zu 09.499 Parlamentarische Initiative Agrotreibstoffe. Indirekte Auswirkungen berücksichtigen Bericht der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates vom 8. April 2013 Stellungnahme des Bundesrates vom 29. Mai 2013

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates vom 8. April 2013 betreffend die parlamentarische Initiative «Agrotreibstoffe.

Indirekte Auswirkungen berücksichtigen.» nehmen wir nach Artikel 112 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

29. Mai 2013

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ueli Maurer Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2013-1242

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Stellungnahme 1

Ausgangslage

Die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates (UREK-N) beschloss am 19. Oktober 2009, die Kommissionsinitiative 09.499 auszuarbeiten. Ziel der Initiative ist es, die gesetzlichen Bestimmungen dahingehend anzupassen, dass indirekte Auswirkungen ­ insbesondere die Ernährungssicherheit, die nachhaltige Waldbewirtschaftung und die Landrechte in Zusammenhang mit der Herstellung von biogenen Treibstoffen ­ bei der Beurteilung von biogenen Treibstoffen berücksichtigt werden. Ausserdem sollen Bestimmungen für deren Zulassung auf dem Markt erlassen werden.

Die UREK-N beauftragte am 2. Februar 2010 eine Subkommission, einen Gesetzesvorentwurf im Sinne der parlamentarischen Initiative auszuarbeiten. Am 26. Oktober 2010 nahm die Subkommission einen Vorentwurf zuhanden der Plenarkommission an. Letztere stimmte dem Vorentwurf am 9. November 2010 zu und schickte ihn in die Vernehmlassung. Eine deutliche Mehrheit der Vernehmlassenden (71 %) stimmte den damaligen Vorschlägen zu, mit denen die Kriterien für die Steuererleichterung erweitert und bei Bedarf Zulassungsbestimmungen eingeführt werden sollen. Am 9. Mai 2011 nahm die Kommission Kenntnis von den Vernehmlassungsergebnissen und beschloss, die Beratungen zur Vorlage zu sistieren. Für das weitere Vorgehen wollte sie die Antwort des Bundesrates auf das in der Zwischenzeit eingereichte und an den Bundesrat überwiesene Postulat Bourgeois vom 11. Juni 2009 (09.3611 «Reduktion der CO2-Emissionen durch Beimischung von Biotreibstoffen zu Treibstoffen») abwarten. An den Sitzungen vom 8. Januar und 8. April 2013 bearbeitete sie den Entwurf in Kenntnis des Berichts in Erfüllung des Postulats weiter und beschloss, ihrem Rat zu beantragen, die Vorlage anzunehmen.

Gleichzeitig erhielt der Bundesrat die Gelegenheit, zum Entwurf der UREK-N Stellung zu nehmen.

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Stellungnahme des Bundesrates

2.1

Generelle Beurteilung

Subventionen ­ wie die Steuererleichterung von der Mineralölsteuer ­ sind aus verschiedenen Gründen kritisch zu beurteilen. Insbesondere sind Subventionen (1) intransparent bezüglich der Kosten, die sie verursachen, (2) sie entziehen sich dem Budgetprozess, (3) widersprechen einer gleichmässigen und gerechten Besteuerung, (4) erhöhen die Komplexität des Steuersystems und damit die Vollzugskosten und führen (5) zu ökonomischen Ineffizienzen. Deshalb legt das Subventionsgesetz vom 5. Oktober 19901 (SuG) in Artikel 7 Buchstabe g fest, dass auf Finanzhilfen in Form von steuerlichen Vergünstigungen in der Regel verzichtet werden sollte. Aufgrund der ambivalenten Beurteilung von biogenen Treibstoffen lässt sich ausserdem vermuten, dass mit der Steuerbefreiung von biogenen Treibstoffen ökologische Fehl-

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SR 616.1

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anreize verbunden sind, weshalb der Fördertatbestand im Gesamten kritisch einzustufen ist.

Der Bundesrat teilt indes die Bedenken im Zusammenhang mit der Herstellung von biogenen Treibstoffen. In seinem Bericht vom August 20122 in Erfüllung des Postulates Bourgeois 09.3611 hat er seine energetischen, klimabedingten, ökologischen und sozialen Vorbehalte zu einer verstärkten Förderung von biogenen Treibstoffen geäussert. In Anbetracht dessen ­ und vor dem oben skizzierten steuerpolitischen Hintergrund ­ befürwortet der Bundesrat Bestrebungen, welche zum Ziel haben, die Förderungsbedingungen für biogene Treibstoffe zu verschärfen. Der vorliegende Entwurf nimmt die genannten Bedenken auf und liefert eine mögliche Lösung auf die von der parlamentarischen Initiative 09.499 geäusserten Anliegen. Der Bundesrat stimmt dem vorliegenden Entwurf damit grundsätzlich zu.

Der Bundesrat begrüsst, dass: ­

die Anforderungen für die Steuererleichterung neu auf Gesetzesstufe klar geregelt werden;

­

die Anforderungen für die Steuererleichterung mit Kriterien im Bereich der Landrechte und der Ernährungssicherheit ergänzt werden, welche im geltenden Recht nicht berücksichtigt werden;

­

für ihn Handlungsspielraum geschaffen wird, für den Fall, dass sich die Marktbedingungen mit Blick auf die ökologischen und sozialen Auswirkungen von biogenen Treibstoffen negativ verändern.

Der Bundesrat weist darauf hin, dass die Schweiz mit der Verschärfung der Anforderungen für die Steuererleichterung von biogenen Treibstoffen eine restriktivere Position einnimmt als ihre internationalen Handelspartner, namentlich die Europäische Union (EU) (vgl. Richtlinie zur Förderung erneuerbarer Energien [RED]3).

Gleichzeitig hebt er hervor, dass auch die EU gegenüber der Förderung von biogenen Treibstoffen kritischer geworden ist und derzeit ebenfalls Verschärfungen ihrer Regelung diskutiert.

Bei der Zulassungsregelung begrüsst der Bundesrat die gewählte Kann-Formulierung, da diese mit den internationalen Handelsverpflichtungen der Schweiz vereinbar ist. Der Bundesrat wird von der Möglichkeit, Marktzulassungsbeschränkungen einzuführen mit Zurückhaltung Gebrauch machen, weil dies eine Reihe von Nachteilen mit sich bringt. Die internationalen Verpflichtungen der Schweiz würden tangiert, Kosten für den Wirtschaftsstandort Schweiz geschaffen und der Verwaltungsaufwand erhöht. Zudem würde dies im Bereich der biogenen Treib- und Brennstoffe ein Alleingang der Schweiz bedeuten.

Nicht einverstanden ist der Bundesrat mit der Bevorzugung von inländischen Landwirtschaftserzeugnissen (vgl. Art. 12b Abs. 2 Bst. b des Entwurfs zur Teilrevision des Mineralölsteuergesetzes vom 21. Juni 19964 [E-MinöStG]), weil sie nach Ansicht des Bundesrates internationales Handelsrecht verletzt. Darüber hinaus ist die Bestimmung inkohärent zu den übrigen Bestimmungen, denn sie erlaubt eine 2 3

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www.bafu.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen Richtlinie 2009/28/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschliessenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG. ABl. L 140 vom 5.6.2009. S. 16.

SR 641.61

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Steuererleichterung für biogene Treibstoffe, von welchen man weiss, dass sie die Anforderungen nicht einhalten würden. Dies entspricht einer Schwächung der geltenden Regelung.

2.2

Beurteilung der Änderungen bei der Steuererleichterung

Die Vorlage bringt verglichen zur geltenden Regelung insbesondere zwei Änderungen mit sich: ­

Sie führt die zusätzliche Anforderung ein, dass der Anbau der Rohstoffe auf Flächen erfolgte, welche rechtmässig erworben wurden.

­

Sie schafft für den Bundesrat die Möglichkeit, zusätzlich auch die Anforderung einzuführen, dass die Produktion der biogenen Treibstoffe nicht zulasten der Ernährungssicherheit erfolgen darf.

Die Produktion von biogenen Treibstoffen wurde als einer der wichtigsten Treiber von illegalem Landerwerb identifiziert. Der Bundesrat stellt sich dagegen, dass Bevölkerungsgruppen durch Enteignungen ihrer Lebensgrundlage beraubt werden.

Die FAO definiert den Begriff «Ernährungssicherheit» anhand der folgenden Dimensionen: die Verfügbarkeit, die Erschwinglichkeit und die zweckmässige Verwendung von Nahrungsmitteln sowie die langfristige Stabilität dieser Dimensionen. Der Bundesrat erachtet die Berücksichtigung des Kriteriums der Ernährungssicherheit bei den Anforderungen für eine Steuererleichterung als richtig, ist sich aber bewusst, dass es sich dabei um ein komplexes Problem handelt. Er wird sich auf internationale Standards abzustützen, wie dies vom UNO-Sonderbeauftragten John Ruggie und dem UNO-Sonderberichterstatter Olivier de Schutter empfohlen wird. Der Bundesrat wird die Entwicklung derartiger Standards weiter verfolgen.

Der Bundesrat heisst auch den Einbezug des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW) in das Verfahren für die Gewährung der Steuererleichterung gut. Beschliesst der Bundesrat, die Anforderung betreffend die Ernährungssicherheit einzuführen, wird das BLW die Überprüfung dieser Anforderung übernehmen. Ein Einbezug des BLW für die Überprüfung der übrigen Kriterien ist hingegen nicht vorgesehen, da dies bereits durch das Staatsekretariat für Wirtschaft (SECO) und das Bundesamt für Umwelt (BAFU) vorgenommen wird. Eine zusätzliche Prüfung durch das BLW würde den Vollzugsaufwand unnötig erhöhen.

Hingegen lehnt der Bundesrat die Bestimmung in Artikel 12b Absatz 2 Buchstabe b E-MinöStG ab. Der Bericht der UREK-N hebt die Vereinbarkeit der Vorlage mit dem internationalen Handelsrecht (Verpflichtungen der Schweiz in der WTO sowie gegenüber der EU und anderen Freihandelspartnern) hervor und unterstreicht dabei das Prinzip der Nichtdiskriminierung. Dieses besagt unter anderem, dass einheimische gegenüber ausländischen Produzenten nicht bevorzugt werden dürfen.

Die Formulierung gemäss Artikel 12b Absatz 2 Buchstabe b widerspricht diesem Prinzip, indem die Anforderungen nach Absatz 1 Buchstaben a­d explizit nur bei inländischen Landwirtschaftserzeugnissen als erfüllt gelten. Gleichzeitig werden ausländische Produzenten ausgeschlossen. Die Diskriminierung der ausländischen Produzenten in Buchstabe b stellt somit eine klare Verletzung des internationalen Handelsrechts dar. Die Bestimmung ist ausserdem inkohärent zu den übrigen 5786

Bestimmungen, denn sie erlaubt eine Steuererleichterung für biogene Treibstoffe, von welchen man weiss, dass sie die Anforderungen nicht einhalten würden.

Der Bundesrat beantragt dementsprechend die Streichung von Artikel 12b Absatz 2 Buchstabe b E-MinöStG. Er schliesst sich der Kommissionsminderheit III (Nordmann, Bäumle, Chopard-Acklin, Jans, Semadeni) an und beantragt, ihr zu folgen.

2.3

Beurteilung der Zulassungsregelung

Der Bundesrat akzeptiert die Befugnis Markzulassungsbestimmungen einführen zu können für den Fall einer erheblichen Zunahme von biogenen Treib- und Brennstoffen auf dem Schweizer Markt, welche die Anforderungen für die Steuererleichterung nicht erfüllen. Er teilt die Ansicht der Kommission, dass heute kaum Handlungsbedarf besteht, den Markt der biogenen Treibstoffe mit Zulassungsbeschränkungen zu regulieren, da biogene Treibstoffe ohne Steuererleichterung im Verkehrssektor derzeit kaum Marktchancen haben, die in der Schweiz verfügbaren biogenen Treibstoffe hauptsächlich aus Abfällen oder Produktionsrückständen hergestellt werden und ihr Marktanteil im Vergleich zu fossilem Benzin gering ist.

Aus Sicht des Bundesrates ist die in Artikel 35d des Entwurfs zur Teilrevision des Umweltschutzgesetzes vom 7. Oktober 19835 (E-USG) gewählte Kann-Formulierung dem Minderheitsantrag (Nordmann, Chopard-Acklin, Girod, Jans, Semadeni, Thorens Goumaz) vorzuziehen. Eine Kann-Formulierung gewährt nach Auffassung des Bundesrates mehr Flexibilität und schafft weniger Probleme mit dem Handelsrecht, dies insbesondere im Verhältnis zur EU und anderen Freihandelspartnern.

Wie aus dem Bericht der UREK-N (Ziffer 1.5.1) hervorgeht, sind die handelsrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz in der WTO, gegenüber der EU und anderen Freihandelspartnern einzuhalten. Dies kann erst bei der konkreten Ausgestaltung der Massnahme beurteilt werden, weshalb eine zwingende Verpflichtung des Bundesrates problematisch wäre. Das internationale Handelsrecht erlaubt die Einführung von neuen mengenmässigen Einfuhrbeschränkungen und Massnahmen gleicher Wirkung nur unter gewissen Bedingungen. Eine zwingende Verpflichtung des Bundesrates, Zulassungsbestimmungen für biogene Treib- und Brennstoffen einzuführen, könnte als eine Massnahme gleicher Wirkung angesehen werden und müsste deshalb im Rahmen einer Ausnahmeregelung entsprechend begründet werden. Würde die Schweiz den Erlass von Marktzulassungsbestimmungen aus Gründen des Schutzes des Lebens von Menschen und Tieren rechtfertigen, so müsste aufgezeigt werden, dass die Massnahme verhältnismässig ­ d. h. geeignet und erforderlich ­ ist und dass weniger handelshemmende Mittel sich nicht als zielführend erwiesen haben. Die Erbringung dieses Nachweises ist anspruchsvoll. Mit einer zwingenden Vorschrift
an den Bundesrat zur Einführung einer Zulassungsbeschränkung könnte diese Massnahme bereits bei Inkrafttreten der vorliegenden Gesetzesbestimmungen als eine Massnahme gleicher Wirkung wie eine Einfuhrbeschränkung betrachtet werden und somit von den Handelspartnern angefochten werden.

Einzuhalten sind insbesondere die Bestimmungen des WTO Übereinkommens vom 15. April 19946 über technische Handelshemmnisse (TBT-Übereinkommen). Technische Vorschriften, die unter das TBT-Übereinkommen fallen, dürfen sich nicht 5 6

SR 814.01 SR 0.632.20, Anhang 1A.6

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diskriminierend auswirken (Art. 2.1) und nicht handelsbeschränkender als notwendig sein, um ein berechtigtes Ziel zu erreichen (Art. 2.2). Der extraterritoriale Ansatz von nationalen Massnahmen muss im internationalen Handelsrecht gut begründet werden. Bestimmungen mit extraterritorialen Auswirkungen können den Anforderungen des TBT-Übereinkommens genügen, wenn sie international abgestimmt sind, z. B. gestützt auf eine internationale Konvention oder einer internationalen Norm.

Letzteres würde wiederum die vermutete Vereinbarkeit gemäss Artikel 2.4 TBTÜbereinkommen mit sich bringen. Eine weitere Möglichkeit ist, die Rechtmässigkeit des Anbaus, Abbaus oder der Herstellung von Produkten nach dem jeweiligen Recht des Herkunftslandes zu richten.

Im Zusammenhang mit den nationalen handelsrechtlichen Vorgaben ist das Bundesgesetz vom 6. Oktober 19957 über die technischen Handelshemmnisse (THG) zu beachten. Nach dem THG gilt, dass technische Vorschriften so auszugestalten sind, dass sie sich nicht als Behinderungen des grenzüberschreitenden Verkehrs auswirken. Sie sind mit den wichtigsten Handelspartnern der Schweiz abzustimmen. Abweichungen von diesem Grundsatz sind zulässig, soweit entgegenstehende überwiegende öffentliche Interessen dies erfordern, die Abweichungen weder Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels darstellen und verhältnismässig sind (vgl. Art. 4 THG). Auch müsste bei einer Einführung von Marktzulassungsbestimmungen eine Ausnahme unter dem «Cassis de Dijon»-Prinzip nach Artikel 16 Absatz 2 THG geschaffen werden, damit diese nicht durch Produkte aus der EU unterlaufen würde.

2.4

Zu einzelnen Minderheitsanträgen

Mit Ausnahme des Minderheitsantrags III (Nordmann, Bäumle, Chopard-Acklin, Jans, Semadeni) zu Artikel 12b Absatz 2 E-MinöStG, welchen der Bundesrat unterstützt, beantragt der Bundesrat die Ablehnung sämtlicher Minderheitsanträge.

Die Gründe, weshalb der Bundesrat die Minderheitsanträge zu Artikel 12b Absatz 3 E-MinöStG (Anforderung betreffend Ernährungssicherheit), zu Ziffer II (Nichteintreten auf die Zulassungsbestimmungen im E-USG) sowie zu Ziffer III (Nichteintreten auf die ganze Vorlage) ablehnt, leiten sich aus der obigen Beurteilung ab.

Die übrigen Minderheitsanträge lehnt er aus folgenden Gründen ab: Art. 2 Abs. 3 Bst. d E-MinöStG (Minderheit Parmelin, Bourgeois, Favre Laurent, Killer Hans, Knecht, Müri, Rösti, Wasserfallen, Wobmann) Antrag auf Ablehnung des Minderheitsantrags Bei der Bezeichnung der biogenen Treibstoffe durch den Bundesrat handelt es sich um eine Liste von Treibstoffarten (z. B. Bioethanol, Biodiesel, Biogas, Biomethanol, Biodimethylether usw.). Diese Bezeichnung erfolgt unabhängig von einer allfälligen ökologischen Bewertung. Sie ist lediglich als Nennung derjenigen Produkte zu verstehen, welche überhaupt für eine Erleichterung von der Mineralölsteuer in Frage kommen. Es macht daher auch keinen Sinn, international anerkannte Evaluationsmethoden oder Zertifizierungen heranzuziehen, da diese dafür irrelevant sind. Der von der Minderheit vorgeschlagene Zusatz «welche die einheimische Produktion 7

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nicht benachteiligen» ist aus Sicht des Bundesrates schwer interpretierbar, denn die Kriterien und Methoden für die Bewertung, ob ein Treibstoff als biogenen bezeichnet wird oder nicht, sind für die Inland- und die Auslandproduktion die genau gleichen. Der Bundesrat beantragt daher die Ablehnung des entsprechenden Minderheitsantrags.

Art. 12b Abs. 1 Bst. a und b E-MinöStG (Minderheit I Parmelin, Bourgeois, Favre Laurent, Killer Hans, Knecht, Müri, Rösti, Wasserfallen, Wobmann) Antrag auf Ablehnung des Minderheitsantrags Die vorgeschlagene Formulierung der Minderheit I ist unverständlich. Der erläuternde Bericht liefert dazu keine Präzisierungen. Ausserdem ist in der deutschen Version einmal von Brennstoffen, in der französischen Fassung aber von Treibstoffen (carburant) die Rede. Für den Bundesrat ist es unklar, wie diese Bestimmung zu vollziehen wäre, und er beantragt daher die Ablehnung des entsprechenden Minderheitsantrags.

Art. 12b Abs. 1 Bst. f E-MinöStG (Minderheit II Girod, Lustenberger, Thorens Goumaz, Vogler) Antrag auf Ablehnung des Minderheitsantrags Der Bundesrat erachtet die Formulierung in Artikel 12b Absatz 3 als zweckmässige Anforderung zur Berücksichtigung der Ernährungssicherheit. Sie entspricht den Empfehlungen des UNO-Sonderbeauftragen John Ruggie und des UNOSonderberichterstatter Olivier de Schutter. Die Formulierung des Minderheitsantrags trägt der Komplexität der Problematik rund um die Ernährungssicherheit, wie sie im Bericht dargelegt ist (vgl. S. 20ff.), ungenügend Rechnung und ist deshalb nicht zweckdienlich. Sie ist ausserdem kaum vollziehbar, weil sich aus der Beurteilung dessen, was unter «Verdrängung der Produktion von Rohstoffen für Nahrungsmittel» zu verstehen ist, im Einzelfall keine praktikable und für den Vollzug eindeutige Lösung ableiten lässt. Dies hängt insbesondere damit zusammen, dass neben der direkten Konkurrenz (Verarbeitung von Nahrungsmitteln zu Treibstoff) auch die indirekte Konkurrenz (Flächenkonkurrenz) eine Rolle spielt. Der Bundesrat beantragt daher die Ablehnung des entsprechenden Minderheitsantrags.

Art. 12b Abs. 3 E-MinöStG (Minderheit IV Parmelin, Brunner, Killer Hans, Knecht, Müri, Rösti, Wobmann) Antrag auf Ablehnung des Minderheitsantrags Die Berücksichtigung der Ernährungssicherheit ist gemäss eingereichtem Initiativtext ein Kernanliegen. Die
Minderheit IV beantragt nun, die Bestimmungen zur Berücksichtigung der Ernährungssicherheit ganz zu streichen. Die Berücksichtigung dieses Aspekts wird von den im Bericht genannten UNO-Experten als wichtig erachtet. In der Vernehmlassung haben sich ebenfalls viele zugunsten einer entsprechenden Bestimmung geäussert. Die Formulierung der Kommissionsmehrheit ermöglicht eine Lösung, die auf international anerkannte Standards abstützt und dem Bundesrat ein rasches Handeln erlaubt, sobald derartige Standards zur Verfügung stehen. Der Bundesrat beantragt daher die Ablehnung des entsprechenden Minderheitsantrags.

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2.5

Redaktionelles zu einzelnen Bestimmungen

In Artikel 61a Absätze 4 und 5 E-USG muss der Begriff «Steuerbehörde» durch «Eidgenössische Zollverwaltung» ersetzt werden. Der Begriff «Steuerbehörde» kommt aus der Mineralölsteuergesetzgebung, ist jedoch im Umweltschutzgesetz nicht definiert und deshalb nicht verständlich. Inhaltlich ist die Eidgenössische Zollverwaltung gemeint.

2.6

Wechselwirkungen mit den Energieverhandlungen Schweiz-EU

Die EU hat in der RED Kriterien für die Anrechnung von biogenen Treibstoffen an die festgelegten Ziele formuliert. Derzeit werden Kriterien für die Anrechnung debattiert. Im Rahmen der Energieverhandlungen mit der EU wird eine Übernahme gewisser Aspekte der RED durch die Schweiz diskutiert. Die von der UREK-N vorgeschlagenen Anforderungen für die Steuererleichterung sind nicht mit den Kriterien der RED identisch, was im Bericht der UREK-N (Ziff. 5.2, S. 37ff.) entsprechend festgehalten wird. Je nach Resultat der Energieverhandlungen mit der EU müssten die hier vorgeschlagenen Regeln gegebenenfalls wieder angepasst werden.

2.7

Personalbedarf

Der Bundesrat weist darauf hin, dass die Umsetzung und der anschliessende Vollzug der Vorlage mit personellem Mehraufwand verbunden ist, der im Verlauf der weiteren Arbeiten noch evaluiert wird. Im Bericht der Kommission werden die personellen Auswirkungen der Vorlage grob geschätzt. Der Bundesrat betont, dass die Umsetzung der Vorlage unabhängig davon, wie viele Gesuche um Steuererleichterung gestellt werden, mit beachtlichem Aufwand für die Anpassung der bestehenden Verordnungen und Vollzugsinstrumente verbunden ist. Er weist auch darauf hin, dass der derzeitige Aufwand in Bereich der biogenen Treibstoffe auch ohne Vielzahl von Gesuchen beachtlich ist (vgl. z. B. die Anzahl parlamentarischer Vorstösse zu diesem Thema). Der personelle Aufwand für den Vollzug der neuen Regelung hingegen ist stark abhängig von der Anzahl an Gesuchen und davon, ob bzw. wann die Anforderung betreffend Ernährungssicherheit sowie die Zulassungsregelung eingeführt werden.

Zum heutigen Zeitpunkt rechnet der Bundesrat nicht damit, dass sich die Anzahl der Gesuche um Steuererleichterung stark erhöhen wird. Für die im Bericht bezeichneten Stellenprozente für die Phase 1 (d. h. die Erweiterung der Anforderungen für die Steuererleichterung) wird ein allfälliger personeller Mehrbedarf unter Einbezug der betroffenen Ämter noch erhoben.

Sehr schwierig abzuschätzen ist der personelle Bedarf für den Vollzug einer allfälligen Phase 2 (d. h. die Einführung der Marktzulassungsregelung). Die genaue Bezifferung des damit verbunden Personalaufwandes ist derzeit nicht möglich.

Der Bundesrat behält sich ausdrücklich vor, Personalressourcen zu einem späteren Zeitpunkt und bei entsprechendem Bedarf zu beantragen. Ein allfälliger personeller

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Mehrbedarf wird zu gegebener Zeit im zweistufigen Verfahren der Gesamtbeurteilung im Personalbereich evaluiert.

3

Anträge des Bundesrates

Der Bundesrat befürwortet grundsätzlich die Stossrichtung der parlamentarischen Initiative und beantragt die Annahme der erarbeiteten Vorlage zur Änderung des MinöStG und des USG. Im Sinne der vorstehenden Überlegungen stellt er jedoch folgende Anträge: a.

Artikel 12b Absatz 2 E-MinöStG ist gemäss Antrag der Minderheit III anzunehmen: Art. 12b Abs. 2 Die Anforderungen nach Absatz 1 Buchstaben a­d gelten in jedem Fall als erfüllt bei Treibstoffen, die nach dem Stand der Technik aus biogenen Abfällen oder Produktionsrückständen hergestellt werden.

2

b.

Alle übrigen Minderheitsanträge zum E-MinöStG und zum E-USG sind abzulehnen.

c.

Artikel 61a Absätze 4 und 5 E-USG ist wie folgt zu ändern: Art. 61a Abs. 4 und 5 Verfolgende und urteilende Behörde ist die Eidgenössische Zollverwaltung.

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Erfüllt eine Handlung zugleich den Tatbestand einer Widerhandlung nach den Absätzen 1­3 und einer anderen durch die Eidgenössische Zollverwaltung zu verfolgenden Widerhandlung gegen einen Erlass des Bundes, so wird die für die schwerste Widerhandlung verwirkte Strafe verhängt; diese kann angemessen erhöht werden.

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