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Botschaft des

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Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend einen Handelsvertrag, ein Abkommen über den Warenaustausch und den Zahlungsverkehr und ein Nationalisierungsabkommen zwischen der Schweiz und Jugoslawien (Vom 29. Oktober 1948)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

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Vom 10. Juli bis. 2.7. September 1948 fanden : in Bern Wirtschaftsverhandlungen 'mit einer Delegation der jugoslawischen Eegierung statt, mit dem Ziel, die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Schweiz und Jugoslawien für eine längere Zeitdauer zu regeln und für die offen gebliebenen Fragen der Vergangenheit eine den Interessen beider Teile gerecht werdende Lösung zu finden.

Diese Verhandlungen führten am 27'. September 1948 zur Unterzeichnung von drei Vertragswerken, nämlich: eines Handelsvertrages,: eines Abkommens über den Warenaustausch und den Zahlungsverkehr und eines Abkommens über die Entschädigung der durch Verstaatlichungsund Enteignungsmassnahmen sowie durch andere Einschränkungen betroffenen schweizerischen Interessen in Jugoslawien.

Diese Verträge wurden mit Batifikationsvorbehalt unterzeichnet, und wir beehren uns, Ihnen mit nachstehenden Ausführungen die erwähnten Vertragstexte i zur- Genehmigung zu unterbreiten.

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Die Entwicklung unserer wirtschaftlichen Beziehungen mit Jugoslawien 1. Das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen, welches nach dem ersten Weltkrieg die südslawischen Stämme vereinigte, war ein staatliches Gebilde, das, wenig industrialisiert und einen natürlichen Überschuss an Agrar-

659 Produkten, Holz und mineralischen Bohstoffen aufweisend, der schweizerischen Exportindustrie interessante Absatzmöglichkeiten bot.

Die wirtschaftliche Entwicklung des neuen südslawischen Staates fand eine günstige Beurteilung, was auch darin zum Ausdruck kam, dass in den ersten Nachkriegsjahren in wesentlichem Umfang schweizerische Kapitalien in Jugoslawien investiert worden sind, teils durch Zeichnung jugoslawischer Staatsanleihen, teils durch die Finanzierung neuer industrieller Betriebe, hauptsächlich für die Produktion elektrischer Energie.

Die an und für sich vorhandenen Möglichkeiten für den Absatz schweizerischer Waren konnten durch die schweizerische Exportindustrie nicht voll ausgenützt werden. Nach einer Ausfuhr im Werte von 18,4 Millionen Franken im Jahre 1919 sank der jährliche Exportwert in den folgenden Jahren wesentlich unter die Zehnmillionengrenze, um sich nur langsam bis zum Jahre 1931 auf rund 11 Millionen Franken zu erholen. Hierauf trat im Zusammenhang mit der Weltwirtschaftskrise abermals ein Bückschlag ein. In der ganzen Zwischenkriegszeit von 1919 bis 1939 erreichte die schweizerische Ausfuhr,:nach Jugoslawien den geringen jährlichen Durchschnitt von knapp 9 Millionen Franken.

Dieses ^bescheidene E.esültat ist ümso auffallender, als der Wert der schweizerischen Einfuhr aus Jugoslawien in den zwanziger Jahren einen Jahresdurchschnitt von 21 Millionen Franken und 'in den dreissiger Jahren einen solchen von 12,5 Millionen Franken erreichte. Es ist nicht nur auf die Schwierigkeiten im gegenseitigen Zahlungsverkehr zurückzuführen, sondern dürfte auch darauf beruhen, dass es der schweizerischen Exportiridustrie nicht in jeder Beziehung gelungen ist, der aktiven ausländischen Konkurrenz die Stange zu halten. Anfänglich war in Jugoslawien der wirtschaftliche Einfluss Frankreichs und Englands vorherrschend, welche nicht zuletzt aus politischen Gründen dem neuen Königreich weitgehende wirtschaftliche Unterstützung gewährten. In den Dreissiger Jahren riss dann Deutschland auf dem jugoslawischen Absatzmarkt die Führung ah sich, mit seinen bekannten Methoden der wirtschaftlichen Durchdringung. Man erkannte zum Teil auch zu spät, dass die Bearbeitung des jugoslawischen Marktes nicht mehr mittels der Vorkriegsorganisationen über Wien oder Budapest mit Aussicht auf Erfolg weitergeführt
wetden konnte. Durch Verluste liesseri sich ferner viele schweizerische Exporteure vielleicht zu rasch entmutigen, um so - mehr als in den zwanziger Jahren dem schweizerischen Export andere Gebiete, die leichter zu bearbeiten waren, ; offen standen.

Das beschränkte Interesse der schweizerischen Exportwirtschaft für den jugoslawischen Absatzmarkt in, den zwanziger Jahren findet indirekt auch darin Ausdruck, dass keine zwischenstaatlichen Vereinbarungen zur Begelung der gegenseitigen wirtschaftlichen Beziehungen getroffen wurden. Der Handelsvertrag mit dem Königreich Serbien vom Jahre 1907 wurde zwar durch entsprechenden Notenaustausch im Jahre 1921 für das gesamte Königreich Jugoslawien als anwendbar erklärt, unter gleichzeitigem Verzicht auf die bisherigen gegenseitigen Zollbindungen. Eine Anpassung der Bestimmungen dieses Ver-

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träges an die neuen Verhältnisse und hauptsächlich eine neue Diskussion über die Zollfragen fand jedoch nie statt. Erst im Jahre 1982, als auch Jugoslawien genötigt war, den Zahlungsverkehr mit dem Ausland zu beschränken, kam es zu Verhandlungen, welche am 27. April 1932 zur Unterzeichnung eines Clearingabkommens führten. Dieses Abkommen, eines der ersten, das die Schweiz abgeschlossen hat, regelte lediglich den Warenzahlungsverkehr. Es wurde am ;2. November 1932 und am 29. August 1933 durch Zusatzvereinbarungen ergänzt und schweizerischerseits anlässlich der Abwertung des Schweizer Frankens auf den 31. Dezember 1936 gekündigt. Die anschliessenden Verhandlungen zum Abschluss eines neuen Clearingvertrages verliefen ergebnislos. Erst am 3. Juli 1937 kam wieder eine Vereinbarung zustande. An ihre Stelle trat das Protokoll vom 27. Juni 1938, welches mit seinen Ergänzungen bis zum Eintritt Jugoslawiens in den zweiten Weltkrieg materiell in Kratt blieb.

2. Während des zweiten Weltkrieges waren unsere wirtschaftlichen Beziehungen mit Jugoslawien grösstenteils unterbrochen. Wohl entwickelte sich vorübergehend mit dem unabhängigen Staat Kroatien ein beschränkter Warenverkehr; es erübrigt sich aber, in diesem Zusammenhang darauf einzutreten.

3. Nach Beendigung der Feindseligkeiten, als es sich darum handelte, die zerrissenen wirtschaftlichen Fäden mit Jugoslawien wieder anzuknüpfen, befanden sich die schweizerischen Unterhändler vor folgender Ausgangslage: Das ehemalige Königreich Jugoslawien begann in der neuen Staatsform der föderativen Volksrepublik mit dem Wiederaufbau seiner nationalen Wirtschaft, die durch den Krieg stark gelitten hatte. Für die Schweiz handelte es sich zunächst darum, den Warenverkehr wieder in Gang zu bringen. Die Liquidation der Vergangenheit, soweit der Warenverkehr in Frage stand, ! gestaltete sich relativ einfach, weil keine ungedeckten Clearingsaldi vorhanden waren. Auf finanziellem Gebiet ergab sich jedoch das/schwer zu lösende Problem der Wiederaufnahme des Transfers der Erträgnisse der seinerzeit in Jugoslawien investierten schweizerischen Kapitalien.

Die föderative Volksrepublik Jugoslawien entschloss sich zu einer revolutionären wirtschaftlichen Neuorganisation. Schon 1945 wurden eine Eeihe entsprechender gesetzgeberischer und administrativer Massnahmen getroffen.
Privates Gut, das vom Eigentümer verlassen oder seinerzeit von der deutschen Besetzungsmacht an sich gezogen worden war, kam nach einem Gesetz vom 24. Mai 1945 unter staatliche Verwaltung. Das Grundeigentum wurde mit Gesetz vom 28. August 1945 betreffend die Agrarreform ohne befriedigende Lösung der Entschädigungsfrage aufgeteilt. Das Gesetz vom 24. Mai 1945 betreffend die , Beschlagnahmung von Kriegsgewinnen ermächtigte die jugoslawischen Behörden zur Erhebung von so hohen Steuern, dass davon betroffene Unternehmungen in ihrer Existenz bedroht wurden. Bei Nichtbezahlung der Steuerschuld konnte diese in eine Beteiligung des Staates am Unternehmen umgewandelt werden. Eine Eeihe von Unternehmungen, die sich teilweise oder gänzlich im Eigentum schweizerischer Firmen oder Privatpersonen befanden, wurde als Folge von Kollaborations-Prozessen in Anwendung eines Gesetzes

661 vom 25, August 1945 betreffend strafrechtliche Taten gegen das Volk und den Staat konfisziert.

· Die Schweizerische Gesandschaft in Belgrad unternahm zwecks Wahrung der schweizerischen Interessen zahlreiche Schritte beim jugoslawischen Aussenniinisterium. Die jugoslawische Eegierung schlug schliesslich die Schaffung einer gemischten schweizerisch-jugoslawischen Kommission vor, welche sich mit der Abklärung der einzelnen Tatbestände befassen und der schweizerischen und der jugoslawischen Eegierung gemeinsame Vorschläge zur Genehmigung vorlegen sollte. Bei Billigung derselben durch beide Begierungen wären sie von den jugoslawischen Behörden zu vollziehen gewesen. Der Bundesrat hat mit Beschluss vom 4. April 1946 diesem Vorschlag unter bestimmten Bedingungen zugestimmt.

: : In der Folge erfuhr jedoch die Lage in Jugoslawien durch das Nationalisierungsgesetz vom 5. Dezember 1946 eine grundlegende Änderung. Durch dieses Gesetz wurden auch diejenigen Unternehmungen, gegen welche noch keine staatlichen Massnahmen ergriffen, worden waren, erfasst. Es sieht eine Entschädigung für die enteigneten Werte vor, die auch schweizerischen Eigentümern zu gewähren ist. Die gemischte Kommission hätte infolgedessen in der grundsätzlichen Frage der Entschädigung keine Lösung mehr suchen müssen. Die jugoslawische Eegierung sicherte ausserdem zu, auch die übrigen Probleme im Zusammenhang mit der Verstaatlichung im Sinne der Globalbereinigung regeln zu wollen und erklärte, sie halte die gemischte Kommission für nicht mehr notwendig.

4. Bei den Wirtschaftsverhandlungen im Sommer 1946, welche am 21. September 1946 zum Abschluss eines Abkommens über den Waren- und Zahlungsverkehr führten, konnte ein Warenaustauschprogramm für ein erstes Wirtschaftsjahr aufgestellt und andererseits der gegenseitige Warenzahlungsverkeh'r in derWeise geregelt werden, dass sämtliche Transaktionen in Schweizer Franken über ein Konto erfolgten, welches die Schweizerische Nationalbank der Jugoslawischen Nationalbank eröffnete. Die Eegelung der Vergangenheit war zu jenem Zeitpunkt noch nicht möglich; die jugoslawische Eegierung verpflichtete sich lediglich, spätestens am I.April 1948Verhandlungen betreffend Wiederaufnahme des Finanztransfers aufzunehmen.

Bereits anlässlich dieser ersten Nachkriegsverhandlungen brachte die jugoslawische
Eegierung den Wunsch zum Ausdruck, mit der Schweiz ein Abkommen über eine langfristige wirtschaftliche Zusammenarbeit zu treffen, in der Weise, dass es die schweizerische Industrie unter entsprechender Krediterteilung übernommen hätte, durch Lieferung von Investitionsgütern massgebend am Wiederaufbau der jugoslawischen Wirtschaft mitzuwirken. Auf diese Anregung wurde schweizerischerseits Interesse für eine solche langfristige wirtschaftliche Zusammenarbeit bekundet im Bahmen der Produktionskapazität der schweizerischen Exportindustrie und gleichzeitig auch zweckentsprechende Vorkehren in Aussicht gestellt, um es den privaten schweizerischen Finanzkreisen zu ermöglichen, für die in Aussicht genommenen jugoslawischen Bestellungen

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finanzielle Erleichterungen zu gewähren. Voraussetzung zu, einem solchen Abkommen bildete aber nach schweizerischer Auffassung eine Einigung über die Nationalisierungsentschädigung und über den Finanztransfer. Nach einer vorbereitenden Fühlungnahme mit einer jugoslawischen Abordnung im Frühjahr 1947 wurde im Zusammenhang mit der Neufestsetzung des Warenaustauschprogrammes für das Wirtschaftsjahr 1947/48 ein erster Schritt für die Vorbereitung eines langfristigen Abkommens getan, wobei sich die jugoslawische Begierung verpflichtete, vor Ende 1947 mit der schweizerischen Eegierung Verhandlungen aufzunehmen zur Regelung der noch offenen finanziellen Probleme. Nach entsprechender Fristverlängerung nahmen diese Verhandlungen am 4. März 1948 in Belgrad ihren Anfang, wobei es sich zunächst darum handelte, in einem sogenannten Legitimationsverfahren die entschädigungsberechtigten schweizerischen Interessenten zu ermitteln. Nach Abschluss dieses Verfahrens machte die jugoslawische Eegierung die weiteren Besprechungen über die Nationalisierungsentschädigung davon abhängig, dass gleichzeitig über ein Abkommen betreffend langfristige wirtschaftliche Zusammenarbeit verhandelt werde. Bei dieser Situation entsandte der Bundesrat am 19. Mai 1948 seinen Delegierten für Handelsverträge, Herrn Dr. Max Troendle, mit dem Auftrag nach Belgrad, den Versuch zu unternehmen, eine Gesamtlösung aller wirtschaftlichen Fragen zwischen der Schweiz und Jugoslawien vorzubereiten. Diese Fühlungnahme mit der jugoslawischen Eegierung führte am 27. Mai 1948 zur Unterzeichnung eines Protokolls, in .welchem der nachstehende Grundsatz für die darauffolgenden umfassenden Wirtschaftsverhandlungen vereinbart wurde : Das Ausmass der jugoslawischen Warenlieferungen nach der Schweiz ist dermassen zu erhöhen, dass der Gegenwert dieser Lieferungen eine genügend breite Basis bildet für die Begleichung der jugoslawischerseits in der Schweiz zu vergebenden langfristigen Bestellungen für den Wiederauf bau und des laufenden schweizerischen Exportes nach Jugoslawien, sowie für die übrigen Zahlungen nicht warenmässiger Natur, insbesondere für die Nationalisierungsentschädigung.

II.

Der Handelsvertrag

Der Handelsvertrag zwischen der schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Königreich Serbien vom 28. Februar 1907, der formell bei Verhandlungsbeginri noch in Geltung war, enthielt mehrere Bestimmungen, die überholt waren und weder von dem einen noch von dem andern der vertragschliessenden Teile mehr eingehalten werden konnten. Wiewohl die Zollbindungen des Vertrages mit dem Königreich Serbien anlässlich der Ausdehnung seines Geltungsbereiches auf das neue Königreich Jugoslawien aufgehoben worden waren und daher vom zollpolitischen Standpunkt aus kein Anlass bestand, eine Vertragsänderung anzustreben, erschien es dennoch angebracht, die Gelegenheit einer wirtschaf tlichenGesamt bereinigung zu benützen, um den 'alten Vertrag

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durch einen neuen zu ersetzen, welcher der heutigen Lage gerecht wird. Hiebei lag es nahe, den ani 17. März 1948 mit der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken abgeschlossenen Handelsvertrag, der am 11. August 1948 nach Genehmigung durch die beiden Eäte ratifiziert wurde, zum Vorbild zu nehmen.

In der föderativen Volksrepublik Jugoslawien ist der Aussenhandel Staatsmonopol. Nicht nur die Lenkung von Ein- und Ausfuhr, sondern selbst der Kauf und Verkauf von Waren liegt in den Händen des: Staates. Die Zölle sowie die Bin- und Ausfuhrbeschränkungen haben daher in diesem Land nicht mehr dieselbe Bedeutung wie in der privatwirtschaftlich organisierten . Schweiz. Der wesentliche Inhalt des neuen Handelsvertrages besteht in der gegenseitigen Zusicherung des Wohlwollens bei der Behandlung . aller Fragen wirtschaftlicher Natur und in der gegenseitigen Verpflichtung, die Ein- und Ausfuhrpolitik so zu gestalten, dass sich dadurch keine Diskriminierung des Partnerlandes ergibt.

· '· Die einzelnen Bestimmungen des Vertrages sind mit wenigen textlichen Änderungen identisch mit denjenigen des schweizerisch-sowjetischen Handelsvertrages.

· . · .· In Wiederholung unserer Ausführungen in der Botschaft über die Genehmigung des Handelsvertrages mit der Union der Sozialistischen SowjetBepubliken vom 14. Mai 1948 ist hiebei zusammenfassend folgendes, zu be' merken: Artikel l sieht den Grundsatz der wohlwollenden Behandlung für alle Fragen vor, die sich auf den Handel zwischen den beiden Ländern beziehen und verpflichtet diese im weitern, alle geeigneten Massnahmen zu ergreifen, um den gegenseitigen Austausch von Waren und Dienstleistungen zu erleichtern.

In Artikel 2 bis 5 ist die Meistbegünstigung in reinen Zollangelegenheiten geregelt, wie dies den schweizerischen autonomen Zollvorschriften entspricht.

Artikel 6 nimmt allfällige Begelungen mit Nachbarstaaten über grenznachbarliche Beziehungen von der Meistbegünstigung aus.

In Artikel 7 werden für gewisse Gegenstände die zoll- und gebührenfreie ·Ein- und Ausfuhr vereinbart, ohne dass dadurch eine Änderung der in der Schweiz bestehenden Zollpraxis sich ergeben würde.

: Artikel 8 sieht die Möglichkeit vor, mengenmässige Ein- und Ausfuhrbeschränkungen zu erlassen, wobei sich die vertragschliessenden Parteien verpflichten, sich gegenseitig bei der Gestaltung
ihrer Kontingentspolitik --· unter den gleichen Voraussetzungen -- nicht ungünstiger zu behandeln, als irgendein Drittland. Durch diese Formulierung bleibt die schweizerische Bewegungsfreiheit bei der Gestaltung der Ein- und Ausfuhrpolitik gewahrt.

Über die gegenseitigen Verkehrsbeziehungen bestimmt Artikel 9, dass die Parteien im Bahmen ihrer einschlägigen Gesetzgebung geeignete Massnahmen ergreifen zur Erleichterung des Eisenbahn-, See- und Luftverkehrs, sowie der Post-, Telephon- :und Telegraphenverbindungen,

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Hinsichtlich der Zulassung von Waren zur Beförderung im Binnen- und Transitverkehr ist die Meistbegünstigungsklausel vereinbart worden. Diese bezieht sich aber nicht auf das Tarifwesen.

Schweizerische Handelsschiffe in jugoslawischen Meerhäfen gemessen bei der Einfahrt, bei der Ausfahrt und während des Aufenthaltes ebenfalls die Behandlung der meistbegünstigten Nation.

Artikel 10 bezieht sich auf die gegenseitige Anerkennung der Bechtspersönlichkeit von juristischen Personen und Handelsgesellschaften. Er gewährt ausserdem den Staatsangehörigen, juristischen Personen und Handelsgesellschaften der einen vertragschliessenden Partei freien Zutritt zu den Gerichten der andern.

Artikel 11 regelt den Grundsatz der Vollstreckbarkeit von schiedsgerichtlichen Urteilen über Streitigkeiten kommerzieller Natur und bestimmt im einzelnen, unter welchen formellen Voraussetzungen die Vollstreckung solcher Urteile gewährt wird und in welchen Fällen sie verweigert werden kann. Die Vollziehung der Urteile erfolgt nach den Gesetzen des Landes, in welchem die Vollstreckung nachgesucht wird. Die Vollstreckungsklausel bezieht sich nicht nur auf eigentliche Urteile von Schiedsgerichten, sondern auch auf Vergleiche, die vor einem Schiedsgericht zustande gekommen sind.

Artikel 12 dehnt die Anwendbarkeit des Handelsvertrages auf das Gebiet des Fürstentums Lichtenstein aus und Artikel 13 regelt das Inkrafttreten, die Vertragsdauer und die Kündigungsmöglichkeiten, · III.

Das Abkommen über den Warenaustausch und den Zahlungsverkehr Der Warenaustausch mit der föderativen Volksrepublik Jugoslawien hat ·sich seit Kriegsende zwar längsam aber konstant entwickelt, wobei jetzt schon das Vorkriegsvolumen überschritten worden ist.

In den Dreissiger Jahren führten wir aus Jugoslawien im Durchschnitt Waren im Werte von ungefähr 12,5 Millionen Franken ein, hievon insbesondere Eier und Geflügel, Holz und Futtermittel. Die Ausfuhr im gleichen Zeitraum erreichte im Durchschnitt 9 Millionen Franken, wovon 2 Millionen Franken Maschinen, 2 Millionen Franken Textilien, 1,5 Millionen Franken Farben und Pharmazeutika und je 0,5 Millionen Franken Uhren und Instrumente. Die schweizerische Aussenhandelsstatistik für das Jahr 1946 weist eine Einfuhr aus Jugoslawien von 6,1 Millionen Franken und eine Ausfuhr von 3,1 Millionen Franken aus, was
seinerzeit als bescheidener Anfang bei der Wiederaufnahme der wirtschaftlichen Beziehungen gewertet werden durfte. Im Jahre 1947 ergaben 12 Millionen Franken Holz, 2,2 Millionen Franken Schweine, 2 Millionen Franken Hanf und 1,3 Millionen,Franken Blei mit den übrigen Waren eine Gesamteinfuhr von 23 Millionen Franken. Die Totalausfuhr pro 1947 bezifferte sich auf 14,6 Millionen Franken, wovon 5 Millionen Franken Maschinen, 2,7 Millionen

665 Franken Instrumente und Apparate, 2,9 Millionen Pranken Farben, 0,7 Millionen Franken Pharmazeutika u. a. m. Im Zeitraum vom Januar bis September 1948 erreichte die Einfuhr aus Jugoslawien 24,6 Millionen Franken, wovon. 11,8 Millionen Franken Holz, 4,7 Millionen Franken Alkohol und 2 Millionen Franken Blei. Die Ausfuhr im gleichen Zeitraum beziffert sich auf 28 Millionen Franken wovon 18 Millionen Franken Maschinen und Werkzeuge, 8 Millionen Franken Instrumente und Apparate, 2 Millionen Franken Textilien und 2,7 Millionen Franken Pharmazeutika, 2 Millionen Franken Farben, 1,1 Millionen Franken Uhren und 0,8 Millionen Franken Zucht- und Nutzvieh.

Gemäss dem Protokoll von Belgrad vom 27. Mai 1948 war bei den Wirtschaftsverhandlungen in Bern eine Lösung zu suchen, bei welcher die künftigen jugoslawischen Lieferungen nach der Schweiz ein solches Ausmass erreichen, dass ihr Gegenwert genügt, um die nichtkommerziellen Zahlungen sicherzustellen und die nötigen Disponibilitäten zu schaffen für die Begleichung des laufenden schweizerischen Exportes und für die Durchführung eines Spezialprogrammes für langfristige schweizerische Investionslieferungen in einem Zeitraum von 5 Jahren. Diese Situation machte den Abschluss eines neuen Abkommens über den Warenaustausch1 und den Zahlungsverkehr notwendig.

Artikel l bis 3 dieses Abkommens beziehen sich auf die Grundsätze des gegenseitigen Warenaustausches, welcher sich im Eahmen von Kontingentslisten abwickeln wird. Die Kontingente haben jedoch für die Schweiz nicht den Charakter von Lief er-oder Abnahmeverpflichtungen.

Die Aufstellung der Warenlisten für die laufenden gegenseitigen Lieferungen erfolgt'grundsätzlich von Jahr zu Jahr, entsprechend der Lieferkapazität und den Bedürfnissen beider Länder. Einzig hinsichtlich der langfristigen Bestellungen füf den Wiederaufbau Jugoslawiens ist eine Liste vereinbart worden, welche die schweizerischen Lieferungen in einem Zeitraum von 5 Jahren festlegt. Durch die jährliche Neufestsetzung der Warenlisten bleibt die Entscheidungsfreiheit der Schweiz insbesondere auf dem Gebiete der Importpolitik gewahrt. Es besteht keine Pflicht zur Erteilung von Einfuhrbewilligungen ausserhalb der vereinbarten Kontingente. Hingegen werden wir grundsätzlich während der Dauer dieses Abkommens Jugoslawien die Möglichkeit einräumen müssen,
im gesamten genommen, wertmässig so viel Waren in der Schweiz abzusetzen, als notwendig sind, um die Mittel für die Erfüllung seiner Verbindlichkeiten in der Schweiz zu beschaffen. Bei Annahme eines Betrages von 200 Millionen Franken für die langfristigen Bestellungen und bei Schätzung des Wertes unserer laufenden Exporte auf ca. 50 Millionen Franken pro Jahr wird es mit Eücksicht auf die notwendigen Mittel zum Transfer der Nationalisierungsentschädigung notwendig sein, jährlich für ca. 100 Millionen Franken Waren: aus Jugoslawien zu importieren. Diese Ziffer ist angesichts des bisherigen Volumens unseres Warenaustausches mit Jugoslawien sehr hoch. Es wird bedeutender Anstrengungen auf jugoslawischer Seite bedürfen, um dieses Exportresultat zu erreichen. Gelingt es nicht, so werden die schweizerischen Lieferungen dem reduzierten Volumen angepasst werden müssen.

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Die für ein erstes Vertragsjahr in einem separaten, nicht zur Veröffentlichung gelangenden Protokoll vereinbarten laufenden schweizerischen Lieferungen wie auch das langfristige jugoslawische Bestellungsprogramm sichern unserer Exportindustrie interessante Absatzmöglichkeiten, und zwar auch denjenigen Zweigen, die heute schon Anlass zu Besorgnissen für die Zukunft geben.

Auch die Interessen unseres landwirtschaftlichen Exportes fanden insbesondere durch Aufnahme eines Exportkontingentes für Zuchtvieh gebührend Berücksichtigung. Sofern es die Entwicklung der politischen Lage gestattet, kann sich unser Außenhandel mit Jugoslawien im vorgezeichneten Eahmen entwickeln, zumal heute die Konkurrenzverhältnisse auf diesem Absatzmarkt günstiger sind als vor dem Krieg. Das Ausmass unseres Exportes wird allerdings begrenzt durch unsere beschränkte Aufnahmefähigkeit für jugoslawische Waren. Neben interessanten Eohstoffen, wie gewisse Mineralien und Buntmetalle, wird uns Jugoslawien hauptsächlich land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse liefern, wie Holz, Futtermittel, Zucker, Geflügel, Eier, Schlachtvieh und Tabak.

Die Bestimmungen über den gegenseitigen Zahlungsverkehr sind in den Artikeln 4 bis 10 geregelt.

Artikel 4 enthält eine Liste derjenigen Zahlungskategorien, welche unter die Bestimmungen des Abkommens fallen.

Artikel 5 stipuliert die Pflicht zur Einzahlung an die Schweizerische Nationalbank des Gegenwertes sämtlicher jugoslawischer in die Schweiz eingeführter Waren und jugoslawischer Dienstleistungen. Nach erfolgter Einzahlung wird die Schweizerische Nationalbank der Jugoslawischen Nationalbank den Auftrag erteilen, die Auszahlung an den jugoslawischen^ Gläubiger vorzunehmen. Die Erfüllung der jugoslawischen Verbindlichkeiten in der Schweiz erfolgt durch Kauf von Schweizer Franken bei der Jugoslawischen 'Nationalbank.

Bei diesem System kommt die Schweizerische Nationalbank nicht in die Lage, bei der gegenseitigen Verrechnung Guthaben in jugoslawischer Währung unterhalten zu müssen. Es ist daher in diesem Abkommen auch kein sogenannter Währungskredit vorgesehen. Durch grundsätzliche Gewährung der gesetzlich verankerten Exportrisikogarantie für die Lieferungen nach Jugoslawien sowie durch Übernahme einer «garantie de bonne fin» für die Vorfinanzierung gewisser jugoslawischer Lieferungen durch
ein schweizerisches Bankenkonsortium und für einen ebenfalls seitens unserer Banken eröffneten, nur teilweise gedeckten Manipulationskredit werden jedoch der jugoslawischen Kegierung seitens der Eidgenossenschaft wertvolle, Erleichterungen gewährt als Gegenleistung dafür, dass sie Hand geboten hat zu einer befriedigenden und loyalen Bereinigung der wirtschaftlichen Fragen der Vergangenheit.

Artikel 6 setzt die Kursrelation zwischen Schweizer Franken und Dinar fest, wobei erwähnt sei, dass sich der Verrechnungsverkehr zwischen der Schweiz und Jugoslawien in Schweizer Franken abwickelt t

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Artikel 7 regelt die Verwendung der Disponibilitäten der Jugoslawischen Nationalbank bei der Schweizerischen Nationalbank. Nach Abspaltung der für den Transfer der Nationalisierungsentschädigung vorgesehenen Beträge werden die verfügbaren Mittel auf zwei Konten verteilt, wovon eines, mit 40% gespiesen, der Begleichung der langfristigen jugoslawischen Bestellungen und ein anderes, mit 60% gespiesen, der Begleichung der laufenden schweizerischen Lieferungen dient. Diese Relation zwischen laufenden schweizerischen Exporten und Investitionslieferungen kann nötigenfalls während der Dauer des Vertrages geändert werden.

, Durch Artikel 8 wird ein spezielles Unterkonto eröffnet zur Erleichterung der Zahlungen für sogenannte Dienstleistungen sowie der Zahlungen nicht kommerzieller Natur.

· · Artikel 9 stellt fest, dass Vorauszahlungen im gegenseitigen Verrechnungsverkehr möglich sind.

Artikel 10 ermächtigt die Schweizerische Verrechnungsstelle und die Jugoslawische Nationalbank, sich direkt über die technischen Einzelheiten der iDurchführung des Zahlungsabkommens zu verständigen.

In Artikel 11, welcher mit A rtikel 12 und 13 das dritte Kapitel des Vertrages, die allgemeinen Bestimmungen betreffend, bildet, wird eine gemischte Regierungskommission eingesetzt, welche zur Aufgabe hat, die jährlichen Warenlisten aufzustellen und ermächtigt ist, den Verteilungsschlüssel betreffend Bereitstellung der Zahlungsmittel für laufende und langfristige schweizerische .Lieferungen zu ändern.

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. Der Geltungsbereich dieses Abkommens wird durch Artikel 12 auf das Fürstentum Liechtenstein ausgedehnt.

, In Artikel 13 werden die früheren Vereinbarungen aufgehoben und ausserdem Inkrafttreten, Dauer und Kündigungsmöglichkeit geregelt; :

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IV.

Das Abkommen über die Entschädigung der durch Verstaatlichungs- und Enteignungsmassnahmen sowie durch andere Einschränkungen betroffenen schweizerischen Interessen in Jugoslawien 1. Die nach Erlass des Nationalisierungsgesetzes von jugoslawischer Seite in Vorschlag gebrachte Globallösung erschien von Anfang an auch vom schweizerischen Standpunkt aus als der geeignetste Weg zu einer Verständigung.

1 , Anlässlich einer am 26. November 1947 in Bern stattgefundenen allgemeinen Orientierung über das Nationalisierungsproblem in Jugoslawien hatten die Interessenten Gelegenheit, zur Frage Stellung zu nehmen, ob sie sich mit einer Global-Entschädigung einverstanden erklären könnten. Mit Bücksicht darauf, dass auf anderem Wege kaum eine für die Geschädigten tragbare Lösung gefunden werden konnte, war die überwiegende Mehrzahl der Anwesenden der Auffassung, es sei mit der jugoslawischen Regierung über eine Global-Lösung

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im Eahmen eines Wirtschaftsabkommens zu verhandeln. Am 29. Juni fand erneut eine Orientierung der schweizerischen Interessenten in Bern statt, wobei besonders die rechtliche Seite der Global-Entschädigung beleuchtet wurde. Auch an dieser Besprechung zeigte es sich, dass die schweizerischen Interessenten mit einer Global-Lösung einverstanden waren.

2. Es ist ein allgemein anerkannter Grundsatz des Völkerrechts, dass wohlerworbene Bechte von Ausländern nicht .ohne Gewährung einer Entschädigung enteignet werden dürfen. Die Enteignung an und für sich ist nicht rechtswidrig. Sie wird es, nur dann, wenn für den in. die Hände des Staates übergeführten Vermögenswert keine angemessene Entschädigung ausgerichtet wird. Theorie und Staatenpraxis haben diesen Grundsatz anerkannt, der in zahlreichen internationalen Schiedsgerichtsurteilen erhärtet worden ist. Es sei hier als einziges Beispiel nur der Ständige Internationale Gerichtshof im Haag erwähnt, der in seinem Urteil Nr.. 7 betreffend gewisse deutsche Interessen in Polnisch-Qberschlesien vom «principle of respect for vested rights, a principio which, as thè Court has already had occasion to observe, forms part of generally accepted international law» (Publications, Serie A, Nr. 7, S. 42) spricht. Die Tatsache, dass einzelne Staaten im Zusammenhang mit revolutionären Umwälzungen diesen Grundsatz ignorierten, ändert nichts an seiner Geltung. So hat denn auch Jugoslawien anlässlich des Erlasses seiner Nationalisierungsgesetze erklärt, dass das verstaatlichte Eigentum entschädigt werden' solle.

3. Drei Methoden sind denkbar für die Festsetzung und Ausrichtung von Entschädigungen für die Verstaatlichung ausländischer Vermögenswerte: a. Der nationalisierende Staat setzt sich direkt mit den betroffenen einzelnen Interessenten in Verbindung und verständigt sich mit ihnen über die auszuzahlenden Beträge. Dieses Verfahren ist beispielsweise in den Ab-, machungen · mit der Tschechoslowakei vorgesehen.

h. Der nationalisierende Staat zahlt dem Heimatstaat der betroffenen Ausländer die Entschädigungssumme, welche auf Grund des wahren Wertes der verstaatlichten Bechte und Güter errechnet wird.

G. Der nationalisierende Staat zahlt dem Heimatstaat der betroffenen Ausländer als angemessene Entschädigung eine Global-Summe, wobei auf die genaue Berechnung des Wertes der
nationalisierten Bechte im Einzelfalle verzichtet und die Verteilung der Global-Summe dem betreffenden Staate überlassen wird.

Welcher Weg eingeschlagen werden wird, ist eine Frage der politischen und wirtschaftlichen Zweckmässigkeit. In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass die Schweiz, wenn sie die Interessen ihrer Bürger im Auslande wahrnimmt, ein eigenes Becht geltend macht und nicht etwa im Auftrage der interessierten Bürger handelt. Die Eidgenossenschaft vertritt den ihr zustehenden Anspruch auf völkerrechtsgemässe Behandlung ihrer Angehörigen durch das Ausland. Wenn ein Staat einen Schweizer nicht gemäss den Grund-

69 sätzen des Völkerrechts behandelt, so entsteht dadurch,-- abgesehen von den allfälligen individuellen Ansprüchen der betroffenen Einzelperson, welche sich jedoch nur auf das Landesrecht gründen können -- ein eigenes Eecht der Eidgenossenschaft; Wiedergutmachung zu verlangen. Das Ausmass des von ihrem Bürger erlittenen Schadens dient dabei als Bemessungsgrundlage der vom Bunde im .eigenen Namen geltend zu machenden Ersatzforderung. Ob die Schweiz den ihr zustehenden Bechtsanspruch geltend macht und auf welche Weise und in welchem Umfange, steht allein ihr zu, zu entscheiden. Der Bund hat dabei Allgemeininteresse und Einzelinteresse abzuwägen; widerspricht das Allgemeininteresse dem einzelnen, so geht das erstere vor. Artikel 102, Ziffer 8, der Bundesverfassung legt dem Bundesrat die Pflicht auf, die Interessen der Eidgenossenschaft nach aussen zu wahren. Wenn auch in vielen Fällen das Interesse des Einzelnen mit demjenigen des Landes zusammenfällt, und der Bund deshalb dem Schweizerbürger im Auslande seinen diplomatischen Schutz angedeihen lässt, kann es doch solche geben, wo dies nicht zutrifft. Daim müssen die Landesinteressen vorgehen; weder die Bundesverfassung noch die Bundesgesetzgebung gewähren dem Einzelnen einen Kechtsanspruch auf Vertretung seiner Interessen im Auslande. Das Bundesgericht hat dies mehrfach anerkannt.

In seinem Urteil, Gschwind vom 14. Oktober 1932 führte es beispielsweise aus: «Das Gesuch eines Schweizer,Bürgers, womit er den Bundesrat angeht, wegen einer vom Gesuchsteller erlittenen angeblich völkerrechtswidrigen Schädigung bei dem fremden Staate vorstellig zu werden, und deren Wiedergutmachung zu betreiben, kann deshalb nur die Bedeutung haben, die Bundesbehörde auf den Tatbestand aufmerksam zu machen und sie zu dessen Prüfung zu veranlassen. Was weiter zu geschehen hat, richtet sich nicht nach dem Begehren des Gesuchstellers, sondern nach dem objektiven Eecht, das die Amtspflichten der Behörde in solchen Angelegenheiten bestimmt. Ein subjektives Eecht darauf, dass der Bund sich seiner im verlangten Sinne annehme, erwächst dem Bürger aus der vorgekommenen Eechtsverletzung nicht. Es kann schon deshalb nicht in Frage kommen, weil das zuständige Organ der auswärtigen Verwaltung sich bei seinen Entschlüssen nicht bloss von den ari sich berechtigten Interessen eines
einzelnen Geschädigten leiten lassen kann, sondern daneben und ihnen vorangehend auch das allgemeine Staatsinteresse, die möglichen Eückwirkungen der verlangten Schritte auf die politischen oder sonstigen Beziehungen zu dem fremden Staate ins Auge fassen muss.» (BGE 58 2 S-476; vgl.auch BGE 52 a, S. 259.)

Der Bund hatte daher denjenigen Weg zur Erhaltung einer Entschädigung .für die jugoslawischen Verstaatlichungsmassnahmen zu beschreiten, der ihm am zweckmässigsten erschien. Dies war die Festsetzung einer Global-Summe.

Die einzelnen Interessenten haben übrigens -- wie schon erwähnt -- in ihrer grossen Mehrzahl diesem Verfahren zugestimmt.

4. Die Festsetzung der Global-Summe hat den Nachteil, dass vielleicht nicht alle Entschädigungsansprüche zu 100% gedeckt werden können. Aber dieses

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Verfahren weist den grossen Vorteil auf, dass von zeitraubenden und vielfach praktisch überhaupt undurchführbaren Erhebungen zwecks Festsetzung der genauen Eritschädigungsbeträge abgesehen werden kann. In vielen Fällen wäre es infolge Vernichtung der Unterlagen überhaupt nicht möglich, die genauen Werte nationalisierter Güter festzusetzen. Es müssten zeitraubende und kostspielige Expertisen an Ort und Stelle durchgeführt werden. Die Festsetzung einer '. Global-Summe führt zu einer raschen Erledigung des ganzen Fragenkomplexes. Es ist zweifellos vorteilhafter, eine bestimmte Entschädigung in einer relativ kurzen Zeit zu erhalten, als zu versuchen, eine Summe zu erwirken, welche vielleicht etwas höher ausfallen würde, deren Festsetzung sich jedoch über Jahrzehnte hinziehen könnte. Sollten sich bei der "Verteilung der GlobalSumme in einzelnen Fällen dennoch genaue Erhebungen als notwendig erweisen, so würde dadurch das völkerrechtliche Verhältnis zu Jugoslawien und die Geltung des Abkommens nicht mehr berührt ; der Fragenkomplex ist mit Jugoslawien --- und das ist ausschlaggebend -- definitiv geregelt.

5. Die seh iveizerische und die jugoslawische Regierung haben sich auf einen Betrag von 75 Millionen Franken geeinigt. Dazu kommen noch drei Millionen Franken in Form von Holzlieferungen, welche Gegenstand einer speziellen Abrechnung mit der betreffenden Interessentin bilden werden. Diese Summe erscheint unter Berücksichtigung der Verhältnisse als vertretbar. Die vom Bundesrat mit Beschluss vom 13. Juli 1948 eingesetzte Kommission für Nationalisierungsentschädigungen hat den Interessenten Gelegenheit zur Aussprache gegeben und die hauptsächlichsten Forderungen geprüft. Es hat sich dabei ergeben, dass der Betrag von 75 Millionen Franken als eine unter den bestehenden Verhältnissen tragbare Entschädigung betrachtet werden kann und den Interessenten nicht ein allzu grosser Abstrich an ihren wirklich fundierten Ansprüchen zugemutet werden muss.

Am 19. Juli 1948 ist auch zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und Jugoslawien eine Vereinbarung über die aus den jugoslawischen Nationalisierungsmassnahmen herrührenden Forderungen amerikanischer Bürger abgeschlossen worden. Diese sieht -- wie das schweizerische Abkommen -- die Zahlung einer Global-Entschädigung vor. In grossen Teilen entspricht die
amerikanisch-jugoslawische Vereinbarung unserem Abkommen. Die Global-Summe wurde auf 17 Millionen Dollar festgesetzt. In welcher Höhe dadurch die amerikanischen Ansprüche gedeckt werden, ist nicht feststellbar, weil wir den Umfang der amerikanischen Interessen in Jugoslawien, welche Gegenstand von Verstaatlichungsmassnahmen gebildet hatten, nicht kennen.

6. Die einzelnen Bestimmungen des Nationalisierungsabkommens geben zu folgenden Bemerkungen Anlass: .

.

Artikel l setzt das, Prinzip der Global-Entschädigung fest und beziffert diese auf 75 Millionen Franken. Der zusätzliche Betrag von 3 Millionen Franken in Form von Holzlieferungen wird Gegenstand einer Regelung zwischen der jugoslawischen Regierung und der betreffenden Interessentin bilden.

671 Artikel 2 bestimmt die Zahlungsmodalitäten. Die ganze Global-Summe soll in höchstens zehn Jahren beglichen werden. Sofern sich der Warenaustausch mit Jugoslawien wie vorgesehen entwickelt, ist eine Abtragung in kürzerer Frist zu erwarten. Die für die Entschädigung notwendigen Beträge werden durch prozentuale Abzweigung von sämtlichen schweizerischen Zahlungen für jugoslawische Waren und Nebenkosten zur Verfügung gestellt.

Nach vollständiger Begleichung der Global-Summe wird die schweizerische Eegierung -- wie Artikel 3 vorsieht -- alle Entschädigungsforderungen schweizerischer Interessenten als endgültig geregelt betrachten. Der Bundesrat wird .daher nach Entrichtung der Summe keine weiteren diplomatischen Schritte mehr in dieser Angelegenheit unternehmen. Eine solche Zusicherung ergibt, sich aus der Natur der Sache. Die jugoslawische Eegierung hat jedoch darauf bestanden, dass auch die einzelnen Interessenten daran verhindert werden, ihre Ansprüche; selbständig geltend zu machen und vor allem irgendwelche Bechtsmittel zuiergreifen. In erster Linie soll eine Verarrestierung jugoslawischer Guthaben in1 der Schweiz vermieden werden. Diese Wünsche unseres Vertragspartners erscheinen als durchaus gerechtfertigt, nachdem dieser sich bereit erklärt hat, die schweizerischen Ansprüche durch Zahlung einer GlobalEntschädigung an die Eidgenossenschaft endgültig zu regeln, und der Bund die erhaltene Global-Summe unter die interessierten Schweizer Bürger verteilen wird. Artikel 3 sieht deshalb vor, dass vom Inkrafttreten des Abkommens an die Interessenten ihre Ansprüche durch keinerlei Mittel mehr selbständig geltend machen können und dass nach der vollständigen Entrichtung der Global-Summe alle ihre Rechtsansprüche dahinfallen.

Artikel 4 definiert die schweizerischen Vermögenswerte, Hechte und Interessen, welche durch die Global-Entschädigung als abgegolten betrachtet werden müssen. Dazu gehören nicht nur die Entschädigungsansprüche für nationalisiertes und expropriiertes Eigentum und andere dingliche Eechte, sondern auch Forderungen gegen diejenigen Schuldner, welche Qbjëkt. von Verstaatlichungs- und Enteignungsmassnahmen geworden sind. Es hat sich als zweckmässig erwiesen, auch diese Forderungen in die Global-Entschädigung einzuschliessen. Unter den Schadenersatzansprüchen, herrührend aus jugoslawischen
gesetzlichen, administrativen oder gerichtlichen Massnahmen, sind vor allem die Entschädigungen an einige wenige Schweizer Bürger, welche von den' jugoslawischen Behörden, in Haft gesetzt wurden, zu verstehen; . Artikel 5. erläutert, was als schweizerischer Vermögenswert, Beteiligung oder Forderung zu gelten hat. Sofern diese Werte natürlichen Personen gehören, bietet die .Frage ; keine Schwierigkeit. Es ist auf die Staatsangehörigkeit des Eigentümers oder Gläubigers.abzustellen. In bezug auf die juristischen Personen und Handelsgesellschaften wird nicht allein auf den Sitz im Inland abgestellt, sondern auch darauf, ob an. der Vereinigung ein überwiegendes schweizerisches Interesse besteht (substantial interest). In der Mehrzahl, der Fälle wird ein solches überwiegendes schweizerisches Interesse dann vorliegen, wenn die

672 effektive Mehrheit des Kapitals sich in schweizerischen Händen befindet.

Besteht keine Mehrheit, so ist auf diejenige Minorität abzustellen, welche den entscheidenden Einfluss auf die Gesellschaft ausübt. Dies ist vor allem dann leicht festzustellen, wenn eine kompakte Minderheit einer zersplitterten Mehrheit gegenübersteht. Auch die Zusammensetzung von Verwaltungsrat und Direktion, wenn bei ihnen die entscheidende Willensbildung erfolgt, kann massgebend sein! Schliesslich dürfen in gewissen Fällen auch die Gläubiger nicht ausser acht gelassen werden, weil auch sie ein Unternehmen beherrschen können. Immer aber kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse an und nicht auf rechtliche Konstruktionen, sofern sie die effektiven Verhältnisse lediglich verschleiern.

Dass die schweizerische Staatsangehörigkeit der natürlichen Personen oder der schweizerische Charakter der juristischen Personen und Handelsgesellschaften sowohl im Zeitpunkte der Enteignungsmassnahmen wie auch in demjenigen des Inkrafttretens des Abkommens vorhanden gewesen'sein muss, wie Absatz 2 es vorsieht, entspricht den allgemeinen völkerrechtlichen Grundsätzen über die Wiedergutmachung von Schäden.

Die Global-Entschädigung wird der schweizerischen Eegierung und nicht den einzelnen Interessenten ausbezahlt/Daraus ergibt sich, dass es Sache der schweizerischen Behörden sein muss, die Global-Summe nach einem noch aufzustellenden Verteilungsschlüssel den einzelnen Gläubigern zu überweisen. Artikel 6 sieht dies ausdrücklich vor. Der Verteilungsmodus ist bis jetzt noch nicht festgesetzt worden. Es wird Sache der bereits erwähnten Kommission für Nationalisierungsentschädigungen sein, einen Auszahlungsplan aufzustellen, der vom Bundesrat zu genehmigen wäre. Den Interessenten würde hiebei nochmals Gelegenheit gegeben werden, ihre Ansprüche zu vertreten und sich über ihren Anteil zu äussern. Sollte sich dabei eine Einigung nicht als möglich erweisen, so hätte der Bundesrat nach neuer Prüfung des Falles zu entscheiden: Die Tatsache, dass für die Entschädigung der schweizerischen Interessenten die Festsetzung einer Global-Summe gewählt wurde, und der noch aufzustellende Auszahlungsplan werden weder für die Eidgenossenschaft noch für Jugoslawien irgendeine Haftung gegenüber denjenigen Geschädigten begründen, deren Ansprüche nicht voll befriedigt
werden können; eine solche Haftung ist weder nach Völkerrecht noch nach dem schweizerischen öffentlichen Eecht gegeben.

Für alle Fälle wird sie in Artikel 6 noch ausdrücklich ausgeschlossen.

Artikel 7 befreit die ehemaligen schweizerischen Eigentümer von enteigneten Unternehmen in Jugoslawien oder von dort gelegenen Liegenschaften von allen Verpflichtungen, welche im Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit dieser Unternehmen gegenüber nichtschweizerischen Gläubigern vor den Verstaatlichungsmassnahmen eingegangen worden oder durch Hypotheken auf diesen Liegenschaften gesichert waren. Es wäre unbillig gewesen, wenn die früheren schweizerischen Eigentümer diese Passiven weiterhin hätten tragen müssen, nachdem ihnen die entsprechenden Aktiven entzogen worden sind.

Die Beschränkung der Befreiung auf Schuldverhältnisse gegenüber nicht-

673

schweizerischen Gläubigern ergibt sich aus der Tatsache, ;dass schweizerische Gläubiger gegenüber Schuldnern in Jugoslawien, welche Gegenstand von Ver-: staatlichungs- und Enteignungsmassnahmen geworden waren, aus der Global-; Summe entschädigt werden, so dass sich eine besondere Sicherung erübrigt. ; Artikel 8 sichert den Schutz der schweizerischen Fabrik- und Handelsmarken, sei es, dass sie international, sei es, dass sie in Jugoslawien eingetragen sind, sowie denjenigen von Firmenbezeichnungen. Ihre Weiterverwendung ist ohne Zustimmung der schweizerischen Inhaber nicht gestattet.

Die Patente werden durch die Global-Entschädigung abgegolten. Sie spielten im Falle Jugoslawiens nur eine untergeordnete Eolie.

Artikel 9 sieht vor, dass die jugoslawische Regierung den schweizerischen Behörden Rechtshilf e leistet, sofern sie zur Abklärung der Tatbestände, auf welche sich die Ansprüche der schweizerischen Interessenten auf Teilnahme an der Global-Entschädigung stützen, notwendig ist.

Entschädigungsansprüche, welche durch jugoslawische Verstaatlichungsoder Enteignungsmassnahmen nach Inkrafttreten des vorliegenden Abkommens entstehen könnten, werden von diesem nicht erfasst. Artikel 10 enthält einen Vorbehalt in diesem Sinne.

Nach Artikel 11 gilt das Abkommen auch für das Fürstentum. Liechtenstein. Dies ergibt sich aus Artikel 7 des Zollunionsvertrages vom 29. März 1923.

Zwar handelt es sich beim vorliegenden Abkommen nicht um einen Handelsoder Zollvertrag im engeren Sinne. Das Abkommen hat jedoch ebenfalls die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Schweiz und einem ausländischen Staate zum Gegenstand. Dem Sinn der Zollunion entspricht es deshalb, wenn das Abkommen auch auf das Gebiet des Fürstentums Anwendung findet.

Artikel 12 regelt das Inkrafttreten des Abkommens. Dieses hat den Charakter eines rechtsgeschäftlichen Vertrages und enthält daher keine Kündigungsklausel. Es wird vielmehr aufhören zu existieren,! sobald die darin jugoslawischerseits übernommenen Verpflichtungen erfüllt worden sind.

·

V.

Inkrafttreten and Dauer der Abkommen Die eingangs erwähnten drei Abkommen treten am Tage des Austausches der Ratifikationsurkunden in Kraft. Der Handelsvertrag und das Abkommen über den Warenaustausch und den Zahlungsverkehr sind bis zum 30. September 1953 gültig. Die fünfjährige Dauer der Verträge ist notwendig, weil sie die Grundlage bildet für die Durchführung der schweizerischen langfristigen Lieferungen einerseits, und zur Sicherstellung des Transfers der Global-Entschädigung andererseits. Wie bereits erwähnt, können sich aus dieser, für unsere Warenaustauschabkommen mit dem Ausland nicht üblichen langjährigen Vertragsdauer keine Unzukömmlichkeiten für unsere Bewegungsfreiheit in der Gestaltung unserer Ein- und Ausfuhrpolitik ergeben, nachdem die Warenlisten mit Ausnahme der Bundesblatt.

100. Jahrg.

Bd. III.

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674 Liste der langfristigen Lieferungen von Jahr zu Jahr neu festgesetzt werden.

Angesichts der .Vertragsdauer erschien es tins aber angezeigt, diese Vertragswerke nur mit Katifikations vorbehält unterzeichnen zu lassen. Hinsichtlich des Handelsvertrages entspricht dies der bisherigen Übung. Beim Nationalisierungsabkommen liegt uns daran, Ihre Zustimmung zu dem im Falle Jugoslawien eingeschlagenen Weg. zu erhalten, zumal anzunehmen ist, dass auch mit anderen Staaten ähnliche Vereinbarungen getroffen werden könnten. .Das Abkommen über den Warenaustausch und Zahlungsverkehr unterbreiten wir nur deshalb den eidgenössischen Eäten zur Genehmigung, weil !wir Wert darauf legen, ihnen einen Gesamtüberblick über die mit Jugoslawien getroffenen Abmachungen zu vermitteln. An ,und für sich wären wir auf Grund des Bundesbeschlusses vom 14. Oktober 1933/22. Juni 1939 über wirtschaftliche Massnahmen gegenüber dem Ausland zur Unterzeichnung dieses Vertrages ohne Batifikationsvorbehalt ermächtigt, gewesen, wobei er Ihnen dann wie in anderen Fällen erst im Zusammenhang mit dem nächsten Bericht des Bundesrates betreffend wirtschaftliche Massnahmen gegenüber dem Ausland zur Genehmigung unterbreitet worden wäre.

In einem Briefwechsel zwischen dem schweizerischen und dem jugoslawischen Delegationschef wurde vereinbart, dass die drei vorerwähnten Vereinbarungen am 1. Oktober 1948 provisorisch in Kraft treten. Diese Massnahme drängte sich auf, weil es notwendig war, den .Waren- und Zahlungsverkehr (unverzüglich in Gang zu setzen und auch sofort mit der Abzweigung der Beträge für die Leistung der Global-Entschädigung zu beginnen. Der Entscheidung der eidgenössischen Eäte .über das Schicksal dieser Abkommen ist damit weder praktisch noch rechtlich vorgegriffen. Würde wegen mangelnder Zustimmung der Bundesversammlung eine Eatifikation nicht erfolgen können, so müsste lediglich mit Jugoslawien eine Vereinbarung über die Liquidation der bereits erfolgten vertraglichen Leistungen getroffen werden.

'



VI.

Sehlussbemerkungen

Der Versuch, mit der föderativen Volksrepublik Jugoslawien zu einer definitiven Einigung über alle Fragen wirtschaftlicher Natur zu gelangen, darf als gelungen bezeichnet werden. Jugoslawien hat in verständnisvoller Weise Hand geboten zu Vereinbarungen, die eine für beide Teile fruchtbringende Dauerregelung der wirtschaftlichen Beziehungen sicherstellen. Die mehrjährige Vertragsdauer hat sich aus der Natur der zu regelnden Probleme ergeben. Sie entspricht aber auch der jugoslawischen Auffassung über, die staatliche Wirtschaftsplanung. Dieser staatliche Planungsgedanke mag mit der privatwirtschaftlichen Organisation der schweizerischen Volkswirtschaft in Widerspruch stehen; er schliesst aber eine erspriessliehe Entwicklung der gegenseitigen wirtschaftlichen Beziehungen keineswegs aus. Wenn einerseits den Absatzmöglichkeiten für die schweizerische Exportindustrie durch die jugoslawische

675

Planung des Aussenhandels in einzelnen Fällen vielleicht Grenzen gezogen sind, so bietet sie andererseits auf die Dauer gewisse Sicherheiten, die sich für den schweizerischen Export günstig auswirken können.

Es ist hervorzuheben, dass es ein erstes Mal gelungen ist, mit einem unserer osteuropäischen, Wirtschaftspartner eine befriedigende Abmachung über die Gesamtheit der wirtschaftlichen Beziehungen zu erzielen. In einem Punkt war es zwar nicht, möglich, schon jetzt eine Lösung zu finden, nämlich hinsichtlich der Wiederaufnahme der Bedienung der jugoslawischen öffentlichen Schuld.

Die jugoslawische Eegierung hat allerdings alle früheren öffentlichen Schulden einschliesslich der seinerzeit durch Jugoslawien übernommenen Verpflichtungen ; der ehemaligen : österreichisch-ungarischen Monarchie anerkannt. Sie musste jedoch erklären, die Verzinsung dieser Anleihen noch nicht aufnehmen zu können. Wenn auch diese Situation für die interessierten schweizerischen Finanzgläubiger keineswegs befriedigend ist, so wäre es kaum zu verantworten gewesen, die Verhandlungen an diesem Punkt scheitern zu lassen, zumal auch die Vereinigten Staaten von Nordamerika auf eine sofortige Wiederaufnahme des Schuldendienstes verzichtet haben, wiewohl sie durch Beschlagnahme des Goldschatzes der Jugoslawischen Staatsbank ein wirksames Pfand in'Händen gehabt hätten. In einem Verhandlungsprotokoll hat die jugoslawische Delegation den schweizerischen Inhabern jugoslawischer Staatspapiere die Behandlung der meistbegünstigten Nation zugesichert.

Auf Grund .der vorstehenden Ausführungen beehren wir uns, Ihnen die Genehmigung der eingangs erwähnten drei Staatsverträge zu beantragen. Es liegt in der Natur der getroffenen Vereinbarungen, dass die Genehmigung oder · die Verweigerung derselben nur gesamthaft für alle drei Abkommen erfolgen kann. Im Falle Ihrer Zustimmung wäre der mitfolgende Entwurf zu einem Bundesbeschluss ; zum Beschluss zu erheben.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 29. Oktober 1948.

Im Namen des Schweiz. Bundesrätes, Der Bundespräsident: Celio Der Bundeskanzler : Leimgruber

676 (Entwurf)

Bundesbeschluss über

die Genehmigung eines Handelsvertrages, eines Abkommens über den Warenaustausch und den Zahlungsverkehr sowie eines Nationalisierungsabkommens zwischen der Schweiz und Jugoslawien

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 29. Oktober 1948, beschliesst: Art. l Die am 27. September 1948 zwischen der schweizerischen Eidgenossen Schaft und der föderativen Volksrepublik Jugoslawien abgeschlossenen Vereinbarungen, nämlich der Handelsvertrag, das Abkommen über den Warenaustausch und den Zahlungsverkehr sowie das Abkommen betreffend die Entschädigung der durch Verstaatlichungs- und Enteignungsmassnahmen sowie durch andere Einschränkungen betroffenen schweizerischen Interessen in Jugoslawien, werden genehmigt.

Art. 2

Der Bundesrat wird mit dem Vollzug dieses Beschlusses beauftragt.

8222

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend einen Handelsvertrag, ein Abkommen über den Warenaustausch und den Zahlungsverkehr und ein Nationalisierungsabkommen zwischen der Schweiz und Jugoslawien (Vom 29. Oktober 1948)

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1948

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04.11.1948

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