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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über Massnahmen zum Schutz der Währung (Vom 7. April 1976)

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, Nach Artikel 6 des Bundesbeschlusses vom S.Oktober 1971/28. Juni 1974 über den Schutz der Währung hat der Bundesrat über Massnahmen, die gestützt auf diesen Bundesbeschluss getroffen werden, sowie über deren Auswirkungen der Bundesversammlung wenigstens einmal im Jahr Bericht zu erstatten. Wir berichten Ihnen nachstehend über die seit dem letzten Bericht vom 23. April 1975 eingetretene Entwicklung.

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Übersicht

Die weltwirtschaftliche Rezession und die damit verbundene Abschwàchung des Welthandels verursachten 1975 erneut starke Umschichtungen in den Ertragsbilanzen. Diese Entwicklung erschwerte eine Stabilisierung der internationalen Devisenmärkte. Andererseits gelang es, die seit längerer Zeit in Gang befindlichen Verhandlungen über eine Neuordnung der internationalen Währungsbeziehungen mit einer Kompromisslösung abzuschliessen.

So konnte eine Einigung über die Anpassung der Statuten des Internationalen Währungsfonds an die tatsächlichen Verhältnisse erzielt werden. Sie wurde unter anderem mit Erleichterungen in der Finanzierung der Zahlungsbilanzdefizite und mit der Verstärkung der Zusammenarbeit der wichtigsten Industrieländer in der Wechselkurspolitik verknüpft. Die Schweiz hat die letzteren Bestrebungen unterstützt, da sie geeignet sind, zur Beruhigung auf den Devisenmärkten beizutragen.

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Obwohl sich 1975 die Umwälzungen an den Devisenmärkten wesentlich weniger hektisch als im Vorjahr auf den Schweizerfranken niederschlugen, blieb unsere Währung immer noch stark gefragt. Die gestützt auf den Bundesbeschluss über den Schutz der Währung getroffenen Massnahmen gegen den Zufluss ausländischer Gelder sowie die umfangreichen Interventionen der Nationalbank am Devisenmarkt zielen darauf ab, der Höherbewertung des Frankens entgegenzuwirken. In der gegenwärtigen, weiterhin labilen internationalen Währungslage können die schweizerischen Abwehrmassnahmen daher noch nicht aufgehoben werden.

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Währungsgeschehen seit dem Frühjahr 1975 21 Internationales Währungsgeschehen

Die weltwirtschaftliche Rezession und die damit verbundene Abschwächung des Welthandels haben bedeutsame Umschichtungen in den Ertragsbilanzen herbeigeführt. Das Jahr 1975 war im Vergleich zum Vorjahr gekennzeichnet durch einen fühlbaren Abbau der Ertragsbilanzüberschüsse der erdölproduzierenden Staaten, die weitgehende Beseitigung des Defizites der Gruppe der Industrieländer sowie eine starke Erhöhung der Fehlbeträge in den Ertragsbilanzen der nichterdölproduzierenden Entwicklungsländer. Diese Entwicklung hat sich auf die Devisenmärkte und die Verhandlungen über die Reform der internationalen Währungsbeziehungen ausgewirkt.

Die Finanzierung der entstandenen Defizite in laufender Rechnung hat sich bis jetzt befriedigend regeln lassen. Die internationalen Finanzmärkte haben dabei eine wichtige Rolle gespielt. Infolge der durch die Rezession bedingten starken Rückbildung der kurzfristigen Zinssatze und der vergrösserten Ersparnisbildung erhöhte sich das Angebot an langfristigem Kapital, so dass die Probleme der Fristentransformation durch die internationalen Finanzmärkte beträchtlich an Gewicht verloren haben. Zudem hat sich das Anlageverhalten der OPEC-Staaten als konstruktiv und relativ stabil erwiesen.

Allerdings konnten durch die internationalen Finanzmarkte nicht alle Schwierigkeiten bei der Finanzierung von Aussenwirtschaftsdefiziten beseitigt werden. Die ärmsten Länder vermochten sich kaum auf diesen Märkten Mittel zu beschaffen; für andere ergaben sich Verschuldungsgrenzen durch den steigenden Schuldendienst. Nicht zuletzt aus diesem Grunde war die Ausdehnung von Kreditmechanismen im Rahmen der bilateralen und multilateralen Entwicklungshilfe Gegenstand von eingehenden internationalen Gesprächen.

Der Internationale Währungsfonds (IMF) hat für Defizitländer zusätzliche Mittel auf verschiedenen Wegen verfügbar gemacht. Durch die Erdölfazilität 1975 wurde der, Fonds ermächtigt, bei Erdöl- und Industrieländern fünf Milliarden Sonderziehungsrechte (SZR) aufzunehmen und damit Kredite an Staaten, die stark von der Ölpreiserhöhung betroffen worden sind, zu finanzieren. Für die

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ärmsten Schuldnerstaaten wurde vorgesehen, die Zinslast durch Leistungen aus einem Subventionsfonds, der von Gläubigerländern gespeist wird, zu erleichtern.

Für das Jahr 1976 ist keine weitere Ölfazilität vorgesehen. Im übrigen wurde ein erweiterter Beistandsmechanismus geschaffen, der an Entwicklungsländer mittelfristige Kredite zur Lösung von Strukturproblemen gewährt. Ein sogenannter Treuhandfonds soll Kredite zu weichen Bedingungen an die ärmsten Länder abgeben. Die Mittel werden durch den auf vier Jahre verteilten Verkauf eines Sechstels der Goldbestände des IMF aufgebracht. Die kompensatorische Finanzierung von Erlösminderungen bei Rohstoffverkäufen wurde von 50 auf 75 Prozent der Fondsquoten berechtigter Länder erweitert. Zu Beginn dieses Jahres wurde ausserdem eine vorläufige Erhöhung der Ziehungsmöglichkeiten beim IMF beschlossen, indem die Beanspruchbarkeit der Kredittranchen der Mitgliedländer um 45 Prozent erhöht wurde.

Die Weltbank hat ihrerseits einen neuen Kreditmechanismus, das sogenannte Dritte Fenster, geschaffen. Daraus können wiederum die stark betroffenen Entwicklungsländer Nutzen ziehen, indem die Zinssätze durch einen ähnlichen Subventionsfonds wie beim IMF auf etwa die Hälfte der üblichen Sätze reduziert werden.

Die Schweiz hat sich gestützt auf den Bundesbeschluss vom 20. März 1975 über die Mitwirkung an internationalen Währungsmassnahmen mit einem Darlehen von 479 Mülionen Franken (150 Mio. SZR) an der Ölfazilität 1975 beteiligt.

Die Nationalbank wurde mit der Kreditgewährung beauftragt, wobei der Bund der Notenbank eine entsprechende Garantie leistet.

Auf Grund des Bundesbeschlusses vom 2. Dezember 1975 beteiligte sich unser Land ferner am sogenannten Zinsverbilligungsfonds der Weltbank mit einem nicht rückzahlbaren Betrag von 15 Millionen Franken und an jenem des Internationalen Währungsfonds mit einem solchen von 10 Millionen Franken.

Die Diskussionen um die Neuordnung der internationalen Währungsbeziehungen sind in der Berichtszeit zu einem vorläufigen Abschluss gelangt. Es wurde Einigkeit über die Anpassung der Statuten des IMF an die tatsächlichen Verhältnisse erzielt. Hauptprobleme waren die Rolle des Goldes im Währungssystem und die zukünftige Wechselkursordnung. Parallel dazu liefen die Verhandlungen über die sechste allgemeine Überprüfung der Höhe der
Mitgliedquoten beim IMF.

Darüber wurde an der Sitzung des Interimskomitees des IMF in Washington am 31. August 1975 Übereinstimmung erzielt, indem die Quoten gesamthaft um 32,5 Prozent auf rund 39 Milliarden SZR erhöht werden sollen. Dabei wird der Quotenanteil der Erdölländer verdoppelt. Der Anteil der übrigen Entwicklungsländer bleibt unverändert, während die Industrieländer einer Reduktion ihres Anteils um rund 4,5 Prozent zustimmten. Unter anderem wurde die Quote der Vereinigten Staaten auf 21,53 Prozent des Totais reduziert, was diesem Land einen entsprechenden Stimmenanteil sichert. Gleichzeitig wurde für eine Reihe von wichtigen Entscheidungen im Fonds ein qualifiziertes Mehr von 8 5 Prozent der Stimmen vorgesehen, womit den USA eine Sperrminorität verbleibt.

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Ebenfalls Ende August 1975 bahnte sich ein Kompromiss in der Goldfrage an. Danach soll der offizielle Goldpreis abgeschafft werden. Ausserdem wurde die Verpflichtung aufgehoben, in Transaktionen zwischen IMF und seiner Mitgliedländer Gold zu gebrauchen. Darüber hinaus soll der Fonds einen Sechstel seiner Goldbestände an die Mitgliedländer zurückerstatten und einen weiteren Sechstel, wie erwähnt, zugunsten der Entwicklungsländer \erwenden. Über die restlichen zwei Drittel der IMF-Goldbestände sollen die Mitgliedländer mit einem qualifizierten Mehr von 85 Prozent verfügen können. Gleichzeitig hatte sich die Zehnergruppe der wichtigsten Industrieländer grundsätzlich darauf geeinigt, dass Goldkäufe und -verkaufe der zugehörigen Zentralbanken zwar möglich sein sollen, jedoch der Gesamtbestand an monetärem Gold der Zehnergruppe und des IMF zusammen auf die Dauer von zwei Jahren nicht erhöht werden soll. Die Goldtransaktionen der Notenbanken dürfen ausserdem nicht zur Entstehung eines neuen offiziellen Goldpreises führen.

Die Quotenerhöhung und der Goldkompromiss konnten erst an der Tagung des Interimskomitees im Januar 1976 auf Jamaica endgültig verabschiedet werden.

Zuvor war eine Verständigung über die zukünftige Wechselkursordnung zu finden. In Verhandlungen zwischen Frankreich und den Vereinigten Staaten wurde an der Gipfelkonferenz von Rambouillet Mitte November 1975 eine grundsätzliche Übereinstimmung erreicht : die Zehnergruppe befasste sich anschliessend mit dieser bilateralen Übereinkunft, und das Interimskomitee schliesslich konnte Anfang Januar 1976 die endgültige Ausarbeitung des neuen Artikels IV der IMF-Statuten dem Exekutivdirektorium übertragen. Danach sollen die Mitgliedländer untereinander und mit dem IMF zusammenarbeiten, um ein stabiles Wechselkurssystem zu ermöglichen. Wenn die Statutenanpassung beim IMF von den Mitgliedländern ratifiziert ist, soll jedes Mitgliedland dem IMF mitteilen, ob es entweder eine Parität für seine Währung in SZR oder in einer anderen internationalen Einheit, aber nicht in Gold, festlegt, oder an einem System fester Wechselkurse einer beschränkten Anzahl von Ländern teilnimmt oder aber den Kurs seiner Währung flottieren lässt. Allgemein gültige Regeln für das Wechselkurssystem können die IMF-Mitglieder mit einer Mehrheit von 85 Prozent beschliessen, wobei
immerhin dem Mitgliedland freisteht, ob es sich dem Beschluss unterziehen will. Alle diese Bestimmungen werden der Überwachung durch den IMF unterstellt. In einer späteren Phase soll mit 8 5 Prozent der Stimmen eine allgemeine Rückkehr zum System der festen Wechselkurse beschlossen werden können.

In Verbindung mit dieser Verständigung haben eine Reihe von Industrieländern eine Verstärkung ihrer Zusammenarbeit in der Wechselkurspolitik beschlossen. Durch den Einbezug der Vereinigten Staaten, Kanadas und Japans in das Informationsnetz der europäischen Wahrungsschlange soll die Interventionspolitik wirksamer gestaltet werden. An der Konzertation der Mitgliedländer der Währungsschlange nimmt seit Noyember 1975 auch die Schweizerische Nationalbank teil.

Die Devisenmärkte wiesen 1975 eine weniger hektische Entwicklung auf als im Jahr zuvor. Der amerikanische Dollar vermochte sich während des Frühlings

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und des Sommers 1975 zu erholen; im wesentlichen wegen der verbesserten konjunkturellen Entwicklung, der starken Aktivierung der Ertragsbilanz und steigender kurzfristiger Zinssätze in den USA. Diese Bewegung wurde Ende September unterbrochen, als der Dollar mit dem Absinken der Zinssätze und der Finanzkrise der Stadt New York nachgab. Seither schwankte die amerikanische Währung in relativ engen Grenzen. Die anhaltenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten in Grossbritannien wirkten sich in einer anhaltenden Schwäche des Pfund Sterling aus. Die italienische Lira konnte im Jahre 1975 weitgehend stabil gehalten werden, bis sie sich im Zusammenhang mit der Regierungskrise zu Beginn des laufenden Jahres rasch abschwächte.

Die europäische Währungsschlange sah sich erst gegen Ende der Berichtszeit beträchtlichen Spannungen ausgesetzt. Der französische Franc konnte am 10. Juli 1975 wieder mit dem gleichen Wechselkurs, zu dem er seinerzeit ausgetreten war, in die europäische Währungsschlange eintreten. Die französische Ertragsbilanzlage und die verborgene Schwäche des Franc sowie die durch die Lira-Krise und die Abwertung der spanischen Peseta hervorgerufenen spekulativen Geldbewegungen erforderten jedoch in den ersten Wochen 1976 beträchtliche Interventionen zugunsten des Franc. Der Druck auf den Franc wurde im Anschluss an eine Krise des Pfund-Sterling schliesslich so gross, dass sich die französische Regierung am 15. März 1976 dazu entschloss, den Franc wieder aus der Schlange zu nehmen und frei flottieren zu lassen. Die Deutsche Mark vermochte sich im 4. Quartal des letzten Jahres von der Position der schwächsten Schlangenwährung zu lösen und begegnete zu Beginn des Jahres 1976 verstärkter Nachfrage.

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Entwicklung der Währungsverhältnisse in der Schweiz

Zu Beginn der Berichtszeit (Mai 1975) waren in der Schweiz eine Reihe von verschärften Abwehrmassnahmen gegen den Zufluss von Auslandgeldern in Kraft. Diese hatten sich als erforderlich erwiesen, weil die im Spätherbst 1974 eingetretene starke Höherbewertung des Frankens auf den Devisenmärkten die internationale Wettbewerbsfähigkeit der schweizerischen Wirtschaft, die bereits einen rezessionsbedingten Nachfragerückgang erlitt, zu gefährden begann. Seit dem 22. Januar 1975 gilt für ausländische Bankguthaben in Schweizerfranken (einschl. Treuhandgelder) ein Verzinsungsverbot, und der seit 3I.Oktober 1974 eingetretene Zuwachs dieser Gelder untersteht einer Kommissionsbelastung (Negativzins) von 10 Prozent pro Quartal. Zur Erschwerung von Umgehungsgeschäften war das zulässige Volumen der Terminverkäufe von Schweizerfranken an Ausländer durch Banken auf 50 Prozent (Kontrakte mit einer Laufzeit von bis zu 10 Tagen) bzw. 70 Prozent (Kontrakte mit einer Laufzeit von mehr als 10 Tagen) des Standes vom 3I.Oktober 1974 begrenzt worden. Die Banken sind sodann verpflichtet, ihre Fremdwährungsverbindlichkeiten täglich durch Fremdwährungsforderungen mindestens auszugleichen; seit dem I.April 1975 hat dieser Ausgleich für jede der neun wichtigsten Währungen einzeln zu erfolgen. Unverändert in Kraft blieb in der Berichtszeit auch die Bewilligungspflicht für die Geldauf-

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nähme im Ausland durch Nichtbanken. Von einer Wiedereinführung des Verbots der Anlage ausländischer Gelder in schweizerischen Wertschriften sah der Bundesrat auf Empfehlung der Nationalbank ab, da die Erfahrungen mit diesem Instrument (Juni 1972 bis 1. Febr. 1974) nicht befriedigten. Auch mit Rücksicht auf die Zinsentwicklung und die davon ausgehende unerwünschte Rückwirkung auf den Wechselkurs war ein solches Verbot nicht angezeigt. Ausserdem hatte die Nationalbank am 6. Januar 1975 nach fast zwei Jahren Unterbruch wieder Interventionskäufe am Devisenmarkt aufgenommen, um die Kursschwankungen zu mildern und einer weiteren Höherbewertung des Schweizerfrankens am freien Devisenmarkt entgegenzuwirken.

Nachdem die Auftriebstendenzen im März und April 1975 spürbar nachgelassen hatten, verzeichnete der Franken im Mai wieder eine Höherbewertung. Die Nationalbank verstärkte daher Ihre Interventionskäufe. Um die Wirksamkeit dieses Eingreifens in das Marktgeschehen zu vergrössern, war mit den Währungsbehörden der USA und der Bundesrepublik Deutschland im Februar 1975 eine engere Koordination der Interventionen abgesprochen worden Im S.Quartal 1975 festigte sich der international stärker werdende Dollar auch im Verhältnis zum Schweizerfranken. Sein Kurs, der sich im Juni um 2.50 Franken bewegt hatte, stieg im Juli auf 2.70 Franken und erreichte Ende September 2.76 Franken. Im 4. Quartal schwächte sich der Dollar erneut leicht ab.

Ab Mitte Jahr wies auch die innerhalb der europäischen Währungsschlange schwache Deutsche Mark gegenüber dem Franken eine fallende Tendenz auf.

Hatte ihr Kurs im Juni im Monatsmittel noch 106.50 Franken betragen, so fiel er im September auf 103.50 Franken und im Dezember sogar auf 100 Franken.

Anfang Januar 1976 konnte der Dollarkurs nur dank massiver Interventionen der Nationalbank gehalten werden; im Februar fiel er auf 2.55 Franken. Diese Schwäche hing mit dem Kursrückgang der italienischen Lira und des französischen Franc und den von den betreffenden Notenbanken zur Kursstützung vorgenommenen Dollarverkäufen zusammen. Eine zusätzliche Verunsicherung der Devisenmärkte ging vom englischen Pfund aus, das einen deutlichen Kursrückgang erlitt.

In der Zeit von Anfang 1975 bis Ende März 1976 betrug die Höherbewertung des Frankens gegenüber der Deutschen Mark 5,2 Prozent, gegenüber
der Lira 29,1 Prozent, gegenüber dem französischen Franc 4,8 Prozent und im Verhältnis zum englischen Pfund 21,8 Prozent. Eine Tieferbewertung erfolgte dagegen im Verhältnis zum Dollar (-0,4%). Diemit der Gesamtausfuhr gewichtete Aufwertung des Schweizerfrankens seit Anfang 1975 betrug Ende März 1976 rund 9,4 Prozent.

Im Rahmen ihrer geldpolitischen Zielsetzung hatte die Nationalbank für 1975 eine Vergrösserung der Geldmenge M, (Bargeldumlauf und Sichtguthaben des Nichtbankensektors) um 3 Milliarden Franken oder 6 Prozent angestrebt und zu diesem Zweck - unter Berücksichtigung eines Geldmengenmultiplikators von 2 - eine Ausweitung der monetären Basis (Notenumlauf und Giroguthaben der privaten Wirtschaft beim Noteninstitut) um ebenfalls 6 Prozent oder l,5Müliar-

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den Franken in Aussicht genommen. Die Ausweitung der Geldversorgung wurde über Interventionskäufe am Devisenmarkt bewerkstelligt. Das geldpolitisch vertretbare Ausmass dieser Devisenübernahmen wurde durch die den Banken seit Dezember 1974 auferlegte Verpflichtung, den Erlös der bewilligungspflichtigen Kapitalexporte voll bei der Nationalbank in Dollars zu konvertieren, entschieden vergrössert, da diese Konversionen eine Vernichtung von Notenbankgeld bewirken. Die Nationalbank förderte den Wiederabfluss von ausländischen Geldern durch eine liberale Kapitalexportpolitik.

Vorab wegen der schwachen Kreditnachfrage übertrug sich die Ausweitung der monetären Basis nicht im erwarteten doppelten Ausmass (Multiplikator von 2), sondern wesentlich schwächer auf die Geldmenge M,. Wie für den Fall einer solchen Entwicklung bereits im Januar angekündigt, entschloss sich die Nationalbank daher zu einer etwas stärkeren Ausdehnung der monetären Basis. Gleichwohl blieben dem Umfang der Interventionstätigkeit Grenzen gesetzt.

Die Interventionen der Nationalbank am Devisenmarkt beliefen sich 1975 auf insgesamt 11,2 Milliarden Franken. Dieser Betrag wurde jedoch im Ausmass von 9,1 Milliarden Franken durch Pflichtkonversionen von Kapitalexporterlösen ausgeglichen, so dass von dieser Seite her eine Neuschaffung von Schweizerfranken im Umfang von 2,1 Milliarden Franken erfolgte.

Im Zusammenhang mit den Bemühungen um geordnete Devisenmarktverhältnisse erfolgte auch eine Abklärung der Möglichkeiten eines Beitritts der Schweiz zur europäischen Währungsschlange. Das Ziel eines Beitritts wäre eine Stabilisierung des Wechselkurses des Frankens gegenüber einigen für unseren Aussenhandel besonders wichtigen Ländern gewesen. Die technischen und politischen Gespräche mit den Mitgliedländern der europäischen Währungsschlange führten indessen nicht zum angestrebten Ergebnis und wurden gegen Ende 1975 vorläufig eingestellt. Als positive Folge der Diskussion kann die Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen der Nationalbank und den Zentralbanken der «Schlangenländer» vermerkt werden. Unser Noteninstitut wurde in das tägliche telefonische Konsultations- und Konzertationssystem der an der Währungsschlange beteiligten Notenbanken aufgenommen.

Erhebliche konjunktur- und wechselkurspolitische Bedeutung kam im Berichtsjahr der Zinspolitik
zu. Die Nationalbank unterstützte den bereits durch ihre Geldmengenpolitik geförderten Zinsabbau zusätzlich, indem sie mehrmals ihre offiziellen Sätze herabsetzte, den Banken über die geldwirtschaftlichen Spitzentermine regelmässig in reichlichem Mass Überbrückungshilfen gewährte und die Geldinstitute zu einer beschleunigten Ermässigung der Aktivsätze anhielt. Die Veränderung des Zinsgefälles zum Ausland hat einen direkten Einfluss auf die Wechselkurse. Die Notenbank war deshalb bestrebt, durch die Förderung des Zinsrückganges im Inland gegenüber dem Ausland ein Zinsgefälle zu wahren, um einer weiteren Höherbewertung des Schweizerfrankens entgegenzuwirken.

Um Liquiditätsschwierigkeiten (unter anderem wegen verzögerter Zahlungseingänge) einzelner Exportbranchen zu mildern, traf die Nationalbank am

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18. April 1975 eine Vereinbarung mit den Banken. Diese verpflichteten sich, Exportkredite bis zu sechs Monaten, besonders Wechselkredite, vorab an die Uhren-, Textil- und Schuhindustrie, bevorzugt zu erteilen. Die Nationalbank erklärte sich ihrerseits bereit, solche Wechsel ausserhalb der bestehenden Limiten zu einem Vorzugssatz (mindestens 1% unter den offiziellen Zinssätzen) zu rediskontieren oder lombardieren. Das Abkommen war auf sechs Monate befristet, trat am I.Mai 1975 in Kraft und ist am 28. Oktober 1975 um weitere sechs Monate verlängert worden. Um die Finanzierungskosten für grössere Exportkredite mittlerer und längerer Laufzeiten zu senken, schloss die Naüonalbank am l. Juni 1975 eine weitere, auf zwei Jahre befristete, Vereinbarung mit Banken, die im Exportkreditgeschäft führend sind. Die Nationalbank erklärte sich zu Rediskontzusagen bereit, und die Banken verzichteten dafür auf die kreditverteuernden Zinsanpassungsklauseln.

Ende Januar 1976 trat eine im Oktober 1975 von der Nationalbank verfügte weitere Herabsetzung des zulässigen Volumens der Terminverkäufe von Schweizerfranken an Ausländer in Kraft. Danach waren die Kontrakte mit Laufzeiten von über zehn Tagen auf 60 Prozent des Referenzstandes (31. Okt. 1974) herabzusetzen. Gestützt auf das Bankengesetz verlangt die Nationalbank zudem von den Banken seit Ende Januar 1976 die regelmässige Meldung der sogenannten Händlerposition, d. h. der im Risiko der Bank liegenden Devisenguthaben und -Verpflichtungen, und zwar per Kassa und auf Termin. Diese Meldepflicht dient der Verbesserung der Transparenz im Devisenmarkt. Sie ergänzt damit die im März 1975 getroffene Vereinbarung der Nationalbank mit den im Devisengeschäft tätigen Banken und multinationalen Gesellschaften, die sich verpflichteten, Devisentransaktionen von über 5 Millionen Dollar oder deren Gegenwert täglich zu melden und der Notenbank die Möglichkeit einzuräumen, solche Geschäfte selber zu übernehmen. Dieses Abkommen war ursprünglich bis Ende 1975 befristet, wurde aber Anfang Dezember um ein halbes Jahr, d. h. bis zum 30. Juni 1976 verlängert.

3 Anwendung der Massnahmen gestützt auf den Bundesbeschluss über den Schutz der Währung 31 Verordnung vom 20. November 1974/22. Januar 1975 über Massnahmen gegen den Zufluss ausländischer Gelder Wie im Bericht vom 23. April 1975 erwähnt, hatte der Bundesrat am 22. Januar 1975 die Verordnung über Massnahmen gegen den Zufluss ausländischer Gelder verschärft. Das Verzinsungsverbot wurde auf den gesamten Bestand der ausländischen Bankguthaben in Schweizerfranken ausgedehnt. Auf den seit dem 31. Oktober 1974 zugeflossenen ausländischen Geldern wurde die Kommission, welche die Banken ihren ausländischen Kunden zu belasten haben, von 3 Prozent auf 10 Prozent pro Quartal erhöht.

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Die gestützt auf die Verordnung vom 4. Juli 1972 über die Verzinsung ausländischer Gelder bis zur Ausserkraftsetzung dieser Verordnung am 30. September 1973 erhobenen Kommissionen beliefen sich auf einen Gesamtbetrag von 49,6 Millionen Franken. Mit Beschluss vom 8. Dezember 1975 hat der Bundesrat diesen Betrag zur Äufnung der Rückstellungen für Kursverluste der Exportrisikogarantie bestimmt. Die auf Grund der Verordnung vom 20. November 1974/ 22. Januar 1975 erhobenen Negativzinsen - in der Zwischenzeit sind rund 15 Millionen Franken eingegangen - werden ebenfalls dieser Rückstellung zugewiesen.

Um die Umgehung des Verzinsungsverbots und der Kommissionsbelastung zu behindern, reduzierte die Nationalbank am 29. Oktober 1975 zum dritten Mal das zulässige Volumen der Terminverkäufe von Schweizerfranken an Ausländer mit einer vertraglichen Laufzeit von über 10 Tagen. Bis zum 31. Januar 1976 war das Volumen dieser Terminkontrakte auf 60 Prozent des Standes am 31. Oktober 1974 herabzusetzen, nachdem bereits am 9. Januar 1975 (auf 90%) und am 22. Januar 1975 (auf 70%) entsprechende Reduktionen angeordnet worden waren.

Für die Terminkontrakte mit einer Laufzeit von 10 und weniger Tagen gilt seit dem 9. Januar 1975 die Limitierung auf 50 Prozent des Standes vom 31. Oktober 1974. Die festgesetzten Plafonds sind täglich einzuhalten.

Die Gründe für die Einsetzung und Verschärfung dieser Massnahmen sind in Abschnitt 22 sowie im Bericht des Bundesrates vom 23. April 1975 naher dargelegt worden.

32 Verordnung vom 5. Juli 1972/16. April 1973 über die Bewilligungspflicht für die Aufnahme von Geldern im Ausland Die in den früheren Berichten geschilderte Bewilligungspraxis der Nationalbank ist unverändert beibehalten worden. Die Aufnahme oder Verlängerung eines Kredites im Ausland wird grundsätzlich nur dann bewilligt, wenn der Kredit auf eine ausländische Währung lautet, vollständig im Ausland verwendet wird und keine Umwandlung in Schweizerfranken stattfindet. Von dieser Praxis wird nur in eng begrenzten Ausnahmefällen abgewichen, z. B. bei Verwandtendarlehen oder bei Darlehen ausländischer Aktionäre an inländische Unternehmen für die Errichtung oder Erweiterung von Betriebsstätten.

In der Zeit vom 22. Januar 1975 bis zum 16. März 1976 sind insgesamt 322 Einzelbewilligungen zur Aufnahme oder Verlängerung von Krediten im Ausland erteilt worden, wovon 86 Bewilligungen auf Kredite zur Verwendung im Inland und 236 Bewilligungen auf Kredite in fremder Währung zur Verwendung im Ausland entfielen. Ausserdem hat die Nationalbank sechs Sammelgenehmigungen für wiederkehrende gleichartige Kreditgeschäfte erteilt mit der Auflage, dass die aufgenommenen Mittel ohne Umwandlung in Schweizerfranken im Ausland verwendet werden.

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Unter den heutigen Währungsverhältnissen ist die Abwehr ausländischer Mittelzuflüsse in den Nichtbankensektor nach wie vor unumgänglich: Ausländische Gelder, die in Schweizerfranken umgewandelt werden, vermehren die Nachfrage nach, Schweizerfranken und erhöhen tendermeli den Wechselkurs unserer Währung. Die Kontrolle derartiger Kapitalbewegungen ergänzt und verstärkt jene Massnahmen zum Schutz der Währung, die sich auf den Bankensektor beziehen.

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Verordnung vom 5. Juli/11. Oktober 1972/17. März 1975 über die Fremdwährungspositionen der Banken

Die Änderung der Verordnung über die Fremdwährungspositionen der Banken, vom 17. März 1975 ermöglichte es der Nationalbank, mit Wirkung ab l. April 1975 den täglichen Ausgleich von Fremdwährungsverbindlichkeiten und -forderungen für jede Währung anzuordnen.

Mit dieser Massnahme, die sich gegen eine Höherbewertung des Frankens an den Devisenmärkten richtet, wird die Möglichkeit der Banken, in einzelnen Währungen spekulative Positionen zu halten, ausgeschlossen.

34 Verordnung vom 22. Januar 1975 über die Stillegung von Schweizerfranken-Erlösen aus Interventionen am Devisenmarkt Diese Verordnung ermächtigt die Nationalbank, bei währungspolitisch begründeten i Interventionskäufen am Devisenmarkt den Gegenwert in Schweizerfranken stillzulegen, indem sie dem Verkäufer den Betrag auf einem unverzinslichen Sperrkonto gutschreiben kann Die Nationalbank hat von dieser Kompetenz bisher keinen Gebrauch gemacht.

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Schlussbemerkungen

Die internationale Währungslage ist weiterhin von erheblicher Unsicherheit geprägt. Die weltweite wirtschaftliche Rezession, von der die verschiedenen Länder in unterschiedlichem Ausmass getroffen worden sind, sowie die zum Teil beträchtlichen Unterschiede bei den Inflationsraten haben Verschiebungen im Welthandel und damit auch Umschichtungen in den Ertragsbilanzen hervorgerufen. Dies wirkt sich zusammen mit den noch nicht restlos gelösten Problemen der Finanzierung der Zahlungsbilanzdefizite und periodischen Vertrauenskrisen gegenüber einzelnen Währungen nach wie vor belastend auf die Devisenmärkte aus.

Bei jeder Verunsicherung der Devisenmärkte besteht die Gefahr, dass grosse Kapitalverschiebungen getätigt werden, die empfindliche Wechselkursschwankungen hervorrufen können. Die Schweiz als währungsstarkes Land ist dieser Gefahr besonders ausgesetzt. Aus diesem Grund können die Massnahmen gegen den

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Zufluss ausländischer Gelder vorläufig nicht aufgehoben werden; dies geschieht vor allem im Interesse der Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit unserer Wirtschaft.

Unter dem Hinweis auf die ungünstige Stellung einzelner Branchen unserer Exportindustrie werden auch immer wieder einschneidendere Massnahmen vorgeschlagen. Zur Diskussion stehen insbesondere massivere Interventionen der Nationalbank auf dem Devisenmarkt, die Anordnung eines Verbots der Anlage ausländischer Gelder in inländischen Wertschriften, die Einführung einer Devisenbewirtschaftung und die Schaffung eines Kursstabilisierungsfonds. Bundesrat und Nationalbank haben diese Vorschläge eingehend geprüft. Sie mussten jedoch feststellen, dass solche Massnahmen, deren Wirksamkeit als äusserst zweifelhaft beurteilt wird und deren Anwendung zum Teil erhebliche Schwierigkeiten bereiten würde, unerwünschte Auswirkungen auf die Preis- bzw. Zinsentwicklung sowie auf die marktwirtschaftliche Ordnung hätten oder gegen internationale Verpflichtungen verstossen würden. Ausserdem wären derartige Vorkehren nicht geeignet, die vornehmlich strukturellen Schwierigkeiten einzelner Branchen unserer Exportwirtschaft zu beseitigen.

Im Gegensatz zu den genannten Forderungen trägt das währungspolitische Konzept des Bundesrates und der Nationalbank den herrschenden Verhältnissen in angemessener Weise Rechnung. Es stützt sich einerseits auf die vom Bundesrat auf Grund des Bundesbeschlusses über den Schutz der Währung erlassenen und verschärften Vorkehren gegen Geldzuflüsse aus dem Ausland. Die Nationalbank ihrerseits nimmt zur Eindämmung des Frankenkursanstieges und zum Ausgleich hektischer Kursschwankungen Interventionen am Devisenmarkt vor. Den Stützungskäufen sind aber von der geldpolitischen Zielsetzung, die nach wie vor auf die Eindämmung der Inflation ausgerichtet ist, Grenzen gesetzt. Die den Banken auferlegte Konversionspflicht für Kapitalexportgeschäfte gestattet es jedoch, das Interventionsvolumen erheblich über die als wünschbar erachtete Geldmengenausweitung anzuheben. Im Bereich der Zins- und Kapitalmarktpolitik unterstützt das Noteninstitut die konjunkturpolitisch wünschbare Rückbildung der Zinssätze und damit die Senkung eines wichtigen Kostenfaktors unserer Exportwirtschaft.

Eine Vergrösserung des Zinsgefälles gegenüber dem Ausland schwächt den
Aufwertungsdruck auf den Schweizerfranken ab.

Der Erleichterung der wechselkursbedingten Schwierigkeiten der Exportindustrie dienen neben dem Ausbau der Leistungen der Exportrisikogarantie auch zwei zwischen der Nationalbank und den im Exportkreditgeschäft führenden Banken geschlossenen Abkommen. Übrigens bringt die Höherbewertung des Frankens, die nicht die einzige Ursache des Exportrückganges ist, auch Vorteile mit sich, indem sie über die Senkung der Importgüterpreise zur Dämpfung des Preisanstieges im Inland beiträgt. Auf internationaler Ebene wurde die Wirksamkeit der Devisenmarktoperationen durch eine Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen der Nationalbank und ändern Notenbanken erhöht. Bundesrat und Nationalbank setzen alles daran, die sich aus der Sonderstellung des Schweizerfrankens für unsere Wirtschaft ergebenden Nachteile abzubauen, indem sie die bestehenden Massnahmen verstärken und ergänzen.

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5 Antrag Wir beantragen Ihnen, von diesem Bericht über Massnahmen zum Schutz der Währung Kenntnis zu nehmen und versichern Sie, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

Bern, den 7. Apri] 1976 Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident : Gnägi

Der Bundeskanzler : Huber

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über Massnahmen zum Schutz der Währung (Vom 7. April 1976)

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10.05.1976

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