13.055 Bericht des Bundesrates zur Abschreibung der Motion 06.3190 (Studer Heiner) vom 8. Mai 2006 Ökologisierung des Steuer- und Subventionssystems vom 14. Juni 2013

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, Sehr geehrte Damen und Herren Mit diesem Bericht beantragen wir Ihnen, den folgenden parlamentarischen Vorstoss abzuschreiben: 2006

M 06.3190

Ökologische Steuerreform (N 21.3.2007, Studer Heiner; Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie S 20.4.2009, S 27.5.2009; N 15.3.2010)

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

14. Juni 2013

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ueli Maurer Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2013-1094

5571

Zusammenfassung Anlass für den vorliegenden Bericht ist die Motion Studer Heiner (06.3190). Der Vorstoss verlangt einen Bericht und eine Vorlage für eine Ökologisierung des Steuer- und Subventionssystems. Der Bericht untersucht die bestehenden fiskalischen Rahmenbedingungen im Umgang mit den natürlichen Ressourcen und identifiziert ökologische Fehlanreize des Steuer- und Subventionssystems des Bundes.

Darauf basierend werden Verbesserungsmöglichkeiten geprüft.

Das bestehende Steuer- und Subventionssystem entfaltet insbesondere auf die Umweltbereiche Klima, Luft und Lärm sowie Landschaft, Boden und Biodiversität potenziell eine Wirkung und kann in diesen Bereichen den nicht nachhaltigen Umgang mit natürlichen Ressourcen begünstigen. Als zentrale Wirkungskanäle sind hierbei der steigende Energie- und Materialverbrauch (inkl. Rohstoffverbrauch), der nicht nachhaltige Bodenverbrauch sowie der Verkehr bedeutsam.

Die Identifizierung der ökologischen Fehlanreize bildet den Kern des vorliegenden Berichts. Ökologische Fehlanreize liegen vor, wenn ­ neben dem eigentlichen Ziel der Steuer oder Subvention ­ umweltschädliches Verhalten begünstigt wird. Die Abschätzung der Umweltwirkungen wurde nur qualitativ vorgenommen. Umweltschädigende Nebenwirkungen hat demnach die Ausgestaltung der folgenden Steuern und Subventionen (gruppiert nach den Wirkungskanälen): ­

Energie- und Materialverbrauch sowie Verkehr: Fahrkostenabzug bei der direkten Bundessteuer (DBSt), Befreiung des internationalen Luftverkehrs von der Mineralölsteuer, Zweckbindung der Mineralölsteuer, Rückerstattung von Mineralölsteuer und -zuschlag, Befreiung landwirtschaftlicher Fahrzeuge von der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA), Nicht-Unterstellung von leichten Transportfahrzeugen unter die LSVA

­

Bodenverbrauch und -belastung: Zu tiefe Festlegung des Eigenmietwerts (DBSt), Ausnahme von Mieten und Eigenmietwert von der Mehrwertsteuer, bestimmte Subventionen im Bereich Landwirtschaft (Zulagen Milchwirtschaft, Beiträge für Raufutter verzehrende Grossvieheinheiten RGVE und für die Tierhaltung unter erschwerenden Produktionsbedingungen TEP)

Insgesamt zeigen die Resultate, dass im bestehenden Steuer- und Subventionssystem des Bundes ein ökologisches Optimierungspotenzial vorhanden ist. Der Bericht zeigt jedoch auch auf, dass verschiedene Korrekturmassnahmen bereits eingeleitet oder geplant sind. Unter anderem ist die Begrenzung des Fahrkostenabzugs Bestandteil der Vorlage für Finanzierung und Ausbau der Eisenbahninfrastruktur (FABI), und die RGVE- und die TEP-Beiträge werden im Rahmen der Agrarpolitik 2014­2017 abgeschafft. Zudem sieht der Bundesrat den Einbezug der Luftfahrt in das CO2Emissionshandelssystem der Schweiz und die Anbindung an das Emissionshandelssystem der EU vor.

Auf die von der Motion verlangte Sammelvorlage will der Bundesrat aus zwei Gründen verzichten: Neben den bereits beschlossenen oder geplanten Massnahmen ist das verbleibende Verbesserungspotenzial gering. Ausserdem ist er der Ansicht, dass

5572

die Fehlanreize im Rahmen separater Vorlagen zielgerichteter angegangen werden können, weil dies die Abstimmung mit anderen Reformen in den entsprechenden Politikfeldern erlaubt. Der Bundesrat beantragt deshalb die Abschreibung der Motion.

5573

Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung

5572

1 Einleitung und Auftrag

5576

2 Politische Einordnung

5578

3 Umweltbezogene Abgaben in der Schweiz 3.1 Begriff und Überblick 3.2 Internationaler Vergleich der umweltbezogenen Steuern 3.3 Weitere umweltbezogene Abgaben

5581 5581 5582 5585

4 Handlungsbedarf und Ansatzpunkte aus Umweltsicht 4.1 Umweltzustand, Regulierungen und Handlungsbedarf 4.1.1 Überblick 4.1.2 Klima 4.1.3 Luft und Lärm 4.1.4 Landschaft, Boden und Biodiversität 4.1.5 Weitere Umweltbereiche 4.2 Zentrale Ansatzpunkte aus Umweltsicht 4.2.1 Energie- und Materialverbrauch (inkl. Rohstoffe) 4.2.2 Bodenverbrauch und -belastung 4.2.3 Verkehr

5586 5586 5586 5587 5588 5590 5591 5592 5593 5594 5595

5 Fehlanreize im bestehenden Steuer- und Subventionssystem 5.1 Methodische Grundlagen 5.2 Steuern und Steuervergünstigungen 5.2.1 Direkte Bundessteuer 5.2.2 Mehrwertsteuer 5.2.3 Mineralölsteuer 5.2.4 Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe 5.3 Subventionen 5.3.1 Überblick 5.3.2 Aufgabengebiete mit potenziellen Fehlanreizen 5.3.3 Landwirtschaft und Ernährung 5.4 Geprüfte Massnahmen 5.4.1 Überblick 5.4.2 LSVA: Ausdehnung auf leichte Nutzfahrzeuge 5.4.3 LSVA: Ausdehnung auf landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge 5.4.4 Mineralölsteuer und Mineralölsteuerzuschlag: Aufhebung der Rückerstattung 5.4.5 Internationaler Luftverkehr: Einbindung in das Emissionshandelssystem

5596 5596 5598 5598 5599 5600 5602 5603 5603 5604 5605 5607 5607 5608 5609

6 Synthese der Fehlanreize und möglichen Massnahmen

5612

Quellenverzeichnis

5613

5574

5609 5610

Anhänge 1 Einnahmenseitige Vorstösse im Bereich Klima- und Energiepolitik 2 Überblick über untersuchte potenzielle Fehlanreize und mögliche Massnahmen

5616 5618

5575

Bericht 1

Einleitung und Auftrag

Anlass für den vorliegenden Bericht ist die Motion Studer Heiner (06.3190), eingereicht am 8. Mai 2006. In der ursprünglichen Version verlangte die Motion eine Vorlage für eine «klassische» ökologische Steuerreform. Ziel der Reform sollte sein, dass der Bund auf nicht erneuerbaren Energien eine Abgabe erhebt und den Reinertrag zur Senkung der Steuerbelastung der Arbeit verwendet. Der Bundesrat hatte die Motion in seiner Antwort vom 13. September 2006 zur Ablehnung empfohlen, mit Verweis auf die mehrfache Rückweisung einer ökologischen Steuerreform durch das Volk (in den Jahren 2000/2001) sowie mit der Begründung, dass zunächst die Wirkung des neuen CO2-Gesetzes abzuwarten sei.

Nach der Annahme der Motion durch den Nationalrat am 21. März 2007 wurde die Motion von der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerates (UREK-S) modifiziert und am 27. Mai 2009 vom Ständerat verabschiedet.

Der Nationalrat stimmte der abgeänderten Version am 15. März 2010 mit 90 zu 87 Stimmen knapp zu. In der neuen Version lautet die Motion 06.3190 wie folgt: «Der Bundesrat wird beauftragt, dem Parlament einen Bericht über die Wirksamkeit bestehender Rahmenbedingungen für den nachhaltigen Umgang mit natürlichen Ressourcen sowie eine Vorlage zu unterbreiten, welche diese Rahmenbedingungen verbessert. Die Vorlage hat auch Elemente einer aufkommensneutralen Ökologisierung des Steuersystems zu enthalten.» Die UREK-S nahm in ihren Erwägungen zur Kenntnis, «dass Volk und Stände eine ökologische Steuerreform, welche konkret eine Belastung der Energie mit gleichzeitiger Entlastung der Arbeit kombiniert, mehrfach abgelehnt haben.» Sie wollte daher neue Konzepte zur Ökologisierung des Steuersystems ermöglichen und konkretisierte den Auftrag wie folgt: «Der Bundesrat soll in diesem Sinne bisherige Abgaben, Steuern, Subventionen und Steuerabzugsmöglichkeiten darauf hin prüfen, ob sie Fehlanreize bezüglich einer Ökologisierung der Wirtschaft und Gesellschaft enthalten, und dem Parlament Vorschläge unterbreiten, wie diese zu korrigieren sind.» Abgrenzung des Untersuchungsgegenstands Der Bericht untersucht die bestehenden fiskalischen Rahmenbedingungen im Umgang mit den natürlichen Ressourcen und identifiziert ökologische Fehlanreize im bestehenden Steuer- und Subventionssystem des Bundes. Diese Stossrichtung unterscheidet
sich von einer ökologischen Steuerreform, die neue steuerliche Massnahmen im Sinne eines systematischen Einsatzes von fiskalischen Lenkungsinstrumenten vorsieht.

Weiter steckt die Konkretisierung der UREK-S den Untersuchungsgegenstand dahingehend ab, dass nicht sämtliche Rahmenbedingungen für den nachhaltigen Umgang mit natürlichen Ressourcen zu untersuchen sind, sondern auf das Steuerund Subventionssystem fokussiert werden soll. Dieses ist nur ein Teilelement der umfassenden ordnungs-, wirtschafts- und umweltpolitischen Rahmenbedingungen für den nachhaltigen Umgang mit natürlichen Ressourcen und grenzt sich gegenüber weiteren potenziellen staatlichen Instrumenten zur Förderung des nachhaltigen

5576

Ressourcenverbrauchs ab.1 Damit wird im vorliegenden Bericht nicht die gesamte Staatstätigkeit umfassend auf ihre Umweltverträglichkeit überprüft. Aufgrund der Finanzautonomie der Kantone wurde die Untersuchung zudem auf das Steuer- und Subventionssystem des Bundes beschränkt.

Vorgehen und Aufbau des Berichts Der vorliegende Bericht hat die Identifikation von ökologischen Fehlanreizen des Steuer- und Subventionssystems und die Prüfung von Verbesserungsmöglichkeiten innerhalb des bestehenden Systems zum Ziel. Dazu stützt sich die Untersuchung auf die folgende Definition: Eine Steuer oder Subvention enthält dann einen ökologischen Fehlanreiz, wenn davon ausgegangen werden kann, dass sie ­ im Sinn einer Nebenwirkung ­ umweltschädigendes Verhalten begünstigt (und damit negative Auswirkungen auf einen oder mehrere Umweltbereiche zur Folge hat).

Zur Identifikation der Fehlanreize wurde das folgende Vorgehen gewählt: ­

Ausgehend von den natürlichen Ressourcen wurden diejenigen Umweltbereiche identifiziert, deren Zustand potenziell mit fiskalischen Instrumenten beeinflusst werden kann. Davon ausgehend wurden die grundlegenden Treiber der nicht nachhaltigen Entwicklung bestimmt, die gleichzeitig auch die Ansatzpunkte für Korrekturen darstellen (vgl. Ziff. 4).

­

Ausgehend vom Steuer- und Subventionssystem wurde im Sinne einer Auslegeordnung eine Tabelle der potenziellen ökologischen Fehlanreize des Steuer- und Subventionssystems erarbeitet (vgl. Anhang 2). Auf dieser Basis wurden diejenigen Tatbestände identifiziert, die gemäss der obigen Definition einen ökologischen Fehlanreiz begründen (vgl. Ziff. 5).

Die so identifizierten Fehlanreize des Steuer- und Subventionssystems können den umweltbelastenden Ansatzpunkten «Energie- sowie Materialverbrauch (inkl. Rohstoffe)», «Bodenverbrauch und -belastung» und «Verkehr» zugeordnet werden.

Abschliessend wurden Massnahmen zur Eliminierung derjenigen Fehlanreize geprüft, welche nicht bereits in separaten Vorlagen korrigiert werden (vgl. Ziff. 5.4).

Die Ausarbeitung des Berichts erfolgte unter Federführung der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV). Aufgrund der thematischen Ausrichtung wurde er in einer Arbeitsteilung mit dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) und unter Beizug der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) sowie der Eidgenössischen Zollverwaltung (EZV) erarbeitet.

Der Bericht ist wie folgt aufgebaut: In Ziffer 2 erfolgt die Einordnung des Vorstosses in das innenpolitische Umfeld. Ziffer 3 gibt einen groben Überblick über das Ausmass der Ökologisierung des bestehenden Steuer- bzw. Abgabesystems der Schweiz. Unter Ziffer 4 werden der Zustand der verschiedenen Umweltbereiche sowie die zentralen Treiber für die nicht nachhaltige Entwicklung beschrieben. Die Identifizierung der ökologischen Fehlanreize und die Diskussion möglicher Massnahmen zu deren Eliminierung erfolgt unter Ziffer 5. Ziffer 6 enthält die Schlussfolgerungen.

1

Bundesrat (2013): Grüne Wirtschaft (siehe Literaturverzeichnis).

5577

2

Politische Einordnung

Das Steuersystem dient in erster Linie der Beschaffung der Mittel zur Finanzierung der staatlichen Aufgaben. In jüngerer Zeit haben die nachgeordneten Ziele jedoch an Bedeutung gewonnen. Dazu gehören insbesondere die Anstrengungen, Lenkungssteuern oder -abgaben zur Erreichung ökologischer Ziele einzusetzen. Dementsprechend war ein ökologischer Umbau des Steuersystems in der Vergangenheit bereits Gegenstand mehrerer Volksinitiativen und entsprechender Gegenentwürfe,2 die aber von Volk und Ständen abgelehnt wurden. Vor diesem Hintergrund wurde auch die auftraggebende Motion Studer Heiner (06.3190), die ursprünglich eine ökologische Steuerreform im Sinne einer Neugestaltung des Steuersystems verlangte, vom Parlament in Richtung einer ökologischen Überarbeitung des bestehenden Steuer- und Subventionssystems abgeändert.

Das (umwelt)politische Umfeld hat sich jedoch seit der Annahme der Motion im März 2010 in verschiedener Hinsicht geändert. Von besonderer Bedeutung im Hinblick auf die Ökologisierung des Steuersystems und den nachhaltigen Umgang mit den natürlichen Ressourcen sind die Energiestrategie 2050 und die ökologische Steuerreform, die Beschlüsse des Bundesrates zur «Grünen Wirtschaft» sowie die eingeleiteten Massnahmen zur Finanzierung der Bahn- und Strasseninfrastruktur.

Zudem hat die Anzahl parlamentarischer Vorstösse im Bereich Klima- und Energiepolitik in den letzten Jahren zugenommen. Eine Vielzahl davon betrifft die Einnahmenseite und beeinflusst damit entsprechend die ökologische Ausrichtung des Steuersystems (vgl. Anhang 1).

Energiestrategie 2050 und ökologische Steuerreform Im Nachgang zur Nuklearkatastrophe in Fukushima hat der Bundesrat am 25. Mai 2011 den schrittweisen Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen und die Energiestrategie 2050 skizziert. Die bestehenden Kernkraftwerke sollen am Ende ihrer sicherheitstechnischen Betriebsdauer stillgelegt und nicht durch neue Kernkraftwerke ersetzt werden.

Der Umbau des Energiesystems soll in zwei Etappen vorgenommen werden. In einer ersten Etappe sollen die Effizienzpotenziale realisiert werden, welche die Schweiz auf der Basis des bestehenden Niveaus der internationalen Zusammenarbeit und mit bereits heute vorhandenen oder absehbaren Technologien umsetzen kann. Dazu werden neben dem Einsatz unterschiedlicher Regulierungsinstrumente
vor allem bestehende Förderinstrumente ausgebaut. Für die Zeit nach 2020 wird eine weitere Etappe angestrebt, in der die Klima- und die Energiepolitik gemeinsam neu ausgerichtet werden sollen. Das bestehende Fördersystem soll dabei schrittweise von einem Lenkungssystem abgelöst werden. Das energiepolitische Kernstück soll eine Energieabgabe auf sämtlichen Energieträgern darstellen. Zusätzlich hat der Bundesrat im September 2012 das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) beauftragt, bis Mitte 2014 eine Vernehmlassungsvorlage für die Einführung einer ökologischen 2

Volksabstimmung vom 24. September 2000: Verfassungsartikel über eine Energielenkungsabgabe für die Umwelt (Gegenentwurf zur zurückgezogenen «Energie-UmweltInitiative») [45 % Ja : 55 % Nein] ­ Volksinitiative «für einen Solarrappen (Solar-Initiative)» [31 % Ja : 67 % Nein] ­ Verfassungsartikel über eine Förderabgabe für erneuerbare Energien (Gegenentwurf zur «Solar-Initiative») [45 % Ja : 52 % Nein] ­ Volksabstimmung vom 2. Dezember 2001: Volksinitiative «für eine gesicherte AHV ­ Energie statt Arbeit besteuern!» [23 % Ja : 77 % Nein]

5578

Steuerreform auszuarbeiten und diese dem Bundesrat zu unterbreiten. Vorgängig erarbeitet das EFD in Kooperation mit dem Eidgenössischen Departement des Innern (EDI), dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD), dem Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF), dem Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) und den Kantonen einen Anhörungsbericht für eine Konsultation von Wirtschaftsverbänden, Interessengruppen und der Wissenschaft. Dieser Bericht wird dem Bundesrat in der zweiten Jahreshälfte 2013 vorgelegt. Er enthält die Prüfung verschiedener Varianten einer ökologischen Steuerreform sowie Empfehlungen zum weiteren Vorgehen.

Bei der ökologischen Steuerreform handelt es sich im Gegensatz zur Ökologisierung des Steuersystems um den systematischen Einsatz von fiskalischen Lenkungsinstrumenten. Die Reform sieht eine Energieabgabe auf Brenn- und Treibstoffen sowie auf elektrischem Strom vor. Damit sollen Anreize gesetzt werden, um die Energieeffizienz zu verbessern und den Energieverbrauch zu reduzieren. Die Höhe der Abgabesätze soll sich an den Zielen der Energie- und Klimapolitik orientieren. Zu diesem Zweck sollen die Einnahmen aus der Energieabgabe durch Steuer- und Abgabensenkungen sowie pauschale Rückverteilung an die Haushalte und Unternehmen kompensiert werden. Dadurch ergibt sich eine stärkere fiskalische Belastung des Energieverbrauchs bei gleichzeitiger Entlastung der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital sowie der Investitionen. Die Steuerbelastung für Haushalte und Unternehmen soll jedoch insgesamt konstant bleiben. Die negativen Auswirkungen auf die natürlichen Ressourcen sollen damit vermindert und die heutigen Klimaziele weiterverfolgt werden.

Aktionsplan und Volksinitiative «Grüne Wirtschaft» Mit dem Begriff der «Grünen Wirtschaft» wird eine ressourcenschonende Ausrichtung der Wirtschaft umschrieben. Damit ist eine Art des Wirtschaftens gemeint, welche die Knappheit begrenzter Ressourcen und die Regenerationsfähigkeit erneuerbarer Ressourcen berücksichtigt, die Ressourceneffizienz verbessert und damit die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft und die Wohlfahrt insgesamt stärkt. Da die Schweizer Endnachfrage substanziell durch importierte Güter gedeckt wird, sollte dabei auch die durch die Produktion dieser
Güter verursachte Umweltbelastung im Ausland mitberücksichtigt werden.

Der Bundesrat hat mit seinem Entscheid für eine «Grüne Wirtschaft» im Oktober 2010 die Grundlagen zur Verbesserung der Ressourceneffizienz in der Produktion und im Konsum gelegt und der Verwaltung entsprechende Aufträge erteilt. Im März 2013 hat er nun einen Aktionsplan mit 27 Massnahmen (bestehende und neue) in insgesamt vier Umsetzungsschwerpunkten lanciert. Das Konzept der «Grünen Wirtschaft» räumt den freiwilligen Anstrengungen und dem Engagement der Wirtschaft hohe Priorität ein. Allerdings sind Rahmenbedingungen des Staates zur Korrektur von Marktversagen genauso notwendig. Schwerpunkte sind: 1.

Ziel, Messung, Information, Berichterstattung: Damit beurteilt werden kann, ob sich die Schweiz in Richtung einer «Grünen Wirtschaft» bewegt, ist eine umfassende Messung der Fortschritte als Grundlage für die Erfolgskontrolle der Massnahmen notwendig. Dazu gehören auch die Festlegung von Zielen und die Berichterstattung über die Fortschritte. Der Dialog mit der Wirtschaft, aber auch mit Wissenschaft und Gesellschaft, ist für die Weiterent-

5579

wicklung der «Grünen Wirtschaft» wichtig. Sensibilisierungsmassnahmen wirken dabei unterstützend.

2.

Konsum und Produktion: Die aktuellen Konsummuster und die Herstellung von Produkten verbrauchen viele natürliche Ressourcen und belasten die Umwelt. Deshalb sind die Informationen über die ökologischen Aspekte der Produkte und des Produktangebots von Unternehmen zu verbessern und Innovationen zu stärken. Zudem bietet eine enge Zusammenarbeit mit der Wirtschaft Chancen für weitere Effizienzverbesserungen.

3.

Abfälle und Rohstoffe: Die Gewinnung und der Abbau von Rohstoffen können die Umwelt erheblich belasten. Eine effizientere Nutzung der Rohstoffe sowie die Schliessung von Stoffkreisläufen wird in Zukunft ins Zentrum rücken müssen. Güter sollen künftig mit einem geringeren Rohstoffeinsatz und reduziertem Abfallaufkommen produziert werden.

4.

Übergreifende Instrumente: Themenübergreifend wichtige Arbeiten sind der Masterplan Cleantech und die Ökologisierung des Steuersystems. Weil ein grosser Teil der Schweizer Gesamtumweltbelastung im Ausland verursacht wird, genügt der nationale Hebel allein nicht, um die Ziele erreichen zu können. Die globale Belastung der natürlichen Ressourcen durch den Abbau von Rohstoffen und die Produktion von Gütern muss auch durch verstärkte internationale Anstrengungen der Schweiz für eine «Grüne Wirtschaft» gesenkt werden.

Der Aktionsplan bildet zudem die Grundlage für die geplante Änderung des Umweltschutzgesetzes, die als indirekter Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Für eine nachhaltige und ressourceneffiziente Wirtschaft (Grüne Wirtschaft)» dient.

Die am 6. September 2012 eingereichte Initiative will mit einem neuen Artikel in der Bundesverfassung eine nachhaltige und ressourceneffiziente Wirtschaft schaffen, geschlossene Stoffkreisläufe fördern und dafür sorgen, dass die wirtschaftlichen Tätigkeiten das Potenzial der natürlichen Ressourcen nicht beeinträchtigen. So verfolgt die Initiative das Ziel, dass die Wirtschaft und der Konsum in der Schweiz ab 2050 nachhaltig sind und nur noch so viel Ressourcen verbrauchen, wie die Erde erlaubt (dies entspräche einem ökologischen Fussabdruck von 1). Der Bundesrat begrüsst zwar grundsätzlich die Stossrichtung der Initiative. Er geht aber davon aus, dass sie bis zum Jahr 2050 insbesondere wegen der Umweltbelastung, welche die Schweizer Bevölkerung im Ausland verursacht, nicht umsetzbar ist.

Der Bundesrat hat nun bis im Frühsommer 2013 Zeit, eine Vernehmlassungsvorlage zum indirekten Gegenvorschlag zu erarbeiten. Diese geht voraussichtlich im Sommer 2013 in die Vernehmlassung. Die Botschaft zur Initiative und zum indirekten Gegenvorschlag wird bis im Frühling 2014 an das Parlament überwiesen.

Massnahmen zur Finanzierung der Infrastruktur von Bahn- und Strassenverkehr Auf der politischen Agenda stehen weitere Geschäfte, die mittelbar eine Ökologisierung des Steuersystems zur Folge haben. In diesem Zusammenhang sind namentlich die Vorlage für die Finanzierung und den Ausbau der Bahninfrastruktur (FABI) als direkter Gegenentwurf zur Volksinitiative «Für den öffentlichen Verkehr» des Verkehrsclubs der Schweiz (VCS) sowie die Massnahmen zur Spezialfinanzierung Strassenverkehr (SFSV) bedeutsam.

5580

Mit der Vorlage FABI (12.016) schlägt der Bundesrat vor, künftig den Betrieb, Substanzerhalt und Ausbau der Bahninfrastruktur einheitlich aus einem neuen Bahninfrastrukturfonds (BIF) zu finanzieren. Dieser soll den befristeten Fonds für Eisenbahngrossprojekte (FinöV-Fonds) ablösen und zeitlich unbegrenzt ersetzen. Damit soll die Finanzierung der Bahninfrastruktur langfristig auf eine solide Basis gestellt werden. Finanziert werden soll der Fonds wie bisher aus den Anteilen von LSVA sowie Mineralöl- und Mehrwertsteuer. Aufgrund der erwarteten weiteren Zunahme des Personen- und Güterverkehrs, den dadurch bedingten ansteigenden Unterhaltsund Erneuerungskosten sowie des geplanten Ausbaus der Bahninfrastruktur entsteht jedoch ohne weitere Massnahmen eine Finanzierungslücke. In diesem Zusammenhang ist bei der direkten Bundessteuer die Festsetzung einer Obergrenze des Fahrkostenabzugs für unselbstständig Erwerbende auf 3000 Franken vorgesehen. Damit soll der heute bestehende (ökologische) Fehlanreiz, lange Arbeitswege in Kauf zu nehmen, reduziert und der Trend hin zu länger werdenden Arbeitswegen gebrochen werden. Da die Steuerabzüge der Pendlerinnen und Pendler, die mit dem Auto unterwegs sind, heute bedeutend höher sind als diejenigen der Nutzerinnen und Nutzer des öffentlichen Verkehrs, werden künftig insbesondere Erstere steuerlich weniger begünstigt.

Der Ständerat hat die Vorlage als Erstrat am 3. Dezember 2012 mit Anpassungen gutgeheissen. Der Nationalrat wird das Geschäft in der Sommersession 2013 behandeln. Beide Kammern haben zudem einer Fristverlängerung für die Behandlung der VCS-Initiative zugestimmt, sodass zeitgleich über die Volksinitiative und über FABI als Gegenentwurf abgestimmt werden kann. Diese Volksabstimmung wird voraussichtlich im ersten Halbjahr 2014 stattfinden.

Mit den vorgesehenen Massnahmen zur Spezialfinanzierung Strassenverkehr (12.018) verfolgt der Bundesrat im Bereich Strassenverkehr eine ähnliche Stossrichtung. Zur Finanzierung der steigenden Kosten für Betrieb, Unterhalt und Ausbau der Nationalstrassen wird ein zweistufiges Vorgehen verfolgt. In einem ersten Schritt wurde bereits der Preis der Autobahnvignette (Nationalstrassenabgabe) von 40 auf 100 Franken pro Jahr erhöht. Damit sollen die durch die Erweiterung des Nationalstrassennetzes bedingten Kosten gedeckt
werden. Mit der Erhöhung des Mineralölsteuerzuschlags soll in einem zweiten Schritt der stetig wachsende ordentliche Bedarf gedeckt sowie die Finanzierung absehbarer zusätzlicher Aufgaben sichergestellt werden. Der Bundesrat wird ­ wie in der Antwort auf die Interpellation 12.3534 («Entscheidplanung Autobahn 2012­2030») vom 15. August 2012 angekündigt ­ voraussichtlich im ersten Halbjahr 2013 eine Vernehmlassung zur Finanzierung der Aufgaben im Strassenverkehr und damit über eine Erhöhung des Mineralölsteuerzuschlags eröffnen.

3

Umweltbezogene Abgaben in der Schweiz

3.1

Begriff und Überblick

Das schweizerische Abgabesystem basiert zum grössten Teil auf der direkten Besteuerung von Einkommen und Vermögen natürlicher Personen, auf Gewinn und Kapital juristischer Personen sowie auf der (indirekten) Verbrauchsbesteuerung.

Konkret sind Einkommens-, Vermögens- und Ertragssteuern sowie die Mehrwertsteuer für den Hauptteil der Steuereinnahmen verantwortlich. Seit einigen

5581

Jahren spielen zudem die umweltbezogenen Abgaben ­ als Ergänzung oder Ersatz der regulativen Umweltvorschriften ­ eine zunehmend wichtige Rolle in der Umweltpolitik.

Umweltbezogene Abgaben (Umweltabgaben) verteuern Aktivitäten, die direkt oder indirekt die Umwelt belasten (Energie- und Ressourcenverbrauch, Verkehr und Emission von Schadstoffen). Dies setzt Anreize für umweltschonendere Konsumund Verhaltensmuster. Zu den Umweltabgaben zählen insbesondere Lenkungsabgaben, die aus umweltpolitischen Gründen eingeführt wurden, aber auch fiskalisch motivierte Steuern.3 Der Anteil der Umweltabgaben kann als Indikator für die ökologische Ausrichtung eines Abgabesystems verwendet werden. In der Schweiz ist der Anteil der Umweltabgaben (am gesamten Aufkommen an Abgaben und Sozialbeiträgen von Bund, Kantonen und Gemeinden) zwischen 1996 und 2010 von 6,3 auf 7,0 Prozent gestiegen.4 Dies lässt auf eine leichte Verschiebung der Abgabenlast hin zu umweltschädlichen Tätigkeiten und Produkten schliessen.

Der zunehmende Anteil der Umweltabgaben ist unter anderem auf die wachsende Anzahl solcher Abgaben zurückzuführen. Auf nationaler Ebene von Bedeutung sind insbesondere die CO2-Abgabe auf fossilen Brennstoffen (seit 2008) und der Netzzuschlag (seit 2009; insb. zur Finanzierung der kostendeckenden Einspeisevergütung KEV) sowie die bereits seit 2000 erhobene Lenkungsabgabe auf flüchtige organische Verbindungen (VOC). Für das Jahr 2010 können insgesamt 34 Arten von Umweltabgaben bestimmt werden.5 Diese werden sowohl auf nationaler wie auch auf kantonaler und kommunaler Ebene erhoben.

3.2

Internationaler Vergleich der umweltbezogenen Steuern

Obwohl umweltbezogene fiskalische Instrumente häufiger eingesetzt werden und mehr Einnahmen generieren, tragen sie immer noch einen relativ geringen Teil zu den Steuereinnahmen der öffentlichen Haushalte bei. Der Ertrag aus den umweltbezogenen Steuern betrug 2010 10,9 Milliarden Franken. Wie aus der untenstehenden Tabelle ersichtlich wird, entspricht dies 6,8 Prozent des Aufkommens des gesamten Staatssektors.

Mehr als die Hälfte der Einnahmen aus umweltbezogenen Steuern stammt aus einer kleinen Zahl von Steuern, die den Verbrauch von Energie verteuern. Dazu zählt die Mineralölsteuer, die einen Anteil von 47,3 Prozent an den Einnahmen aufweist.

Bedeutsam sind zudem die Umweltabgaben in der Kategorie Verkehr, insbesondere die kantonalen Motorfahrzeugsteuern sowie die Einnahmen aus den Verkehrsab-

3

4 5

Umweltbezogene Abgaben basieren auf einer physischen Bemessungsgrundlage (z. B.

Energieprodukte, Luft- oder Wasseremissionen, Abfälle, natürliche Ressourcen), die nachweislich negative Auswirkungen auf die Umwelt hat. Die Definition umweltbezogener Abgaben orientiert sich strikt an der Besteuerungsgrundlage ­ unabhängig von den Beweggründen zur Einführung der Steuer oder vom Verwendungszweck der Einnahmen.

Quellen: BFS, EFV; eigene Berechnung.

Abgaben des gleichen Typus (z. B. Abwasserabgaben in den Kantonen AR, BE, GE und SO) werden nur einmal gezählt.

5582

gaben (insbesondere LSVA), die in den vergangenen zehn Jahren anteilmässig zugenommen haben.6 Umweltbezogene Steuern in der Schweiz (2010) in Millionen Franken

Aufkommen

Anteil

Kategorie Energie Mineralölsteuer und -zuschlag CO2-Abgabe auf Brennstoffen Übrige

5 779 5 134 589 57

53,2 % 47,3 % 5,4 % 0,5 %

Kategorie Verkehr Kantonale Motorfahrzeugsteuern Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA) Automobilsteuer Nationalstrassenabgabe (Autobahnvignette)

4 286 2 076 1 490 373 347

39,4 % 19,1 % 13,7 % 3,4 % 3,2 %

Kategorie Ressourcen Wasserrechtsabgaben (Wasserzinsen), alle Kantone

543 543

5,0 % 5,0 %

Kategorie Emissionen VOC-Abgabe Übrige

256 123 133

2,4 % 1,1 % 1,2 %

10 864

100 %

Total in Prozent des gesamten Steueraufkommens des Staatssektors

6,8 %

Quellen: Bundesamt für Statistik (BFS), eigene Berechnungen

Definition der umweltbezogenen Steuern Die Definitionen, die für die Statistik der Umweltabgaben verwendet werden, basiert auf internationalen Konventionen. Dadurch werden internationale Vergleiche ermöglicht. Die Definition der umweltbezogenen Steuer schliesst jedoch Abgaben mit ein, die gemäss Schweizer Rechtsverständnis keine Steuern sind, weil sie nicht fiskalischen Zwecken dienen. Dies betrifft die Lenkungsabgaben (CO2-Abgabe und VOC-Abgabe) und die Wasserzinsen der Kantone. In der vorliegenden Statistik werden sie als Steuern geführt, weil sie ohne individuell zurechenbare Gegenleistung geschuldet sind.

6

Siehe Umweltgesamtrechnung BFS.

5583

In den 27 EU-Staaten beträgt der durchschnittliche Anteil aller umweltbezogenen Steuereinnahmen an den Gesamteinnahmen aus Steuern und Sozialabgaben im Jahr 2010 6,2 Prozent.7 Die Schweiz weist also im gleichen Jahr mit 6,8 Prozent einen um 0,6 Prozentpunkte höheren Anteil auf. Die Unterschiede zwischen den EUStaaten sind jedoch gross. Beispielsweise weist Bulgarien für das Jahr 2010 10,6 Prozent aus, Frankreich hingegen lediglich 4,2 Prozent. Für diese Differenzen sind verschiedene Ursachen denkbar. Vergleichsweise hohe Umweltsteuereinnahmen können auf eine hohe Anzahl an Umweltsteuern und hohe Steuersätze zurückzuführen sein. Gleichzeitig aber können diese auch durch ein hohes Mass an umweltschädlichen Aktivitäten oder durch grosse Nachfrage nach schädlichen Gütern erklärt werden. Bei der Interpretation der internationalen Unterschiede ist deshalb Vorsicht geboten. Zudem ist nicht immer klar, ob die Einführung der Steuern fiskalisch oder ökologisch motiviert war: Die Definition umweltbezogener Steuern orientiert sich an der Besteuerungsgrundlage ­ unabhängig von den Beweggründen zur Einführung der Steuer oder vom Verwendungszweck der Einnahmen.

Die untenstehende Grafik bildet für den Zeitraum zwischen 2000 und 2010 die Einnahmen aus den umweltbezogenen Steuern in der Schweiz und in der EU in Prozent des Gesamtertrags aus Steuern und Sozialabgaben ab.8 Anteil der umweltbezogenen Steuern in der Schweiz und der EU (2000-2010), in Prozent 9 8 7 6 5

Schweiz

4

EU-27

3 2 1 0 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010

Quellen: BFS, EuroStat

Die sinkende «Umweltsteuerquote» zwischen 2005 und 2007 ist auf das hohe Wirtschaftswachstum und entsprechend höheren Steuereinnahmen ­ bei gleichzeitig nur moderatem Anstieg der Einnahmen aus den Umweltsteuern ­ zurückzuführen.

7 8

Quelle: Statistisches Amt der Europäischen Union (EuroStat).

Aus Gründen der Datenverfügbarkeit und -vergleichbarkeit werden die weiteren umweltbezogenen Abgaben ausgeklammert.

5584

Der Anteil der umweltbezogenen Steuern gibt einen ersten Hinweis zur ökologischen Ausrichtung des schweizerischen Steuersystems. Die Zahlen zeigen, dass dieser Anteil über dem EU-Durchschnitt liegt. Trotzdem lässt diese aggregierte Betrachtungsweise nur beschränkt Schlüsse zur ökologischen Anreizstruktur des Gesamtsystems zu, denn sie enthält keine Informationen über die Wirkungen auf das (umweltrelevante) Verhalten der Wirtschaftssubjekte, die von der konkreten Ausgestaltung einer ­ umweltbezogenen oder nicht umweltbezogenen ­ Steuer ausgehen.

Umweltbezogene Steuern im Verhältnis zum BIP Der Anteil der umweltbezogenen Steuereinnahmen am BIP beträgt in der Schweiz 1,9 Prozent, in der EU 2,4 Prozent (Zahlen 2010). Der Grund für den höheren Anteil von Umweltsteuern am Gesamtsteueraufkommen und gleichzeitig tieferer Umweltsteuer-Quote in der Schweiz relativ zur EU liegt in den höheren Steuerquoten der EU-Staaten. Weil die Steuerquote der Schweiz tiefer ist als der Durchschnitt der EU-Staaten, weist sie einen tieferen Anteil umweltbezogener Steuereinnahmen am BIP auf. Als Indikator für die ökologische Ausrichtung des Steuersystems (Wie ökologisch ist ein gegebenes Steuersystem?) ist deshalb der Anteil der umweltbezogenen Steuern an den gesamten Steuereinnahmen relevant.

3.3

Weitere umweltbezogene Abgaben

Die weiteren (international nicht vergleichbaren) umweltbezogenen Abgaben ­ d. h.

nichtfiskalische Einnahmen wie Gebühren, Mischformen und freiwillige Branchenlösungen (privatrechtliche Beiträge) ­ generierten 2010 in der Schweiz ein Aufkommen von 2,650 Milliarden Franken. Dies entspricht 19,6 Prozent der Gesamteinnahmen aus den umweltbezogenen Abgaben. Entsprechend haben die umweltbezogenen Steuern einen Anteil von 80,4 Prozent. Wie aus der unten abgebildeten Tabelle zu entnehmen ist, stammt der überwiegende Teil dieser Einnahmen aus Abwasser- und Abfallgebühren. Im Gegensatz zu den umweltbezogenen Steuern wird der Grossteil der nichtfiskalischen umweltbezogenen Abgaben von den Gemeinden erhoben.

Nichtfiskalische umweltbezogene Abgaben (2010) in Millionen Franken

Kategorie Energie Netzzuschlag/Kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) Klimarappen auf Treibstoffen

Aufkommen

Abgabenart (Anteil)

377 272

(14,2 %) Mischform

106

Freiwillige Lösung

5585

in Millionen Franken

Aufkommen

Abgabenart (Anteil)

Kategorie Emissionen Kommunale Abwassergebühren Kommunale Siedlungsabfallgebühren Vorgezogene Recyclinggebühren Lärmgebundene Passagier- und Landegebühren (Speisung Airport Zurich Noise Fund) Vorgezogene Entsorgungsgebühr Vorgezogene Recyclingbeiträge Emissionsabhängiger Zuschlag zur Landetaxe Kantone GE und ZH Abwassergebühren Kanton AI Lärmabhängiger Zuschlag zur Landetaxe Kanton GE Abfallgebühren Kanton AI

2 273 1 075 971 72 67

(85,8 %) Gebühr Gebühr Freiwillige Lösung Mischform

46 34 4

Mischform Freiwillige Lösung Mischform

2 2

Gebühr Mischform

1

Gebühr

Total

2 650

100 %

Quellen: BFS, eigene Berechnungen

4

Handlungsbedarf und Ansatzpunkte aus Umweltsicht

Die Identifikation ökologischer Fehlanreize setzt an bei einer umweltpolitischen Gesamtschau. Dabei stehen die Umweltbereiche im Fokus, bei denen steuerliche Instrumente potenziell wirksam sind (Klima, Luft und Lärm sowie Landschaft, Boden und Biodiversität). In Ziffer 4.1 werden deshalb der aktuelle Umweltzustand sowie die bestehenden Regulierungen und der Handlungsbedarf beschrieben. Die zentralen Ansatzpunkte für einen nachhaltigeren Umgang mit natürlichen Ressourcen werden in Ziffer 4.2 dargelegt.

4.1

Umweltzustand, Regulierungen und Handlungsbedarf

4.1.1

Überblick

Weltweit wachsen die Bevölkerung, die wirtschaftliche Leistung und der Verbrauch an natürlichen Ressourcen pro Kopf. In der Schweiz ist der gesamte Ressourcenverbrauch gemäss der Methode des ökologischen Fussabdrucks (Erdölverbrauch, Nahrungsmittelkonsum, Wohnflächenverbrauch usw.) fast dreimal so gross, als ökologisch nachhaltig wäre.9

9

BFS (2013 ): Natürliche Ressourcen ­ Ökologischer Fussabdruck, Monet.

5586

Gemäss dem Rechenschaftsbericht zur Umsetzung der Umweltpolitik (Bericht «Umwelt Schweiz 2011»)10 sind in den letzten Jahren in einigen Umweltbereichen beträchtliche Verbesserungen erzielt worden, beispielsweise bei der Qualität der Fliessgewässer und des Grundwassers oder der Belastung durch chemische Schadstoffe. Andernorts, wie beispielsweise bei der Reduktion der klimaschädlichen Treibhausgasemissionen oder beim Erhalt der Biodiversität, sind weitere Fortschritte notwendig. Einige Entwicklungen konnten in den letzten Jahren zwar etwas gebremst werden ­ so etwa die Zersiedelung der Landschaft oder der Anstieg des Energieverbrauchs. Der dadurch auf die Umwelt ausgeübte Druck erhöht sich aber nach wie vor. Zudem hat die Auslagerung der Umweltbelastung durch die stetig wachsenden Importe an Bedeutung gewonnen. 2008 wurde der Bedarf der Schweiz an Ressourcen zu knapp 70 Prozent vom Ausland gedeckt, mit steigender Tendenz.

Die folgenden Ausführungen basieren, wenn nicht anders vermerkt, auf dem Umweltbericht 2011.

4.1.2

Klima

Die Klimaänderung hat Auswirkungen auf alle Umweltsysteme (Wasserkreislauf, Boden, Luft und Biodiversität). Seit Messbeginn 1864 ist die Jahresmitteltemperatur in der Schweiz um rund 1,7°C angestiegen. Das Abschmelzen der Gletscher und das Auftauen des Permafrosts sowie Veränderungen in der Vegetation sind bereits feststellbar. Auch intensive Niederschläge und damit verbundene Hochwasser und Murgänge werden langfristig sehr wahrscheinlich zunehmen.

Im Rahmen des Kyoto-Protokolls hat sich die Schweiz international dazu verpflichtet, ihre Treibhausgasemissionen zu senken. Die eingeleiteten Massnahmen in der Schweiz konnten den Anstieg der Treibhausgasemissionen zwar bremsen, aber bislang nicht substanziell senken. Um eine gefährliche Störung des Klimasystems zu verhindern, soll gemäss dem Copenhagen Accord 2009 die globale Klimaerwärmung langfristig auf maximal 2 °C im Vergleich zum vorindustriellen Niveau beschränkt werden.11 Das bedeutet, dass die Industriestaaten ihre Treibhausgasemissionen bis 2020 um mindestens 25­40 Prozent gegenüber 1990 reduzieren müssen.

Die Schweiz wird ihre internationalen Verpflichtungen im Zeitraum 2008­2012 mit dem Zukauf ausländischer Emissionsminderungszertifikate und der Anrechnung der Senkenleistung des Schweizer Waldes voraussichtlich einhalten können. Um langfristig die Stabilisierung der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre auf vertretbarem Niveau erreichen zu können, müssen die Anstrengungen auf nationaler und internationaler Ebene weitergeführt und verstärkt werden. Um die globale Erwärmung auf 2 °C beschränken zu können, dürften die Treibhausgasemissionen pro Kopf bis Ende Jahrhundert noch maximal 1­1,5 t/Jahr betragen.

Das am 1. Januar 2013 in Kraft getretene totalrevidierte CO2-Gesetz vom 23. Dezember 200912 bildet in der Schweiz die Basis für die Klimapolitik nach 2012 und regelt die Ziele und Massnahmen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2020. Zudem wird im Vergleich zur alten Gesetzgebung neu auch die Anpassung 10 11 12

BAFU und BFS (2013): Umwelt Schweiz 2011.

Copenhagen Accord (2009): Abschlussdokument der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen, 18.12.2009, von den Konferenzteilnehmern zur Kenntnis genommen.

SR 641.71

5587

an die Klimaänderung berücksichtigt.13 Ziel ist, den Ausstoss der Treibhausgasemissionen bis 2020 im Vergleich zu 1990 um mindestens 20 Prozent zu vermindern ­ dies hauptsächlich durch Massnahmen im Inland. Zentrale Massnahmen dabei sind die CO2-Lenkungsabgabe auf fossile Brennstoffe sowie das Emissionshandelssystem (ETS). Ein Drittel der Einnahmen aus der CO2-Abgabe ist zweckgebunden für die Verminderung von CO2-Emissionen bei Gebäuden. Davon wird höchstens ein Drittel den Kantonen für die Förderung von erneuerbaren Energien, Abwärmenutzung und Gebäudetechnik ausgerichtet. Die übrigen Mittel gehen an die Gebäudesanierungsprogramme der Kantone. Zudem werden ab 2013 maximal 25 Millionen Franken aus den Einnahmen der CO2-Abgabe einem Technologiefonds zugeführt, mit dem Darlehen an Unternehmen verbürgt werden können, die emissionsarme Anlagen und Verfahren entwickeln und vermarkten. Im Treibstoffbereich wird der Klimarappen im Jahr 2013 durch eine Kompensationspflicht für Importeure fossiler Treibstoffe abgelöst, und es gilt seit dem 1. Juli 2012 ein verbindlicher CO2Emissionszielwert von 130 g CO2/km im Jahr 2015 (im Durchschnitt der neu zugelassenen Personenwagen).

4.1.3

Luft und Lärm

Die Luftqualität der Schweiz hat sich seit Mitte der 1980er-Jahre stark verbessert. In den letzten Jahren sind jedoch nur noch geringfügige Fortschritte erzielt worden.

Nach wie vor problematisch sind die Schadstoffe bodennahes Ozon, Stickstoffdioxid und Feinstaub sowie krebserregende Luftschadstoffe wie Russ und Benzol. Hingegen hat sich der Zustand der Ozonschicht in den letzten Jahren verbessert. Die Konzentration der schädigenden Substanzen in der Stratosphäre ist rückläufig.

Von übermässigem Lärm sind in der Schweiz tagsüber rund 1,3 Millionen Menschen betroffen. Die grösste Lärmquelle ist der Strassenverkehr. Die Auswirkungen von Lärm auf den Menschen sind sowohl psychischer wie auch physischer Natur.

Der volkswirtschaftliche Schaden von Lärm durch Wertverlust an Immobilien und Gesundheitsbeeinträchtigungen beträgt über 1 Milliarde Franken pro Jahr.

Das Umweltschutzgesetz vom 7. Oktober 198314 (USG) verpflichtet Bund und Kantone dazu, Menschen, Tiere und Pflanzen vor schädlichen oder lästigen Luftverunreinigungen zu schützen und Massnahmen zur Lärmbekämpfung zu ergreifen. Die Luftreinhalte-Verordnung vom 16. Dezember 198515 (LRV) und die LärmschutzVerordnung vom 15. Dezember 198616 (LSV) konkretisieren diese Anforderungen.

Für die Luftreinhaltung wurden neben strengen Emissionsvorschriften für Heizungen, Industrieanlagen und Motorfahrzeuge sowie Qualitätsvorschriften für Brennund Treibstoffe auch Lenkungsinstrumente wie die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA) oder die Abgabe auf flüchtige organische Verbindungen (VOC) eingeführt. Auf internationaler Ebene setzt sich die Schweiz für fortschrittliche Grenzwerte für Luftschadstoffe entsprechend dem Stand der Technik ein. Zur Lärmbekämpfung wurden Belastungsgrenzwerte festgelegt, bauliche Lärmschutzmassnahmen erstellt und Schallschutzfenster eingebaut. Bei Flughäfen werden lärmabhängige Start- und Landegebühren für Flugzeuge erhoben.

13 14 15 16

BAFU: Revidiertes CO2-Gesetz ab 1.1.2013 in Kraft, Internet-Dokumentation.

SR 814.01 SR 814.318.142.1 SR 814.41

5588

Trotz der bestehenden Regulierungen und Anstrengungen bestehen vor allem im Bereich der Luft- und Lärmemissionen des Verkehrs Handlungsbedarf. Die ungedeckten externen Kosten insbesondere des Strassenverkehrs sind nach wie vor sehr hoch, das Verursacherprinzip wird vielerorts nicht genügend umgesetzt.17 Exkurs: Internalisierung externer Umweltkosten Natürliche Ressourcen im Sinne von natürlichen Lebensgrundlagen wie Boden, Luft oder Wasser werden häufig übernutzt. Dies ist meist darauf zurückzuführen, dass diese Güter keinen oder einen zu geringen Preis haben. Beispielsweise bezahlt die Autofahrerin oder der Autofahrer zwar einen Preis für das Benzin, aber die Kosten für Gesundheits- oder Gebäudeschäden als Folge des Ausstosses von Feinstaub und Stickoxiden (NOX) sind vom Benzinpreis nicht vollständig gedeckt. Diese sogenannten externen Kosten trägt somit die Allgemeinheit. Oft ist auch das Eigentumsrecht an den natürlichen Ressourcen nicht klar geregelt, und der Ausschluss von der Nutzung ist nicht möglich. Externe Kosten und fehlende Eigentumsrechte führen zu Marktversagen, da die Preise die tatsächliche Knappheit der natürlichen Ressourcen nicht widerspiegeln. Marktversagen, aber auch Politikversagen (wie verzerrende Subventionen), führen zu einer ineffizienten Ressourcenallokation: Konsum und Produktion sind zu hoch bei Gütern, die umweltschädigend sind, und zu niedrig bei ressourcenschonenden und umweltfreundlichen Gütern.18 Das BAFU schätzt externe Umweltkosten, die allein aus Energienutzung und Verkehr in der Schweiz entstehen, auf jährlich über 8,5 Milliarden Franken.19 Dazu kommen externe Kosten in verschiedenen anderen Bereichen (z. B. Gewässerschutz, gefährliche Abfälle, Klimaschutz), die bisher noch nicht oder noch nicht umfassend quantifiziert wurden. Über den Konsum importierter Güter wird zudem ein substanzieller Teil der Umweltbelastung, die durch die Schweiz verursacht wird, ins Ausland ausgelagert.

Eine Möglichkeit, um die Übernutzung der Umwelt zu reduzieren, ist die Internalisierung der externen Kosten, die ­ wenn möglich ­ direkt den Verursachern angelastet werden sollten. So wird im Idealfall (d. h. bei vollständiger Internalisierung) verhindert, dass Kosten auf die Allgemeinheit oder auf den Staat abgewälzt werden. Instrumente zur Internalisierung von externen Kosten verändern
die Preisstrukturen, an denen sich die Wirtschaftssubjekte bei ihren Entscheidungen orientieren, und belasten die Kostenverursacher im Idealfall in der Höhe der externen Kosten. Im Vordergrund stehen dabei marktwirtschaftliche Instrumente mit direkten finanziellen Anreizen wie Abgaben und Zertifikate. Neben den marktwirtschaftlichen Instrumenten mit direkten finanziellen Anreizen werden die regulierenden Instrumente (Gebote und Verbote) meist nicht zu den Internalisierungsmassnahmen gezählt, sie tragen aber ebenfalls wesentlich zur Umsetzung des Verursacherprinzips bei.20

17 18 19 20

ARE: Kosten des Verkehrs, Internet-Dokumentation.

Panayotou T. (UNEP, 1998): Instruments of Chance, Motivating and Financing Sustainable Development.

Ott W., Baur M., Iten R., Vettori A. (2005): Konsequente Umsetzung des Verursacherprinzips.

Ott W., Baur M., Iten R., Vettori A. (2005).

5589

4.1.4

Landschaft, Boden und Biodiversität

Natur- und Kulturlandschaften stehen unter Druck, Freiflächen und Naherholungsgebiete gehen zunehmend verloren oder verlieren an Qualität und Vielfalt. Die Siedlungsfläche in der Schweiz dehnt sich stark zulasten der Landwirtschaftsfläche aus, was sich negativ auf Erholung und räumliche Identifikation der Bevölkerung auswirkt. Damit verbunden ist auch die Abnahme gesunder Böden. Nur gesunde Böden können ihre vielfältigen Funktionen voll wahrnehmen (Basis der Ernährung des Menschen, der Tiere und Pflanzen, Wasserspeicher und -filter sowie Lebensraum). Zudem ist der Boden in der Schweiz chemisch teilweise stark belastet.

Der Bund ist durch das Bundesgesetz vom 1. Juli 196621 über den Natur- und Heimatschutz bei seinen raumwirksamen Tätigkeiten verpflichtet, die Landschaft, die einheimische Tier- und Pflanzenwelt mit ihrer Biodiversität und ihren natürlichen Lebensräumen zu schonen und zu schützen. Die Verordnung vom 1. Juli 199822 über Belastungen des Bodens schreibt vor, dass der Boden beim Bewirtschaften und beim Bauen so behandelt werden muss, dass er keine dauerhaften Schäden erleidet.23 Das Ziel der haushälterischen Nutzung des Bodens und der geordneten Besiedlung des Landes ist in Artikel 75 der Bundesverfassung24 verankert und wird mit dem Raumplanungsgesetz vom 22. Juni 197925 (RPG) verfolgt. Der Bund legt die Grundsätze der Raumplanung fest, die Raumplanung selbst liegt in der Kompetenz der Kantone.

Die Problematik der Zersiedelung kann massgeblich durch Nutzung des raumplanerischen Instrumentariums zur Trennung von Bau- und Kulturland beeinflusst werden.26 Jedoch werden die verschiedenen Raumplanungsinstrumente (wie z. B.

Richtpläne, Vollzug der Mehrwertabschöpfung) durch die Kantone bisher zu wenig konsequent genutzt. Vor diesem Hintergrund haben Volk und Stände am 3. März 2013 der Revision des RPG zugestimmt (indirekter Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Raum für Mensch und Natur (Landschaftsinitiative)». Kernelemente der Revision sind die Reduktion von überdimensionierten Bauzonen, Vorkehrungen zur Baulandmobilisierung und die Pflicht zur Mehrwertabgabe auf Neueinzonungen.

Aus den Einnahmen der Mehrwertabgabe sollen die Rückzonungen der überdimensionierten Bauzonen finanziert werden.

Weiter hat die stark diskutierte Problemstellung um Zweitwohnungen dazu geführt, dass Kantonen und
Gemeinden nach der Revision des RPG im Zusammenhang mit der Aufhebung des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 198327 über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (Lex Koller) explizit ermöglicht wird, Lenkungsabgaben auf Zweitwohnungen einzuführen.28 Damit werden Anreize zu umweltschonendem und haushälterischem Bodenverbrauch gesetzt. Eine Lenkungsabgabe bereits eingeführt haben beispielsweise Davos, Samnaun, Flims und Laax 21 22 23 24 25 26

27 28

SR 451 SR 814.12 BAFU und BFS (2011): Umwelt Schweiz 2011.

SR 101 SR 700 Bundesrat (2008): Strategie Nachhaltige Entwicklung, Aktionsplan 2008­2011. S. 19: «Im Sinne einer Referenzgrösse soll die Siedlungsflache bei 400 m2 pro Kopf der Bevölkerung stabilisiert werden.» SR 211.412.41 ARE (2012): Zweitwohnungen, Medienmitteilung.

5590

(GR). Am 11. März 2012 nahmen die Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger zudem die Initiative «Schluss mit uferlosem Bau von Zweitwohnungen!» an.

Damit wurde die Bundesverfassung um eine neue Bestimmung zum Zweitwohnungsbau ergänzt. Die Initiative fordert, dass der Anteil von Zweitwohnungen in der Schweiz auf höchstens zwanzig Prozent pro Gemeinde begrenzt wird.

Die Biodiversität, verstanden als natürliche Vielfalt der Gene, Arten und Ökosysteme, ist eine unverzichtbare Lebensgrundlage. Fruchtbarer Boden, sauberes Trinkwasser, Schutz vor Erdrutschen, die Basis für wirksame Medikamente oder die Bestäubung von Nutzpflanzen durch Insekten gehören zu den Leistungen der Ökosysteme. In der Schweiz sind die Freiflächen und die Vernetzung von vielfältigen Lebensräumen rückläufig.29 Die an diese Lebensräume gebundenen Arten werden seltener, die genetische Vielfalt nimmt ab. Darüber hinaus sind Flora und Fauna zunehmend mit der Präsenz invasiver, vom Menschen eingeführter Arten konfrontiert. Wichtige Massnahmen, um den Erhalt und die Entwicklung der Biodiversität zu sichern, sind in zahlreichen internationalen und nationalen Instrumenten definiert, insbesondere im Übereinkommen vom 5. Juni 199230 über die Biologische Vielfalt und in verschiedenen Gesetzen auf Bundesebene.31 Zum Verlust der Biodiversität zeigt eine Studie, dass eine echte Trendwende unter den gegebenen Rahmenbedingungen (Gesetze, Instrumente und Massnahmen bzw. deren Umsetzung) nicht möglich ist.32 Für den langfristigen Erhalt der Biodiversität und ihrer Ökosystemleistungen hat der Bundesrat am 25. April 2012 eine nationale Biodiversitätsstrategie verabschiedet.33 Bis Mitte 2014 wird dem Bundesrat ein Aktionsplan zur Konkretisierung der Strategie vorgelegt.34

4.1.5

Weitere Umweltbereiche

Für weitere wichtige Umweltbereiche wird im Folgenden nur ein kurzer Überblick zum Umweltzustand gegeben. Für die Diskussion der bestehenden Regulierungen und Lücken in diesen Umweltbereichen verweisen wir auf den Umweltbericht Schweiz 2011.

Die Qualität des Wassers ist im Allgemeinen gut. Weiterhin problematisch sind Mikroverunreinigungen wie hormonaktive Stoffe oder Pestizide in Schweizer Seen und Flüssen. Dabei stellen sich insbesondere Fragen zur Finanzierung der Abwasserreinigung. Viele Fliessgewässer können jedoch ihre natürlichen Funktionen nicht mehr umfassend wahrnehmen, da sie in ihrer Struktur beeinträchtigt sind.

Die Waldfläche hat zwischen 1995 und 2006 um knapp 5 Prozent zugenommen.

Eine wichtige Herausforderung in den nächsten Jahren ist, die steigende Nachfrage 29

30 31

32 33 34

z.B.: Zwischen 1900 und 2010 betrug der Flächenverlust für Auen 36 %, für Moore 82 % und für Trockenwiesen und -weiden 95 %. Betrachtet man für die Auen den Zeitraum von 1850 bis heute, betragen die Flächenverluste über 70 %. Quelle: Lachat et al. 2010.

SR 0.451.43 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (SR 451); Jagdgesetz vom 20. Juni 1986 (SR 922.0); Bundesgesetz vom 21. Juni 1991 über die Fischerei (SR 923.0); Landwirtschaftsgesetz vom 29. April 1998 (SR 910.1); Waldgesetz vom 4. Oktober 1991 (SR 921.0); Gewässerschutzgesetz vom 24. Januar 1991 (SR 814.20).

Lachat et.al (2010): Wandel der Biodiversität in der Schweiz seit 1900.

BAFU (2012): Strategie Biodiversität Schweiz.

BAFU (2012): Strategie Biodiversität Schweiz: Aktionsplan wird mit den betroffenen Kreisen lanciert, Medienmitteilung.

5591

nach Holz ökonomisch sinnvoll und ökologisch verträglich zu decken. Gleichzeitig müssen die Schutzfunktion des Waldes sowie die Nutzung als Erholungsraum sichergestellt werden.

Naturgefahren haben in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich grosse Schäden verursacht, und das Ausmass der Schäden bei Naturkatastrophen nimmt tendenziell zu. Für die Vorbeugung gegen Naturgefahren werden pro Jahr rund 2,9 Milliarden Franken oder 0,6 Prozent des Bruttoinlandprodukts ausgegeben.35 Am meisten Mittel werden für den Hochwasserschutz und die Sturmsicherung aufgewendet.

Die Gesamtmenge an Siedlungsabfällen steigt von Jahr zu Jahr an. Im Jahr 2009 fielen insgesamt 700 kg Abfall pro Person an. Dabei sind auch die Zusammenhänge mit dem zunehmenden Materialverbrauch und Massnahmen für ein verbessertes Recycling und damit geschlossene Stoffkreisläufe zu betrachten. Die Auswertung des nationalen Katasters der belasteten Standorte zeigt, dass in der Schweiz insgesamt rund 38 000 belastete Standorte bestehen, davon rund 60 Prozent im Bereich von nutzbarem Grundwasser. Insgesamt rechnet man mit rund 4000 sanierungsbedürftigen Standorten («Altlasten»), wovon über 700 bereits saniert wurden.36 Die Immissionsgrenzwerte für die nichtionisierende Strahlung werden in der Regel eingehalten. Durch den steigenden Stromverbrauch und die starke Ausdehnung der mobilen Telekommunikation hat die nichtionisierende Strahlung jedoch stark zugenommen.

Stark zurückgegangen ist in den letzten Jahren die chemische Belastung mit Schadstoffen wie Schwermetallen, Dioxinen, PCB und weiteren persistenten organischen Verbindungen. Allerdings gelangen laufend neue Chemikalien auf den Markt, über deren Wirkung und Verhalten in der Umwelt oft wenig bis gar nichts bekannt ist. Sie stellen eine potenzielle Gefahr für die Umwelt dar. Dasselbe gilt für hormonaktive Stoffe und Nanomaterialien sowie für den Einsatz von genetisch veränderten und krankheitserregenden Organismen.

4.2

Zentrale Ansatzpunkte aus Umweltsicht

In vielen Umweltbereichen ist der Umgang mit den natürlichen Ressourcen nicht nachhaltig (vgl. Ziff. 4.1). Als Treiber dieser Entwicklung spielen dabei insbesondere der nicht nachhaltige Bodenverbrauch und der steigende Energie- und Materialverbrauch (inkl. Rohstoffe) eine wichtige Rolle. Der zunehmende Verkehr ist insofern bedeutsam, weil dadurch gleichzeitig die Boden- und Energienachfrage zusätzlich verstärkt werden. In diesen Bereichen bestehen wichtige Ansatzpunkte für die Überprüfung von Fehlanreizen im Steuer- und Subventionssystem.37

35 36 37

Basis: Mittel der Jahre 2000­2005.

BAFU (2012): Erste landesweite Übersicht über die mit Abfällen belasteten Standorte liegen vor, Medienmitteilung.

BAFU und BFS (2011); OECD (2007): Umweltprüfberichte, Schweiz.

5592

4.2.1

Energie- und Materialverbrauch (inkl. Rohstoffe)

Der Endenergieverbrauch in der Schweiz ist heute so hoch wie noch nie.38 Er hat in der Schweiz zwischen 1990 und 2010 um knapp 10 Prozent zugenommen. 80 Prozent der in der Schweiz verbrauchten Energieressourcen stammen aus dem Ausland (Erdöl, Erdgas, Kohle sowie nukleare Brennelemente). Die Verbrennung und der Verbrauch fossiler Brenn- und Treibstoffe verursachen erhebliche Umweltbelastungen, deren externe Kosten nur teilweise internalisiert sind. Dadurch resultieren falsche Preissignale und ein aus gesellschaftlicher Sicht ineffizient hoher Energieverbrauch.

Zur Umsetzung des Entscheids zum Ausstieg aus der Kernenergie (vgl. Ziff. 2) hat der Bundesrat im April 2012 beschlossen, den Umbau des Energiesystems in zwei Etappen vorzunehmen. In einer ersten Etappe sollen die Effizienzpotenziale abgeholt werden, welche die Schweiz mit bereits heute vorhandenen oder absehbaren Technologien realisieren kann (Massnahmen Energiestrategie 2050). Dazu werden neben dem Einsatz unterschiedlicher Regulierungsinstrumente vor allem bestehende Förderinstrumente ausgebaut. Für die Zeit nach 2020 sollen Vorschläge für eine ökologische Steuerreform konzipiert werden. Dabei steht insbesondere die Zusammenführung der CO2-Abgabe und des Zuschlags für die Einspeisevergütung zu einer einzigen Energieabgabe zur Diskussion.39 Neben dem Energieverbrauch nimmt auch der Materialverbrauch zur Deckung des Bedarfs der Schweizer Wirtschaft und der Schweizer Haushalte zu. Seit 1990 ist dieser um rund 15 Prozent gestiegen, der Import von fertigen Produkten hat um über die Hälfte zugenommen.40 Der Grossteil der Ressourcen, die in der Schweiz genutzt werden, ist nicht erneuerbar. Mit dem steigenden Ressourcenverbrauch sind zunehmende Umweltauswirkungen wie Schadstoffemissionen in Luft, Gewässern und Boden verbunden. Mehr als die Hälfte der Umweltbelastung des Schweizer Konsums fällt durch importierte Produkte im Ausland an, da nicht alle Phasen des Lebenszyklus eines Produkts (Produktion, Transport, Nutzung, Entsorgung) die Schweiz betreffen.41 Ein beachtlicher Auslandanteil der Umweltbelastung lässt sich auch in anderen europäischen Ländern beobachten.42 Der Anteil der Schweiz ist aber besonders hoch, weil sie eine kleine und offene Volkswirtschaft mit einem grossen Dienstleistungssektor ist und in der Schweiz die Umweltbelastung
bereits stark reduziert wurde. Pro Jahr und pro Kopf der Bevölkerung werden beispielsweise gegen 7 Tonnen Material importiert. Davon sind über ein Drittel fossile Energieträger. Rund ein Viertel sind nichtmetallische Mineralien (z. B. Kies, Zement) und je rund eine Tonne Biomasse (z. B. Nahrungsmittel, Holz) und Metalle.43 Dieser Wert hat seit 1990 um 14 Prozent zugenommen. Ökologisch relevant sind diese Entwicklungen, da mit zunehmender Nachfrage nach Rohstoffen die Umweltbelastungen durch Abbau, Transport, Verarbeitung und Entsorgung weiter steigen werden.

38 39 40 41 42 43

BFE (2011): Energieverbrauch so hoch wie noch nie, Medienmitteilung.

EFD (2012): Energiestrategie 2050 und ökologische Steuerreform, Medienmitteilung.

BAFU und BFS (2011) Jungbluth N., Nathani C., Stucki M., Leuenberger M. (2011): Gesamt-Umweltbelastung durch Konsum und Produktion der Schweiz.

European Commission (2012): Life cycle indicators for waste management.

BFS: Umweltbezogene Abgaben, Umweltgesamtrechnung BFS.

5593

Mit seiner Antwort auf die Volksinitiative «Grüne Wirtschaft» und mit dem Aktionsplan «Grüne Wirtschaft» will der Bundesrat deshalb Rahmenbedingungen schaffen, um den Druck auf die natürlichen Ressourcen über den gesamten Lebensweg verringern zu können.

4.2.2

Bodenverbrauch und -belastung

Der fortschreitende Bodenverbrauch, also die Versiegelung des Bodens für Siedlungs-, Verkehrs- und Infrastrukturzwecke, beträgt weiterhin annähernd einen Quadratmeter pro Sekunde. Die Siedlungsfläche in der Schweiz hat sich in den letzten beiden Jahrzehnten zulasten der Landwirtschaftfläche ausgedehnt. Die Zahl der Haushalte in der Schweiz wächst schneller als die ständige Wohnbevölkerung, und pro Person wird laufend mehr Wohnfläche beansprucht.44 Die bauliche Flächennutzung geht einher mit einer partiellen Versiegelung des Bodens. Die Bodenversiegelung führt dazu, dass der Boden seine natürliche ökologische Funktion als Speicher und Filter nur noch eingeschränkt erfüllen kann. Auch der Trend zur Zersiedelung der Landschaft hält weiterhin an. Dies hat externe Kosten wie z. B. Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes, der ökologischen Bodenfunktionen, Verlust und Zerschneidung von Kulturland, Freiflächen und Naherholungsgebieten sowie von Lebensräumen, die für die Biodiversität wichtig wären, zur Folge. Ausserdem führt dies zu einer wachsenden räumlichen Trennung von Wohn- und Arbeitsort45, was zu einem verstärkten Verkehrsaufkommen und damit zu Luftverschmutzung und Lärmbelastung führt.

Diese Kosten werden nur unvollständig im Marktpreis abgebildet. Die Nichtinternalisierung von Infrastrukturkosten steigert die Attraktivität für flächenintensives Wohneigentum und begünstigt die anhaltende Ausdehnung der Siedlungsflächen in einem volkswirtschaftlich ineffizienten Ausmass.

Exkurs: Flächennutzungsabgabe Mit einer Flächennutzungsabgabe würden bestehende raumplanerische Vorschriften und Gebote durch fiskalische Anreize verstärkt.46 Das Instrument hat als Lenkungsabgabe nicht das Ziel, den Grundbesitz per se zu belasten, sondern die ökologisch und raumplanerisch unvorteilhafte bauliche Nutzung der Fläche.

Eine Verteuerung der baulichen Flächennutzung schafft den finanziellen Anreiz zu verdichtetem Neubau sowie zu einer Nachverdichtung in bestehenden Bauzonen. Damit werden der bauliche Flächenverbrauch und die Zersiedelung gebremst und der haushälterische Umgang mit der knappen Ressource Boden gefördert. Aus volkswirtschaftlicher Sicht entstehen so Wohlfahrtsgewinne, indem externe Kosten internalisiert werden.

44 45 46

BFS (2013): Anzahl und Grösse der Haushalte, Umweltindikatorensystem BFS.

BAFU und BFS (2011) B,S,S. Volkswirtschaftliche Beratung, Studie im Auftrag des BAFU (2012): Abgaben für eine ökologische und haushälterische Flächennutzung.

5594

Mit der Zustimmung des Souveräns am 3. März 2013 zur Teilrevision des RPG wird bereits die gleiche Stossrichtung verfolgt. Das Anliegen, die Zersiedlung zu stoppen und die Landschaft zu schützen, wurde so bekräftigt. Mit der im RPG vorgesehenen Mehrwertabgabe erhalten die Kantone und Gemeinden künftig mindestens 20 Prozent des Mehrwerts, der bei der Überführung von Landwirtschaftsland in Bauland entsteht. Vor diesem Hintergrund wird die Einführung einer Flächennutzungsabgabe zurzeit nicht als nötig erachtet.

4.2.3

Verkehr

Das zunehmende Bedürfnis nach Mobilität hat stetig wachsende Verkehrsströme zur Folge. Seit 1970 hat sich die Verkehrsleistung des privaten motorisierten Strassenverkehrs in der Schweiz fast verdoppelt. Für drei Viertel aller Wegstrecken werden heute private Motorfahrzeuge benutzt; öffentliche Verkehrsmittel haben einen Anteil von 18 Prozent. Im gleichen Zeitraum hat sich der Strassengüterverkehr verdreifacht. Eine Zunahme ist auch im Luftverkehr festzustellen.47 Der Verkehr verursacht erhebliche Umweltbelastungen. Über 35 Prozent der gesamten CO2-Emissionen der Schweiz48 werden durch den Verkehr produziert, und der Treibstoffverbrauch hat in den letzten Jahren weiter zugenommen. Zudem belastet der Verkehr die Luft mit Stickstoffdioxid (NO2) und Feinstaub (PM10). Auch bei der Lärmbelastung ist der Verkehr die Hauptursache. Verkehrsinfrastrukturen (in erster Linie Strassen, aber auch gut ausgebaute Bahnnetze) zerschneiden die Landschaft, fördern die Zersiedelung (Flächenverbrauch) und tragen wesentlich zur Zerstörung natürlicher Lebensräume und zur Beeinträchtigung des Landschaftsbildes bei.

Diese negativen Auswirkungen werden meist nicht von den Verursachenden selbst, sondern von Dritten ­ in der Regel von der Allgemeinheit ­ getragen (externe Kosten, vgl. Ziff. 4). Allein der inländische Strassen- und Schienenverkehr verursacht pro Jahr über 4 Milliarden Franken an externen Kosten. Davon fallen rund 95 Prozent im Strassenverkehr an.49 Die umweltschädigenden Auswirkungen des Verkehrs können durch eine stärkere Orientierung der Infrastrukturfinanzierung am Verursacherprinzip eingedämmt werden. Es stellen sich Finanzierungsfragen für die Infrastrukturen von Strasse und Schiene. Der Bundesrat hat dazu Vorschläge ausgearbeitet, die eine höhere Kostendeckung durch die Verursacher vorsehen (vgl. Ziff. 2).

47 48

49

BAFU und BFS (2011).

Nicht darin enthalten sind die Emissionen des internationalen Flugverkehrs. Unter Berücksichtigung der CO2-Emissionen aus dem in der Schweiz getankten Kerosen würden die Verkehrsemissionen um rund einen Viertel höher ausfallen.

Ott W., Baur M., Iten R., Vettori A. (2005).

5595

5

Fehlanreize im bestehenden Steuer- und Subventionssystem

In dieser Ziffer wird das Steuer- und Subventionssystem des Bundes auf potenziell umweltschädliche Fehlanreize durchleuchtet. Die Untersuchung konzentriert sich auf bestehende Steuern und Subventionen in der Kompetenz des Bundes. Einleitend werden die methodischen Grundlagen dargelegt (Ziff. 5.1). Danach werden diejenigen Steuern (bzw. Steuervergünstigungen) und Subventionen dargestellt, bei denen ein ökologischer Fehlanreiz festgestellt wurde (Ziff. 5.2).

Anhang 2 gibt einen umfassenden Überblick über die potenziellen Fehlanreize des Steuer- und Subventionssystems, die in einer Vorprüfung identifiziert und untersucht wurden. Die Liste wurde breit angelegt mit dem Ziel, eine möglichst umfassende Übersicht über die möglichen Fehlanreize und die entsprechenden Massnahmen zu deren Korrektur zu gewinnen.

5.1

Methodische Grundlagen

Identifikation von ökologischen Fehlanreizen Zu klären ist vorab die Frage, wann eine Steuer oder Subvention einen ökologischen Fehlanreiz aufweist. Gemäss dem Synthese-Bericht der OECD zu umweltschädlichen Subventionen50 ist die Identifizierung von ökologischen Fehlanreizen eine schwierig zu lösende Aufgabe, weil eine umfassende Untersuchung der Umweltwirkungen komplexe Gleichgewichts-Modelle bedingen würde. Aus Kosten-/Nutzen-Überlegungen empfiehlt die OECD deshalb ein pragmatischeres Vorgehen.

Die OECD selbst hat 2007 bei der Erarbeitung des Umweltprüfberichts für die Schweiz51 aufgrund methodologischer und statistischer Schwierigkeiten auf eine Identifizierung und Quantifizierung der potenziell umweltschädlichen Subventionen verzichtet. Die Verfasser halten aber fest, dass eine Subvention als potenziell umweltschädlich einzustufen ist, wenn dadurch mehr Abfall und mehr Emissionen entstehen als ohne Subvention. Dasselbe gilt für Subventionen, die einen höheren Ressourcenverbrauch zur Folge haben oder negative Auswirkungen auf die Biodiversität verstärken.

Das Umweltbundesamt Deutschland hat eine Studie über «Umweltschädliche Subventionen in Deutschland» veröffentlicht.52 Die Studie wurde 2008 erstmals erstellt und 2010 in einer aktualisierten Version publiziert.53 Das Umweltbundesamt wählt bei der Prüfung potenziell umweltschädlicher Subventionen ebenfalls einen pragmatischen Ansatz und beschränkt sich bei der Identifizierung auf bestimmte natürliche Ressourcen sowie auf jene Bereiche, in denen die grössten Umweltprobleme bestehen.

Wie in Ziffer 3 gezeigt wurde, sind die meisten Steuern der Schweiz nicht umweltbezogen. Trotzdem können sie ökologische Fehlanreize aufweisen. Hauptgrund dafür sind die Steuervergünstigungen: Die damit verbundene steuerliche Bevorzu50 51 52 53

Valsecchi C. et al. (2009): Environmentally Harmful Subsidies, Identification and Assessment.

OECD (2007): Umweltprüfberichte, Schweiz.

Umweltbundesamt Deutschland (2008): Umweltschädliche Subventionen in Deutschland.

Umweltbundesamt Deutschland (2010): Umweltschädliche Subventionen in Deutschland.

5596

gung gewisser Aktivitäten hat dieselbe Wirkung wie eine Subvention, aber die damit verbundenen Einnahmenausfälle sind nur schwer quantifizierbar und entziehen sich der parlamentarischen Steuerung im Budget. Neben den Steuerabzügen kann auch eine Nichtunterstellung unter eine Steuer oder eine Zweckbindung der Einnahmen54 ökologische Fehlanreize begünstigen.

Auf Grundlage dieser Überlegungen wurde für die Identifikation von ökologischen Fehlanreizen im vorliegenden Bericht folgende Definition angewandt:55 Eine Steuer oder Subvention enthält dann einen ökologischen Fehlanreiz, wenn davon ausgegangen werden kann, dass sie ­ neben dem eigentlichen Ziel ­ umweltschädigendes Verhalten begünstigt und damit negative Auswirkungen auf einen oder mehrere Umweltbereiche zur Folge hat.

Die Existenz eines umweltschädlichen Elements wird nur dann als ökologischer Fehlanreiz beurteilt, wenn es sich um eine Nebenwirkung handelt. Die Ziele der Subventionen werden im Rahmen des vorliegenden Berichts nicht in Frage gestellt.

Aus der Tatsache, dass durch den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur bewusst eine Beeinträchtigung der Umwelt in Kauf genommen wird, wird deshalb kein Fehlanreiz abgeleitet.56 Ökologische Wirkung von Fehlanreizen Die Abschätzung der Wirkungen von Steuern und Subventionen auf das ökologische System ist komplex und mit Unsicherheiten verbunden. In der Regel kann dabei nicht auf bestehende Analysen oder Studien zurückgegriffen werden. Allgemein kann festgehalten werden, dass Produktion und Konsum sämtlicher Güter und Dienstleistungen einen potenziellen Einfluss auf die Umwelt haben. Diese Einflüsse können durch Steuern und Subventionen entweder verstärkt oder gemildert werden.

Die konkreten Umweltwirkungen hängen von der genauen Ausgestaltung der Steuer (Bemessungsgrundlage, Tarif, Steuervergünstigungen etc.), von Preiselastizitäten und von Vermeidungs- und Abwälzungsprozessen ab. Bei den Subventionen sind es ähnliche Faktoren, welche die Einschätzung der ökologischen Wirkung erschweren.

Diese ist bestimmt durch die Ausgestaltung (Höhe, Bedingungen usw.) und durch Mitnahmeeffekte.57 Die Identifizierung der ökologischen Auswirkungen einer Steuer oder Subvention wird zusätzlich durch die Komplexität ökologischer Zusammenhänge erschwert. Die Wirkungen sind selten auf einen einzelnen Umwelt54

55

56

57

Mit einer Zweckbindung wird ein Teil der Einnahmen für bestimmte Bundesaufgaben reserviert. Damit ist die Finanzierung der entsprechenden Ausgaben gesichert, da die Einnahmen nur für bestimmte Ziele verwendet werden dürfen. Es besteht daher eine gewisse Analogie zur Subvention.

Die Anzahl identifizierter Fehlanreize ist abhängig von der angewandten Definition. Die vorliegende Definition unterscheidet sich beispielsweise von derjenigen im Bericht «Fehlanreize im Mobilitätsbereich aus Sicht des Energieverbrauchs» [Ernst Basler & Partner und Ecoplan (2013), Studie im Auftrag des Bundesamtes für Energie (BFE)].

Unerwünschte Auswirkungen auf die Umwelt bei Bau und Betrieb von grossen Infrastrukturanlagen können mit geeigneten Massnahmen vermindert oder vermieden werden.

Seit 1986 muss deshalb bei geplanten Anlagen, die zu erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt führen können, eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchgeführt werden.

Zudem existieren für Projekte der Verkehrsinfrastruktur speziell angepasste Nachhaltigkeitsindikatoren (NIBA für Bahninfrastrukturprojekte und NISTRA für Strasseninfrastrukturprojekte).

Der Mitnahmeeffekt bezeichnet die Inanspruchnahme von Subventionen oder anderer finanzieller Anreize als Belohnung für ein Verhalten, das auch ohne den zusätzlichen Anreiz stattgefunden hätte.

5597

bereich beschränkt, sondern beeinträchtigen in den meisten Fällen mehrere Umweltbereiche gleichzeitig und in unterschiedlicher Ausprägung. Die Herleitung von Kausalzusammenhängen ist deshalb nicht immer möglich. Die von einzelnen Instrumenten ausgehenden ökologischen Wirkungen können aus diesem Grund nur grob geschätzt werden. Die Identifizierung und Darstellung von potenziell umweltschädlichen Fehlanreizen erfolgt - angesichts der genannten Schwierigkeiten - im vorliegenden Bericht rein qualitativ.

Datenbasis Gegenstand der Prüfung waren die Steuervergünstigungen gemäss Definition der Studie der ESTV58 und die Subventionen gemäss Definition in den Artikeln 2 und 3 des Subventionsgesetzes vom 5. Oktober 1990.59 Als Datengrundlage dienten die Liste der Steuervergünstigungen auf der Website der ESTV sowie die Subventionsdatenbank der EFV.60 Neben den Steuervergünstigungen wurden fallweise auch die Steuerausnahmen im Sinne einer Nichtunterstellung unter die Steuer untersucht.

Nicht analysiert wurden die nichtfiskalischen Einnahmen des Bundes. In diesem Bereich sind keine umweltrelevanten Fehlanreize zu erwarten, weil sie nicht zur Verhaltenslenkung eingesetzt werden.61 Die genannten Beträge sind Schätzungen der entgangenen Steuereinnahmen (Steuervergünstigungen) oder Angaben zur Höhe der Subventionen im Jahr 2012. Die Grössenordnung der Beträge gibt einen Hinweis auf die Bedeutung der damit verbundenen ökologischen Fehlanreize, sind jedoch nicht gleichzusetzen mit den dadurch verursachten ökologischen Kosten.

5.2

Steuern und Steuervergünstigungen

Die ESTV hat die Steuervergünstigungen beim Bund untersucht und die damit einhergehenden Einnahmenausfälle, sofern möglich, geschätzt. Im Februar 2012 wurde die Liste der Steuervergünstigungen beim Bund aktualisiert und auf der Website der ESTV veröffentlicht. Diese Liste ergänzt die Studie über Steuervergünstigungen und wird periodisch aktualisiert. Die von der ESTV identifizierten Steuervergünstigungen dienten im vorliegenden Bericht als Grundlage für die nachstehend aufgeführten umweltschädlichen Steuervergünstigungen. Sofern Mindereinnahmen aufgeführt sind, stützen sich diese auf die Angaben der Website der ESTV.

5.2.1

Direkte Bundessteuer

Bei der direkten Bundessteuer handelt es sich um eine Einkommenssteuer für natürliche Personen und eine Gewinnsteuer für juristische Personen. Die Einnahmen aus der direkten Bundessteuer betrugen 2012 rund 18,3 Milliarden Franken.

58 59 60 61

ESTV (2010): Welche Steuervergünstigungen gibt es beim Bund? Eine Studie der Eidgenössischen Steuerverwaltung.

SR 616.1 www.estv.admin.ch; www.efv.admin.ch Der Bereich der nichtfiskalischen Einnahmen gliedert sich in folgende Einnahmenbereiche: Regalien und Konzessionen, Entgelte (u. a. Gebühren), Verschiedener Ertrag (bestehend aus diversen Immobilienerträgen und Gewinnen auf immateriellen Anlagen oder Erträgen aus Drittmitteln und Kofinanzierungen), Finanzertrag und Investitionseinnahmen.

5598

Fahrkostenabzug und zu tiefe Festsetzung des Eigenmietwertes Bei den natürlichen Personen haben die beiden folgenden Abzüge potenziell umweltschädliche Auswirkungen: ­

Abzüge für Fahrkosten zwischen Wohn- und Arbeitsort62 (geschätzte Mindereinnahmen: 500 Mio. Fr.)63;

­

Steuerliche Wohneigentumsförderung durch zu tiefe Festsetzung des Eigenmietwerts64 (geschätzte Mindereinnahmen: 235 Mio. Fr.)65.

Beide Abzüge führen zu ökologisch problematischen Verhaltenssignalen, durch eine Senkung der Mobilitätskosten im ersten und einer Senkung der Wohnkosten im zweiten Falle. Dies führt tendenziell zu erhöhtem Bodenverbrauch sowie verstärkter Zersiedelung und steht somit einer haushälterischen Bodennutzung entgegen. Ausserdem besteht die Gefahr, dass dadurch die Emissionen des Verkehrs erhöht werden.

Eine Abschaffung des Fahrkostenabzuges würde den grössten Gewinn hinsichtlich Beseitigung des Fehlanreizes bringen. Der Bundesrat hat mit seiner Botschaft vom 18. Januar 201266 zur Volksinitiative «Für den öffentlichen Verkehr» und zum direkten Gegenentwurf (Bundesbeschluss über die Finanzierung und den Ausbau der Eisenbahninfrastruktur, FABI) die Festsetzung einer Obergrenze des Fahrkostenabzuges vorgesehen. Dies entspricht einer Reduzierung des Fehlanreizes.

Der Bundesrat hat in Beantwortung der Motion Streiff-Feller (12.3778) einen Systemwechsel bei der Eigenmietwertbesteuerung grundsätzlich befürwortet.67 Reformen der Wohneigentumsbesteuerung hatten in der Vergangenheit einen schweren Stand. So sind in den letzten 13 Jahren drei Vorlagen an der Urne gescheitert, welche die geltende Besteuerung des Eigenmietwerts in unterschiedlicher Form zur Diskussion stellten. Vor diesem Hintergrund haben für den Bundesrat andere Projekte im Steuerbereich entsprechend höhere Priorität.

5.2.2

Mehrwertsteuer

Die Mehrwertsteuer ist eine Konsumsteuer, die auf Gütern und Dienstleistungen erhoben wird. Die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer betrugen 2012 rund 22 Milliarden Franken.

62 63

64 65

66 67

Art. 26 Abs. 1 Bst. a des Bundesgesetzes vom 14. Dez. 1999 über die direkte Bundessteuer (DBG, SR 642.11).

Bezüglich der Einteilung als Steuervergünstigung werden gerade die Fahrkosten in der Literatur unterschiedlich beurteilt. Die ESTV hat, mangels allgemein gültiger Kriterien, den Fahrkostenabzug als Steuervergünstigung klassifiziert, da sie die Haushalte als mobil einstuft. Die Entfernung zum Arbeitsort wäre somit frei wählbar und wird entsprechend als privater Konsum und nicht als Gewinnungskosten beurteilt.

Art. 21 Abs. 2 DBG Eine Prüfung der Schätzung hat ergeben, dass die Mindereinnahmen deutlich höher liegen dürften. Neue Zahlen sind im Laufe des Jahres 2013 im Rahmen der periodischen Aktualisierung zu erwarten.

BBl 2012 1577 Der Nationalrat hat am 22. März 2013 die Motion abgelehnt. Sie ist damit erledigt.

5599

Steuerausnahme von Mieten und Eigenmietwert Die Steuerausnahme im Bereich von Verkauf und Vermietung von Immobilien und Wohnraum68 führt dazu, dass Wohnen gegenüber anderen durch die Mehrwertsteuer belasteten Gütern fiskalisch bevorzugt wird. Dies trägt dazu bei, dass zu viele natürliche Ressourcen für den Wohnungsbau eingesetzt, zu viel Energie für die Wohnungsnutzung benötigt und der Bodenverbrauch gefördert werden. Die Steuerausnahmen werden deshalb als Fehlanreize beurteilt, obschon sie als unecht befreit gelten, da die Vorsteuer auf Bauinvestitionen nicht abgezogen werden kann. Die Mindereinnahmen aufgrund der Steuerbefreiung werden auf ungefähr 2 Milliarden geschätzt.

Bei einer ökologisch konsequenten Reform der Mehrwertsteuer müssten Mieten und Eigenmietwert der Mehrwertsteuer unterstellt werden. Aus politischen Gründen wurde in der vom Parlament abgelehnten Mehrwertsteuervorlage für einen Einheitssatz auf eine Unterstellung von Mieten und Eigenmietwert unter die Mehrwertsteuer verzichtet, und dies wurde auch nicht in die vom Parlament verlangte «Rückweisungsvorlage» bzw. Zusatzbotschaft zur Vereinfachung der Mehrwertsteuer (ZweiSatz-Modell)69 aufgenommen.

Exkurs: Differenzierung der Mehrwertsteuer nach ökologischen Kriterien Über die Abschaffung potenziell umweltschädlicher Ausnahmen hinaus ist die Mehrwertsteuer kein geeignetes Instrument zur ökologischen Lenkung. In der politischen Diskussion werden Mehrwertsteuer-Sondersätze für besonders umweltschädliche Güter oder allgemein eine Abstufung der Mehrwertsteuer nach der ökologischen Qualität der betreffenden Güter gefordert. Die Wertschöpfung (Umsatz minus Vorleistungen) ist aber nur in den seltensten Fällen eine geeignete Steuerbemessungsgrundlage, um die richtigen Signale für ein umweltoptimales Verhalten der Produzenten und Konsumenten zu liefern. Aus Effizienzsicht sollte die Bemessungsgrundlage der Mehrwertsteuer möglichst breit sein, und es sollte im Idealfall ein einziger Steuersatz angewendet werden. Dadurch könnten Verzerrungen minimiert sowie Erhebungs- und Entrichtungskosten gesenkt werden. Ökologische Ziele wären über spezielle Verbrauchssteuern und Lenkungsabgaben sicherzustellen, aber nicht über eine differenzierte Mehrwertsteuer.

5.2.3

Mineralölsteuer

Die Mineralölsteuer ist eine fiskalisch orientierte Verbrauchssteuer70 und umfasst:

68 69 70

­

eine Mineralölsteuer auf Erdöl, anderen Mineralölen, Erdgas und den bei ihrer Verarbeitung gewonnenen Produkten sowie auf Treibstoffen;

­

einen Mineralölsteuerzuschlag auf Treibstoffen.

Art. 21 Abs. 2 Ziff. 20 und 21 des Mehrwertsteuergesetzes vom 12. Juni 2009 (SR 641.20).

BBl 2013 1481 Vgl. Art. 1 i.V.m. Art. 3 des Mineralölsteuergesetzes vom 21. Juni 1996 (MinöStG, SR 641.61).

5600

Die Mineralölsteuer ergab 2012 Einnahmen von 5 Milliarden, was 8 Prozent der gesamten Bundeseinnahmen entspricht. Davon entfallen 3 Milliarden auf die Mineralölsteuer und 2 Milliarden auf den Mineralölsteuerzuschlag. Die Hälfte der Mineralölsteuer und der gesamte Mineralölsteuerzuschlag sind für Aufgaben im Zusammenhang mit dem Strassen- und (in geringerem Mass) mit dem Luftverkehr zweckgebunden. Der Rest des Reinertrags ist für allgemeine Aufwendungen des Bundeshaushaltes bestimmt.

Zweckbindung der Mineralölsteuereinnahmen Der mit der Zweckbindung erreichten Annäherung an eine Benutzerfinanzierung ist eine relativ hohe Verursachergerechtigkeit nicht abzusprechen. Die typischen Vorteile von echten Benutzergebühren (optimale Ausschöpfung der Zahlungsbereitschaft; nachfragegerechte Mittelverwendung; Steuerung der Nachfrage z. B. durch Abgabendifferenzierung nach Strecke und Zeit) lassen sich aber nicht erschliessen.

Vielmehr droht das sogenannte «Rent Seeking», d. h. die Anspruchsgruppen versuchen, einen möglichst grossen Teil der knappen Mittel zum eigenen Vorteil zu sichern. Das Resultat ist eine Anspruchsinflation statt einer Nutzenmaximierung.

Dies kann zu einer Spirale führen, sodass mehr Verkehr zu mehr Strassen führt und umgekehrt.

Steuerbefreiung des internationalen Flugverkehrs Aufgrund von internationalen Vereinbarungen (Übereinkommen vom 7. Dezember 194471 über die internationale Zivilluftfahrt, sog. Chicago-Übereinkommen) wird der Treibstoff für den internationalen Luftverkehr steuerfrei abgegeben.72 Durch die Steuerbefreiung von Flugzeugen mit internationaler Destination und nationalen Anschlussflügen73 (geschätzte Mindereinnahmen: 1,3 Mrd.) wird der Flugverkehr verbilligt, was ceteris paribus die Nachfrage vergrössert. Dies ist aus ökologischer Sicht unerwünscht und wird entsprechend als Fehlanreiz eingestuft.

Rückerstattungen der Mineralölsteuer und des Mineralölsteuerzuschlags Im Bereich der Steuervergünstigungen ist die teilweise Rückerstattung der Mineralölsteuer und die vollständige Rückerstattung des Mineralölsteuerzuschlags an die konzessionierten Transportunternehmen74 sowie an die Landwirtschaft, die Forstwirtschaft, den Naturwerkstein-Abbau und die Berufsfischerei75 als Fehlanreiz einzustufen.

Die Rückerstattung erfolgt ­ mit Ausnahme der Land- und der Forstwirtschaft
­ auf Basis der verbrauchten Menge. Dies senkt die Kosten pro verbrauchten Liter (Grenzkosten), was einen Fehlanreiz zum Mehrverbrauch darstellt. Im Fall der Landwirtschaft wird die Rückerstattung auf Basis eines Normverbrauchs nach der bewirtschafteten Kulturfläche bzw. dem Tierbestand vorgenommen, im Bereich der Forstwirtschaft aufgrund der gefällten, aufgerüsteten oder transportierten Holzmenge und je Hektare Wald. Damit werden die durchschnittlichen Produktions71 72

73 74 75

SR 0.748.0 Inlandflüge unterliegen dagegen der Mineralölsteuer. Seit 2012 werden die Erträge der «Spezialfinanzierung Luftverkehr» (SFLV) zugeführt. Davon müssen 25 % zwingend als Finanzhilfe für Massnahmen im Umweltbereich verwendet werden.

Art. 17 Abs. 2 Bst. a und b MinöStG Art. 17 Abs. 3 MinöStG Art. 18 Abs. 2 MinöStG

5601

kosten gesenkt (nicht die Grenzkosten), was den Fehlanreiz mildert. Die geschätzten Mindereinnahmen betragen pro Jahr 68 Millionen bei den konzessionierten Transportunternehmen und total 67 Millionen bei der Landwirtschaft, der Forstwirtschaft, dem Naturwerkstein-Abbau und der Berufsfischerei.

5.2.4

Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe

Die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe76 (LSVA) ist eine vom Gesamtgewicht, der Emissionsstufe sowie den gefahrenen Kilometern in der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein abhängige eidgenössische Abgabe. Die Einnahmen belaufen sich auf jährlich rund 1,5 Milliarden. Diese werden zu maximal zwei Dritteln in den Fonds für Eisenbahngrossprojekte (FinöV-Fonds) eingelegt und zu einem Drittel den Kantonen ausgeschüttet.

Steuerbefreiung von landwirtschaftlichen Fahrzeugen Das wichtigste Ziel der LSVA besteht darin, durch die Anlastung externer Kosten Gütertransporte auf der Strasse zu verteuern und auf die Bahn umzulagern. Die Schwerverkehrsabgabeverordnung vom 6. März 200077 (SVAV) sieht eine Reihe von Ausnahmen vor,78 unter anderem für landwirtschaftliche Fahrzeuge. Der Fehlanreiz besteht darin, dass Eigentümer der ausgenommenen Fahrzeuge nicht für die ungedeckten Kosten aufkommen müssen. Durch diese Ausnahmen entstehen jedoch relativ geringe ökologische Verzerrungen, da die ausgenommenen Fahrzeuge in der Regel nicht für den Gütertransport verwendet werden und diese Bereiche eher nicht für eine Umlagerung auf die Schiene in Frage kommen.

Nichtunterstellung von leichten Transportfahrzeugen Ein Fehlanreiz besteht zudem beim eigentlichen Abgabeobjekt gemäss Artikel 2 SVAV. Fahrzeuge für Gütertransporte unter 3,5 t (d. h. Lieferwagen und leichte Sattelschlepper) sind nicht der LSVA unterstellt. Damit werden Umlagerungen auf grössere Gefässe oder die Bahn erschwert. Die Ausweitung der LSVA auf Lieferwagen würde schätzungsweise 270 Millionen an zusätzlichen Einnahmen generieren. Die Einnahmen wären im Vergleich zu denjenigen der Lastwagen (ca. 1,5 Mrd.)

relativ bescheiden.

Exkurs: Differenzierung der Automobilsteuer nach ökologischen Kriterien Bei einer gewünschten ökologischen Ausrichtung der Automobilsteuer wäre der Wert des Automobils kein brauchbarer Indikator. Eine Abstufung der Automobilsteuer nach Verbrauch oder Emissionsausstoss wäre zielführender. Der Kanton Bern forderte mit der Einreichung der Standesinitiative 05.309 die Einführung einer Automobilsteuer auf Bundesebene im Sinne eines Bonus-MalusSystems. Damit sollen energieeffiziente und umweltfreundliche Fahrzeuge

76 77 78

Vgl. Bundesgesetz vom 19. Dezember 1997 über eine leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (SR 641.81).

SR 641.811 Art. 3 Abs. 1 Bst. d SVAV

5602

gefördert werden. Die zuständigen parlamentarischen Kommissionen haben der Initiative Folge gegeben. Die UREK-S hat im September 2012 festgestellt, dass seit Einreichung der Initiative viele Kantone in eigener Kompetenz Bewertungssysteme eingeführt haben, die energieeffiziente und emissionsarme Fahrzeuge bevorzugen. Positiv bewertet wurde auch die Übernahme der Zielwerte der EU bei den CO2-Emissionen im Rahmen der revidierten CO2-Gesetzgebung. Die Kommission war deshalb der Ansicht, dass diesbezüglich kein weiterer Handlungsbedarf besteht. Die Standesinitiative wurde am 14. Dezember 2012 vom Ständerat abgeschrieben.

5.3

Subventionen

5.3.1

Überblick

Subventionen sind gemäss Artikel 2 SuG Finanzhilfen und Abgeltungen. Sie werden wie folgt definiert (Art. 3 SuG): ­

Finanzhilfen sind geldwerte Vorteile, die Empfängern ausserhalb der Bundesverwaltung gewährt werden, um die Erfüllung einer vom Empfänger gewählten Aufgabe zu fördern oder zu erhalten. Geldwerte Vorteile sind insbesondere nichtrückzahlbare Geldleistungen, Vorzugsbedingungen bei Darlehen, Bürgschaften sowie unentgeltliche oder verbilligte Dienst- und Sachleistungen.

­

Abgeltungen sind Leistungen an Empfänger ausserhalb der Bundesverwaltung zur Milderung oder zum Ausgleich von finanziellen Lasten, die sich ergeben aus der Erfüllung von bundesrechtlich vorgeschriebenen Aufgaben oder von öffentlich rechtlichen Aufgaben, die dem Empfänger vom Bund übertragen worden sind.

Gemäss Botschaft zur Rechnung 201279 richtet der Bund auf der Basis von rund 300 Tatbeständen in Verfassung und Gesetzen Subventionen von 35,2 Milliarden aus.

Die Subventionen umfassen damit mehr als die Hälfte der jährlichen Bundesausgaben. Sie verteilen sich auf insgesamt 12 Aufgabengebiete. Im Rechnungsjahr 2012 richtete der Bund den grössten Teil der Subventionen, nämlich 46,3 Prozent, im Aufgabengebiet der sozialen Wohlfahrt aus. Mit 17,0 Prozent deutlich geringer ist der Anteil, der auf den Bereich Bildung und Forschung entfällt, gefolgt vom Verkehr, der Landwirtschaft und den Beziehungen zum Ausland. Auf die übrigen Aufgabengebiete entfallen Anteile von je einem Prozent oder weniger (vgl. Grafik).

79

Bundesrat (2013): Botschaft vom 27. März 2013 zur Staatsrechnung der Schweizerischen Eidgenossenschaft für das Jahr 2012.

5603

Subventionen des Bundes nach Aufgabengebieten gemäss Staatsrechnung 2012 Total Subventionen R 2012: 35,2 Mrd.

Übrige Aufgabengebiete 4.3% Landwirtschaft und Ernährung 10.2%

Beziehungen zum Ausland Internationale Zusammenarbeit 6.9%

Bildung und Forschung 17.0% Verkehr 15.3%

Soziale Wohlfahrt 46.3%

5.3.2

Aufgabengebiete mit potenziellen Fehlanreizen

Die identifizierten Ansatzpunkte (Verkehr, Bodenverbrauch und -belastung und Energie- und Materialverbrauch; vgl. Ziff. 4.2) lassen darauf schliessen, dass die potenziellen Fehlanreize in erster Linie in den Aufgabengebieten Verkehr, Landwirtschaft und Ernährung, Landesverteidigung und Wirtschaft80 liegen. Bei den restlichen nahezu 75 Prozent der Subventionen sind Fehlanreize eher unwahrscheinlich, weshalb sie nicht detailliert untersucht wurden.

Weiter wurden auch Subventionen ausgeschlossen, bei denen die ökologischen Auswirkungen (bzw. ökologische Fehlanreize) keinen unerwünschten Nebeneffekt darstellen, weil die Beeinträchtigung der Umwelt zwangsläufig mit dem Ziel zusammenhängt. Dies betrifft insbesondere das Aufgabengebiet Verkehr, wo der Bau und Unterhalt der Strassen- und Schieneninfrastruktur direkt zu einer Beeinträchtigung der Umwelt führen. Dasselbe gilt auch für den Bau von Gebäuden und teilweise bei der Tourismusförderung.81 So können Infrastrukturen mehr oder weniger umweltbeeinträchtigend erstellt werden.

Die Subventionen der übrigen Aufgabengebiete (Landwirtschaft und Ernährung, Landesverteidigung, Wirtschaft) wurden auf potenzielle Fehlanreize untersucht; die Ergebnisse sind im Anhang 2 festgehalten. Fallweise wurden auch Subventionen aus anderen Aufgabengebieten untersucht. Die Liste zeigt, dass die Mehrheit der potenziellen Fehlanreize in das Aufgabengebiet Landwirtschaft und Ernährung fällt. Die 80 81

Landesverteidigung und Wirtschaft werden in der Grafik unter «Übrige Aufgabengebiete» ausgewiesen.

Ecoplan (2010): Behebung von Fehlanreizen im Bereich Biodiversität

5604

restlichen Positionen verteilen sich auf die Landesverteidigung (Beiträge ausserordentliches Schiesswesen), Wirtschaft (Schweiz Tourismus, Neue Regionalpolitik) und Finanzen und Steuern (Finanzausgleich).

Exkurs: Übernahme privater Risiken durch den Staat Die Übernahme privater Risiken durch den Staat hat aus ökonomischer Sicht eine mit Subventionen vergleichbare Wirkung. Ein Beispiel mit Umweltrelevanz ist die Haftungsbeschränkung gemäss dem Kernenergiehaftpflichtgesetz vom 18. März 1983.82 Das Parlament hat im Jahr 2008 die internationalen Übereinkommen von Paris und Brüssel über die Haftung auf dem Gebiet der Kernenergie angenommen. Dies führte zu einer Erhöhung der obligatorischen Versicherungsdeckung von 1,0 auf 1,8 Milliarden Franken pro Standort. Gemäss Kernenergiehaftpflichtgesetz haften die AKW-Betreiber unbeschränkt, d. h. falls die Versicherungsdeckung nicht genügt, müssen die Betreiber mit ihrem Vermögen für den Schaden aufkommen. Da die Konzerne mehrheitlich den Kantonen gehören, wären diese haftbar. Die Beschränkung der Deckungssumme ist daher eine indirekte Subvention, die den Wettbewerb verfälscht. Da die Bewertung der möglichen Risikokosten jedoch höchst umstritten ist, wäre eine Lenkungsabgabe, vergleichbar mit der CO2-Abgabe, eine mögliche Alternative (z. B. Uranabgabe). Der Bundesrat hat im Jahr 2011 den schrittweisen Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen. Das Parlament hat diesen Entscheid bestätigt.

Die Einführung einer Lenkungsabgabe ist deshalb nicht vorgesehen.

5.3.3

Landwirtschaft und Ernährung

Die identifizierten ökologischen Fehlanreize aus Subventionen betreffen ausschliesslich das Aufgabengebiet Landwirtschaft und Ernährung. Zum einen besteht hier eine Vielzahl von Subventionstatbeständen; zum anderen ist die Umweltrelevanz der Landwirtschaft aufgrund des Flächenbedarfs und der involvierten Stoff-Flüsse (Dünger, Einsatz chemischer Produkte etc.) hoch. Untersuchungen zu den Subventionen in Deutschland ergeben ein ähnliches Bild.83 Gemäss Definition liegt dann ein ökologischer Fehlanreiz vor, wenn die Ausgestaltung einer Subvention neben ihrem eigentlichen Ziel umweltschädliches Verhalten begünstigt. Im landwirtschaftlichen Umfeld liegen solche Fehlanreize vor, wenn die Subvention Anreize für eine Mengenausweitung in der Produktion setzt. Dies aber nur dann, wenn diese Mengenausweitung nicht das Ziel der Subvention ist. Vor diesem Hintergrund werden die Landwirtschaftssubventionen wie folgt beurteilt: ­

82 83

Seit dem 1. Juni 2007 ist der Käsehandel zwischen der Schweiz und der EU vollständig liberalisiert. Das Ziel der Subvention ist eine Vergünstigung des Rohstoffs Milch für die Käseproduktion, damit die Käsebranche mit der Verwendung inländischer Rohstoffe wettbewerbsfähig bleibt. Die «Zulagen Milchwirtschaft» fördern jedoch die Milchproduktion und führen somit zu einer Erhöhung der Tierzahl, verbunden mit einer potenziellen Belastung der SR 732.44 Umweltbundesamt Deutschland (2010)

5605

Umwelt. Dies unter anderem durch die Herstellung und den Import von Futtermitteln, den Umgang mit Hofdünger und die Produktion klimarelevanter Gase (v. a. Methan). In der parlamentarischen Debatte zur Agrarpolitik 2014­2017 wurden die Zulagen Milchwirtschaft intensiv diskutiert und das Parlament hat den damit verbundenen Anreiz zur Milchproduktion bewusst in Kauf genommen.

­

Die meisten Programme (Flächen- und Hangbeiträge), die mit allgemeinen Direktzahlungen unterstützt werden, fördern die Produktion nur indirekt und sind daher weniger bedenklich. Problematisch sind die «Beiträge für Raufutter verzehrende Grossvieheinheiten» (RGVE-Beiträge) und die «Beiträge für die Tierhaltung unter erschwerenden Produktionsbedingungen» (TEP-Beiträge), welche einen Anreiz geben können, die Tierzahl über das Potenzial hinaus zu erhöhen. Das Ziel der Subvention ist die Sicherstellung der multifunktionalen Leistungen der Landwirtschaft, die mit den RGVEund den TEP-Beiträgen aus der ökologischen Betrachtungsweise nicht befriedigend verwirklicht wird. Entsprechend wird die Subvention als Fehlanreiz eingestuft. Im Rahmen der Weiterentwicklung der Agrarpolitik 2014­2017 (AP 14­17) werden sowohl die RGVE- als auch die TEPBeiträge ab 1. Januar 2014 abgeschafft.

Bei den übrigen Subventionen wurden keine relevanten Fehlanreize identifiziert (siehe Anhang 2 für eine Zusammenstellung der Begründungen).

Übersicht über Fehlanreize im Bereich der Subventionen, in Millionen Franken Kredit-Nummer

Subvention

Aufgabengebiet

Betrag 2012

A2310.0146

Zulagen Milchwirtschaft

298,0

A2310.0149 (Teil)

Beiträge für Raufutter verzehrende Grossvieheinheiten (RGVE-Beiträge) Beitrage für die Tierhaltung unter erschwerenden Produktionsbedingungen (TEP)

Landwirtschaft und Ernährung Landwirtschaft und Ernährung

503,4 351,5

Exkurs: Weiterentwicklung der Agrarpolitik 2014­2017 Der Bundesrat strebt mit der Weiterentwicklung der Agrarpolitik in den Jahren 2014­201784 nebst der Stärkung der landwirtschaftlichen Produktion und der Verbesserung des bäuerlichen Einkommens eine weitere Steigerung der Umweltleistungen an. Die Agrarpolitik wurde seit Anfang der 1990er-Jahre in vier Etappen weiterentwickelt. Mit der Reduzierung von Markteingriffen und dem Ausbau von Direktzahlungen konnten sowohl die Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität als auch die ökologischen und die ethologischen Leistungen (Haltungsbedingungen von Nutztieren) in der Landwirtschaft gesteigert werden.

Weiterer Verbesserungsbedarf sieht der Bundesrat jedoch unter anderem in 84

Bundesrat (2012): Botschaft vom 1. Februar 2012 zur Weiterentwicklung der Agrarpolitik in den Jahren 2014­2017, BBl 2012 2075

5606

den Bereichen natürliche Lebensgrundlagen, Kulturlandschaft und Tierwohl.

Gemäss Modellrechnungen werden mit der vom Bundesrat vorgeschlagenen Agrarpolitik 2014­2017 sowohl die Nahrungsproduktion als auch die ökologischen Leistungen zunehmen. Die Weiterentwicklung der Agrarpolitik wurde in der Frühjahrssession 2013 verabschiedet85 und tritt ab 2014 in Kraft.

Die im Rahmen der Botschaft durchgeführte Nachhaltigkeitsbeurteilung zeigt, dass mit der Weiterentwicklung der Agrarpolitik anspruchsvolle Etappenziele im ökologischen Bereich erreicht werden sollten. Kernelement ist dabei die Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems. Die Direktzahlungen sollen konsequent auf die damit verfolgten Ziele ausgerichtet werden. Mit über 2 Milliarden sind die Direktzahlungen betragsmässig die grösste der potenziell umweltschädlichen Subventionen. Die konsequente Ausrichtung dieser Subventionen auf die damit auch im Bereich Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen vorgegebenen Ziele beinhaltet auf der Gegenseite auch ein grosses positives Potenzial für die Umwelt. Mit den genannten positiven Effekten der Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems geht der Bundesrat davon aus, dass die Landwirtschaft der Erreichung der Umweltziele einen wichtigen Schritt näher kommt.86

5.4

Geprüfte Massnahmen

5.4.1

Überblick

Zur Korrektur ausgewählter ökologischer Fehlanreize wurden konkrete Massnahmen geprüft. Diese entsprechen einem Internalisierungsaufschlag und tragen damit dazu bei, dass die Wirtschaftssubjekte auch die externen Kosten ihrer einzelwirtschaftlichen Entscheidungen verstärkt in das ökonomische Entscheidungskalkül einbeziehen. Dadurch würde die Kostenwahrheit verbessert und die Umweltexternalitäten reduziert.

Die Auswahl der Massnahmen basiert auf mehreren Arbeitsschritten: In einem ersten Schritt wurde eine Liste von potenziellen ökologischen Fehlanreizen erarbeitet (vgl. Anhang 2). Auf dieser Basis wurden die wesentlichen Fehlanreize des Steuer- und Subventionssystems identifiziert (vgl. Ziff. 5.2 und 5.3). Diese können den umweltbelastenden Ansatzpunkten Bodenverbrauch und -belastung, Energieund Materialverbrauch (inkl. Rohstoffe) sowie Verkehr zugeordnet werden (vgl.

Ziff. 4.2).

Die ausgewählten Massnahmen betreffen ausschliesslich die Ansatzpunkte Verkehr und Energieverbrauch. Wie in den vorhergehenden Ziffern dargelegt, ist die Korrektur der grössten Fehlanreize entweder bereits Gegenstand anderer Vorlagen oder kann aufgrund internationaler rechtlicher Verpflichtungen nicht vorgenommen werden. Entsprechend ist das verbleibende Potenzial zur Verbesserung der ökologischen Anreizstruktur des bestehenden Steuersystems gering und auf den Verkehr beschränkt.

85 86

BBl 2013 2497 BAFU und BLW (2008): Umweltziele Landwirtschaft

5607

5.4.2

LSVA: Ausdehnung auf leichte Nutzfahrzeuge

Fehlanreiz Die ungedeckten Kosten des Schwerverkehrs mit Fahrzeugen über 3,5 t (z. B. Klima, Gesundheits- und Gebäudeschäden durch Luftschadstoffe) werden durch die LSVA annäherungsweise internalisiert. Gütertransporte mit Fahrzeugen unter 3,5 t (Lieferwagen und leichte Sattelschlepper) sind von dieser Abgabe ausgenommen und werden somit indirekt subventioniert, da sie für ihre ungedeckten Kosten nicht aufkommen. Die falschen Preissignale setzen Fehlanreize bei der Beschaffung und dem Einsatz der leichten Nutzfahrzeuge.

Mögliche Massnahme Die LSVA wird auf Güterfahrzeuge unter 3,5 t ausgeweitet. Damit würde ein Anreiz geschaffen, emissionsärmere Fahrzeuge zu beschaffen und die Logistik zu optimieren (Auslastung erhöhen, Leerfahrten vermeiden). Eine derartige Ausweitung bedürfte allerdings der Schaffung einer entsprechenden verfassungsrechtlichen Grundlage.

Beurteilung der Massnahme Die Berechnung der LSVA erfolgt auf dem Gesamtgewicht sowie den Fahrleistungen. Aufgrund von groben Berechnungen würde die Ausweitung der LSVA auf Lieferwagen schätzungsweise 270 Millionen Franken an zusätzlichen Einnahmen generieren.87 Die Einnahmen wären im Vergleich zu denjenigen der Lastwagen (ca. 1,5 Mrd. Fr.) relativ bescheiden. Offen bliebe das Instrument der Fahrleistungserhebung pro Fahrzeug. Der Einbau eines vergleichbaren Messgeräts wie bei den Lastwagen über 3,5 t (geeichter Tachometer) würde zu einem unverhältnismässigen Kostenaufwand führen, da in dieser Kategorie rund sechs Mal mehr Fahrzeuge in Betrieb sind.88 Alternativ wären Erhebungen über das Geolokalitätssystem (GPS) oder das Mobilfunknetz (GSM) aus technischer Sicht möglich. Bei diesen beiden Varianten sind jedoch juristische (Durchsetzbarkeit vor Gericht) und technische (Betrugssicherheit) Fragen noch nicht geklärt. Ähnliche Probleme ergeben sich bei der Erfassung ausländischer Fahrzeuge.89 Weitere Kosten entstehen durch die Aufwandsentschädigungen für den Vollzug durch die Kantone. Aktuell werden diese als Pauschale nach Anzahl der immatrikulierten Fahrzeuge entrichtet.90 Zudem müssten die Lieferwagen bei einer Ausweitung der LSVA folgerichtig auch keine Nationalstrassenabgabe mehr entrichten, was zu Einnahmeausfällen bei der Spezialfinanzierung des Strassenverkehrs im zweistelligen Millionenbereich führen würde. Der zu erwartende Rückgang der Fahrleistungen dürfte zudem relativ gering ausfallen.91

87

88 89

90 91

Schätzung: Gesamtfahrleistung leichter Nutzfahrzeuge [aus BAFU (2010): Luftschadstoffemissionen des Strassenverkehrs 1990­2035] × geschätztes durchschnittliches Gewicht × gemittelter LSVA-Ansatz (Euroklasse 3).

=>3,5 Mrd. km × 3 t × 0,26 Rp./tkm = 273 Mio. Fr.

Gemäss BFS waren im Jahr 2012 310 668 leichte Transportfahrzeuge immatrikuliert.

Vgl. auch Ausführungen zur elektronischen Vignette (e-Vignette) in EZV (2011): Änderung des Nationalstrassenabgabegesetzes im Rahmen der Anpassung des Bundesbeschlusses über das Nationalstrassennetz.

Aktuell werden die Kantone mit je 130 Fr. für die ersten 1000 Fahrzeuge entschädigt, die weiteren mit je 65 Fr.

Unter Berücksichtigung von Nachfrageeffekten rechnet die INFRAS mit einem Rückgang der Fahrleistung zwischen ­0,7 % (untere Grenze) und ­1,7 % (obere Grenze).

5608

Aus umweltpolitischer Sicht ist die Ausweitung der CO2-Emissionsvorschriften und der Energieetikette auf neue leichte Nutzfahrzeuge (LNF) möglicherweise eine geeignetere Alternative, damit Lieferwagen effizienter eingesetzt werden. Aufgrund der Energiestrategie 2050 wird nun geprüft, ob die Schweiz eine solche Vorschrift analog zur EU einführen soll und ob die Energieetikette auf leichte Nutzfahrzeuge ausgeweitet werden soll.92

5.4.3

LSVA: Ausdehnung auf landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge

Fehlanreiz Da die Landwirtschaft im Gegensatz zum Schwerverkehr nicht für die ungedeckten Kosten aufkommen muss, besteht eine indirekte Subvention. Dies kann zu Fehlanreizen führen.

Mögliche Massnahme Die Abgabebefreiung immatrikulierter landwirtschaftlicher Fahrzeuge (Art. 3 Abs. 1 Bst. d SVAV) wird aufgehoben.

Beurteilung der Massnahme Das Ziel der LSVA besteht darin, durch die Anlastung externer Kosten (Verursacherprinzip) Gütertransporte auf der Strasse zu verteuern und auf die Bahn umzulagern. Durch die Abgabebefreiung für die Landwirtschaft entstehen relativ geringe ökologische Verzerrungen, da es sich bei den ausgenommenen Fahrzeugen in der Regel nicht um Gütertransporte handelt und diese Bereiche eher nicht für eine Umlagerung auf die Schiene in Frage kommen. In der Botschaft zur LSVA hat der Bundesrat in der Zielsetzung festgehalten, dass nebst der Deckung der Infrastrukturkosten explizit auch eine stärkere Anlastung der externen Kosten (u. a. Lärm und Unfallkosten) an den Strassenverkehr angestrebt wird. Dies würde eher für eine Abschaffung dieser Ausnahme sprechen.

5.4.4

Mineralölsteuer und Mineralölsteuerzuschlag: Aufhebung der Rückerstattung

Fehlanreiz Die Rückerstattung der Mineralölsteuer und des Mineralölsteuerzuschlags an die konzessionierten Transportunternehmen (Art. 17 Abs. 3 MinöStG) sowie an die Land- und Forstwirtschaft, den Naturwerkstein-Abbau und die Berufsfischerei (Art. 18 Abs. 2 MinöStG) kann zu umweltpolitisch unerwünschten Verhaltensweisen führen.

92

Die EU führt ab dem Jahr 2014 CO2-Emissionsvorschriften für neue leichte Nutzfahrzeuge (LNF) ein. Die Hersteller von LNF werden dabei verpflichtet, die CO2-Emissionen von neuen LNF bis 2017 auf durchschnittlich 175 g/km zu reduzieren.

5609

Mögliche Massnahme Die Rückerstattung der Mineralölsteuer und des Mineralölsteuerzuschlags werden aufgehoben.

Beurteilung der Massnahme Die Mineralölsteuer ist eine interne Verbrauchssteuer, die bedingungslos geschuldet wird. Allein schon die Einfuhr, die Herstellung und die Gewinnung von Mineralöl in der Schweiz sind steuerpflichtig. Die Mineralölsteuer ist auch auf Treibstoff für Baumaschinen, stationären Maschinen mit Benzinmotor, Pistenfahrzeugen, Leichtflugzeugen für Sport- und Privatzwecke, Motorbooten und sogar Rasenmähern zum vollen Satz geschuldet. Bei diesen steht der Verwendungszweck in keinem Zusammenhang mit der Benützung der Strassen. Im Rahmen des Entlastungsprogramms 2004 wollte der Bundesrat die Rückerstattung der Mineralölsteuern der konzessionierten Transportunternehmen, der Landwirtschaft, der Forstwirtschaft und der Berufsfischerei aufheben. Das Parlament hat dies abgelehnt.93 Eine mögliche Aufhebung der Rückerstattung wäre auch bei den konzessionierten Transportunternehmen zu rechtfertigen. Der Bundesrat sieht im Bereich des regionalen Personenverkehrs Optimierungspotenzial. Bei den konzessionierten Transportunternehmen würden die betroffenen Unternehmen und Privaten angespornt, ihre Fahrzeuge möglichst effizient einzusetzen und deren Grösse möglichst der tatsächlichen Nachfrage anzupassen. Die Position elektrisch angetriebener Fahrzeuge, insbesondere der Trolleybusse, würde sich damit gegenüber Diesel-Bussen verbessern.

Die differenzierte Rückerstattung der Mineralölsteuer (ohne Zuschlag) zugunsten von mit Partikelfiltern ausgerüsteten Diesel-Bussen wäre durch die Massnahme jedoch auch tangiert.

5.4.5

Internationaler Luftverkehr: Einbindung in das Emissionshandelssystem

Fehlanreiz Das Chicago-Übereinkommen als internationale Vereinbarung zur Besteuerung des Luftverkehrs legt fest, dass Treibstoffe im internationalen Luftverkehr steuerfrei abgegeben werden müssen. Im Gegensatz zu schweizerischen Inlandflügen ist somit der internationale Flugverkehr gemäss Artikel 17 MinöstG von der Mineralölsteuer ausgenommen.94 Dadurch fehlt ein Instrument zur Internalisierung der externen 93

94

Die Schweiz engagiert sich seit 2010 in der Ländergruppe «Friends of Fossil Fuel Subsidies Reform» und setzt sich in diesem Rahmen international für die Abschaffung ineffizienter Subventionssysteme fossiler Energieträger ein. Die Unterstützung von Bemühungen zur Abschaffung solcher Subventionen ist darüber hinaus auch Bestandteil der biund multilateralen Entwicklungszusammenarbeit des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO). Die Summe der Subventionen in diesem Bereich betrug im Jahr 2011 weltweit ca. 500 Milliarden US-Dollar (Schätzung der Internationalen Energieagentur IEA). Die damit verbundenen Fehlanreize dürften enorme volkswirtschaftliche und klimapolitische Schäden verursachen.

Drei Kantone kennen jedoch spezielle umweltbezogene Abgaben: Die Kantone ZH und GE erheben eine Gebühr aufgrund der Stickoxid-Emission bei der Landung von Flugzeugen (im Kanton GE betrifft die Gebühr zusätzlich den Bodenverkehr und den Abflug bis in eine Höhe von 3000 Fuss). Die Kantone ZH, TI und GE erheben lärmgebundene Passagier- und Landegebühren.

5610

Umweltkosten, die bei grenzüberschreitenden Flügen anfallen. Die Umweltsteuerbefreiung führt relativ zu anderen Verkehrsträgern zu einer Reduktion der Mobilitätskosten des Flugverkehrs. Nebst einer tendenziellen Steigerung der Mobilität kann dadurch das Gewicht des Luftverkehrs innerhalb des Verkehrsmix zunehmen, was die Umwelt zusätzlich belastet.

Mögliche Massnahmen Sowohl die Schweiz wie auch die EU betreiben ein Emissionshandelssystem (ETS).

Im Rahmen dieser Systeme werden die betroffenen Unternehmen verpflichtet, für jede ausgestossene Tonne CO2 ein Emissionsrecht abzugeben. In der Schweiz ist die Luftfahrt bisher nicht vom Emissionshandelssystem erfasst. Wie in der Botschaft zur Klimapolitik nach 2012 dargelegt, beabsichtigt der Bundesrat aber, den Luftverkehr als Massnahme zur Beschränkung seiner Klimawirkung in das nationale Emissionshandelssystem einzubinden und dieses mit dem ETS der EU zu verknüpfen. Die Schweiz und die EU haben 2011 entsprechende Verhandlungen über eine Verknüpfung der beiden Systeme aufgenommen. Die detaillierte Regelung und das Inkrafttreten hängen vom Ausgang der laufenden Verhandlungen mit der EU sowie den Diskussionen im Rahmen der Internationalen Zivilluftfahrtsorganisation (ICAO) bezüglich der Einführung einer globalen Massnahme für den Luftverkehr ab. Aktuell ist das Handelssystem für Flüge aus der und in die EU bis zur nächsten Konferenz der ICAO im Jahr 2013 ausgesetzt.

Sollte die angestrebte Verknüpfung nicht zustande kommen, würde der Bundesrat, wie in der Botschaft zur Revision des CO2-Gesetzes dargelegt, für die Luftfahrt äquivalente Massnahmen prüfen, um einen mit der Integration ins ETS vergleichbaren Effekt zu erzielen. Dazu gehört gegebenenfalls auch die Prüfung einer emissionsbezogenen Abgabe.

Beurteilung der Massnahmen Im Vordergrund steht zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Einbezug der Luftfahrt ins Emissionshandelssystem. Sollte sich der Einbezug der Luftfahrt ins Emissionshandelssystem nicht oder nur verzögert realisieren lassen, wird der Bundesrat gegebenenfalls die Einführung einer emissionsbezogenen Abgabe prüfen. In beiden Fällen berücksichtigt er die im Rahmen der ICAO laufenden Diskussionen zur Einführung einer globalen Massnahme. Beide Massnahmen würden zur Kostenwahrheit und zur Umsetzung des Verursacherprinzips beitragen.

5611

6

Synthese der Fehlanreize und möglichen Massnahmen Fehlanreiz

Beschreibung

Ansatzpunkte

Beseitigung/Massnahme

1

Fahrkostenabzug DBST für unselbständig Erwerbende

Verkehr/ Energieverbrauch

Begrenzung des Fahrkostenabzugs (auf 3000 Fr.)

2

Zu tiefe Festlegung Eigenmietwert DBST

Steuerliche Begünstigung weiter Arbeitswege (rund 500 Mio. Fr.)

Steuerliche Begünstigung von Wohneigentum (rund 235 Mio. Fr.)

3

Ausnahme von Mieten und Eigenmietwert MWST

Steuerliche Begünstigung des Wohnens (rund 2 Mrd. Fr.)

Bodenverbrauch

4

Zweckbindung MinöSt

Verkehr/ Energieverbrauch

5

Befreiung des internationalen Luftverkehrs MinöSt

Begünstigung von zweckfinanzierten Ausgaben (wenn Ausgaben < Einnahmen) Steuerliche Begünstigung (rund 1,3 Mrd. Fr.)

6

Rückerstattung MinöSt und MinöSt-Zuschlag

Steuerliche Begünstigung bestimmter Verbrauchsarten (rund 135 Mio. Fr.)

Verkehr/ Energieverbrauch

7

Befreiung von landwirtschaftlichen Fahrzeugen LSVA Nichtunterstellung LSVA von leichten Nutzfahrzeugen

Steuerliche Begünstigung Begünstigung leichter Nutzfahrzeuge (rund 236 Mio. Fr.)

Verkehr/ Energieverbrauch Verkehr/ Energieverbrauch

9

Zulagen Milchwirtschaft

10

RGVE- und TEP-Beiträge

Subvention für Milchproduktion (2012: 298 Mio. Fr.)

Subvention Tierhaltung (2012: 503 Mio. Fr.)

Bodenbelastung/ Methanemission Bodenbelastung/ Methanemission

8

5612

Bodenverbrauch

Verkehr/ Energieverbrauch

Umsetzung

Geplant; Bestandteil der Vorlage für Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur (FABI) Systemwechsel bei Wohneigen- In Aussicht gestellt aber nicht tumsbesteuerung (keine Besteue- prioritär, weil mehrfach abgelehnt rung Eigenmietwert und keine (u.a. Gegenvorschlag zur InitiatiAbzugsmöglichkeiten) ve «Sicheres Wohnen im Alter») Unterstellung von Mieten und Nicht geplant; kein Bestandteil Eigenmietwert unter MWST der neuen MWST-Vorlage («Rückweisungsvorlage») Aufhebung der Zweckbindung Nicht geplant; auf absehbare (Spezialfinanzierung StrassenZeit keine Reserven in der verkehr) Spezialfinanzierung Einbindung des internationalen Geplant; laufende Verhandlungen Luftverkehrs in das Emissionsmit der EU handelssystem für CO2 Nicht prioritär, geringes ökologiAufhebung der Rückerstattung sches Optimierungspotenzial (Rückerstattung Land- und Forstwirtschaft nach Normverbrauch) Ausdehnung LSVA auf landNicht geplant; geringes ökologiwirtschaftliche Nutzfahrzeuge sches Optimierungspotenzial Ausdehnung LSVA auf leichte Nicht geplant; aufwändige ErheNutzfahrzeuge bung (schlechtes Kosten-NutzenVerhältnis) Ökologischere Ausgestaltung der Umsetzung möglich im Rahmen Subvention der Agrarpolitik ab 2018 Abschaffung Umsetzung ab 2014; beschlossen gemäss Agrarpolitik 2014­2017

Quellenverzeichnis ARE: Zweitwohnungen, Internet-Dokumentation www.are.admin.ch/themen/raumplanung/00236/04094/ index.html?lang=de ARE: Kosten des Verkehrs, Internet-Dokumentation www.are.admin.ch/themen/verkehr/00252/00472/index.html?lang=de BAFU und BLW (2008): Umweltziele Landwirtschaft. Hergeleitet aus bestehenden rechtlichen Grundlagen, Umwelt-Wissen Nr. 0820. Bundesamt für Umwelt, Bern BAFU (2010): Luftschadstoffemissionen des Strassenverkehrs 1990­2035. Aktualisierung 2010. Bundesamt für Umwelt, Bern, Umwelt-Wissen Nr. 1021 BAFU und BFS (2011): Umwelt Schweiz 2011, Bern/Neuchâtel BAFU (2012): Erste landesweite Übersicht über die mit Abfällen belasteten Standorte liegen vor, Medienmitteilung 1.11.2012 www.bafu.admin.ch/dokumentation/medieninformation/00962/ index.html?lang=de&msg-id=46545 BAFU: Klimapolitik der Schweiz ab 2013, Internet-Dokumentation www.bafu.admin.ch/klima/12325/index.html?lang=de BAFU (2012): Strategie Biodiverstität Schweiz, 25.4.2012 www.bafu.admin.ch/ud-1060-d BAFU (2012): Strategie Biodiversität Schweiz: Aktionsplan wird mit den betroffenen Kreisen lanciert, Medienmitteilung 8.11.2012 www.bafu.admin.ch/dokumentation/medieninformation/00962/ index.html?lang=de&msg-id=46636 BAFU (2013): Grüne Wirtschaft: Berichterstattung und Aktionsplan, Bericht an den Bundesrat vom 8.3.2013 www.news.admin.ch/NSBSubscriber/message/attachments/29912.pdf BAFU: Revidiertes CO2-Gesetz ab 1.1.2013 in Kraft, Internet-Dokumentation www.bafu.admin.ch/klima/12325/12329/index.html?lang=de BFE (2011): Energieverbrauch so hoch wie noch nie, Medienmitteilung 28.6.2011 www.admin.ch/aktuell/00089/index.html?lang=de&msg-id=39869 BFS: Anzahl und Grösse der Haushalte, Umweltindikatorensystem BFS www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/02/06/ ind13.indicator.130302.1370.html BFS: Umweltbezogene Abgaben, Umweltgesamtrechnung BFS www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/02/05.html BFS: Natürliche Ressourcen ­ Ökologischer Fussabdruck, Monet www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/21/02/ ind32.indicator.71607.3212.html B,S,S. Volkswirtschaftliche Beratung (2012): Abgaben für eine ökologische und haushälterische Flächennutzung, Studie im Auftrag des BAFU, Basel

5613

Bundesrat (2012): Botschaft zur Volksinitiative «Für den öffentlichen Verkehr» und zum direkten Gegenentwurf (Bundesbeschluss über die Finanzierung und den Ausbau der Eisenbahninfrastruktur, FABI) vom 18. Januar 2012, BBl 2012 1577 Bundesrat (2013): Grüne Wirtschaft: Rolle des Staates hinsichtlich einer effizienten Nutzung der natürlichen Lebensgrundlagen. Bericht vom 31. Januar 2013 in Erfüllung des Postulates 10.3373 Bundesrat (2012): Botschaft zur Weiterentwicklung der Agrarpolitik in den Jahren 2014­2017 vom 1. Februar 2012, BBl 2012 2075 Bundesrat (2013): Zusatzbotschaft zur Vereinfachung der Mehrwertsteuer (ZweiSatz-Modell) vom 30. Januar 2013, BBl 2013 1481 Bundesrat (2013): Botschaft zur Staatsrechnung der Schweizerischen Eidgenossenschaft für das Jahr 2012 vom 27. März 2013 www.efv.admin.ch/d/dokumentation/finanzberichterstattung Bundesrat (2008): Strategie Nachhaltige Entwicklung, Aktionsplan 2008­2011 www.are.admin.ch/dokumentation/publikationen/00014/ Copenhagen Accord (2009): Abschlussdokument der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen, 18.12.2009, von den Konferenzteilnehmern zur Kenntnis genommen http://unfccc.int/home/items/5262.php Ecoplan (2010): Behebung von Fehlanreizen im Bereich Biodiversität. Analyse der wichtigsten biodiversiätsschädlichen Subventionen, Bern EFD (2012): Energiestrategie 2050 und ökologische Steuerreform ­ Bundesrat eröffnet Vernehmlassung zur Energiestrategie 2050, Medienmitteilung 28.9.2012 www.efd.admin.ch/00468/index.html?lang=de&msg-id=46133 Ernst Basler & Partner und Ecoplan (2013): Fehlanreize im Mobilitätsbereich aus Sicht des Energieverbrauchs, Studie im Auftrag des Bundesamtes für Energie BFE, Zollikon und Bern (in Erarbeitung) ESTV (2010): Welche Steuervergünstigungen gibt es beim Bund? Eine Studie der Eidgenössischen Steuerverwaltung, Bern EZV (2011): Änderung des Nationalstrassenabgabegesetzes im Rahmen der Anpassung des Bundesbeschlusses über das Nationalstrassennetz, Erläuternder Bericht für die Zusatzvernehmlassung, Bern European Commission (2012): Life cycle indicators for waste management, Joint Research Centre, Institute for Environment and Sustainability, Luxembourg Jungbluth N., Nathani C., Stucki M., Leuenberger M. (2011): Gesamt-Umweltbelastung durch Konsum und Produktion der Schweiz, Bundesamt für Umwelt, Bern, Umwelt-Wissen Nr. 1111 Lachat
et al. (2010): Der Wandel der Biodiversität in der Schweiz seit 1900, Hauptverlag, Bern OECD (2007): Umweltprüfberichte, Schweiz, Bundesamt für Umwelt (Hrsg.), Bern, (Originalfassung: OECD Environmental Performance Reviews, Switzerland) OECD (2011): Towards Green Growth www.oecd.org/greengrowth

5614

OECD (2012): The Tax Treatment of Company Cars and Commuting Expenses, Joint Meeting of Tax an Environment Experts [COM/ENV/EPOC/CTPA/ CFA(2012)16], Paris Ott W., Baur M., Iten R., Vettori A. (2005): Konsequente Umsetzung des Verursacherprinzips, Umwelt-Materialien Nr. 201, Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft, Bern Panayotou T. (UNEP 1998): Instruments of Chance, Motivating and Financing Sustainable Development, Earthscan Publications Ltd., London Umweltbundesamt Deutschland (2008): Umweltschädliche Subventionen in Deutschland, Dessau-Rosslau Umweltbundesamt Deutschland (2010): Umweltschädliche Subventionen in Deutschland. Aktualisierung für das Jahr 2010, Dessau-Rosslau Valsecchi C., ten Brink P., Bassi S., Withana S. et al. (2009): Environmentally Harmful Subsidies: Identification and Assessment. Final report for the European Commission's DG Environment, London und Brüssel

5615

Anhang 1

Einnahmenseitige Vorstösse im Bereich Klima- und Energiepolitik Die Anzahl parlamentarischer Vorstösse im Bereich der Klima- und Energiepolitik hat seit der Jahrtausendwende stetig zugenommen. Seit 2008 führt die EFV eine Datenbank mit den Vorstössen, die eine Auswirkung auf die Einnahmen des Bundes haben können. Aktuell umfasst die Datenbank 51 verschiedene Vorstösse sowie vier Standesinitiativen (Stand: 18.04.2013). Mehr als die Hälfte der Vorstösse wurde bereits abgelehnt, zurückgezogen oder abgeschrieben. Thematisch betrafen diese Vorstösse mehrheitlich die Mineralölsteuer oder die CO2-Abgabe. Ein differenziertes Bild ergibt sich bei den angenommenen oder noch laufenden Vorstössen. Dort dominieren die Themen «Bio-Treibstoffe» sowie «Energetische Massnahmen im Gebäudebereich».

Im Rat noch zu behandelnde Geschäfte Geschäfts-Nr.

Titel

Stand

08.331 Standesinitiative

Des Kantons Aargau: Förderung der energetischen Sanierung älterer Bauten durch Schaffung fiskalischer Anreize.

Des Kantons Graubünden - Förderung der Energiesanierung FDP-Liberale Fraktion: Eigentum stärken, Energie sparen, Eigenmietwert senken WAK-N: Anreize für umfassende energetische Sanierungen bei Privatliegenschaften Import von Biogas. Weg mit den administrativen und steuerlichen Hürden Abschaffung von Schranken für den Import von Biogas Förderung des Reisebusverkehrs durch Abschaffung oder Reduktion der Mineralölsteuer Teilweise Befreiung der Treibstoffe für Pistenfahrzeuge von der Mineralölsteuer Treibstoffe Pistenfahrzeuge. Teilweise Befreiung von der Mineralölsteuer Steuerliche Gleichbehandlung von energiesparenden Investitionen bei bestehenden Gebäuden und bei Ersatzneubauten

noch nicht behandelt

09.304 Standesinitiative 09.3142 Motion 09.3354 Motion 11.3441 Postulat 11.4198 Motion 12.3610 Motion 12.4203 Motion 12.4246 Motion 13.3119 Motion

5616

noch nicht behandelt 07.03.2011 NR Annahme 11.06.2009 NR Annahme noch nicht behandelt noch nicht behandelt noch nicht behandelt noch nicht behandelt noch nicht behandelt noch nicht behandelt

Im Rat bereits behandelte Geschäfte: Angenommene/Umgesetzte Geschäfte Geschäfts-Nr.

Titel

Stand

04.457 Parl. Initiative 05.3703 Postulat 06.3474 Postulat 07.3004 Motion 07.3031 Motion

Müller Philipp: Einschränkung der «Dumont-Praxis» Heim Bea: Förderung verbrauchsarmer Fahrzeuge Stählin Philipp: Bioethanolproduktion in der Schweiz UREK-N: Emissionen von in der Schweiz neuimmatrikulierten Personenwagen CVP-Fraktion: Steueranreize für energieeffiziente Sanierungsmassnahmen

AS 2009 1515

07.3061 Postulat 07.3091 Postulat 07.3583 Postulat 08.3270 Postulat 09.3014 Motion

Sozialdemokratische Fraktion: Sonderstellung des Flugverkehrs bei den Steuern Büttiker Rolf: Transparenz bei den Biotreibstoffen FDP Fraktion: CO2-Reduktion. Verbrauch statt Fahrzeuge besteuern Nahrungsmittelkrise, Rohstoff- und Ressourcenknappheit WAK-S: Mehr Effektivität und Effizienz bei den Steuerabzügen für energetische Gebäudesanierungen.

Bourgeois Jacques: Biomasse-Strategie

09.3060 Motion 09.3456 Motion

09.3611 Postulat 09.499 Parl. Initiative 10.3349 Postulat 13.3004 Postulat

Laurent Favre: Steuerbefreiung der Einkünfte aus der Einspeisevergütung für den privaten Stromkonsum Bourgeois Jacques: Reduktion der CO2-Emissionen durch Beimischung von Biotreibstoffen zu Treibstoffen Agrotreibstoffe. Indirekte Auswirkungen berücksichtigen Biogene Treibstoffe. Internationale Anwendung von Nachhaltigkeitskriterien Internationaler Biogasmarkt im Brennstoffbereich

21.03.2007 NR Annahme 20.03.2007 SR Annahme 21.03.2007 NR Annahme 04.10.2007 SR Annahme 10.06.2008 SR Annahme mit Änderung 11.06.2009 NR Zustimmung 05.10.2007 NR Annahme 18.06.2007 SR Annahme 30.04.2009 NR Annahme 18.09.2008 SR Annahme 19.03.2009 SR Annahme 11.06.2009 NR Annahme 14.03.2011 NR Annahme 29.09.2011 SR Annahme.

13.04.2011 NR Annahme 29.09.2011 SR Annahme mit Änderung 21.12.2011 NR Annahme 11.04.2011 NR Annahme 29.01.2010 UREK-SR Zustimmung.

02.06.2010 SR Annahme.

04.03.2013 NR Annahme

5617

Anhang 2

Überblick über untersuchte potenzielle Fehlanreize und mögliche Massnahmen Steuern und Steuervergünstigungen Nr.

Bereich

Möglicher Fehlanreiz

Mögliche Massnahme und Beurteilung

1

DBSt: Fahrkostenabzug Als Teil der Berufsauslagen können bei der direkten Bundessteuer (und den kantonalen Einkommenssteuern) die Fahrkosten zum Arbeitsort abgezogen werden.

Siehe Ziffer 5.2.1

Die Kosten langer Pendlerdistanzen werden gesenkt, was aus ökologischer Sicht ein Fehlanreiz darstellt. Die Trennung von Wohn- und Arbeitsort wird dadurch attraktiver, was tendenziell die Zersiedelung voranschreiten lässt und das Verkehrsaufkommen und somit den Energieverbrauch erhöht.95 Neben dem zunehmenden Flächenverbrauch werden eine Überbelastung der Verkehrsinfrastruktur (Bahn und Strassen) und die Zunahme von klimaschädlichen Emissionen verstärkt.

Begrenzung des Fahrkostenabzugs für unselbstständig Erwerbende auf 3000 CHF Die Massnahme ist Teil des direkten Gegenentwurfs zur Volksinitiative «Für den öffentlichen Verkehr» des Verkehrsclubs der Schweiz (siehe Ziff. 2). Die Volksabstimmung wird voraussichtlich im ersten Halbjahr 2014 stattfinden.

2

DBST: Zu tiefer Eigenmietwert Siehe Ziffer 5.2.1

Förderung des Wohneigentums über grosszügige Festlegungen von Eigenmietwerten erhöht tendenziell die Flächeninanspruchnahme, was mit Zersiedelung und verstärkten Mobilitätsbedürfnissen einhergeht und damit einen Fehlanreiz darstellt.

Systemwechsel bei der Eigenmietwertbesteuerung

95

OECD (2012): The Tax Treatment of Company Cars and Commuting Expenses,

5618

Nr.

Bereich

Möglicher Fehlanreiz

Mögliche Massnahme und Beurteilung

3

DBSt: Privatgebrauch Dienstwagen Lohnnebenleistungen müssen seit dem Steuerjahr 2007 auf dem Lohnausweis deklariert und somit versteuert werden. In diesem Zusammenhang wird unter anderem ein «Privatanteil Geschäftswagen» als Gehaltsnebenleistung ermittelt.

Bei privater Nutzung des Geschäftsfahrzeuges sind pro Monat 0,8% des Kaufpreises als Privatanteil zu deklarieren. Es besteht auch die Möglichkeit der effektiven Erfassung des Privatanteils mittels eines Bordbuches (Anzahl Kilometer x 70 Rappen).

Ein Fehlanreiz liegt vor, wenn die pauschale ­ und damit nicht fahrleistungsabhängige ­ Anrechnung geringer ist als der effektive Anteil der privaten Nutzung.

Berechnungen haben ergeben, dass der aktuell gültige Privatanteil nicht zu tief angesetzt ist und dass folglich kein Fehlanreiz besteht.

-

4

MWST: Befreiung Mieten und Eigenmietwert Siehe Ziffer 5.2.2

Die steuerliche Begünstigung des Wohnens gegenüber anderem Konsum erhöht tendenziell die Flächeninanspruchnahme, was mit Zersiedelung und verstärkten Mobilitätsbedürfnissen einhergeht (Fehlanreiz).

Unterstellung der Mieten und des Eigenmietwerts unter die Mehrwertsteuer

5

Mineralölsteuer und Mineralölsteuerzuschlag: Rückerstattungen Siehe Ziffer 5.2.3

Die Rückerstattung an die konzessionierten Transportunternehmen (KTU), die Forstwirtschaft, den Naturwerkstein-Abbau und die Berufsfischerei erfolgt aufgrund der verbrauchten Menge. Dies senkt die Verbrauchskosten Kosten pro verbrauchten Liter (Grenzkosten), was einen Fehlanreiz zum Mehrverbrauch darstellt. Im Fall der Landwirtschaft wird die Rückerstattung auf Basis eines Normverbrauchs nach der bewirtschafteten Kulturfläche bzw. dem Tierbestand vorgenommen. Im Bereich der Forstwirtschaft aufgrund der gefällten, aufgerüsteten oder transportierten Holzmenge und je Hektare Wald. Damit werden die durchschnittlichen Produktionskosten gesenkt (nicht die Grenzkosten), was den Fehlanreiz mildert.

Abschaffung der Rückerstattungen Siehe Ziffer 5.4.3

5619

Nr.

Bereich

Möglicher Fehlanreiz

Mögliche Massnahme und Beurteilung

6

Mineralölsteuer: Befreiung internationaler Flugverkehr Das Chicagoer-Abkommen als internationale Vereinbarung zur Besteuerung des Luftverkehrs legt fest, dass Treibstoffe im internationalen Luftverkehr steuerfrei abgegeben werden müssen.

Inlandflüge unterliegen in der Schweiz jedoch der Mineralölsteuer.

Ein ökologischer Fehlanreiz besteht dadurch, dass der gleiche Treibstoff für Inland- und Auslandflüge resp. für den Flug- und Landverkehr unterschiedlich besteuert wird. Die Mobilitätskosten des grenzüberschreitenden Flugverkehrs werden dadurch gesenkt und ­ ceteris paribus ­ die Nachfrage vergrössert. Nebst einer tendenziellen Steigerung der Mobilität kann dadurch das Gewicht des internationalen Luftverkehrs innerhalb des Verkehrsmix zunehmen, was die Umwelt zusätzlich belastet (Fehlanreiz).

Abschaffung der Steuerbefreiung Eine Abschaffung der Steuerbefreiung ist aufgrund internationaler Abkommen nicht möglich.

Als Massnahme zur Beschränkung der Klimawirkung der Luftfahrt sieht der Bundesrat gemäss der Botschaft zur Revision des CO2-Gesetzes nach 2012 und einer Antwort auf das Postulat Lachenmeier 10.4006 den raschen Einbezug der Luftfahrt ins Emissionshandelssystem ETS vor (siehe Ziff. 5.4.4).

7

LSVA: Abgabebefreiung für die immatrikulierten landwirtschaftlichen Fahrzeuge Siehe Ziffer 5.2.4

Aufgrund der Abgabebefreiung besteht eine indirekte Subvention, da die Landwirtschaft im Gegensatz zum übrigen Schwerverkehr nicht für die ungedeckten Kosten aufkommen muss (Fehlanreiz).

Ausdehnung auf landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge Beurteilung: siehe Ziffer 5.4.2

8

LSVA: Nichtunterstellung von Transportfahrzeugen mit Gesamtgewicht bis 3,5 Tonnen Siehe Ziffer 5.2.4

Durch die Ausnahme von der LSVA besteht eine indirekte Subventionierung leichter Güterverkehrsfahrzeuge, da sie für ihre ungedeckten Kosten im Gegensatz zum Schwerverkehr nicht aufkommen (Fehlanreiz).

Ausweitung der LSVA auf Lieferwagen, d.h. Transportfahrzeuge mit Gesamtgewicht bis 3,5 Tonnen Beurteilung: siehe Ziffer 5.4.1

9

Nationalstrassenabgabe: Steuerbefreiung für Militär-, Polizei-, Feuerwehrfahrzeuge und andere

Durch die Steuerbefreiung werden die Durchschnittskosten gesenkt. Die Steuerbefreiung dürfte bei den betreffenden Kategorien die Anzahl gefahrener Kilometer jedoch nicht erhöhen. Somit besteht kein Fehlanreiz.

-

10

Automobilsteuer: Steuerbefreiung für Elektromobile und Invalide

Durch die Steuerbefreiung werden die Beschaffungskosten für die betreffenden Kategorien gesenkt. Die Steuerbefreiung dürfte aber die Anzahl gefahrener Kilometer nicht erhöhen. Somit besteht kein Fehlanreiz.

-

5620

Subventionen Nr.

Bereich

Möglicher Fehlanreiz

Mögliche Massnahme und Beurteilung

11

Tierzucht

Die Subvention führt unter Umständen zu einer höheren Anzahl nicht wirtschaftlich genutzter Tiere (v.a. bei der in situ-Erhaltung alter Rassen).

Diese produzieren zusätzlich klimarelevante Gase (z.B. Methan). Die Auswirkungen dürften aufgrund der tiefen Anzahl Tiere jedoch vernachlässigbar sein.

Das Ziel der Subvention ist die Förderung und Erhaltung der inländischen Pflanzen- und Tierzucht. Die dabei entstehenden negativen ökologischen Wirkungen werden bewusst in Kauf genommen und ist entsprechend kein Fehlanreiz.

-

12

Absatzförderung

Absatzförderung führt grundsätzlich zu Überproduktion und zu Preisen unter dem Marktgleichgewicht. Da hier Inlandprodukte gefördert werden und diese u.U. Importprodukte ersetzen, kann der ökologische Fussabdruck insgesamt aber besser sein als ohne Absatzförderung. Dies ist aber stark vom Produkt abhängig (u.a. Ursprungsland der importierten Substitute und deren Produktionsform sowie vom Konsumverhalten).

Das Ziel der Subvention ist aber die erreichte Schaffung von Wertschöpfung am Markt und somit besteht kein Fehlanreiz.

-

5621

Nr.

Bereich

Möglicher Fehlanreiz

Mögliche Massnahme und Beurteilung

13

Zulagen Milchwirtschaft Siehe Ziffer 5.3.2

Seit dem 1. Juni 2007 ist der Käsehandel zwischen der Schweiz und der EU vollständig liberalisiert.

Das Ziel der Verkäsungszulage ist eine Vergünstigung des Rohstoffs Milch für die Käseproduktion, damit die Käsebranche mit der Verwendung inländischer Rohstoffe wettbewerbsfähig bleibt.

Die Subvention fördert aber die Milchproduktion und führt somit zu einer Erhöhung der Tierzahl.

Diese benötigen Futtermittel (u.a. importierte) und produzieren klimarelevante Gase (v.a. Methan).

Damit besteht ein Fehlanreiz.

Ökologischere Ausgestaltung der Subvention In der parlamentarischen Debatte zur Agrarpolitik 2014-2017 wurden die Zulagen in der Milchwirtschaft intensiv diskutiert und das Parlament hat den damit verbundenen Anreiz zur Milchproduktion bewusst in Kauf genommen.

Auch mit der Weiterentwicklung der Agrarpolitik werden 2017 noch Ziellücken gegenüber den aus bestehendem Recht abgeleiteten Umweltzielen Landwirtschaft (BAFU und BLW, 2008) verbleiben.

14

Beihilfen Viehwirtschaft

Schlachtvieh und Fleisch: Damit wird indirekt die Fleischproduktion gefördert. Dies führt zu einer Erhöhung der Tierzahl.

Ohne Subventionierung würde bei gleichbleibendem Konsum und kleinerer Inlandproduktion mehr importiert (Verlagerung der Emissionen ins Ausland), da Selbstversorgungsgrad bei Fleisch unter 100 % ist.

Inlandeier: s. o.( Selbstversorgungsgrad Eier: rund 50 %) Schafwolle: Die Anzahl gehaltener Schafe in der CH wird damit erhöht (Methanemissionen). Aufgrund der kleinen Nachfrage ist es zweifelhaft ob bei Abschaffung der Subvention zusätzlich Schafwolle importiert würde (evtl. aber Schaffleisch).

Das Ziel dieser Subventionen ist die Erhaltung der inländischen viehwirtschaftlichen Produktion.

Somit besteht kein Fehlanreiz.

-

5622

Nr.

Bereich

Möglicher Fehlanreiz

Mögliche Massnahme und Beurteilung

15

Beihilfen Pflanzenbau

Zuckerrüben: Die Subvention erhöht die Produktion und führt daher zu einer stärkeren ökologischen Belastung.

Ohne Subventionierung würde jedoch mehr Zucker importiert (heutiger Selbstversorgungsgrad bei rund 100 %).

Ölsaatenverarbeitung: Damit wird die Inlandproduktion gefördert. Tiefere Produktion würde wahrscheinlich mit importiertem Pflanzenöl kompensiert.

Obstverwertung: Die Obstproduktion scheint ökologisch weniger bedenklich. Das Mostobst kommt u.a. von Hochstammbäumen (fördern Biodiversität). Der Import von Apfelsaft dürfte ökologisch bedenklicher sein.

Das Ziel der Subventionen (Erhaltung der inländischen pflanzenbaulichen Produktion) wird dadurch erreicht. Es besteht kein Fehlanreiz.

-

16

RGVE- und TEP-Beiträge (Teil der Allgemeine Direktzahlungen) Siehe Ziffer 5.3.2

Die Direktzahlungen gelten multifunktionale Leistungen ab. Die meisten Programme (Flächen- und Hangbeiträge) fördern die Produktion nur indirekt und sind daher weniger bedenklich. Problematisch sind die RGVE-Beiträge (Raufutter verzehrende Grossvieheinheiten) sowie die TEP-Beiträge (Tierhaltung unter erschwerten Produktionsbedingungen), welche Anreize setzen, die Tierzahl zu erhöhen.

Das Ziel der Subvention ist Sicherstellung der multifunktionalen Leistungen der Landwirtschaft, welche mit den RGVE-Beiträgen ökologisch nicht befriedigend verwirklicht wird. Entsprechend werden die Tierbeiträge als Fehlanreiz eingestuft.

Abschaffung der RGVE- und TEP-Beiträge Im Rahmen der Weiterentwicklung der Agrarpolitik in den Jahren 2014­2017 wurden die RGVEund TEP-Beiträge abgeschafft (Beschluss der eidg.

Räte in der Frühjahrssession 2013).

5623

Nr.

Bereich

Möglicher Fehlanreiz

Mögliche Massnahme und Beurteilung

17

Sömmerungs- und Ethobeiträge (Teil der Ökologischen Direktzahlungen)

Sömmerungsbeiträge: Diese führen zur Aufrechterhaltung der Bestossung im Sömmerungsgebiet, um dem Waldeinwuchs (Vergandung) entgegenzuwirken, was ökologisch erwünscht ist.

Ethobeiträge: Mit den zusätzlichen Auflagen für RAUS/BTS wird die Anzahl Tiere pro Fläche oder Betrieb tendenziell gesenkt und damit der mögliche Fehlanreiz zur Erhöhung der Tierzahl korrigiert.

Das Ziel dieser Subventionen ist die Förderung besonders naturnaher sowie umwelt- und tierfreundlicher Produktionsformen. Es besteht kein Fehlanreiz.

-

18

Ausfuhrbeiträge landwirtschaftlicher Verarbeitungsprodukte Mit den Ausfuhrbeiträgen werden die gegenüber dem Ausland höheren inländischen Preise bestimmter landwirtschaftlicher Grundstoffe (v.a.

Milch, Milchpulver, Butter und Weizenmehl) ausgeglichen.

Sind die Grundstoffe im Zollgebiet nicht vorhanden bzw. wir die Rohstoffpreisdifferenz nicht ausgeglichen, haben die Nahrungsmittelhersteller den gesetzlichen Anspruch auf Zollbefreiung oder Zollermässigung im aktiven Veredelungsverkehr.

Das bedeutet, die benötigten Rohstoffe werden im Ausland bezogen (längere Transportwege etc.).

Das Ziel der Ausfuhrbeiträge ist die Aufrechterhaltung der Konkurrenzfähigkeit der inländischen Nahrungsmittelindustrie auf den ausländischen Märkten unter Verwendung von inländischen Rohstoffen. Die damit verbundene Nachfragestützung und allfällige Mengenausweitung ist eine direkte Folge davon. Es besteht deshalb kein Fehlanreiz.

-

5624

Nr.

Bereich

Möglicher Fehlanreiz

Mögliche Massnahme und Beurteilung

19

Beiträge ausserordentliches Schiesswesen

Mit der Subvention wird indirekt die mit dem Schiesswesen entstehende starke Lärm- und Bodenbelastung gefördert.

Mit der Subvention soll das Erhalten der Schiessfertigkeit der Angehörigen der Armee und die Sicherstellung der Funktionsfähigkeit von Dienstwaffen sichergestellt werden, was zwangsläufig zu einer Umweltbelastung führt. Es besteht daher kein Fehlanreiz.

-

20

Schweiz Tourismus

Die Förderung von Tourismus führt zu mehr Verkehr, Zersiedelung und eventuell zu Überangeboten (z.B. Seilbahnen).

Die Förderung des Tourismus ist aber das Ziel der Subvention. Die damit verbundene höhere Nachfrage wird angestrebt, weshalb kein Fehlanreiz.

-

21

Neue Regionalpolitik

Obwohl die Infrastruktur-Beiträge im Rahmen der Neuen Regionalpolitik (NRP) auf die wirtschaftliche Stärkung der Regionen zielen, sollen negative Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft vermieden und wo möglich positive Synergien angestrebt werden (BG Art. 2). Damit sollte in diesem Bereich kein Fehlanreiz bestehen.

Im Einzelfall sind negative Auswirkungen auf die Umwelt nicht auszuschliessen (namentlich bei touristischen Infrastrukturen). Eine Einzelfallbetrachtung wurde jedoch nicht durchgeführt. Optimierungsmöglichkeiten in diesem Bereich werden derzeit im Rahmen des Aktionsplans zur Biodiversitätsstrategie geprüft.

-

5625

Nr.

Bereich

Möglicher Fehlanreiz

Mögliche Massnahme und Beurteilung

22

Finanzausgleich

Bei der Berechnung der geografisch-topografischen Lastenausgleichszahlungen wird als Indikator u.a. die Anzahl Einwohner in Streusiedlungen verwendet. Unter Umständen könnte dies die Zersiedelung fördern. Die Kosten, (insb. Erschliessung) die den Kantonen aus der Zersiedelung entstehen, sind jedoch bedeutend höher als allfällige zusätzliche Beiträge aus dem Lastenausgleich.

Zudem wird der Gesamtbetrag des Lastenausgleichs jeweils für 4 Jahre festgelegt. Eine Zunahme der Zersiedelung würde damit nicht das Gesamtvolumen des Lastenausgleichs tangieren, sondern nur die Verteilung an die Kantone. Insgesamt kann daher davon ausgegangen werden, dass kein Fehlanreiz vorliegt.

-

5626