztere nicht ermittelt werden, so tritt Geldbuße von Fr. 200 bis 10,000 ein.

Befindet sich der Fehlbare im Rückfalle, oder bestehen erschwerende Umstände, so kann die Geldbuße verdoppelt und überdies auf Gefängniß bis zu sechs Monaten erkannt werden.

Der Versuch der in diesem Artikel mit Strafe bedrohten Handlungen wird der Vollendung gleich gehalten.

Art. 15. Außer den im vorigen Artikel genannten Fällen wird jede Uebertretung dieses Gesetzes oder der zur Ausführung desselben erlassenen Verordnungen mit Geldbuße von Fr. 20--500 bestraft. Die Buße beträgt Fr. 50 bis Fr. 1000, wenn der Fehlbare die Vornahme der amtlichen Kontrote zu verhindern gesucht hat. Vorbehalten bleibt Artikel 47 des Bundesstratrechls.

Art. 16. Von den Bußen und Geldstrafen, welche auf Grund dieses Gesetzes bezogen werden, kommt ein Dritttheil dem Anzeiger, ein Dritttheil dem Kanton und ein Dritttheil der Gemeinde zu, in welcher die Widerhandlung stattgefunden hat. Wo kein Anzeiger ist, fällt auch der Anzeigerantheil in die Kantonskasse. In Fällen, wo die Uebertretung durch Beamte oder Bedienstete der Zollverwaltung ermittelt wird, geschieht die Vertheilung nach Art. 57 des Zollgesetzes vom 27. August 1851.

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Art. 17. Mit Bezug auf das Vorfahren bei Uebertretungen dieses Gesetzes oder der zur Ausführung desselben erlassenen Verordnungen gilt das Bundesgesetz vom 30. Juni O D O 1849 betreffend das Verfahren bei U Übertretungen fiskalischer und polizeilicher Gesetze.

Art. 18. Die Eigenthümer der bestehenden Brennereien werden von dem Bunde für den Minderwerth entschädigt, welchen ihre zur Fabrikation von gebrannten Wassern verwendeten Gebäude und Einrichtungen durch die Vollziehung des Art. l dieses Gesetzes erleiden, Bei der Ausmessung dieser Entschädigung dar der bisher durch die Brennerei erzielte Gewinn nicht in Rechnung gebracht werden.

Der Anspruch auf Entschädigung ist auf diejenigen Eigenthümer beschränkt, deren Brennereien vor dem 25. Oktober 1885 errichtet und bis zu diesem Zeitpunkte betrieben wurden und welche überdies auf die durch Art. 32bis der Verfassung gestattete Fabrikation verzichten.

Wo eine gütliche Verständigung über die Höhe der Entschädigung nicht stattfinden kann, hat die Ausmittlung derselben durch Schätzungskommissionen zu geschehen.

Diese Schätzungskommissionen sollen aus je drei Mitgliedern bestehen, wovon das erste durch das Bundesgericht, das zweite durch den Bundesrath, das dritte durch die Regierung desjenigen Kantons zu ernennen ist, in dessen Gebiet die zu entschädigende Brennerei sich befindet.

O Gegen den Entscheid der Schätzungskornmission kann jeder Betheiligte innerhalb 30 Tagen nach Zustellung des Entscheides beim Bundesgericht Beschwerde führen.

Geschieht dies nicht, so ist der Entscheid der Schätzungskommission als in Rechtskraft erwachsen anzusehen.

Das von dem Bundesgericht und den Schätzungskommissiouen einzuhaltende Verfahren wird durch eine besondere, von dem Bundesgericht aufzustellende Verordnung

895 geregelt, für welche das Gesetz vom 1. Mai 1850, betreffend die Abtretung von Privatrechten, als Grundlage zu dienen hat.

Art. 19. Der Bund hat das Recht, die bei dem In. krafttreten des Gesetzes im Lande befindlichen, über 1 /2 Hektoliter betragenden Vorräthe monopolisirter gebrannter Wasser gegen Entschädigung an sich zu ziehen, insoweit die Eigentümer solcher Vorräthe es nicht vorziehen, dieselben gegen Entrichtung der betreffenden Steuerzuu behalten.

Erklärt der Bund die Uebernahme der Vorräthe, so sind die Besitzer zur Anmeldung verpflichtet. Verheimlichung der Waare hat Konfiskation derselben und Bestrafung nach Art. 14 zur. Folge. Der Uebernahmspreis wird durch Kornmissionen von Sachverständigen festgestellt, welche der Bundesrath zu diesem Zwecke zu bestellen hat.

Bei Feststellung der nach diesem Artikel zu übernehmenden Spirituosen habet) die Kantone gegen eine nach der Zahl der Abgeber und der Gesammthöhe des Uebernahmspreises bemessene Vergütung dem Bund auf Verlangen ihre Mitwirkung zu leisten.

Art. 20. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung des gegenwärtigen Bundesgesetzes beauftragt.

Art. 21. Der Bundesrath ist beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874, betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse, die Bekanntmachung dieses Gesetzes au veranstalten, und den Beginn der Wirksamkeit desselben festzusetzen.

Also beschlossen vorn Nationalrathe, B e r n , den 22. Dezember 1886.

Der Präsident: Morel.

Der Protokollführer: Ringier.

Also beschlossen vom Ständerathe, B e r n , den 23. Dezember 1886.

Der Vizepräsident: Scherb.

Der Protokollführer : Schatzmann

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IV.

Pflichtenheft betreffend

die Vergebung der in den Artikeln 1 und 2 des Bundesgesetzes Über gebrannte Wasser vorgesehenen Brennloose.

(Vom 23. Mai 1888.)

Der s c h w e i z e r i s c h e B u n d e srat h, auf den Antrag seines Finanzdepartements, beschließt: Art. 1. Als monopolpflichtig gelten alle Destillate, welche nicht ausschließlich aus folgenden einheimischen Rohstoffen hergestellt sind: Trauben, Wein, Weintrestern (Treberu), Weinhefe (Drusen), Kern-, Stein- oder Beerenobst, Obstabfällen oder Enzianwurzeln Es ist den Brennern, die solche einheimische Rohstoffe verarbeiten, gestattet, diese Rohstoffe bei der Destillation mit von der Alkoholverwaltung bezogenem Sprit zu mischen; Brenner von solchen Mischprodukten sind indeß der Wohlthat von Alinea 4 des Art. 8 des Alkoholgesetze nicht theilhaftig O Das Gleiche gilt für Brenner, welche die aus nicht monopolpflihtigen Stoffen gewonnenen Destillationsprodukte mit von der Alkoholverwaltung bezogenem Sprit mischen.

Wein, der aus importirten Trauben oder Trockenbeeren in der Schweiz hergestellt wurde, und Weintrester, die aus solchen importirten Trauben oder Trockenbeeren gewonnen wurden, gelten nicht als einheimische Rohstoffe der Brennerei, dagegen werden Weinhefen (Drüsen), die Hien aus importirtem Wein oder aus Wein von importirten Trauben oder Trockenbeeren oder aus Mischungen von solchen Weinen mit in-

897 ländischen Weinen gebildet haben, vorläufig den nicht monopolpflichtigen einheimischen Rohstoffen gleichgestellt.

Für weitere Ausnahmen von der Monopolpflicht, bleibt spezielle Beschlußfassung des Bundesrathes vorbehalten.

Außer den Bestimmungen des hienach folgenden Pflichtenheftes bleiben die Vorschriften des Fabrikgesetzes, soweit solche anwendbar sind, vorbehalten.

I.

Vorschriften für bereits bestehende Brennereien.

Persönliche und rechtliche Anforderungen.

Art. 2. Die Uebemahme von Brennloosen im Sinne der Artikel l und 2 des Bundesgesetzes über gebrannte Wasser kann nur solchen Bewerbern gewährt werden, welche im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte und unbescholtenen Leumundes sind.

Die Bewerber um Brennloose haben auf das Brennen nicht monopolpflichtiger Rohstoffe im gleichen Brennraume und auf denjenigen Apparaten, die zum Brennen für Rechnung der Alkoholverwaltung dienen, ausdrücklich zu verzichten.

Der Ausschank von gebrannten Wassern jeder Art und der Kleinhandel mit solchen in der Brennstätte ist verboten.

Dieses Verbot erstreckt sich auch auf die an die Brennstätte direkt anstoßenden Gebäulichkeiten, sofern dieselben im Besitze oder Eigenthüm von Personen sich befinden, welche an dem Brennloose für die betreffende Brennstätte betheiligt sind.

Art. 3. Die Lieferungsverträge werden mit den BrennereiInhabern, d. h. mit denjenigen physischen oder juristischen Personen abgeschlossen, welche die betreffende Brennerei, sei es als Eigenthümer, sei es als Pächter, inné haben und betreiben.

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Als lanciwirtschaftliche Genossenschaften, welche sich um Brenuloose bewerben können, gelten nur gemäß Obligationenrecht geschlossene, aus mindestens 7 Genossenschaftern bestehende, im Handelsregister eingetragene Verbände, deren ßrennereibetrieb einen wirklich landwirtschaftlichen Charakter hat und deren Mitglieder in ihrer Mehrzahl ein landwirtschaftliches Gütergewerbe mit Viehhaltung und Schlempefütterung selbst ausüben. In den Statuten darf die persönliche Haftbarkeit der einzelnen Genossenschafter für Verbindlichkeiten der Genossenschaft nicht ausgeschlossen werden.

Genossenschaften, welche sich um Brennloose bewerben, müssen nach Vorschrift des schweizerischen Obligationenrechts (Art. 678 u. ff.) in's Handelsregister eingetragen sein.

Die Vertreter der Genossenschaft (Art. 680, Ziffer 6, 681, 695/8 desObligationenrechts) treten unter eigener solidarischer Haftbarkeit in den zwischen der Alkoholverwaltuug und der Genossenschaft abgeschlossenen Lieferung^vertrag persönlich mit ein und werden demnach in ihrer Gesammtheit von der Alkoholverwaltung in Rechten und Pflichten wie Brennloose übernehmende Einzelpersonen behandelt.

Art. 4. Ohne Einwilligung des eidgenössischen Finanzdepartements kann kein Dritter in ein bestehendes Vertragsverhältniß eintreten ; ebenso bedarf die Verpfändung oder Abtretung von Forderungen aus Lieferungsverträgen der Genehmigung des genannten Departements.

Vorschriften zur Anmeldung.

Art. 5. Die Bewerber um Zutheilung von Brennloosen haben eine Bescheinigung darüber beizubringen, daß ihre Brennerei den Vorschriften der kantonalen Bau- und Feuerpolizei entspricht.

Die Brennerei-Inhaber haben bei der Anmeldung auf ein Brennloos, sowie später bei Aenderungen ihrer Einrichtungen der AI kohol Verwaltung nach deren Vorschriften Plan und Brennereibeschreibung einzureichen.

899 Betriebsanforderungen.

Art. 6. Die als Brennerei benutzten Lokale sollen hell und geräumig, auch in ihrer Verbindung mit den übrigen Wirthschaftsräumen des betreffenden Gebäudes durch verschließbare Thüren getrennt sein.

Den Brennerei-Inhabern wird Ordnung und Reinlichkeit im Betriebe zur Pflicht gemacht; insbesondere ist denselben die Reinhaltung der Gährräume, der Maisch- und Hefengefässe, des Brennapparates und aller Rohrleitungen geboten.

Art. 7. In Brennereien, welche nicht unter das Fabrikgesetz gestellt werden, sollen die Brennapparate an Sonntagen gar nicht, an Werktagen nur in der Zeit zwischen 4 Uhr Morgens und 9 Uhr Abends in Betrieb stehen.

Soweit es sich um Dampfbrennereien handelt, sollen alle Brennerei-Inhaber Mitglieder des Vereins schweizerischer Dampfkesselbesitzer sein.

Art. 8. Das Brennjahr beginnt frühestens mit dein 15. September und endet spätestens am 15. Mai; für Brennereien, welche Getreidepreßhefe erzeugen, kann das eidgenössische Finanzdepartement die Brennzeit auf das ganze Jahr ausdehnen.

Art. 9. Eine Brennerei erhält nieht mehr als ein Loos zugeschlagen, und ein Loos kann nieht auf zwei oder mehrere Brennereien vertheilt werden.

Keine Brennerei soll in einem Brennjahre, auf absoluten Alkohol berechnet, weniger als 150 und mehr als 1000 hl.

Spiritus erzeugen. Mit Genehmigung des eidg. Finanzdepartements sind jedoch theilweise Uebertragungen von einem Brennjahre in das andere zuläßig.

Art. 10. Die ganze Menge des erzeugten Produkts ist der Alkoholverwaltung abzugeben. Der abzuliefernde Rohspiritus soll, nach dem eidgenössischen Thermo-Alkoholometer gemessen, aus Brennereien mit periodischen Apparaten

900 bei + 15° Celsius eine wahre Alkoholstärke von mindestens 70° Trailes besitzen und, nach der von der Alkoholverwaltung vorgeschriebenen Prüfungsmethode bestimmt, nicht mehr als 1/2 % alkoholische Verunreinigungen ergeben.

Er muß frei von erkennbaren metallischen Verunreinigungen sein.

Die Ansprüche an die Gradhaltigkeit und Reinheit des Produktes werden für Brennereien mit kontinuirlichen Apparaten auf 85° Tralles, beziehungsweise auf 2 °/oo alkoholische Verunreinigungen erhöht.

Zur Erreichung der in diesem Artikel vorgeschriebenen Qualitäts-Anforderungen sind die Brennerei-Inhaber mit periodischen Apparaten gehalten, den beim Betriebe entstehenden Vor- und Nachlauf, letztem unter 70° Alkoholstärke, abzutrennen und in die betreffende Abtheilung des KontroiReservoirs ablaufen zu lassen.

Aus gleichen Ursachen wird die Verwendung faulen Rohmaterials und dumpfigen Getreides für Brennereien jeder Art untersagt.

Art. 11. Für das Brennen von Trauben, Wein, Weintrestern (Trebern), Weinhefe (Drusen), Kern-, Stein- oder Beerenobst, Obstabfällen oder Enzianwurzeln ausländischen Ursprungs, sowie für das Brennen von Topinambur, Melasse, verdorbenem Bier, Bierbefe, Glattwasser etc. sind besondere Bestimmungen vorbehalten und ist in so lange die Verarbeitung dieser Rohstoffe in den Brennereien untersagt.

Kontroimaßregeln.

Art. 12. Den zur Ueberwachung der Brennereien bestellten Beamten des Bundes, der Kantone, Bezirke oder Gemeinden ist der Zutritt zu den Brennereilokalen, die Kontrole der Schlempeabgabe, sowie die Einsichtnahme des Betriebsjournale jederzeit gestattet.

Art. 13. Der Brennerei-Inhaber hat über Quantum und Art des in der Brennerei täglich verarbeiteten Rohmaterials

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in der vom Bunde vorgeschriebeneu Form ein Betriebsjournal zu führen. Diese Buchführung kann unter Verantwortlichkeit des Brennerei-Inhabers dem Brennereileiter übertragen werden.

Art. 14. Die Destillirapparate werden von der Stelle au, wo die Verdichtung der alkoholischen Dämpfe beginnt, unter amtliche Siegel gelegt. ' Zum Zwecke der Verhütung von Unterschleif hat die Alkoholverwaltung das Recht, auf eigene Kosten besondere Sicherungen anzubringen. Die Siegel und Sicherungen dürfen nur von den Organen oder Beauftragten der Alkoholverwaltung entfernt werden und sind vom Brennerei-Inhaber täglich auf ihre Unverletztheit zu untersuchen, etwaige Verletzungen aber, sowie Störungen im Gange des Kontrolapparates, sind der Alkoholverwaltung sofort nach erfolgter Wahrnehmung zu melden.

Art. 15. Jede Brennerei ist mit einer nach Bundesvorschrift gefertigten Brennereivorlage, sowie mit einem unter amtlichem Verschluß stehenden, mitStandglas oder Schwimmer montirten Kontroireservoir oder mit einem Kontrolmeßapparat zu versehen; das Reservoir hat mindestens einen Fünftheil der für ein Brennjahr vorgesehenen Produktion zu fassen und wird, wie allfällig angebrachte Kontrolmeßapparate, auf Kosten der Alkoholverwaltung;O beschafft und nach Vorschrift angebracht.

Das Reservoir enthält in Brennereien mit continuirlichem Abtrieb nur eine Abtheilung, in solchen mit periodischem Abtrieb zwei Abtheilungen,t die eine für den abdestillirten Rohspiritus die andere für den im täglichen Betriebe gewonnenen Vor- und Nachlauf. Die von der Alkohol Verwaltung angeschafften Kontroleinrichtungeu bleiben Eigenthum derselben und sind auf deren Kosten zu assekuriren Der Loosinhaber hat diese Einrichtungen stets schonend und sorgfältig zu behandeln. Er ist verpflichtet, die Alkoholverwaltung oder den von ihr bezeichneten Beamten so rechtzeitig von dem Stande des Spiritus in dem Kontroireservoir zu be-

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nachrichtigen, daß vor dem Ueberlaufen des Letztern eine amtliche Abnahme des Produktes gemäß Art. 22 hienach stattfinden kann.

Art. 16. Brennereien, welche im Sinne von Art. 18 sich zum Brennen inländischen oder in- u n d ausländischen Rohmaterials verpflichten, haben über die schweizerischen Provenienzen vorschriftsgemäße amtliche Ursprungszeugnisse von den Gemeindebehörden des Ursprungsortes beizubringen.

Solchen Brennern ist das Brennen ausländischen Rohmaterials über die im Brennerei vertrage normirten Grenzen hinaus und vorbehaltlich der Bestimmungen von Art. 20 verboten.

Art. 17. Mit Schluß der Brennperiode und bei einem Nichtbetrieb, der 14 Tage überschreitet, können die Destillirapparate, Brennereigefässe etc. auf Anordnung der Alkoholverwaltung in einer den Betrieb verhindernden Weise unter amtliehe Siegel gelegt werden.

Anfang und Ende einer jeden zeitweiligen Einstellung oder Störung des Betriebes während der Brennperiode sind der Alkoholverwaltung innerhalb 24 Stunden schriftlich anzumelden.

Vorzugsrechte.

Art. 18. Bei Vergebung der Brennloose sind in erster Linie landwirthschaftliche Genossenschaften, welche einheimische Rohmaterialien brennen, zu berücksichtigen.

Soweit dor in Art. 2 des Bundesgesetzes über gebrannte Wasser vorgesehene Viertheil des Landesbedarfes durch solche Genossenschafts-Brennereien nicht gedeckt ist, findet die Vergebung der weiteren Loose zunächst an Einzelbrenner statt, welche einheimisches Rohmaterial verarbeiten.

In dritter Linie kommen Genossenschafts - Brennereien mit ausländischem Rohstoffe und endlich Einzelbrenner der gleichen Kategorie bei Vertheilung der Brennloose zur Berücksichtigung.

903 Als einheimische Rohstoffe werden vorläufig nur schweizerische Kartoffeln und schweizerischer Roggen betrachtet.

Bei Beurtheilung der Provenienz kommen Hefe und Malz nicht in Betracht.

Falls in einem und demselben Brennloose in- und ausländische Rohstoffe gemischt oder getrennt zur Verwendung kommen sollen, haben unter sonst gleichen Verhältnissen diejenigen Brennereien das Vorzugsrecht, welche das verhältnißmäßig größere Quantum einheimischer Rohstoffe zu verarbeiten sich verpflichten.

Diese Vorzugsrechte kommen nicht allgemein, sondern für jede der in Art. 19 vorgesehenen Klassen getrennt zur Anwendung.

Für die Beurtheilung des in den Lieferungsverträgen vereinbarten Verhältnisses zwischen in- und ausländischen Rohstoffen ist nicht die Menge der betreffenden Rohstoffe, sondern die Menge des- aus denselben gewonneneu, in absoluten Alkohol umgerechneten Spiritus maßgebend.

Preise und Uebernahms-Bedingungen.

Art. 19. Zur Anmeldung auf Brennereiloose worden von der Alkoholverwaltung gleichlautende Anmeldebogen ausgegeben.

Die solcher Gestalt an die Alkoholverwaltungo gelangen O ~ den Eingaben werden der Größe ihres angemeldeten Betriebes nach in vier Klassen geschieden. In die erste Klasse fallen Brennereien, welche pro Brennjahr 150--200 Hektoliter absoluten Alkohols liefern wollen; in die zweite solche mit einer Produktion von 201 -- 400 Hektoliter; in die dritte solche mit einer Produktion von 401--700 Hektoliter und in die vierte solche mit einer Betriebsleistung von 701 --1000 Hektoliter absoluten Alkohols.

Innerhalb jeder Klasse genießen diejenigen Bewerber den Vorzug, welche den niedrigsten Preis fordern.

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Unter sonst gleichen Verhältnissen und in der gleichen Klasse haben die Bewerber um das kleinere Brennloos den Vorrang.

Die Preise sind nach Klassenangehörigkeit und Rohstoffprovenienz abzustufen und im Maximum so zu normiren, daß den Brennern bei richtiger Einrichtung und rationellem Betriebe die Schlempe kostenfrei verbleibt.

Wenn durch die Vergebung der Loose nach obigen Grundsätzen ganze Landesgegenden, die zum Brennen geeignete Verhältnisse und Brennereien auf'weisen, bei dei1 Zutheilung von Brennloosen ausfielen, so kann die AlkoholVerwaltung mit den Bewerbern der betreffenden Gegenden bezüglich einer Reduktion ihrer Forderungen in Unterhandlung treten.

Art. 20. Brennern, welche zur ausschließliehen Verarbeitung einheimischen Rohmaterials sich verpflichteten, kann bei einer notorischen Mißernte vom eidg. Finanzdepartement vorbehaltlich einer neuen Vereinbarung über den Uebernahmspreis die ausschließliche oder theilweise Verwendung ausländischen Rohmaterials gestattet werden, sofern der Alkoholverwaltung nicht Angebote für eine ausschließliche oder namhaftere Verarbeitung inländischen Rohstoffes vorliegen oder vorgelegt werden.

Art. 21. Jeder mit einem Loose betheiligte Brenner ist verpflichtet, einen dein Inhalt seines Kontrol- Reservoirs gleich kommenden Fassungsraum eiserner Gebinde in der von der Alkoholverwaltung vorgeschriebenen Form uud Größe zu halten.

Die Alkoholverwaltung wird für Beschaffung dieser Gebinde Sorge tragen und dieselben zum Selbstkostenpreise an die Brenner abgeben, indem sie sich durch zu vereinbarende successive Abzüge an den Spirituslieferungen der drei ersten Bvenncampagnen für die Gebinde und deren erstmaligen Transport zur Brennerei bezahlt macht. Bei Nicht-

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erneuerung der Brenuloose nach ordnungsmäßigem Ablauf der Vertragsdauer ist die Alkoholverwaltung verpflichtet, auf Verlangen dos Brenners diese Gebinde zum Schatzungswerthe zurückzunehmen.

Art. 22. Die Abnahme der gebraunten Wasser erfolgt zunächst in der Brennerei selbst durch eidgenössische Koutroleure. Bei dieser Abnahme wird Brutto- und Nettogewicht, Gradhaltigkeit und Qualität der Waare unter Anwendung der zu diesem Behufe von der Alkoholverwaltung adoptirteu Methoden und Berechnungstabellen bestimmt.

Dieselben Bestimmungen erfolgen ein zweites Mal nach Ankunft der Waare in den eidgenössischen Depots durch die Depotbeamten. Für die Bezahlung ist die Bestimmung in den Depots maßgebend.

Minus-Differenzen in der Alkoholstärke und dem Nettogewicht der Fässer, welche 2% der in der Brennerei stattgehabten Ermittlung übersteigen, fallen indessen über dieses Maximum hinaus der Alkoholverwaltung zur Last.

Der Kontroleur gibt dem Brenner einen die Brennereiabnahme nach Quantum, Gradhaltigkeit und Qualität spezifizirenden Ausweis.

Ein Doppel dieses Ausweises begleitet die abgenommene Waare nach dem Bestimmungsdepot, ein drittes Exemplar erhält die Alkoholverwaltung zugesendet.

Der Depotbeamte gibt gleichartige Scheine an die Brennerei und die Alkoholverwaltung ab.

Art. 23. Die Pracht der abgelieferten Waare zur nächsten Bahnstation trägt der Brenner, die Fracht von da in's Depot, sowie die Leerfracht der Fässer bis zur ursprünglichen Abgangs-Bahnstation die Alkoholverwaltung.

Art. 24. Der Brenner ist gehalten, behufs genauer Gewichtsbestimmungen auf eigene Kosten eine amtlich geeichte Dezimalwaage mit vorgeschriebener Tragfähigkeit nebst den erforderlichen Gewichten zu halten und in der

906 Brennerei selbst oder in einem dem Kontrol-Reservoir zunächst gelegenen gedeckten Räume aufzustellen.

Die Benutzung dieser Waage zu anderen Wirthschaftszwecken steht dem Eigenthümer frei; der Kontroleur hat indessen die Richtigkeit und Gangbarkeit der Waage bei jeder Spiritus-Ablieferung genau zu prüfen.

Die Tara der Fässer wird vom Depotbeamten unter Beiziehung des Lieferanten oder des Brennerei - Kontroleurs festgestellt und den betreffenden Fässern aufgezeichnet. Diese Tara-Ermittlung unterliegt halbjährlicher Revision.

Art. 25. Die Gradhaltigkeit wird nach Abfüllung der "Waare in die Transportgebinde mittelst einer einzigen Durchschnittsprobe und unter Abrundung auf ganze Grade ermittelt und die wirkliche Al kohol stärke bei + 15 ° Celsius darnach bestimmt. Soweit zur Entleerung der KontroiReservoire ein Ueberpumpen der Flüssigkeit nöthig ist, liefert die Alkoholverwaltung die dazu nöthigen Pumpen auf eigene Kosten. Dagegen hat die Beschaffung der zu den Pumpen gehörenden Utensilien, Schläuche etc., sowie die Installation der betreffenden Einrichtungen auf Kosten des Loosinhabers stattzufinden.

Art. 26. Die Bestimmungen der in den Artikeln 10 und 122 erwähnten Verunreinigungen kann auch an entnommenen O O versiegelten Mustern in einem kantonalen amtlichen LaboraO torium vorgenommen werden.

Art. "27. Spiritus, welcher geringere als die in Art. 10 festgestellten Gradstärken aufweist, wird dem Brenner zum Umbrennen unter Kontrole zurückgegeben. Enthält der der Alkoholverwaltung aus periodischen Apparaten abgelieferte Spiritus mehr als 1/2 °/o alkoholische Verunreinigungen.

so soll für jedes ganze Fünftelprozent Plus ein Preisabzug von 5 °/o Platz greifen. Für Spiritus aus kontinuirlichen Apparaten erfolgt ein Preisabzug von 5 % für jedes ganze Promille, das derselbe Uber 2°/oo alkoholische Verunreinigungen enthält

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Wird der Spiritus in erkennbarem Maße metallisch unrein oder aus fauligem Rohstoffe gewonnen befunden, so können dem Brenner Abzüge bis zum Belaufe der Differenz zwischen dem vereinbarten Preise und dem Preisansatze der Alkohol Verwaltung für absolut denaturirten Sprit gemacht werden.

Art. 28. Die Uebernahme des in der Brennerei angesammelten Vor- und Nachlaufes erfolgt unter den gleichen Bedingungen und Voraussetzungen, wie die Spiritusabnahme selbst.

Die AlkoholverwaltuDg zahlt für dieses geringwertige Produkt den gleichen Preis, zu welchem sie gemäß Art. 6 des Alkoholgesetzes absolut denaturirten Sprit in den Verkehr bringen wird.

Art. 29. Die Assekuranz der Brennerei, sowie der darin enthaltenen Vorräthe und Einrichtungen mit Ausschluß der von der Alkoholverwaltung zu erstellenden Kontrolreservoire, Kontroieinrichtungen und allfällig nöthigen Pumpen (Art. 25) ist Sache des Brennerei-Inhabers.

Dauer und Auflösung der Verträge.

Art. 30. Die Verträge werden auf drei Jahre fest abgeschlossen und gelten, sofern nicht ein Vierteljahr vor Ablauf der Vertragszeit schriftliche Kündigung erfolgt, jeweileii stillschweigend als auf ein Jahr erneuert.

Art. 31. Die Verträge werden durch dcu Betrieb verunmöglichende JElemenlarereiguisse, durch Konkurs, Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte oder Tod aufgelöst.

Den Erben eines Brenners wird, wenn sie sich innerhalb eines Vierteljahres nach dem Todesfalle zur Uebernahme des vom Erblasser innegehabten Looses anmelden, bei gleichen oder günstigeren Bedingungen und bei Vorhandensein der geforderten persönlichen Qualifikationen vor «indem Bewerbern der VorzugO sewährt.

o ISundesblatt. 40. Jahrg. Bd. III.

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Das eidgenössische Finanzdepartement hat das Recht, die BrennereWnhaber ohne Entschädigung außer Akkord zu setzen, wenn die festgesetzten persönlichen Erfordernisse nicht mehr vorhanden sind oder diesbezüglich bei der Bewerbung unrichtige Angaben gemacht wurden, oder wenn sich der Loosiohaber Uebertretungen der Bestimmungen dea Pflichtenheftes zu Schulden kommen läßt, oder endlich wenn derselbe nach Art. 33 oder 34 bestraft worden ist.

Art. 32. Bei Aufhebung des Gesetzes oder bei Aenderungen desselben, welche den Brennbetrieb oder eine Reduktion der in Art. 4 desselben vorgesehenen Verkaufspreise betreffen, werden die Brennloose mit dreimonatlicher, der Alkoholverwaltung allein zustehender Kündigung aufgehoben.

Dasselbe Kündigungsrecht steht der Alkoholverwaltung unter der Herrschaft des bestehenden Gesetzes bei Verminderung des Landeskonsums zu. Dabei soll mit den Kündigungen derjenigen Verträge begonnen werden, welche auf der Verarbeitimg ausländischer Rohmaterialien basiren. Es kann auch die Alkoholverwaltung in diesem Falle eine prozentuale Verminderung der Produktion der Brennereien, mit neuer Vereinbarung der Uebernahmspreise, eintreten lassen, soweit dadurch die Lieferungsmenge einer einzelne» Brennerei nicht unter 150 Hektoliter absoluten Alkohols per BrenBJahr heruntergedrückt wird.

Erfolgt die Lösung aus einem andern Grunde als wegen Aufhebung des Gesetzes, so treten Brenner, mit denen die Alkoholverwaltung kein neues Vertragsverhältniß eingeht und welche vor erster Uebernahme eines Looses nach Art. 18 des Gesetzes entsehädigungsberechtigt waren, aber nicht entschädigt wurden, in die frühern Rechte auf Entschädigung, insoweit solche nach Begriff und Umfang gesetzlich und thatsächlich dannzumal noch bestehen, wieder ein. Um die Ausmittluug einer solchen spätem Entschädigung zu erleichtern, wird die Brennerei bei Uebernahme des Looses

909 in ihren einzelnen Bestandteilen inventarisirt und geschätzt.

Dieses Inventar soll indessen nur Gebäude und Einrichtungen umfassen, die vor dem 25. Oktober 1885 erstellt und bis zu diesem Zeitpunkt im Brennerei betrieb verwendet wurden.

Für Objekte, die nicht während der ganzen Dauer des Brennvertrages im Betriebe benutzt wurden, hat der Loosinhaber nach Auflösung des Vertrages kein Entschädigungsrecht.

Hinsichtlich der nach dem 25. Oktober 1885 getroffenen Installationen gelten die Bestimmungen von Artikel 43.

Strafen.

Art. 33. Das Bundesgesetz betreffend gebrannte Wasser sieht nachstehende Strafen vor: ,,Wer den Bestimmungen dieses Gesetzes zuwiderhandelt, indem er unbefugter Weise gebrannte Wasser erzeugt, oder die befugter Weise erzeugte Bienge an solcher Waare nicht vollständig abliefert, oder sich eine ungerechtfertigte Rückvergütung zuwendet, oder denaturirt bezogene Waare zu andern als den gestatteten Zwecken verwendet, oder auf unrechtmäßige Weise sich gebrannte Wasser verschafft, ist mit einer Geldbuße zu belegen, welche das Fünf- bis Dreißigfache der dem Staate unterschlagenen Summe beträgt.

,,Kann die letztere nicht ermittelt werden, so tritt Geldbuße von Fr. 200 bis 10,000 ein.

,,Befindet sich der Fehlbare im Rückfalle, oder bestehen erschwerende Umstände, so kann die Geldbuße verdoppelt und überdies auf Gefängniß bis zu sechs Monaten erkaurit werden.

,,Der Versuch der in diesem Artikel mit Strafe bedrohten Handlungen wird der Vollendung gleich gehalten.

,,Außer den oben genannten Fällen wird jede Uebertretung des Gesetzes oder der zur Ausführung desselben erlassenen Verordnungen mit Geldbuße von Fr. 20--500 bestraft. Die Buße beträgt Fr. 50--1000, wenn der Fehlbare

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die Vornahme der amtlichen Kontrole zu verhindern gesucht hat. Vorbehalten bleibt Artikel 47 des Bundesstrafrechts.

,,Von den Bußen und Geldstrafen, welche auf Grund des Gesetzes bezogen werden, kommt ein Drittheil dem Anzeiger, ein Drittheil dein Kantone und ein Drittheil der Gemeinde zu, in welcher die Widerhandlung stattgefunden hat.

Wo kein Anzeiger ist, fällt auch der Anzeigerantheil in die Kantonskasse, lu Fällen, wo die Uebertretung durch Beamte oder Bedienstete der Zollverwaltung ermittelt wird, .

geschieht die Vertheilung nach Artikel 57 des Zollgesetzes vom 27. August 1851.

,,Mit Bezug auf das Verfahren bei Uebertretungen des Gesetzes oder der zur Ausführung desselben erlassenen Verordnungen gilt das Kundesgesetz vom 30. Juni 1849, betreffend das Verfahren bei Uebertretungen fiskalischer und polizeilicher Gesetze.a Art. 34. Die Loosinhaber sind für die ihren Angestellten auferlegten Geldbußen persönlich und solidarisch haftbar, wenn sie nicht nachweisen, daß sie alle erforderliche Sorgfalt angewendet haben, um Uebertretungen von Gesetz und Verordnungen zu verhüten.

Schlußbestimmungen.

Art. 35. Für Gebäude und Einrichtungen, deren Besitzer nach Ait. 18 des Bundesgesetzes Entschädigungen für Minderwerth erhalten haben, werden keine Brennloose ertheilt.

Entschädigte Eigenthümer von Brennereien können ohne Einwilligung des Bundesrathes weder einzelloose übernehmen, noch in Brennereigenossenschaften eintreten.

Art. 36. Die bloße Anmeldung auf ein Brennloos bedingt keinen Verzicht auf die in Art. 18 des Bundesgesetzes vorgesehene Entschädigung, wohl aber, unter Vorbehalt der Bestimmung von Art. 32, Alinea 3, die Uebernahme eines Looses; dagegen bleibt für Brenner, welche bis dahin über

911 1000 Hektoliter absoluten Alkohols im Jahre erzeugten und welche ein ßrennloos zugetheilt erhalten, die Frage einer theilweisen Entschädigung vorbehalten.

Art. 37. Streitigkeiten, deren Entscheid nach Gesetz, Verordnung oder Pflichtenheft nicht besonderen Behörden übertragen ist, werden durch ein aus drei Mitgliedern bestehendes Schiedsgericht geregelt. Je eines von diesen Mitgliedern wird von je einer Partei, das dritte vom Bundesgerichtspräsidenten ernannt.

Art. 38. Dem Bundesrathe steht es frei, Aenderungen an den vorgehenden Bestimmungen vorzunehmen. Jedoch sollen Aenderungen, welche innerhalb der Vertragsdauer nothwendig werden und welche das Interesse der Brenner benachteiligen würden, nur mit Einverständniß der Letztern und auf Grund neuer Vereinbarung zuläßig sein.

Art. 39. Die Verträge mit den Brennern werden von der Alkoholverwaltung unter Vorbehalt der Genehmigung durch das eidgenössische Finanzdepartement abgeschlossen.

II.

Torschriften für neu zu errichtende Brennereien.

Art. 40. Die Vergebung der Loose für neu zu errichtende Brennereien kann vor Erstellung der Brennereien auf Grund der Bau- und Betriebspläne stattfinden. Wer behufs Erlangung eines Looses eine Brennerei zur Verarbeitung monopolpflichtiger Rohstoffe zu errichten und zu betreiben beabsichtigt, hat demnach der Alkoholverwaltung von dieser Absicht Kenntniß zu geben und durch Vorlage des Planes über Bau und innere Einrichtung den Nachweis zu leisten, daß die Breunereianlage den gesetzlichen Anforderungen und den Anforderungen dieses Pflichtenheftes in allen Theilen Genüge leiste.

Die Eröffnung des Brennereibetriebs d;trf erst auf ausdrückliche Ermächtigung der Alkohol Verwaltung hin stattfinden.

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Art. 41. Die Ansprüche an die Gradhaltigkeit und Reinheit der Produkte werden für Brennereien mie kontinuirlichen Apparaten auf 85° Tralles, für solche mit periodischen Apparaten auf 80° Tralles, für Apparate beider Art auf 2 °/oo alkoholischer Verunreinigungen festgesetzt.

Enthält der Spiritus mehr als 2 °/oo alkoholische Verunreinigungen, su soll für jedes ganze Promille Ueberschuß eia Preisabzug von 5 °/o statthaben.

Die nach Art. 15 vorgesehenen Kontroireservoire sollen mindestens einen Viertheil der für ein Brennjahr angenommenen Produktion fassen können.

Art. 42." Ueber die Dauer der Verträge werden besondere kontraktliche Abmachungen vorbehalten ; dieselbe kann über drei Jahre hinaus erstreckt werden.

Art. 43. Was die Auflösung der Verträge betrifft, so werden die Entschädigungsansprüche, welche bei einer Lösung des Vertragsverhältnisses vor Ablauf der vereinbarten Dauer desselben geltend gemacht werden könnten, inappellabel einem Schiedsgerichte übertragen. Dieses Gericht ist gemäß Art. 37 zusammenzusetzen und hat hei seinen Aussprüchen außer allen in Rücksicht fallenden sachlichen Verhältnissen die dannzumal gültigen Gesetze und Verordnungen in Betracht zu ziehen. Nach Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer hat der Loosinhaber keine Entschädigungsansprüche mehr.

Art. 44." Im Uebrigen gelten die unter Abschnitt I enthaltenen Vorschriften für bereits bestehende Brennereien.

B e r n , den 23. Mai 1888.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident: Hertenstein.

Der Stellvertreter des eidg. Kanzlers : Schatzmann.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Reglement zur Vollziehung der Strafbestimmungen des Bundesgesetzes vom 23. Dezember 1886 betreffend gebrannte Wasser. (Vom 24. Juli 1888.)

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1888

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34

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28.07.1888

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