07.062 Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über die Raumplanung (Flankierende Massnahmen zur Aufhebung des Bundesgesetzes über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland) vom 4. Juli 2007

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen mit der vorliegenden Botschaft den Entwurf zu einer Änderung des Raumplanungsgesetzes (Flankierende Massnahmen zur Aufhebung des Bundesgesetzes über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland) mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

4. Juli 2007

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Micheline Calmy-Rey Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2007-0531

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Übersicht Die Aufhebung des Bundesgesetzes über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (Lex Koller) soll von einer Änderung des Raumplanungsgesetzes begleitet werden. Diese soll die Kantone dazu verpflichten, in ihren Richtplänen Gebiete mit hohen Zweitwohnungsbeständen zu bezeichnen und für diese lenkende Massnahmen zu entwickeln.

Von der beabsichtigten Aufhebung der Lex Koller ist eine Zunahme der Nachfrage nach Zweitwohnungen mit entsprechender Bautätigkeit zu erwarten. Eine zu intensive Bautätigkeit gefährdet die Landschaft von Tourismusregionen, welche wesentliche Grundlage des Tourismus im Alpenraum darstellt. Soll die Attraktivität der Landschaft erhalten bleiben, muss die Bautätigkeit daher in Grenzen gehalten werden. Der Bundesrat schlägt deshalb flankierende Massnahmen zur Aufhebung der Lex Koller vor.

Die Kantone sollen dazu verpflichtet werden, in ihren Richtplänen diejenigen Gebiete zu bezeichnen, in denen besondere Massnahmen notwendig sind, um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Erst- und Zweitwohnungen sicherzustellen. Dem Subsidiaritätsprinzip folgend soll sich der Bund dabei auf den Erlass von Rahmenvorschriften beschränken, welche die Kantone verpflichten, sich in ihrer Richtplanung der Zweitwohnungsproblematik anzunehmen. Soweit Handlungsbedarf besteht, bleibt die Wahl der Massnahmen und deren Umsetzung den Kantonen überlassen.

Die Lösung über den kantonalen Richtplan stellt sicher, dass allfällige Massnahmen die je nach Kanton spezifische Ausgangslage berücksichtigen und mit den Vorstellungen der Kantone zur Siedlungs-, Wirtschafts- und Landschaftsentwicklung abgestimmt werden. Da sie sich bewährter Instrumente und Verfahren bedient, wird die Umsetzung mit geringem Zusatzaufwand möglich sein. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass das verfassungsmässige Gebot der haushälterischen Bodennutzung besser beachtet wird. Zudem werden Massnahmen zur Lenkung des Zweitwohnungsbaus so regional und überkantonal koordiniert eingeführt, womit sich unerwünschte Konkurrenzsituationen und Verlagerungseffekte vermeiden lassen.

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Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

1.1.1

Auswirkungen der Aufhebung der Lex Koller auf die Zweitwohnungsnachfrage

Gemäss Eidgenössischer Volkszählung 2000 sind in der Schweiz 11,8 Prozent aller Wohnungen zeitweise bewohnt. Dieser Wert variiert zwischen den Kantonen erheblich und liegt in den Tourismuskantonen deutlich über 30 Prozent (s. Anhang, Tabelle 1), in zahlreichen Tourismusgemeinden sogar weit über 50 Prozent (s. Anhang, Tabelle 2). Zwischen 1980 und 2000 sind die zeitweise bewohnten Wohnungen mit 75,3 Prozent anteilmässig deutlich stärker gewachsen als das Total aller Wohnungen mit 32,2 Prozent.

In Folge der Aufhebung des Bundesgesetzes über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (in der Folge Lex Koller genannt) ist vor allem in Tourismusregionen eine zusätzliche Steigerung der Nachfrage nach Zweitwohnungen zu erwarten. Genaue Daten zum ausländischen Zweitwohnungsbesitz sind allerdings nicht verfügbar. Als Hinweise für die ausländische Nachfrage müssen deshalb Daten über die Ausschöpfung der im Rahmen der Lex Koller gewährten Kontingente für den Grundstückverkauf an Personen im Ausland genügen. Die Ausschöpfung der Kontingente ist in den Neunzigerjahren angestiegen und schwankt seit 1996 zwischen 88 und 99,5 Prozent.1 In städtischen Regionen ausserhalb der traditionellen Tourismusregionen bewegen sich die Zweitwohnungsanteile auf einem vergleichsweise bescheidenen Niveau. Sie sind aber zwischen 1980 und 2000 markant gestiegen (s. Anhang, Tabelle 1). Der wirtschaftliche Strukturwandel wird dazu führen, dass in Zukunft für immer mehr Beschäftigte Wohn- und Arbeitsort weit auseinander liegen oder in Haushalten beide Partner an verschiedenen Orten berufstätig sind. Trotz des Ausbaus der Verkehrsinfrastruktur und der Verkürzung von Reisezeiten ist deshalb mittelfristig auch in Städten mit einer wachsenden Nachfrage nach Zweitwohnungen zu rechnen.

Eine Nachfragesteigerung ist in denjenigen Gemeinden zu erwarten, welche gestützt auf Artikel 13 der Lex Koller zusätzlich zur Kontingentierung auf Bundesebene kommunale Einschränkungen für den Verkauf von Immobilien an Personen im Ausland kennen. Diese Regelungen werden bei Aufhebung der Lex Koller aufgrund fehlender Rechtsgrundlage hinfällig. In zahlreichen Gemeinden ist der Erwerb von Ferienwohnungen durch Personen im Ausland heute zudem überhaupt nicht zugelassen, weil sie nicht als Tourismusorte im Sinne der Lex Koller gelten. Wie sich die Nachfrage nach Zweitwohnungen in diesen Gemeinden nach Aufhebung der Lex Koller entwickeln wird, ist heute kaum abzuschätzen.

1

Für weitere Informationen siehe Botschaft vom 4. Juli 2007 über die Aufhebung des Bundesgesetzes über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland, BBl 2007 5743.

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1.1.2

Vor- und Nachteile von Zweitwohnungen

Gesamtschweizerisch entfällt gemäss Bundesamt für Statistik rund ein Viertel aller Logiernächte auf vermietete Ferienwohnungen.2 Die Wertschöpfung des Ferienwohnungssektors beträgt 1,5 bis 2 Milliarden Franken.3 Damit stellen Ferienwohnungen ein wichtiges Element im touristischen Angebot der Schweiz dar.

Die Auslastung der Ferienwohnungen ist jedoch sehr tief und liegt bei rund 15­20 Prozent, wobei diese Angaben je nach Quelle schwanken.4 Besonders tief liegt die Auslastung bei Ferienwohnungen, welche nicht an Dritte vermietet werden, was auf die Mehrheit aller Ferienwohnungen in der Schweiz zutrifft. Hier geht man von einer Nutzung von rund fünf Wochen jährlich aus. Gemäss Mikrozensus zum Verkehrsverhalten 2005 liegt der Eigengebrauch von Ferienwohnungen bei rund acht Wochen pro Jahr, wobei im Mikrozensus Verkehr nur Ferienwohnungen von Schweizern erfasst werden5, welche ihre Ferienwohnungen vermutlich häufiger nutzen als Personen im Ausland.

Die wachsende Zahl der Ferienwohnungen steht einer abnehmenden Zahl von Hotelbetten gegenüber. Immer mehr Hotels in renommierten Tourismusregionen schliessen oder werden zu Ferienwohnungen umgenutzt. Ein unzureichendes Hotelangebot ist mittelfristig problematisch für eine Tourismusregion. Einerseits fehlt dadurch eine Infrastruktur für Konferenzen oder für Gruppenreisende, welche v.a. in der Zwischensaison zu einer besseren Auslastung und zur Bekanntheit einer Destination beitragen. Andererseits ist es für eine Destination ohne angemessenes Hotelangebot schwierig, neben den Stammgästen auch neue Gäste anzusprechen. Zudem geben Gäste in Ferienwohnungen pro Ferientag durchschnittlich weniger aus als Hotelgäste und schaffen dadurch pro Gast auch weniger regionale Arbeitsplätze.

Von regionalwirtschaftlichem Nutzen sind die Zweitwohnungen v.a. in ihrer Bauphase. Sie bringen Umsatz für das Bau- und Baunebengewerbe. Dieser Nutzen ist jedoch nur kurzfristig und fällt auch nur teilweise regional an, da nicht alle Bauarbeiten an regionale Firmen vergeben werden.

Eine hohe Nachfrage nach Zweitwohnungen führt zu überhöhten Boden- und Immobilienpreisen. Für die lokale Bevölkerung wird es dadurch schwierig, angemessenen und zahlbaren Wohnraum zu finden. Hinzu kommen erhöhte Infrastrukturkosten für die Gemeinden, da diese ihre Infrastruktur auf die theoretische
Maximalbelegung ausrichten müssen, welche ­ wenn überhaupt ­ nur während weniger Wochen im Jahr erreicht wird. Diese Kosten gehen zu Lasten der lokalen Steuerzahler.

Aus raumplanerischer Sicht sind v.a. die hohe Siedlungsflächenbeanspruchung und die Zersiedelung der Landschaft durch Zweitwohnungen problematisch. Die Siedlungsflächenbeanspruchung von Zweitwohnungen dürfte pro Bett höher sein als jener der Hotellerie, selbst wenn Parkanlagen, Konferenzräume oder Personalhäuser 2 3 4

5

Bundesamt für Statistik, 2003, Hotellerie und Parahotellerie in der Schweiz, Angebot und Nachfrage 2002, Neuenburg.

Schweizer Tourismusverband, STV, 2004, Schweizer Tourismus in Zahlen, Bern.

Bieger, Thomas/Beritelli, Pietro/Weinert, Robert,. 2005, HotBeds, Überwindung sozioökonomischer Barrieren bei der Vermietung von privatem Wohneigentum in Schweizer Tourismusregionen, Wissenschaftlicher Schlussbericht, St. Gallen.

Bundesamt für Statistik, Bundesamt für Raumentwicklung; Mikrozensus zum Verkehrsverhalten 2005, Auswertungen des Bundesamtes für Raumentwicklung.

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einbezogen werden. Konsequenz eines steigenden Anteils an Zweitwohnungen ist demzufolge eine höhere Siedlungsflächenbeanspruchung pro Bett bei einer verminderten durchschnittlichen Wertschöpfung pro Bett.

Die hohe Zahl an Zweitwohnungen führt zur Zersiedelung wertvoller Landschaften und gefährdet dadurch die Attraktivität der Landschaft und der Siedlungen in den Tourismusregionen. Eine attraktive Landschaft ist aber Grundlage des Tourismus im Schweizer Alpenraum, weshalb die wachsenden Zweitwohnungsbestände mittelfristig ihre eigenen Grundlagen und die Konkurrenzfähigkeit des Schweizer Tourismus gefährden.

1.1.3

Gründe für eine Neuregelung

Heute stellt die Lex Koller die einzige Möglichkeit der direkten Einflussnahme des Bundes auf den Zweitwohnungsbau dar. Dieses Gesetz wurde zwar nicht zur Lenkung des Zweitwohnungsbaus geschaffen, hat aber v.a. in renommierten Tourismusregionen dazu beigetragen, den Bauboom teilweise zu bremsen. Die Lex Koller stellt keine ausreichende Lösung zur Lenkung des Zweitwohnungsbaus dar. Sie ist ungenügend und diskriminierend, da sie nur die ausländischen Nachfrager erfasst. Das Gesetz gilt als nicht mehr zeitgemäss und soll aufgehoben werden.6 In der Folge ist v.a. in Tourismusregionen mit einer steigenden Nachfrage nach Zweitwohnungen und einer Zunahme der Bautätigkeit zu rechnen.

Gemäss einer Erhebung des Bundesamtes für Raumentwicklung weisen touristische Gemeinden überdurchschnittliche Anteile unüberbauter Bauzonen pro Person auf.7 Ohne Gegenmassnahmen ist in diesen Gemeinden in einem relativ kurzen Zeitraum eine erhebliche Ausdehnung der überbauten Gebiete zu erwarten. Aufgrund des hohen Siedlungsflächenverbrauchs, der damit einhergehenden Beeinträchtigung der Landschaft und der schlechten Auslastung der Zweitwohnungen (s. Ziff. 1.1.2), ist diese Entwicklung nicht mit dem Grundsatz der haushälterischen Bodennutzung vereinbar.

Die touristische Attraktivität einer Destination ist nicht von der Attraktivität einer einzelnen Gemeinde, sondern von derjenigen einer ganzen Region abhängig. Dies widerspiegelt sich im Ansatz des Destinationsmanagements, auf welchem das Tourismusmarketing von Schweiz Tourismus basiert. Eine einzelne Gemeinde profitiert folglich nur begrenzt, wenn sie lenkende Massnahmen ergreift, während die Nachbargemeinden darauf verzichten. Zudem führt es lediglich zu einer Verlagerung des Problems, wenn einzelne Gemeinden oder Kantone im Alleingang Massnahmen ergreifen. Einige Gemeinden haben in den letzten Jahren den Handlungsbedarf erkannt und Massnahmen zur Lenkung des Zweitwohnungsbaus eingeführt oder bereiten entsprechende Massnahmen vor. Es handelt sich dabei aber um lokale Lösungen. Der Bund sollte die Kantone dazu anhalten, für die regionale und überkantonale Abstimmung der Massnahmen zu sorgen, um eine ausgewogene und räumlich koordinierte Entwicklung sicherzustellen.

Da dem Tourismus als wichtiger Wirtschafts- und Exportsektor gesamt- und regionalwirtschaftlich eine grosse Bedeutung zukommt, wird er vom Bund mit verschie6 7

Botschaft vom 4. Juli 2007 über die Aufhebung des Bundesgesetzes über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland, BBl 2007 5743.

Bundesamt für Raumentwicklung ARE, 2005, Raumentwicklungsbericht 2005, Bern.

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denen Massnahmen unterstützt (Hotelkredit, Innotour, reduzierter Mehrwertsteuersatz für die Hotellerie). Verfolgt der Bund eine konsequente Politik der Tourismusförderung, so kann er nicht zulassen, dass das Kapital des Tourismus im Alpenraum ­ die landschaftliche Attraktivität ­ durch einen überbordenden Zweitwohnungsbau zerstört wird. Deshalb sollen die Kantone dazu verpflichtet werden, im Rahmen der kantonalen Richtpläne Massnahmen zur Lenkung des Zweitwohnungsbaus vorzusehen.

1.1.4

Vorgeschichte

Nach Ablehnung des Beitritts der Schweiz zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) 1992 wurde von verschiedener Seite eine Abschaffung oder Lockerung der Lex Koller gefordert, weshalb eine Expertenkommission eingesetzt worden ist8.

Diese ist in ihrem Bericht zum Schluss gekommen, dass Kantone und Gemeinden bei der Aufhebung der Lex Koller flankierende Massnahmen in der Raumplanung und allenfalls im Steuerrecht ergreifen sollten, um unerwünschte Entwicklungen im Ferien- und Zweitwohnungsbau aufzufangen.9 Der Bund sollte Rahmenvorschriften erlassen, welche Gewähr bieten, dass Kantone und Gemeinden die nötigen Massnahmen treffen.

Parallel zu den Arbeiten dieser Expertenkommission schlug der Bundesrat damals eine Lockerung der Lex Koller vor, ohne dessen harten Kern (u.a. die Kontingentierung von Ferienwohnungen für Personen im Ausland) anzutasten. Diese Vorlage wurde in der Referendumsabstimmung vom 25. Juni 1995 mit 53,6 Prozent der Stimmen verworfen. Infolge dieses Abstimmungsresultates wurden die Vorschläge des Expertenberichts nicht weiterverfolgt.

Im Jahr 2002 hat die Fraktion der FDP den Bundesrat in einer 2004 abgeschriebenen Motion aufgefordert, die Aufhebung der Lex Koller vorzubereiten. Der Bundesrat hat in der Botschaft zu einer Änderung des Bundesgesetzes über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland vom 28. Mai 2003 festgehalten, dass bei einer Aufhebung des Gesetzes allfällige Ersatzmassnahmen insbesondere im Raumplanungsrecht zu prüfen seien und das UVEK mit den entsprechenden Abklärungen beauftragt. Zwischen dem 10. November 2005 und dem 28. Februar 2006 wurde ein Vorschlag für flankierende Massnahmen im Raumplanungsgesetz einer Vernehmlassung unterzogen. Aufgrund der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens10 hat der Bundesrat das UVEK am 22. November 2006 beauftragt, an der eingeschlagenen Stossrichtung festzuhalten und die vorliegende Botschaft auszuarbeiten.

8 9

10

Botschaft vom 4. Juli 2007 über die Aufhebung des Bundesgesetzes über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland. Ziff. 1.4, BBl 2007 5743.

Bericht der Expertenkommission für die Prüfung der Folgen einer Aufhebung des Bundesgesetzes über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland, erstattet dem EJPD April 1995.

Ergebnisbericht zur Vernehmlassung über die Änderung des Raumplanungsgesetzes (Flankierende Massnahmen zur Aufhebung des Bundesgesetzes über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland), Mai 2006, http://www.admin.ch/ch/d/gg/pc/documents/1202/Ergebnisbericht_d.pdf

5770

1.2

Untersuchte Lösungsmöglichkeiten

Als flankierende Massnahmen zur Aufhebung der Lex Koller wurden drei verschiedene Varianten geprüft: eine gesamtschweizerische Kontingentierung der Zweitwohnungen, deren Besteuerung und eine Regelung über die kantonalen Richtpläne.

Für die Einführung einer gesamtschweizerischen Kontingentierung des Baus und Verkaufs von Zweitwohnungen fehlt dem Bund die notwendige Kompetenz. Eine solche Regelung würde zudem die Handlungsspielräume der Kantone und Gemeinden übermässig einschränken und regional angepasste Lösungen erschweren. Da neue Verfahrensabläufe aufgebaut werden müssten, wäre diese Massnahme auch mit einem beträchtlichen bürokratischen Aufwand verbunden. Auf kantonaler oder kommunaler Ebene kann eine Kontingentierung aber eine geeignete Lösung darstellen.

Den Kantonen und Gemeinden steht es frei, eine solche einzuführen. Das Bundesrecht steht dem nicht entgegen.

In Zusammenhang mit dem Steuerpaket, welches am 16. Mai 2004 vom Volk verworfen worden ist, sind verschiedene Gutachten11 zum Schluss gekommen, dass eine Zweitwohnungssteuer durch den Bund nicht verfassungskonform wäre.

Denkbar ist aber die Einführung einer kantonalen Zweitwohnungssteuer durch die Kantone unter Vorbehalt des verfassungsmässigen Verbots der interkantonalen Doppelbesteuerung (Art. 127 Abs. 3 BV). Es ist allerdings fraglich, ob eine Zweitwohnungssteuer als flankierende Massnahme überhaupt geeignet wäre. Insbesondere in den touristischen Prestigeorten, in denen ein sehr hoher Nachfragedruck herrscht, handelt es sich um ausserordentlich kaufkräftige Nachfrager. Diese lassen sich durch eine solche Steuer kaum vom Kauf einer Zweitwohnung abhalten.

Da es sich beim kantonalen Richtplan um ein bewährtes und etabliertes Instrument zur Koordination der räumlichen Entwicklung handelt, liegt eine Regelung der Zweitwohnungsproblematik in den kantonalen Richtplänen nahe (s. Ziff. 1.3).

Dadurch kann eine gesamtschweizerisch koordinierte Zweitwohnungspolitik sichergestellt werden. Gleichzeitig behalten die Kantone einen grossen Handlungsspielraum, um regional angepasste Lösungen zu treffen. Von den drei geprüften Varianten ist dieser Ansatz am besten geeignet und ohne grossen bürokratischen Aufwand realisierbar. Er ist deshalb Gegenstand der vorliegenden Botschaft.

1.3

Die beantragte Neuregelung

Durch eine Anpassung des Raumplanungsgesetzes sollen die Kantone neu dazu verpflichtet werden, in ihren Richtplänen diejenigen Gebiete zu bezeichnen, für welche besondere Massnahmen zur Sicherstellung eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen Erst- und Zweitwohnungen notwendig sind. Für die bezeichneten Gebiete entwickeln die Kantone gemeinsam mit den betroffenen Gemeinden Ziele 11

Cagianut, Francis/Cavelti, Ulrich, 2003, Gutachten über die Verfassungsmässigkeit der vom eidgenössischen Parlament beschlossenen Vorschriften im Bundesgesetz über die Änderung von Erlassen im Bereich der Ehe- und Familienbesteuerung, der Wohneigentumsbesteuerung und der Stempelabgaben vom 20. Juni 2003; Bundesamt für Justiz, 2000, Gutachten zum Systemwechsel bei der Besteuerung des selbstgenutzten Wohneigentums, 14. Januar 2000; Athanas, Peter/Bürgy, Dominik, 2004, Gutachten zur Zweitwohnungsbesteuerung gemäss Steuerpaket 2001, April 2004.

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und Massnahmen. Aufbauend auf der Kompetenzverteilung der Raumplanung gemäss Artikel 75 BV beschränkt sich der Bund darauf, eine Rahmenvorschrift zu erlassen. Es bleibt den Kantonen überlassen, welche Massnahmen sie vorsehen und wie weit sie die Umsetzung der Massnahmen an die Gemeinden delegieren. Dadurch sind differenzierte, den lokalen Gegebenheiten angepasste Massnahmen möglich.

Denkbar sind Massnahmen wie beispielsweise die Festlegung von Quoten oder Kontingenten, die Einführung von Erst- oder Zweitwohnanteilplänen im Rahmen der kommunalen Nutzungsplanung, Mindestwohnflächenregelungen, Ersatzabgaben oder fiskalische und bodenpolitische Ansätze.

Die vorgeschlagene Änderung des Raumplanungsgesetzes macht in den betroffenen Kantonen eine Anpassung der kantonalen Richtpläne notwendig. Je nach vom Kanton verfolgtem Lösungsansatz werden auch die kommunalen Nutzungspläne anzupassen sein. Hierfür wird den Kantonen und Gemeinden eine Frist von drei Jahren ab Inkrafttreten dieser Gesetzesrevision eingeräumt. Um eine Regelungslücke und damit einen Bauboom von Zweitwohnungen zu vermeiden, soll die Aufhebung der Lex Koller erst nach Ablauf dieser Frist, d.h. drei Jahre nach Inkrafttreten dieser Gesetzesrevision, in Kraft treten.12 Als Übergangsbestimmung wird vorgeschlagen, dass Gemeinden, welche nach Ablauf der Frist von drei Jahren noch keine Massnahmen getroffen haben, ab diesem Zeitpunkt keine weiteren Zweitwohnungen bewilligen dürfen, bis die entsprechenden Massnahmen eingeführt worden sind.

Zur Unterstützung der Kantone und Gemeinden im Vollzug plant die Bundesverwaltung, eine Arbeitsgruppe bestehend aus Vertretern der zuständigen Bundesämter und der besonders betroffenen Kantone einzusetzen, um Empfehlungen für die Umsetzung der flankierenden raumplanerischen Massnahmen auszuarbeiten und die Koordination sicherzustellen. Im Sinne von Empfehlungen soll eine Vollzugshilfe u.a.

Kriterien und Schwellenwerte vorschlagen für die Bestimmung jener Gebiete, in denen in Bezug auf den Zweitwohnungsbau ein besonderer Regelungsbedarf besteht. Weiter soll sie aufzeigen, welche kantonalen und kommunalen Massnahmen unter welchen Rahmenbedingungen zielführend sind. Falls die Vollzugshilfe nicht zu einem befriedigenden Resultat führt, könnten diese Elemente auch in einer Verordnung präzisiert werden.

Das Ziel
der beantragten Neuregelung besteht darin, die betroffenen Regionen über den kantonalen Richtplan verbindlich dazu anzuhalten, den Zweitwohnungsbau in geordnete Bahnen zu lenken. Damit sollen unerwünschte Auswirkungen der Aufhebung der Lex Koller auf den Zweitwohnungsmarkt abgefedert werden, ohne die Kompetenzen der Kantone auf dem Gebiet der Raumplanung einzuschränken.

1.4

Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung

1.4.1

Argumente für die vorgeschlagene Lösung

Ein entscheidender Vorteil der vorgeschlagenen Lösung besteht darin, dass In- und Ausländer künftig gleich behandelt werden; die bisherige Diskriminierung der Ausländer aufgrund der Bestimmungen der Lex Koller fällt weg. Der vorgeschlagene 12

Botschaft vom 4. Juli 2007 über die Aufhebung des Bundesgesetzes über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland, BBl 2007 5743.

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Lösungsansatz fügt sich in die bestehenden und bewährten raumplanerischen Instrumente und Verfahren ein und lässt sich so mit einem verhältnismässig geringen Aufwand und ohne zusätzliche Bürokratie umsetzen.

Die Integration der Massnahmen in den kantonalen Richtplan als Instrument zur Steuerung der Raumentwicklung stellt sicher, dass die Zweitwohnungsthematik in eine umfassende Betrachtung der touristischen Entwicklungsmöglichkeiten und -perspektiven der Kantone integriert und mit den Vorstellungen der Kantone über ihre Siedlungs-, Wirtschafts- und Landschaftsentwicklung koordiniert wird. Es kann so eine räumlich koordinierte Entwicklung der touristischen Regionen sichergestellt werden, wodurch sich unerwünschte Verlagerungs- und Konkurrenzsituationen vermeiden lassen. Der kantonale Richtplan schafft auch die Voraussetzungen für überkantonal koordinierte Regelungen, da die Kantone im Rahmen der Richtplanung zusammenarbeiten müssen.

Der vorgeschlagene Ansatz löst nur dort raumplanerische Aktivitäten aus, wo diese tatsächlich notwendig sind. Da im Rahmen der periodischen Überarbeitungen der Richtpläne durch die Kantone der Handlungsbedarf in Bezug auf die Zweitwohnungsfrage ohnehin überprüft werden muss, stellt der Ansatz sicher, dass auch eine zukünftige Problemsituation vom Kanton erkannt wird und er die nötigen Regelungen trifft. Es ist denkbar, dass es in Zukunft zu einer Verlagerung der Nachfrage kommt und Massnahmen in Gebieten notwendig werden, in denen heute noch kein Handlungsbedarf besteht. Dies gilt auch für städtische Gebiete mit ihren wachsenden Zweitwohnungsanteilen.

Der vorgeschlagene Ansatz räumt den Kantonen grossen Handlungsspielraum ein, was den lokalen Gegebenheiten angepasste Lösungen ermöglicht. Über die Genehmigung der kantonalen Richtpläne und die Berichterstattung über den Stand der Richtplanung gemäss Artikel 9 Absatz 1 der Raumplanungsverordnung vom 28. Juni 2000 (RPV; SR 700.1) kann der Bund die Umsetzung der Massnahmen in den Kantonen wo nötig koordinieren und die Übereinstimmung mit den Zielen und Grundsätzen der Raumordnungspolitik des Bundes sicherstellen.

1.4.2

Standpunkte und Stellungnahmen im vorparlamentarischen Verfahren

Im Vernehmlassungsverfahren haben sich sämtliche Kantone, 10 politische Parteien, 43 Organisationen, 4 Privatpersonen und 2 Gemeinden geäussert. Die vorgeschlagene Änderung des Raumplanungsgesetzes ist in der Vernehmlassung mehrheitlich begrüsst worden, u.a. wurde sie von zwei Dritteln aller Kantone unterstützt. Die SP und die Grünen wie auch zahlreiche Verbände fordern noch griffigere Massnahmen.

In verschiedenen Stellungnahmen wird die Aufhebung der Lex Koller sogar abgelehnt, wenn nicht griffigere Massnahmen vorgesehen werden. Verschiedentlich wird dabei eine gesamtschweizerische Kontingentierung der Zweitwohnungen vorgeschlagen. Diesen zustimmenden Stellungnahmen steht eine gewichtige Minderheit gegenüber, welche die Lex Koller ohne flankierende Massnahmen aufheben möchte.

Diese Meinung vertreten 9 Kantone, darunter die Tourismuskantone Graubünden und Wallis, die FDP, die CVP und die SVP und die LPS sowie eine Reihe von Organisationen, insbesondere Wirtschafts- und Immobilienverbände.

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1.5

Abstimmung von Aufgaben und Finanzen

Da sich die vorgeschlagene Lösung sowohl beim Bund als auch in der Umsetzung in den Kantonen und Gemeinden in bestehende Verfahren und Instrumente einfügt, ist mit einem sehr bescheidenen Zusatzaufwand zu rechnen. Für den Bund entstehen keine zusätzlichen Kosten.

1.6

Rechtsvergleich und Verhältnis zum europäischen Recht

1.6.1

Rechtsvergleich

Die Ergebnisse einer selektiven Umfrage zeigen, dass mehrere Nachbarländer Massnahmen zur Kontrolle des Zweitwohnungsbaus ergriffen haben.

In Baden-Württemberg nehmen viele touristische Gemeinden ihr Recht wahr, auf Zweitwohnungen eine Abgabe ­ eine lokale Luxussteuer ­ zu erheben. Diese bezieht sich auf Ausgaben, die über die Deckung der allgemeinen Lebensbedürfnisse hinausgehen, und betrifft folglich die Zweitwohnungen. Viele touristische Gemeinden erheben zudem eine Kurtaxe (in der Regel in Form einer Jahrespauschale).

In Bayern haben die stark touristisch geprägten Gemeinden die Möglichkeit, die Bildung oder Aufteilung von Wohneigentum einer Bewilligungspflicht zu unterstellen, um eine Häufung von Zweitwohnungen zu vermeiden. Ausserdem können die Gemeinden Stadtentwicklungsverträge abschliessen, um die Deckung des Wohnungsbedarfs der lokale Bevölkerung zu garantieren.

In Italien gibt es weder auf nationaler noch auf regionaler Ebene Gesetzesgrundlagen. Es steht den Gemeinden frei, in ihren Bebauungsplänen Massnahmen zur Regelung des Zweitwohnungsbaus vorzusehen oder bestimmte Zonen für den Bau von Ferienwohnungen vorzubehalten.

Die Österreichische Raumordnungskonferenz (ÖROK) empfiehlt den Gemeinden, die überwiegend vom Tourismus abhängen, den Bau von Ferienwohnungen nur in spezifisch dafür vorgesehenen Zonen zu bewilligen. Die Länder werden zudem aufgefordert, in problematischen Gebieten restriktivere Regelungen zu erlassen. Die Kompetenz, solche Massnahmen zu ergreifen, liegt allerdings bei den Ländern und Gemeinden.

Im Land Vorarlberg ist der Bau oder die Benutzung von Zweitwohnungen nur in spezifisch dafür vorgesehenen Zonen und mit Bewilligung der betroffenen Gemeinden zulässig. Ausnahmen bilden Regionen, in denen keine starke Nachfrage nach Ferienwohnungen herrscht. Ausgenommen sind auch Wohnungen, die vom Eigentümer während über fünf Jahren als Erstwohnung benutzt worden sind. Diese Wohnungen dürfen vom Eigentümer, seinen Familienmitgliedern und Erben als Ferienwohnung benutzt werden. In der Praxis wenden die Gemeinden die seit 1973 bestehende Regelung sehr restriktiv an, so dass die Zahl der Ferienwohnungen begrenzt geblieben ist.

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Das Land Tirol hat in seiner Regelung Kontingente eingeführt. Nach diesen Vorschriften können Feriendomizile nur in von der Gemeinde spezifisch bezeichneten Zonen und innerhalb der dafür festgelegten Kontingente gebaut werden. Die Tiroler Regelung hat sich als sehr wirksam erwiesen.

Die Beispiele zeigen, dass das Problem der Zweitwohnungen sehr unterschiedlich behandelt wird. Besonders auffallend sind die strengen Regelungen, die in Österreich mit Erfolg eingeführt wurden.

1.6.2

Die Lösung im Verhältnis zum europäischen Recht

Die Massnahmen zur besseren Kontrolle der Entwicklung der Zweitwohnungen im ganzen oder in Teilen des Landesgebietes entsprechen den allgemeinen Zielen der Politik der europäischen Staaten im Bereich der nachhaltigen Raumentwicklung.

1.7

Umsetzung

Für die Erarbeitung und Anpassung der kantonalen Richtpläne sind die Kantone zuständig, weshalb auch die durch die vorgeschlagene Änderung ausgelöste Richtplananpassung Sache der Kantone ist. Der Bundesrat prüft im Rahmen der Genehmigung der Richtpläne, ob die Kantone die Bestimmung angemessen umsetzen und ob eine Koordination zwischen den Kantonen stattfindet. Da es sich beim kantonalen Richtplan um ein bewährtes und etabliertes Instrument handelt, sind in der Umsetzung keine Probleme zu erwarten.

Da sich das Bundesrecht auf Rahmenvorschriften beschränkt und mit dem kantonalen Richtplan ein gut bekanntes Instrument einsetzt, sollte grundsätzlich keine Präzisierung auf Verordnungsstufe erforderlich sein. Der Begriff «ausgewogenes Verhältnis» in Artikel 8 Absatz 2 bildet zwar ein unbestimmtes rechtliches Konzept, es reicht aber aus, dieses im Rahmen der geplanten Vollzugshilfe zu präzisieren (vgl. Ziff. 1.3 oben). Die Übergangsbestimmungen bilden nicht Gegenstand von Vollzugsbestimmungen, weil ihre Anwendung zeitlich befristet und sie im Übrigen per se ausreichend klar und präzise sind.

Für die Umsetzung in den Kantonen ist eine zuverlässige Datengrundlage erforderlich. Gesamtschweizerisch konnte für das Jahr 2000 auf die im Rahmen der Volkszählung erhobenen zeitweise bewohnten Wohnungen abgestellt werden. Diese Daten werden in Zukunft nicht mehr auf Basis der Volkszählung, sondern registerbasiert erhoben. Die geplante Verknüpfung des Eidgenössischen Gebäude- und Wohnungsregisters (GWR) mit dem Einwohnerregister in Verbindung mit der revidierten Leerwohnungszählung wird es in Zukunft ermöglichen, in kurzen Zeitabständen flächendeckende Angaben zu den dauernd bewohnten, den zeitweise bewohnten und den leer stehenden Wohnungen zu erhalten. Voraussetzung für die Verfügbarkeit dieser Daten ist die vollständige Durchführung der Registerharmonisierung und eine auf dem Eidgenössischen Gebäude- und Wohnungsregister aufbauende neu konzipierte Leerwohnungszählung Auf kommunaler Stufe stehen den Gemeinden zudem weitere Datenquellen zur Verfügung, wie die Kurtaxenabrechnungen oder die Steuerregister.

5775

2

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln

2.1

Änderung des Raumplanungsgesetzes; Artikel 8 Absatz 2 (neu)

Die Kantone sollen von Bundesrechts wegen verpflichtet werden, in ihren Richtplänen die Gebiete zu bezeichnen, in denen die Anzahl Zweitwohnungen eine ausgewogene Raumentwicklung gefährdet. Da es sich beim Raumplanungsgesetz um ein Rahmengesetz handelt und es die Autonomie der Kantone zu respektieren gilt, beschränkt sich die vorgeschlagene Bestimmung darauf, die Kantone in genereller, aber verbindlicher Weise dazu anzuhalten, sich im Richtplan mit der Thematik der Zweitwohnungen auseinanderzusetzen. Die Wahl der konkreten Massnahmen obliegt ­ in Abhängigkeit von den unterschiedlichen regionalen und lokalen Verhältnissen ­ den Kantonen beziehungsweise den Gemeinden. Im Rahmen der Genehmigung der kantonalen Richtpläne (vgl. Art. 11 RPG) wird der Bund sicherstellen, dass diejenigen Kantone, welche mit derartigen Problemen konfrontiert sind, die notwendigen Massnahmen auch tatsächlich getroffen haben.

2.2

Übergangsbestimmungen zur Änderung des Raumplanungsgesetzes

Den betroffenen Kantonen und Gemeinden wird für die gegebenenfalls notwendigen Anpassungen der kantonalen Richtpläne sowie das Inkraftsetzen darauf aufbauender Massnahmen ­ sei dies auf kantonaler oder auf kommunaler Stufe ­ eine Frist von drei Jahren ab Inkrafttreten der Anpassungen im Raumplanungsrecht eingeräumt.

Eine Reglungslücke könnte zur Folge haben, dass die Zahl der Zweitwohnungen ­ insbesondere in prestigeträchtigen Tourismusregionen ­ in unerwünschter Weise zunimmt. Um dies zu vermeiden, muss sichergestellt werden, dass die flankierenden raumplanerischen Massnahmen ihre Wirkung ab Inkrafttreten der Aufhebung der Lex Koller entfalten können. Die Aufhebung der Lex Koller soll daher erst drei Jahre nach Inkrafttreten dieser Gesetzesrevision in Kraft treten. Auf diese Weise wird die Aufhebung der Lex Koller auch in zeitlicher Hinsicht mit der vorliegenden Änderung des RPG koordiniert.

Um einen Anreiz zur Einhaltung dieser Frist zu schaffen und mangels anderer Sanktionsmöglichkeiten im Fall, dass die Kantone und Gemeinden die flankierenden raumplanerischen Massnahmen nicht fristgerecht getroffen haben, sollen der Bau von Zweitwohnungen und die Umwandlung von Erstwohnungen oder Hotels in Zweitwohnungen nicht mehr bewilligt werden dürfen, wenn die sich aus dem Bundesrecht ergebenden Verpflichtungen bei Ablauf dieser Frist noch nicht erfüllt sind.

Ab diesem Zeitpunkt würde für die säumigen Kantone und Gemeinden so lange ein Bewilligungsstopp gelten, bis sie die nötigen Vorkehrungen getroffen haben.

Nach Auffassung des Bundesrates ist diese Bestimmung notwendig und angemessen. Deshalb soll sie trotz der in der Vernehmlassung vorgebrachten Einwände beibehalten werden. Damit die Aufhebung der Lex Koller keine gesetzliche Lücke verursacht, müssen die flankierenden raumplanerischen Massnahmen Wirkung zeigen, sobald die Aufhebung der Lex Koller in Kraft tritt. Eine Frist zu setzen, ist nur sinnvoll, wenn die Nichteinhaltung Sanktionen nach sich zieht. Die Beeinträchtigung der Eigentumsgarantie oder der Wirtschaftsfreiheit durch diese Regelung ist im Vergleich zu anderen Sachzwängen, die aufgrund der Raumplanung entstehen, 5776

nicht übermässig und ihre Verfassungsmässigkeit steht ausser Zweifel (vgl. Ziff. 5.1 unten).

Eine strengere Lösung könnte in einem Bewilligungsstopp für neue Zweitwohnungen ab dem Inkrafttreten der RPG-Änderung bestehen. Dies wäre zwar zweifellos die sicherste und effizienteste Lösung, aber übermässig strikt. Anlässlich der Vernehmlassung wurde die Dreijahresfrist vielfach als zu kurz beurteilt; einige Stellungnahmen bezeichneten sie jedoch als passend oder sogar als zu lang. Angesichts des dringenden Handlungsbedarfs und um das Inkrafttreten der Aufhebung der Lex Koller nicht länger zu verzögern, erscheint die vorgeschlagene Frist jedoch geeignet.

Sie zwingt die betroffenen Behörden, rasch zu handeln. Das Ziel ist aber durchaus realisierbar, zumal es sich nur um eine punktuelle Änderung eines vertrauten Instruments ­ des kantonalen Richtplans ­ nach bewährten Verfahren handelt. Die Massnahmen, die auf kommunaler Ebene zu treffen sind, können in der gleichen Frist ausgearbeitet werden. Im Übrigen ist das Problem der Zweitwohnungen in den besonders betroffenen Kantonen und Gemeinden wohlbekannt und verschiedene Regelungen sind bereits in Kraft. Die groben Züge des vorliegenden Gesetzesentwurfs wurden bereits vor einiger Zeit bekannt gegeben. Aus diesen Gründen sind auch die Übergangsbestimmungen als angemessen, vernünftig und verhältnismässig zu betrachten.

3

Auswirkungen

3.1

Auswirkungen auf den Bund

Da die Neuregelung integriert in bestehende und bewährte Instrumente und Verfahren erfolgt, sind keine namhaften personellen und finanziellen Auswirkungen auf den Bund zu erwarten.

3.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden

Aufgrund der Neuregelung müssen die kantonalen Richtpläne angepasst werden.

Dies kann in die periodisch stattfindenden Richtplananpassungen integriert werden, weshalb sich der Mehraufwand in Grenzen halten wird. Zudem entfällt der Aufwand der Kantone für den Vollzug der Lex Koller.

Die Kantone werden periodisch überprüfen müssen, inwiefern die im kantonalen Richtplan vorgesehenen Massnahmen in den betroffenen Regionen und Gemeinden umgesetzt werden. Da die kommunalen Massnahmen in der Regel in die kommunale Nutzungsplanung integriert werden und diese von den Kantonen ohnehin genehmigt werden müssen, kann diese Überprüfung in bestehende Verfahren integriert werden und daher mit vernachlässigbarem Zusatzaufwand erfolgen.

Je nach vom Kanton gewähltem Lösungsansatz wird die Anpassung der kantonalen Richtpläne eine Anpassung der kommunalen Nutzungspläne nach sich ziehen. Auch dies bedingt aber nur einen beschränkten und zeitlich befristeten Mehraufwand für die Gemeinden, da die Aufhebung der Lex Koller in vielen Gemeinden ohnehin einen Zusatzaufwand verursacht. Gemeinden, welche bisherige Regelungen gestützt auf Artikel 13 der Lex Koller gekannt haben (s. Ziff. 1.1.1), müssten ohnehin alternative Lösungen suchen. Auch Gemeinden, welche sich aufgrund des erhöhten 5777

Problemdrucks zum Handeln veranlasst sehen, müssten individuell nach Lösungen suchen. Eine durch den Kanton unterstützte und koordinierte Einführung von kommunalen Lösungsansätzen dürfte effizienter und vor allem wirksamer sein, als wenn jede Gemeinde individuell vorgeht.

Der Vollzug der Massnahmen auf lokaler Ebene erfolgt durch die Gemeinden. 2004 wurde eine Umfrage in Gemeinden durchgeführt, welche bereits heute Massnahmen zur Lenkung des Zweitwohnungsbaus kennen wie Erstwohnanteilpläne, Mindestwohnflächen, Bonus-/Malussysteme, Ersatzabgaben, Kontingentierungen oder bodenpolitische Massnahmen. Es hat sich gezeigt, dass der Vollzug keine grösseren Probleme bereitet, wenn die Gemeinden gewisse Begleitmassnahmen ergreifen, wie z.B. die Führung eines Erstwohnungskatasters bei Erstwohnanteilplänen oder periodische Stichprobenkontrollen.

3.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Eine Zweitwohnungsregelung über das Raumplanungsgesetz ist ein Beitrag zu einer nachhaltigen Wachstumspolitik. Insbesondere trägt sie zum Erhalt der Konkurrenzfähigkeit des Schweizer Tourismus bei, indem attraktive Landschaften und Ortsbilder bewahrt und die Konkurrenzfähigkeit der beschäftigungsintensiveren Hotellerie gegenüber den Zweitwohnungen erhalten und gestärkt wird.

3.4

Andere Auswirkungen

3.4.1

Auswirkungen auf die Aussenpolitik

Von der Vorlage sind positive Auswirkungen auf die Aussenpolitik zu erwarten, weil die Diskriminierung von ausländischen gegenüber inländischen Nachfragern wegfällt.

3.4.2

Auswirkungen auf Umwelt und Landschaft

Auf Umwelt und Landschaft sind positive Auswirkungen zu erwarten, weil eine unerwünschte Ausdehnung der Siedlungsflächen verhindert werden kann und somit wertvolle und attraktive Landschaften erhalten werden.

3.4.3

Auswirkungen auf die Raumplanung

Die Vorlage steht im Einklang mit den Zielen und Grundsätzen der Raumplanung.

Sie trägt bei zu einer haushälterischen Bodennutzung, dem Erhalt wohnlicher Siedlungen und der Schaffung räumlicher Voraussetzungen für die Wirtschaft. Die Vorlage steht ebenfalls in Übereinstimmung mit der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 des Bundesrates.

5778

3.4.4

Auswirkungen auf Städte, Agglomerationen und Berggebiete

Von der Vorlage wären in erster Linie die Tourismusregionen in den Berggebieten betroffen. Da die Anzahl Zweitwohnungen in städtischen Regionen seit 1980 sehr stark angestiegen ist, ist nicht auszuschliessen, dass mittelfristig auch in diesen ein Handlungsbedarf entsteht. Die vorgeschlagene Lösung über die kantonale Richtplanung bietet eine Grundlage, bei Bedarf auch städtische Gebiete einzubeziehen.

3.4.5

Auswirkungen auf die Gesellschaft

Insbesondere auf die einheimische Bevölkerung in Tourismusregionen mit hoher Zweitwohnungsnachfrage hat die Vorlage positive Auswirkungen, indem sie die Bereitstellung von attraktivem und erschwinglichem Wohnraum für Einheimische fördert.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung

Der vorliegende Entwurf wird im Bericht über die Legislaturplanung 2003­2007 (BBl 2004 1149) zwar nicht ausdrücklich erwähnt, aber er entspricht dem Ziel 2: «Den Lebensraum nachhaltig sichern» (Ziff. 4.2) und «Ausgewogene und nachhaltige räumliche Entwicklung sicherstellen» (Ziff. 4.2.1).

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungs- und Gesetzesmässigkeit

Die Änderungen, für welche die vorliegende Botschaft plädiert, gründen auf Artikel 75 der Bundesverfassung.

Diese Änderungen bezwecken, unter Achtung des RPG als Rahmengesetz und der Autonomie der Kantone, eine zweckmässige und haushälterische Nutzung des Bodens und eine geordnete Besiedlung des Landes. Sie entsprechen ausserdem den in Artikeln 1 und 3 RPG niedergelegten Zielen und Grundsätzen. Die konkrete Umsetzung obliegt den Kantonen, sofern sie betroffen sind. Die Kantone besitzen einen breiten Ermessensspielraum, um die je nach spezifischen Verhältnissen angemessenen Lösungen zu finden.

Die Massnahme in Absatz 2 der Übergangsbestimmungen beschneidet die Freiheit der Kantone und Gemeinden; sie ist jedoch in Ermangelung anderer möglicher Sanktionen notwendig und in Anbetracht des angestrebten öffentlichen Interesses und ihrer zeitlichen Befristung nicht exzessiv.

Massnahmen zur Begrenzung des Zweitwohnungsbaus stimmen sowohl mit der Eigentumsgarantie (Art. 26 BV; vgl. BGE 117 Ia 143, 112 Ia 66) als auch mit der Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV; BGE 112 Ia 71) überein, sofern sie ein eindeutiges öffentliches Interesse verfolgen und den Grundsatz der Verhältnismässigkeit beachten. Letzteres ist gewährleistet, weil die Wahl der am besten geeigneten Massnahmen sich nach den lokalen Gegebenheiten richtet.

5779

5.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die in dieser Botschaft vorgeschlagenen Änderungen sind vereinbar mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz, insbesondere auch mit den Vereinbarungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union.

5780

Anhang Tabelle 1 Zeitweise bewohnte Wohnungen 1980 und 2000 Kanton

Zeitweise bewohnte Wohnungen 2000

Veränderung 1980­2000

Absolut

Zeitweise bewohnte Wohnungen

Alle Wohnungen

In % aller Wohnungen

ZH BE LU UR SZ OW NW GL ZG FR SO BS BL SH AR AI SG GR AG TG TI VD VS NE GE JU

33 861 45 623 11 441 1 978 5 526 3 606 2 113 2 916 3 979 10 454 6 729 8 395 6 489 2 611 2 790 668 18 965 47 902 13 435 7 983 45 175 43 481 61 614 6 431 22 912 2 742

5,7 % 9,8 % 7,5 % 12,5 % 10,0 % 22,4 % 12,5 % 15,2 % 9,3 % 9,9 % 6,0 % 7,9 % 5,5 % 7,5 % 11,1 % 11,0 % 9,2 % 37,1 % 5,6 % 7,9 % 24,4 % 13,4 % 35,7 % 7,9 % 11,2 % 8,8 %

314,9 % 49,6 % 130,7 % 31,3 % 30,9 % 16,4 % 45,8 % 34,4 % 304,8 % 100,9 % 280,6 % 208,0 % 270,2 % 228,4 % 14,7 % 9,5 % 79,1 % 41,5 % 379,0 % 258,0 % 42,3 % 104, 0 % 27,2 % 71,7 % 118,9 % 42,3 %

28,3 % 23,3 % 44,3 % 29,6 % 55,6 % 41,5 % 55,9 % 20,2 % 62,8 % 55,9 % 34,2 % 8,2 % 33,5 % 23,6 % 22,9 % 29,1 % 35,8 % 41,4 % 44,5 % 47,3 % 33,5 % 33,7 % 38,9 % 14,5 % 23,7 % 23,5 %

CH

419 819

11,8 %

75,3 %

32,2 %

Quelle: Eidg. Volkszählung 1980 und 2000; Berechnungen ARE

5781

Tabelle 2 Gemeinden mit über 500 zeitweise bewohnten Wohnungen und über 50 % zeitweise bewohnten Wohnungen Gemeinde

Saint-Luc Grimentz Laax Falera Silvaplana Ayer Obersaxen Vaz/Obervaz Leukerbad Bellwald Betten Randogne Gryon Savognin Vex Celerina/Schlarigna Flims Mollens (VS) Champéry San Nazzaro Bagnes Ronco sopra Ascona La Punt-Chamues-ch Oberiberg Nendaz Brissago Bürchen Grächen Sils im Engadin/Segl Mesocco Ormont-Dessus Vals Wildhaus Lenk Flühli 5782

Kanton

VS VS GR GR GR VS GR GR VS VS VS VS VD GR VS GR GR VS VS TI VS TI GR SZ VS TI VS VS GR GR VD GR SG BE LU

Zeitweise bewohnte Wohnungen Absolut

In % aller Wohnungen

845 856 2307 872 1531 871 993 3083 2108 570 742 2406 1231 880 1186 1201 2225 655 1008 531 4690 643 555 606 4061 1547 538 890 538 985 1061 632 911 1514 1069

82,8 % 81,8 % 80,9 % 78,8 % 77,4 % 74,0 % 72,7 % 72,6 % 72,5 % 72,2 % 72,1 % 70,7 % 69,7 % 68,2 % 67,7 % 67,5 % 66,3 % 66,2 % 65,8 % 65,1 % 65,1 % 64,8 % 64,8 % 64,3 % 64,26 % 63,9 % 63,7 % 62,3 % 62,2 % 61,9 % 61,4 % 61,2 % 61,1 % 60,5 % 60,4 %

Gemeinde

Olivone Lens Arosa Montana Ormont-Dessous Engelberg Orselina Val-d'Illiez Saas Fee Hasliberg Ollon Salvan Rougemont Tujetsch Adelboden Vionnaz Lauterbrunnen Zuoz Chalais Evolène Alt St. Johann St. Moritz Troistorrents

Kanton

TI VS GR VS VD OW TI VS VS BE VD VS VD GR BE VS BE GR VS VS SG GR VS

Zeitweise bewohnte Wohnungen Absolut

In % aller Wohnungen

560 2073 1829 1284 842 2021 552 813 864 611 2880 601 547 790 1722 717 1414 556 1084 767 571 2233 1515

60,3 % 59,9 % 59,6 % 58,5 % 58,3 % 58,2 % 57,4 % 57,3 % 56,4 % 55,7 % 55,1 % 55,0 % 55,0 % 54,6 % 53,4 % 52,6 % 52,4 % 52,1 % 51,2 % 51,0 % 50,6 % 50,6 % 50,3 %

Quelle: Eidg. Volkszählung 2000; Berechnungen ARE

5783

5784