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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend Uebertragung und Abänderung der Konzessionen für die Gäubahn.

(Vom 9. Juli 1873.)

Tit. !

Durch Vertrag vom 16 /18. Februar d. J. vereinigten sich das interkantonale Vorbereitungskomité einer Gäubahn und das Direktorium der Schweiz. Zentralbahn zu einer besondern Unternehmung mit dem Zweke des Baues und Betriebs der Gäubahn (OltenSolothurn-Lyß) auf Grund der von den Kantonen Solothurn und Bern am 15. September 1871 und 3. Februar 1872 ertheilten Konzessionen (Eisenbahnaktensammlung VII. 435, 501). Demgemäß tritt das Comité diese Konzessionen an das neue Unternehmen ab.

1 /3 des auf 12 Millionen veranschlagten Baukapitals, höchstens jedoch 4 Millionen, soll das Comité, den Rest die Zentralbahn beschaffen ; das Betheiligungskapital des erstem soll fest zu 41/4 % verzinst werden. Die Anordnung und Leitung des Baues und Betriebes der Bahn steht der Zentralbahn zu; sie vertritt das Unternehmen auch allein nach Außen. Ein Ausschuß von 7 Mitgliedern, wovon das Komité 2 und jeder der betheiligten- Kantone je l zu wählen hat, hat die Ausführung des Vertrages zu überwachen und jährlich die Bau- und Betriebsrechnung zu prüfen. Die Zentral-

55 bahn kann jederzeit die Bahn gegen Ersaz des vom Komité darauf verwendeten Kapitals an sich ziehen. Der Vertrag enthält sodann noch Bestimmungen über Anlage der Bahn (Richtung, Steigung, Kurven, Stationen, Anschlüsse) und Betrieb derselben u. s. vv.

In Ausführung dieses Vertrages stellt das interkantonale Vorbereitungskomite der Gäubahn mit Eingabe vom 5. Mai das Gesuch um Genehmigung der Konzessionsübertragung und um folgende Abänderungen in den Konzessionen : 1. in derjenigen von Solothurn : a. in der Einleitung sollen die Worte ,,eventuell Aaraua gestrichen werden; 6. lit. &. von Art. l (,,eine Linie von Ölten nach Aarau auf dem linken oder rechten Ufer der Aare bis an die solothumiscbe Kantonsgrenze"1) ist zu streichen;
Die Regierung des Kantons Solothurn erhebt gegen die Begehreu des Petenten keine Einwendung.

Der Regierungsrath des Kantons Bern aber protestirt gegen die Abtretung und einen Theil der beantragten Aenderungen, und erklärt eventuell, für Bau und Betrieb des auf Berner-Gebiet lie·genden Theiles der Bahn selbst sorgen zu wollen. Er führt an: 1. Man wisse nicht, welchen Charakter die Vereinigung des Initiätivkomite und der Centralbahn habe, ob den einer solidarischen oder Aktiengesellschaft. Die finanziellen Verpflich" tungen der Kontrahenten haben eine solche Tragweite, daß eine gesezliche Konstituirung dieser Elemente gefordert werden, müsse.

56 2. Die einfache-Domizil Vorzeigung in Solöthurn und'Vertretung; durch die Zentralbalm entspreche nicht dem gesezlich vorgeschriebenen Size einer Bahnunternehmung.

3. Die Bahn könne um 8 Millionen Franken gebaut werden 5 wenn die Kosten auf 12 Millionen veranschlagt werden, somüsse eine Scheinverpflichtung vorliegen.

4. Der im Vertrage bedungene Anschluss der Wasserfallenbahn; bei Oensingen könne nur durch eine technische Abnormität ausgeführt werden und verleze die Interessen des Kantons Bern, ebenso die Stipulation einer eisernen Fahrbrüke zwischen Flumenthal und Attisholz.

5. Am Empfindlichsten werde der Kanton Bern betroffen durch Art. 17 des Vertrages, wonach die Zentralbahn-Gesellschaft die Verpflichtung übernimmt, die Konzession Solothurn-Schönbuhl als Fortsezung der Wasserfallen-Gäubahn zu erwirken..,.

Jene Bahn sei bereits der Emmenthalbahn-Gesellschaft konzedirt..

Wir finden diese Einwendungen nicht für stichhaltig.

ad 1. Allerdings ist die Bestimmung und Organisation, der neuen Gesellschaft ziemlich unklar. Der einzige Zwek des SiebnerAussehusses ist, darüber zu wacheu, daß der Vertrag erfüllt, die Bahn gernäß Verabredung geblaut werde; dazu, bedurfte es nur des Vertrages mit Bezeichnung eines Gerichtes für den Fall von Streitigkeiten. Die Geldbeschaffung, ^welche dem Vorbereitungskomité obliegt, stellt sich als eine einfache Anleihe an die Zentralbahn heraus..

Allein so gut eine Menge von Konzessionen in den Händen von gar nicht organisirten Gründungskomitee liegen, so gut kann auch eine solche lose Vereinigung eines Komité mit einet bereits konstituirten Gesellschaft Inhabereiner Konzession sein. Nach Außen vertritt die Zentralbahn das Unternehmen, und haftet also für die Verpflichtungen, welche die Konzessionen aufstellen. In der Nothwendigkeit der Leistung eines Finanzausweises und in dem.

Grundsaz, daß expropriirte Objekte nur gegen Bezahlung der Entschädigung vom Exproprianten in Besiz genommen werden können, liegen hinreichende sachliche Garantien., Die Uebertragung an eine Vereinigung von bloß temporärer Bedeutung, wie sie hier in der neuen Gesellschaft vorliegt, hat nur die Folge, daß noch ejne Uebertragung, an die schließliehe Betriebsgesellschaft und noch eine Genehmigung nöthig sein wird.

57 ad 2. In der Berner-Konzession heißt es: ,,Die Gesellschaft1 nimmt für Rechtsverhältnisse ihr Domizil im Kanton Bern."'

Durch die neue Passung des Artikels wird der Kanton Bern nicht ungünstiger gestellt, zumal da gemäß der Solothurner-Konzession der Siz der Gesellschaft in Solothurn, also auch nicht im Kanton Bern sein sollte.

ad 3. Dieses Argument, soweit es überhaupt ins Gewicht fallen kann, ist ad l gewürdigt.

ad 4 Durch die Genehmigung der Konzessionsübertragung wird keineswegs der Vertrag vom 16./18. Februar ratifizirt.

Die Tracéfragen bleiben offene; gemäß Art. 14 des neuen Eisenbahngesezes wird die bernische Regierung ihre Interessen bei Anlaß der Planvorlage wahren können.

ad 5. Die Konzedirung der Linie Solothurn-Schönbühl an die Zentralbahn ist eine Frage für sich, welche durch das vorliegende Traktandum nicht berührt wird.

Was endlich den Anspruch der Regierung des Kantons Bern betrifft, eventuell den Bau und Betrieb der Gäubahn selbst zu übernehmen, so haben wir uns in der Botschaft betreffend die Konzession Konolßngen-Thun gegen eine solche Ausdehnung des Art. 10 des Eisenbahngesezes ausgesprochen. Hier kommt noch hiezu, daß der jezige Inhaber der Konzession mit der Uebernahme derselbe» durch den Kanton Bern gar nicht einverstanden ist und die allem Widerspruch ein Ende machende Erklärung abgibt, daß er die Konzession für sich behalten würde, wenn die Uebertragung an die Zentralbahn nicht genehmigt würde.

Bezüglich der Konzessionsänderungen finden wir lediglich, die Bestimmung: ,,Die Gesellschaft nimmt für Rechtsverhältnisse ihr Domizil etc.a sei etwas undeutlich und inkorrekt, und schlagen daher eine dem neuen Geseze entlehnte Fassung vor.

Im Uebrigen beehren wir uns, Ihnen zu beantragen, dem Gesuche zu entsprechen und demnach den folgenden Entwurf zum Beschlüsse zu erheben, und benuzen den Anlaß, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

Bern, den 30. Mai 1873.

Im Namen des schwei/. Bundesrathes,.

Der Bundespräsident: Ceresole.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Schiess.

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(Entwurf)

Biindesbeschluss betreifend Uebertragung und Abänderung der Konzessionen für die Gäubahn.

Die Bundesversammlung der s c h w e i z e r i s c h e n E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht : 1) eines vom 5. Mai 1873 datirten Gesuches des interkantonalen Vorbereitungskomité der Gäubahn, * 2) der Vernehmlassungen der Regierungen der Kantone Solothurn und Bern, 'dd. 16. Mai und 14. Juni 1873, 3) einer Botschaft des Bundesrathes, vom 9. Juli 1873, beschließt: 1. Die Uebertragung der am 15. September 1871 vom Kanton Solothurn ertheilten, am 1. Februar 1872 genehmigten, durch Bundesrathsbeschlüsse vom 12. August und 11. November 1872 verlängerten Konzession für eine Eisenbahn von Ölten durch das solothurnische Gau über Solothurn nach Buren und Lyß, und die Uebertragung der am 3. Februar 1872 vom Kanton Bern ertheilten, durch Bundesbeschluß vom 26. gl. Mts. genehmigten und durch Bundesbeschluß vom 23. Dezember v. J. verlängerten, resp. erneuerten Konzession für eine Eisenbahn von Lyß über Buren an die solothurnische Grenze bei Leuzingen und von der Grenze des Amtsbezirks Wangen bis an die bernische Grenze bei Oensingen -- an die durch das interkantonale Vorbereitungskomité der Gäubahn und die Gesellschaft -der Schweiz. Zentralbahn zum Zwek des Baues und Betriebes der Gäubahn gebildete Gesellschaft wird genehmigt.

2. Die vom Kanton Solothurn am 15. September 1871 ertheilte Konzession wird in folgender Weise abgeändert: o. in der Einleitung werden die Worte ,,eventuell Aaraua gestrichen ; O

O

59 o. lit. 6. von Art. l wird gestrichen; c. Art. 4 soll lauten: ,,Der Siz der Gesellschaft ist in Basel; sie verzeigt aber im Kanton Solothurn ein Domizil, an welchem sie von den Einwohnern des Kantons belangt werden kann; für dingliche Klagen gilt das Forum der Sache;tt d. in Art. 7 werden die Worte ,,innert Jahresfrist, was die Linie Olten-Lyß betrifft1'-, ersezt durch die Worte: ,,binnen zwei Jahren.a 3. Die vom Kanton Bern am 3. Februar 1872 ertheilte Konzession wird in folgender Weise abgeändert : a. Art. 3 soll lauten: ,,Der Siz der Gesellschaft ist in Basel; sie verzeigt aber im Kanton Bern ein Domizil, an welchem sie von den Einwohnern des Kantons belangt werden kann; für dingliche Klagen gilt das Forum der Sachea ; b. in Art. 6 wird statt ,,innert Jahresfrist'1 gesezt: ,,innert zwei Jahren."

4. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend Fabrikation und Kontrolirung der postalischen und telegraphischen Werthzeichen (Franko- und Telegraphenmarken, Frankocouverts, Korrespondenzkarten etc.)

(Vom 10. Juli 1873.)

Tit. !

Bei Anlaß der Prüfung des Geschäftsberichts des Bundesrathes vom Jahr 1870 hat die Bundesversammlung durch Beschluß vom 21. Juli 1871 den Bundesrath eingeladen, die erforderlichen Maßregeln zu treffen, welche eine gehörige Kontrole über die Anfertigung der Korrespondenzkarten, Briefumschläge und Freizeichen zu ermöglichen geeignet seien, und namentlich zu prüfen, ob nicht die Anfertigung dieser Gegenstande in Regie eingeführt werden sollte. (XI, 522).

In Vollziehung dieses Beschlusses haben wir vorerst, in Betracht der bevorstehenden, auf mehrere Jahre sich ausdehnenden namhaften Münzprägungen die fernere Zuläßigkeit der in der eidgenössischen Münzstätte betriebenen, von Jahr zu Jahr mehr Räumlichkeiten beanspruchenden Nebenarbeiten, in verneinendem Sinne entschieden und unterm 23. August 1871 die Verlegung der Fabrikation der Postwertzeichen aus der eidgenössischen Münzwerkstätte

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Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend Uebertragung und Abänderung der Konzessionen für die Gäubahn. (Vom 9. Juli 1873.)

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Jahr

1873

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

34

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26.07.1873

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54-60

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