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Bundesblatt 100. Jahrgang.

Bern, den 16. Dezember 1948.

Band III.

Erscheint wöchentlich. Preis 38 Franken im Jahr, 15 Franken im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr.

Einriickungsgßbfthr : 50 Kappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an Stämpfti £ de. in Bern.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Änderung des Bundesgesetzes betreffend den Postverkehr (Vom 10. Dezember 1948)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

In ihren Sitzungen vom 18. Juni und 7. Oktober 1948 haben der Nationalund der Ständerat nachstehende, von Herrn Nationalrat Münz und Mitunterzeichnern eingereichte Motion erheblich erklärt: Bei den heute bestehenden rund 196 000 Postcheckkonten wird ein Zins ausgerichtet, der effektiv weniger als 0,1% ausmacht (1946: 904000 Franken auf einem durchschnittlichen Gesamtguthaben der Rechnungsinhaber' von 937 Millionen Pranken). Eine derartige Bagatellverzinsung ist namentlich bei den vielen Rechnungen mit kleinen Saldi angesichts der damit verbundenen Verschwendung von Arbeitskraft und Papier nicht länger zu verantworten.

Der Bundesrat wird eingeladen, Artikel 33 des Postverkehrsgesetzes vom 2. Oktober 1924 in dem Sinne abzuändern, dass die Postcheckkonten entsprechend den jeweiligen Verhältnissen verzinslich oder unverzinslich geführt werden können.

Die Frage, ob und nach welchen Grundsätzen die Postcheckguthaben zu verzinsen seien, hat die eidgenössischen Hate schon wiederholt beschäftigt.

In der B o t c h a f t des Bundesrates von 1904, die sich mit der Einführung des Postcheck- und Giroverkehrs in der Schweiz befasste, wird darauf hingewiesen, dass die Checkguthaben zu einem massigen Fusse verzinst werden sollten, was namentlich für Landwirte, die kleinem Geschäftsleute und die Sparer, von nicht zu unterschätzendem Wert sei. Denn, sofern keine Verzinsung gewährt werde, würden bei unsern Verhältnissen voraussichtlich Bundesblatt.

100. Jahrg. Bd. in.

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1170 gerade diejenigen Leute nicht zum Checkdienst herangezogen, die man an Check und Giro gewöhnen möchte. -- In der Verzinsungsfrage standen sich schon zu jener Zeit zwei Interessenstandpunkte gegenüber: die Teilnehmer am Checkdienst, welche einen regen Verkehr besassen und wünschten, dass keine oder doch nur ganz niedrige Taxen bezogen werden, dafür aber von der Verzinsung der Guthaben abgesehen werde; die andern, welche weniger auf die Taxen als darauf sahen, dass ihnen das Guthaben verzinst werde.

Der Bundesrat hielt es für richtig, beiden Interessengruppen in der Weise entgegenzukommen, dass zwar eine Verzinsung, aber nur zu einem massigen Ansätze vorgesehen, dann aber auch die Taxen möglichst niedrig angesetzt werden.

Bereits vor Einführung des Postcheck- und Giroverkehrs bestanden bei Fachleuten keine Zweifel darüber, dass auch die vorgesehene, nutzbringende Verwendung der Einlagen die Selbstkosten der Verwaltung nicht zu decken vermöchte und, selbst wenn keine Zinsen gewährt würden, Taxen bezogen werden müssten, sofern Fehlbeträge in der Verwaltungsrechnung vermieden werden sollten.

In den Beratungen der eidgenössischen Bäte über den Gesetzesentwurf von 1904 wurde allgemein die Auffassung vertreten, dass es in der Schweiz üblich sei, dass Gelder, auch wenn sie auf Check- oder Depositenrechnung angelegt seien, verzinst werden. Der gewöhnliche Geschäftsmann werde immer danach trachten, dass ihm ein Zins vergütet werde, ansonst er von der neuen Verkehrseinrichtung einen nur beschränkten Gebrauch machen werde. Die Kontoinhaber sollen einen Zins erhalten, aber nur einen solchen, der durch seine Höhe nicht Gelder anziehen soll, die nicht für die Zahlungsvermittlung gebraucht werden; anderseits soll der Zinssatz auch nicht abschreckend sein, d. h. so nieder, dass das Publikum vorziehe, sein Geld anderswo unterzubringen.

Das für die Verzinsung massgebende ' System sollte nach der in den eidgenössischen Räten damals herrschenden Auffassung allen Kunden gerecht werden; die Lösung wurde schliesslich darin gefunden, dass den Guthaben entsprechende Zinsen und den Leistungen der Postverwaltung entsprechende Taxen gegenüberstehen sollten. Im Bundesgesetz vom 16. Juni 1905 b e t r e f f e n d den Postcheck- und Giroverkehr, Artikel 3, Absatz 2, ist denn auch der Grundsatz über die Verzinsung der
Kontoguthaben verankert, .die nähern Vorschriften dagegen -sind in die Vollziehungsverordnung vom 3. November 1905 aufgenommen worden.

Im B u n d e s g e s e t z vom 5. April 1910 b e t r e f f e n d das schweizerische Postwesen, durch welches das vorerwähnte Bundesgesetz von 1905 aufgehoben wurde, ist das Obligatorium der Verzinsung des Eechnungsguthabens weiterhin beibehalten worden (Art. 50, Buchst. <2).

1171 Der Entwurf zu einem neuen Bundesgesetz vom 28. Oktober 1921 betrefr fend den Postverkehr enthielt in Artikel 32, Absatz 3, die Vorschrift, dass die Guthaben der Bechnungsinhaber verzinst -werden können.

Die Kommission des Nationalstes stellte den Antrag, diesen vom Bundesrat und Ständerat gutgeheissenen Satz präziser zu fassen, und zwar nicht nur fakultativ, sondern obligatorisch: «Die Guthaben der Bechnungsinhaber werden verzinst»; dies mit der Begründung, die Postcheckguthaben seien bis jetzt immer verzinst worden, und so solle es auch bleiben. Die Bemessung des Zinssatzes liege in der Hand des Bundearates mit der Einschränkung, wonach der Zins mindestens um 1% unter dem Diskontosatz der Schweizerischen Nationalbank stehen müsse. Der Ständerat stimmte der vom Nationalrat angenommenen Begelung der Verzinsungsfrage zu, da die Checkguthaben tatsächlich immer verzinst werden mussten und die beschlossene Änderung dem gegenwärtigen Zustand entspreche. -- Die wesentlichen, noch heute für die Verzinsung der Kechnungsguthaben geltenden Vorschriften lauten wie folgt: .

Postverkehrsgesetz vom 2. Oktober 1924, Artikel 33, Absatz 8.

«Die Guthaben der Bechnungsinhaber werden verzinst. Der Zins muss aber mindestens um 1% unter dem Diskontosatz der Schweizerischen Nationalbank bleiben.» : In der Folge wurde u. a. in der Presse und im Jahre 1944 auch durch eine Kleine Anfrage des Herrn Nationalrat Münz die Beseitigung der nunmehr bestehenden «Bagatellverzinsung» auf den Postcheckkonten angeregt. Der Bundesrat antwortete auf die Kleine Anfrage u. a., dass das Postund Eisenbahndepartement im Bahmen seiner Zuständigkeiten den bisher 0,3 Prozent betragenden Postcheckzins mit Wirkung ab 1. Januar 1945 auf 0,2 Prozent gesenkt habe. Dieser Entscheid sei besonders mit Bücksicht auf die Lage des Geldmarktes getroffen worden. -- Die Frage, iob es nicht empfehr lenswert wäre, die Verzinsung der Postcheckguthaben aufzuheben, sei schon wiederholt aufgeworfen und neuerdings geprüft worden. Das Bundesgesetz vom 2. Oktober 1924 über den Postverkehr gewährleiste den Rechnungsinhabern für ihre Guthaben einen Zins. Eine Eevision dieser gesetzlichen Bestimmung wäre nicht opportun. Seit Einführung des Postcheck- und Giroverkehrs sei die Ausrichtung eines Zinses immer als Voraussetzung für eine gedeihliche Entwicklung des
bargeldlosen Zahlungsverkehrs erachtet worden. Die Abschaffung der gesetzlich vorgeschriebenen Verzinsung von Postcheckguthaben würde dem Zweck der Postcheckeinrichtung zuwiderlaufen.

Der Umstand, dass der den Bechnungsinhabern seit 1. Januar 1945 auszurichtende Zins von 0,2% tatsächlich äusserst niedrig bemessen ist, gab Anlass zu einer erneuten, einlässlichen Prüfung der Verzinsungsfrage. Diese zeitigte das Ergebnis, dass eine endgültige Abschaffung der Verzinsung des Post-

1172 checkguthabens nicht in Frage kommen kann. Zur Begründung dieser Auffassung sei in Ergänzung vorstehender Ausführungen noch folgendes beigefügt.

Es dürfte zutreffen, dass das Publikum nicht nur bei den Banken, sondern auch bei der Post die Guthaben in der Eegel nur so lange und so weit auf den Rechnungen stehen lässt, als sie einen, wenn auch bescheidenen Zins abwerfen.

Ferner darf angenommen werden, dass die Kontoinhaber durch eine Aufhebung der Verzinsung veranlagst würden, die Checkguthaben möglichst niedrig zu halten, um ihre Mittel anderswo zu günstigeren Bedingtingen anzulegen. Nun stellen aber die verfügbaren Postcheckgelder für den Postcheckdienst gerade die wichtigste Einnahmequelle dar. Die Aufhebung der Verzinsung würde wohl eine Einsparung ermöglichen (1947 Fr. 961 000), doch genügte schon ein verhältnismässig kleiner Eückgang der Bechnungsguthaben, um der PTT-Verwaltung einen empfindlichen Ausfall an Aktivzinsen zu verursachen; sollten die Eückzüge gar in erhöhtem Masse einsetzen, so würde der Postcheckdienst defizitär ; denn die vereinnahmten Taxen und Gebühren (1947 Fr. 11 716 000) genügen bei weitem nicht, um die durch diesen Dienstzweig verursachten Aufwendungen zu decken. Das Zinserträgnis aus den angelegten Postcheckgeldern (1947 Fr. 18914000) stellt für die PTT-Verwaltung die unentbehrliche Ergänzung zu den Einnahmen aus Taxen und Gebuhren dar, um auf die Kosten zu kommen.

Wenn wir, gestützt auf vorstehende Ausführungen, auch davon überzeugt sind, dass am Grundsatz der Verzinsung der Eechnungsguthaben festgehalten werden muss, so dürfte heute doch die Auffassung zutreffend sein, dass diese Verzinsung zeitweilig sollte aufgehoben werden können, wenn die Verhältnisse auf dem Geld- und Kapitalmarkt für die Verzinsung der Postcheckguthaben einen so niedrigen Satz bedingten, dass der zu vergütende Zins für die Eechnungsinhaber belanglos würde.

Die vorübergehende Aufhebung der Verzinsung setzt aber die Eevision von Artikel 33, Absatz 3, des Postverkehrsgesetzes vom 2. Oktober 1924 voraus, in dem das Obligatorium der Verzinsung verankert ist.

Der bisherige Wortlaut: «Die Guthaben der Eechnungsinhaber werden verzinst. Der Zins muss aber mindestens um l % unter dem Diskontosatz der schweizerischen Nationalbank bleiben.» wäre durch folgenden zu ersetzen: !

«Die Guthaben der
Eechnungsinhaber können verzinst werden.» Gestützt auf diese neue. Ordnung wäre es möglich, dass in Zeiten, wo die Guthaben der Eechnungsinhaber infolge grosser Flüssigkeit auf dem Geldmarkt mit z. B. nur 0,2 % verzinst werden könnten, von der PTT-Verwaltung kein Zins mehr ausgerichtet würde.

, Eine endgültige Abschaffung der Verzinsung von Postcheckguthaben hätte für die PTT-Verwaltung und damit auch für den Bund zweifelsohne

1173 dann eine grosse finanzielle Einbusse zur Folge, wenn es den Banken möglich sein sollte, den Deponenten : lohnendere Anlagemöglichkeiten als der Postcheckdienst zu bieten. Sofern die Kontoinhaber die ihnen vom Postcheckdienst offerierten Vorteile nicht mehr als genügend erachteten, würden sie das Guthaben auf ihren Postcheckrechnungen begreiflicherweise möglichst niedrig halten. Trotzdem wären sie aber wie bisher in der Lage, von ihren Postcheckkonten Gebrauch zu machen, indem letztere nach Bedarf mittelst Überweisungen zu Lasten ihrer Bankkonten oder durch Bareinzahlungen gespiesen würden.

Dem Postcheckdienst verbliebe alsdann wohl die mit der Erledigung von Aufträgen verbundene Arbeit, doch ginge er der Zinsen aus den ihm nicht mehr für nutzbringende Anlagen zur "Verfügung stehenden Postcheckgeldern verlustig, wodurch der Checkdienst unter Umständen defizitär würde.

Diese Nachteile träten bei der in Aussicht genommenen neuen Eegelung der Verzinsungsfrage nicht in Erscheinung, weil alsdann die Möglichkeit bestünde, zu verfügen, in welchem Zeitpunkt und unter welchen Bedingungen die Postcheckguthaben zu verzinsen seien und wann keine Verzinsung mehr stattzufinden habe. Die zuständige Behörde wird bei ihrem Entscheid über die Ausrichtung von Zinsen der jeweiligen Lage am Geldmarkt sowie der Höhe der Postcheckguthaben Rechnung zu tragen haben; sie muss bei grosser Flüssigkeit auf dem Geldmarkt und hohen Kontoguthaben die Möglichkeit besitzen, keine Postcheckzinsen mehr zu vergüten. Im entgegengesetzten Fall jedoch1 wird die Ausrichtung eines angemessenen Zinses für die Postcheckgelder ein Mittel sein, dessen sich der Bund nicht begeben darf, wenn seine bisherigen Einnahmen, auf die er mehr denn je angewiesen ist, nicht geschmälert werden sollen. Denn es darf nicht übersehen werden, dass, wie bereits erwähnt, die Einnahmen des Checkdienstes zur Hauptsache nicht, aus den zu vollziehenden. Auf trägen stammen, sondern aus den Postcheckgeldern, die jeweils : nutzbringend : angelegt werden können.

Gestützt auf vorstehende Ausführungen kann dem in der Motion des Herrn Nationalrat Münz vom 16. Dezember 1947 enthaltenen Antrag auf Änderung von Artikel 33 des Postverkehrsgesetzes vom 2. Oktober 1924 entsprochen werden. Ist die hiervor beantragte Eevision von Artikel 33 des Postverkehrsgesetzes vom
2. Oktober 1924 beschlossen, so wird der Bundesrat die einschlägigen, in Artikel 83, Absatz l, der Vollziehungsverordmmg zu diesem Gesetz vom 15. August 1939 enthaltenen Bestimmungen entsprechend ändern.

Die heute geltenden V o r s c h r i f t e n l a u t e n : «Der für die Verzinsung der Eechnungsguthaben anzuwendende Zinssatz wird vom Post- und Eisenbahndepartement festgesetzt.» Diese Bestimmungen w ü r d e n durch f o l g e n d e ersetzt werden: «Der für die Verzinsung der Eechnungsguthaben anzuwendende Zinssatz wird vom Post- und Eisenbahndepartement festgesetzt. Der Zins muss mindestens um 1% unter dem Diskontosatz der Schweizerischen Nationalbank

1174 bleiben. Eine Verzinsung des Guthabens kann unterbleiben, wenn die Lage am Geldmarkt es rechtfertigt.» Indem wir Ihnen den nachfolgenden Gesetzesentwurf zur Annahme empfehlen, benützen wir den Anlass, Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 10. Dezember 1948.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Celio Der Bundeskanzler: Leimgruber

1175 (Entwurf)

Bundesgesetz über

die Änderung von Artikel 33, Absatz 3, des Bundesgesetzes betreffend den Postverkehr

Die Bundesversammlung der schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 10. Dezember 1948, beschliesst:

Art. l

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Artikel 33, Absatz 3, des Bundesgesetzes vom 24. Oktober 1924*) betreffend den Postverkehr wird aufgehoben und durch folgende Bestimmung ersetzt: Artikel 33, Absatz 3. Die Guthaben der Eechnungsinhaber können verzinst werden.

: Art. 2 " Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes.

,, 8279

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*) A. S. 41, 329.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Änderung des Bundesgesetzes betreffend den Postverkehr (Vom 10. Dezember 1948)

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1948

Année Anno Band

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16.12.1948

Date Data Seite

1169-1175

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