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57. Bericht

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des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die gemäss Bundesbeschluss vom 28. September 1956 erlassenen wirtschaftlichen Massnahmen gegenüber dem Ausland (Vom 15. Juli 1958)

Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen nachstehend von den weiteren Massnahmen Kenntnis zu geben, die -wir auf Grund des Bundesbeschlusses vom 28. September 1956 über wirtschaftliche Massnahmen gegenüber dem Ausland getroffen haben.

Zahlungsverkehr ]. Allgemeines Erleichterungen im gebundenen Zahlungsverkehr 1. Zur Deckung ihrer Unkosten ist die Schweizerische Verrechnungsstelle laut Bundesbeschluss vom 28. September 1956 über wirtschaftliche Massnahmen gegenüber dem Ausland (AS 1956,1553) ermächtigt, eine Gebühr zu erheben, die vom Bundesrat festgesetzt wird. Ergeben sieh während längerer Zeit Einnahmen- oder Ausgabenüberschüsse, so hat die Verrechnungsstelle die Anpassung der Gebühr zu prüfen und gegebenenfalls zuhanden des Bundesrates entsprechend Antrag zu stellen. Da die Gebühreneinnahmen, trotz der auf I.Mai 1956 erfolgten Herabsetzung, infolge der Zunahme unserer Exporte nicht zurückgingen und anderseits die im Jahre 1956 angeordneten Lockerungen und Vereinfachungen der Kontrolle im gebundenen Zahlungsverkehr der Verrechnungsstelle einen Abbau ihres Verwaltungsapparates mit entsprechender Verminderung der Ausgaben ermöglichten, war schon im Verlaufe des Jahres 1957 mit

410 einem erneuten Betriebsüberschuss der Verrechnungsstelle auf Ende des Jahres zu rechnen. Sowohl die Direktion der Verrechnungsstelle als auch eine Keihe von Wirtschaftsverbänden warfen daher die Frage einer Eevision der Gebührenansätze auf. Angesichts des im erwähnten Bundesbeschluss festgelegten Grundsatzes, dass die Verrechnungsstelle keinen Gewinn erstrebt, konnten sich die Schweizerische Clearingkommission und die zuständigen Departemente der Notwendigkeit einer weiteren Gebührenreduktion nicht verschliessen. Ins Gewicht fiel dabei auch, dass sich die Möglichkeit zeigte, durch weitere Lockerungen der Kontrolle der Ein- und Auszahlungen die Verrechnungsstelle administrativ noch mehr zu entlasten.

Durch Bundesratsbeschluss vom 27. Dezember 1957 (AS 1957,1050) wurden die Gebühren im gebundenen Zahlungsverkehr mit dem Ausland mit Wirkung ab l. Januar 1958 wie folgt neu festgesetzt : Die Gebühr der Verrechnungsstelle im zentralisierten Zahlungsverkehr wurde von 8 Promille auf 2% Promille herabgesetzt, diejenige im dezentralisierten Zahlungsverkehr von 2 Promille auf 1% Promille. Die Gebühr von l Promille, welche die ermächtigten Banken im dezentralisierten Zahlungsverkehr zur Deckung ihrer Umtriebe und Kosten erheben, blieb dagegen unverändert. Bei der Eückzahlung von Kapitalbeträgen, deren Hingabe im gebundenen Zahlungsverkehr erfolgte, obwohl keine Pflicht zur Einzahlung bestand, kann die Gebühr der Verrechnungsstelle auf Gesuch hin nunmehr auf % Promille anstatt wie bisher auf l Promille reduziert werden.

Die veränderte Stellung der Schweiz in der Europäischen Zahlungsunion erlaubte ferner, auf die zur Deckung der Kosten des Bundes aus der Zugehörigkeit unseres Landes zur Union erhobene Gebühr von 2 Promille bis auf weiteres zu verzichten.

Diese Gebührenreduktionen brachten der Wirtschaft eine erwünschte Kosteneinsparung. Im gebundenen Zahlungsverkehr mit den Ländern der Europäischen Zahlungsunion ergab sich im gesamten eine Herabsetzung der Gebührenbelastung von 5 Promille auf 2% Promille.

2. Die Neufestsetzung der Gebührensätze und der Verzicht auf die Bundesgebühr erforderten eine Änderung des bisherigen Gebühren-Bundesratsbeschlusses vom 21. April 1953 in der Fassung vom 20. April 1956 (AS 1956, 662). Da dieser noch auf den Bundesbeschluss vom 14. Oktober 1933 über wirtschaftliche
Massnahmen gegenüber dem Ausland abstellte, erwies es sich als notwendig, den erwähnten neuen Bundesratsbeschluss vom 27.Dezember 1957 zu erlassen.

3. Der weitere Rückgang der finanziellen Beanspruchung des Bundes durch den über die Europäische Zahlungsunion laufenden Zahlungsverkehr nach dem I.Mai 1956 und die befriedigenden Erfahrungen mit den damals eingeführten Kontrollerleichterungen gaben Anlass, eine weitere Vereinfachung der Geschäftsbehandlung insAuge zu fassen. Lockerungsvorschläge aus Kreisen der Wirtschaft wurden in diese Prüfung einbezogen.

Es zeigte sich, dass die Überwachung des gebundenen Zahlungsverkehrs vorderhand ebenso wenig wie im Mai 1956 vollständig fallen gelassen werden

411 kann, da sämtliche Länder, mit denen die Schweiz im gebundenen Zahlungsverkehr steht, an der Devisenbewirtschaftung festhalten, die in der Eegel jede Zahlung nach dem Ausland von einer allgemeinen oder besonderen Bewilligung abhängig macht. Dagegen erachteten es die zuständigen Behörden als vertretbar, auf dem schon 1956 eingeschlagenen Weg der Vereinfachung der Geschäftsbehandlung einen Schritt weiterzugehen. Bei den auf den 1. Januar 1958 in Kraft getretenen weiteren Lockerungen handelte es sich um die Erhöhung der sogenannten Meldefreigrenze bei den Einzahlungen und der sogenannten Dokumentenf reigrenze bei den Auszahlungen im dezentralisierten Zahlungsverkehr. Die Meldefreigrenze für Einzahlungen für Waren und Dienstleistungen wurde von 500 auf 1000 Franken erhöht. Innerhalb dieser Freigrenze sind keine Einzahlungsmeldungen mehr auszufüllen und von den ermächtigten Banken an die Verrechnungsstelle weiterzuleiten. Der zentralisierte Zahlungsverkehr bleibt von dieser Massnahme unberührt, da- hier die Einzahlungsmeldung zugleich den Zahlungsauftrag an das ausländische Deviseninstitut bildet und deshalb unerlässlich ist. Bei den Auszahlungen für schweizerische Waren und Dienstleistungen wurde die Freigrenze im dezentralisierten Zahlungsverkehr, innerhalb welcher keine Dokumente zum Nachweis der Auszahlungsberechtigung vorgewiesen werden müssen (Dokumentenfreigrenze), von 3000 auf 5000 Franken erhöht.

Nach wie vor handelt es sich aber hier nicht etwa um eine materielle Freigrenze, innerhalb welcher auch Zahlungen für nichtschweizerische Waren und Leistungen überwiesen werden könnten. Von dieser Dokumentenfreigrenze ist' wie bisher der Finanzzahlungsverkehr ausgeschlossen, da die Affidavit-Begelung eine solche nicht zulässt.

II. Verkehr mit den einzelnen Ländern

1. Ägypten Die anfangs 1956 von Ägypten angeordneten Einfuhrbeschränkungen hatten zur Folge, dass die schweizerischen Exporte nach diesem Land von 63,5 Millionen Franken im Jahre 1956 auf 53,1 Millionen Franken im vergangenen Jahr zurückgingen.

Um die Ausfuhr ägyptischer Waren, vor allem Baumwolle, nach dem Westen zu steigern und den Kurs des ägyptischen Pfundes im Ausland möglichst zu vereinheitlichen, führte die ägyptische Eegierung im Februar 1958 ein neues Zahlungssystem, die sogenannten «Exportkonten» ein. Der Gegenwert der Waren, welche Ägypten aus den an diesem System beteiligten Ländern einführt, wird den «Exportkonten» gutgeschrieben; diese ägyptischen Pfunde werden mit entsprechendem Einschlag für die Bezahlung ägyptischer Erzeugnisse zur Verfügung gestellt, was zu einer Verbilligung dieser Waren führt. Durch die multilaterale Verwendbarkeit der auf «Exportkonten» HegendenÄgyptenpfunde innerhalb des Kreises der beteiligten Länder soll die erwähnte Vereinheitlichung der Kurse erreicht werden.

412 Nach den Bestimmungen des schweizerisch-ägyptischen Zahlungsabkommens vom G.April 1950 werden mit wenigen Ausnahmen alle Zahlungen für Waren und Dienstleistungen sowie im Finanzverkehr in ägyptischen Pfund über die vertraglichen «B»-Konten abgewickelt, wobei sich der Kurs nach Angebot und Nachfrage auf dem schweizerischen Markt richtet. Im Bestreben, das neue System rasch auf einer möglichst breiten Grundlage zur Anwendung zu bringen, ging Ägypten dazu über, Einfuhrbewilligungen für schweizerische Waren praktisch nur noch gegen Zahlung über «Exportkonten» zu erteilen. Um die sich daraus ergebende Diskriminierung unserer Ausfuhr zu vermeiden, wurde schweizerischerseits im Sinne einer autonomen Lösung beschlossen, provisorisch und auf Zusehen hin das System der «Exportkonten» parallel mit dem vertraglichen System der «B»-Konten anzuwenden. Zahlungen für Waren und Invisibles können somit in,beiden Eichtungen entweder über «B»-Konten oder über «Exportkonten» erfolgen. Diese Begelung wird es uns erlauben, je nach der Entwicklung der Lage wieder auf das rein bilaterale System zurückzugehen, das sich seit 1950 bewährt hat.

2. Argentinien^ Der im letzten Jahr verzeichnete Aufschwung des schweizerisch-argentinischen Handelsverkehrs hat sich während der Berichtsperiode wieder etwas abgeschwächt. Die von der neuen Eegierung anfangs Mai angeordneten Einfuhrbeschränkungen werden in der zweiten Hälfte dieses Jahres einen weitern Bückgang der schweizerischen Ausfuhren bewirken. Durch die erwähnten Massnahmen soll der argentinische Devisenhaushalt wieder ins Gleichgewicht gebracht werden. Es ist zu erwarten, dass nach Erreichung dieses Zieles die Beschränkungen eine gewisse Lockerung erfahren werden.

In der Angelegenheit der Elektrizitätsgesellschaft CADE ist das Gerichtsverfahren einstweilen noch hängig. Es ist zu hoffen, dass die seit längerer Zeit in Aussicht genommenen Verhandlungen über eine konstruktive Lösung zwischen den direkt interessierten Parteien bald aufgenommen werden können.

3. Bulgarien Gemäss Protokoll der S.Zusammenkunft der schweizerisch-bulgarischen Eegierungskommission wurden die Warenlisten A und B, deren Gültigkeit am 31.Dezember 1957 abgelaufen war, für eine neue, das Jahr 1958 umfassende Vertragsperiode anwendbar erklärt. Die nach wie vor sehr bescheidene Einfuhr bulgarischer
Erzeugnisse in die Schweiz war im Jahr 1957 mit etwa 4 Millionen Franken etwas geringer als im Vorjahr, während unsere Exporte im Jahre 1957 auf 10,3 Millionen Franken stiegen (Vorjahr 8,6 Millionen Franken). Der Ausgleich erfolgte durch zusätzliche Einzahlungen in den Clearing aus der Durchführung von Transitgeschäften mit bulgarischen Waren. Beim Transfer der vereinbarten Globalsumme für die Nationalisierungsentschädigung traten bis heute keine Eückstände auf.

413 4. Deutschland A. Bundesrepublik Deutschland Als Ergebnis von Besprechungen des gemischten schweizerisch-deutschen Eegierungsausschusses wurde am 20. Januar 1958 ein drittes Zusatzprotokoll zum Handelsabkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland vom 2. Dezember 1954 unterzeichnet. Auf dem Gebiete der gewerblichen Wirtschaft konnten die Einfuhrkontingente angesichts der ausgedehnten Liberalisierung auch deutscherseits auf einige Textilpositionen beschränkt werden. Aber auch im Sektor Landwirtschaft kam es infolge der Liberalisierung der Einfuhr von Mostobst und Süsswasserfischen durch die deutschen Behörden zu einer Kürzung der Kontingentsliste. Die schweizerische Einfuhrliste (Anlage B zum Handelsabkommen) erfuhr keine Änderung. Das gleiche trifft zu hinsichtlich der schweizerischen Bezugskontingente für feste fossile Brennstoffe, Petroleumkoks und Walzwerkerzeugnisse sowie des deutschen Bezugskontingentes für schweizerische Eisenerze.

Bei Anlass der erwähnten Verhandlungen wurden ferner die verschiedenen Anlagen zum Zahlungsabkommen vom 10. November 1953 den veränderten Verhältnissen angepasst und zur besseren Übersichtlichkeit in einem Zusatzprotokoll zum Zahlungsabkommen zusammengefasst.

B. Deutsche Demokratische Eepublik Der vertragslose Zustand im Verkehr mit der DDE dauert an. Das Austauschvolumen hat sich weiterhin vermindert, wie aus nachstehenden Zahlen hervorgeht.

In Millionen Franken Einfuhr ' Ausfuhr

1954 1955 1956 1957

36,8 31,2 30,4 22,4

38,7 34,4 25,3 21,7

Dieser Eückgang ist zum Teil auf die 1956 eingetretene Änderung des ostdeutschen Aussenhandelregimes zurückzuführen, wonach Ein- und Ausfuhrgeschäfte nur noch auf Clearingbasis, d.h. gegen Bezahlung über den weiterhin de facto aufrechterhaltenen Clearingverkehr, zugelassen werden. Zudem sind gewisse traditionelle ostdeutsche Lieferungen, wie z.B. Kalidünger, fast gänzlich ausgefallen.

5. Finnland Tn unserem 56.Bericht wurde darauf hingewiesen, dass die finnische Eegierung im Zusammenhang mit dei1 am 16. September 1957 erfolgten Abwertung der Pinnmark beschloss, mit Wirkung ab I.Oktober 1957 die Einfuhr aus den meisten westeuropäischen Staaten erneut weitgehend zu liberalisieren. VorausBundesblatt. 110. Jahrg. Bd. II.

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Setzung blieb, dass diese Länder für die nocb nicbt liberalisierten Waren der Fortsetzung der Globalkontingentierung, wie sie schon vorher bestand, zustimmten. Diese Liberalisierung umfasste wertmässig rund 75 Prozent der gesamten Einfuhr aus den betreffenden westeuropäischen Staaten, wobei von der Liberalisierung auch ein grosser Teil der für die schweizerische Ausfuhr nach Finnland in Betracht fallenden Waren (wie z.B. Uhren, Maschinen, Apparate und Instrumente aller Art, gewisse Textilien sowie verschiedene chemische und pharmazeutische Produkte) erfasst wurde. Die Schweiz stimmte dem finnischen Wunsch um Fortführung des bisherigen Globalkontingentssystems für alle noch kontingentierten Waren im Prinzip zu. Sie konnte dies um so eher tun, als die bisherigen Erfahrungen für den schweizerischen Export ein günstiges Kesultat zeigten. Die in Helsinki auf multilateraler Basis geführten weiteren Besprechungen fanden am O.Dezember 1957 durch die Unterzeichnung eines Protokolls betreffend die Vereinbarung über den multilateralen Waren- und Zahlungsverkehr zwischen Finnland und verschiedenen westeuropäischen Staaten, einschliesslich der Schweiz, ihren Abschluss (AS 1958, 61). Gemäss dieser multilateralen Vereinbarung galt für alle noch kontingentierten Waren das bisherige Globalkontingentssystem mit um rund 10 Prozent erhöhten Kontingenten für eine weitere Vertragsperiode von sechs Monaten, und zwar rückwirkend ab I.Oktober 1957 bis 31. März 1958.

Inzwischen erfuhr die finnische Einfuhrliberalisierung gemäss einem Beschluss des finnischen Staatsrates vom 27.Februar 1958 nochmals eine Erweiterung, indem der Prozentsatz der Liberalisierung, berechnet auf der Basis der Einfuhren des Jahres 1954, von 78,5 auf rund 82 Prozent erhöht wurde. Im Zuge der Verhandlungen über die Weiterführung der multilateralen Vereinbarung erklärte sich Finnland bereit, die Liberalisierung der Einfuhren aus den Teilnehmerstaaten auf dem Stand von durchschnittlich 80 Prozent beizubehalten, und zwar auch für Fertigprodukte. Die anfangs März 1958 in Helsinki aufgenommenen weitern Besprechungen auf multilateraler Basis führten am 12. April 1958 zur Unterzeichnung eines neuen Protokolls betreffend die Vereinbarung über den multilateralen Waren- und Zahlungsverkehr zwischen Finnland und gewissen westeuropäischen Staaten (AS 1958,
277). Diese neue multilaterale Vereinbarung, die in grundsätzlicher Hinsicht die bisher geltenden Bestimmungen des Protokolls vom 9. Dezember 1957 übernimmt, umfasst diesmal eine Vertragsperiode von neun Monaten; sie trat am 15. April 1958 rückwirkend auf den I.April 1958 in Kraft und gilt bis 31.Dezember 1958.

6. Frankreich Die im letzten Bericht erläuterte Zahlungsbilanzkrise Frankreichs erfuhr leider eine weitere Verschlechterung. Das Einfuhrprogramm für das erste Semester 1958 entsprach demjenigen des zweiten Semesters 1957, unter Anpassung an die seit dem Herbst 1957 erfolgte Abwertung des französischen Frankens. Die in dem bilateralen Abkommen vereinbarten Kontingente wurden auch während dieser Zeitspanne nicht berührt.

415 Die anhaltende Verminderung der Devisenreserven veranlasste die französischen Behörden, für die Zukunft weitere Einschränkungen vorzusehen. So wurde die Zuteilung von Eeisedevisen für französische Eeisende nach dem Ausland völlig abgeschafft. Hingegen gelang es, vorläufig das bisherige Einfuhrprogramm für kontingentierte und exliberàìisierte Waren im bisherigen Umfang aufrechtzuerhalten.

Das schweizerisch-französische Handelsabkommen vom 29. Oktober 1955 (AS 1955, 1066), welches am 30. Juni 1958 abläuft, wurde um ein weiteres Jahr verlängert.

7., Italien Die anfangs März 1958 in Köm abgehaltenen Besprechungen führten zu einer Änderung der Bestimmungen des Zusatzabkommens vom 14. Juli 1950 (AS 1950, 811), zum Handelsvertrag mit Italien vom 27. Januar 1923 (BS 14, 456) über die Erhebung der Monopolgebühren auf Süssweinen und Weinspezialitäten. Diese neuen Vereinbarungen bilden Gegenstand eines Briefwechsels vom 29. April 1958 (AS 1958, 228) zwischen der Handelsabteilung und der italienischen Botschaft in Bern. Sie gestatten nunmehr die Erhebung einer auf 60 Franken per Zentner brutto ermässigten Gebühr auf allen Süssweinen und Weinspezialitäten mit einem Alkoholgehalt von weniger als 20 Grad, die unter einer im Briefwechsel erwähnten Bezeichnung eingeführt werden und von entsprechenden Ursprungszeugnissen begleitet sind.

Am I.Februar 1958 wurden in Italien verschiedene Erleichterungen der Devisengesetzgebung eingeführt, gemäss denen ausländischen Guthaben und Titeln auf den neugeschaffenen «conti e depositi esteri capitale» eine günstigere Behandlung gewährt wird, als dies bisher im Rahmen der 1950 vereinbarten .Sonderregelung für die «conti e depositi esteri Svizzera bis» der Fall war. Mit Notenwechsel vom 31. März 1958 wurde deshalb mit Italien vereinbart, die bisherigen Sonderkonti der Inhaber schweizerischer Kapitalforderungen mit Wirkung ab I.April 1958 aufzuheben und die betreffenden Werte automatisch auf «conti e depositi esteri capitale» zu übertragen. Sollten die erwähnten Erleichterungen wieder aufgehoben werden, so gemessen die betroffenen schweizerischen Finanzforderungen erneut die früheren, für die «conti esteri Svizzera bis» geltenden Vorteile.

8. Marokko Das am 29. August 1957 unterzeichnete schweizerisch-marokkanische Handelsabkommen, wovon im letzten Bericht die Eede war,
bleibt weiterhin bis zu einem mit den marokkanischen Behörden noch zu bestimmenden Zeitpunkt in Kraft. Durch die Eingliederung Nordmarokkos in das allgemeine marokkanische Währungssystem wurde der Waren- und Zahlungsverkehr in die neue schweizerisch-marokkanische Eegelung eingeschlossen. Das ebenfalls am 29.August 1957 unterzeichnete Meistbegünscignngsprotokoll wurde von den beiden Vertragspartnern ratifiziert und in der Sammlung der eidgenössischen Gesetze (AS 1958, 265) veröffentlicht.

416 9. Norwegen Die am 30. Juni 1958 ablaufende Gültigkeitsdauer der Wirtschaftsvereinbarungen wurde mit Notenwechsel zwischen der schweizerischen Botschaft in Oslo und der norwegischen Eegierung vom 80. Juni 1958 unverändert für ein weiteres Jahr erneuert.

10. Österreich Die im Eahmen des bestehenden Abkommens über den Warenaustausch und den Zahlungsverkehr vereinbarte Kontingentsliste für die Einfuhr schweizerischer Waren in Österreich wurde auf das Datum des Ablaufs ihrer Geltungsdauer von keiner Seite gekündigt. Sie wird daher ab I.August 1958 für ein weiteres Jahr in Kraft bleiben. Immerhin ist vorgesehen, mit den österreichischen Behörden über die Anpassung gewisser Kontingente an die heutigen Verhältnisse zu verhandeln.

Das im 55.Bericht erwähnte Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bepublik Österreich über die Begelung von Zahlungsverpflichtungen aus der Zeit vor dem 9.Mai 1945 wurde am 16. Dezember 1957 unterzeichnet. Gestützt auf eine Botschaft des Bundesrates vom 24. Januar 1958 (BEI 1958, I, 255) haben es die eidgenössischen Bäte in ihrer Märzsession genehmigt. Nach erfolgtem Austausch der Batifikationsurkünden in Wien trat das Abkommen am 2. Juni 1958 in Kraft. Damit hat ein weiteres, aus der Vergangenheit in unserem Wirtschaftsverkehr mit Österreich offen gebliebenes Problem eine Lösung gefunden.

11. Portugal Im Hinblick auf die dauernde Aktivität unserer Handelsbilanz mit Portugal verlangte dieses Land seit längerer Zeit die Aufnahme von Verhandlungen, um zu prüfen, wie ein besserer Ausgleich erreicht werden könne. Diese Besprechungen fanden vom 6. bis 10.Mai in Lissabon statt.

Anlässlich dieser Verhandlungen wurde Portugal anstelle des bisherigen autonomen Kontingents ein angemessenes vertragliches Botweinkontingent eingeräumt. Darüber hinaus wird versucht werden, durch gemeinsame Anstrengungen die Einfuhr aus Portugal und seinen Überseegebieten nach Möglichkeit zu steigern. Portugal erwartet auch, dass durch die nunmehrige Erhebung einer einheitlichen Monopolgebühr auf allen Weinspezialitäten die Einfuhr seiner Porto- und Madeiraweine in der Schweiz eine Erhöhung erfahre.

Bei gleicher Gelegenheit konnte mit Portugal auch eine Verständigung gefunden werden, wonach der schweizerischen Schiffahrt im'gesamten portugiesischen Staatsgebiet sowohl für den
Waren- als auch für den Personentransport und für die Schiffe die Meistbegünstigung eingeräumt wird.

12. Spanien Die im schweizerisch-spanischen Handelsabkommen vom 27.November 1954 vorgesehene gemischte Begierungskommission trat vom 10. bis 20. März in

417 Bern zusammen. Im Vordergrund der Besprechungen, deren Ergebnis in einem Verhandlungsprotokoll festgehalten Wurde, stand der zahlungsbilanzmässige Ausgleich der für die Schweiz sehr aktiven Handelsbilanz (1957 erreichten die schweizerische Ausfuhr 156 und die Einfuhr 62 Millionen Franken). Da die Möglichkeiten zur Erhöhung der Clearingalimentierung durch die Einfuhr spanischer Produkte begrenzt sind, wurde vorgesehen, die Bezahlung des schweizerischen Exportüberschusses auch weiterhin durch Dreieckgeschäfte sicherzustellen.

Erneut konnte eine Lösung für zusätzliche Lieferungen von chemischen Erzeugnissen, insbesondere an die Tochtergesellschaften der schweizerischen chemischen Industrie in Spanien, gefunden und die Weiterführung der spanischen Einfuhrliberalisierung für Uhren sichergestellt werden.

Die Gelegenheit wurde auch benutzt, um im Hinblick auf das selbständig gewordene Marokko die vertragliche Umschreibung des spanischen · Hoheitsgebietes den neuen Verhältnissen anzupassen.

Die mit Italien getroffene Verständigung über die Erhebung der Monopolgebühren auf Süssweinen und Weinspezialitäten gestattet es, auf den spanischen Spezialitäten Malaga und Xeres die reduzierte Monopolgebühr von 60 Franken je Zentner brutto anzuwenden. Diese Sonderjbehandlung wird aber vorläufig nur provisorisch gewährt, weil die Schweiz von Spanien noch die Einreihung des Schachtelkäses in eine günstigere Zollposition erwartet.

Der Warenverkehr hat im Jahre 1958 wiederum in beiden Eichtungen bedeutend zugenommen. Die Einfuhr in den ersten 5 Monaten erreichte 33 (1957:23) und die Ausfuhr 84 (1957: 67) Millionen Franken.

13. Sterlinggebiet

Das am 27. Januar in London mit Grossbritannien unterzeichnete Abkommen über die Eegelung des Warenaustausches für das Jahr 1958 stellt, neben einigen willkommenen Verbesserungen, im wesentlichen eine Verlängerung der bisherigen Vereinbarungen dar. Dabei darf erwähnt werden, dass es seit Jahren erstmals gelang, die Importquote für Uhren um rund 600000 Franken zu erhöhen. Ferner konnten zusätzliche Einfuhrmöglichkeiten von insgesamt rund 2 Millionen Franken für Tüll- und Ätzstickereien, Instrumente und Apparate, Chemikalien und Schokolade geschaffen und für die Ausfuhr von Eegistrierkassen ein Versuchskontingent vereinbart werden.

Eine grosse Anzahl von Schweizerwaren fällt wie bis anhin unter das System der britischen Globalquoten, welche periodisch für die Einfuhr aus allen OECE-Ländern eröffnet werden. Die der Schweiz in diesem Zusammenhang für Härtefälle erneut eingeräumte E eserve von rund einer Million Franken wird nach den bisherigen Erfahrungen auch im laufenden Jahr genügen. Die britische Freiliste findet auf die Einfuhr von Schweizerwaren weiterhin Anwendung.

Bilaterale Kontingente für die Einfuhr in die Schweiz wurden nur noch für diejenigen britischen Waren festgesetzt, welche nicht unter die schweizerische Liberalisierung im Eahmen der OECE fallen.

418 Die Finanzlage Indiens blieb infolge des grossen Devisenbedarfs für die Durchführung des zweiten 5-Jahresplanes nach wie vor sehr angespannt. Wie zu erwarten war, konnten die Einfuhrvorschriften für die laufende Lizenzperiode, d.h. vom I.April bis 30.September 1958, nicht gelockert werden. Es ist auch damit zu rechnen, dass in absehbarer Zeit keine wesentlichen Änderungen eintreten. Wie im 56.Bericht erwähnt, gingen die schweizerischen Ausfuhren nach Indien infolge dieser restriktiven Einfuhrpolitik in den ersten fünf Monaten 1958 stark zurück ; sie betrugen nur noch 48 Millionen Franken gegenüber 75 Millionen Franken in der gleichen Periode des Vorjahres. In der Berichtsperiode fanden Verhandlungen mit Indien über die Möglichkeit schweizerischer Investitionsgüterlieferungen mit hinausgeschobenem Transfer statt, die aber bis jetzt noch zu keinem Abschluss führten.

Angesichts der Verschärfung seiner Zahlungsbilanzlage sah sich Neuseeland gezwungen, ab I.Januar 1958 die Einfuhr sämtlicher Waren erneut der Kontingentierung zu unterstellen. Es ist daher im laufenden Jahre mit einem Eückgang der schweizerischen Lieferungen zu rechnen, die im vergangenen Jahr 21 Millionen Franken, gegenüber 17 Millionen Franken im Jahre 1956, betrugen.

Die liberale Einfuhrpolitik der S ü d a f r i k a n i s c h e n Union hatte ein weiteres Ansteigen unserer Exporte nach diesem Land zur Folge. In den ersten fünf Monaten 1958 erreichten sie den Betrag von 87,7 Millionen Franken gegenüber 26,7 Millionen Franken in der gleichen Periode des Vorjahres.

14. Tschechoslowakei

Durch Notenwechsel vom 19.Februar 1958 zwischen dem tschechoslowakischen Aussenministerium und der schweizerischen Gesandtschaft in Prag wurde die Gültigkeit der dem Protokoll vom 24. Mai 1954 beigegebenen Warenlisten A und B für eine weitere einjährige Vertragsdauer vom 1. Januar bis 31. Dezember 1958 verlängert.

Die in den letzten Jahren eingetretene Zunahme unseres Warenaustausches mit der Tschechoslowakei hielt auch im Jahre 1957 an. Während unsere Importe 72 Millionen Franken (Vorjahr 68,8 Millionen Franken) ausmachten, stiegen unsere Exporte auf 74,3 Millionen Franken (Vorjahr 65,8 Millionen Franken).

Der Zahlungsverkehr wie auch der Transfer der Nationalisierungsentschädigungen geben zu keinen besonderen Bemerkungen Anlass.

15. Tunesien Das am 26. Oktober 1957 mit der Eepublik Tunesien unterzeichnete Handelsabkommen bleibt vorläufig bis zum 31.März 1959 in Kraft. Das ebenfalls am 26. Oktober 1957 unterzeichnete Protokoll betreffend die gegenseitige Gewährung der Meistbegünstigung wurde beidseitig ratifiziert und in der Sammlung der eidgenössischen Gesetze (AS 1958, 254) veröffentlicht.

419 16. Türkei Die Krise, in der sich die türkische Wirtschaft befindet, hat es noch nicht erlaubt, zu einem normalen Zahlungsverkehr mit diesem Lande zurückzukehren, obschon es Mitglied der Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit ist.

Der grösste Teil der bis zum. 31. Januar 1957 fällig gewordenen rückständigen schweizerischen Warenforderungen, die sich auf nahezu 70 Millionen Franken beliefen, konnte dennoch auf Grund von seit 1953 bilateral getroffenen Vereinbarungen heimgeschafft werden. Als dieses Ziel erreicht war, wurde 'sowohl von schweizerischer als auch von türkischer Seite der Wunsch geäussert, jene Abmachungen durch neue zu ersetzen.

Die Verhandlungen, die zu diesem Zwecke vom 12. Dezember 1957 bis 6. Januar 1958 in Bern stattfanden, führten zur Unterzeichnung der im Schweizerischen Handelsamtsblatt Nr. 37 vom 14. Februar 1958 veröffentlichten Vereinbarungen. Sie streben namentlich eine Verbesserung des laufenden Warenverkehrs und den Transfer der ab I.Februar 1957 fälligen Forderungen mittels eines flüssigeren Eegimes des Zahlungsverkehrs an.

Durch die Verschärfung der türkischen Wirtschaftskrise wird indessen die Durchführung der Handelsabkommen dieses Landes mit Drittstaaten ernsthaft bedroht. Die Türkei versucht deshalb immer mehr, ihren Partnern Bedingungen zu stellen, die von den vertraglieh vereinbarten abweichen, was die Geschäftstätigkeit lahmt.

Die Folge dieser Lage ist ein steter Rückgang des Warenaustausches. Die schweizerische Ausfuhr sank von 27,4 Millionen Franken im Jahre 1956 auf 18,4 Millionen im Jahre 1957. Immerhin nahm sie in den ersten 5 Monaten dieses Jahres wieder leicht zu und erreichte 10,6 gegenüber 8,5 Millionen Franken in der gleichen Zeitspanne des Jahres 1957. Die schweizerische Einfuhr ging aber von 19,1 im Jahre 1956 auf 16,4 Millionen Franken im Jahre 1957 zurück und betrug in den ersten 5 Monaten des Jahres 1958 nur noch 3,8 Millionen Franken gegenüber 6,3 Millionen in der gleichen Zeitspanne des Jahres 1957. Dieser Importrückgang wird sich unvermeidlich auf den Umfang der Ausfuhr auswirken.

17. Uruguay Die im letzten Bericht erwähnten uruguayischen Importbeschränkungen führten, wie zu erwarten war, zu einem weitern Rückgang der schweizerischen Exporte nach Uruguay. Da die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, mit. denen dieses
Land zu kämpfen hat, bis jetzt noch nicht überwunden werden konnten, darf in nächster Zeit kaum mit einer Besserung des Handelsverkehrs gerechnet werden.

III. Zolltariîeniwurî und Zollverhandlungen im Rahmen des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT) Der 56.Bericht gab eine kurze Orientierung über den Abschluss der Arbeiten der Zolltarifrevision und üb'or die bevorstehenden Verhandlungen im Rah-

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men des GATT. Am 20.Mai dieses Jahres sind nun diese Zollverhandlungen im Rahmen des GATT mit 19 verschiedenen Ländern in Gang gekommen. Gegenüber den im 56.Bericht erwähnten Ländern kamen noch neu hinzu: Bundesrepublik Deutschland Chile Haiti Es wurden der Schweiz rund 1300 Zollsenkungs- oder Zollbindungsbegehren zum neuen Zolltarif eingereicht. Die Schweiz ihrerseits stellte dem Ausland gegenüber für rund 1700 Positionen Begehren um Zollsenkungen und Zollbindungen. Angesichts des riesigen Umfangs dieser Zollverhandlungen ist damit zu rechnen, dass sie etwa vier bis fünf Monate dauern werden.

Die schweizerischen Begehren an das Ausland wurden auf Grund einer umfassenden Umfrage in der schweizerischen Wirtschaft zusammengestellt. Sie betreffen alle wesentlichen schweizerischen Exporte nach den 19 Ländern. Umgekehrt wurde der schweizerischen Wirtschaft auch Gelegenheit gegeben, zu den ausländischen Begehren zum schweizerischen Zolltarifentwurf Stellung zu nehmen. Dieses sehr breite Konsultationsverfahren gibt der Handelsabteilung die nötige Übersicht für die Zollverhandlungen. Die Verhandlungen selbst werden bilateral mit jedem einzelnen Lande geführt. Doch werden daraus nicht etwa 19 verschiedene Abkommen hervorgehen, sondern es wird am Schluss eine einzige schweizerische Zollkonzessionsliste erstellt, die alle diejenigen Konzessionen enthält, welche die Schweiz den 19 verschiedenen Verhandlungspartnern gewährt.

Die Konzessionen des Auslandes werden in den 19 anderen Listen enthalten sein.

Die Zollkonzessionen werden nämlich nicht einem einzelnen Lande gewährt, sondern gegenüber der Gesamtheit der GATT-Vertragspartner. Um vor allem ein spekulatives Vorgehen zu vermeiden, hat das GATT den Verhandlungspartnern strikte Geheimhaltepflicht auferlegt. Es wird deshalb erst nach Abschluss der Verhandlungen möglich sein, im einzelnen über den Verhandlungsverlauf Bericht zu erstatten. Die aus den Zollverhandlungen hervorgehenden Zollvereinbarungen werden den eidgenössischen Bäten zur Genehmigung unterbreitet werden.

IV. Die wirtschaftliche Zusammenarbeit und die Integrationspläne in Europa

Nachdem der Vertrag über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) am I.Januar 1958 in Kraft getreten war, setzte die Europäische Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECE) ihre Bemühungen zur Errichtung einer europäischen Freihandelszone während der ersten Jahreshälfte fort. Da die handelspolitischen Verpflichtungen aus dem EWG-Vertrag bereits anfangs 1959 wirksam werden, müssen die Verhandlungen über die Freihandelszone bald zu einer Entscheidung führen, wenn eine Diskriminierung der nicht in der EWG vereinigten OECE-Mitglieder vermieden werden soll.

Der vom britischen Kabinettsminister Maudling geleitete intergouvernementale Ausschuss der Organisation hielt in den Monaten Januar bis März vier

421 Sitzungen ab, in denen eine Keine wichtiger Fragen behandelt und einige Fortschritte erzielt werden konnten.

Nach wie vor bietet das einer Freihandelszone eigene Ursprungsproblem die grössten Schwierigkeiten. Die protektionistisch orientierten Länder befürchten, dass eine Ursprungskontrolle der zwischen den Zonenpartnern ausgetauschten Waren nicht mit genügender Sicherheit verhindere, dass Importe aus Drittstaaten missbräuchlicherweise über die zollgünstigsten Grenzen in die Zone gelangen, oder dass die liberal eingestellten Partner aus ihrer niedrigeren Zollbelastung andere wettbewerbsverfälschende Standortsvorteile ziehen. Aus diesem Grunde schlug der italienische Aussenhandelsminister Carli im März dem MaudlingKomitee vor, dass nur diejenigen Güter in der Zone frei zirkulieren sollten, deren Zollbelastung imExportland in der Nähe einer «europäischen Norm» liegen würde.

Für niedriger tarifierte Güter dürfte hingegen das Importland eine Ausgleichstaxe erheben. Die untergeordneten Instanzen der OECE haben diesen weittragenden Vorschlag geprüft, ohne dass bis jetzt der intergouvernementale Ausschuss darüber Beschluss gefasst hätte, ob und inwieweit eine solche Eegelung in der Freihandelszone tragbar wäre. Insbesondere wiesen die schweizerischen Vertreter auf die schweren Nachteile des Carli-Planes für die Niederzolländer hin.

Diese Länder müssten entweder wegen der Zollerhöhung eine Einengung ihrer Handelsbeziehungen zur Aussenwelt befürchten, oder sie würden ihre Exporte innerhalb der Zone der Belastung durch Ausgleichstaxen aussetzen, wodurch sie, verglichen mit andern Zonenpartnern, benachteiligt würden.

Seit Ende März werden die hängigen Fragen von den zuständigen Expertengruppen der OECE weiterhin geprüft, ohne dass im Schosse des MaudlingKomitees seither neue verbindliche Beschlüsse über die grundsätzliche Ausgestaltung eines Zonenvertrages gefasst worden wären. Dieser Stillstand erklärt sich hauptsächlich durch die französische Eegierungskrise, die es den Vertretern dieses Landes während mehr als zwei Monaten verunmöglichte, internationale Verpflichtungen einzugehen. Deutlich wurde auch das Bestreben der EWGKommission spürbar, sich als Partner in die Zonenverhandlungen einzuschalten und so eine gemeinsame Haltung d.er in der EWG zusammengeschlossenen Staaten zu fördern. Infolge der
Ereignisse in Frankreich ist allerdings auch in dieser Beziehung eine Verzögerung eingetreten.

Selbst bei grösster Verständigungsbereitschaft dürfte es kaum möglich sein, über sämtliche Einzelpunkte eines Zonenstatuts innert einer Frist einig zu werden,, die ein rechtzeitiges Inkrafttreten des Vertrages auf Beginn des Jahres 1959 erlauben würde. Im weiteren Verhandlungsverlauf wird man deshalb vielleicht prüfen müssen, ob nicht die wichtigsten handelspolitischen Verpflichtungen festgelegt werden sollten, die sowohl in der Zone wie in der EWG für eine begrenzte Anfangszeit gelten würden. Dadurch könnte man für die Verhandlungen über die endgültige Ausgestaltung der Zone vermehrt Zeit gewinnen und doch die gefährliche Diskriminierung von Anfang an verhindern.

Die Verhandlungen über die Freihandelszone blieben nicht ohne Einfluss auf andere Tätigkeitsgebiete der OECE. Insbesondere gilt dies für die Diskussionen,

422 welche die Verlängerung der Europäischen Zahlungsunion (Union) betrafen. Diese Institution hat sich seit ihrer Gründung im Jahre 1950 grösste Verdienste um die Abwicklung des europäischen Zahlungsverkehrs erworben, und ihr Bestehen wurde bisher jeweils auf den 30. Juni von Jahr zu Jahr verlängert. Wir haben in unserer Botschaft vom 23.Mai 1958 betreffend die Verlängerung der Mitgliedschaft der Schweiz bei der Union darauf hingewiesen, wie stark wir daran interessiert sind, dass das Gleichgewicht zwischen dem Zahlungs- und Kreditsystem der Union einerseits und den auf dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung herrschenden handelspolitischen Verpflichtungen anderseits auch weiterhin in der OECE aufrechterhalten bleibt. Wir hatten Ihnen deshalb beantragt, uns die Möglichkeit offen zu lassen, die schweizerische Beteiligung bei der Union für die Zeit nach dem I.Januar 1959 erst dann zuzusagen, wenn das handelspolitische .Verhältnis zwischen der EWG und den übrigen westeuropäischen Ländern besser beurteilt werden kann. Der OECE-Kat hat in seiner Sitzung vom 27. Juni die Zahlungsunion in ihrer bestehenden Form um ein Jahr verlängert und den schweizerischen Vorbehalt protokollarisch zur Kenntnis genommen.

Gestützt auf die vorstehende Berichterstattung stellen wir den Antrag, Sie möchten von den getroffenen Massnahmen in zustimmendem Sinne Kenntnis nehmen und beschliessen, dass sie weiter in Kraft bleiben sollen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 15. Juli 1958.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: Holenstein 3919

Der Vizekanzler: F. Weber

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57. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die gemäss Bundesbeschluss vom 28. September 1956 erlassenen wirtschaftlichen Massnahmen gegenüber dem Ausland (Vom 15. Juli 1958)

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1958

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2

Volume Volume Heft

29

Cahier Numero Geschäftsnummer

7671

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

24.07.1958

Date Data Seite

409-422

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