13.093 Botschaft zur Volksinitiative «Rettet unser Schweizer Gold (Gold-Initiative)» vom 20. November 2013

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft beantragen wir Ihnen, die Volksinitiative «Rettet unser Schweizer Gold (Gold-Initiative)» Volk und Ständen zur Abstimmung zu unterbreiten mit der Empfehlung, die Initiative abzulehnen.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

20. November 2013

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ueli Maurer Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2013-1433

9329

Übersicht Der Bundesrat lehnt die Gold-Initiative ohne Gegenvorschlag ab. Ihre Annahme würde es der Schweizerischen Nationalbank (SNB) erschweren, eine Geld- und Währungspolitik zu verfolgen, welche die Preisstabilität sichert und zu einer stabilen Entwicklung der Wirtschaft beiträgt. Gold hat heute keine Bedeutung mehr für die Geldpolitik. Ein starrer Mindestanteil von unverkäuflichem Gold in der Bilanz der Nationalbank schmälert die Glaubwürdigkeit der geldpolitischen Massnahmen und untergräbt damit deren Wirksamkeit. Er würde zudem schlechtere Voraussetzungen für die Anlagepolitik schaffen und die Gewinnausschüttung an Bund und Kantone beeinträchtigen.

Am 20. März 2013 wurde die Volksinitiative «Rettet unser Schweizer Gold (GoldInitiative)» in Form eines ausgearbeiteten Entwurfs eingereicht. Sie fordert, dass die SNB mindestens 20 Prozent ihrer Aktiven in Gold halten muss. Dieses soll in der Schweiz gelagert werden und unverkäuflich sein.

Die SNB hat den gesetzlichen Auftrag, die Preisstabilität zu gewährleisten und dabei der konjunkturellen Entwicklung Rechnung zu tragen. Zwischen Preisstabilität und dem Goldanteil in der Bilanz der SNB besteht jedoch kein Zusammenhang. Preisstabilität wird vielmehr dadurch sichergestellt, dass die SNB als unabhängige Institution die Wirtschaft angemessen mit Geld versorgt und durch eine klare und transparente Geld- und Währungspolitik das Vertrauen in die Wertbeständigkeit des Frankens sichert. Ein hoher und unverkäuflicher Anteil von Gold an den Aktiven würde die Geld- und Währungspolitik und damit die Erfüllung des gesetzlichen Auftrags bedeutend erschweren.

Nach Annahme der Initiative müsste die SNB bei einer Lockerung der Geldpolitik und einer damit verbundenen Ausweitung der Bilanz oder bei einem fallenden Goldpreis zusätzliches Gold kaufen. Dieses dürfte sie jedoch nicht wieder verkaufen, auch dann nicht, wenn sie die Geldpolitik später wieder straffen muss oder der Goldpreis steigt. Dadurch könnte der Goldanteil an der Aktivseite der Bilanz der SNB sehr gross werden; im Extremfall könnte die Aktivseite sogar weitgehend aus Gold bestehen. Bei einem sehr hohen Goldanteil müsste die SNB eigene Schuldverschreibungen ausgeben, um die Liquidität zu reduzieren. Dies würde ihren Zinsaufwand vergrössern und ihren Gewinn schmälern. Die Goldbestände könnten,
da sie nicht verkauft werden dürften, auch nicht mehr die Funktion von Währungsreserven erfüllen: Sie könnten weder zur Finanzierung von Aussenhandelsdefiziten noch zu Interventionen am Devisenmarkt verwendet werden.

Geldpolitische Massnahmen zum Schutz der schweizerischen Volkswirtschaft haben unter Umständen eine grosse Bilanzausweitung zur Folge. Die ungünstigen Auswirkungen der Initiative auf die Bilanzstruktur müssten bei geldpolitischen Entscheiden von vornherein mitberücksichtigt werden. Die SNB könnte diese nicht mehr mit derselben Entschiedenheit ankündigen und durchsetzen. Dem Markt wären diese Einschränkungen zudem bekannt, und die Glaubwürdigkeit der SNB wäre geschwächt. Massnahmen wie die Mindestkurspolitik gegenüber dem Euro oder weit-

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reichende Vorkehrungen zur Sicherung der Finanzstabilität wären kaum mehr möglich. Dies insbesondere weil im Finanzmarkt die Überzeugung fehlen würde, dass die SNB entschlossen und in der Lage ist, diese Politik mit allen Mitteln durchzusetzen. Eine Restriktion, wie sie der Mindestanteil und das Verkaufsverbot für Gold darstellen, würde das Vertrauen der Märkte untergraben.

Die Annahme der Initiative würde auch das Risiko-Ertrags-Profil der Aktiven der SNB beeinträchtigen. Gold kann im Rahmen der Diversifikation der Währungsreserven zwar zu einer ausgewogeneren Verteilung der Bilanzrisiken beitragen. Für sich allein genommen gehört es aber zu den volatilsten und damit riskantesten Anlagen in der Bilanz der SNB. Diesem erhöhten Risiko stünde gleichzeitig keine höhere Anlagerendite gegenüber, was einer verantwortungsvollen Anlagepolitik zuwiderläuft. Ein wachsender Goldanteil würde auch zu einer geringeren Gewinnausschüttung an Bund und Kantone führen, zumal Gold keine laufenden Erträge in Form von Zinsen oder Dividenden abwirft und wegen des Verkaufsverbots auch keine Bewertungsgewinne realisiert werden dürften.

Nach Annahme der Initiative müsste die SNB die gesamten Goldreserven in der Schweiz aufbewahren. Derzeit lagert sie rund 30 Prozent der Reserven im Ausland: 20 Prozent bei der Bank of England und 10 Prozent bei der Bank of Canada. Diese geografische Diversifikation der Goldbestände im In- und Ausland stellt sicher, dass die SNB insbesondere im Krisenfall an verschiedenen Orten beziehungsweise Goldhandelsplätzen über Goldreserven verfügt und diese nötigenfalls am Markt ­ auch im Ausland ­ verkaufen kann. Die geografische Diversifikation ist ein Gebot der umsichtigen Geschäftsführung. Es ist daher angebracht, sie beizubehalten.

Die früheren Goldverkäufe, die als Folge des neuen Geld- und Währungsartikels ab dem Jahr 2000 getätigt wurden, sind nicht zuletzt auf Anregungen des Parlaments zurückzuführen, das in den 1990er-Jahren eine ertragsreichere Bewirtschaftung der Währungsreserven und eine Reduktion der Goldreserven verlangte. Auch nach diesen Verkäufen verfügt die Schweiz mit 1 040 Tonnen im internationalen Vergleich immer noch über sehr hohe Goldreserven.

Die Annahme der Initiative würde die Handlungsfähigkeit der SNB schwerwiegend einschränken. Eine handlungsfähige und unabhängige
Notenbank ist aber eine notwendige Voraussetzung, damit diese ihren Verfassungsauftrag auch in Zukunft erfüllen kann. Negativ wären auch die Auswirkungen auf die Gewinnausschüttung an Bund und Kantone. Der Bundesrat beantragt deshalb den eidgenössischen Räten, die Initiative Volk und Ständen zur Ablehnung zu empfehlen.

9331

Botschaft 1

Formelle Aspekte und Gültigkeit der Initiative

1.1

Wortlaut der Initiative

Die Volksinitiative «Rettet unser Schweizer Gold (Gold-Initiative)» hat den folgenden Wortlaut: I Die Bundesverfassung1 wird wie folgt geändert: Art. 99a (neu) 1

Goldreserven der Schweizerischen Nationalbank

Die Goldreserven der Schweizerischen Nationalbank sind unverkäuflich.

Die Goldreserven der Schweizerischen Nationalbank sind in der Schweiz zu lagern.

2

Die Schweizerische Nationalbank hat ihre Aktiven zu einem wesentlichen Teil in Gold zu halten. Der Goldanteil darf zwanzig Prozent nicht unterschreiten.

3

II Die Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung werden wie folgt geändert: Art. 197 Ziff. 92 (neu) 9. Übergangsbestimmung zu Art. 99a (Goldreserven der Schweizerischen Nationalbank) Für die Erfüllung von Absatz 2 gilt eine Übergangszeit von zwei Jahren nach Annahme von Artikel 99a durch Volk und Stände.

1

Für die Erfüllung von Absatz 3 gilt eine Übergangszeit von fünf Jahren nach Annahme von Artikel 99a durch Volk und Stände.

2

1.2

Zustandekommen und Behandlungsfristen

Die Volksinitiative «Rettet unser Schweizer Gold (Gold-Initiative)» wurde am 6. September 2011 von der Bundeskanzlei vorgeprüft3 und am 20. März 2013 mit den nötigen Unterschriften eingereicht.

1 2 3

SR 101 Die endgültige Ziffer dieser Übergangsbestimmung wird nach der Volksabstimmung von der Bundeskanzlei festgelegt.

BBI 2011 6841

9332

Mit Verfügung vom 16. April 2013 stellte die Bundeskanzlei fest, dass die Initiative mit 106 052 gültigen Unterschriften zustande gekommen ist.4 Die Initiative hat die Form des ausgearbeiteten Entwurfs. Der Bundesrat unterbreitet dazu weder einen direkten Gegenentwurf noch einen indirekten Gegenvorschlag.

Nach Artikel 97 Absatz 1 Buchstabe a des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 20025 (ParlG) hat der Bundesrat somit spätestens bis zum 20. März 2014 einen Beschlussentwurf und eine Botschaft zu unterbreiten. Die Bundesversammlung hat nach Artikel 100 ParlG bis zum 20. September 2015 über die Abstimmungsempfehlung zu beschliessen.

1.3

Gültigkeit

Die Initiative erfüllt die Anforderungen an die Gültigkeit nach Artikel 139 Absatz 3 BV: a.

Sie ist als vollständig ausgearbeiteter Entwurf formuliert und erfüllt somit die Anforderungen an die Einheit der Form.

b.

Zwischen den einzelnen Teilen der Initiative besteht ein sachlicher Zusammenhang. Die Initiative erfüllt somit die Anforderungen an die Einheit der Materie.

c.

Die Initiative verletzt keine zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts.

Sie erfüllt somit die Anforderungen an die Vereinbarkeit mit dem Völkerrecht.

Ausserdem muss eine Volksinitiative nach ungeschriebenem Recht zu ihrer Gültigkeit auch durchführbar sein. Aus folgendem Grund könnte man die Durchführbarkeit der vorliegenden Initiative bezweifeln: Aufgrund der Initiative wären die gesamten Goldreserven der SNB unverkäuflich.

Es sind keine Ausnahmen vorgesehen. Grundsätzlich dürften selbst in einer ausgesprochenen Notlage weder die SNB noch der Bund auf den Gegenwert der Goldreserven greifen. Aufgrund von Artikel 2 des Nationalbankgesetzes vom 3. Oktober 20036 (NBG) richtet sich die Rechnungslegung der SNB nach dem Obligationenrecht7 (OR). Nun sieht aber Artikel 959 Absatz 2 OR vor, dass Aktiven nur bilanziert werden dürfen, wenn über sie verfügt werden kann. Wegen ihrer Unverkäuflichkeit könnte über die Goldreserven nicht mehr verfügt werden. Unter dem Aspekt einer korrekten Rechnungslegung läge es deshalb nahe, den Goldbestand unabhängig von der konkreten Menge zum Nullwert zu bilanzieren, bis das Verkaufsverbot allenfalls wieder aufgehoben wird. Bei einer solchen Bilanzierung bliebe der durch die Initiative angestrebte Mindestanteil von zwanzig Prozent der Aktiven trotz Zukäufen ausser Reichweite.

Der Bundesrat sieht jedoch von einem Antrag ab, die Gold-Initiative für ungültig oder (mit Bezug auf die Unverkäuflichkeit des Goldes) teilweise ungültig zu erklären. Dafür sind insbesondere die folgenden Überlegungen massgebend:

4 5 6 7

BBl 2013 2911 SR 171.10 SR 951.11 SR 220

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­

Nach ständiger und unbestrittener Praxis rechtfertigt sich die Ungültigerklärung nur, wenn die Undurchführbarkeit offensichtlich und rein faktischer Natur ist. Schwierigkeiten bei der Umsetzung (vgl. dazu Ziff. 4 und 5) oder rechtliche Unzulässigkeit der Initiative genügen nicht. Ebenso spielt es keine Rolle, ob ein Begehren unvernünftig, unzweckmässig oder kostspielig ist. 8

­

Im vorliegenden Fall ist keine faktische Undurchführbarkeit erkennbar.

Die Durchführbarkeit ist lediglich in rechtlicher und praktischer Hinsicht erschwert. Die Bilanzierungsfrage liesse sich durch eine neu in das NBG einzufügende Spezialnorm lösen. Gestützt darauf könnten die Goldreserven trotz ihrer Unverkäuflichkeit als werthaltiges Aktivum bilanziert werden.

Denkbar wäre auch, über den Bestand und den Wert der Goldreserven ausserhalb der Bilanz Rechenschaft abzulegen. Auch so liesse sich ermitteln, ob dem Mindestanteil von zwanzig Prozent entsprochen wird.

2

Ausgangslage für die Entstehung der Initiative

2.1

Das Gold in der schweizerischen Währungsordnung

Gold spielte in der internationalen Währungsordnung lange Zeit eine zentrale Rolle, die es erst 1971 endgültig verlor. Im 19. Jahrhundert waren in der Regel nur vollwertige Gold- und Silbermünzen gesetzliche Zahlungsmittel. Banknoten hatten eher den Charakter eines Schecks. Einige Länder hatten eine reine Goldwährung, andere eine Gold-Silberwährung. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzte sich der sogenannte «Goldstandard» durch und das Silber verlor allmählich seinen monetären Status. Unter dem Goldstandard mussten die Notenbanken jederzeit eigene und fremde Zahlungsmittel in Gold tauschen können. Um dies zu garantieren, waren sie gesetzlich verpflichtet, für einen Teil der umlaufenden Banknoten Goldreserven zu halten. Dieses Währungsregime war durch zahlreiche Krisen geprägt, und häufig kamen die Notenbanken unter Druck, ohne Rücksicht auf die Konjunkturlage die Zinsen zu erhöhen, um Goldabflüsse zu verhindern. Der Goldstandard wurde im Ersten Weltkrieg aufgegeben, doch kehrte er im Verlauf der 1920er-Jahre als GoldDevisen-Standard wieder zurück. Unter dem Gold-Devisen-Standard hatten wichtige in Gold konvertible Währungen wie das britische Pfund oder der amerikanische Dollar den gleichen Status wie Gold. Als Grossbritannien in der Weltwirtschaftskrise der 1930er-Jahre vom Gold-Devisen-Standard abrückte, brach diese Währungsordnung zusammen. Nach dem Zweiten Weltkrieg sah das Währungssystem von Bretton Woods ­ im Rahmen des Übereinkommens vom 22. Juli 19449 über den Internationalen Währungsfonds ­ einen Gold-Dollar-Standard vor, bei dem die Währungen ein festes aber veränderbares Austauschverhältnis zum Dollar und ­ aufgrund der Goldparität des Dollars ­ zum Gold hatten. Allerdings waren die Notenbanken von der Pflicht entbunden, die Banknoten in Gold einlösen zu müssen.

Gold bestimmte in diesem System zwar den Aussenwert der Währung, hatte jedoch nicht mehr die Funktion eines Zahlungsmittels im Inland. Als die USA 1971 die Konvertibilität des Dollars in Gold aufhoben, brach das Bretton-Woods-System 8 9

vgl. Hangartner, St. Galler Kommentar zur BV, 2. Aufl. 2008, Rz. 36 zu Art. 139 und Biaggini, Kommentar BV, Zürich 2007, Rz. 14 zu Art. 139.

SR 0.979.1; der Gold-Dollar-Standard war in der Urfassung des Übereinkommens festgelegt, die für die Schweiz nie verbindlich war.

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fester Wechselkurse zusammen und das Gold verlor damit seine Funktion als Anker in der internationalen Währungsordnung. Die Demonetisierung des Goldes wurde 1978 auf internationaler Ebene mit dem Zweiten Abkommen zur Änderung des Übereinkommens über den IWF auch rechtlich nachvollzogen.

Angesichts massiver Zuflüsse in den Schweizer Franken sah sich die Schweizerische Nationalbank (SNB) 1971 gezwungen, den Wechselkurs des Frankens freizugeben.

Die Goldparität des Frankens im Münzgesetz wurde jedoch nicht ausser Kraft gesetzt, weshalb der rechtliche Rahmen der Geld- und Währungspolitik der SNB über längere Zeit mit der tatsächlich geführten Währungspolitik nicht mehr übereinstimmte. Da der Goldpreis nach dem Ende des Fixkurssystems anstieg, verunmöglichte es die gesetzlich fixierte Goldparität der SNB, Gold zu verkaufen, wollte sie nicht Gold unter dem Marktpreis abgeben. Die Goldparität diente nach dem Ende des Fixkurssystems nur noch zur Bilanzierung der Goldbestände.

In den 1990er-Jahren wurde die Goldbindung innerhalb und ausserhalb des Parlaments zunehmend kritisiert. Verschiedene parlamentarische Vorstösse verlangten eine Anpassung der Bundesverfassung. Der Versuch, die Geld- und Währungsordnung in einem beschleunigten Verfahren mit dem System flexibler Wechselkurse in Einklang zu bringen,10 scheiterte im Juni 1999 im Parlament. Danach erfolgte im Rahmen der Totalrevision der Bundesverfassung die Nachführung der Währungsverfassung, die zum heutigen Artikel 99 BV führte. Dieser ist seit dem 1. Januar 2000 in Kraft.

Mit dem Inkrafttreten der neuen Bundesverfassung am 1. Januar 2000 wurde die Aufhebung der Goldbindung des Schweizer Frankens auf Verfassungsebene formal nachvollzogen. Das neue Bundesgesetz vom 22. Dezember 199911 über die Währung und Zahlungsmittel (WZG) setzte die Aufhebung der Goldbindung auf Gesetzesebene um. Nach den Artikeln 2 Buchstabe b und 3 Absatz 2 WZG gelten die von der SNB ausgegebenen Banknoten als gesetzliche Zahlungsmittel mit unbeschränkter Annahmepflicht. Damit wurde auf Gesetzesstufe ein Ersatz für die aufgehobene Einlösepflicht geschaffen. Da die SNB einen Teil der Währungsreserven in Gold halten muss, behält Gold jedoch eine gewisse Sonderposition, die es von anderen Währungsreserven unterscheidet. In der Botschaft vom 20. November 199612 über eine neue
Bundesverfassung ist festgehalten, dass die Bildung ausreichender Währungsreserven geeignet ist, das öffentliche Vertrauen in das staatliche Geld zu fördern, und damit ein funktionales Äquivalent für die aufgegebene Golddeckungspflicht darstellt. Auf Verfassungsstufe ist festgelegt, dass die SNB aus ihren Erträgen ausreichende Währungsreserven zu bilden hat, wovon ein Teil in Gold zu halten ist. Welchen Umfang die Währungsreserven aufweisen müssen, um als ausreichend zu gelten, und welcher Anteil davon in Gold zu halten ist, liegt im Ermessen der SNB. Der Entscheid darüber ist ein wichtiger Teil des Handlungsspielraums der SNB.13 Geldpolitische Massnahmen, wie beispielsweise die Umsetzung der Zinspolitik mittels Repo-Geschäften oder Massnahmen zur Steuerung der Liquidität, haben in der Regel auch Auswirkungen auf die Zusammenset-

10 11 12 13

Vgl. dazu die Botschaft vom 27. Mai 1998 über einen neuen Geld- und Währungsartikel in der Bundesverfassung, BBl 1998 4007 ff.

SR 941.10 BBl 1997 I 1 Vgl. dazu auch die Art. 30 Abs. 1 und 46 Abs. 2 Bst. b des Nationalbankgesetzes vom 3. Oktober 2003 (NBG, SR 951.11).

9335

zung und Grösse der Bilanz. Dabei verändern sich häufig Höhe und Zusammensetzung der Währungsreserven.

Unter der geltenden Währungsordnung ist der Schweizer Franken wie nahezu alle Währungen weltweit ein sogenanntes Fiatgeld, d.h. ein Geld ohne intrinsischen Wert: Die Werthaltigkeit des Geldes wird nicht durch die Pflicht zur Einlösung in Gold oder andere Metalle garantiert, sondern durch die gesetzliche Verpflichtung der unabhängigen Notenbank, die Preisstabilität zu gewährleisten.

Im Rahmen der geltenden Währungsordnung kann die SNB flexibel auf wirtschaftspolitische Anforderungen reagieren und das Geldangebot je nach Bedarf ausweiten oder einschränken. Die jeweilige Politik hängt insbesondere davon ab, was zur Erreichung der Preisstabilität im jeweiligen konjunkturellen Umfeld notwendig ist.

Dazu gehört, dass die SNB ihre Anlagen und damit die Aktivseite ihrer Bilanz selber bestimmen kann.

2.2

Währungspolitischer Hintergrund der Initiative

In den vergangenen Jahren betrieben die Notenbanken weltweit eine Geldpolitik, bei der die Notenbankgeldmengen deutlich gestiegen sind. Damit wirkten sie einer drohenden Deflation und Depression entgegen.

Diverse Notenbanken setzten sogenannte unkonventionelle geldpolitische Instrumente ein, mit denen die Funktionsfähigkeit der Geldmärkte und die Aufrechterhaltung der Kredittätigkeit der Banken sichergestellt werden sollte. In der Schweiz intervenierte die SNB an den Devisenmärkten, nachdem weitere Zinssenkungen nicht mehr möglich waren, um angemessene monetäre Bedingungen für die Schweizer Wirtschaft zu schaffen. Seit dem 6. September 2011 gilt gegenüber dem Euro ein Mindestkurs. Dieser hat die Aufgabe, die Frankenaufwertung zu begrenzen und deren schwerwiegende Folgen für die Wirtschaft und die Beschäftigung zu verhindern. Mit der Ausdehnung der Notenbankgeldmenge hat sich der Anteil des Goldbestandes an den Aktiven der SNB verringert. Sobald sich die Lage normalisiert, wird sich dies wieder korrigieren. Die SNB verfügt über die notwendigen Instrumente, um die Ausdehnung der Notenbankgeldmenge wieder rückgängig zu machen.

Aus Sorge um die zukünftige Stabilität der Währung schlagen die Initiantinnen und Initianten insbesondere einen Mindestanteil von Gold in der Bilanz der SNB vor.

2.3

Goldverkäufe seit 2000

Ende der 1990er-Jahre belegte die Schweiz mit Goldreserven von 2590 Tonnen weltweit Rang fünf unter den bestdotierten Ländern. Sie stand mit 365 Gramm Feingold pro Einwohner mit Abstand an der Spitze der Länder der Zehnergruppe, eines Gremiums der wichtigsten Industrieländer, welche sich bei Zahlungsbilanzschwierigkeiten innerhalb des Internationalen Währungsfonds gegenseitig unterstützen. Nachdem die formelle Goldbindung des Frankens mit dem Inkrafttreten der neuen Bundesverfassung am 1. Januar 2000 und dem WZG am 1. Mai 2000 aufgehoben worden war, bewertete die SNB ihren Goldbestand von 2590 Tonnen zum Marktwert, was zu einem Buchgewinn von 27,7 Milliarden führte. Ein Teil davon (19,9 Mrd.) wurde für die Ausgliederung von 1300 Tonnen Gold bestimmt, die nicht 9336

mehr für monetäre Zwecke benötigt wurden. Die von der SNB und dem EFD eingesetzte Arbeitsgruppe hatte ursprünglich 1400 Tonnen Gold als überschüssig bezeichnet. Diese Zahl hatte sie durch internationale Vergleiche unter Berücksichtigung der Bedeutung des schweizerischen Finanzplatzes ermittelt. Mit dem Rest wurde eine Spezialreserve für Markt- und Liquiditätsrisiken auf dem monetären, d.h.

im Bestand der SNB verbleibenden Gold gebildet.14 In der politischen Diskussion ging es in erster Linie darum, wie der Erlös aus den Goldverkäufen verwendet werden sollte. Die Ausgliederung der 1300 Tonnen Gold aus der Bilanz der SNB war dagegen unumstritten. Die Verkäufe der 1300 Tonnen erfolgten zwischen 2000 und 2005. Nachdem verschiedene Vorschläge zur Verwendung des Golderlöses in Volksabstimmungen und im Parlament gescheitert waren, wurden 21,1 Milliarden als Nationalbankgewinn zu zwei Dritteln den Kantonen und zu einem Drittel dem Bund ausgeschüttet.

Gestützt auf das Bundesgesetz vom 16. Dezember 200515 über die Verwendung des Bundesanteils am Nationalbankgold wurde der Bundesanteil von 7 Milliarden im Jahr 2007 dem Ausgleichsfonds der AHV zugewiesen. Die Ausschüttung stellte im Bundeshaushalt jeweils eine ausserordentliche Einnahme und Ausgabe gemäss Schuldenbremse dar.

Die Goldverkäufe fanden im Rahmen des sogenannten Washingtoner Abkommens statt, das am 26. September 1999 unterzeichnet und 2004 sowie 2009 verlängert wurde. Am Abkommen sind verschiedene Zentralbanken beteiligt, darunter auch die SNB. Zweck des Abkommens war die Stabilisierung des Goldpreises, nachdem verschiedene Zentralbanken Goldverkäufe angekündigt hatten. In dem Abkommen verständigten sich die beteiligten Zentralbanken auf Obergrenzen für den Verkauf von Goldreserven. Das Abkommen ist kein völkerrechtliches Übereinkommen, sondern eine blosse Klarstellung der Absichten der beteiligten Institutionen. Damit koordinierten 15 europäische Zentralbanken ihre Goldverkäufe in den Jahren 2000 bis 2005. Die Verkäufe wurden ursprünglich auf insgesamt 2000 Tonnen beziehungsweise 400 Tonnen pro Jahr beschränkt. 2004 wurde das Abkommen um weitere fünf Jahre verlängert und die Verkaufsmenge auf 2500 Tonnen erhöht. Neben der Einhaltung der Verkaufsmengen kamen die beteiligten Zentralbanken überein, auf eine Absicherung des Preisrisikos auf dem
noch nicht verkauften Teil des Goldes mittels Termingeschäften zu verzichten.16 Hintergrund für die Goldverkäufe den SNB bildeten unter anderem auch Forderungen nach einer ertragreicheren Bewirtschaftung der Reserven. Die SNB wurde dafür kritisiert, zu viel Gold zu halten, welches für geldpolitische Zwecke nicht benötigt wird und zudem eine zu geringe Rendite abwirft. Die Kritik von Parlament und akademischen Kreisen bewegten den Bundesrat dazu, einen neuen Verfassungsartikel für die Geldpolitik auszuarbeiten.17 Die ertragreichere Bewirtschaftung bedingte insbesondere eine ­ deutlich höhere ­ Bewertung der Goldreserven zu Marktpreisen und den Verkauf daraus entstehender «überschüssiger» Anteile.

14 15 16 17

Vgl. die Botschaft vom 20. August 2003 zur Verwendung von 1300 Tonnen Nationalbankgold und zur Volksinitiative «Nationalbankgewinne für die AHV», BBl 2003 6133.

SR 951.19 Schweizerische Nationalbank (Hg.): Die Schweizerische Nationalbank 1907-2007, Zürich 2007 (FS 2007), S. 471.

Vgl. dazu Fussnote 10.

9337

Im Juni 2007 kündigte die SNB an, sie werde die Struktur ihrer Währungsreserven anpassen und zu diesem Zweck insgesamt 250 Tonnen Gold verkaufen. Der Verkauf wurde am 26. September 2008 abgeschlossen. Seither verfügt die SNB über 1040 Tonnen Gold. Damit hat die SNB im internationalen Vergleich immer noch hohe Goldreserven, dies auch bezogen auf die Grösse des Landes. Die USA ­ mit den höchsten Goldreserven ­ verfügen beispielsweise über 8134 Tonnen, Deutschland über 3391, Italien über 2452, Frankreich über 2435 Tonnen. 18 Die SNB plant keinen weiteren Abbau des Goldbestandes.

3

Ziele und Inhalt der Initiative

3.1

Inhalt der vorgeschlagenen Regelung

Inhaltlich fordert die Initiative folgende drei Bestimmungen: ­

Die SNB muss ihre Goldreserven zwingend in der Schweiz halten. Dafür gilt eine Übergangsfrist von zwei Jahren nach Annahme der Initiative.

­

Die SNB muss mindestens 20 Prozent ihrer Aktiven in Gold halten, dies nach einer Übergangsfrist von fünf Jahren.

­

Die Goldreserven der SNB sind unverkäuflich.

3.2

Ziele und Erläuterung der Initiative

Die Initiative zielt auf eine dauerhafte Erhöhung der Goldanlagen in der Bilanz der SNB ab. Die Initiantinnen und Initianten gehen davon aus, dass Goldreserven grundsätzlich die Währungsstabilität erhöhen. Das Gold soll das Vertrauen in die Stabilität der eigenen Währung stärken, dies insbesondere wenn im Ausland vermehrt Banken- und Währungskrisen drohen. Um den unter Ziffer 2 erwähnten Befürchtungen entgegenzutreten, schlagen die Initiantinnen und Initianten einen verfassungsrechtlich festgelegten minimalen Goldanteil in der SNB-Bilanz vor.

Die Initiantinnen und Initianten bemängeln, dass die SNB in der Vergangenheit die «überschüssigen Goldreserven» nicht hätte verkaufen sollen und dass dieser Verkauf zu einem falschen Zeitpunkt erfolgte, nämlich als der Goldpreis tief war. Ein Zuwarten mit den Verkäufen hätte aus Sicht der Initiantinnen und Initianten grosse Bewertungsgewinne gebracht. Sie wollen verhindern, dass sich diese Situation wiederholen kann und fordern dafür die (unbefristete) Unverkäuflichkeit der Goldreserven.

Ein weiteres Ziel der Initiative ist die Rückführung von im Ausland gelagerten Goldreserven der SNB in die Schweiz. Damit soll verhindert werden, dass im Krisenfall andere Länder die Herausgabe der Goldreserven der Schweiz blockieren. Es wird somit befürchtet, dass die Goldreserven im Ausland im Krisenfall gar nicht von Nutzen wären. Die SNB gab in der Vergangenheit die Lagerstandorte aus Gründen der Sicherheit und aus politischen Gründen nicht bekannt. Um dem gestiegenen Bedürfnis nach Transparenz Rechnung zu tragen, hat sie im April 2013 die Lagerstandorte bekannt gegeben: 70 Prozent des Goldes werden im Inland gelagert, 20 Prozent im Vereinigten Königreich und 10 Prozent in Kanada.

18

World Gold Council, August 2013.

9338

Ein «Goldstandard» im Sinne einer Pflicht zur Einlösung von Geld gegen Gold zu einem festgelegten Paritätswert ist explizit kein Ziel der Initiative.19 Die unilaterale Einführung eines Goldstandards durch die Schweiz wäre ohnehin nicht möglich; auch die Initiantinnen und Initianten gehen davon aus, dass dies realistisch nicht durchführbar wäre und zu einem Ansturm auf die Goldreserven der SNB führen könnte.

4

Würdigung der Initiative

4.1

Auswirkungen der Initiative bei einer Annahme

Die seit rund zehn Jahren geltenden verfassungsmässigen und gesetzlichen Grundlagen der Geld- und Währungspolitik haben sich bewährt. Die Annahme der Initiative würde weder für die Geld- und Währungspolitik noch für die Anlagepolitik der SNB bessere Voraussetzungen schaffen. Im Gegenteil, sie würde es der SNB bedeutend schwerer machen, ihren gesetzlichen Auftrag zu erfüllen, und sie unter gewissen Umständen sogar gänzlich daran hindern. Die Annahme der Initiative würde sich zudem negativ auf die Gewinnausschüttung der SNB an Bund und Kantone auswirken.

4.1.1

Erhebliche Einschränkung der geldpolitischen Handlungsfähigkeit der SNB

Die SNB hat den gesetzlichen Auftrag, die Preisstabilität zu gewährleisten und dabei der konjunkturellen Entwicklung Rechnung zu tragen. Diesen Auftrag hat sie bislang erfüllt. Seit 2000 hat die am Konsumentenpreisindex gemessene Jahresteuerung durchschnittlich rund 1 Prozent pro Jahr betragen. Zudem konnte die SNB dank dem ihr zugestandenen Handlungsspielraum auch in der jüngsten Wirtschafts- und Finanzkrise wesentlich zur wirtschaftlichen Stabilität beitragen.

Die SNB setzt die Geldpolitik mit Hilfe ihres geldpolitischen Instrumentariums um.

Der Einsatz der Instrumente wirkt sich direkt auf den Umfang und die Zusammensetzung der Bilanz der SNB aus. Starre Vorschriften über die Zusammensetzung der Bilanz und über die Verwendung bestimmter Aktiven würden die geldpolitische Handlungsfähigkeit der SNB schwerwiegend beeinträchtigen. Der von der Initiative geforderte Minimalanteil an Gold von 20 Prozent an den Aktiven der SNB und die Unverkäuflichkeit des Goldes hätten erhebliche nachteilige Folgen für die Geldpolitik.

Zur Bekämpfung der jüngsten Finanz- und Wirtschaftskrise hat die SNB die Zinsen faktisch auf null gesenkt und einen Mindestkurs gegenüber dem Euro eingeführt.

Diese Politik hat zu einer starken Ausdehnung ihrer Bilanz geführt. Auf der Passivseite der Bilanz nahmen die Sichteinlagen deutlich zu, während auf der Aktivseite vor allem die Devisenanlagen anstiegen. Entsprechend ist der Goldanteil an den Aktiven gefallen. Wollte man in dieser Situation den Goldanteil auf 20 Prozent erhöhen, wären umfangreiche Goldkäufe notwendig. Das gekaufte Gold könnte 19

Stamm, Luzi, Rettet unser Schweizer Gold, Erläuterungen zur Initiative für die Medienkonferenz vom 20. Sept. 2011.

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zudem nicht mehr wiederverkauft werden, wenn die Situation sich wieder normalisierte und die SNB die Liquidität wieder auf ein normales Niveau reduzieren wollte.

Die Reduktion der Liquidität müsste wohl über den Verkauf von Devisen erfolgen.

Dies hätte zur Folge, dass der unverkäufliche Goldbestand nach der Normalisierung der Liquiditätsversorgung die Aktiven der SNB dominieren würde.

Die aktuelle Situation ist allerdings nicht allein dafür verantwortlich, dass der Goldanteil in der Nationalbankbilanz bei Annahme der Initiative letztlich deutlich über die geforderten 20 Prozent zu liegen käme. Beläuft sich der Goldanteil im Ausgangspunkt auf 20 Prozent, so wird er unter 20 Prozent fallen, wenn der Goldpreis fällt (Rückgang des Goldbestandes der SNB, falls dieser zu Marktpreisen bewertet wird) oder die SNB ihre Geldpolitik lockert (Ausweitung der Bilanz durch den Kauf von Devisen oder inländischen Wertpapieren). Die SNB müsste in diesen Fällen Gold kaufen, um den 20-Prozent-Anteil zu erhalten. Dieses Gold dürfte jedoch nicht wiederverkauft werden und zwar auch dann nicht, wenn die Geldpolitik in einem späteren Zeitpunkt wieder gestrafft wird oder der Goldpreis wieder steigt. Daraus ergibt sich, dass der Goldanteil in der Regel deutlich über den geforderten 20 Prozent liegen würde. Das Ausmass hängt von den Fluktuationen der Liquiditätsversorgung und des Goldpreises ab. Die Erfahrung zeigt, dass diese Fluktuationen sehr gross ausfallen können. Im Extremfall könnte die Aktivseite der Bilanz sogar weitgehend aus (unverkäuflichem) Gold bestehen.

Die Steuerung der Liquidität und des Zinsniveaus kann nicht mehr über die Aktivseite der SNB erfolgen, wenn der Anteil der Goldreserven sehr hoch ist und Gold nicht verkauft werden darf. Sie ist dann nur noch über die Passivseite der Bilanz möglich, konkret über die Ausgabe von verzinslichen Schuldverschreibungen der SNB beziehungsweise über die Veränderung von deren Bestand. Die Schuldverschreibungen verpflichten jedoch die SNB zur Bezahlung von Zinsen. Auf der Aktivseite hätte die SNB somit grosse unverkäufliche Goldbestände, die weder Zinseinnahmen generieren noch die Realisierung allfälliger Bewertungsgewinne gestatten. Auf der Passivseite müsste sie Zinszahlungen auf ihren Schuldverschreibungen leisten. Die SNB könnte damit in eine Situation geraten,
in der sie die Zinszahlungen auf Abschöpfungsgeschäften zur Liquiditätssteuerung sowie ihre übrigen Ausgaben nur noch mittels Geldschöpfung ­ also mittels der Notenpresse ­ finanzieren könnte, was die Erfüllung des geldpolitischen Auftrags erschweren würde.

Geldpolitische Entscheide, die eine grosse Bilanzausweitung mit sich bringen, würden stark erschwert, weil sie den Zukauf von beträchtlichen und später unverkäuflichen Goldreserven nach sich ziehen würden. Sie liessen sich nicht mehr mit derselben Entschiedenheit ankündigen und durchsetzen. Nicht nur die herkömmliche Geldpolitik würde dadurch erschwert. Massnahmen wie die Einführung des Mindestkurses gegenüber dem Euro oder weitreichende Vorkehrungen zur Sicherung der Finanzstabilität wären bei einer Annahme der Initiative kaum mehr möglich. Beispielsweise wären die zur Durchsetzung des Mindestkurses notwendigen Interventionen am Devisenmarkt nur erlaubt, wenn gleichzeitig die Goldreserven zwecks Beibehaltung des Mindestanteils des Goldes aufgestockt würden ­ ohne Rücksicht auf die Wirkung dieser Käufe auf den Goldpreis. Das nötige Vertrauen der Finanzmärkte in die Fähigkeit der SNB, den Mindestkurs unter diesen Restriktionen durchzusetzen, würde beeinträchtigt.

Die Erhaltung der Preisstabilität würde durch diese Einschränkungen lediglich erschwert. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass kein Zusammenhang zwischen der Preisstabilität und dem Goldanteil in der Bilanz der SNB besteht. Preisstabilität 9340

wird dadurch sichergestellt, dass die SNB als unabhängige Notenbank angemessene monetäre Bedingungen schafft, das heisst die Wirtschaft adäquat mit Geld versorgt.

4.1.2

Eingeschränkte Verfügbarkeit und Diversifizierung der Währungsreserven

Gemäss Verfassung hat die SNB aus ihren Erträgen ausreichende Währungsreserven zu bilden und einen Teil dieser Reserven in Gold zu halten. Höhe und Zusammensetzung der notwendigen Währungsreserven (neben Gold hauptsächlich Devisen) bestimmt die SNB unabhängig und in Abhängigkeit ihrer geldpolitischen Ziele.

Ausreichende und liquide Reserven erhöhen die Glaubwürdigkeit geld- und währungspolitischer Massnahmen und sind für die Vorbeugung und Bewältigung allfälliger Krisen von wesentlicher Bedeutung. Damit die SNB ihre Aufgaben erfüllen kann, müssen Währungsreserven im Bedarfsfall rasch und ohne Einschränkungen verfügbar sein. Bei Annahme der Initiative wäre dies für den Goldanteil an den Währungsreserven nicht mehr gewährleistet, da Gold unverkäuflich und damit nicht verfügbar wäre. Gold könnte in diesem Fall die Funktion von Währungsreserven nicht mehr erfüllen.

Da die Währungsreserven die jederzeitige Handlungsfähigkeit sicherstellen müssen, werden sie von der SNB nach den Kriterien Sicherheit, Liquidität und Ertrag angelegt. Die Liquidität ist dabei ein zentrales Element. Die Annahme der Initiative würde mit der Unverkäuflichkeit des Goldes die Liquidität der Währungsreserven wesentlich verschlechtern. Darüber hinaus würde sie aber auch das Risiko-ErtragsProfil der Aktiven der SNB beeinträchtigen, wenn der Goldanteil ein zu hohes Niveau erreicht. Gold kann im Rahmen einer Diversifikation der Währungsreserven zwar zu einer ausgewogeneren Verteilung der Bilanzrisiken beitragen, für sich allein genommen gehört Gold aber zu den volatilsten und damit zu den riskantesten Anlagen in der Bilanz der SNB. In der Grafik 1 zeigt der obere Rand der Spannweite für die entsprechende Anlage jeweils die annualisierte Rendite über die beste (rollend gemessene) 5-Jahres-Periode des angegebenen Zeitraums, der untere Rand entsprechend die jährliche Rendite über die schlechteste 5-Jahres-Periode. Die Grafik illustriert, dass der grösste innerhalb einer 5-Jahres-Periode erzielte Verlust auf dem Gold mit 9,4 Prozent pro Jahr sogar ausgeprägter war als der grösste 5-JahresVerlust für Aktien mit 9,0 Prozent.

9341

Grafik 1 Historische Schwankungen der Renditen auf Gold und anderen Anlageklassen in Franken 35%

Schwankungsbreite der Renditen über 60 Monate (annualisiert)

Durchschnittliche jährliche Rendite

30%

29.1% 26.5%

25%

Rendite (p.a.)

20%

21.8%

15% 10%

6.9% 4.4%

5%

1.2%

8.2% 4.1% 1.3%

0%

-3.5% -5% -10%

-9.4%

-9.0%

Gold

Aktien Industrieländer weltweit

US-Staatsanleihen Laufzeit 3-5 Jahre

CH-Staatsanleihen Laufzeit 3-5 Jahre

Zeitraum: Aug. 1983 ­ Aug. 2013 (für CH-Staatsanleihen: Dez. 1990 ­ Aug. 2013). Die oberen bzw. unteren Grenzen der Balken entsprechen annualisierten Maximalwerten für laufende (rollende) 60-Monats-Perioden.

Grafik 2 zeigt den Verlauf des Goldpreises in realen ­ also um Teuerungseinflüsse bereinigten ­ Franken seit 1920. Der Anstieg der letzten Jahre und der Rückgang des Preises seit Anfang 2013 sind darin deutlich sichtbar und zeigen auch, wie stark der Wert des Goldes im Lauf der Zeit variiert. Vom letzten Höchstwert im September 2012 bis Ende September 2013 ist der Kilopreis des Goldes von rund 53 400 Franken auf knapp 41 000 Franken gesunken, was für die Goldreserven der SNB einen Verlust von rund 13 Milliarden Franken darstellt.

9342

Grafik 2 Preis für 1 Kilogramm Gold in der Schweiz 1920-2013 70'000 60'000 50'000 40'000 30'000 20'000 10'000

1920 1923 1926 1929 1932 1935 1938 1941 1944 1947 1950 1953 1956 1959 1962 1965 1968 1971 1974 1977 1980 1983 1986 1989 1992 1995 1998 2001 2004 2007 2010 2013

-

Goldpreis in Franken des Jahres 2012 (teuerungsbereinigt)

Es ist weiter zu berücksichtigen, dass Gold im Unterschied zu Devisenanlagen keine laufenden Erträge in Form von Zinsen oder Dividenden abwirft. Ein hoher Goldanteil würde das Bilanzrisiko der SNB erhöhen, nicht jedoch die zu erwartende Anlagerendite ­ was einer verantwortungsvollen Anlagepolitik zuwiderläuft. Unabhängig vom Problem, dass zugekauftes Gold nicht mehr verkauft werden darf, würde sich der Goldanteil an den Währungsreserven bei einer Annahme der Initiative auf deutlich mehr als 20 Prozent belaufen, da gemäss Initiativtext 20 Prozent der Bilanzsumme in Gold zu halten wären. Eines der Ziele der Initiative, nämlich die Sicherheit der Anlagen der SNB zu erhöhen, wird mit einem möglichst hohen Anteil an (unverkäuflichem) Gold in der Bilanz nicht sichergestellt. Es wird besser erreicht, wenn die SNB ihre Währungsreserven breit diversifiziert hält und frei darüber verfügen kann. Eine angemessene Diversifikation in unterschiedliche Anlageklassen verbessert das Risiko-Ertrags-Profil der Aktiven. Sie reduziert Klumpenrisiken und trägt insgesamt dazu bei, die Bilanz der SNB zu stärken und gegenüber verschiedensten negativen Szenarien robuster zu machen. Eine angemessene Diversifikation der Anlagen fördert den langfristigen Substanzerhalt und ein gleichmässiges Anwachsen der Währungsreserven.

4.1.3

Tiefere Gewinnausschüttung an Bund und Kantone

Gemäss Artikel 31 Absatz 2 NBG fällt der Bilanzgewinn nach Ausschüttung der Dividende zu einem Drittel an den Bund und zu zwei Dritteln an die Kantone. Der Bilanzgewinn hängt massgeblich von den Erträgen auf den Devisenreserven ab, wobei die Anlage der Aktiven dem Primat der Geld- und Währungspolitik untersteht.

9343

Eine Annahme der Initiative würde zu einem stark zunehmenden Goldanteil führen.

Zusammen mit dem Verkaufsverbot würde dies mittelfristig das Potenzial für Gewinnausschüttungen verringern. Hierfür gibt es drei Gründe: Erstens wirft Gold keine Zinsen oder Dividenden ab. Eine Möglichkeit, auf Gold Erträge zu erzielen, besteht zwar darin, das Gold für eine im Voraus vereinbarte, begrenzte Frist gegen Entschädigung Dritten zu überlassen. Das Goldleihgeschäft hat aber seit 2000 fortlaufend an Bedeutung verloren. Ende 2012 war nur ein sehr kleiner Teil des Goldbestandes der SNB in Form von besicherten Goldleihgeschäften ausgeliehen. Der höchste Ertrag aus dem Goldleihgeschäft wurde mit 91 Millionen Franken im Jahr 2000 erzielt. Danach sanken die Erträge bis 2012 auf deutlich unter 1 Million Franken.

Zweitens könnten allfällige Bewertungsgewinne auf dem Gold wegen des im Initiativtext vorgesehenen Verbots nicht mit Gold-Verkäufen realisiert werden. Eine Ausschüttung von Bewertungsgewinnen müsste damit entweder über den Verkauf anderer Aktiven oder über eine Geldschöpfung finanziert werden. Ein Aktivenverkauf würde den Goldanteil allerdings noch schneller erhöhen, und die Geldschöpfung stünde in klarem Widerspruch zu den Zielen einer Stabilitätspolitik. Aus diesen Gründen könnten Bewertungsgewinne auf dem Gold konsequenterweise nicht zum ausschüttbaren Gewinn gezählt werden.

Drittens würde die anfängliche Erhöhung der Goldreserven auf 20 Prozent der Bilanzsumme innerhalb von fünf Jahren wahrscheinlich zu Preissteigerungen am Goldmarkt führen, träte die SNB doch als Käuferin grosser Mengen Goldes auf.

Infolgedessen dürfte das Potenzial für Aufwertungsgewinne auf den Goldbeständen nach Abschluss der SNB-Käufe deutlich sinken.

4.1.4

Unnötige Einschränkung für die Lagerung der Goldreserven

Im Falle der Annahme der Initiative wäre die SNB verpflichtet, die gesamten Goldreserven in der Schweiz aufzubewahren. Derzeit lagert sie rund 300 der insgesamt 1040 Tonnen Gold im Ausland: 200 Tonnen bei der Bank of England und 100 Tonnen bei der Bank of Canada. Ausserhalb der Schweiz hält die SNB seit über zehn Jahren Gold ausschliesslich in diesen zwei Ländern.

Die Auswahl der Standortländer beruht auf klar festgelegten Kriterien. So muss im Vergleich zum Standort Schweiz eine angemessene geografische und geopolitische Diversifikation erreicht werden. Das Standortland muss eine hohe politische und wirtschaftliche Stabilität aufweisen. Der Immunitätsschutz der Anlagen von Zentralbanken muss gewährleistet sein. Schliesslich wird eine möglichst grosse marktmässige Verwertbarkeit angestrebt.

Die Kosten für die Aufbewahrung der Goldbarren im Ausland sind vergleichbar mit den Kosten für die Lagerung im Inland. Die heute praktizierte geografische Diversifikation der Goldbestände im In- und Ausland stellt sicher, dass die SNB jederzeit und insbesondere auch im Krisenfall an verschiedenen Orten beziehungsweise Goldhandelsplätzen über ihre Goldreserven verfügen und diese nötigenfalls am Markt verkaufen kann. Mit der geografischen Diversifikation wird Vorsorge geleistet gegen einschneidende Krisen mit überregionalem Wirkungskreis (z.B. Umweltkatastrophen, kriegerische Auseinandersetzungen). Doch auch im Fall regionaler 9344

Krisen bietet eine Lagerung an verschiedenen Standorten Vorteile. Sie ist ein Gebot der Risikodiversifikation und der umsichtigen Geschäftsführung.

Mit der Auslandslagerung mögen auch Risiken verbunden sein. Diese Risiken werden aber durch die Wahl der Lagerstandorte und regelmässige Inspektionen durch die SNB minimiert und können als gering betrachtet werden. Bei der Aufbewahrung des Goldes im Ausland werden die gleichen Standards angewendet wie beim Gold, das in der Schweiz lagert. Die Partner-Zentralbanken lagern eindeutig identifizierbare Barrenbestände für die SNB. Jeder im Ausland lagernde Barren ist mittels Barrenidentifikation inventarisiert.

5

Umsetzung der Initiative

Im Fall einer Annahme der Initiative müsste ­ wie bereits unter Ziffer 1.3 zur Gültigkeit angesprochen ­ festgelegt werden, wie die Goldreserven der SNB zu bilanzieren sind. Eine Bilanzierung gemäss den Vorgaben des Obligationenrechts kann nur dann erfolgen, wenn über die betreffenden Vermögenswerte verfügt werden und so Aufschluss über die effektive wirtschaftliche Lage des Unternehmens verschafft werden kann. Die SNB unterliegt als spezialgesetzliche Aktiengesellschaft nur subsidiär den Bestimmungen des Obligationenrechts. Die Geschäftstätigkeit der SNB unterscheidet sich durch ihre Art und ihre wirtschaftspolitische Bestimmung wesentlich von derjenigen der Geschäftsbanken oder anderer Unternehmen. Grundlage für die Organisation und Tätigkeit der Nationalbank bildet auf Gesetzesstufe deshalb das NBG.

Die Unverkäuflichkeit der Goldreserven würde für die SNB bedeuten, dass die Verfügbarkeit dieser Bestände für die SNB nicht gegeben ist und sich deshalb die Frage nach deren Bilanzierung stellt. Eine Möglichkeit für eine obligationenrechtlich konforme Umsetzung der Initiative wäre ein separater Ausweis der Goldreserven ausserhalb der Bilanz. In diesem Fall würden die nötigen Goldreserven geringer ausfallen, weil das Gold selbst nicht mehr Bestandteil der Bilanz wäre. Gleichzeitig ist es aber nicht offensichtlich, dass unverkäufliche Goldreserven keine Werthaltigkeit aufweisen. Bei der Unverkäuflichkeit geht es den Initiantinnen und Initianten in erster Linie darum, die SNB daran zu hindern, nach eigenem Ermessen über diese Reserven zu verfügen. Im Krisenfall stünde das Gold somit nicht zur Verfügung.

Durch entsprechende gesetzgeberische Massnahmen ­ einschliesslich einer Anpassung der Verfassung ­ müsste es ermöglicht werden, diese Reserven dennoch zu verkaufen oder anderweitig zu verwenden. Damit bestünde auch eine genügende Grundlage für die Weiterführung der Bilanzierung der Goldreserven.

Um jeglicher Unsicherheit entgegenzutreten, müsste die Frage der Bewertung der Goldreserven bei Annahme der Initiative durch eine spezialgesetzliche Regelung im NBG geklärt werden.

Die Rückführung der im Ausland lagernden Goldreserven im Umfang von rund 300 Tonnen sowie deren Lagerung im Inland sind aus logistischer Perspektive grundsätzlich möglich und in der geforderten Übergangsfrist von zwei Jahren nach
Annahme der Initiative realisierbar. Die Umschichtungen wären aber mit Kosten für Transport und Sicherheitsmassnahmen verbunden. Die Erhöhung der Goldreserven und die anschliessende Anpassung der Goldbestände an eine Veränderung der Bilanzstruktur dürften ebenfalls im Rahmen der vorgesehenen Übergangszeit zu 9345

erfüllen sein. Dabei wären jedoch die vorgängig beschriebenen Einschränkungen bei der Durchführung der Geldpolitik in Kauf zu nehmen. Insbesondere würden die derzeit hohen Währungsreserven einen massiven Bedarf an Goldkäufen nach sich ziehen.

6

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Im Bereich der Geld- und Währungspolitik ergeben sich Rechtspflichten aus dem Übereinkommen über den Internationalen Währungsfonds. Artikel IV des Übereinkommens sieht zwar vor, dass den Mitgliedern des IWF die Wahl des Wechselkursregimes grundsätzlich frei steht, aber nach Artikel IV Abschnitt 2 Buchstabe b Ziffer i ist die Bindung des Wertes einer Währung an Gold nicht zulässig. Eine explizite Goldbindung des Frankens ist im Initiativtext allerdings auch nicht vorgesehen, sodass kein Konflikt der Initiative mit dem Übereinkommen besteht.

7

Schlussfolgerungen

Der Bundesrat empfiehlt, die Initiative abzulehnen. Ihre Annahme brächte eine bedeutende Verschlechterung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Geldund Währungspolitik sowie die Anlagepolitik der SNB mit sich. Deren Spielraum für die Erreichung der geld- und währungspolitischen Ziele würde unnötig eingeschränkt, dies sowohl bei der Umsetzung herkömmlicher Geldpolitik als auch bei Massnahmen wie der Durchsetzung des Mindestkurses. Die Annahme der Initiative hätte auch negative Konsequenzen für die Gewinnausschüttung der SNB an Bund und Kantone.

Gemäss Bundesverfassung führt die SNB die Geld- und Währungspolitik als unabhängige Zentralbank. Sie erhält für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben den entsprechenden Handlungsspielraum. Diese Ausgestaltung der Geld- und Währungspolitik hat sich bewährt. Seit der Neugestaltung der Geld- und Währungsordnung hat die SNB ihren gesetzlichen Auftrag erfüllt. Die Annahme der Initiative würde den Handlungsspielraum der SNB massgeblich einschränken und die Erfüllung ihres Auftrags ­ Preisstabilität zu gewährleisten und eine möglichst stabile wirtschaftliche Entwicklung zu begünstigen ­ deutlich erschweren. Diesen Einschränkungen stünde keinerlei Nutzen gegenüber. Im Gegenteil, die Annahme der Initiative würde es der SNB erschweren und in gewissen Situationen sogar verunmöglichen, eine Geld- und Währungspolitik im Gesamtinteresse des Landes zu führen.

9346