Untersuchung zur Berechnungsgrundlage der Legal Quote Bericht vom 23. November 2007 der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates Stellungnahme des Bundesrates vom 7. März 2008

Sehr geehrter Herr Kommissionspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht vom 23. November 2007 der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates betreffend Untersuchung zur Berechnungsgrundlage der Legal Quote nehmen wir nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Kommissionspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

7. März 2008

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Pascal Couchepin Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2007-3001

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Stellungnahme 1

Ausgangslage

Im Rahmen einer ordentlichen Nachkontrolle zur Überschussverteilung in der beruflichen Vorsorge befasste sich die Arbeitsgruppe BVG-Überschussverteilung der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates GPK-N mit der Berechnungsgrundlage der Mindestausschüttungsquote bei Lebensversicherungsgesellschaften.

Im Rahmen dieser Nachkontrolle führte die GPK-N mehrere Befragungen, u.a. auch mit Vertretern der zuständigen Aufsichtsbehörde, dem Bundesamt für Privatversicherungen BPV durch. Am 23. November 2007 veröffentlichte die GPK-N ihren Bericht zur Untersuchung der Berechnungsgrundlage der Legal Quote und wünschte eine Stellungnahme des Bundesrates zu den im Bericht gemachten Feststellungen, Schlussfolgerungen und der Empfehlung bis am 15. März 2008.

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Stellungnahme des Bundesrates

Zu den im genannten Bericht der GPK-N enthaltenen Feststellungen, Schlussfolgerungen sowie der Empfehlung nimmt der Bundesrat wie folgt Stellung:

2.1

Zu den Feststellungen im Bericht

Den im Bericht gemachten Feststellungen stimmt der Bundesrat mit Ausnahme der Schlussbemerkung in Feststellung 2 grundsätzlich zu. Diese beinhaltet, dass der gesetzliche Spielraum «mit der Umsetzung in den Verordnungen zugunsten der risikotragenden Versicherer bis an den Rand ausgeschöpft» worden sei. Der Bundesrat ist vielmehr der Auffassung, dass das im Gesetz eingeräumte Ermessen nicht einseitig zugunsten der Versicherer ausgeschöpft wurde.

Im Gegensatz zu anderen Anbietern von Vorsorgelösungen bieten Versicherungsunternehmen auf dem Vorsorgemarkt Produkte mit Garantien an. Die Versicherungsaufsichtsgesetzgebung verpflichtet die Versicherer im Ausmass der vertraglich übernommenen Risiken Solvenzkapital zur Verfügung zu stellen und sämtliche Ansprüche der Versicherten dauernd durch ein sogenanntes gebundenes Vermögen zu bedecken. Das System der Mindestquote muss deshalb derart ausgestaltet sein, dass einerseits die Versicherten in den Genuss von möglichst hohen Überschusszuweisungen kommen. Andererseits muss aber auch sichergestellt sein, dass die Versicherungsunternehmen das gesetzlich erforderliche Solvenzkapital aufbauen bzw. verzinsen können.

Dass das Geschäft der beruflichen Vorsorge unter den vorherrschenden Bedingungen nicht übermässig attraktiv ist, zeigt die Tatsache, dass die Zahl der Versicherungsunternehmen, die dieses Geschäft anbieten, zurückgeht. Im Jahre 1985, dem Jahr der Einführung des Bundesgesetzes über die berufliche Vorsorge, boten alle der insgesamt 22 damals in der Schweiz tätigen Lebensversicherungsunternehmen die Produkte der beruflichen Vorsorge an. Im Jahre 2007 waren 25 Lebensversicherungsunternehmen auf dem Schweizer Markt aktiv. Von diesen 25 Unternehmen betrieben lediglich noch 12 das Geschäft der beruflichen Vorsorge. Bei zwei von 2258

den zwölf Lebensversicherern befindet sich das BVG-Geschäft zudem im «Run off», das heisst, dass die Unternehmen keine neuen Verträge mehr abschliessen und nur noch die sich aus dem Versichertenbestand ergebenden Verpflichtungen erfüllen. Ein weiteres Unternehmen beschränkt sich auf die Rückdeckung von Todesfallund Invaliditätsrisiken.

Zum Rückgang der Zahl der Anbieter der beruflichen Vorsorge haben sowohl Fusionen wie auch Bestandesübertragungen geführt. Von Bedeutung ist zudem die Tatsache, dass das Bundesamt für Privatversicherungen als zuständige Aufsichtsbehörde seit 1985 keinem einzigen neuen Anbieter eine Betriebsbewilligung für die Aufnahme dieses Geschäftes erteilen konnte.

2.2

Zu den Schlussfolgerungen im Bericht

Den im Bericht der GPK-N gemachten Schlussfolgerungen stimmt der Bundesrat grundsätzlich zu. Er weist in diesem Zusammenhang aber darauf hin, dass die Umsetzung des Versicherungsaufsichtsgesetzes im Bereich der Offenlegung der Betriebsrechnungen berufliche Vorsorge weder von Vorsorgeeinrichtungen und Versicherten noch von BVG-Aufsichtsbehörden beanstandet wurde.

2.3

Zur Empfehlung im Bericht

Die GPK-N empfiehlt dem Bundesrat, in Artikel 147 Absatz 3 der Aufsichtsverordnung vom 9. November 2005 (AVO) zu präzisieren, anhand welcher Kriterien die Aufsichtsbehörde eine von Artikel 147 Absatz 1 (ertragsbasierte Methode) und Absatz 2 (ergebnisbasierte Methode) abweichende Regelung verfügen kann.

Der Bundesrat ist der Ansicht, dass mit den Bestimmungen zur ertrags- und ergebnisbasierten Berechnung der Ausschüttungsquote in der Aufsichtsverordnung eine genügend enge Regulierung besteht und dass mit einem erhöhten Detaillierungsgrad in der Verordnung der Schutz der Versicherten nicht verbessert wird. Der in Artikel 147 Absatz 3 AVO zitierte Spielraum hat den Zweck, der Aufsichtsbehörde im Einzelfall ein Eingreifen im Interesse der Versicherten zu ermöglichen. Dies für den Fall, dass im Markt oder bei einem Unternehmen besondere Situationen eintreten, die aus heutiger Sicht nicht voraussehbar sind und die sich deshalb auch nicht für eine Regulierung in der Verordnung eignen. Der Ermessensspielraum muss durch die Aufsichtsbehörde innerhalb der verfassungrechtlichen Schranken ausgeübt werden.

Seit Inkrafttreten der Bestimmungen am 1. April 2004 hat die Aufsichtsbehörde von dieser Ausnahmeregelung noch nie Gebrauch gemacht. Erst eine länger dauernde Erfahrung mit dem System der Mindestquote kann zeigen, ob sich gestützt auf Artikel 147 Absatz 3 AVO eine Praxis der Aufsichtsbehörde entwickelt, die sich für eine Regelung auf Verordnungsstufe eignet. Eine weitere Regulierung zum heutigen Zeitpunkt könnte den allenfalls notwendigen Handlungsspielraum der Aufsichtsbehörde in besonderen Situationen einschränken. Dies wäre nicht im Interesse der Versicherten.

2259

Wie der Bundesrat bereits in seinen Antworten auf verschiedene parlamentarische Vorstösse (Motion Noser 05.3634, Motion SP Fraktion 06.3721, Interpellation SP Fraktion, 07.3695) ausgeführt hat, erachtet er eine Änderung des heutigen Systems der Mindestausschüttungsquote weder im Sinne einer Lockerung noch einer Verschärfung solange als nicht vertretbar, als mangels Erfahrung mit der heutigen Regelung deren Auswirkungen nicht analysiert und ein allfälliges Verbesserungspotenzial nicht bestimmt werden kann.

Der Bundesrat ist sich bewusst, dass es sich bei den Geldern der beruflichen Vorsorge um besonders schützenswerte Aktiven handelt. Die Aufsichtsbehörde überprüft daher konstant die Optimierungsmöglichkeiten am bestehenden System. Per 12. Dezember 2007 wurde die letzte Anpassung der «Richtlinie zur Betriebsrechung Berufliche Vorsorge (BV) vom 1. Februar 2007» publiziert. Der Bundesrat wird die Situation aufmerksam weiter verfolgen und falls nötig entsprechende Anpassungen vornehmen.

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