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Bundesblatt 100. Jahrgang.

Bern, den 15. Januar 1948.

Band I.

Erscheint wöchentlich. Preis 38 Franken im Jahr, 15 Franken im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr.

Einrückungsgebühr : 50 Rappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an

Stämpfli & de. in Bern.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes.

(Vom 30 Dezember 1947.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen hiermit als ersten Teil der geplanten Agrargesetzgebung einen Gesetzesentwurf über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes samt Botschaft zu unterbreiten. In der letztern legen wir zunächst die Gründe dar, die uns bewogen haben, Ihnen eine Änderung des geltenden Rechtszustandes in Hinsicht auf den landwirtschaftlichen Grund und Boden vorzuschlagen, und sprechen uns über Zweck und Charakter der Vorlage im allgemeinen aus, während der zweite, besondere Teil der Erläuterung des Gesetzesentwurfs im einzelnen gewidmet ist.

A. Allgemeiner Teil.

Ursachen, Wesen und Ziele der GesetzesYorlage.

I. Entwicklung und Struktur der schweizerischen Landwirtschaft in Hinsicht auf Grund und Boden.

Mehr als irgendein Zweig der Volkswirtschaft ist die -Landwirtschaft mit Grund und Boden verknüpft, aber auch den Naturgesetzen unterworfen.

Mögen Schulung und Kenntnisse des Bauernstandes verbessert, mögen die Methoden der Bebauung vervollkommnet werden, Grundelement der Urproduktion bleibt stets das Land, das ihr zur Verfügung steht, mit seiner verschiedenartigen Beschaffenheit und Fruchtbarkeit, mit den Einflüssen der Jahreszeiten, von Sonne und Eegen, Wärme und Frost. Die in der Natur selbst begründeten Faktoren lassen sich nicht verändern, und auch der Verbesserung des Bodens und Steigerung seiner Ertragsfähigkeit durch techBundesblatt. 100. Jahrg. Bd. I.

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22 nische Mittel sind Grenzen gesetzt. Dies ist besonders bedeutsam in einem kleinen, relativ dicht bevölkerten Lande wie dem unsrigen, das zudem einen beträchtlichen Prozentsatz unproduktiven Areals aufweist (9312 von 41 295 km2) und in welchem weiterer Boden nur noch in sehr beschränktem Umfang urbar gemacht werden kann.

So springt die elementare Bedeutung des Grund und Bodens für das Schicksal der' Landwirtschaft und der in ihr tätigen Bevölkerungskreise in die Augen. Zu ihm weisen alle die mannigfachen und sich mehrenden Probleme, welche die Entwicklung in diesem Bereich mit sieh gebracht hat, eine nähere oder fernere Beziehung auf, sie lassen sich von ihm nie völlig trennen. Im Zusammenhang damit hat sich in neuester Zeit die Einsicht Bahn gebrochen, dass der landwirtschaftlich nutzbare Boden die besondere Aufmerksamkeit des Gesetzgebers verdient; und die Erfahrung hat gelehrt, dass Fehlgriffe des Gesetzgebers und falsche Bodenpolitik sich am Bauernstand wie am schliesslichen Ergebnis der landwirtschaftlichen Produktion rächen. Wohl bildet nach unserem Eechts- und Wirtschaftssystem auch der kulturfähige Boden zum grössten Teil Gegenstand des Privateigentums. Aber er soll, angesichts seiner eminenten volkswirtschaftlichen Bedeutung, nicht wie beliebiges Eigentum behandelt werden, soll nicht als Ware gelten, über die nach freiem Belieben verfügt werden kann; nicht einmal dem städtischen oder sonst überbauten oder zur Überbauung bestimmten Grundbesitz ist er gleichzustellen, an dem die Gemeinschaft nicht ein gleichermassen vitales Interesse hat.

Noch vor 40 Jahren, bei der Schaffung unseres Zivilgesetzbuches, herrschte die privatrechtlich betonte Auffassung des Eigentums vor, im allgemeinen wie auch für den landwirtschaftlichen Boden. Es galt als Ausfluss des Eigentumsbegriffs und demgemäss als ideale und konsequente Lösung, dass der Bauer über sein Land frei verfügen, es verkaufen, aufteilen und beliebig hoch mit Pfandrechten belasten könne. Der Gefahren dieser uneingeschränkten Freiheit war man sich damals kaum bewusst, oder man schenkte ihnen doch nicht die nötige Beachtung. Die Folgen waren eine oft weitgehende Güterzersplitterung und zum Teil die Überschul'dung landwirtschaftlicher Heimwesen. Diese Folgen bemüht sich heute der Gesetzgeber wieder gutzumachen oder doch zu mildern, übrigens
nicht nur bei uns, sondern, wie noch darzutun sein wird, in vielen andern Ländern.

Die rechtlichen Verhältnisse, ihre Veränderungen und ihre Mängel müssen freilich hier wie überall im Lichte der wirtschaftlichen Entwicklung betrachtet werden. Diese verlief in der Schweiz um die Jahrhundertwende und bis zum Ausbruch des ersten Weltkrieges von 1914--1918 im grossen und ganzen ziemlich ruhig und stabil. Verschiedene Faktoren beeinflussten jedoch, und dies in immer zunehmendem Masse, die Lage der Landwirtschaft. Die rapiden Fortschritte der Technik verschafften ihr zwar verbesserte Maschinen und vereinfachten, wenigstens für grössere Betriebe in der Ebene, die Arbeitsmethoden, allein sie trugen auch bei zum mächtigen Aufschwung der Industrie,

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der unvermeidlich zum Teil auf Kosten der Landwirtschaft vor sich geht.

Namentlich wurde das ihr zur Verfügung stehende Kulturland von verschiedenen Seiten bedrängt: durch die Ausdehnung der Städte und überhaupt das gesteigerte Bedürfnis nach Wohnraum, durch die Verbreitung industrieller und gewerblicher Anlagen, durch die Errichtung von Stau- und Kraftwerken, durch den Ausbau des Verkehrsnetzes (Eisenbahnen, Strassen, Plugplätze) und andere Ursachen. Wohl wurde durch ausgedehnte Meliorationen neues Kulturland gewonnen und bestehendes verbessert, aber sie vermochten den Verlust an nutzbarem Boden bei weitem nicht wettzumachen. Dieser führte seinerseits zu einer fortschreitenden Verminderung der in der Landwirtschaft tätigen Bevölkerung. Es kam dazu die Landflucht, die vornehmlich aus der Erwartung günstigerer sozialer Verhältnisse, leichterer Arbeit und grösserer persönlicher Freiheit in der Stadt -zu erklären ist.

Diese Entwicklung hatte wesentliche Verschiebungen im Verhältnis der landwirtschaftlichen zur Gesamtbevölkerung und des landwirtschaftlichen zum Gesamtareal der Schweiz zur Folge. Es ist nicht ohne Interesse, diese Wirkungen anhand einiger statistischer Angaben näher zu verfolgen (als Quellen dienen das statistische Jahrbuch der Schweiz 1944 sowie die vom eidgenössischen Statistischen Amt herausgegebenen Quellen werke, Heft 151, Band 6, enthaltend die Landwirtschaftsbetriebe auf Grund der eidgenössischen Betriebszählung von 1939; dazu Mitteilungen des Schweizerischen Bauernsekretariats in Brugg. Vgl. ferner 0. K. Kaufmann, Das neue ländliche Bodenrecht der Schweiz, St. Gallen 1946; A. Studier, Bessere Betriebsgrundlagen für die schweizerische Landwirtschaft, Aarau 1946).

Die Wohnbevölkerung der Schweiz stieg von 2,9 Millionen Einwohner im Jahre 1888 auf 4 Millionen im Jahre 1929. Das entspricht einer Zunahme von 40 % in 41 Jahren. Im gleichen Zeitraum wuchs die Zahl der Erwerbstätigen von 1,2 auf 1,7 Millionen, d. h. um 45 % an, während die Zahl der in der Land- und Forstwirtschaft Beschäftigten zugleich von 488 000 auf 413 000, d. h. um 13 %, zurückging. Dementsprechend sank der auf die Land- und Forstwirtschaft entfallende Anteil der Erwerbstätigen im genannten Zeitraum von 40 % auf 23 %.

Ein entsprechendes Bild ergeben die Betriebszählungen. Im Jahre 1905 zählte man in der Schweiz
243 710 Landwirtschaftsbetriebe von mehr als einer halben Hektar Grosse, im Jahre 1939 noch 210 327 solcher Betriebe.

Ihre Zahl hatte sich demnach in wenig mehr als drei Jahrzehnten um 33 383 vermindert, was einem durchschnittlichen Eückgang von ungefähr 1000 Betrieben im Jahr entspricht. Für ebensoviele Bauemfamilien fiel damit die Möglichkeit einer selbständigen ökonomischen Existenz dahin. Wie bedenklich eine solche Entwicklung vom volkswirtschaftlichen und sozialen Standpunkt auf die Dauer ist, leuchtet ohne weiteres ein.

Über die Zu- und Abnahme der Betriebsgrössen im gleichen Zeitraum geben folgende Zahlen Aufschluss:

24 0,5-- 8 3 -- 5 . 5 --10 10 --15 15 --30 über 30

ha » » » » »

1905

1989

100390 40 062 55467 19 763 14744 7284

72444 36 764 59044 23 911 15492 2657

237 710

210 312

Zu- oder Abnahme

--27946 -- 3 298 + 3577 + 4148 ' + 748 -- 4 627

--27,8% -- 8 % + 6,4% +21 % + 5 % --63 %

Die Statistik vermittelt ferner interessante Aufschlüsse über die Grössenverhältnisse der schweizerischen Landwirtschaftsbetriebe. Die Betriebszählung von 1939 zeitigte folgende Ergebnisse: 1. Kleinpflanzer-Betriebe unter 0,5 ha Nutzfläche: rund 28 000 Betriebe = 1/9 (11,8 %) aller Betriebe.

2. Zwergbetriebe mit 0,5 bis 3 ha Nutzfläche: rund 72000 Betriebe = 3/10 (30,4%) aller Betriebe.

3. Kleinbetriebe mit 3--5 ha Nutzfläche: rund 37 000 Betriebe = % (15,4 %) aller Betriebe.

4. Kleine Mittelbetriebe mit 5--10 ha Nutzfläche: rund 59 000 Betriebe = % (24,7 %) aller Betriebe.

5. Mittelbetriebe mit 10--20 ha Nutzfläche: rund 33 000 Betriebe = 1/7 (14,0 %) aller Betriebe.

6. Grössere Betriebe mit über 20 ha Nutzfläche: nur 8700 Betriebe = % (3,6 %) aller Betriebe.

Demnach verfügen mehr als die Hälfte aller schweizerischen Landwirtschaftsbetriebe, nämlich 57,6 %, über weniger als 5 ha Land. Die Schweiz ist somit ein ausgesprochenes Land des Kleinbetriebes, und das schweizerische Landwirtschaftsgewerbe charakterisiert sich zur Hauptsache als Familienbetrieb. Damit stimmt überein, dass 78 % aller männlichen und 93 % aller weiblichen landwirtschaftlichen Arbeitskräfte 1939 Familienangehörige waren; die fremden Arbeitskräfte machten lediglich 22 % und 7 % aus. Nur etwas mehr als 1/5 der Landwirtschaftsbetriebe arbeitete in diesem Zeitpunkt mit ständigen fremden Arbeitskräften, meist nur mit einem Knecht oder einer Magd.

Besonderes Interesse für die Gestaltung des künftigen Bodenrechts beansprucht sodann eine Betrachtung des Verhältnisses von Eigentümer- und Pachtbetrieben, zumal angesichts der öfters geäusserten Befürchtungen, die neue Gesetzgebung ziele auf eine zu einseitige Bevorzugung der Eigentümerbetriebe hin und werde die Pacht landwirtschaftlicher Heimwesen immer mehr in den Hintergrund drängen.

Nach der Betriebszählung von 1939 standen in diesem Zeitpunkt 77 % der bewirtschafteten Bodenfläche der Schweiz im Eigentum des Bewirtschafters, 22 % waren verpachtet und l % in Nutzniessung gegeben. Das

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normale Verhältnis von Eigentum und Pacht wird im allgemeinen mit 6 : l angenommen; dieses Verhältnis ist in der Schweiz demnach bereits zugunsten der Pacht verschoben. Ganz auffallend ist aber die starke Veränderung des Verhältnisses in dem kurzen Zeitraum von 10 Jahren, 1929--1939, wo dieZahl der Eigentümerlandwirte, die avtsschliesslich eigenes Land bebauten, um rund 8000 zurückging, während die Zahl der Pächterbetriebe (mit Vollpacht) um mindestens 4000 zunahm. Das eigene Land aller Landwirtschaftsbetriebe verminderte sich in derselben Zeitspanne von l 065 800 auf l 017 312 ha, da» Pachtland aber vermehrte sich von 237 940 auf 309 888 ha. Diese einseitige Entwicklung geht übrigens schon auf einen längeren Zeitraum zurück.

Im ganzen ergibt sich also eine überdurchschnittliche Ausdehnung der landwirtschaftlichen Pacht und, wenigstens bis 1939 als dem Zeitpunkt der letzten Erfassung, eine starke Zunahme. Das Verhältnis ist übrigens verschieden nach Kantonen; am geringsten ist die Pacht in Uri und Wallis verbreitet, wo sie bloss 10% aller Betriebe umfasst. Im schweizerischen Durchschnitt erweist die Betriebszählung von 1929--1939 eine Vermehrung des Pachtlandes um 71 000 ha oder, sofern die Alpweiden ausgeschaltet werden, immer noch von 40 000--50 000 ha. Ihr steht eine entsprechende Verminderung des vom Eigentümer selbst bewirtschafteten Landes gegenüber. Es fand also eine starke Umschichtung auf Kosten der Berufslandwirte und zugunsten von Nichtlandwirten statt. Diese Erscheinung wird bei der künftigen Ordnung der bodenrechtlichen Verhältnisse nicht unberücksichtigt bleiben dürfen.

Die einigermassen stabile wirtschaftliche Entwicklung der schweizerischen Landwirtschaft wurde seit Beginn dieses Jahrhunderts nicht nur durch zwei Weltkriege unterbrochen, sondern in der Zwischenzeit auch durch die Krise der dreissiger Jahre gestört. Ungesunde Erscheinungen machten sich in zunehmendem Masse geltend, insbesondere die Jagd nach landwirtschaftlichen Heimwesen mit Preistreibereien, Überzahlungen und nicht selten daraus folgender Überschuldung. Die Lage spitzte sich in einer Weise zu, dass, auch abgesehen von der staatlichen Intervention in gewissen Gebieten der Produktion, der Versorgung der Bevölkerung und der Preisgestaltung, die Landwirtschaft nicht mehr sich selbst überlassen werden konnte.

u. Bisher
getroffene gesetzgeberische Massnahmen.

Die der Landwirtschaft drohenden Gefahren und die Schwierigkeiten, vor die sich viele Landwirte gestellt sahen, veranlassten die Bundesbehörden schon in den vergangenen Jahren mehrfach, auf dem Gebiete der Eechtsgesetzgebung einzugreifen, teils mit Massnahmen vorübergehender Art, teils mit dauernden gesetzlichen Lösungen.

1. Unter den v o r ü b e r g e h e n d e n Massnahmen mag vorweg, aus der dem letzten Krieg vorangegangenen Krisenzeit, der dringliche Bundesbeschluss vom 13. April 1933 über vorübergehende rechtliche Schutzmassnahmen für notleidende Bauern erwähnt werden, der bald durch denjenigen vom 28. Sep-

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tember 1934 mit gleichlautendem Titel ersetzt wurde. Diese Beschlüsse führten ein bäuerliches Sanierungsverfahren ein in Form eines ausgebauten Nachlassvertrages, in den auch die pfandversicherten Forderungen einbezogen werden, um zu verhüten, dass der Schuldner wegen entschuldbarer Eückstände auf Hypothekarzinsen oder Kapitalrückzahlungen von Haus und Hof getrieben werde. Hier tritt schon der Gedanke der Erhaltung der bäuerlichen Existenz für einen dieser Schonung würdigen Schuldner deutlich zutage. Der Bundesbeschluss von 1984 wurde in seiner Geltungsdauer wiederholt verlängert, zuletzt durch den Bundesratsbeschluss vom 17. Dezember 1943, der die Überbrückung zum Entschuldungsgesetz schuf (vgl. auch Art. 113 des letztern).

Die Anwendung des Sanierungsbeschlusses ist freilich infolge der veränderten Konjunktur seit langem seltener geworden.

Einem andern Schutzgedanken, nämlich der möglichsten Verhütung der Spekulation mit landwirtschaftlichen Gütern, diente die Einführung einer Sperrfrist, d. h. des Verbotes, landwirtschaftliche Grundstücke vor Ablauf von sechs Jahren seit dem Erwerb als Ganzes oder in Stücken zu veräussern. Als Abänderung des Art. 218 des Obligationenrechts wurde diese Vorschrift nach der Abwertung des Schweizerfrankens, als solche Spekulationskäufe besonders zu befürchten waren, durch den Bundesratsbeschluss vom 16. Oktober 1936 über den Verkehr mit landwirtschaftlichen Grundstücken gestützt auf den Bundesbeschluss vom 29. September 1936 über wirtschaftliche Notmassnahmen aufgestellt und später, am 1. Dezember 1942, in einen auf Art. 3 des Bundesbeschlusses vom 30. August 1939 über Massnahmen zum Schütze des Landes und zur Aufreehthaltung der Neutralität sich stützenden Vollmachtenbeschluss umgewandelt.

Der letzte Krieg mit seinen Begleiterscheinungen und Gefahren zwang dann zu einschneidenderen Massnahmen, die namentlich auf eine noch vermehrte Stabilisierung der Besitzverhältnisse im Interesse des Anbaus hinzielten. So erliess der Bundesrat am 19. Januar 1940 den Beschluss über Massnahmen gegen die Bodenspekulation und die Überschuldung sowie zum Schütze der Pächter, der sukzessive am 20. Dezember 1940, am 7. November 1941, am 29. Oktober 1943 und am 25. März 1946 teils ergänzt und erweitert, teils wieder eingeschränkt wurde. Der Beschluss unterwirft die Übertragung des
Eigentums an landwirtschaftlichen Grundstücken einer behördlichen Genehmigung. Er hat weiter für diese Grundstücke die Belastungsgrenze eingeführt, wonach eine neue Belastung im allgemeinen nur bis zur Höhe des Schätzungswertes, d. h. des Ertragswertes mit einem allfälligen Zuschlag von höchstens 25 % gestattet wird. Die entgeltliche Liegenschaftsvermittlung bedarf einer von der kantonalen Behörde zu erteilenden Konzession. Für Pachtverträge wurde eine minimale Dauer von fünf Jahren vorgeschrieben und das Kündigungsrecht eingeschränkt; der letzte Beschluss hat jedoch nur eine dreijährige Minimaldauer der Pachtverträge beibehalten und im übrigen auf den Pächterschutz verzichtet.

27 ·2. Dauernde Massnahmen hat das Bundesgesetz vom 12. Dezember 1940 über die Entschuldung landwirtschaftlicher Heimwesen gebracht, das auf den 1. Januar 1947 in Kraft getreten ist. Die Entschuldung selbst, d. h. die Tilgung und Amortisation der den Schätzungswert übersteigenden Grundpfandforderungen, wird sich freilich im Einzelfall in einem Zeitraum von 20 bis 25 Jahren abwickeln und dann abgeschlossen sein. Wirklich bleibenden Charakter dagegen haben die Massnahmen, die das Gesetz zur Verhütung künftiger Überschuldung vorsieht, und zwar allgemein, unabhängig davon, ob ein Kanton die Entschuldung auf seinem Gebiet überhaupt durchführt. Jene Massnahmen sind wiederum die Belastungsgrenze, sodann ein Ausbau der Bestimmungen des Zivilgesetzbuches über das bäuerliche Erbrecht und endlich die Sperrfrist, die ebenfalls konsolidiert wird.

m. Ausländische Bestrebungen und Lösungen.

Eine umfassende Darstellung der neuern ausländischen Agrargesetzgebung ist im Eahmen der vorhegenden Botschaft weder möglich noch erforderlich. Indessen liegt es nahe, einen Blick auf die neueste Entwicklung in Hinsieht auf die bodenrechtlichen Verhältnisse einzelner Staaten zu werfen, die sieh vor ähnliche Aufgaben wie wir selbst gestellt sehen, und sich Rechenschaft davon zu geben, welche Wege dort eingeschlagen worden sind oder eingeschlagen werden sollen. Es zeigt sich dabei, dass vielfach die überlieferte Gesetzgebung nicht mehr ausreicht und neue Gedanken sich Bahn brechen.

Wir stützen uns in den nachfolgenden, freilich nur summarischen Hinweisen vornehmlich auf Berichte unserer Gesandtschaften und solche in der Presse, ohne freilich die Genauigkeit der Quellen überall nachprüfen zu können (nützliche Angaben enthält auch das oben zitierte Werk von 0. K. Kaufmann über das neue ländliche Bodenrecht der Schweiz, S. 75 ff., 245 ff. und 342 ff.).

In Frankreich haben die infolge der Eevolution in bezug auf das Grundeigentum eingetretenen Umwälzungen gemeinsam mit dem Grundsatz der Gleichberechtigung aller Erben und der häufigen Realteilung ein Vorherrschen des Kleinbetriebes herbeigeführt. Heute umfassen fast % aller Bauernbetriebe weniger als 10 ha. Dabei ist allerdings, wie in der Schweiz, eine Abnahme der Kleinbetriebe und eine leichte Zunahme der Mittelbetriebe zu verzeichnen. 60 % des landwirtschaftlichen Bodens
gehören dem Betriebsinhaber, während der übrige Teil in Pacht oder Teilpacht steht. Im 19. Jahrhundert ist die Zentralisierung des Hypothekarwesens durch die Schaffung des crédit foncier im Jahre 1851 von grösster Bedeutung geworden.

Die letzten Jahrzehnte haben mehrfache Änderungen gebracht. Die «loi Chauveau» vom 27. November 1918 «ayant pour objet de faciliter le remembrement de la propriété rurale» -- später ersetzt durch ein décret-loi von 1935 -- soll die Güterzusammenlegung erleichtern. Die Förderung des Kleingrundbesitzes wurde durch ein Gesetz vom 81. Oktober 1919 angestrebt. Die praktischen Auswirkungen dieser «loi autorisant les départements et les communes à acquérir des terrains et des domaines ruraux, à les lotir et à les re-

28 vendre en vue de faciliter l'accession à la petite propriété des travailleurs et des personnes peu fortunées» waren allerdings nicht sehr bedeutend. Durch ein Gesetz vom 7. Februar 1938 und ein Dekret vom 17. Juni 1988 wurde im bäuerlichen Erbrecht die ungeteilte Übernahme kleinerer Güter durch einen Erben vorgesehen. Endlich hat in neuester Zeit das Gesetz vom 16. November 1940 «relative aux opérations immobilières» die behördliche Genehmigungspflicht durch die Präfektur für allé Handänderungen vorgeschrieben.

Spanien hat am 23. März 1935 ein umfassendes Gesetz über die landwirtschaftliche Pacht erlassen, wonach die Pachtdauer mindestens während eines Produktionszyklus der Wechselwirtschaft, auf alle Fälle vier Jahre, dauert und der Pächter ein Jahr vor Ablauf die Verlängerung des Vertrages verlangen kann, die zu bewilligen ist, sofern nicht besondere Gründe (wie Nichtbezahlung des Pachtzinses, Misswirtschaft des Pächters, Übergang des Verpächters zur Selbstbewirtschaftung) dagegen sprechen. Der Pachtvertrag geht auch auf den Käufer des Pachtgutes über.

In Belgien überwiegt die Pacht; drei Fünftel des landwirtschaftlichen Bodens sind verpachtet. Das Pachtgesetz vom 7. März 1929 setzte in Abänderung des Code civil die Mindestdauer für neue Pachtverträge auf neun Jahre fest. Dem Pächter kann ein früheres Kündigungsrecht vertraglich zugestanden werden, dem Verpächter jedoch nur, wenn er zur Selbstbewirtschaftung übergehen will. Bei Veräusserung des Pachtgutes hat der Käufer den Pachtvertrag zu übernehmen. In der Art der Bewirtschaftung gesteht das belgische Gesetz dem Pächter grosse Freiheit zu.

Auch in den N i e d e r l a n d e n hat die Pacht grosse Bedeutung und umfasst etwa die Hälfte des landwirtschaftlichen Bodens. Sie wurde durch Gesetz vom 31. Mai 1937 neu geordnet. Die neu abgeschlossenen Pachtverträge werden grundsätzlich der richterlichen Prüfung unterworfen. Der Bichter kann den Vertrag auflösen, wenn er die dem Pächter auferlegten Pflichten für untragbar erachtet und eine Einigung der Parteien nicht gelingt. Eigenartig ist die Pachtdauer geregelt. Ohne besondere Bewilligung dürfen keine Pachten auf bestimmte Zeit abgeschlossen werden, und die Kündigung des Vertrages ist nur aus hinreichenden Gründen unter gegenseitiger Abwägung der Interessen der Parteien zulässig. Einen Kündigungsgrund
bildet der Übergang des Verpächters zur Selbstbewirtschaftung oder seine Absicht, das Pachtgut einem Nachkommen oder dessen Ehegatten zur Bewirtschaftung zu überlassen.

Darüber hinaus kann aber die Pacht je im ersten Jahr einer zehnjährigen Periode frei gekündigt werden.

Bei Betrachtung der Verhältnisse in England darf nicht ausser acht gelassen werden, dass der Landwirtschaft in diesem Lande nicht die nämliche Stellung wie bei uns zukommt, wenn auch ihre Bedeutung während des Krieges gestiegen ist. 1931 waren in der englischen Landwirtschaft nur noch 6,4 % der werktätigen Bevölkerung beschäftigt. England ist ausgesprochener Industriestaat. Dies bildet neben anderem einen Grund dafür, dass das englische Agrarrecht nicht eine analoge Entwicklung wie diejenige anderer mo-

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derner Gesetzgebungen aufweist. Der Grossgrundbesitz, der noch heute starke feudalrechtliche Züge aufweist, wiegt vor. Im Jahre 1980 machten die Betriebe von über 40 ha Grosse 66,8 % des Kulturlandes aus. Nun wird aber auf dem Wege der Erbteilung eine allmähliche Verminderung des Grossgrundbesitzes angestrebt. Während bis 1925 der Grundbesitz dem ältesten Sohn oder dessen Nachkommen zufiel, unterliegt er nun den allgemeinen erbrechtlichen Teilungsvorschriften. Davon ausgenommen ist jedoch der immer noch bedeutende Teil des englischen Grundbesitzes, der in fideikommissarischem Eigentum steht und der sich weder nach der gesetzlichen Erbfolge noch nach Testament, sondern nach den Grundsätzen des Fideikommisses vererbt.

Auch das englische Pachtrecht weist einen besondern Charakter auf.

Die Pacht ist ausserordentlich verbreitet. Sie wird nicht von der Miete unterschieden. Das Land wird, formell genommen, in der Eegel von Jahr zu Jahr verpachtet; tatsächlich dauert aber das Pachtverhältnis meist sehr lange, oft über Generationen, und wird nur aus wichtigen Gründen aufgelöst. Im Falle des Verkaufs geht der Pachtvertrag auf den Käufer über. Unter bestimmten Voraussetzungen ist eine Zwangspacht vorgesehen. Im ganzen hat sich die Bedeutung der Pacht als Eechtsform der Landnutzung vermindert; der Eigenbesitz der Landwirte ist von 10,6 % im Jahre 1918 auf 36 % im Jahre 1927 angestiegen.

Die Notwendigkeit einer Beibehaltung der lokalen Ackerbauberatungsund Kontrollstellen wird befürwortet. Landwirte, die der Bewirtschaftungspflicht nicht nachkommen, können unter Betriebsaufsicht gestellt werden (compulsory direction). Sofern deren Anordnungen nicht Folge geleistet wird, ist der Entzug des Landes vorgesehen (dispossession), bei Pächtern die Auflösung des Pachtvertrages. Über Einsprachen der Betroffenen entscheidet ein Verw altungsgericht.

Eine allseitig befriedigende Lösung scheint noch nicht gefunden worden zu sein. England will seine Landwirtschaft nicht der Gefahr des Zerfalls aussetzen; es hat die politische und wirtschaftliche Bedeutung eines leistungsfähigen, gesunden Bauernstandes erkannt. Zweifellos sind Ansätze zu einer Entwicklung vorhanden, die dem selbständigen Bauern sowie dem kleineren und mittleren Pachtbetrieb eine ausreichende Existenzgrundlage bieten soll.

Bemerkenswert ist die Entwicklung
in Irland, wo durch eine tiefgreifende Agrarreform die noch im letzten Jahrhundert fast ausschliesslich vorherrschende Pacht umgestaltet wurde. Gesetzliche Massnahmen brachten im Zeitraum von 1870 bis 1896 das Verbot der willkürlichen Kündigung, die freie Übertragbarkeit des Pachtrechts auf einen neuen Pächter und die periodische staatliche Neufestsetzung der Pachtzinse. Letztere wurden im Laufe dieser Entwicklung durchschnittlich um etwa einen Drittel herabgesetzt. Wurde schon durch diese Massnahmen die Stellung des Pächters derjenigen des Eigentümers angenähert, so ebnete ihm die neueste Entwicklung den Weg, um mit staatlicher Hilfe das Pachtgut zu Eigentum zu erwerben, indem der Staat unter gewissen Be-

30 dingungen den Verpächter abfindet und dem Pächter gegen eine jährliche Kente das Land zu freiem Eigentum überlässt.

Weniger umwälzend ging die Entwicklung in Schottland vor sich, wo wir eine einseitige Ordnung des Kündigungsrechts treffen, in dem Sinne, dass dem Pächter die freie Kündigung mit einjähriger Frist zusteht, während der Verpächter nur bei Nichtbezahlung des Pachtzinses kündigen kann.

Eine ausserordentlich rege Tätigkeit auf dem Gebiete der Landwirtschaft entfaltet auch die Eegierung der Vereinigten Staaten von Amerika, insbesondere ihr Landwirtschaftsdepartement. Aus der grossen Zahl gesetzgeberischer und anderer Massnahmen sind namentlich zu erwähnen die Stützung der Preise landwirtschaftlicher Produkte, die Bewilligung von Sonderkrediten, sodann soziale Massnahmen zur Besserung der wirtschaftlichen Existenz des Bauernstandes und endlich die staatliche Förderung und Stützung der Landwirtschaft durch Errichtung von Versuchsanstalten, durch technische Beratung von Landwirten und durch Schutzmassnahmen gegen Naturgewalten (Überschwemmung, Erosion usw.). Da diese Massnahmen indessen nicht das Bodenrecht im eigentlichen Sinne betreffen, soll hier nicht weiter darauf eingegangen werden. Immerhin lässt sich feststellen, dass auch in den Vereinigten Staaten weitreichende, mit grossen finanziellen Mitteln unternommene Bestrebungen auf die Schaffung eines gesunden und selbständigen Bauernstandes hinzielen. Die Hilfe, die Pächtern und Kriegsveteranen beim Erwerb eines eigenen Betriebes gewährt wird, zeigt, welche Bedeutung sogar im Lande der Mammutbetriebe kleineren und mittleren landwirtschaftlichen Unternehmen zuerkannt wird.

In Deutschland hatte schon die Weimarer Eepublik angesichts der Gefahren überhandnehmender Industrialisierung die dringende Notwendigkeit einer Lösung des Agrarproblems erkannt. Charakteristisch dafür ist Art. 155 der Weimarer Verfassung vom 11. August 1919, der wie folgt lautet: Die Verteilung und Nutzung des Bodens wird von Staates wegen in einer Weise überwacht, die Missbrauch verhütet und dem Ziele zustrebt, jedem Deutschen eine gesunde Wohnung und allen deutschen Familien, besonders den kinderreichen, eine ihren Bedürfnissen entsprechende Wohn- und Wirtschaftsheimstätte zu sichern.

Kriegsteilnehmer sind bei dem zu schaffenden Heimstättenrecht besonders zu
berücksichtigen.

Grundbesitz, dessen Erwerb zur Befriedigung des Wohnungsbedürmisses, zur Förderung der Siedlung und Urbarmachung oder zur Hebung der Landwirtschaft nötig ist, kann enteignet werden. Die Pideikommisse sind aufzulösen.

Die Bearbeitung und Ausnutzung des Bodens ist eine Pflicht des Grundbesitzers gegenüber der Gemeinschaft. Die Wertsteigerung des Bodens, die ohne eine Arbeitsoder Kapitalaufwendung auf das Grundstück entsteht, ist für die Gesamtheit nutzbar zu machen.

Alle Bodenschätze und alle wirtschaftlich nutzbaren Naturkräfte stehen unter Aufsicht des Staates. Private Regale sind im Wege der Gesetzgebung auf den Staat zu überführen.

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Bekanntlich ist die Weimarer Verfassung nie formell ausser Kraft gesetzt worden. Aber das in Art. 155 enthaltene Bodenreformprogramm konnte nur in bescheidenem Umfang verwirklicht werden. Ein Beschluss, jährlich 10 000

31 neue «Bauernstellen» (Bauernsiedlungen) zu gründen, scheint nicht Erfolg gehabt zu haben. Man unterliess es bis 1933, wirksame Massnahmen gegen die Bodenzersplitterung zu ergreifen. Der Hypothekarkredit lastete schwer auf der deutschen Landwirtschaft. Unter dem nationalsozialistischen Eegime wurde dann das Eeichserbhofgesetz vom 29. September 1933 erlassen, und die Bekanntmachung des Bundesrates vom 15. September 1918 über den Verkehr mit landwirtschaftlichen Grundstücken wurde durch die Grundstückverkehrsbekanntmachung vom 26. Januar 1937 abgeändert.

Wie die durch den Krieg unterbrochene Entwicklung in Deutschland verläuft, lässt sich im ganzen noch nicht mit Sicherheit überblicken. Die Besetzungsbehörden fassten Landreformen ins Auge, vornehmlich mit dem Ziel, den in manchen Gegenden noch ausgedehnten Grossgrundbesitz auszuschalten.

Mit ihrer Zustimmung sind von den deutschen Behörden bereits entsprechende Erlasse herausgegeben worden. Nach den bis jetzt vorliegenden Quellen ist dabei zwischen der russisch besetzten und den übrigen Zonen zu unterscheiden.

In der ersteren haben die Landesverwaltungen von Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Thüringen im September 1945 ziemlich gleichlautende Verordnungen über die Bodenreform erlassen, «um den Forderungen der werktätigen Bauern auf gerechte Verteilung des Bodens und zur Liquidierung des Grossgrundbesitzes der Junker, Feudalherren, Fürsten und Grundbesitzer in Deutschland nachzukommen». Die Eeform soll, so erklären der Ingress und die ersten Artikel, «den jahrhundertealten Traum der landlosen und landarmen Bauern auf Übergabe des Gutslandes in ihr Eigentum verwirklichen»; sie wird als eine unaufschiebbare nationale, wirtschaftliche und soziale Notwendigkeit bezeichnet. Der Grundbesitz soll sich künftig auf feste, gesunde und produktive Bauernwirtschaften stützen, die das Privateigentum ihrer Besitzer sind. Dieses Ziel soll erreicht werden durch Vergrösserung der Ackerfläche der bestehenden Bauernhöfe, die weniger als 5 ha umfassen, durch Schaffung neuer selbständiger Bauernhöfe und durch Zuteilung von Land an Umsiedler und Flüchtlinge, die im Kriege Haus und Hof verloren. Der Boden der Junker und Feudalherren sowie der 100 ha übersteigende Teil des Grossgrundbesitzes soll entschädigungslos enteignet und aufgeteilt werden. Bei der Zuteilung
haben kinderreiche Familien unter sonst gleichen Bedingungen den Vorrang ; ein beschränkter Teil des freiwerdenden Bodens soll Industriearbeitern, Angestellten und Bauern in Kleinparzellen bis zu einer halben Hektar überlassen werden. Die Bedachten erhalten das Land gegen Entschädigung frei von Schulden, sie dürfen es jedoch, bestimmte Ausnahmen vorbehalten, weder teilen noch verkaufen, verpachten oder mit Hypotheken belasten.

Nach uns zugegangenen Meldungen wurden in der russischen Zone durch die genannten Erlasse ca. 6300 private und ca. 1000 staatliche Grossbetriebe mit einer Gesamtfläche von 2,6 Millionen ha erfasst. 270 000 neue «Bauernstellen» wurden eingerichtet und darüber hinaus 60 000 Landanteile an landwirtschaftliche Arbeiter und Angestellte abgegeben.

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In den übrigen Teilen Deutschlands bahnt sich die Bodenreform in gemilderten Formen an. Der Länderrat für die drei Länder der amerikanischen Zone, Bayern, Württemberg-Baden und Grosshessen, hat im September 1946ein «Gesetz zur Beschaffung von Siedlungsland» angenommen, das bisher in Grosshessen in Kraft gesetzt worden ist. Darnach wird das nötige Land vom Grundbesitz über 100 ha Nutzfläche in einer mit -der Grosse wachsenden Abstufung genommen, und zwar auch vom Grundbesitz des Staates und der öffentlichen Körperschaften; ferner können Betriebe einbezogen werden, die anhaltend schlecht bewirtschaftet werden oder die ständig verpachtet sind.

Dem bisherigen Eigentümer wird eine Entschädigung nach dem Ertragswert bezahlt.

Durch Gesetz vom 20. Februar 1947 hat der Alliierte Kontrollrat das Erbhofgesetz aufgehoben. Infolgedessen trat für das Erbrecht wieder der Zustand vor 1933 ein. Dagegen macht das neue Gesetz die Veräusserung, Belastung und Verpachtung landwirtschaftlicher Grundstücke von einer staatlichen Genehmigung abhängig, die insbesondere zu versagen ist, wenn die Veräusserung die ordnungsgemässe Bewirtschaftung zum Schaden der Volksernährung gefährden würde oder wenn der Gegenwert in einem groben Missverhältnis zum Wert des Grundstückes steht. Das neue Gesetz statuiert nun auch die Bewirtschaftungspflicht ; wird nämlich ein landwirtschaftliches Grundstück nicht benützt oder nicht vorschriftsgemäss bewirtschaftet, so kann die zuständige Behörde die Überwachung der Wirtschaft durch eine Aufsichtsperson oder die Wirtschaftsführung durch einen Treuhänder anordnen oder endlich den Nutzungsberechtigten verpflichten, das Grundstück^fganz oder teilweise einem geeigneten Landwirt zu verpachten.

Tiefgreifende Agrarreformen mehr oder weniger revolutionären Charakters nehmen wir in den osteuropäischen Staaten wahr, wo der russische Einfluss sieh geltend machte und heute unter der russischen Besetzung zu radikalen Neuerungen führen wird. Von einer Darlegung der russischen Agrarverfassung selbst ist hier abzusehen, da sie als grundlegend verschieden keine Schlüsse in bezug auf unsere Verhältnisse erlaubt ; übrigens scheint auch in Eussland die Entwicklung sich noch im Flusse zu befinden. Einflüsse auf die osteuropäischen Staaten sind aber unverkennbar. Weitaus vorherrschend war in diesen Staaten bis zum
ersten Weltkrieg noch der aus der Feudalzeit stammende Grossgrundbesitz des Adels. Aber dieser hatte seine frühere öffentlichrechtliche Stellung eingebüsst, und der Grossgrundbesitz war zu rein privatrechtlichem Eigentum geworden, das vom sozialen Standpunkt seine Aufgabe nicht mehr erfüllte. Dazu kamen nationalistische Tendenzen, da der Boden vielfach Ausländern gehörte. Seine Neuverteilung soll einem neuen Bauernstand die Existenz auf eigener Scholle ermöglichen. Auch wo nicht radikale Umwälzungen wahrzunehmen sind, tritt überall das Bestreben nach Schaffung kleiner und mittlerer Betriebe hervor.

Ungarn hat durch Verordnung der provisorischen Nationalregierung vom

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15. März 1945 über die Abschaffung des Grossgrundbesitzes und die Zuwendung von Grundbesitz an das ackerbauende Volk eine durchgreifende Bodenreform eingeleitet, die, ähnlich wie in Deutschland, die demokratische Umwandlung und zukünftige Entwicklung des Landes sichern und «den Weg zum politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und geistigen Aufstieg der seit Jahrhunderten unterdrückten ungarischen Bauernschaft verwirklichen» soll.

Sämtlicher landwirtschaftlicher Grundbesitz, dessen Grosse 100 Katastraljoch (ungefähr 56 ha) übersteigt, wird zu Zwecken der Bodenreform grundsätzlich gegen Entgelt «in Anspruch genommen». Bis zur Höhe von 1000 Katastraljoch beliess man den frühern Grundbesitzern 100 Joch, wogegen Güter über 1000 Joch entschädigungslos enteignet wurden. Der Empfänger erhält das Land frei von Belastungen, zahlt aber als Entgelt das Zwanzigfache des auf Grund des Weizenpreises bestimmten Eeinertrages in den sog. Bodenregulieruiigsfonds, aus dem wieder die enteigneten Grundbesitzer entschädigt werden.

Das im Einzelfall zugeteilte Areal darf die Fläche nicht übersteigen, die von der Bauernfamilie unter Berücksichtigung der Qualität und der Bewirtschaftungsart aus eigener Kraft bearbeitet werden kann. Dem Bedachten, der während zweier Jahre die Bebauung des zugeteilten Bodens vernachlässigt, kann er wieder entzogen werden. Diese Bodenreform hat das Gesicht des frühern feudalen Agrarstaates völlig verändert.

Jugoslawien ist ähnlich vorgegangen durch ein vom Parlament am 28. August 1945 angenommenes Gesetz über Bodenreform und Kolonisation, demzufolge Grundbesitz von mehr als 35 ha Kulturland zur Bildung oder Vergrösserung von Kleinbetrieben herangezogen wird. Für eine Bauernfamilie ·werden 8 bis 12 ha Kulturland zugeteilt. Mit Zustimmung der Beteiligten kann eine gemeinsame Bewirtschaftung mehrerer Heimwesen Platz greifen.

Ein rumänisches Gesetz vom Juli 1945 ermöglichte Landverteilungen an die Bauern in einem Ausmass von 1120 000 ha ; von der Aufteilung wurden Betriebe von über 50 ha betroffen.

Ähnlich erfolgte in der Tschechoslowakei eine Aufteilung von Gütern über 80 ha. Auf eine weitergehende Zerstückelung wurde verzichtet, um die Betriebe in einer lebensfähigen Grosse zu erhalten und die Weiterführung der bisherigen Bewirtschaftungsweise zu gewährleisten.

Polen hat durch
zwei Verordnungen vom 6. September 1944 und 29. März 1945 eine Agrarreform eingeleitet, deren Ziel ebenfalls in der Schaffung kleinerer, lebens- und leistungsfähiger Betriebe hegt. Als normale Grosse sind 5 ha vorgesehen. Zu kleine Betriebe sollen auf diesen ungefähren Umfang vergrössert und zahlreiche neue gebildet werden. Der Bauer erhält das Land zu unbelastetem Privateigentum, das er aber nicht aufteilen, verkaufen, verpachten oder verpfänden darf. Das erforderliche Land wird durch entschädigungslose Enteignung bestimmten Grund und Bodens beschafft, der insbesondere auch der bisherige private Grundbesitz unterliegt, soweit er 100 ha im allgemeinen oder 51 ha pflügbares Land übersteigt.

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Unter den nordischen Ländern sei Finnland erwähnt, das schon seit 1909 die Genehmigung neuer Pachtverträge und die Festsetzung angemessener Pachtzinse durch kommunale Pachtausschüsse kennt. Die Pachtdauer beträgt in der Eegel 50, ausnahmsweise 25 Jahre. Durch ein Gesetz vom 3. März 1936 wurde den Pächtern, die ein Gut seit mindestens 15 Jahren bewirtschaften, ein Kaufsrecht eingeräumt; der Staat fördert den Landkauf der Pächter durch Gewährung von Tilgungshypotheken.

Besonderer Beachtung wert ist sodann die neueste Entwicklung in Schweden, die in einem am 1. Januar 1946 in Kraft gesetzten, zunächst allerdings nur bis Ende 1948 geltenden Gesetz vom 21. Dezember 1945 über die Beschränkung -des Eechts zum Erwerb landwirtschaftlicher Grundstücke Ausdruck gefunden hat. Dieses Gesetz berührt uns um so näher, als es nicht nur die nämlichen Ziele verfolgt, die bei uns angestrebt werden, sondern auch auf rechtlichen Grundauffassungen beruht, die den beiden Ländern gemeinsam sind. Die Mittel, mit denen das Gesetz seinen Zweck verfolgt, weisen eine überraschende Ähnlichkeit mit den bei uns während des letzten Krieges auf dem Vollmachtenweg getroffenen Massnahmen auf. Diese, Wahrnehmung ist um so bemerkenswerter, als auch Schweden nach wie vor als Ausgangspunkt die Freiheit des Eigentümers in der Verfügung über sein Eigentum anerkennt; aber, es ist zur Einsicht gelangt, dass diese Freiheit in Hinsicht auf den landoder forstwirtschaftlich nutzbaren Boden keine schrankenlose sein darf, soll nicht das Interesse des Landes gefährdet werden. Die gebieterische Notwendigkeit, die Versorgung des Landes aus eigenen Produkten so weit als möglich sicherzustellen, hat demgemäss zu erheblichen Einschränkungen der Verfügungsmacht des Eigentümers geführt.

Der Gesetzgeber will nach Möglichkeit dafür sorgen, dass der kulturfähige Boden als solcher erhalten bleibt und genutzt wird. Diesem Zweck dient eine staatliche Kontrolle des Liegenschaftsverkehrs, der die land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke im Wert von über 5000 Kronen unterworfen sind.

Für kleinere Parzellen erachtet der Gesetzgeber eine Kontrolle als entbehrlich, weil jene regelmässig nur der zusätzlichen Versorgung von Arbeitern und Gewerbetreibenden dienen und nicht nach eigentlich landwirtschaftlichen Methoden bebaut werden, auch kaum als Spekulationsobjekte
Anreiz bieten.

Nach dem System des schwedischen Gesetzes bedürfen Handänderungen über jedes die Wertgrenze übersteigende Grundstück der behördlichen Bewilligung, die binnen 3 Monaten nach Abschluss des Geschäfts einzuholen ist, bei Folge der Nichtigkeit im Fall der Unterlassung oder der Ablehnung des Gesuches. Das Gesetz unterscheidet zwischen Ausschlussgründen; die stets zur Ablehnung führen, und Voraussetzungen, unter denen die Genehmigung nach Prüfung des Einzelfalles erteilt werden kann. -Unter den Ausschlussgründen sind einerseits Untüchtigkeit des Bewerbers, andererseits die Absicht spekulativer Weiterveräusserung hervorzuheben. Die Entscheidung unter Würdigung der Umstände ist namentlich dann vorgesehen, wenn der Käufer hauptsächlich eine Kapitalanlage sucht oder sonst das Gut nicht selbst bewirtschaften will

35 sowie wenn er bereits ein landwirtschaftliches Heimwesen besitzt, endlich auch wenn besondere Gründe für die Genehmigung sprechen. Ein vereinfachtes Verfahren greift Platz, wenn der Käufer sich darüber ausweist, dass keine Ausschlussgründe vorliegen und dass er die Liegenschaft zu eigener Bewirtschaftung erwerben will, während er selbst entweder noch kein Land besitzt oder sein zu kleines Heimwesen durch den Zukauf auf den für den Unterhalt der Bauernfamilie erforderlichen Umfang bringen will; in diesen Fällen wird das Geschäft ohne weitere Prüfung freigegeben. Mit der Genehmigung kann dem Erwerber eine Auflage, insbesondere hinsichtlich einer bestimmten Art der Bewirtschaftung, überbunden werden.

So verfolgt das schwedische Gesetz in schmiegsamer Weise den leitenden Gedanken möglichster Erhaltung und Nutzung des bäuerlichen Grundbesitzes.

Die Genehmigung eines Kaufes kann demnach auch einem Landwirt verweigert werden, der sich bereits als unfähig erwiesen hat, wie umgekehrt ein Nichtlandwirt als Käufer zugelassen werden soll, wenn er willens und befähigt erscheint, ein Heimwesen erst auf seine volle Ertragsfähigkeit zu bringen.

Andererseits soll zwar die Neubildung von Grossgrundbesitz vermieden, die zweckmässige Zusammenlegung und Arrondierung durch Zukauf zerstückelter Parzellen dagegen gestattet werden, sofern die Bebauung dadurch rationeller wird. Die praktischen Auswirkungen dieses sehr fortschrittlichen Gesetzes lassen sich angesichts seiner erst kurzen Geltungsdauer noch nicht überblicken.

IV. Die Vorbereitung der neuen Agrargesetzgebung.

Am 26. Februar 1943 erteilte der Bundesrat dem eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement den Auftrag, die künftige Agrargesetzgebung vorzubereiten.

Das Departement bestellte ungesäumt eine grosse Expertenkommission, zur Hauptsache aus Vertretern der Landwirtschaft selbst. Ihre Aufgabe wurde dahin umschrieben, die Postulate der Landwirtschaft in ihren verschiedenen Gebieten festzustellen und in vorläufigen Entwürfen zu formulieren, damit sie alsdann der Prüfung und Diskussion weiterer interessierter Kreise unterstellt werden können. Die Expertenkommission hat mithin begutachtende Funktionen zuhanden des Bundesrates. Sie steht unter der Leitung des Vorstehers des Justiz- und Polizeidepartements.

Zur Bearbeitung der einzelnen Sachgebiete bildete
die Kommission aus ihren Mitgliedern folgende Ausschüsse: Ausschuss A: Verfassungsgrundlage, » B: Bodenrecht, » C: Landwirtschaftliches Bildungs- und Versuchswesen, » D: Tierzucht und Tierhaltung, » E: Bodenverbesserungen, bäuerliche Siedlung, » F: Obst- und Weinbau, » G: Pflanzenbau, Förderung der landwirtschaftlichen Produktion,

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Ausschuss H: Bergbauernfragen, Heimarbeit, » J: Milchwirtschaft, » K: Produktionslenkung, Absatz, Markt, » L: Landwirtschaftliche Vereine, Wohlfahrtspflege.

Ein engeres Bureau überwacht den Fortgang der Arbeiten im ganzen, nimmt zunächst die Teilentwürfe der Ausschüsse entgegen und sorgt für die Konkordanz derselben, insbesondere auch für die Orientierung der zuständigen Ausschüsse in den zahlreichen Fällen, wo ihre Arbeitsgebiete sich überschneiden.

Als Gesetzesredaktor wurde vom Departement Prof. Dr. W. Oswald in Freiburg beigezogen.

Auf die Arbeiten und Entwürfe der einzelnen Ausschüsse ist an dieser Stelle und in diesem Zeitpunkt im allgemeinen noch nicht einzugehen. Festgehalten sei jedoch, dass wiederholt die Frage zur Diskussion gebracht wurde, ob die geplante Agrargesetzgebung in einem einzigen Gesetz zu vereinigen oder ob sie umgekehrt in mehrere Gesetze aufzuteilen sei. Die Beratungen hierüber im Ausschuss B, im Bureau und in der Gesamtkommission führten zum Ergebnis, dass jedenfalls das Bodenrecht für sich zu behandeln und darüber vorweg ein besonderer Gesetzesentwurf vorzulegen sei. Diese Entschliessung ist nicht nur darin begründet, dass dieser Stoff als einer der ersten vom AUBschuss B und von der Gesamtkommission durchgearbeitet werden konnte, sondern vor allem in seiner besondern Natur. Es handelt sich um einen Teil der Bechtsgesetzgebung, der mit dem Zivilgesetzbuch, dem Obligationenrecht und dem Schuldbetreibungsrecht zusammenhängt und gewisse Änderungen dieser Gesetze mit sich bringen wird, während die übrigen Gebiete, namentlich die wirtschaftlichen Fragen, einen andern Charakter aufweisen. Die rechtlichen Verhältnisse am landwirtschaftlichen Grund und Boden können ohne Eücksicht auf die Gestaltung jener übrigen Teile geordnet werden. Darin hegt der Grund dafür, dass wir Ihnen mit der gegenwärtigen Botschaft vorweg einen Gesetzesentwurf «über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes» vorlegen.

Nach seiner Annahme in der Expertenkommission wurde der Entwurf verschiedenen Interessentenkreisen zur Kenntnis gebracht und ihre Äusserung dazu erbeten. Von dieser Möglichkeit wurde reichlich Gebrauch gemacht, aum Teil durch Einreichung von Gegenentwürfen. Unser Justiz- und Polizeidepartement hat überdies Wert darauf gelegt, im September 1947 die jährliche Konferenz der kantonalen
Justiz- und Polizeidirektoren über die zu lösenden Hauptfragen zu orientieren. Auf Wunsch der Konferenz ist der Entwurf den Kantonen alsdann noch zur schriftlichen Stellungnahme unterbreitet worden.

, V. Die Grundzüge des Entwurfes.

1. Wenn der Bundesgesetzgeber sich zu einer besondern Gestaltung des Bodenrechts für die Landwirtschaft entschliesst, so würde es naheliegen, an einzelne während des Krieges auf dem Vollmachtenweg erlassene Vorschriften an-

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zuknüpfen. Allein wie diese nur für vorübergehende Dauer geschaffen worden sind und als Ausnahmerecht wieder verschwinden müssen, zum Teil übrigens schon abgebaut wurden, so könnte keine Eede davon sein, die scharfen Eingriffe in das geltende Eecht, die unter dem Druck der Kriegsereignisse sich rechtfertigten und in Kauf genommen werden mussten, unverändert als dauerndes Eecht zu konsolidieren. Hier wie auf andern Gebieten darf mit der Wiederkehr einer stetigem Entwicklung gerechnet werden, auf die auch die rechtliche Ordnung zugeschnitten sein muss; sie wird nicht mehr, wie in der Kriegszeit, gegen häufig wechselnde Erscheinungen und Gefahren anzukämpfen haben.

Es muss sorgfältig geprüft und abgewogen werden, wo und wieweit neue Gedanken, die unter der Herrschaft der Vollmachten verwirklicht wurden, für eine dauernde Ordnung taugen. Insbesondere gilt dies von der Einmischung des Staates in die Verfügungs- und Vertragsfreiheit des Privaten, wie sie die Kriegsgesetzgebung in reichem Masse gebracht hat und bringen musste. Eine Lockerung muss in dieser Hinsicht eintreten, wenn auch unverkennbar der neuesten Bechtsentwicklung eine gewisse Tendenz nach vermehrter staatlicher Intervention innewohnt. Es wird die Aufgabe des Gesetzgebers sein, das zuträgliche Mass zu bestimmen, die Grenze zu finden zwischen den Polen schrankenloser Freiheit des Individuums und übertriebener Einengung durch behördlichen Zwang.

Letztes Ziel einer Agrargesetzgebung muss die Erhaltung einer gesunden, leistungsfähigen Landwirtschaft sein. Eine solche ist in jedem Staate wichtig, ganz besonders aber in unserem kleinen, für die Versorgung mit Nahrung und lebenswichtigen Gütern vielfach vom Ausland abhängigen Binnenland. Ganz wird diese Abhängigkeit nie verschwinden, denn der kulturfähige Boden kann in der bergreichen Schweiz nicht zur Ernährung der dichten Bevölkerung ausreichen. Aber wir haben doch ein vitales Interesse daran, unsere Versorgung mit eigenen Produkten wenigstens im Eahmen des Möglichen sicherzustellen, um so mehr, als eine Landwirtschaft, die gedeihen kann, zugleich einem erheblichen Volksteil die Existenzmöglichkeit schafft. Wichtig dafür sind wiederum dauerhafte Beziehungen zum Grund und Boden. Es kommt nicht von ungefähr, dass der Bauer an seiner Scholle hängt.

Der Gesetzgeber wird also einmal dafür zu sorgen
haben, dass der kulturfähige Boden des Landes, im ganzen gesehen, sich nicht weiterhin zu sehr vermindert. Er wird aber auch den Beziehungen des Landwirts zum Grund und Boden die nötige Beachtung schenken, denn von ihnen hängt in hohem Masse das Gedeihen der Landwirtschaft ab. Eine gewisse Stabilität des Besitzes ist anzustreben; häufiger Wechsel wäre unerwünscht und der nachhaltigen, auch auf spätere gute Ernten bedachten Bebauung abträglich. In dieser Beziehung setzt die Sperrfrist des Entschuldungsgesetzes eine Schranke. Die nämliche Überlegung trifft aber auch für die landwirtschaftliche Pacht zu, die normalerweise wenigstens einige Jahre dauern sollte. Von grösster Bedeutung ist sodann die Schaffung erträglicher Existenzbedingungen; das Schicksal unzähliger Bundesblatt. 100. Jahrg. Bd. L 4

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Schuldenbauern, die sich nie von ihren drückenden Lasten zu befreien vermochten, redet eine eindringliche Sprache. Entscheidenden Einfluss haben hierin freilich, nebst der persönlichen Tüchtigkeit und Arbeitsamkeit des Bauern und seiner Familie, die wirtschaftlichen Faktoren (Ausfall der Ernte, Absatz, Produktenpreise) ; aber auch die rechtlichen Massnahmen sind nicht zu vernachlässigen. Die Möglichkeit der Entschuldung sowie die Belastungsgrenze als Dämme gegen künftige neue Überschuldung sind bereits gesetzlich verankert. Schliesslich kann es als Aufgabe des Gesetzgebers gedacht werden, dafür zu sorgen, dass alles Kulturland zweckmässig und rationell bebaut werde ; allein dieses Postulat ist schwieriger zu erfüllen, und insbesondere mit rechtlichen Mitteln wird dieses Ziel kaum zu erreichen sein.

Solchen Gedankengängen folgend, sah der Entwurf der Expertenkommission folgende Massnahmen vor: eine behördliche Kontrolle des Verkehrs mit landwirtschaftlichen Liegenschaften im Sinne der Genehmigungspflicht, ein Zugrecht der Nachkommen bei Veräusserung an einen Dritten, die Konzessionspflicht für die Liegenschaftsvermittlung, eine Mindestdauer für Pachtverträge und ein erleichtertes Nachlassverfahren mit der Möglichkeit der Anordnung einer Betriebsaufsicht; dazu die zur Durchführung des Gesetzes notwendigen Bestimmungen über die Organisation der Behörden, das Verfahren und den ßechtsschutz.

2. Besonderer Erörterung bedarf nun die Wahl des Systems in bezug auf den wichtigsten Abschnitt des Gesetzesentwurfes, die Ordnung des landwirtschaftlichen Liegenschaftsverkehrs. Die Beibehaltung einer behördlichen Genehmigung für Veräusserungsgeschäfte stiess, obwohl die Genehmigungspflicht gegenüber der Notverordnung stark gelockert erschien, auf starke Kritik, in manchen Kreisen auf scharfe Ablehnung. Dem Entwurf wurde vorgeworfen, er verstosse hierin gegen die Eechtsgleiehheit und schaffe ein unserem Empfinden widersprechendes Standesrecht; zum Teil witterte man darin auch die Übernahme fremden Gedankengutes.

Um diesen Einwand vorwegzunehmen, wäre es, ganz allgemein gesprochen, verfehlt, die Möglichkeit und sogar die Berechtigung ausländischer Einflüsse auf die Eechtsentwicklung eines Landes leugnen zu wollen. Dafür gibt die Geschichte Beispiele genug. Zu jeder Zeit haben bedeutende Strömungen und Errungenschaften,
in der Gesetzgebung wie auf andern kulturellen Gebieten, über ihr Ursprungsland hinausgegriffen, wenn sie in ähnlichen Zuständen und Bedürfnissen auch anderwärts einen Nährboden fanden. Nur vor geistloser Nachahmung soll der Gesetzgeber sich hüten. Er wird bei der Prüfung fremder Vorbilder sich stets darüber Eechenschaft geben müssen, ob sie mit den grundlegenden Auffassungen im eigenen Lande vereinbar sind und ob hier die tatsächlichen Voraussetzungen ihre Übernahme überhaupt erheischen. So auch für das Gebiet der Landwirtschaft, auf welchem, wie die oben skizzierte Entwicklung fremder Eechte erkennen lässt, manche Länder mit ähnlichen Probleme n ringen wie wir. Mit Eecht sagt Prof. Oswald in seinem Motivenbericht

39 zum Entwurf: «Es muss eine eigenartige schweizerische Lösung dieses wichtigen Problems gefunden werden, eine Lösung, die unsern besondern wirtschaftlichen Verhältnissen angemessen ist und im Einklang steht mit den rechtspolitischen Anschauungen der Mehrheit des Schweizervolkes und seinem Sinn für Eecht und Gerechtigkeit.» Von dieser Einstellung haben sich nicht nur der Gesetzesredaktor, sondern auch die Expertenkommission und der Bundesrat leiten lassen.

Der gegen die Genehmigungspflicht im Grundstückverkehr erhobene "Vorwarf der Verletzung der Rechtsgleichheit stützte sich darauf, es sei unbegründet, gerade den landwirtschaftlichen Boden dieser Ausnahmebehandlung zu unterwerfen. Aber auch dieser Vorwurf ist unbegründet. Das Prinzip der Rechtsgleichheit verlangt bekanntlich nicht gleiche Behandlung unter allen Umständen, sondern unter gleichen Voraussetzungen. Wo die tatsächlichen Verhältnisse wesentlich verschieden sind, rechtfertigt sich auch eine Differenzierung in der rechtlichen Normierung, ja sie kann notwendig werden; denn eine Verletzung des Prinzips kann gerade auch darin liegen, dass Ungleiches gleich behandelt wird und der Gesetzgeber sich über die Verschiedenheit der Voraussetzungen hinwegsetzt. Wo sachliche Gründe für eine besondere Ordnung vorliegen, verstösst diese nicht gegen die Eechtsgleichheit. Und wenn es zutrifft, dass der Entwurf, eigene Normen für den landwirtschaftlichen Boden aufstellt, so kann andererseits nicht im Ernste bestritten werden, dass sachliche Gründe dafür gegeben sind. Sie liegen, wie wir oben dargelegt haben, in den Eigenschaften dieses Bodens als eines eminent wichtigen, nur einmal vorhandenen und im wesentlichen nicht vermehrbaren Gutes. Über die Tatsache, dass dieses Gut sich allmählich schon merklich vermindert hat und dass namentlich der aus ihm seine Existenz fristende Bauernstand auf weniger als ein Viertel der Gesamtbevölkerung zurückgegangen ist, darf der Gesetzgeber nicht hinwegsehen.

Diese Sorge steht im Mittelpunkt des Interesses. Eine weitere Verschlimmerung der Situation muss womöglich verhütet und es muss für die rationelle Bebauung dieses kostbaren Bodens gesorgt werden.

Dass dieses Bemühen des Gesetzgebers auch den in der Landwirtschaft tätigen Personen zugute kommt, ist richtig, bildet aber keinen Grund gegen eine solche Ordnung,
abgesehen davon, dass den für den Landwirt geschaffenen Eechten auch Pflichten gegenüberstehen. Vielmehr erfüllt der landwirtschaftliche Grund und Boden eine besondere und wichtige Aufgabe auch insofern, als auf ihm sich die ökonomische Existenz der Bauernfamilie aufbaut, an deren Erhaltung dem Staat gelegen sein muss. Hierauf wiesen wir schon in unserm Bericht vom 10. Oktober 1944 über das Volksbegehren «Für die Familie» hin, indem wir schrieben: «Die bäuerliche Familie ist beinahe der einzige Familientyp, in dem heute noch alle Gemeinschaftsformen von der Produktionsgemeinschaft bis hinauf zur Erziehungs- und Kulturgemeinschaft zugleich in Wirkung sind. Aus dieser einzigartigen Geschlossenheit kann ohne weiteres die Bedeutung ermessen werden, die eine grosse Zahl gesunder Bauernfamilien für das Leben eines Volkes in sich schliesst. Um so grössere Beachtung ver-

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dienen darum auch gewisse Gefahren, welche diese bäuerliche Familiengerneinschaft bedrohen» (Bundesbl. 1944, S. 930). Und Kaufmann führt in der schon zitierten Arbeit über das neue ländliche Bodenrecht (S. 66 f.) aus: «Mit der Verwurzelung in der heimatlichen Scholle steht und fällt die Bauernfamilie...

Hier kann das Familienleben noch zur vollen Entfaltung kommen. Schon die ländlichen Verhältnisse binden die Familienglieder stärker aneinander als die Stadt, wo jedes Familienglied sich schon früh seinen eigenen Erlebniskreis schafft. Vor allem aber ist die bäuerliche Familie gekennzeichnet durch die gemeinsame selbständige Berufsausübung der Familienmitglieder auf dem angestammten Heimwesen. Schon früh werden die Kinder in die Berufstätigkeit einbezogen, und wo der elterliche Hof geeignete Arbeitsgelegenheit bietet, bleiben viele dieser Arbeit weit über die Volljährigkeit hinaus treu. Erfolg oder Misserfolg der Wirtschaftstätigkeit bestimmen deshalb das Schicksal der Familie in noch höherem Masse als in andern Berufen... Die Bauernfamilie nimmt also eine Sonderstellung ein, weil sie besonders gearteten Gefahren ausgesetzt ist. Die Schutzbedürftigkeit gegen diese besondern Gefahren verlangt ein Sonderrecht, das" dieser Sonderstellung angepasst ist.» Diesen Ausführungen wird man nur beipflichten können.

Mit dieser Erkenntnis stehen wir durchaus nicht allein; es ist bezeichnend, dass, wie unsere oben im dritten Abschnitt gegebene Übersicht zeigt, die meisten Länder zu einer landwirtschaftlichen Sondergesetzgebung geschritten sind. Auch für uns selbst ist sie aber nicht neu; wir besitzen sie schon im bäuerlichen Erbrecht des Zivilgesetzbuches und neuerdings im Entschuldungsgesetz, ohne dass gegen diese Sonderregelungen der Vorwurf des Standesrechts erhoben worden ist. Wäre er aber begründet, so müsste er ebenso auf manchem andern Gebiet gelten, wenn man etwa an die besondern Bestimmungen des Obligationenrechts über Kaufleute und kaufmännischen Verkehr, an die Gesetzgebung über Fabrikarbeiter, über Handelsreisende oder über ganze Gewerbezweige und Unternehmungen wie Banken, Sparkassen und Versicherungsgesellschaften denkt. Hier überall hat der Gesetzgeber es als zulässig und notwendig erachtet, besondern Bedürfnissen durch besondere, auf diesen Kreis beschränkte Normen Eechnung zu tragen.

3. Stehen
also rechtliche Gründe der Übernahme der Genehmigungspflicht für Veräusserungsgeschäfte in das dauernde Recht nicht entgegen, so kann sie doch andererseits nur dann und insoweit befürwortet werden, als die Ziele des Gesetzes sich ohne sie nicht erreichen lassen. Denn es ist nicht zu leugnen, dass sie einen starken Eingriff in die unserem Privatrecht im allgemeinen innewohnende Vertragsfreiheit darstellt und die für die Prüfung der Gesuche zuständigen Behörden stark in Anspruch nimmt. Zudem kann die praktische Durchführung je nach der Umschreibung der Voraussetzungen der Genehmigung Schwierigkeiten bieten, wie die Klagen über die Anwendung des Bundesratsbeschlusses vom 19. Januar 1940 zeigen. Freilich beziehen sich diese Klagen vornehmlich auf häufige Umgehung der Preisgrenze durch versteckte Zuzahlungen; da jedoch für die dauernde Lösung die Jnnehaltung eines bestimmten Preises

41 von vorneherein nicht als allgemeine Voraussetzung der Genehmigung vorgesehen wurde, wäre dieser Übelstand künftig kaum zu befürchten.

Aus verschiedenen Kreisen, teils auch aus der Bauernschaft selbst, wurde an Stelle der Genehmigungspflicht die Einführung eines erweiterten Zugrechts empfohlen, also die bestimmten Berechtigten eingeräumte Befugnis, eine Liegenschaft, die der Eigentümer einem Dritten verkauft hat, an sich zu ziehen und an die Stelle des Verkäufers zu treten. Es handelt sich dabei um ein gesetzliches Vorkaufsrecht. Auch dieses vermag in gewissem Masse die Zwecke zu erfüllen, die wir mit dem landwirtschaftlichen Bodenrecht verfolgen. Wird nämlich das Zugrecht den nächsten Verwandten verliehen, so dient es dem soeben erörterten bäuerlichen Familienschutz. Um sodann eine möglichst gute und anhaltende Bewirtschaftung zu sichern, .kann das Zugrecht einmal einem langjährigen tüchtigen Pächter, weiter aber unter bestimmten Voraussetzungen auch Drittpersonen zugestanden werden, die den Hof selbst bewirtschaften wollen. So ausgestaltet, vermag das Zugrecht sicherlich einen gewissen Ersatz zu bieten, falls die Genehmigungspflicht sich nicht beibehalten lässt. So wirksam wie diese ist es freilich schon deswegen nicht, weil die Ausübung des Zugrechts stets im Belieben der Berechtigten steht, während die Genehmigungspflicht der Behörde die Kontrolle über jeden Verkauf sichert, weil ohne Genehmigung das Geschäft nicht perfekt werden kann. Dagegen hält sich das Institut des Zugrechts besser als die Genehmigungspflicht im Eahmen unserer Privatrechtsordaung, gerade weil es -- die gerichtliche Entscheidung streitiger Fälle vorbehalten -- die Intervention der Behörde in jedem Einzelfall vermeidet.

Die beiden Systeme schliessen einander übrigens nicht aus; der Gesetzgeber hat nicht nur die Wahl zwischen einem von beiden. Hingegen schrumpft die Bedeutung des Zugrechts zusammen, wenn es neben der Genehmigungspflicht aufgenommen wird, und umgekehrt kann ein weit gefasstes Zugrecht jene eher entbehrlich machen. Es gibt aber auch eine Mittellösung. Hält man nämlich die Beibehaltung einer Genehmigungspflicht für zu weitgehend, so kann ihre Einführung den Kantonen anheimgestellt werden, die sie für ihr Gebiet als unerlässlich erachten. Für diese Lösung spricht die Erwägung, dass im bäuerlichen
Liegenschaftsverkehr das Schutzbedürfnis im einen Kanton stärker, im andern geringer sein kann; für den Entsc'hluss der Kantone könnten übrigens auch die Erfahrungen mit dem geltenden Bundesratsbeschluss ins Gewicht fallen. Neben einer den Kantonen überlassenen Genehmigungspflicht hat alsdann ein von Bundes wegen eingeführtes und geordnetes Zugrecht seine volle Berechtigung.

4. Angesichts dieser Situation und in Würdigung der gegen eine obligatorische Genehmigungspflicht geltend gemachten starken Bedenken haben wir uns entschlossen, in unserem Gesetzesentwurf den Mittelweg zu gehen. Wir schlagen demnach vor, auf die Genehmigungspflicht als bundesrechtliche Vorschrift zu verzichten, aber zugleich die Kantone au ihrer Einführung zu ermächtigen (Art. 44 des Entwurfes). Eine solche Kompetenz kann den Kanto-

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nen erteilt werden, während sie von sich aus nicht befugt wären, Kaufverträge über Liegenschaften von einer behördlichen Bewilligung abhängig zu machen, da sie damit ins Bundesrecht eingreifen würden. Durch die Ausübung dieser Kompetenz kann von Kanton zu Kanton ein -ungleicher Eechtszustand entstehen, wie denn auch die tatsächlichen Verhältnisse in den Kantonen ungleich beschaffen sind. Praktische Schwierigkeiten dürften sich daraus nicht ergeben, und andererseits bietet diese Lösung den Vorteil, eine einschneidende Massnah me von Bundes wegen nicht weiter auszudehnen, als sie wirklich notwendig erscheint.

Neben dieser fakultativen Genehmigungspflicht führt der Entwurf für das ganze Land verbindlich das Zugrecht ein (Art. 7 ff.). Wir hoffen, mit dieser Lösung auf annehmbarer Basis einen hinlänglichen Schutz des landwirtschaftlichen Bodens gegen Spekulation und Zweckentfremdung zu erreichen.

· 5. Was schliesslich die formelle Einordnung des Bodenrechts in das bestehende Rechtssystem betrifft, könnte man daran denken, den Entwurf als Teilrevision des Zivilgesetzbuches zu gestalten, insofern als das Sachenrecht desselben ja das allgemeine Bodenrecht enthält, das nun gewisse Modifikationen erfahren soll. Aber dieses Vorgehen ist aus zwei Gründen nicht zu empfehlen. Zum ersten würde diese Systematik nicht befriedigen, da auch das Obligationenrecht und das Schuldbetreibungsrecht berührt werden und da die allgemeinen Kapitel des Entwurfs nicht wohl einem dieser bestehenden Gesetze einverleibt werden können. Gegen diese Methode spricht aber auch die Überlegung, dass die soeben genannten Gesetze keineswegs in allgemeinem Sinne revidiert werden und einen neuen Inhalt erhalten sollen. Vielmehr werden nur, für das Gebiet der Landwirtschaft, von der gemeinen Eegel abweichende Sonderbestimmungen aufgestellt, die im übrigen die Fortgeltung des Zivilgesetzbuches, des Obligationenrechts und des Schuldbetreibungsgesetzes unberührt lassen. Der richtige Weg ist unter diesen Umständen ohne Zweifel der Erlass eines Spezialgesetzes.

VI. Die verfassungsmässigen Grundlagen.

Im Ingress des Gesetzesentwurfs haben wir die Art. 31bls und 64 der Bundesverfassung angerufen. Art. 31bis der revidierten Wirtschaftsartikel hat, in Abs. 3, lit. b, speziell auch für die Landwirtschaft, eine weitgespannte Grundlage für gesetzgeberische Massnahmen geschaffen. Darnach ist der Bund befugt, in Wahrung des Gesamtinteresses und nötigenfalls in Abweichung von der Handels- und Gewerbefreiheit Vorschriften zur Erhaltung eines gesunden Bauernstandes und einer leistungsfähigen Landwirtschaft sowie zur Festigung des bäuerlichen Grundbesitzes zu erlassen. Wird dieser Verfassungsartikel auch in erster Linie die Grundlage für das Gesetz bilden, das die wirtschaftlichen Fragen der Landwirtschaft ordnen soll, so hat er doch auch für den vorliegenden Gesetzesentwnrf seine Bedeutung; er beseitigt mögliche Zweifel hinsichtlich der Verfassungsmässigkeit gewisser Vorschriften.

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Art. 31bls, Abs. 2, erklärt den Bund für befugt, Vorschriften über die Ausübung von Handel und Gewerben zu erlassen. Darauf stützt sich der dritte Abschnitt des Entwurfs über die Liegenschaftsvermittlung (Art. 17--20), die als gewerbsmässige Tätigkeit getroffen wird und somit ein Gewerbe darstellt.

TSlach Art. 64 schliesslich steht dem Bund das Gesetzgebungsrecht für das ganze Gebiet des Zivil- und des Betreibungsrechts zu. Auf diese Verfassungsbestimmung stützen sich unsere grossen Privatrechtskodifikationen, und in diesen Rahmen fällt auch eine besondere sachenrechtliche und obligationenrechtliche Ordnung für den landwirtschaftlichen Grund und Boden. Darunter fallen die Bestimmungen des Entwurfes über das Zugrecht (Art. 7--16), über die Pachtverhältnisse (Art. 21--24) und über den Schutz gegen unwirtschaftliche Zwangsverwertungen (Art. 25--40), aber auch die allfälligen Vorschriften über den Verkehr mit landwirtschaftlichen Grundstücken (Art. 44). Hinsichtlich der letztern ist nun der Standpunkt vertreten worden, sie gehen über den Rahmen des Zivilrechts hinaus, tangieren den Eigentumsbegriff als solchen und werden durch Art. 64 der Verfassung nicht mehr gedeckt. Diese Frage ist auch in den Verhandlungen des schweizerischen Juristentages von 1945 über «aktuelle Probleme der Landwirtschaftsgesetzgebung» zur Sprache gekommen, ohne allerdings zu einer bestimmten Stellungnahme zu führen (vgl.

die Referate von Prof. Franz Jenny und Louis Guisan, abgedruckt in den Verhandlungen des Schweizerischen Juristenvereins 1945, Si 219« ff. sowie das Protokoll der Jahresversammlung von Baden, S. 444a ff., insbesondere 461a ff.).

Die Kritik bezog sich freilich auf eine von Bundes wegen obligatorisch einzuführende Genehmigungspflicht, allein sie muss, wenn überhaupt berechtigt, für dieses Institut schlechthin gelten, auch wenn es von den Kantonen gestützt auf bundesrechtliche Ermächtigung dekretiert wird. Es ist daher notwendig, die Berechtigung der Kritik näher zu prüfen.

Unsere Rechtsordnung anerkennt und schützt das Privateigentum, und sie gesteht im allgemeinen dem Eigentümer das Recht zu, über seine Sache nach seinem Gutfinden zu verfügen, vertragliche Bindungen darüber einzugehen und wieder aufzulösen. Zwar enthält die Bundesverfassung, im Gegensatz zu manchen kantonalen Verfassungen, keine ausdrückliche
Eigentumsgarantie, aber der Grundsatz als solcher ist nichtsdestoweniger unbestritten.

Es wird nun geltend gemacht, die Beschränkung des Grundeigentümers in der Möglichkeit, sein Land an einen ihm genehmen Käufer zu veräussern, sei mit dem Eigentumsbegriff unvereinbar, dieser werde dadurch ausgehöhlt und eine der Grundlagen unserer Privatrechtsordnung erschüttert; ein solcher Eingriff wäre infolgedessen nur statthaft, wenn eine Änderung der Verfassung den Gesetzgeber dazu ermächtigen würde.

Privatrechtlich betrachtet gewährt das Eigentumsrecht die volle rechtliche Herrschaft über eine Sache. Aber auch dieser umfassendste Begriff ist kein schrankenloser und kann es im Rahmen der gesamten Rechtsordnung nicht sein. Der Freiheit des Individuums in der Ausübung seiner Rechte steht

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die entsprechende Freiheit der übrigen Individuen gegenüber, die Anspruch auf den nämlichen Schutz haben. Gegenseitige Eücksichtnahme ist also unerlässlich, soll die Freiheit nicht zu beständigen Konflikten führen und in Unordnung ausarten. Schon im privaten Verhältnis findet somit das Eigentumsrecht seine natürlichen Schranken im Eecht des andern (z. B. in den nachbarrechtlichen Beziehungen). Dazu kommen Einschränkungen der Verfügungsmacht aus öffentlichem Interesse, wie sie sich allmählich immer zahlreicher und einschneidender ausgebildet haben. Art. 702 des Zivilgesetzbuches behält solche Beschränkungen ausdrücklich vor. Aufgabe der Gesetzgebung ist es, die Schranken der einen und andern Art im einzelnen festzusetzen. So haften dem Eigentum begrifflich gewisse Schranken an, und nur in diesen · Schranken kann ihm der verfassungsmässige Schutz zuteil werden; es besteht auch vor der Verfassung nur mit dem Inhalt, der ihm von der Gesetzgebung verliehen wird, und mit den sich daraus ergebenden Beschränkungen (vgl.

Burckhardt, Kommentar zur Bundesverfassung, 3. Aufl., S. 783 f.). Von einer Verfassungsverletzung könnte nur dann gesprochen werden, wenn der Gesetzgeber den Eigentümer in der Ausübung seines Eechts derart einschränken wollte, dass damit das Eigentum als privates Herrschaftsrecht geradezu zerstört würde und über die Sache schliesslich nicht mehr der Eigentümer, sondern der Staat zu verfügen hätte.

So geartet sind aber auch die Vorschriften des Entwurfs über den Verkehr mit landwirtschaftlichen Grundstücken nicht. Sie lassen zunächst die Stellung des Eigentümers, solange er solcher ist, unangetastet; auf die Statuierung einer allgemeinen Bewirtschaftungspflicht des Eigentümers in bezug auf landwirtschaftlichen Grund und Boden, wie die Vorentwürfe sie noch enthielten, wurde verzichtet. Beschränkungen treten dagegen ein, sobald der Eigentümer sich seines Eechts entäussern will. Alsdann setzt eine behördliche Prüfung ein, die zur Ablehnung des Verkaufs an den sich präsentierenden Käufer mit Bücksicht auf die volkswirtschaftlich nicht zu verantwortenden schädlichen Folgen führen kann.

Gewiss handelt es sich hier um ein weiteres Vordringen öffentlich-rechtlicher Gesichtspunkte in die Domäne des privaten Herrschaftsrechts. Aber diese Entwicklung ist unserer Zeit eigen, und es liegt in der Natur
der Sache, dass der Grund und Boden solchen Beschränkungen in höherem Masse unterworfen sein muss als die beweglichen Sachen, weil er dem öffentlichen Interesse viel näher liegt als diese und weil ihm eine ungleich grössere Bedeutung für die Volksgemeinschaft zukommt. Wir haben oben die Gründe dargetan, weshalb heute das öffentliche Interesse am landwirtschaftlich nutzbaren Boden dringender als je geworden ist.

Trotzdem kann schwerlich behauptet werden, die vorgeschlagenen Massnahmen seien mit der Anerkennung eines privatrechtlichen Eigentums am Grund und Boden nicht mehr vereinbar. Es geht schliesslich um eine Frage des Masses. Niemand hat sich daran gestossen, dass nach Art. 218 des Obliga-

45 tionenrechts in der ihm durch Art. 95 des Entschuldungsgesetzes gegebenen Fassung der Eigentümer gezwungen wird, ein landwirtschaftliches Grundstück mindestens sechs Jahre lang zu behalten, wenn nicht die zuständigen Behörden ausnahmsweise die frühere Veräusserung gestatten. Auch diese Bestimmung stützt sich auf Art. 64 BV. Ist wirklich die Zuweisung eines andern Käufers für den zum Verkauf entschlossenen Eigentümer die ärgere Zumutung als die Verhinderung eines Verkaufs überhaupt während vieler Jahre? Und wie liessen sich die früher häufigen kantonalen Zugrechte mit dem einer früheren Zeit wahrlich nicht weniger wichtigen Eigentumsbegriff vereinbaren? Noch zur Zeit der Schaffung unseres Zivilgesetzbuches herrschte jene privatrechtlich betonte Auffassung des Grundeigentums vor, und auch das Sachenrecht wurde demgemäss sehr freiheitlich gestaltet ; aber die unleugbaren nachteiligen Folgen lassen eine gewisse Eückbildung als unerlässlich erscheinen. Soll das Gemeinwesen nur das Eecht haben, genügende Bauabstände vorzuschreiben, gegen die Feuersgefahr vorzusorgen und ähnliche Massnahmen der Ordnung und Sicherheit zu treffen, dagegen machtlos bleiben gegenüber Zuständen und Entwicklungen, die vom Standpunkt des Gemeinwohles ungleich wichtiger sind?

Das kann schwerlich der Sinn einer unausgesprochenen Eigentumsgarantie sein, noch auch Ausfluss einer Verfügungs- und Vertragsfreiheit, die ja ohnehin im geltenden Obligationenrecht schon mancherlei Einschränkungen erfahren hat.

Der ebenfalls erhobene Vorwurf, die Notwendigkeit einer behördlichen Bewilligung zum Verkauf einer Liegenschaft widerspreche der Handels- und Gewerbefreiheit, kann nun unter Hinweis auf Art. 31bls, Abs. 3, der Bundesverfassung als dahingefallen gelten; würde eine Einschränkung dieses Individualrechts darin erblickt, so wäre sie durch den neuen Verfassungsartikel gedeckt.

Wir gelangen demnach zum Schluss, die im Entwurf vorgesehene Ordnung lasse sich auf die geltende Verfassung gründen.

Schliesslich weisen wir in diesem Zusammenhang noch auf das am 1. Juli 1943 von der Schweizerischen Bauern-Heimatbewegung bei der Bundeskanzlei eingereichte, mit 54 698 Unterschriften versehene «Volksbegehren zum Schütze des Bodens und der Arbeit durch Verhinderung der Spekulation» hin, das die eidgenössischen Bäte dem Bundesrat zur Berichterstattung
überwiesen haben.

Die Initianten wollen der Bundesverfassung folgenden Artikel einfügen: Der Bund trifft in Verbindung mit den Kantonen die erforderlichen Massnahmen, um das nutzbare Grundeigentum der Spekulation zu entziehen.

Diese Massnahmen bezwecken insbesondere: Landwirtschaftlich nutzbaren Boden soll nur erwerben können, wer ihn als Grundlage seiner Existenz selbst bebaut. Ausnahmen regelt die Gesetzgebung.

Landwirtschaftlich nutzbarer Boden ist vor Überschuldung zu schützen.

Die Spekulation mit Grundeigentum, das Geschäfts- und Wohnzwecken dient, soll verhindert werden.

Der erste Absatz dieses Textes bezieht sich allgemein auf das nutzbare Grundeigentum, die beiden folgenden auf den landwirtschaftlich nutzbaren

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Boden und der letzte auf das Grundeigentum, das Geschäfts- und Wohnzwecken dient. Die im zweiten Absatz niedergelegte Maxime geht, wie wir bereits angedeutet haben, über die Zielsetzung des vorliegenden Gesetzesentwurfs hinaus, während der Schutz vor Überschuldung in dem Masse, als der Gesetzgeber ihn zu bieten vermag, durch die Belastungsgrenze der Notverordnung und des Entschuldungsgesetzes bereits verwirklicht ist. In beiden Eichtungen halten wir, wie ebenfalls in diesem Abschnitt schon dargetan, die Schaffung einer neuen Verfassungsgrundlage für entbehrlich.

B. Erläuterungen zum Text des Entwurfs.

Titel und Ingress.

Es ist nicht ganz leicht, dem Gesetz einen Titel zu geben, der seinen Zweck und Inhalt so knapp und klar als möglich ausdrückt. Wir schlagen vor, von der «Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes» zu sprechen. Das Wort « Grundbesitz» ist dabei weniger in seiner juristisch-technischen Bedeutung als in dem ihm ini allgemeinen Sprachgebrauch beigelegten Sinne zu verstehen, und es trifft insbesondere nicht nur auf den Eigentümer, sondern auch auf den Pächter und den Nutzniesser bäuerlichen Bodens zu. Das Gesetz will die natürliche und gesunde Bindung des Bauern an die Scholle verstärken. Der dem Grund und Boden zugedachte Schutz wirkt sich also in einem gewissen Masse auch auf die Personen aus, die ihn besitzen und bebauen; Ausgangspunkt des Gesetzgebers und Eichtschnur für die von ihm zu ergreifenden Massnahmen bleibt aber die Sorge um das kulturfähige Land.

Über die Anführung der Verfassungsartikel im Ingress wurde bereits gesprochen. ' Allenfalls Hesse sich erwägen, den in Art. l des Entwurfs genannten allgemeinen Zweck des Gesetzes in geeigneter Formulierung in den Ingress aufzunehmen, sofern er als eigener Gesetzesartikel nicht genehm sein sollte.

Erster Abschnitt.

Allgemeine Bestimmungen.

Der wenige Artikel umfassende erste Abschnitt des Entwurfs nennt zunächst den Zweck des Gesetzes, berührt sodann die Frage des Eealersatzes und umgrenzt in dritter Linie den Geltungsbereich.

I. Der Zweck des Gesetzes wird in Art. l durch eine allgemeine Umschreibung hervorgehoben, die vier Komponenten auf weist. Vor allem soll der bäuerliche Grundbesitz als Träger eines gesunden und leistungsfähigen Bauernstandes geschützt werden, womit zum Ausdruck gebracht wird, dass das Gedeihen der
landwirtschaftlichen Bevölkerung .untrennbar mit einer richtigen Bodenpolitik verbunden ist. Im nämlichen Gedankengang handelt es sich darum, die Schaffung und Erhaltung landwirtschaftlicher Betriebe zu

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begünstigen, die Bodennutzung zu fördern und die Bindung zwischen Familie und Heimwesen zu festigen.

Es ist im allgemeinen nicht gebräuchlich, Ziel und Zweck eines Gesetzes durch einen eigenen Artikel im Gesetzestext selbst zu verankern, sondern man pflegt dies eher der begleitenden Botschaft und der Auslegung des Gesetzes zu überlassen. Das schliesst nicht aus, dass ein solcher Programmartikel doch seine Berechtigung haben kann, zumal in einem Spezialgesetz, das von der allgemeinen Regel abweichende Normen für einen bestimmten Kreis von Sachen oder Personen aufstellt. Der vorgeschlagene Art. l lässt diesen Charakter des Gesetzes besonders hervortreten und kann für die Auslegung anderer Artikel willkommene Anhaltspunkte bieten.

In den Vorentwürfen war ferner eine Bestimmung in Aussicht genommen, dass der Eigentümer landwirtschaftlicher Grundstücke verpflichtet sei, diesen Boden auch wirklich zu bebauen, ihn nicht ungenutzt zu lassen. Volkswirtschaftlich liesse sich eine solche Vorschrift motivieren, und sie stände mit dem Zweck des Gesetzes in Einklang. Es mag auf den Art. 153 der Weimarer Verfassung hingewiesen werden, der das Eigentum gewährleistet und mit Schranken umgibt., zugleich aber im dritten Absatz beifügt: «Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich Dienst sein für das gemeine Beste.» Wir haben indessen auf die Statuierung einer allgemeinen Bewirtschaftungspflicht hinsichtlich des landwirtschaftlichen Bodens verzichtet. Soll sie mehr bedeuten als einen Wunsch oder einen Appell an die Einsicht des Eigentümers, so müsste sie mit Sanktionen ausgestattet werden, und diese zu bestimmen wäre nicht leicht.

Die praktische Bedeutung der Norm wäre wohl gering, da das eigene Interesse den wirksamsten Ansporn für den Eigentümer bildet, den Boden nicht brach liegen zu lassen. In besondern Fällen mangelhafter Bewirtschaftung kann durch eine Betriebsaufsicht im Sinne der Art. 35 ff. des Entwurfs eingegriffen werden.

II. Der Eealersatz. Es ist seit langem ein Postulat der um das Schicksal der Landwirtschaft besorgten Kreise, dass der ohnehin sehr beschränkte fruchtbare Boden unseres Landes nicht weiter vermindert, dass also, soweit solcher Boden der landwirtschaftlichen Kultur entzogen wird, dafür Ersatz geschaffen werden sollte. Man ruft in diesem Sinne nach einer Eegional- oder Landesplanung,
die eine Ordnung zur Erhaltung der noch vorhandenen Kulturfläche herbeiführen soll. Die Schwierigkeiten, die sich der Durchführung dieses Gedankens entgegenstellen, springen aber in die Augen. Der verfügbare Heimatboden wird, ausser der Landwirtschaft, für manche andere wichtige Zwecke in Anspruch genommen, die nicht einfach ignoriert werden können.

Es sind namentlich die Ausdehnung der Städte und der Bau von Wohnungen für die sich vermehrende Bevölkerung überhaupt, die Errichtung industrieller Anlagen und die Anlage und Verbesserung von Strassen und andern Verkehrswegen, welche die Kulturfläche des Landes im Laufe der Zeit eingeengt haben.

Auch solche Zwecke liegen im Interesse des Landes und müssen zum mindesten

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in einem gewissen Masse erfüllt werden. Es kann deshalb nicht verwundern, dass das Prinzip des Eealersatzes auf starke Widerstände stösst. In bezug auf den Wald ist der Grundsatz freilich anerkannt und verankert in Art. 81 des Forstpolizeigesetzes vom 11. Oktober 1902, wonach das Waldareal der Schweiz nicht vermindert werden soll und Ausreutungen einer behördlichen Bewilligung bedürfen.

Der Entwurf begnügt sich damit, in Art. 2 den Realersatz bei Veräusserungsgeschäften als allgemeine Maxime aufzustellen, die «nach Möglichkeit» befolgt werden soll, und seine Übernahme und Durchführung den Kantonen anheimzustellen. Die Kantone haben also vor allem darüber zu befinden, ob sie den Grundsatz überhaupt zur Anwendung bringen wollen, und wenn ja, in welcher Form der Ersatz beschafft werden kann oder muss. Diese Lösung rechtfertigt sich auch des halb, weil es bei weitem nicht immer möglich sein wird, verloren gegangenes Kulturland im Gebiet der nämlichen Gemeinde zu ersetzen, das Problem also ohnehin nur in einem weitern Eahmen gelöst werden kann. Es ist aber im Enderfolg weniger wichtig, ob in einer geringeren oder grösseren Entfernung neuer kulturfähiger Boden geschaffen werden kann; das Interesse des Landes ist darauf gerichtet, dass überhaupt noch möglichst viel Land melioriert und urbar gemacht wird. Um Konflikte zwischen Kantonen zu vermeiden, muss immerhin auch eine Entscheidungskompetenz des Bundesrates vorgesehen werden, wenn an der Beschaffung des Realersatzes mehrere Kantone beteiligt sind.

Wir glauben, in dieser schwierigen Frage heute nicht weiter gehen zu können. Vielleicht bleibt es einer späteren Zeit vorbehalten, die Aufgabe wirksamer zu lösen. Sicher ist aber, dass auch eine ausgedehnte Anwendung des Realersatzes im Sinne von Art. 2 des Entwurfes einer umfassenden Landesoder Regionalplanung in keiner Weise vorgreifen, sie vielmehr unterstützen würde, indem möglichst viel landwirtschaftlich nutzbarer Boden einstweilen erhalten bliebe; die Umwandlung solchen Bodens für andere Zwecke ist jederzeit möglich, weniger leicht aber die Rückgewinnung überbauten Areals für die Landwirtschaft (vgl. im übrigen für die bei der Landesplanung zu lösenden Rechtsfragen die Verhandlungen des Schweizerischen Juristenvereins von 1947, S. 171 a ff.).

III. Der Geltungsbereich des Gesetzes wird in den Art. 3--6
umschrieben, und zwar zunächst in Art. 3 die normale bundesrechtlich vorgesehene Anwendung. Diese erstreckt sich auf die Liegenschaften, die ausschliesslich oder vorwiegend landwirtschaftlich genutzt werden. Das Entschuldungsgesetz nennt auch die «Heimwesen», die aber einen betriebswirtschaftlichen Begriff darstellen (vgl. Art. l des Entschuldungsgesetzes und Art. l--3 der Verordnung über die Entschuldung landwirtschaftlicher Heimwesen). Die unterschiedliche Terminologie rechtfertigt sich dort, weil eben jenes Gesetz die Entschuldung landwirtschaftlicher Heimwesen als Betriebseinheiten zum Gegenstand hat. Hier dagegen stehen die landwirtschaftlichen Grundstücke als solche im Vordergrund. Zu diesen zählen, wie aus Art. 655 ZGB

49 hervorgeht, auch die in das Grundbuch aufgenommenen selbständigen und dauernden Eechte (wie Baurechte, Quellenrechte, Wasserrechtskonzessionen), die auch für die Landwirtschaft erhebliche Bedeutung haben können. Was die Waldgrandstücke betrifft, sind sie in die Anwendung des Gesetzes dann und nur dann einbezogen, wenn sie zu einem landwirtschaftlichen Betrieb gehören; damit ist der forstwirtschaftlich ausgenutzte Wald ausgeschlossen, der in der Tat nicht als Bestandteil der Landwirtschaft gelten kann und auf welchen der Inhalt des Gesetzes nicht passen würde.

Auch in Hinsicht auf den landwirtschaftlich genutzten Boden gibt es Verhältnisse, in welchen sich die Anwendung des Gesetzes nicht oder nicht immer rechtfertigen würde. Die Bedürfnisse können sich in dieser Hinsicht verschieden gestalten. Daher räumt der Entwurf den Kantonen die Kompetenz ein, allgemeine Ausnahmen zu statuieren, und zwar einerseits für Liegenschaften in Städten oder Ortschaften mit städtischen Verhältnissen (Art. 4), sodann für isolierte Parzellen, die nicht Bestandteile eines Landwirtschaftsbetriebes sind, sondern unabhängig von einem solchen genutzt werden (Art. 5), und schliesslich für Nutzungs- und Anteilsrechte an Allmenden, Alpen, Wald und Weiden, die im Eigentum von Allmend- oder Alpgenossenschaften, Waldkorporationen oder ähnlichen Körperschaften stehen, für welche daher besondere Gesichtspunkte massgebend sind (Art. 6). Auch für solche Allmend- und Alprechte kann zwar an sich ein Bedürfnis nach Unterstellung bestehen, denn sie sind vielfach sehr gesucht und werden zusammengekauft, so dass sie den Bergbauern verloren gehen. Aber diese Eechte stehen nach Art. 59, Abs. 3, ZGB unter dem kantonalen Eecht, das sehr mannigfaltig beschaffen ist und namentlich in Hinsicht auf die Form der Übertragung verschieden lautet. Deshalb müssen die Kantone in der Lage sein, die Frage der Anwendung des Gesetzes nach den besondern Verhältnissen zu entscheiden und nötigenfalls ergänzende oder abändernde Vorschriften aufzustellen.

Was die Frage betrifft, in welcher Weise festgestellt werden soll, ob im Einzelfall das Gesetz anwendbar ist oder nicht (insbesondere bei beabsichtigter Handänderung), so hat der Entwurf von einem besondern Unterstellungsverfahren nach dem Vorbild der Art. 2--4 des Entschuldungsgesetzes abgesehen. Die
Vorentwürfe enthielten ein solches, aber es wurde schliesslich als entbehrlich fallen gelassen. Das hindert nicht, dass jeweilen Klarheit über die Anwendbarkeit bestehen muss. Deshalb bestimmt Art. 8, Abs. 8, dass jedermann, der ein Interesse glaubhaft macht, befugt ist, die Anwendbarkeit des Gesetzes im Einzelfall durch'die zuständige, gemäss Art. 41 vom Kanton zu bezeichnende Behörde feststellen zu lassen. Interessent in diesem Sinne ist vor allem der Eigentümer selbst, dann aber auch ein Kaufsliebhaber und allgemein, jede Person, die darzutun vermag, dass und warum sie über die Anwendbarkeit des Gesetzes in einem bestimmten Fall Gewissheit haben muss.

50

Zweiter Abschnitt.

Zugrecht auf landwirtschaftlichen Liegenschaften.

I. In den Art. 7--15 nimmt der Entwurf ein Rechtsinstitut wieder auf, das in frühern Zeiten sehr verbreitet war und sich auch in den schweizerischen Kantonen lange, zum Teil bis zum Inkrafttreten des Zivilgesetzbuches erhalten hat: das Zugrecht. Wie .schon erwähnt, ist darunter die bestimmten Personen vom Gesetz zuerkannte Befugnis zu verstehen, eine vom Eigentümer einem Dritten verkaufte Liegenschaft an sich zu ziehen und an die Stelle des Käufers zu treten. Diese Art des gesetzlichen Vorkaufsrechts finden wir in unzähligen Statutarrechten der Ost- und Westschweiz meist eingehend geordnet (vgl. darüber Eugen Huber, System und Geschichte des schweizerischen Privatrechts, Bd. III, S. 265 ff., Bd. IV, S. 717ff., insbesondere 719, 721, 728). Es tritt vornehmlich in zwei Spielarten auf, einerseits als Zugrecht der Einheimischen heim Verkauf einer Liegenschaft an einen Fremden, andererseits zugunsten der Verwandten des Verkäufers in engerer oder weiterer Abgrenzung (so z. B. noch das bernische Civilgesetzbuch von 1824 in den Satzungen 819--833, die bis Ende 1911 in Kraft standen). In beiden Formen verkörpert dieses Eechtsinstitut eine ausgesprochen konservative und konservierende Tendenz, die Erhaltung des Grundbesitzes in der Familie oder wenigstens im Kreis der Einheimischen. Der neueren Entwicklung konnte das Institut freilich nicht überall standhalten, und es wurde namentlich nach der Verbreitung der Ideen der französischen Eevolution vielfach als überlebt empfunden. Unter der Helvetik wurde das Zugrecht beseitigt, lebte aber hernach in einzelnen Kantonen wieder auf. Mit dem Inkrafttreten des Zivilgesetzbuches ist es auch dort verschwunden (bis auf das Vorkaufsrecht des Miteigentümers nach Art. 682).

Die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte auf dem landwirtschaftlichen Liegenschaftsmarkt legen indessen die Frage nahe, ob der Bundesgesetzgeber in dieser Hinsicht nicht zu radikal vorgegangen ist und auf ein Bechtsinstitut verzichtet hat, das auch heute noch oder heute wieder in vermehrtem Masse einen guten Zweck erfüllen kann. Wenn Art. l des Entwurfs es als eine der Aufgaben des Gesetzes bezeichnet, die Bindung zwischen Familie und Heimwesen zu festigen, so ist die Wiedereinführung eines Zugrechts der Verwandten ganz besonders
geeignet, diesem Zweck zu dienen. Zugleich würde sie, für das Gebiet der Landwirtschaft, die neuerdings durch Art. 84<ïuln(iuies der Bundesverfassung verankerten Bestrebungen des Familienschutzes unterstützen.

Der Gesetzgeber braucht sich nicht zu scheuen, auf ältere, bereits überwunden geglaubte Gedanken zurückzugreifen, wenn sichtbare Nachteile und Gefahren ihnen neue Existenzberechtigung verleihen. Wir glauben deshalb, der Schritt dürfe gewagt werden.

II. Was den A n w e n d u n g s b e r e i c h dieses neu einzuführenden Zugrechts betrifft, so soll es im allgemeinen bei jedem Verkauf einer landwirtschaftlichen Liegenschaft Platz greifen, die gemäss Art. 3--5 unter das Gesetz fällt. Es erfasst auch mitverkauftes Inventar, wenn dafür mit der Liegenschaft ein Gesamtpreis festgesetzt wird (Art. 7, Abs. 3). Dem Verkauf sind, zur Ver-

51 meidung von Umgehungen, die Abtretung und die freiwillige öffentliche Versteigerung gleichzustellen, dagegen naturgemäss nicht die Zwangsversteigerung und die Enteignung (Art. 7, Abs. l und 4).

Ausserdem nimmt aber Art. 11 vom Vorkaufsrecht bestimmte Fälle aus, die so beschaffen sind, dass das Gesetz dem freien Verkauf keine Schranken auferlegen will: a. Rechtsgeschäfte über Parzellen von weniger als 10 Aren, sofern sie zur Abrundung eines Heimwesens dienen. Die Arrondierung ist ja in der Hegel zur Förderung einer rationellen Bewirtschaftung erwünscht und soll nicht unnötig erschwert werden. Doch muss dafür Vorsorge getroffen werden, dass nicht unter dem Vorwand der Arrondierung durch wiederholten Zukauf kleiner Parzellen die allmähliche Übertragung grösserer Liegenschaften oder ganzer Heimwesen unter Ausschluss des Vorkaufsrechts vorgenommen werden kann; Voraussetzung der Befreiung ist also, dass nicht unter den nämlichen Vertragsparteien innerhalb der vorangehenden fünf Jahre Geschäfte gleicher Art abgeschlossen worden sind.

b. Eine wichtige allgemeine Ausnahme bildet der Verkauf von Liegenschaften, die zur Überbauung oder zur gewerblichen oder industriellen Ausnutzung des Bodens erworben werden. Diese Zweckbestimmung muss auch ein Gesetz über landwirtschaftliches Bodenreoht respektieren, will es nicht in Einseitigkeit verfallen und notwendige Bauten verunmöglichen. Namentlich trifft diese Bestimmung auch die freihändige Erwerbung von Landstücken, die zur Erstellung von Kraftwerken und den mit solchen zusammenhängenden Anlagen benötigt werden. Solche Werke sind vom Standpunkt der gesamten Wirtschaft so wichtig und unentbehrlich, dass trotz -Schmälerung des landwirtschaftlich genutzten Bodens ihre Berechtigung anerkannt werden muss.

c. Unter die allgemeinen Ausnahmen gehören auch Eechtsgeschäfte über mehrere Liegenschaften, die zu einem gemischten Betrieb gehören, bei welchem dei nichtlandwirtschaftliche Charakter überwiegt. In solchen Grenzfällen könnte die Anwendbarkeit des Gesetzes fraglich sein. Man denke an Spitäler, Hotels und Herrensitze oder ähnliche Besitzungen mit eigener Landwirtschaft, wie sie in unserem Lande noch häufig zu treffen sind. Hier soll die freie Veräusserung landwirtschaftlicher Parzellen von solchen gemischten Betrieben nicht gehindert sein.

III. Den Kreis der zum
Vorkauf berechtigten Personen zieht der Entwurf in dreifacher Abstufung in dem Sinne, dass die im hintern Eang Stehenden nur dann zum Vorkauf zugelassen werden, wenn kein Berechtigter in vorderm Bang ihn ausübt. Unerlässliche Voraussetzung ist jedoch nach Art. 7, Abs. l, in allen Fällen, dass der Züger das Gut selbst bewirtschaften will und hiefür geeignet erscheint und wenn er überdies genügende Gewähr für die Bezahlung des Kaufpreises bietet. Die beiden ersten Voraussetzungen ergeben sich ohne weiteres aus dem mit dem Zugrecht hier verfolgten Zweck, die dritte will den Verkäufer vor unbilliger Benachteiligung schützen. Die Berechtigung zum Vorkauf ist nun wie folgt geordnet:

52 1. An erster Stelle stehen die nächsten Verwandten des Verkäufers, nämlich die Nachkommen, und Geschwister und deren Nachkommen, der Ehegatte und die Eltern (Art. 8, Abs. 1). Diese Begrenzung genügt unter dem Gesichtspunkt der Erhaltung des Hofes in der Familie; die Ausdehnung auf alle gesetzlichen Erben würde diesen Eahmen überschreiten.

Während diesen Verwandten das Zugrecht schlechthin von Gesetzes wegen zusteht, erkennt Art. 8, Abs. 2, es in weniger bestimmter Umschreibung auch solchen Personen zu, die, ohne mit dem Verkäufer blutsverwandt zu sein, doch zu ihm oder wenigstens zur verkauften Liegenschaft in einer besondern Beziehung stehen, so dass sie aus diesem Grunde den Vorrang vor einem beliebigen Käufer verdienen. Der Entwurf nennt insbesondere den Adoptivsohn, den Pflegesohn und das Patenkind. Durch diese Bestimmung wird dem Gedanken des Familienschutzes in einem weitern Sinne Kechnung getragen. Solche Beziehungen sollen freilich nicht einen festen gesetzlichen Anspruch auf das Vorkaufsrecht geben; es wird vielmehr dem Richter überlassen, nach freiem Ermessen und in. Würdigung der Umstände über die Zuerkennung zu entscheiden, wenn ein Züger unter Berufung auf diese Bestimmung auftritt und das Recht ihm streitig gemacht wird.

2. An die zweite Stelle der Berechtigten setzt Art. 9 den langjährigen Pächter der v e r k a u f t e n L i e g e n s c h a f t . Es ist gewiss natürlich, dass dieser vor einem ganz fernstehenden Käufer den Vorrang habe. Von der Fixierung einer bestimmten Mindestdauer der Pacht als Voraussetzung des Zugrechts sieht der Entwurf indessen ab; sie wäre notwendig willkürlich und für den Pächter sogar gefährlich, da sie den Verpächter veranlassen könnte, kurz vor Ablauf der Mindestdauer dem Pächter zu kündigen. Auch hier soll im Streitfall der Richter entscheiden, der namentlich in Betracht ziehen wird, wie der Pächter sich bewährt hat und ob andererseits auch der Käufer das Gut selbst bewirtschaften will.

3. Mit den Verwandten und dem Pächter wird in der Regel der Kreis der Zugsberechtigten abgeschlossen sein. Art. 10 fügt indessen noch den Fall bei, dass der Käufer bereits Eigentümer so vieler landwirtschaftlicher Liegenschaften ist, dass sie einer Familie eine auskömmliche Existenz bieten. Unter dieser Voraussetzung, aber nur dann, sollen auch Drittpersonen zürn
Vorkauf zugelassen werden, die bisher keine Beziehungen zum Verkäufer oder zur verkauften Liegenschaft hatten, wenn sie die letztere selbst bewirtschaften wollen und die übrigen Voraussetzungen des Art. 7, Abs. l, erfüllen. Damit will der Entwurf die Erhaltung selbständiger bäuerlicher Existenzen begünstigen; in der Zielsetzung des ganzen Gesetzes verdient dieser Erfolg den Vorrang vor der Bildung grosser Betriebe oder der Vereinigung mehrerer selbständiger Bauernheimwesen in der Hand eines Landwirts.

4. Sowohl in der Kategorie der Verwandten (Art. 8) als in derjenigen von Drittansprechern (Art. 10) können mehrere Berechtigte nebeneinander vorbanden sein. Für diese Fälle ordnet Art. 12 die Reihenfolge der Berech-

53 tigten. Zwischen den Verwandten geschieht dies in bindender Weise (Abs. 2 und 3), während im übrigen der Eichter entscheiden muss, wenn die Ansprecher sich nicht verständigen können. Das nämliche trifft zu, wenn der Käufer selbst zu den Zugsberechtigten gehört (Abs. 1). Vorbehalten wird aber auch der in Art. 621ter des Zivilgesetzbuches (in der Fassung des Entschuldungsgesetzes) erwähnte Fall, dass das verkaufte landwirtschaftliche Gewerbe nach Umfang und Beschaffenheit die Zerlegung in mehrere lebensfähige Betriebe gestattet; alsdann können mehrere Berechtigte gleichzeitig das Vorkaufsrecht ausüben, unter entsprechender Teilung des Objekts (Abs. 4).

IV. Wichtig ist die Bestimmung des Übernahmepreises, zu welchem der Vorkaufsberechtigte die Liegenschaft an sich ziehen kann (Art. 18). In dieser Hinsicht ist zu unterscheiden zwischen den Verwandten und den übrigen Berechtigten. Die Verwandten gehören zum Kreis der gesetzlichen Erben des Verkäufers, und ihre Zulassung zum Vorkauf beruht gerade auf dem Gedanken der Erhaltung des Hofes in der Familie, die kraft Erbrechts einträte, wenn der Eigentümer den Hof nicht verkaufen würde'. Es erscheint deshalb gegeben, in diesen Fällen auch in bezug auf den Übernahmepreis die Grundsätze des bäuerlichen Erbrechts Platz greifen zu lassen, d. h. nach Art. 620 ZGB die Anrechnung zum Schätzungswert im Sinne des Entschuldungsgesetzes (Art. 6: Ertragswert mit einem allfälligen Zuschlag von höchstens 25 %). Das entspricht der Stellung dieser Zugsberechtigten gegenüber dem verwandten Verkäufer und dem mit der Zuerkennung des Zugrechts hier verfolgten Zweck.

Dagegen ist für die nicht verwandten und nicht erbberechtigten Züger kein Grund zu dieser Vorzugsbehandlung gegeben. Sie sollen zwar nicht unter allen Umständen den zwischen Verkäufer und Käufer vereinbarten Preis bezahlen müssen, der vielleicht ein übersetzter Liebhaberpreis ist, jedoch die Liegenschaft zum Verkehrswert übernehmen können ;. darin liegt auch mit Eücksicht auf den Verkäufer die angemessene Lösung.

Ein Sonderfall wird (in Art. 13, Abs. 2) besonders berücksichtigt. Wenn nämlich Verwandte, die vom Vorkaufsrecht nicht Gebrauch machen, den Verkäufer durch finanzielle Leistungen unterstützt und ihm vielleicht damit erst die Übernahme oder die Bewahrung des Hofes ermöglicht haben, so sollen sie womöglich
nun beim Verkauf desselben für ihre Aufwendungen gedeckt werden; denn die Voraussetzung, unter der sie ihrem Verwandten behilflich gewesen sind, fällt nun dahin. In solchen Fällen soll, nach richterlichem Ermessen, der Schätzungswert angemessen erhöht werden können.

Art. 13, Abs. 4, des Entwurfs übernimmt ferner die Bestimmung des Art. 619 ZGB über eine allfällige Gewinnbeteiligung der übrigen Vorkauf sberechtigten bei späterem Weiterverkauf der Liegenschaft.

V. Die A u s ü b u n g des Vorkaufsrechts setzt die Kenntnis der Berechtigten von dem erfolgten Verkauf voraus. Art. 14 verpflichtet deshalb die Urkundsperson, vor welcher das Geschäft abgeschlossen wurde, sich nach dem Vorhandensein zugsberechtigter Verwandter des Verkäufers sowie nach ßundesblatt.

100. Jahrg.

Bd. 1.

5

54 einem allfälligen Pächter zu erkundigen und dem Grundbuchverwalter ein Verzeichnis dieser Personen einzureichen. Der Grundbuchverwalter hat dann seinerseits diesen Personen Mitteilung zu machen, sobald der Kaufvertrag bei ihm zur Eintragung ins Grundbuch angemeldet worden ist.

Schwieriger sind die nach Art. 10 zum Vorkauf Berechtigten zu erfassen ; man weiss nicht, ob solche Interessenten existieren. Mit Eücksicht auf sie bleibt daher nur die öffentliche Kundmachung vom Abschluss des Kaufvertrages übrig, die freilich etwas umständlich erscheint, aber nicht entbehrt werden kann. Einzelne Kantone kennen allerdings heute schon die Publikation der Handänderungen über Liegenschaften, und für sie wird die Vorschrift nichts Neues bringen. So sollen denn auch die Kantone die Form der Bekanntmachung bestimmen.

Die Frist für die Geltendmachung des Vorkaufsrechts bemisst Art. 15 auf einen Monat seit der Mitteilung an.den Berechtigten, jedoch unter Beifügung einer Verwirkungsfrist von einem Jahr seit der Anmeldung des Kaufvertrages im Grundbuch, selbst wenn die Mitteilung aus irgendeinem Grunde unterlassen worden sein oder den Berechtigten nicht erreicht haben sollte.

Es wäre mit der Bechtssicherheit nicht vereinbar, wenn auf unbeschränkte Zeit die Möglichkeit der Ausübung eines Vorkaufsrechts bestünde, und die Wirkungen des längst abgeschlossenen Kaufs könnten in vielen Fällen gar nicht rückgängig gemacht werden.

VI. Für die Alpweiden stellt Art. 16 des Entwurfes eine besondere Eegelung auf, die sich als notwendig erwiesen hat, um den eigenartigen Verhältnissen Eechnung zu tragen und die Alpweiden möglichst den Bergbauern zu erhalten. Am 15. Juni 1943 nahm der Nationalrat ein im Jahre 1942 eingereichtes Postulat Eoth an, das den Bundesrat zum Bericht darüber einlud, «ob nicht möglichst rasch die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen seien, um den Bergbauern das notwendige Nutzniessungsrecht an den für sie in Betracht fallenden Sömmerungsalpen dauernd sicherzustellen.

Hierbei wären besonders folgende Massnahmen zu prüfen: 1. Ausschaltung jeglicher Spekulation.

2. Verbot des Verkaufs an Nichtlandwirte.

3. Beschränkung des Verkaufs an auswärtige Landwirte und Genossenschaften auf die Fälle, wo die Alpweiden von den anwohnenden Bergbauern nicht benötigt werden.

4. Zurückführung der für die Bergbauern
lebenswichtigen Privatalpen in Gemeinbesitz zum Nutzungswerte.

5. Entschuldung zwecks möglichst billiger Alpung.» .

Aus der Begründung des Postulates durch Herrn Nationalrat Eoth mag hier folgendes hervorgehoben werden: «Die Sömmerungsalp ist für die Existenz der Bergbevölkerung eine der Hauptgrundlagen. Der freie Weidgang auf den Bergweiden während der

55 Sommermonate ist eine Vorbedingung für die Aufzucht von gesundem Jungvieh. Dank der Alpnutzung kann ein vielleicht um die Hälfte zahlreicherer Viehstand gehalten werden, als es ohne Alpen möglich wäre. Die Bergbauern können während des Sommers die Hut und Pflege ihres Viehs einem Hirten oder Älpler übergeben, und dadurch werden die notwendigen Kräfte frei für das Heuen im Tal und den so notwendigen Nebenverdienst. Auch kann sich mancher Bergbauer von der gemeinsamen Alp her mit Holz, Wildheu und Streue versorgen. Ein guter Teil der Bergbewohner müsste seine kleinbäuerliche Existenz liquidieren, wenn die Alpung nicht mehr möglich wäre. Man nehme dem Bergbauern die Alp, und alle noch so wohlgemeinten Hilfsaktionen würden seinen Niedergang und seinen Euin nicht aufhalten können.

In der kommenden Landwirtschaftsgesetzgebung muss die Erhaltung der Sömmerungsalpen einen wichtigen Platz einnehmen. Die Gesetzgebung darf sich nicht damit begnügen, den Verkauf an Nichtlandwirte und die Überzahlung und Überschuldung zu verhindern. Sie muss die Alp positiv dem Bergbauern reservieren, soweit er dieselbe benötigt, und die Zurückführung in den Gemeinbesitz muss staatlich gefördert werden. Ich möchte der Privatalp das Daseinsrecht nicht absprechen und sehe auch ein, dass sie allerlei Vorzüge hat. Aber sie muss der Spekulation entzogen werden, und es muss die Möglichkeit geschaffen werden, sie im Handänderungsfall mit Hilfe von Bund und Kanton in den Gemeinbesitz der interessierten Bergbauern zurückzuführen.» Im ganzen Umfang lässt sich das Postulat nicht verwirklichen, aber seine Tendenz ist richtig und geht parallel mit derjenigen unseres Entwurfs. Mit . Grund hat das Postulat auf die Wichtigkeit der Alpweiden und der Viehsömmerung für die Bergbevölkerung hingewiesen. Eine einheitliche Eegelung für das ganze Gebiet der Schweiz wäre aber angesichts der ungleichen Verhältnisse nicht zweckmässig. Wir sind deshalb dazu gelangt, in Art. 16 den Kantonen die Befugnis zum Erlass der ihnen notwendig erscheinenden Vorschriften einzuräumen. Die Alpweiden fallen auch unter das Gesetz und unterstehen daher dem Vorkaufsrecht. Aber die allgemeinen Bestimmungen über dieses reichen hier nicht aus, namentlich nicht die Bezeichnung der vorkaufsberechtigten Personen. Die Kantone sollen deshalb weiter gehen, namentlich auch den
Gemeinden, Alpgenossenschaften und andern öffentlich-rechtlichen Korporationen ein Vorkaufsrecht einräumen können. Ferner soll dafür gesorgt werden, dass den einheimischen Bergbauern die notwendige Sommerung ihres Viehs ohne Bücksicht darauf gesichert bleibt, ob eine Alp der örtlichen Genossenschaft oder einem andern Eigentümer gehört.

Für die von den Kantonen gestützt auf diese Ermächtigung erlassenen Vorschriften wird als Gültigkeitserfordernis die Genehmigung des Bundesrates vorbehalten, der zu prüfen haben wird, ob die Vorschriften sich im Eahmen der Ermächtigung halten und nicht über den gewollten Zweck hinaus vom Bundesrecht abweichen.

56 Dritter Abschnitt.

Die Liegenschaftsvermittlung.

Seit langem wird, ganz besonders in landwirtschaftlichen Kreisen, über Mißstände in der gewerbsmässigen Liegenschaftsvermittlung geklagt und dem Bund der Erlass ordnender Vorschriften nahegelegt. Neben der sicherlich grossen Zahl durchaus zuverlässiger und einwandfreier Vermittler drängen sich in dieses Gewerbe öfters Leute, die über eine gewisse Zungenfertigkeit verfügen, aber finanziell und moralisch keine Gewähr bieten, vielleicht in anderer Tätigkeit Schiffbruch erlitten haben und nun als Liegenschaftsvermittler oder -agenten ihr Heil versuchen. Die Ausführung eines Vermittlungsauftrags ist aber weitgehend Vertrauenssache und verlangt Charakterfestigkeit; der Vermittler muss der Versuchung widerstehen können, mit nicht ganz einwandfreien Mitteln zum Vertragsabschluss zu gelangen. Der Landwirt, der ein Heimwesen erwerben will, ist in der Eegel dem Liegenschaftsvermittler an Geschäftsgewandtheit nicht gewachsen. Oft ist er aber auf ihn angewiesen, um ein passendes Heimwesen zu finden. Mancher Landwirt hat dabei Enttäuschungen erlebt und ist übervorteilt worden. Wollte er den Agenten verantwortlich machen, so war dann vielleicht bei ihm nichts zu holen. Durch unlautere Geschäftspraktiken der Vermittler werden aber nicht nur die Auftraggeber geschädigt, sondern sie leisten auch der Spekulation Vorschub, deren Bekämpfung ja eines der Ziele des vorliegenden Entwurfes bildet.

Ist also ein Bedürfnis, für gute Ordnung in diesem Gewerbe zu sorgen, kaum zu bestreiten, so fragt sich, welchem Gemeinwesen diese Aufgabe obliegt.

Da es sich um gewerbepolizeiliche Bestimmungen handelt, sind in erster Linie die Kantone kompetent. Der Bund ist seinerseits zuständig auf Grund des Art. 31bls, Abs. 2, der Verfassung; er kann also für das ganze Gebiet der Eidgenossenschaft in einer die Kantone bindenden Weise legiferieren, wenn er es für nötig hält.

Als während des letzten Krieges die Jagd nach landwirtschaftlichen Gütern, für die vielfach unsinnige Preise geboten wurden, immer schärfere Formen annahm, sah sich der Bundesrat gezwungen, gestützt auf die Vollmachten auch in Hinsicht auf das Vermittlergewerbe einzugreifen. Es geschah in dein schon wiederholt erwähnten Bundesratsbeschluss vom 19. Januar 1940 über Massnahmen gegen die Bodenspekulation und die
Überschuldung sowie zum Schütze der Pächter, der in Art. 27 ff. die entgeltliche Vermittlertätigkeit einer vom Kanton zu erteilenden Konzession unterwirft, deren Voraussetzungen umschreibt und auch gewisse Abreden in Mäklerverträgen als nichtig bezeichnet.

Kantonale Vorschriften über die gewerbsmässige Liegenschaftsvermittlung bestehen zurzeit in allen Kantonen mit Ausnahme von Nidwaiden, Glarus, Baselstadt und Neuenburg. Sie stützen sich fast alle auf den Bundesratsbeschluss von 1940 und sind meist in den Ausführungsbestimmungen zu jenem,

57 vereinzelt in gesonderten Erlassen enthalten. Vor dem Erscheinen des Bundesratsbeschlusses hahen nur wenige Kantone von ihrer Kompetenz Gebrauch gemacht. Diese Wahrnehmung legt es nahe, grundlegende bundesrechtliche Bestimmungen in die dauernde Gesetzgebung überzuführen. Es wird damit auch eine wenigstens in grossen Zügen einheitliche Ordnung erreicht, die sich jedoch nicht auf alle Einzelheiten zu erstrecken braucht. Namentlich aber spricht für bundesrechtliche Vorschriften die Tatsache, dass nur auf diesem Wege praktisch die Gültigkeit der im Kanton ausgestellten Bewilligung zur Berufsausübung im ganzen Gebiet der Schweiz erreicht werden kann. Auf diese Wirkung verzichtet allerdings bisher der Art. 27 des Bundesratsbèschlusses und beschränkt umgekehrt die Gültigkeit der Konzession auf das Gebiet des Kantons, der sie erteilt hat. Aber gerade das wird als ein Mangel empfunden.

Die bloss kantonale Geltung schränkt den Vermittler, der oft auch anderswo ein Objekt für seinen Auftraggeber suchen muss, allzusehr ein und kann ihn zwingen, für die Erwerbung vieler kantonaler Konzessionen Gebührenbeträge zu entrichten, die zum geschäftlichen Umsatz in keinem Verhältnis stehen.

Es ist ein ungenügender Notbehelf, wenn wenige Kantone unter Vorbehalt des Gegenrechts auch die in den andern Kantonen erteilten Konzessionen anerkennen. Besser ist es, die Anforderungen an die Zulassung zu diesem Gewerbe streng zu gestalten. Unter dieser Voraussetzung wird dann auch die Einräumung der Freizügigkeit in der Berufsausübung den Kantonen annehmbar erscheinen.

Auf diese Erwägungen gründen sich die Art. 17--20 des Entwurfes. Wir haben es immerhin für richtig befunden, uns in der Aufstellung einheitlicher Bestimmungen auf das Minimum zu beschränken, das noch einen Erfolg verspricht. Es liegt wie in der bisherigen vorläufigen Ordnung im Erfordernis einer behördlichen Bewilligung für die gewerbsmässige Vermittlung des Abschlusses von Kauf- oder Tauschverträgen über landwirtschaftliche Grundstücke und für den gewerbsmässigen Nachweis von Gelegenheiten zum Abschluss solcher Verträge (Art. 17). Damit wird eine Kontrolle geschaffen, die es ermöglicht, ungeeignete Elemente fernzuhalten. Es ist übrigens daran zu erinnern, dass nach Art. 58, lit. A, Ziff. S, der Handelsregisterverordnung vom 7. Juni 1987 der gewerbsmässige
Mäkler verpflichtet ist, sich in das Handelsregister eintragen zu lassen.

Die Bewilligung ist persönlich und setzt Handlungsfähigkeit, bürgerliche Ehrenfähigkeit und guten Leumund des Bewerbers voraus; an Konkursiten und fruchtlos Ausgepfändete darf sie nicht erteilt werden (Art. 18). Praktisch wichtig ist, dass der Kanton eine angemessene Kaution verlangen darf. Eine Bewilligung kann jederzeit widerrufen werden, wenn die Voraussetzungen ihrer Erteilung weggefallen sind oder der Mäkler sich einer Tätigkeit schuldig macht, die auf eine Verletzung oder Umgehung des Gesetzes hinzielt (Art. 19).

Bei der Vorbereitung des Entwurfes wurde erwogen, ob nicht, ungefähr nach dem Vorbild des Bundesratsbèschlusses vom 19. Januar 1940, gewisse

58 vertragliche Abreden in den Mäklerverträgen von Gesetzes wegen nichtig zu erklären seien, um den Auftraggeber möglichst vor Übervorteilung zu schützen.

Es hätte sich insbesondere um Vereinbarungen gehandelt, durch welche der Auftraggeber eine Konventionalstrafe für den Fall des Widerrufes des Auftrags verspricht oder eine Provision ohne Kücksicht darauf zusichert, ob das Geschäft durch die Tätigkeit des Mäklers zustande gekommen ist oder nicht, sowie um den Verzicht auf den ordentlichen Gerichtsstand. Schliesslich wurde aber für besser befunden, auf solche Bestimmungen rein privatrechtlicher Natur hier zu verzichten und es bei den allgemeinen Begeln des Obligationenrechts bewenden zu lassen. Darnach untersteht das Verhältnis zwischen Mäkler und Auftraggeber auch hier weiterhin den Art. 412--417 OE, und Streitigkeiten über die Auslegung des Vertrages sind durch den Eichter zu entscheiden.

Die genannten Artikel haben bereits zu einer ausgedehnten Judikatur geführt, und es wäre recht heikel, hier durch Bestimmungen einzugreifen, die leicht zu allgemein lauten und den Verhältnissen des Einzelfalles zu wenig Eechnung tragen. Zudem müsste man sich fragen, ob und warum nur im Gebiet des landwirtschaftlichen Liegenschaftsverkehrs das interne Verhältnis der Vertragsparteien einer besondern Ordnung bedürfe. Es soll also bei den allgemeinen Normen bleiben. Aus diesen sei hier bloss Art. 417 OE hervorgehoben, der dem Eichter die Möglichkeit gibt, auf Antrag des Auftraggebers eine unverhältnismässig hohe Provision angemessen herabzusetzen.

Beschränkt sich demnach der Bundesgesetzgeber auf einige wenige Vorschriften gewerbepolizeilicher Natur, so betrachtet er andererseits diese nicht als abschliessende Ordnung des Mäklergewerbes für die landwirtschaftlichen Grundstücke. Er ermächtigt in Art. 20 des Entwurfs die Kantone zum Erlasse weitergehender Vorschriften, die der Genehmigung des Bundesrates bedürfen.

Aber auch die Kantone können gestützt auf diese Ermächtigung nur gewerbepolizeiliche, nicht privatrechtliche, das Auftragsverhältnis berührende Bestimmungen aufstellen, da ihnen zu einem solchen Eingriff in das Obligationenrecht die Kompetenz fehlen würde. Es wird sich also darum handeln, dass die Kantone noch schärfere Anforderungen in be?ug auf die Eignung der Bewerber zum Mäklerberuf stellen, die
Tätigkeit der konzessionierten Vermittler einer regelmässigen Aufsicht und einer disziplinarischen Verantwortlichkeit unterstellen und sie zur Führung besonderer Geschäftsbücher verhalten.

Vierter Abschnitt.

Pachtverhältnisse.

Die grosse Verbreitung und Bedeutung der Pacht in der Struktur der schweizerischen Landwirtschaft wurde schon hervorgehoben. Bei der Gestaltung des künftigen Bodenrechts muss das Augenmerk auch auf die Pacht gerichtet und es muss geprüft werden, ob sie eines besonderen Schutzes bedarf.

Die Tatsache, dass die landwirtschaftliche Pacht sich unter dem geltenden

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Bechi gut entwickelt und dass sie, abgesehen von Kriegszeiten, nicht wesentliche Störungen durchgemacht hat, legt den Schluss nahe, dass es im grossen und ganzen bei der obligationenrechtlichen Ordnung sein Bewenden haben kann. Der Entwurf beschränkt sich denn auch auf zwei Abänderungen des geltenden Eechts.

Während des Krieges hat freilich der Bundesratsbeschluss vom 19. Januar 1940 mit seinen Nachträgen scharf ins Pachtrecht eingegriffen (Art. 83--41), einmal zum Schutz des im Aktivdienst stehenden Pächters, sodann durch Festsetzung einer als Eegel vorgeschriebenen Minimalpachtdauer von 5 Jahren und endlich durch Beschränkung des Kündigungsrechtes beider Vertragsparteien auf wichtige Gründe. Mit dem Kriegsende wurden die Bestimmungen über den Aktivdienst gegenstandslos ; der Bundesratsbeschluss vom 25. März 1946 über Änderung der Massnahmen zum Schütze der Pächter liess aber auch die Kündigungsbeschränkung fallen und hält nur noch eine dreijährige Minimaldauer der Pacht fest. Des Zusammenhangs wegen sei auch auf die Verfügung XI a des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements vom 11. Juli 1938 über ausserordentliche Massnahmen betreffend die Kosten der Lebenshaltung hingewiesen, derzufolge Pachtzinse, Weidegelder und Sömmerungszinse unter bestimmten Voraussetzungen behördlicher Genehmigung bedürfen und off ensicht lieh übersetzte Zinse der Herabsetzung erliegen. Die weitere Geltungsdauer dieser in der Abwertungsgesetzgebung wurzelnden Höchstpreisvorschriften ist ungewiss, und sie stehen ausserhalb der im Bodenrecht zu ordnenden Verhältnisse.

Demgemäss befasst sich auch unser Entwurf in keiner Weise mit der Höhe des Pachtzinses für landwirtschaftliche Güter. Dazu liegt kein Grund vor.

Übrigens wäre es verfehlt, zu glauben, der Verpächter sei stets der wirtschaftlich stärkere Teil, der dem Pächter seine Bedingungen nach Belieben aufnötigen könne. Oft befindet sich umgekehrt der Eigentümer in einer Zwangslage, weil Alter oder Krankheit ihn ausserstande setzen, den Hof selbst zu bewirtschaften, und er infolgedessen auf einen Pächter angewiesen ist.

Einigkeit herrscht darüber, dass von einer Einschränkung des Kündigungsrechts für landwirtschaftliche Pachtverträge im ordentlichen Eecht nicht die Eede sein kann. Zwar ging hier schon unser Kriegsnotrecht, indem es die beiden Vertragsparteien gleich
behandelte, weniger weit als beim Mietvertrag, wo unter dem Druck der Wohnungsnot einseitig nur der Vermieter in seinem.

Kündigungsrecht eingeschränkt ist. Und es gibt Staaten, die für die ländliche Pacht die Kündigungsmöglichkeit allgemein beschränken (Spanien, Belgien, Holland, Schottland, Irland, Pinnland). Unserem System und unserem Eechtsbegriff würden aber derartige Normen zuwiderlaufen. Normale Zustände vorausgesetzt, müssen wir am Prinzip der Vertragsfreiheit so viel als möglich festhalten, wo nicht ein besonderes Schutzbedürfnis zu Ausnahmen zwingt.

So hat, wie erwähnt, schon der Bundesratsbeschluss vom 25. März 1946 das freie Kündigungsrecht der Parteien im Pachtvertrag nach den Bestimmungen des Obligationenrechts wiederhergestellt.

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Wohl aber -wird der Gesetzgeber gut daran tun, aus dem Notrecht eine minimale Pachtdauer zu übernehmen, als Eegel und mit der Möglichkeit der Gestattung von Ausnahmen. Er verleiht dadurch der landwirtschaftlichen Pacht eine gewisse Stabilität, stützt die Existenz des fleissigen und soliden Pächters und schafft eine der Vorbedingungen für eine gute und rationelle Bewirtschaftung. Eine Pacht von bloss einjähriger Dauer eignet sich nicht für die Landwirtschaft und liegt im allgemeinen weder im Interesse des Verpächters noch des Pächters. Diese Überzeugung hat sich auch in andern Ländern Bahn gebrochen; wir finden z.B. in Spanien eine normale Dauer der landwirtschaftlichen Pacht von 4 Jahren, in Belgien von 11 Jahren, in Finnland gar von 50 Jahren, während in Holland die Pacht auf unbestimmte Zeit geschlossen zu werden pflegt (vgl. das schon zitierte Werk von Kaufmann über das neue ländliche Bodenrecht, S. 342 ff.).

Der Entwurf begnügt sich auch in dieser Hinsicht mit einer gemässigten Einschränkung der Vertragsfreiheit. Art. 21 bemisst die Minimaldauer auf 3 Jahre. Aus wichtigen Gründen kann die Behörde eine kürzere Dauer bewilligen. Wurde eine kürzere Dauer vereinbart oder der Vertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen, so gilt er von Gesetzes wegen für 3 Jahre, sofern nicht binnen 3 Monaten nach Antritt der Pacht ein Gesuch an die Behörde gerichtet wird.

Bestehende Pachtverhältnisse, die nach Ablauf ihrer Dauer stillschweigend fortgesetzt oder auf den vertraglichen Termin nicht gekündigt werden, gelten unter den gleichen Bedingungen als auf 3 Jahre erneuert, sofern nicht eine kürzere Dauer bereits behördlich bewilligt war (Art. 22).

In einigen Kantonen werden einzelne, nicht zu einem Heimwesen gehörende und nicht zusammen bewirtschaftete Parzellen übungsgemäss nur auf Jahresfrist verpachtet. Für solche Objekte besteht viel weniger als für ganze Heimwesen die Notwendigkeit einer längeren Pachtdauer. Art. 21, Abs. 4, des Entwurfs stellt es daher den Kantonen anheim, diese Fälle allgemein von der Bewilligungspflicht auszunehmen und die Festsetzung der Vertragsdauer den Parteien zu überlassen.

Die zweite Änderung des ordentlichen Eechts, die der Entwurf in Art. 23 vorschlägt, geht dahin, für die landwirtschaftliche Pacht den Grundsatz des Art. 281 OE preiszugeben, dass Kauf die Pacht bricht. Heute
schon kann diese Gefahr gemäss Art. 282 OE (wie bei der Miete gemäss Art. 260) durch Vormerkung des Pachtverhältnisses im Grundbuch abgewendet werden. Von dieser Möglichkeit wird sehr wenig Gebrauch gemacht: Aber auch ohne Vormerkung im Grundbuch übernimmt der Käufer des Pachtgutes in der Eegel den Pachtvertrag und lässt den Pächter auf dem Hof. Diese zu begrüssende Gewohnheit sollte zur gesetzlichen- Vorschrift gemacht, das Prinzip des Art. 281 also umgekehrt werden. Immerhin rechtfertigen sich Ausnahmen, die Art. 282 in neuer Fassung umschreibt, die Fälle also, in welchen der Käufer ohne Eücksicht auf die Vertragsdauer die Pacht unter Beobachtung der gesetzlichen secbsmonatlichen oder einer kürzeren vertraglichen Frist kündigen kann; So1

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beim Verkauf des Grundstücks zu Bauzwecken oder zu öffentlichen Zwecken, ferner aber wenn der Käufer das Land zur Selbstbewirtschaftung erworben hat; in diesem Falle soll das dingliche Eecht des neuen Eigentümers vor dem obligatorischen des Pächters den Vorrang haben.

Ausdrücklich muss hervorgehoben werden, dass diese Änderungen nur für Pachtverträge über landwirtschaftliche Grundstücke gelten. Hinsichtlich anderer Pachtobjekte, wie etwa Hotels, Fabriken oder andere geschäftliche Unternehmen, besteht kein Grund, vom geltenden Eecht abzuweichen; für sie bleiben die unveränderten Art. 281 und 282 OE in Kraft.

Art. 24 schliesslich ermächtigt die Kantone, mit Zustimmung des Bundesrates weitere Bestimmungen über die Verpachtung von Alpweiden aufzustellen, insbesondere um den Viehbesitzern der Gegend, zu welcher die Alpweide gehört, ein angemessenes Vorzugsrecht zur Alpbestossung zu sichern. Es handelt sich um eine analoge Ermächtigung, wie Art. 16 sie für eine besondere Ordnung der Eigentumsverhältnisse an solchen Alpweiden enthält und die oben (im zweiten Abschnitt unter Ziff. VI) erläutert wurde. Die beiden Vorschriften verfolgen auf verschiedenen Wegen denselben Zweck. Angesichts der mannigfaltigen, vom kantonalen Eecht beeinflussten Verhältnisse müssen auch Abweichungen im Pachtrecht den Kantonen überlassen werden.

Fünfter Abschnitt.

Schatz gegen unwirtschaftliche Zwangsverwertungen.

Die Bemühungen um die Existenzsicherung des Bauernstandes werden nie verhindern können, dass einzelne Landwirte infolge Missgeschicks und unglücklicher Umstände in eine schwierige finanzielle Lage geraten oder sich aus bestehenden Schwierigkeiten nicht herausarbeiten können. Eine Gesetzgebung, die sich die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes zum Ziel setzt, wird also auch darauf Bedacht nehmen müssen, bei unverschuldeter Notlage dem Landwirt beizustehen und womöglich zu verhüten, dass er von Haus und Hof getrieben wird, sofern Aussicht dafür besteht, dass er sich alsdann auf die Dauer wird halten können. Daran muss dem Gesetzgeber um so mehr gelegen sein, als das Heimwesen für den Schuldner und seine Familie die wirtschaftliche Existenzgrundlage bildet; kommt es zur Verwertung, so wird in der Eegel die Bauernfamilie aufgelöst, und die erwachsenen Kinder müssen sich anderswo einen Verdienst suchen. Die Durchführung der Zwangsvollstreckung hat hier vom ethischen und sozialen Standpunkt besonders bedauerliche Wirkungen.

Mit den Bestimmungen des fünften Abschnittes will der Entwurf in diesem Sinne einen Schutz gegen unwirtschaftliche Zwangsverwertungen schaffen, einerseits durch ein abgeändertes Nachlassverfahren, anderseits durch die Möglichkeit der Anordnung einer Betriebsaufsicht bei mangelhafter Wirtschaftsführung des Schuldners.

· . . .

62 I. Das N a c h l a s s v e r f a h r e n , Der Verhütung der Zwangsverwertuug von Heimwesen dient heute das bäuerliche Sanierungsverfahren, wie es der Bundesbeschluss vom 28. September 1984 über vorübergehende rechtliche Schutzmassnahmen für notleidende Bauern geordnet hat. Die Geltung dieses Erlasses ist durch die Bundesbeschlüsse vom 23. Dezember 1986, 20. Dezember 1988 und 11. Dezember 1941 und den Bundesratsbeschluss vom 17. Dezember 1943 immer wieder verlängert worden, zuletzt bis zum Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 12. Dezember 1940 über die Entschuldung landwirtschaftlicher Heimwesen. Das bäuerliche Sanierungsvorfahren steht also immer noch in Kraft, und nach diesem Verfahren wird heute das Nachlassverfahren in der Landwirtschaft durchgeführt. Sehr wertvoll ist dabei die Kredithilfe, die mit Unterstützung des Bundes und der Kantone von den Bauernhilfskassen geleistet wird.

Am 1. Januar 1947 ist das Entschuldungsgesetz in Kraft getreten und wird seine Wirksamkeit in den Kantonen, welche eine Tilgungskasse gemäss Art. 10, Abs. 2, einrichten, entfalten. Das Gesetz soll die endgültige Ablösung der ungedeckten Grundpfandforderungen bringen, und die Belastungsgrenze bei den Pfandforderungen soll dafür sorgen, dass in Zukunft eine Überschuldung mit Hypotheken in der Landwirtschaft verhütet wird. Trotzdem wird nach wie vor bei einzelnen Landwirten die Gefahr einer Überschuldung bestehen.

Dazu werden einmal die Fälle gehören, die vom Entschuldungsgesetz nicht oder nicht mehr erfasst werden können. Nicht alle Kantone werden eine Tilgungskasse errichten und die Entschuldung durchführen. Für diese Kantone wird die Kredithilfe für notleidende Bauern fortgesetzt. Weiter ist zu beachten, dass die Entschuldung in der Eegel nur für Heimwesen durchgeführt wird, die vor dem I.April 1982 erworben worden sind. Für einen späteren Erwerb hat Art. 10 der Verordnung über die Entschuldung landwirtschaftlicher Heimwesen bestimmte Fälle der Anwendung festgesetzt. Ferner kann ein Entschuldüngsgesuch nur innert 5 Jahren nach dem Inkrafttreten des Gesetzes gestellt werden; nach dem 81. Dezember 1951 können keine Gesuche mehr eingereicht werden. Das Entschuldungsgesetz hat somit für seine Wirksamkeit sachliche und zeitliche Grenzen aufgestellt. Gemäss Art. 118 kann bis zum Ablauf von 5 Jahren nach seinem
Inkrafttreten ein Sanierungsverfahren nach dem Bundesbeschluss vom 28. September 1984 mit den seither beschlossenen und allfällig noch vorzunehmenden Ergänzungen und Abänderungen durchgeführt werden. Die Kredithilfe wird gemäss Art. 114 noch zwei Jahre länger fortgesetzt.

Mit dem 1. Januar 1952 wird aber die Hilfe des bäuerlichen Sanierungsverfahrens und des Entschuldungsgesetzes ein Ende nehmen. Alsdann fehlt der Landwirtschaft ein geeignetes Nachlassverfahren. Unter den Bauern wird es aber immer bedrängte Schuldner geben, denen irgendwie geholfen werden muss. Viele müssen mit bescheidenen Mitteln ein Heimwesen erwerben. Das Einkommen in der Landwirtschaft ist auch in guten Jahren nicht so gross,

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um in solchen Fällen die eingegangenen Verpflichtungen wesentlich verringern zu können. Es wird genügen, um die Zinsverpflichtungen zu erfüllen. Fehljahre und Krisen werden aber nicht ausbleiben und die Situation mancher Bauernbetriebe wieder schlimmer gestalten. Ein den Bedürfnissen der Landwirtschaft angepasstes Nachlassverfahren ist somit notwendig.

Die Eigenart des in den Art. 25--34 des Entwurfes vorgeschlagenen Nachlassverfahrens liegt nun in der Möglichkeit, auch die Pfandschulden einbeziehen zu können. Diese Notwendigkeit hat sich seit Jahrzehnten für Unternehmungsformen mit verhältnismässig hoher Kapitalinvestierung erwiesen, insbesondere für die Hôtellerie. Bei solcher Sachlage wird dem Schuldner mit einem gewöhnlichen Nachlassvertrag nach den Bestimmungen des Schuldbetreibungsgesetzes nicht nachhaltig geholfen, weil die pfandgedeckten Schulden vom Nachlass nicht berührt werden und der Gläubiger jederzeit für sie wieder eine Betreibung einleiten kann. Dem Schuldner muss daher eine Kapitalstundung gewährt werden, verbunden mit mehr oder weniger weitgehenden Zinserleichterungen. Auf dieser Grundlage wurde im Jahre 1917 der besonders geartete Pfandnachlassvertrag eingeführt und seither in manchen Notverordnungen verwendet ; er wird vermutlich mit erweiterter Anwendungsmöglichkeit ins allgemeine Vollstreckungsrecht übergeführt werden müssen.

Das Pfandnachlassverfahren darf aber dem Schuldner gemäss Art. 26 des Entwurfes nur unter bestimmten, strengen Bedingungen bewilligt werden: Er muss glaubhaft machen, dass er ohne eigenes Verschulden die Pfandforderungen und ihre Zinsen nicht voll bezahlen kann, dass die als Pfand bestellten Grundstücke ihm zum Fortbetrieb des landwirtschaftlichen Heimwesens und somit zur Fristung seiner Existenz notwendig sind, und schliesslich, dass er -oder seine Familie der Hilfe würdig sind.

Im einzelnen gibt das Pfandnachlassverfahren, ähnlich wie schon das bisherige bäuerliche Sanierungsverfahren, nach Art. 27--29 die Möglichkeit zu folgenden Massnahmen: Stundung der Kapitalforderungen, Beschränkung des Zinsfusses der gedeckten Grundpfandforderungen, Herabsetzung des Zinsfusses oder Ausschluss der Verzinslichkeit für nicht gedecktes Kapital und Tilgung der rückständigen gedeckten Grundpfandzinsen mit 75 %. Die Stellung der Bürgen wird in Art. 80--82 ebenfalls
in Anlehnung an die bisher getroffenen Lösungen geordnet.

Der Entwurf enthält nicht eine vollständige Ordnung des Nachlassverfahrens für Landwirte; er setzt vielmehr nur die Besonderheiten gegenüber dem allgemeinen Kecht des Nachlassvertrages fest. Neben den Art. 25--34 des Entwurfs, und soweit diese nichts Abweichendes bestimmen, bleiben somit die Art. 293--317 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs anwendbar (Art. 34, Abs. 3). Die wesentlichste Änderung des Verfahrens liegt darin, dass im Pfandnachlassverfahren keine Gläubigerversammlung stattfindet (Art. 83), wie denn infolge der Einbeziehung der Pfandforderungen das Verhältnis der Pfandgläubiger zu den Kurrentgläubigern überhaupt ein

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anderes wird. Für die Zustimmung der Gläubiger kann eine Mehrheit nach Kopfstimmen, wie Art. 805 SchKG sie verlangt, hier nicht massgebend sein, da sonst leicht die an Zahl gewöhnlich überlegenen Kurrentgläubiger mit vielleicht geringen Forderungssummen gegenüber den wenigen Pfandgläubigern mit grossen Summen den Nachlassvertrag zu Fall bringen könnten. Wohl aber bleiben für die Bestätigung des Nachlassvertrages neben den besondem Anforderungen des Art. 84 des Entwurfs noch die allgemeinen gemäss Art. 806 SchKG massgebend.

II. Die Betriebsaufsicht, die in Art. 35--40 des Entwurfs vorgeschlagen wird, knüpft ebenfalls an schon Bestehendes an. Der Bundesbeschluss von 1934 über rechtliche Schutzmassnahmen ermächtigt in Art. 34 die Nachlassbehörde, wenn sie im Sanierungsverfahren ihren Entscheid trifft, den Schuldner zu einer den Verhältnissen angemessenen Buchführung zu verpflichten und ausserdem seinen Betrieb der Aufsicht durch einen Vertreter der Bauernhilfsorganisation oder eine andere geeignete Person zu unterstellen oder auch die Bestellung eines Beistandes oder Beirates gemäss Art. 393 oder 895 ZGB zu beantragen. Das Entschuldungsgesetz nennt als Mittel zur Sicherung entschuldeter Betriebe in Art. 71 ebenfalls die Verwaltungsbeiratschaft und in Art. 72 die Betriebsaufsicht. Diese kann von der Nachlassbehörde auf Antrag der Tilgungskasse angeordnet werden und wird durch einen Vertreter der letztern oder durch eine andere geeignete Person ausgeübt ; sie kann mit einer Betriebsberatung verbunden werden (vgl. über das Zustandekommen dieser Vorschriften Kaufmann a. a. 0. S. 384). Eine Kontrolle der Geschäftsführung des Schuldners ist ferner im Entschuldungsverfahren für Hotelunternehmungen vorgesehen. Verwandte Institutionen wurden in Deutschland und Österreich um die Jahrhundertwende und neuerdings in Italien geschaffen.

Eine Einmischung in die Führung eines Betriebes kann sich, allgemein betrachtet, unter zwei Gesichtspunkten rechtfertigen: einmal dann, wenn die Betriebsführung Mängel aufweist, die den vermögensrechtlichen Zerfall befürchten lassen, andererseits wenn der notleidende Betriebsinhaber bereits durch rechtliche Massnahmen entlastet worden ist und es nun gilt, den Erfolg der Sanierung zu sichern und die Gläubiger vor weitern Verlusten zu schützen.

Unser Entwurf versteht die Betriebsaufsicht
im ersten Sinne. Sie soll nach Art. 40 für den Eigentümer eines landwirtschaftlichen Heimwesens angeordnet werden, das für ihn und seine Familie die wesentliche ökonomische Existenzgrundlage bildet, und sie verfolgt den Zweck, ihn zu einer bessern Wirtschaftsführung anzuleiten und die drohende Zwangsverwertung des Heimwesens zu verhüten. Daher hat sie im fünften Abschnitt des Gesetzes ihren Platz. Ergeben sich in einem landwirtschaftlichen Betrieb fortgesetzt Bückschläge und vermag der Bauer die Schwierigkeiten nicht mehr selbst zu meistern, besteht aber Aussicht, dies durch eine verbesserte Betriebsführung zu erreichen, so sollte die Möglichkeit bestehen, diesen Weg zu versuchen. Führt er zum Erfolg, so ist die Existenz des Bauern und seiner Familie gerettet, und die Gläubiger werden vor Verlusten bewahrt.

es Wir glauben daher, der Gedanke, der nicht neu/ aber der Entwicklung fähig ist, sollte in der neuen Agrargesetzgebung Eingang finden. Freilich wird der Bauer so wenig wie andere Schuldner erfreut sein, wenn er in seinem Betrieb nicht mehr nach eigenem Gutdünken schalten und walten kann, sondern den Weisungen eines andern folgen soll. Aber solche gefühlsmässige Hemmungen sollten nicht den Ausschlag geben, wenn andererseits dem Schuldner die Befreiung aus einer bedrückenden Situation winkt. Gegenüber dem seiner Natur nach ja strengen und formellen Vollstreckungsverfahren stellt die Betriebsaufsicht ein freieres, beweglicheres und schonenderes Mittel dar, den Bauer auf seinem Heimwesen zu erhalten.

Zur Anordnung der Betriebsaufsicht ist die Nachlassbehörde zuständig, mit der Möglichkeit der Weiterziehung ihres Entscheides an die obere kantonale Nachlassbehörde, wo eine solche besteht (Art. 86). Das will nach dem Gesagten nicht heissen, dass die Betriebsaufsicht schon ein eingeleitetes Nachlassverfahren voraussetzt; es braucht nicht einmal eine Betreibung schon hängig zu sein. Der Eigentümer eines landwirtschaftlichen Heimwesens kann das Begehren von sich aus stellen. Ferner steht dieses Eecht, mit Zustimmung des Schuldners, auch dem Grundpfandgläubiger zu, der nach eingeleiteter Betreibung dieses Gesuch anstatt des Verwertungsbegehrens stellen kann.

Dem Gesuch darf aber nur entsprochen werden, wenn der Schuldner seine Notlage nicht selbst verschuldet hat und sofern er oder die mit ihm in gemeinsamem Haushalt lebenden Familienglieder der Hilfe würdig sind. Voraussetzung ist ferner, dass infolge der verbesserten Führung des Betriebes mit einer allmählichen Abtragung der fälligen Schulden gerechnet werden kann; andernfalls hätte die Anordnung der Betriebsaufsicht keinen Sinn. Bei schwerer -Verschuldung kann das Begehren an dieser Voraussetzung scheitern, und der Schuldner wird dann darauf angewiesen sein, einen Nachlassvertrag anzustreben.

Ist ein solches Verfahren bereits eingeleitet und wird eine Kapitalstundung bewilligt, so kann die Nachlassbehörde von sich aus die Betriebsaufsicht anordnen (Art. 27, Abs. 2).

Die Dauer der Betriebsaufsicht beträgt mindestens ein Jahr und höchstens drei Jahre; sie kann bei anfänglich kürzerer Bemessung bis auf dieses Maximum verlängert werden (Art. 89). Hat sie
sich bis dahin als nutzlos erwiesen, so ist anzunehmen, dass auch ihre Fortdauer nicht zum Ziel führen würde. Sie kann von der Nachlassbehörde vor Ablauf der gesetzten Frist widerrufen werden, wenn der Schuldner sich den ihm erteilten Weisungen nicht fügt oder wenn die Aussichtslosigkeit der Massnahme klar zutage tritt. Die Wirkungen der Betriebsaufsicht bestehen in einer Einschränkung der Verfügungsbefugnis des Schuldners, die Art. 38 des Entwurfs näher umschreibt, verbunden mit einer Verwertungssperre in bezug auf die landwirtschaftlichen Grundstücke des Schuldners sowie den Viehbestand und die Fahrhabe, soweit sie zur ordnungsgemässen Fortsetzung des Betriebes erforderlich sind.

Zur Führung der Betriebsaufsicht bestellt die Nachlassbehörde einen Sachwalter (Art. 87). Von der Art, wie er seine Aufgabe auffasst und erfüllt,

66 von seiner Eignung hiefür wird sehr viel abhangen. Er soll ein erfahrener Landwirt oder Betriebsleiter sein, der Autorität mit Geschick verbindet; nur dann werden seine Anordnungen beim Schuldner Erfolg haben. Sie müssen dahin zielen, den Schuldner zu einer rationellen Bewirtschaftung zu bringen und ihn von deren Notwendigkeit so zu überzeugen, dass er sie auch nach Aufhebung der Aufsicht beibehält.

Der Entwurf begnügt sich damit, die Betriebsaufsicht in ihren Hauptzügen zu ordnen. Sie wird aber für die Praxis einer eingehenderen Eegelung bedürfen. Um das Gesetz nicht zu sehr mit Einzelheiten zu belasten, behält Art. 40 diese einer Verordnung des Bundesgerichts als der für Schuldbetreibungssachen zuständigen Oberbehörde vor. Bei dieser Methode wird es auch leichter sein, die Vorschriften auf Grund der praktischen Erfahrungen abzuändern oder zu ergänzen. In der Verordnung werden vornehmlich folgende Gegenstände zu ordnen sein: a. das Verfahren, nämlich Inhalt und Begründung des Gesuches, beizubringende Unterlagen, Obliegenheiten der Nachlassbehörde, das Verfahren vor derselben, Inhalt und Mitteilung des Entscheides; b. die Aufgaben des Sachwalters: Weisungen für die sachgemässe Bewirtschaftung des Betriebes, Übernahme der Verwaltung desselben. Zahlung fälliger Schulden aus den Erträgnissen des Betriebes, wenn nötig die Anweisung, dass Forderungen des Schuldners an ihn zu zahlen sind, überhaupt alle Massnahmen, die zur Erreichung des Zweckes der Aufsicht erforderlich sind; c. Verwendung der Erträgnisse des Betriebs, wobei für den Fall, dass nicht alle Gläubiger für ihre fälligen Forderungen befriedigt werden können, zweckmässig die Mitwirkung des Betreibungsamtes zur Aufstellung eines Verteilungsplans vorzusehen sein wird.

Sechster Abschnitt.

Zuständigkeit und Verfahren.

Die im Gesetzesentwurf vorgesehenen Massnahmen sind verschiedenartiger Natur. In das Gebiet des Verwaltungsrechts gehören die Entscheidungen über die Anwendbarkeit des Gesetzes im Einzelfall, die Bewilligung zur gewerbsmässigen Liegenschaftsvermittlung und die Bewilligung kurzfristiger Pachtverträge. Soweit dagegen Streitigkeiten über die Ausübung des Zugrechtes zu entscheiden sind, fallen sie als Zivilrechtssachen in die Kompetenz der Gerichte. Das Nachlassverfahren mit Einschluss der Betriebsaufsicht ist den Nachlassbehörden
unterstellt.

Demnach sind nur für die verwaltungsrechtlichen Aufgaben die zuständigen Behörden zu bezeichnen. Dafür kommen naturgemäss nur kantonale Behörden in Betracht, die von den Kantonen zu bezeichnen sind (Art. 41). Es können schon bestehende oder eigens zu schaffende Organe sein. Der Entwurf lässt

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den Kantonen in dieser Hinsicht Freiheit, mit der Einschränkung indessen, dass eine kantonale Beschwerdeinstanz zu bezeichnen ist, die für die einheitliche Anwendung des Gesetzes im Kanton zu sorgen hat. Soweit die Kantone für eine bestimmte Funktion eine einzige kantonale Instanz bezeichnen, entfällt dieses Erfordernis. Den Kantonen obliegt, auch die Ordnung des Verfahrens vor jeder Instanz, soweit es sich nicht aus der kantonalen Gesetzgebung ohnehin ergibt.

Die gleichmässige Anwendung des Gesetzes geht indessen nicht nur die beteiligten Privaten an; auch die Öffentlichkeit kann daran wenigstens für bestimmte, allgemein zu umschreibende Entscheidungen interessiert sein. Deshalb sollen die Kantone gemäss Art. 41 des Entwurfs eine Behörde bezeichnen können, die befugt ist, gegen bestimmte Entscheide der erstinstanzlichen Behörde Beschwerde bei der obern kantonalen Instanz zu erheben. Das wird erfordern, dass alle Entscheidungen der untern Instanzen an diese Behörde eingesandt werden, um ihr die Ausübung des Beschwerderechts zu ermöglichen.

·Im allgemeinen darf und soll es beim Entscheid der obern kantonalen Instanz sein Bewenden haben, zumal es sich weitgehend um Ermessensfragen handelt, deren endgültige Beurteilung die Bundesgesetzgebung im allgemeinen den Kantonen überlässt (vgl. Art. 127 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1943 über die Organisation der Bundesrechtspflege). Es würde dieser grundsätzlichen Kompetenzausscheidung zuwiderlaufen und viel zu weit führen, wollte man alle diese Fälle der Überprüfung durch eine eidgenössische Instanz unterstellen. Anders verhält es sich jedoch mit der Frage, ob eine bestimmte Liegenschaft überhaupt dem Gesetz unterstellt ist oder nicht, eine Frage, deren Beantwortung über die Anwendung aller weitern Vorschriften des Gesetzes entscheidet und für die Beteiligten daher von grundlegender Wichtigkeit ist. Hinsichtlich dieser Kardinalfrage drängt sich ein verstärkter Rechtsschutz auf ; sie soll an eine eidgenössische Instanz weitergezogen werden können.

Da es sich um eine Verwaltungssache handelt, erscheint es gegeben, sie der Beurteilung durch das Bundesgericht als Verwaltungsgerichtshof zu unterstellen, es wäre denn, man wollte dafür eine besondere eidgenössische Bekursinstanz schaffen. Dies wurde seinerzeit erwogen, als ein Ausbau des Bundesratsbeschlusses
zur Bekämpfung der Bodenspekulation geplant war. Stiess aber dieser Gedanke schon damals im Rahmen des Notverordnungsrechts auf Widerstand; so würde er hier, wo dauerndes Gesetzesrecht anzuwenden ist, noch weniger passen. Das Rechtsmittel gegen den oberinstanzlichen kantonalen Entscheid über die genannte Frage ist also die Verwaltungsgerichtsbeschwerde, die das Bundesgericht in dem durch das Organisationsgesetz vorgezeichneten Verfahren zu beurteilen hat (Art. 97 ff. OG, Art. 42 Entwurf).

68 Siebenter Abschnitt.

Verkehr mit landwirtschaftlichen Grundstücken.

Über die Bedeutung der Genehmigungspflicht im Liegenschaftsverkehr und über ihre rechtliche Zulässigkeit auch für das dauernde Eecht haben wir uns oben (unter Z. V und VI des ersten Teils dieser Botschaft) bereits ausgesprochen. Da der Bund befugt wäre, diese Beschränkung des Liegenschaftsverkehrs für das ganze Gebiet der Schweiz vorzuschreiben, so kann er auch die Kantone ermächtigen, es für ihr Gebiet zu tun, sofern sie es für nötig erachten; von sich aus wären die Kantone hiefür nicht zuständig, da es sich um Abänderung des Bundesrechts handelt.

Diese Ermächtigung spricht Art. 44 des Entwurfes aus. Sie gilt für Eeohtsgeschäfte auf Übertragung des Eigentums an landwirtschaftlichen Grundstücken im Sinne dieses Gesetzes, also nach der Umschreibung in Art. 8 (ausschliesslich oder vorwiegend landwirtschaftlich genutzte Liegenschaften, ferner Waldgrundstücke und in das Grundbuch aufgenommene selbständige und dauernde Eechte, sofern sie zu einem landwirtschaftlichen Betrieb gehören).

Über diesen Eahmen hinaus können die Kantone nicht gehen, wohl aber den Anwendungsbereich der Bewilligungspflicht einschränken. Sie müssen also, wenn sie von Art. 44 Gebrauch machen, zugleich bestimmen, ob sie dieser Vorschrift alle landwirtschaftlichen Grundstücke unterwerfen oder bestimmte Arten derselben ausnehmen oder endlich Veräusserungsgeschäfte unter bestimmten Voraussetzungen von der behördlichen Genehmigung befreien wollen.

Es ist klar, dass dies in allgemein gültiger Weise geschehen muss, so dass der Umfang und die Voraussetzungen der Bewilligungspflicht im Kanton alsdann feststehen; soweit Veräusserungsgeschäfte nach dieser Ordnung von der Bewilligungspflicht ausgenommen sind, kann die Behörde im Einzelfall nicht intervenieren.

Eine Einschränkung des Anwendungsbereichs von Bundes wegen enthält aber der dritte Absatz des Art. 44. Er entzieht der vom Kanton statuierten Bewilligungspflicht diejenigen Bechtsgeschäfte, die in Art. 11 des Entwurfs vom Vorkaufsrecht ausgenommen sind. Soweit also der Bundesgesetzgeber es nicht für tunlich hält, der freien Verkäuflichkeit landwirtschaftlicher Liegenschaften Schranken zu setzen, soll dies folgerichtig auch nicht von Seiten der Kantone bei Übernahme der Bewilligungspflicht geschehen. Die wichtigsten
Fälle dieser Art bilden die in Art. 11 unter lit. b genannten Liegenschaften, die zur Überbauung oder zur gewerblichen oder industriellen Ausnutzung des Bodens verkauft werden. Damit sind wiederum auch die Grundstücke umfasst, die im Wege des freihändigen Kaufes zur Vorbereitung oder Durchführung von Kraftwerkbauten oder den mit solchen zusammenhängenden Anlagen erworben werden. Angesichts der volkswirtschaftlichen Bedeutung solcher Werke sollen solche Landkäufe ihrer Bestimmung weder durch ein Vorkaufsrecht noch durch eine kantonale Bewilligungspflicht entzogen werden können.

69 Dagegen ist es wieder den Kantonen überlassen, wie weit sie in der Umschreibung der Voraussetzungen für die Bewilligung einer Veräusserung gehen, welcher Methode sie sich dabei bedienen wollen. Der Gesetzgeber kann in dieser Hinsicht verschieden vorgehen, insbesondere indem er Voraussetzungen nennt, unter denen die Bewilligung zu erteilen, oder umgekehrt solche, unter denen sie nicht zu erteilen ist, oder indem er beides kombiniert, wie der Bundesratsbeschluss vom 19. Januar 1940 über Massnahmen gegen die Bodenspekulation es tut. Eine abschliessende Kasuistik wird sich indessen kaum empfehlen, sie würde dem allgemeinen Zweck der Bewilligungspflicht, für möglichste Erhaltung des landwirtschaftlich genutzten Bodens und für seine gute Bewirtschaftung zu sorgen, kaum gerecht. Und der Hinweis auf den Bundesratsbeschluss von 1940 soll nicht die Meinung haben, dass die dort enthaltene, sehr straffe Kegelung möglichst unverändert zu übernehmen sei; für das dauernde Eecht wird die Bewilligungspflicht doch wesentlich gelockert werden müssen.

Die Kantone, die von der Ermächtigung Gebrauch machen, haben schliesslich die zur Erteilung der Bewilligung zuständigen Behörden zu bezeichnen und das Verfahren zu ordnen. In dieser Hinsicht werden sie sich eher an die auf Grund der Notverordnung geschaffene Organisation halten können, sofern sie sich bewährt hat.

Die von den Kantonen gestützt auf Art. 44 erlassenen Vorschriften bedürfen wiederum zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung des Bundesrates, womit auch hier eine bundesrechtliche Kontrolle geschaffen wird.

Achter Abschnitt.

Übergangs- und Schlussbestimmungen.

Die Durchführung des Gesetzes wird den Erlass ergänzender Vorschriften durch die Kantone erfordern, insbesondere in bezug auf die Zuständigkeit der Behörden und das Verfahren. Art. 45 des Entwurfs, der dem Art. 52 im Schlusstitel des Zivilgesetzbuches nachgebildet ist, statuiert die Pflicht der Kantone zum Erlass solcher Vorschriften.

Art. 46 sodann überträgt dem Bundesrat die Aufgabe, die Anwendung des Gesetzes zu überwachen und auch seinerseits die zur Vollziehung noch nötigen Bestimmungen aufzustellen.

Art. 47 enthält die allgemeine Derogationsklausel. Alle dem vorliegenden Gesetz widersprechenden Bestimmungen sind mit seinem Inkrafttreten aufgehoben. Aus dem Text des Entwurfs und den Erläuterungen
dieser Botschaft ergibt sich, dass das neue Gesetz Eingriffe in das Zivilgesetzbuch, das Obligationenrecht und das Schuldbetreibungsgesetz mit sich bringt. In dieser Beziehung handelt es sich jedoch nicht um die vollständige Aufhebung und Ersetzung bestimmter Artikel, vielmehr stellt das neue Recht nur für die Anwendung auf dem landwirtschaftlichen Gebiet eine Sonderregelung auf; die davon Bundesblatt. 100. Jahrg. Bd. I.

6

70

betroffenen Bestimmungen jener Gesetze werden also mir in ihrem Anwendungsbereich insoweit eingeschränkt, behalten aber im übrigen ihre Geltung.

Auf das Inkrafttreten des Gesetzes hin wird auch der Bundesratsbeschluss vom 19. Januar 1940 über Massnahmen gegen die Bodenspekulation und die Uberschuldung sowie zum Schütze der Pächter mit seinen Nachträgen verschwinden müssen; es wird aber Sache des Bundesrates sein, in Ausführung des Bundesbeschlusses über den Abbau der Vollmachten diese Aufhebung vorzunehmen. Einer besondern Bestimmung hierüber bedarf es also hier nicht.

Mit der allgemeinen Aufhebung widersprechenden Hechts verbindet nun aber der Entwurf in Art. 47 zwei Änderungen des bäuerlichen Erbrechts in der Form, die es durch Art. 94 des Entschuldungsgesetzes erhalten hat; es sind die Art, 621
Diese Neuerung des Entschuldungsgesetzes hat vielfach Bedauern und Widerspruch ausgelöst; man hat darin eine Preisgabe des bäuerlichen Erbrechts für weite Gebiete des Landes erblickt (vgl. K. Fehr, Das neue bäuerliche Erbrecht, Zeitschrift des bernischen Juristenvereins, Bd. 82, S. l ff., insbesondere S. 21; P. Liver, Die Änderungen am bäuerlichen Erbrecht des ZGB durch das Bundesgesetz über die Entschuldung landwirtschaftlicher Heimwesen, in der Festschrift für Prof. Tuor, Zürich 1946, S. 66). Auch unsere Expertenkommission wies mit Nachdruck auf den darin liegenden Rückschritt hin und beharrte darauf, den Einbruch wenigstens zu mildern. Dies ist nun in der Weise geschehen, dass die Ausnahme des Abs. l nur noch für Gebirgsgegenden und nicht mehr für Gebiete mit zerstückeltem Grundbesitz zugelassen wird.

Abs. 2 des Art. 621.iuater, der allerdings der Agrargesetzgebung etwas ferner liegt,
wurde umgewandelt; in Gebieten mit städtischen Verhältnissen soll nicht die Anrechnung über den Ertragswert hinaus statthaft sein, dagegen sollen die Kantone in Abweichung von Art. 619 die Frist, während der Miterben im Falle des Verkaufs des Grundstücks einen verhältnismässigen Anteil am Gewinn beanspruchen können, von 15 auf 25 Jahre erstrecken können.

fe. Art. 625bls in der Fassung des Entschuldungsgesetzes gibt jedem Miterbeu das Recht, den Verkauf des landwirtschaftlichen Gewerbes als Ganzes zu verlangen, wenn die Voraussetzungen für eine ungeteilte Zuweisung an einen oder mehrere Erben oder für eine Teilung in mehrere lebensfähige Betriebe fehlen. Der Entwurf hat diese Bestimmung dahin vereinfacht, dass sie Platz greifen soll, wenn keiner der Erben Anspruch auf ungeteilte Zuweisung

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erhebt. In der Tat muss es zum Verkauf des Gewerbes kommen, wenn zwar die Voraussetzungen für die ungeteilte Zuweisung an einen oder mehrere Erben vorhanden wären, aber keiner der Erben das Gewerbe übernehmen will.

Wiederholt haben wir in dieser Botschaft den leitenden Gedanken für die künftige Agrargesetzgebung hervorgehoben: die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass unsere Landwirtschaft gedeihen und einem gesunden und lei- ' stungsfähigen Bandrnstand die Existenz bieten kann. Dazu gehört auch, dass der landwirtschaftlich nutzbare Boden so weit als möglich der Spekulation entzogen wird. Beides ist für das Land von grösster Bedeutung. Die Entwicklung des letzten halben Jahrhunderts hat uns manche Erfahrungen gebracht, die der Gesetzgeber beherzigen muss, wenn er seiner Aufgabe gerecht werden will, für die Zukunft ordnend vorzusorgen. Neben den wirtschaftlichen Fragen sind die rechtlichen zu lösen, die Verhältnisse am Grund und Boden und die Beziehungen des Menschen, der ihn bebaut, zu ihm. Einen Teil der Aufgabe hat das Entschuldungsgesetz übernommen, mit der Möglichkeit der Entlastung schwer verschuldeter Heimwesen und den dauernden Massnahmen gegen die Gefahr neuer Überschuldung. Was noch zu tun bleibt, ist die Anpassung unserer Gesetzgebung an die besondern Bedürfnisse der Landwirtschaft. Die zutage getretenen Mängel der bisherigen Ordnung bedeuten für den Gesetzgeber eine eindringliche Mahnung, der er sich nicht verschliessen wird.

Wir beantragen Ihnen die Annahme des Gesetzesentwurfes und bitten Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung entgegenzunehmen.

Bern, den 80. Dezember 1947.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Etter.

D w Bundeskanzler: Leimgruber.

72

(Entwurf.)

Bundesgesetz über

die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Art. 31bis und 64 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 30. Dezember 1947, beschliesst: Erster Abschnitt.

A. Zweck.

B. Realersatz.

C. Geltungabereich.

I. Eegel.

Allgemeine Bestimmungen.

Art. 1.

Die Vorschriften dieses Gesetzes zielen darauf ab, den bäuerlichen Grundbesitz als Träger eines gesunden und leistungsfähigen Bauernstandes zu schützen, die Bodennutzung zu fördern, die Bindung zwischen Familie und Heimwesen zu festigen und die Schaffung und Erhaltung landwirtschaftlicher Betriebe zu begünstigen.

Art. 2.

Das landwirtschaftliche Areal der Schweiz soll nach Möglichkeit seinem Zweck erhalten bleiben.

2 Die Kantone bestimmen, ob und in welcher Form für Verminderung des Kulturlandes bei Veräusserungsgeschäften Ersatz durch Indienststellung von Grund und Boden für landwirtschaftliche Nutzung zu bieten sei.

3 Sind an der Beschaffung des Eealersatzes mehrere Kantone beteiligt, so ist gegen Entscheide der kantonalen Instanzen die Beschwerde an den Bundesrat zulässig.

Art. 3.

1 Das Gesetz findet auf Liegenschaften Anwendung, die ausschliesslich oder vorwiegend landwirtschaftlich genutzt werden.

1

73 2

Auf Waldgrundstücke und auf die in das Grundbuch aufgenommenen selbständigen und dauernden Eechte ist das Gesetz anwendbar, sofern sie zu einem landwirtschaftlichen Betriebe gehören.

3 Jedermann, der ein Interesse glaubhaft macht, ist befugt, die Anwendbarkeit des Gesetzes im Einzelfall durch die zuständige Behörde feststellen zu lassen. Ein solcher Entscheid ist weiterziehbar.

Art. 4.

Die Anwendung des Gesetzes auf Liegenschaften, die in Städten n. Vorbehalt oder in Ortschaften mit städtischen Verhältnissen gelegen sind, kann Rechts, ] von den Kantonen ausgeschlossen werden.

- Verhältnisse 2 Diese Gebiete sind für jeden Grundbuchkreis genau zu bestimmen.

3 Die Abgrenzung ist dem zuständigen Grundbuchamt von Amtes wegen mitzuteilen.

Art. 5.

Beziehen sich Eechtsgeschäfte auf Liegenschaften, die nicht Be- 2. Liegenstandteile eines Landwirtschaftsbetriebes bilden, so sind die Kantone zu 50 Aren, befugt, für ihr Gebiet oder einzelne genau zu umschreibende Teile davon die Anwendung des Gesetzes auszuschliessen, sofern diese Liegenschaften nicht über das von jedem Kanton im Eahmen von höchstens 50 Aren festzusetzende Flächenmass hinausgehen.

1

Art. 6.

Das Gesetz findet auch Anwendung auf Nutzungs- und Anteils- 3. Nutzungsrechte an Allmenden, Alpen, Wald und Weiden, die im Eigentum von rechte."

Allmendgenossenschaften, Alpgenossenschaften, Waldkorporationen oder ähnlichen Körperschaften stehen.

2 Die Kantone sind ermächtigt, ergänzende oder abweichende Vorschriften aufzustellen.

1

Zweiter Abschnitt.

Zugrecht auf landwirtschaftlichen Liegenschaften.

Art. 7.

1 Wird eine landwirtschaftliche Liegenschaft verkauft, so steht den A. vorausin Art. 8 bis 10 genannten Personen, unter Vorbehalt des Eigentums- ïn^Uinfang.

erwerbes bei Zwangsversteigerungen sowie der Ausnahmen gemäss Art. 11, ein Vorkaufsrecht zu, sofern sie das Gut selbst bewirtschaften wollen und hiefür geeignet erscheinen und wenn sie genügende Gewähr für die Bezahlung des Kaufpreises bieten.

2 Das Vorkaufsrecht ist persönlich und darf vom Berechtigten weder abgetreten noch für einen andern ausgeübt werden.

74 3

Wenn Liegenschaften mit beweglichen Sachen zusammen den Gegenstand eines Kaufes bilden und dafür ein Gesamtpreis festgesetzt wird, so umfasst das Vorkaufsrecht den ganzen Kauf.

4 Dem Kaufvertrag werden in Hinsicht auf die Geltendmachung des Vorkaufsrechts die Abtretung und die freiwillige öffentliche Versteigerung gleichgestellt.

Art. 8.

1 B. Berechtigte.

In erster Linie steht das Vorkaufsrecht den Nachkommen, den imTsonst Geschwistern und deren Nachkommen, dem Ehegatten und den Eltern nahestehende <}es Verkäufers ZU.

Personen.

2

II. Pächter.

m. Andere Personen.

C. Ausnahmen vom Zugrecht.

Überdies kann es einer Person zuerkannt werden, die zum Verkäufer oder zur verkauften Liegenschaft in besondern, den Vorrang nahelegenden Beziehungen steht (Adoptivsohn, Patenkind, Pflegesohn usw.). Der Eichter entscheidet hierüber nach freiem Ermessen, unter Würdigung der Umstände.

Art. 9.

1 Wird das Vorkaufsrecht nicht von einer der in Art. 8 erwähnten Personen geltend gemacht, so kann ein langjähriger Pächter der verkauften Liegenschaft es beanspruchen.

2 Im Streitfall entscheidet der Eichter über die Zuerkennung des Vorkaufsrechts, indem er die Dauer des bisherigen Pachtverhältnisses, die Eignung des Pächters sowie den Umstand in Betracht zieht, ob der Käufer das Gut selbst bewirtschaften will.

Art. 10.

Wird das Vorkaufsrecht weder von einer der in Art. 8 erwähnten Personen noch von einem Pächter geltend gemacht, so kann es von andern Personen beansprucht werden, die die Liegenschaft selber bewirtschaften wollen, sofern der Käufer bereits Eigentümer so vieler landwirtschaftlicher Liegenschaften ist, dass sie einer Familie eine auskömmliche Existenz bieten.

Art. 11.

Dem Vorkaufsrecht unterliegen nicht: a. Eechtsgeschäfte über Liegenschaften von weniger als 10 Aren, sofern sie zur Abrundung anderer Liegenschaften dienen und unter den Parteien innerhalb der vorangehenden fünf Jahre keine Ge· Schäfte gleicher Art abgeschlossen worden sind; b. Eechtsgeschäfte über Liegenschaften, die zur Überbauung oder zur gewerblichen oder industriellen Ausnutzung des Bodens erworben werden;

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c. Eechtsgeschäfte über mehrere Liegenschaften, die zu einem gemischten Betrieb gehören, bei welchem der nichtlandwirtschaftliche Charakter überwiegt.

Art. 12.

1 Wollen mehrere Berechtigte das Vorkaufsrecht ausüben oder gehört D- a^11^"^^ der Käufer selbst zu den Berechtigten, so entscheidet der Bichter über tigten.

die Zuweisung der Liegenschaft unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse der Berechtigten.

2 Der Ehegatte und die Eltern können das Vorkaufsrecht nur nach den Kindern ausüben, der Ehegatte vor den Eltern. Geschwister und ihre Nachkommen sind erst nach den übrigen Verwandten zum Vorkauf berechtigt. Die Enkel des Verkäufers und die Nachkommen von Geschwistern können das Vorkaufsrecht nur nach ihrem Vater oder ihrer Mutter beanspruchen.

3 Verwandte gleichen Grades haben gegeneinander kein Vorkaufsrecht. Ebensowenig können es die Nachkommen gegenüber ihrem Vater oder ihrer Mutter beanspruchen.

. 4 Art. 621ter des Zivilgesetzbuches findet entsprechende Anwendung.

Über die Zerlegung und Zuweisung der Liegenschaft entscheidet im Streitfalle der Richter.

Art. 13.

1 Die Verwandten können das Vorkaufsrecht zum Schätzungswert E- Ubemahmeim Sinne des Bundesgesetzes vom 12. Dezember 1940 über die Entschuldung landwirtschaftlicher Heimwesen, die übrigen Berechtigten zum Verkehrswert ausüben.

2 Haben Verwandte, die vom Vorkaufsrecht nicht Gebrauch machen, dem Verkäufer finanzielle Leistungen zukommen lassen, so kann zu deren Deckung nach richterlichem Ermessen der Schätzungswert angemessen erhöht werden.

3 Im übrigen hat der Vorkaufsberechtigte die Liegenschaft zu den im Kaufvertrag festgelegten Bedingungen zu übernehmen.

4 Wird eine Liegenschaft, die Gegenstand des Vorkaufsrechts bildete, binnen der folgenden 15 Jahre weiterveräussert, so können die Mitberechtigten im Sinne von Art. 619 des Zivilgesetzbuches einen verhältnismässigen Anteil am Gewinn beanspruchen, sofern dieser Anspruch bei der Ausübung des Vorkaufsrechts im Grundbuch vorgemerkt worden ist.

Art. 14.

1

Die Urkundsperson, vor welcher der Kaufvertrag abgeschlossen 'ae^Zugrechts.

wird, ist verpflichtet, sich nach den unter Art. 8 fallenden Verwandten I- ^J^un"

76

des Verkäufers und einem allfälligen Pächter zu erkundigen und dem Grundbuchverwalter ein Verzeichnis derselben einzureichen.

2 Der Grundbuchverwalter hat den Verwandten und dem Pächter nach erfolgter Anmeldung des Kaufvertrages von diesem Mitteilung zu machen.

3 Die übrigen Vorkaufsberechtigten erhalten vom Àbschluss des Kaufvertrages durch dessen Veröffentlichung Kenntnis. Die Kantone bestimmen die Form dieser Bekanntmachung.

II. Frist.

Art. 15.

Der Berechtigte hat das Vorkaufsrecht binnen einem Monat, seitdem ihm die Mitteilung durch den Grundbuchverwalter zugegangen oder die öffentliche Bekanntmachung erfolgt ist, durch Erklärung gegenüber dem Verkäufer geltend zu machen.

2 Das Vorkaufsrecht erlischt in jedem Falle mit Ablauf eines Jahres seit der Anmeldung des Kaufvertrages im Grundbuch.

1

Art. 16.

G. Alpweiden.

i Die Kantone sind ermächtigt, weitere Bestimmungen über Alpweiden aufzustellen, insbesondere um durch Einführung eines Vorkaufsrechts die Überführung privater Alpweiden in das Eigentum von Gemeinden, öffentlich-rechtlichen Korporationen oder Alpgenossenschaften des kantonalen Eechts zu fördern.

2 Den ortsansässigen Besitzern landwirtschaftlicher Liegenschaften in Berggegenden sind angemessene Weiderechte einzuräumen.

3 Solche Vorschriften bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung des Bundesrates.

Dritter Abschnitt.

Die Liegenschaftsvermittlung.

A. Bewilligung.

I. Erfordernis.

Art. 17.

Für die gewerbsmässige Vermittlung des Abschlusses von Kaufoder Tauschverträgen über landwirtschaftliche Grundstücke und für den, gewerbsmässigen Nachweis von Gelegenheiten zum Abschluss solcher Verträge ist die Bewilligung der vom Kanton bezeichneten Behörde erforderlich.

2 Die Bewilligung ist persönlich und berechtigt zur Ausübung des Gewerbes im ganzen Gebiet der Eidgenossenschaft.

1

77 3 Die Kantone können für die Erteilung der Bewilligung angemessene Gebühren festsetzen.

Art. 18.

1 Die Erteilung der Bewilligung setzt Handlungsfähigkeit, bürger- lr- ^edmgunliche Ehrenfähigkeit und guten Leumund des Bewerbers voraus und kann von der Leistung einer angemessenen Kaution abhängig gemacht werden.

2 An Konkursiten und fruchtlos Ausgepfändete darf eine Bewilligung nicht erteilt werden.

Art. 19.

Die Bewilligung ist zu widerrufen, wenn die erforderlichen Be- in. widerruf, dingungen nicht mehr erfüllt sind oder der Mäkler vorsätzlich zum Abschlüsse von Kechtsgeschäften anstiftet oder dabei mithilft, die auf eine Verletzung oder Umgehung dieses Gesetzes hinzielen.

1

lassen.

Art. 20.

Die Kantone sind ermächtigt, weitergehende Vorschriften zu er- B. Kantonale

Vorschriften.

2

Diese Vorschriften bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung des Bundesrates.

Vierter Abschnitt.

Pachtverhältnisse.

Art. 21.

1 Ohne Bewilligung der zuständigen Behörde dürfen landwirt- A. Pacntschaftliche Grundstücke weder insgesamt noch stückweise auf eine i. Mindestkürzere Dauer als drei Jahre verpachtet werden.

dauer.

2 Ist eine kürzere oder eine unbestimmte Dauer vereinbart worden, so gilt der Pachtvertrag ohne weiteres als für drei Jahre abgeschlossen, sofern nicht binnen drei Monaten nach Antritt der Pacht ein Bewilligungsgesuch eingereicht worden ist.

3 Eine kürzere Pachtdauer darf aus wichtigen Gründen bewilligt werden.

4 Die Kantone sind ermächtigt, Pachtverträge, die einzelne Parzellen zum Gegenstand haben, von der Bewilligungspflieht auszuschliessen.

Diese Vorschriften bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 22.

1 Pachtverhältnisse, die nach Ablauf der vereinbarten Pachtdauer n. Pachtstillschweigend fortgesetzt oder auf den vertraglich vereinbarten, geemcuerung.

setzlich zulässigen Termin nicht gekündigt werden, gelten zu den gleichen

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Bedingungen als für drei Jahre erneuert, bis sie durch eine sechsmonatige Kündigung auf Ende einer solchen Pachtperiode aufgelöst werden.

2 Wurde die Pachtdauer mit behördlicher Bewilligung auf eine Dauer von weniger als drei Jahren vereinbart, so gilt gegebenenfalls auch die Erneuerung für eine Pachtperiode von gleicher Dauer.

m. Veräusaerung des Pachtgegenstandes.

1. Kauf bricht Pacht nicht.

2. Ausnahmen.

B. Alpweiden.

Art. 23.

Für den Pachtvertrag über landwirtschaftliche Grundstücke werden die Artikel 281 und 282 des Obligationenrechts durch folgende Bestimmungen ersetzt: Art. 281. Wird der Pachtgegenstand nach Abschluss des Pachtvertrages vom Verpächter veräussert oder auf dem Wege des Schuldbetreibungs- oder Konkursverfahrens ihm entzogen, so tritt der Erwerber an Stelle des Verpächters in die sich aus dem Pachtverhältnis ergebenden Eechte und Pflichten ein.

Art. 282. Werden verpachtete Grundstücke unmittelbar zu Bauzwecken oder zu öffentlichen Zwecken veräussert oder vom neuen Eigentümer zur Selbstbewirtschaftung erworben, so kann der Pächter die Fortsetzung des Pachtvertrages von dem Dritten nur fordern, wenn dieser sie übernommen hat; der Verpächter aber bleibt zum Ersatz allen Schadens verpflichtet, der dem Pächter aus der vorzeitigen Aufhebung des Pachtvertrages erwächst.

Der Dritte hat, sofern der "Vertrag keine frühere Auflösung der Pacht gestattet, unter Beobachtung der gesetzlichen sechsmonatlichen Frist zu kündigen und gilt, wenn er dies unterlässt, als in das Pachtverhältnis eingetreten.

Vorbehalten bleiben die besonderen Bestimmungen über die Wirkung der Enteignung.

Art. 24.

1 Die Kantone sind befugt, weitere Bestimmungen über die Verpachtung von Alpweiden aufzustellen, um namentlich den Viehbesitzern der Berggegend, zu welcher die Alpweide gehört, ein angemessenes Vorzugsrecht zur Alpbestossung zu sichern.

2 Diese Vorschriften bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung des Bundesrates.

Fünfter Abschnitt.

Schutz gegen unwirtschaftliche Zwangsverwertungen.

A. Nachlassverfahren.

I. Voraussetzungen.

1. Im allgemeinen.

Art. 25.

Kann kein amtliches Sanierungs- oder Entschuldungsverfahren Platz greifen, weil im Kanton die Entschuldung nicht durchgeführt oder die Kredithilfe nicht fortgesetzt wird, so kann der Eigentümer 1

79

eines landwirtschaftlichen Heimwesens statt dessen ein Begehren um Bewilligung eines Nachlassvertrages gemäss den nachfolgenden Bestimmungen stellen.

2 Wenn dem Begehren keine Betriebsaufsicht vorangegangen ist, so kann die Nachlassbehörde an Stelle der Nachlaßstundung die Betriebsaufsicht bis zum Zustandekommen des Nachlassvertrages anordnen.

3 Die Nachlassbehörde entscheidet nach Anhörung des Schuldners und des Sachwalters, ob auf das Begehren einzutreten sei.

Art. 26.

Mit dem Nachlassverfahren kann auf Gesuch des Schuldners 2. Beim Pfandein Pfandnachlassverfahren verbunden werden, sofern dieser glaubhaft "erfahren, macht, a. dass er ohne eigenes Verschulden die Pfandforderungen und ihre Zinsen nicht voll bezahlen kann; b. dass zudem die als Pfand bestellten Grundstücke zum Portbetrieb des landwirtschaftlichen Heimwesens notwendig sind und dass dieses Heimwesen die wesentliche Existenzgrundlage für seine Familie bildet; c. dass er oder die mit ihm in gemeinsamem Haushalt lebenden Familienangehörigen der Hilfe würdig sind.

2 Wird die Eröffnung des Pfandnachlassverfahrens bewilligt, so ordnet die Nachlassbehörde eine Schätzung im Sinne des Bundesgesetzes über die Entschuldung landwirtschaftlicher Heimwesen an.

1

Art. 27.'

Im Pfandnachlassverfahren können durch Beschluss der Nachlass- n. Inhalt des behörde folgende Massnahmen angeordnet werden: nacMasso. Stundung der Kapitalforderungen auf zwei Jahre mit ausnahms- i. Massnahmen.

weiser Verlängerung um höchstens zwei Jahre auf Gesuch des Eigentümers ; b. Beschränkung des Zinsfusses der gedeckten Grundpfandforderungen auf 4 Prozent mit Wirkung vom letzten vor Eröffnung des Verfahrens liegenden Zinstermin an bis längstens zum Ablauf der Kapitalstundung; c. Herabsetzung des Zinsfusses oder Ausschluss der Verzinslichkeit für nicht gedeckte Kapitalforderungen für die Dauer der Kapitalstundung; d. Tilgung der rückständigen gedeckten Grundpfandzinsen durch Barzahlung von 75 Prozent. Diese Massnahme darf jedoch nur getroffen werden, wenn die Kurrentgläubiger 50 oder mehr Prozent ihrer Forderungen verlieren. Die Kürzung soll in der Eegel nur 1

80 die Zinsen der Kapitalforderungen treffen, die das Pfandobjekt über zwei Drittel des Schätzungswertes hinaus belasten.

2 Sofern eine Kapitalstundung bewilligt wird, kann die Nachlassbehörde die Betriebsaufsicht gemäss Art. 35 bis 40 über den Betrieb des Schuldners anordnen.

Art. 28.

2. Kapitalstundung in besondere.

o. Wirkung.

Während der Kapitalstundung ist gegenüber dem Schuldner jede Betreibungshandlung für die gestundeten Beträge ausgeschlossen und der Lauf jeder Verjährungs- und Verwirkungsfrist, die durch eine Betreibung unterbrochen werden kann, eingestellt. Eine vorher eingeleitete Betreibung auf Pfandverwertung fällt mit allen ihren Wirkungen dahin.

Art. 29.

6. Widerruf.

1

Die Nachlassbehörde kann auf Verlangen eines Pfandgläubigers oder eines Bürgen, Mitschuldners oder Gewährspflichtigen die Stundung mit Wirkung für alle gestundeten Forderungen widerrufen, wenn nachgewiesen wird, dass der Schuldner a. die Stundung wieder zu entbehren vermag, ohne in seiner wirtschaftlichen Existenz beeinträchtigt zu werden, oder b. sich während der Stundung zum Nachteil des Pfandgläubigers, der den Widerruf verlangt, unredliche oder leichtfertige Handlungen hat zuschulden kommen lassen, oder o. sein Heimwesen verpachtet hat, es sei denn, dass er aus der Verpachtung sein Auskommen finden muss, oder d. verpfändetes Vieh zum Nachteil eines Pfandgläubigers veräussert oder beseitigt hat.

2 Ist die Stundung auf einen Solidarbürgen oder Mitschuldner ausgedehnt worden, so darf ihm gegenüber die Stundung nur widerrufen werden, wenn er sie entbehren kann, ohne in seiner wirtschaftlichen Existenz beeinträchtigt zu werden.

3 Im Falle von Abs. l, Buchstabe a, und Abs. 2 ist der Widerruf frühestens nach Ablauf von zwei Jahren seit der Bewilligung der Stundung oder der Ablehnung eines Widerrufsbegehrens zulässig.

Art. 80.

in. Stellung ! Bürgschaftsverpflichtungen des Schuldners werden mit den auf i. Bürgschaffen' die Kurrentforderungen entfallenden Nachlassdividenden abgefunden, 2 nersSchuld" Die Nachlassbehörde kann jedoch verfügen, dass eine herabgesetzte Dividende angewiesen oder von jeder Ausschüttung einer Dividende abgesehen werde. Sie trägt dabei den Verhältnissen Eechnung, insbesondere den Bückwirkungen auf den Hauptschuldner und die Mitbürgen sowie der Art der Eingehung der Bürgschaft.

81

Art. 31.

Die Kapitalstundung erstreckt sich auch auf die einfachen Bürgen. 2. BUrgscimf2 Der Solidarbürge kann die Ausdehnung der Stundung auf sich Drittpersoverlangen, wenn er nachweist, dass er andernfalls in seiner Wirtschaft- a BTM'Kapital.

heben Existenz gefährdet wird; die Stundung kann auf einen Teil der ' Stundung.

Forderung beschränkt und von Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden.

3 Während der Stundung sind die dem Bürgen nach Art. 510 und 511 des Obligationenrechts zustehenden Eechte eingestellt. Auch kann der Bürge vom Hauptschuldner nicht Sicherstellung oder Befreiung von der Bürgschaft gemäss Art. 506 des Obligationenrechts verlangen.

1

Art. 32.

Für den Ausfall aus der Beschränkung des Zinsfusses für gedeckte 6. Bei ZinaGrundpfandforderungen sowie aus der Tilgung rückständiger gedeckter Grundpfandzinse haften Bürgen, Mitschuldner und Gewährspflichtige, sofern sie nicht nachweisen, dass sie durch deren Bezahlung in ihrer wirtschaftlichen Existenz gefährdet würden.

Art. 33.

Die Nachlassbehörde entscheidet über das Gesuch des Schuldners iv. Einladung in mündlicher Verhandlung ohne vorausgehende Gläubigerversammlung.

handiung.

2 Zur Verhandlung wird durch eine Bekanntmachung eingeladen, in der mitzuteilen ist, dass der Entwurf des Nachlassvertrages während zehn Tagen vor der Verhandlung zur Einsicht durch die Beteiligten bei der Nachlassbehörde aufliegt und dass an der Verhandlung der Schuldner, der Sachwalter, die Gläubiger und die Bürgen Abänderungsanträge stellen und Einwendungen gegen die Bestätigung des Nachlassvertrages erheben können.

3 Von einer Bekanntmachung darf abgesehen werden, wenn die bekannten Gläubiger und Bürgen von ungedeckten Pfandforderungen, der Sachwalter und der Schuldner dem Nachlassvertrag zugestimmt haben. In diesem Falle sind die bekannten Gläubiger und Bürgen von Kurrentforderungen sowie der Sachwalter und der Schuldner schriftlich davon in Kenntnis zu setzen, dass sie an der Verhandlung Einwendungen gegen die Bestätigung des NachlassVertrages erheben können.

1

Art. 34.

Ist mit dem Nachlassvertrag der Kurrentgläubiger das Pfand- v. Entscheid nachlassverfahren verbunden, so hat die Nachlassbehörde den Nachlassvertrag zu bestätigen, wenn die von den zustimmenden Gläubigern vertretene Forderungssumme mindestens zwei Dritteile des Gesamt1

82 betrages der Forderungen ausmacht, die Voraussetzungen des Art. 306 des Gesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs gegeben sind, durch die Bestimmungen des Nachlassvertrages die Erhaltung der wirtschaftlichen Existenz des Schuldners wahrscheinlich gemacht ist und die Interessen der Gläubiger besser gewahrt werden als durch eine sofortige Zwangsliquidation.

2 Wo eine obere kantonale Nachlassbehörde besteht, kann der Entscheid innert zehn Tagen nach dessen Mitteilung an dieselbe weitergezogen werden.

3 Im übrigen finden die Vorschriften des elften Titels des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs Anwendung.

Art. 35.

1 B. BetriebsDie Betriebsaufsicht kann für den Eigentümer eines landwirtI. z'we'ck und schaftlichen Heimwesens angeordnet werden, das für ihn und seine AnwenFamilie die wesentliche Existenzgrundlage bildet.

dungs2 bereich.

Durch die Anordnung der Betriebsaufsicht soll der Schuldner zu einer besseren Wirtschaftsführung angeleitet und eine drohende Zwangsverwertung des Heimwesens vermieden werden.

Art. 36.

II. Zuständigkeit und Begehren.

m. Sachwalter.

1

Zum Entscheid über die Anordnung der Betriebsaufsicht ist die Nachlassbehörde zuständig. Wo eine obere kantonale Nachlassbehörde besteht, können der Schuldner und die Gläubiger den Entscheid binnen zehn Tagen an sie weiterziehen.

2 Das Begehren um Anordnung der Betriebsaufsicht kann vom Schuldner und mit seiner Zustimmung auch vom Grundpfandgläubiger an Stelle des Verwertungsbegehrens gestellt werden.

3 Das Begehren ist abzuweisen, sofern der Schuldner seine Notlage selbst verschuldet hat und sofern er und die mit ihm in gemeinsamem Haushalt lebenden Familienangehörigen der Hilfe nicht würdig sind und überdies mit einer allmählichen Abtragung der fälligen Schulden nicht zu rechnen ist.

4 Bis zum endgültigen Entscheid kann die Nachlassbehörde durch eine vorsorgliche Verfügung die Verwertung der Liegenschaften einstellen.

Art. 37.

Ordnet die Nachlassbehörde die Betriebsaufsicht an, so bestellt sie einen erfahrenen Landwirt oder Betriebsleiter als Sachwalter.

Art. 38.

iv. Wirkungen.

* Während der Dauer der Betriebsaufsicht kann der Schuldner nur mit Zustimmung des Sachwalters rechtsgültig Grundstücke veräussern

83

oder belasten, Miet- und Pachtverträge darüber abschliessen, Pfänder bestellen, Bürgschaften eingehen, unentgeltliche Verfügungen treffen oder Zahlungen auf Kapitalschulden leisten, die vor Bewilligung der Betriebsaufsicht entstanden sind.

2 Während der Dauer der Betriebsaufsicht dürfen die landwirtschaftlichen Grundstücke des Schuldners sowie der Viehbestand und die Fahrhabe, insoweit sie zur ordnungsgemässen Fortsetzung des Betriebes erforderlich sind, nicht verwertet werden.

Art. 39.

Die Betriebsaufsicht wird auf mindestens ein Jahr angeordnet, v. Dauer, kann jedoch auf insgesamt höchstens drei Jahre verlängert werden.

2 Durch Entscheid der Nachlassbehörde kann sie vor Ablauf der festgesetzten Frist widerrufen werden.

3 Auf Antrag eines Gläubigers oder des Sachwalters soll die Betriebaaufsicbt jederzeit aufgehoben werden, wenn der Schuldner den ihm auferlegten Verpflichtungen oder den Anordnungen des Sachwalters zuwiderhandelt oder wenn sich die Unmöglichkeit herausstellt, aus den Erträgnissen des landwirtschaftlichen Betriebes die rückständigen und die neu auflaufenden Verbindlichkeiten während der Dauer der Betriebsaufsicht zu erfüllen. Ein abgewiesener Antrag kann nicht vor Ablauf von sechs Monaten aufs neue gestellt werden.

1

Art. 40.

Das Verfahren zur Anordnung der Betriebsaufsicht sowie die Auf- vi. Ausfohgaben des Sachwalters und die Verwendung der Erträgnisse des Betriebes verordntrog werden durch eine Verordnung des Bundesgerichts näher geordnet.

Sechster Abschnitt.

Zuständigkeit und Verfahren.

Art. 41.

1 Die Kantone bezeichnen die für den Entscheid über die Anwend- A. Kantonale e ördcnbarkeit des Gesetzes auf eine Liegenschaft, die für die Bewilligung zur Liegenschaftsvermittlung sowie die für die Bewilligung kurzfristiger Pachtverträge zuständige Behörde und ordnen das Verfahren.

2 Sie ernennen eine kantonale Beschwerdeinstanz, die, unter Vorbehalt von Art. 42, endgültig entscheidet.

3 Sie können 'eine Behörde bezeichnen, die befugt ist, gegen bestimmte Entscheide der erstinstanzlichen Behörde Beschwerde zu erheben.

Art. 42. · Gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide über die Anwendbar- B. Buudeskeit dieses Gesetzes auf eine Liegenschaft ist die Verwaltungsgerichts- Bericht, beschwerde an das Bundesgericht zulässig.

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Art. 43.

c. Gebühren.

Für Verrichtungen bei der Durchführung dieses Gesetzes dürfen die Kantone massige Gebühren erheben.

Siebenter Abschnitt.

Verkehr mit landwirtschaftlichen Grundstücken.

Art. 44.

1 Die Kantone sind ermächtigt, für ihr Gebiet die Gültigkeit von [Rechtsgeschäften auf Übertragung des Eigentums an landwirtschaftlichen Grundstücken allgemein oder in bestimmten Fällen von einer behördlichen Bewilligung abhängig zu machen.

2 Sie ordnen diesfalls den Umfang der Bewilligungspflicht, die Voraussetzungen der Bewilligung sowie das Verfahren und bezeichnen die zuständigen Behörden.

3 Die in Art. 11 dieses Gesetzes vom Vorkaufsrecht ausgenomrnenen Rechtsgeschäfte dürfen jedoch der Bewilligungspflicht nicht unterworfen werden.

4 Die Vorschriften der Kantone bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung des Bundesrates.

Achter Abschnitt.

Übergangs- und Schlussbestimmungen.

Art. 45.

A

1 e fuäfüimm s ^ Kantone treffen die zur Ergänzung dieses Gesetzes vorgesehebestimmun- nen Anordnungen.

gen 2 ' Soweit das Gesetz zu semer Ausführung notwendig der Ergänzung durch kantonale Anordnungen bedarf, sind die Kantone verpflichtet, solche aufzustellen und können sie auf dem Verordnungsweg erlassen.

3 Diese Anordnungen bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 46.

B. Vollzug.

Der Bundesrat erlässt die zur Vollziehung dieses Gesetzes erforderlichen Vorschriften und überwacht die Anwendung des Gesetzes.

Art. 47.

c. Abänderung Alle diesem Gesetze widersprechenden Bestimmungen sind aufhêbung von gehoben.

Gesetzen.

2 D[e Art. 621iuater und 625bls des Zivilgesetzbuches erhalten die Fassung : 1

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Art. 621iuater: Die Kantone können bestimmen, dass in Gebirgsgegenden die Teilung unter Zuweisung einzelner Liegenschaften zum Ertragswerte an verschiedene Erben vorgenommen werden kann; doch dürfen diese Liegenschaften in der Eegel nicht zerstückelt werden.

Für Gebiete mit städtischen Verhältnissen können die Kantone die Frist, innert der die Miterben den Anspruch auf einen Verhältnismassigen Anteil am Gewinn im Sinne von Art. 619 geltend machen können, bis auf eine Dauer von fünfundzwanzig Jahren erstrecken.

Diese Bestimmungen haben die Gebiete, in denen diese Ausnahmen zulässig sind, genau zu umschreiben; sie bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 625Ws: Erhebt keiner der Erben Anspruch auf eine ungeteilte Zuweisung des landwirtschaftlichen Gewerbes oder wird ein solcher Anspruch abgewiesen, so kann jeder Miterbe den Verkauf des landwirtschaftlichen Gewerbes als Ganzes beanspruchen.

Art. 48.

Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses D. inkrafttreten Gesetzes.

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Bundesblatt.

100. Jahrg.

Bd. I.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes. (Vom 30. Dezember 1947.)

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Jahr

1948

Année Anno Band

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Volume Volume Heft

02

Cahier Numero Geschäftsnummer

5348

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

15.01.1948

Date Data Seite

21-85

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