03.401 Parlamentarische Initiative Einführung eines Finanzreferendums Bericht der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom 1. November 2007

Sehr geehrte Frau Präsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Die Kommission unterbreitet Ihnen den vorliegenden Bericht betreffend die Abschreibung der parlamentarischen Initiative 03.401 (SVP-Fraktion). Einführung eines Finanzreferendums.

Auftragsgemäss wurden verschiedene Varianten zur Umsetzung der Initiative geprüft. Am 16. Februar 2007 unterbreitete die Kommission einen Erlassentwurf mit erläuterndem Bericht der Vernehmlassung. Nach Auswertung der Vernehmlassungsergebnisse beschloss die Kommission am 27. August 2007 mit 12:10 Stimmen bei einer Enthaltung, auf die Vorlage nicht einzutreten und die Initiative dem Rat zur Abschreibung zu beantragen.

Die Minderheit der Kommission (Amstutz, Müri, Perrin, Schibli, Schmied Walter, Weyeneth) beantragt, die Initiative an die Staatspolitische Kommission zurückzuweisen und diese zu beauftragen, dem Rat eine Vorlage zu unterbreiten.

1. November 2007

Im Namen der Kommission Der Präsident: Andreas Gross

2007-2706

8373

Bericht 1

Entstehungsgeschichte

1.1

Die parlamentarische Initiative der SVP-Fraktion vom 13. März 2003 (03.401)

1.1.1

Das Anliegen der parlamentarischen Initiative

Die von der Fraktion der Schweizerischen Volkspartei am 13. März 2003 eingereichte parlamentarische Initiative verlangt, dass Bundesbeschlüsse über Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen, die neue einmalige Ausgaben oder neue wiederkehrende Ausgaben nach sich ziehen, welche einen bestimmten Betrag überschreiten, dem fakultativen Referendum unterstehen. Die Initianten und Initiantinnen erhoffen sich von dem neuen Instrument einen positiven Effekt auf die Bundesfinanzen und verweisen auf entsprechende Erfahrungen in Kantonen und Gemeinden.

1.1.2

Die Vorprüfung der parlamentarischen Initiative

Die Staatspolitische Kommission (SPK) des Nationalrates hat die parlamentarische Initiative am 13. November 2003 vorgeprüft und mit 11 zu 11 Stimmen bei Stichentscheid des Präsidenten dem Rat beantragt, der Initiative Folge zu geben.

Wie die Initianten liess sich die Kommission in erster Linie von finanzpolitischen Überlegungen leiten. Sie ging davon aus, dass das Finanzreferendum präventive Wirkung auf die Ausgabendisziplin der Behörden haben kann, und verwies auf die in der wissenschaftlichen Literatur wiedergegebenen empirischen Befunde aus Kantonen und Gemeinden (vgl. Bericht der SPK des Nationalrates vom 20. Februar 2004).

Die SPK stellte jedoch auch demokratiepolitische Überlegungen an, welche für die Einführung eines Finanzreferendums sprechen. So könne es für das Volk bisweilen interessanter sein, über wichtige Ausgaben des Bundes bestimmen zu können als über abstrakte Rechtsnormen in Gesetzen, wurde im Bericht der Kommission angeführt. Es gehe darum, dass die Stimmberechtigten bei wichtigen Entscheiden mitreden können, seien diese nun finanzieller oder normativer Natur.

Die Minderheit der Kommission hingegen sprach von einer Instrumentalisierung der Volksrechte für den konkreten Zweck der Ausgabensenkung. Volksrechte würden einen Wert an sich darstellen und dürften nicht zum Zwecke der Erreichung bestimmter politischer Ziele eingerichtet werden. Zudem sollte nach Ansicht der Minderheit ein Übergewicht von bremsenden Elementen, wie das Finanzreferendum eines darstelle, im direktdemokratischen Instrumentarium vermieden werden.

Schliesslich erinnerte die Minderheit daran, dass die meisten Ausgaben gesetzlich festgelegt würden und somit durchaus dem Referendum unterstellt seien.

Da die parlamentarische Initiative noch vor Inkrafttreten des neuen Parlamentsgesetzes am 1. Dezember 2003 eingereicht worden ist, ist sie nach den Regeln des früheren Geschäftsverkehrsgesetzes zu behandeln. Sie wurde deshalb gemäss Artikel 21ter des Geschäftsverkehrsgesetzes dem Nationalrat zum Beschluss unterbreitet. Dieser folgte am 22. September 2004 mit 90 zu 75 Stimmen der knappen Kommissions8374

mehrheit und sprach sich für die Einführung eines Finanzreferendums aus. Der SPK wurde in der Folge der Auftrag erteilt, eine Vorlage zur Einführung des Finanzreferendums auszuarbeiten.

1.2

Erfahrungen in den Kantonen

1.2.1

Die Ausgestaltung des Instruments in den Kantonen

1.2.1.1

Die Vielfalt des Instrumentariums

«Das Finanzreferendum ist das komplexeste aller direktdemokratischen Instrumente in den Kantonen»1, schreiben die Politologen Alexander Trechsel und Uwe Serdült in ihrem Werk über die direkte Demokratie in den Kantonen. Sie meinen damit die Vielfalt der vorkommenden Ausgestaltungsformen. Tatsächlich gibt es in den Kantonen obligatorische und fakultative Finanzreferenden mit den unterschiedlichsten Limiten. Alle Kantone kennen irgendeine Form des Finanzreferendums; es handelt sich um ein beliebtes Instrument im System der direkten Demokratie der Kantone.

Es scheint, wie Trechsel und Serdült schreiben, «dass der Grundsatz in den kantonalen Demokratien einen wichtigen Platz eingenommen hat.»2

1.2.1.2

Form des Referendums

«Die wohl auffälligste Entwicklung im Bereich des Finanzreferendums ist der Triumphzug des fakultativen Ausgabenreferendums,»3 fassen Trechsel und Serdült die institutionelle Entwicklung in den Kantonen zusammen, wonach mittlerweile fast alle Kantone ein fakultatives Finanzreferendum kennen. Dies bedeutet nicht, dass das obligatorische Finanzreferendum an Bedeutung verloren hätte, kommt es immerhin doch noch in mehr als der Hälfte der kantonalen Rechtsordnungen vor.

Dabei gibt es sogar Kantone, welche ein obligatorisches Finanzreferendum kennen und daneben «nur» ein fakultatives Gesetzesreferendum, womit also für Finanzbeschlüsse höhere direktdemokratische Hürden vorgesehen sind als für Gesetzesbeschlüsse, wie Etienne Grisel verwundert feststellt: «... il en résulte ce paradoxe que la dépense occupe un rang démocratique plus élevé que la loi qui est censée lui servir de base.»4 Die zunehmende Bedeutung des fakultativen Finanzreferendums ergab sich durch die vermehrte Einführung zweistufiger Systeme: Zahlreiche Kantone unterstellen Kredite ab einer bestimmten Summe dem fakultativen und Kredite ab einer noch höheren Summe dem obligatorischen Referendum.

1

2 3 4

Trechsel, Alexander / Serdült, Uwe: Kaleidoskop Volksrechte: Die Institutionen der direkten Demokratie in den schweizerischen Kantonen (1970­1996).

Basel­Genf­München 1999, S. 37.

Trechsel / Serdült, S. 37.

Trechsel / Serdült, S. 49.

Grisel, Etienne: Les droits populaires au niveau cantonal. In: Verfassungsrecht der Schweiz / Droit constitutionnel suisse. Hrsg.: Daniel Thürer et al., S. 408 f.

8375

1.2.1.3

Limiten

In der Regel umfasst die Institution des Finanzreferendums bei Ausgaben alle neuen, d.h. nicht gebundenen Ausgaben, einmalige oder wiederkehrende, die einen gewissen Betrag überschreiten. Dieser Betrag ist in den Kantonen unterschiedlich hoch. Die Spannweite reicht zum Beispiel beim obligatorischen Referendum für einmalige neue Ausgaben von 250 000 Franken im Kanton Schwyz bis zum hundertfachen dieses Betrags, nämlich 25 Millionen im Kanton Luzern. Bei jährlich wiederkehrenden Ausgaben wird die Referendumsgrenze in der Regel auf ein Zehntel der einmaligen Ausgabe festgesetzt.

In gewissen Kantonen werden nicht Frankenbeträge als Limite angegeben, sondern die Limite wird durch prozentuale Anteile an einem kantonalen Finanzindikator festgelegt. Solche Systeme kennen die Kantone Jura, Wallis, Neuenburg, Freiburg und Appenzell Ausserrhoden. Dieses System macht eine periodische Anpassung der Frankenbeträge überflüssig. In den meisten Kantonen, welche mit Frankenbeträgen operieren, wurden diese im Laufe der Jahre zum Teil mehrmals angepasst. Dennoch konnten Trechsel und Serdült nachweisen, dass in vielen Kantonen der prozuentale Anteil des Betrags eines dem Referendum unterstellten Kredites an den Gesamtausgaben kontinuierlich sank, und somit ­ eher ungewollt ­ eine Ausweitung des Finanzreferendums stattgefunden hat.5

1.2.1.4

Rudimentäre Regelungen auf Verfassungsstufe konkretisiert durch Bundesgerichtspraxis

Die Kantone regeln das Finanzreferendum in der Regel nur rudimentär, und zwar auf Verfassungsebene. Die Kantonsverfassungen sehen vor, dass Ausgabenbeschlüsse des Parlaments ab einer bestimmten Höhe dem Referendum unterstehen. Die gesetzlichen Ausführungsvorschriften umschreiben die Voraussetzungen des Finanzreferendums in der Regel nicht näher, sondern beziehen sich normalerweise nur auf das Verfahren. Gemäss Hangartner und Kley hat dies zur Folge, «dass die Praxis der obersten kantonalen Behörden und namentlich die Rechtsprechung des Bundesgerichts massgeblich bestimmen, unter welchen Voraussetzungen das Volksrecht des Ausgabenreferendums den Stimmberechtigten zusteht»6.

Das Bundesgericht beurteilt auf staatsrechtliche Beschwerde hin, ob die verfassungsrechtlichen Mitwirkungsrechte der Bürger und Bürgerinnen bei einem konkreten Ausgabenbeschluss verletzt sind und ob die gesetzlichen Vorschriften zur näheren Ausführung dieser verfassungsrechtlichen Mitwirkungsrechte eingehalten sind. Bei der Beurteilung solcher Beschwerden stellt das Bundesgericht, häufig in Ermangelung präziserer Bestimmungen in den Kantonsverfassungen, auf von ihm entwickelte Grundsätze des Finanzreferendums ab. Diesen Grundsätzen kommt eine nicht unwichtige Bedeutung zu, «denn über das Ausgabenreferendum wird häufig gestritten»7. Gemäss Hangartner und Kley haben die Grundsätze des Bundesgerichts fast die Wirkung eines Bundesgesetzes erhalten. Die Kantone, welche gerichtliche

5 6 7

Trechsel / Serdült, S. 38ff.

Hangartner, Yvo / Kley, Andreas: Die demokratischen Rechte in Bund und Kantonen der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Zürich 2000, S. 728.

Hangartner / Kley, S. 729.

8376

Anfechtungen vermeiden wollen, beachten die Grundsätze sowohl bei der Anwendung als auch bei der rechtlichen Ausgestaltung des Finanzreferendums.

Hangartner und Kley beurteilen die Vereinheitlichung der Regeln über das Finanzreferendum als nicht unbedenklich. Ihrer Ansicht nach würde es demokratiepolitischen und föderalistischen Anforderungen besser entsprechen, wenn die kantonalen Gesetzgeber ihr Finanzreferendum selber gestalten würden. Auf der anderen Seite verstehen sie auch das Bedürfnis einer im Streitfall unabhängigen Beurteilung durch eine ausserkantonale Instanz: «Für die politischen Behörden ist daher angesichts der meist grossen Offenheit der Regelungen die Versuchung gross, nach Opportunität zu entscheiden und den Anwendungsbereich des Ausgabenreferendums über Gebühr einzuschränken. Der Wunsch von Stimmberechtigten, in einer solchen Situation Rechtsschutz ausserhalb des Kantons zu suchen und vom Bundesgericht die Konkretisierung des verfassungsmässigen Rechts auf das Ausgabenreferendum zu erwarten, entspricht deshalb einem legitimen Rechtsschutzbedürfnis»8.

1.2.2

Die Beurteilung des Finanzreferendums in der Wissenschaft

Zur Beurteilung des Finanzreferendums wird in der Wissenschaft in erster Linie mit politökonomischen Ansätzen gearbeitet. Aufgrund theoretischer Überlegungen wird davon ausgegangen, dass dem Finanzreferendum eine gewisse Asymmetrie eigen sei, die auf eine Beschränkung der Staatstätigkeit hinwirke, insbesondere wenn es um einmalige Ausgaben gehe: Wird ein neues Ausgabenprojekt in der Volksabstimmung abgelehnt, so wird die Ausgabe nicht getätigt und somit nicht budgetwirksam, unabhängig davon, ob die Stimmbürger und Stimmbürgerinnen höhere oder tiefere Ausgaben präferiert hätten9.

Tatsächlich liefern verschiedene Analysen der Wirkungen des Finanzreferendums in Kantonen und Gemeinden empirische Evidenz für die Ausgaben dämpfende Wirkung des Instruments. So haben etwa Feld und Kirchgässner anhand der Auswertung kantonaler Datensätze aus den Jahren 1986­1997 und von Datensätzen aus 134 Gemeinden aus dem Jahre 1990 festgestellt, dass die Existenz eines obligatorischen Finanzreferendums zu niedrigeren Ausgaben und Einnahmen führte. Gemäss ihrer Untersuchung sind in Kantonen mit obligatorischem Finanzreferendum die Staatsausgaben pro Kopf um etwa 7 Prozent und die Staatseinnahmen um etwa 11 Prozent signifikant niedriger als in den übrigen Kantonen. Noch beeindruckender sind die Resultate auf Gemeindeebene: Einnahmen und Ausgaben sind in den Gemeinden mit Finanzreferendum pro Kopf um etwa 20 Prozent niedriger als in den übrigen Gemeinden10.

8 9

10

Hangartner / Kley, S. 731.

Zur ausführlichen Darlegung der politökonomischen Theorie zum Finanzreferendum vgl.: Feld, Lars P.: Ein Finanzreferendum auf Bundesebene ­ Chancen, Risiken und Ausgestaltung. Im Auftrag der Kommission für Konjunkturfragen (KfK) im Rahmen des Jahresberichts 2004.

Kirchgässner, Gebhard: Auswirkungen der direkten Demokratie auf die öffentlichen Finanzen: Empirische Ergebnisse für die Schweiz. In: Schweizerische Zeitschrift für Volkswirtschaft und Statistik, 138. Jg. 2002, S. 418.

8377

Eine Wirkung auf der Ausgabenseite konnten Vatter und Freitag feststellen, welche kantonale Daten aus den Jahren 1988 bis 1998 auswerteten und ihre Ergebnisse wie folgt zusammenfassten: «Je schwieriger sich die Ergreifung eines Finanzreferendums gestaltet und je seltener es auch effektiv genutzt wird, um so höher fallen die öffentlichen Ausgaben aus. Umgekehrt gilt: Je einfacher der Zugang zu den direktdemokratischen Institutionen für die Stimmbürgerschaft ist und je häufiger die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger zu Finanzgeschäften an die Urne gerufen werden, um so geringer sind die Staatsinterventionen»11.

Lars P. Feld fasst die Ergebnisse der verschiedenen empirischen Studien wie folgt zusammen: «Die empirischen Untersuchungen für die Schweizer Kantone und Gemeinden (sowie für die U.S.-Bundesstaaten) deuten im wesentlichen darauf hin, dass in direkt-demokratischen Gebietskörperschaften weniger ausgegeben wird, weniger Steuern eingenommen werden, eine geringere Staatsverschuldung besteht, weniger Steuern hinterzogen werden und eine höhere Wirtschaftskraft, gemessen am BIP pro Kopf, resultiert»12.

Stellt sich die Frage, ob auf Bundesebene ähnliche Wirkungen zu erwarten wären.

Vorhersagen hierzu sind schwierig, nicht zuletzt auch aufgrund der unterschiedlichen Ausgabenstruktur von Bund und Kantonen bzw. Gemeinden: Geht es in Kantonen und Gemeinden häufig um Infrastrukturprojekte, dominieren auf Bundesebene Transferzahlungen. Lars P. Feld sieht darin jedoch kein Hindernis für die Einführung des Finanzreferendums, da sich seiner Ansicht nach gerade auch verteilungspolitische Fragen für die direktdemokratische Auseinandersetzung eignen13.

1.3

Frühere Diskussionen auf Bundesebene

1.3.1

Die Behörden zur Ausgabendisziplin zwingen: das Volksbegehren aus den 1950er Jahren

Die Frage, ob das Instrumentarium der Volksrechte auf Bundesebene durch ein Finanzreferendum ergänzt werden soll, ist nicht neu und wurde in den eidgenössischen Räten schon öfters diskutiert. Auch der Souverän konnte sich schon dazu äussern. Als Gegenentwurf zu einer Volksinitiative betreffend die Ausgabenbeschlüsse der Bundesversammlung unterbreitete letztere Volk und Ständen eine Verfassungsänderung, welche unter anderem ein fakultatives Referendum für einmalige und wiederkehrende Ausgaben ab einer bestimmten Höhe vorsah (BBl 1956 I 1330). Die Vorlage scheiterte jedoch am 30. September 1956 mit 54,5 % NeinStimmen gegenüber 45,5 % Ja-Stimmen in der Volksabstimmung. Sie fand immerhin in acht Ständen eine Mehrheit (BBl 1956 II 660). Die Volksinitiative war vorgängig zurückgezogen worden.

Ob das Nein von Volk und Ständen als grundsätzliches Nein zu einer Mitbestimmung bei Finanzbeschlüssen zu werten ist, ist schwierig zu beurteilen. Es wurde im Nachgang zur Volksabstimmung auch argumentiert, dass die Vorlage zu wenig 11

12 13

Vatter, Adrian / Freitag, Markus: Die Janusköpfigkeit von Verhandlungsdemokratien: Zur Wirkung von Konkordanz, direkter Demokratie und dezentralen Entscheidungsstrukturen auf den öffentlichen Sektor der Schweizer Kantone. In: Schweizerische Zeitschrift für Politikwissenschaft, Nr. 2 2002, S. 69.

Feld (2004), S. 35.

Vgl. Feld (2004), S. 44.

8378

gebracht hätte, indem zum Beispiel Finanzbeschlüsse nur dann dem Referendum unterworfen gewesen wären, wenn sie über keine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung verfügt hätten. Die Vorlage der Bundesversammlung war tatsächlich weit weg vom ursprünglichen Vorschlag der Initianten, welche alle Ausgabenbeschlüsse ab einer bestimmten Höhe dem fakultativen Referendum und alle Gesetze, welche Ausgaben ab einer bestimmten Höhe vorsahen, dem obligatorischen Referendum unterstellen wollten.

Offenbar ging es den Initianten in den 1950er Jahren darum, die Behörden zur Ausgabendisziplin anzuhalten: In ihrem Vorschlag sahen sie deshalb nicht nur ein fakultatives und ein obligatorisches Finanzreferendum vor, sondern neben einer weitgehenden Ausgabenbremse (qualifiziertes Mehr für Finanzbeschlüsse) auch eine Bestimmung, wonach die Bundesversammlung bei der Beschlussfassung über den jährlichen Voranschlag und die Nachtragskredite den vom Bundesrat beantragten Gesamtbetrag der Ausgaben nur überschreiten darf, wenn sie gleichzeitig durch Einsparungen oder Mehreinnahmen für Deckung sorgt. Insbesondere diese Beschränkung der Bundesversammlung in ihrer Budgethoheit veranlasste den Bundesrat, einen Gegenentwurf vorzuschlagen, welcher eine moderate Ausgabenbremse und ein sehr zurückhaltendes Finanzreferendum vorsah.

1.3.2

Fokussierung auf Rüstungsausgaben

War die Volksinitiative der 1950er Jahre noch eindeutig finanzpolitisch motiviert, so waren es später insbesondere die Rüstungsausgaben, welche die Diskussion über die Mitsprache des Volkes bei Ausgaben des Bundes prägte. Eine Volksinitiative für die Mitsprache des Volkes bei Militärausgaben wurde am 5. April 1987 mit 59,4 % gegen 40,6 % der Stimmen abgelehnt (BBl 1987 II 822).

Diese Diskussion prägte auch die Diskussion im Nationalrat über die parlamentarische Initiative Günter (86.236) für die Einführung eines allgemeinen Finanzreferendums (AB 1988 N 848). Obwohl der Initiant und auch etliche Votanten betonten, dass es hier nicht um Rüstungsausgaben, sondern allgemein um Verpflichtungskredite ab einem gewissen Umfang gehe, waren es insbesondere die Sprecher der bürgerlichen Parteien, welche sich gegen das neue Instrument aussprachen. So wurde etwa argumentiert, «dass das Parlament seine staats- und finanzpolitische Führungsaufgabe nicht preisgeben soll.» (AB 1988 N 856). Das Anliegen hatte denn auch keine Chancen und wurde deutlich abgelehnt.

1.3.3

Das System der direktdemokratischen Rechte vervollständigen: Versuche im Rahmen der Totalrevision der Bundesverfassung

Als der Bundesrat Mitte der 1990er Jahre Entwürfe für eine Totalrevision der Bundesverfassung präsentierte, wurden im Entwurf betreffend die Reform der Volksrechte auch Vorschläge für die Einführung eines fakultativen Verwaltungs- und Finanzreferendums unterbreitet. Finanzpolitische Überlegungen fanden mit keinem Wort Erwähnung; vielmehr wollte der Bundesrat ein kohärentes System der Volksrechte schaffen, wie er in der Botschaft über eine neue Bundesverfassung vom 20. November 1996 schrieb: «Es handelt sich um ein wertvolles Instrument, das eine 8379

wichtige Lücke im geltenden System der Volksrechte füllt» (BBl 1997 I 466). Es wurde denn auch nicht nur ein Finanzreferendum vorgeschlagen, sondern ein allgemeines Verwaltungsreferendum, welches die Mitsprache generell bei Einzelakten ermöglichen sollte, «denn gewisse konkrete Massnahmen sind, in den Augen eines Teils der Bevölkerung, bedeutend wichtiger als manche abstrakte Bestimmung» (Erläuterungen zum Vernehmlassungsentwurf 1995, Ziff. 43.9.).

Allerdings tat sich der Bundesrat schwer bei der konkreten Umsetzung des Anliegens. Es erwies sich als nicht leicht, in der Verfassung materielle Kriterien zu definieren, welche erfüllt sein müssen, damit ein Beschluss der Bundesversammlung dem Referendum untersteht. Insbesondere störte sich der Bundesrat daran, dass das Bundesgericht die Auslegung dieser Kriterien im Anwendungsfall auf Bundesebene nicht überprüfen kann (BBl 1997 I 467). Er schlug deshalb eine so genannte «Verfahrenslösung» vor, wonach die Bundesversammlung oder ein Teil davon von Fall zu Fall entscheiden soll, ob ein bestimmter Beschluss dem fakultativen Referendum untersteht oder nicht.

Dieser Vorschlag stiess in der Vernehmlassung nicht nur auf Zustimmung. Zahlreiche Vernehmlasser wünschten eine materielle Definition der Beschlüsse, welche dem Referendum unterstehen sollen. Der Bundesrat blieb aber bei der Verfahrenslösung. Allerdings schlug er im Entwurf zu Handen der Räte vor, gemäss der üblichen Mehrheitsregel zu verfahren, wonach die einfache Mehrheit der Stimmenden in beiden Räten einen konkreten Beschluss dem Referendum unterstellen können sollte. Dies, obwohl er ein solches Vorgehen im Vernehmlassungsentwurf, in dem er noch einen Drittel als Quorum vorgeschlagen hatte, als «etwas plebiszitär gefärbt» bezeichnet hatte (Erläuterungen zum Vernehmlassungsentwurf 1995, Ziff. 43.9).

In den Verfassungskommissionen sind die Vorschläge des Bundesrates intensiv diskutiert worden. Grundsätzlich stellten sich die Verfassungskommissionen hinter die Idee eines Verwaltungs- und Finanzreferendums. Insbesondere in der Kommission des Ständerates war aber die Skepsis gegenüber der Verfahrenslösung gross und die Kommission liess für das Finanzreferendum auch materielle Lösungen erarbeiten.

So wurde zum Beispiel vorgeschlagen, Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen dem fakultativen Referendum
zu unterstellen, wenn sie neue einmalige Ausgaben von mehr als 100 Millionen Franken oder neue wiederkehrende Ausgaben von mehr als 10 Millionen Franken vorsehen.

Diese Vorschläge für die Einführung eines Verwaltungs- und Finanzreferendums gehörten zu einem Reformpaket «Volksrechte» im Rahmen der Reform der Bundesverfassung. Dieses Reformpaket scheiterte jedoch in den Räten in der Eintretensdebatte.

Später wurde doch noch eine Volksrechtsreform verwirklicht, welche weit weniger ambitiös war als die im Rahmen der Verfassungsreform gescheiterte Vorlage: In dieser von der SPK des Ständerates erarbeiteten Vorlage «Beseitigung von Mängeln der Volksrechte», welche von Volk und Ständen am 9. Februar 2003 angenommen wurde, war denn auch kein Verwaltungs- oder Finanzreferendum vorgesehen. Im Bericht wurde lediglich darauf hingewiesen, dass die Bestimmung in Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe c der Bundesverfassung, wonach Bundesbeschlüsse dem fakultativen Referendum unterstellt werden können, der Bundesversammlung genügend Handlungsspielraum geben würde (BBl 2001 4830). Der Gesetzgeber hat es somit in der Hand, allenfalls ein allgemeines Finanzreferendum auf Gesetzesebene einzuführen.

8380

1.3.4

Neuste Vorschläge: Argument der Ausgabendisziplin wieder im Vordergrund

War die Diskussion im Rahmen der Verfassungsreform von demokratietheoretischen Überlegungen geprägt, so traten in jüngster Zeit wieder finanzpolitische Argumente in den Vordergrund der Debatte um das Finanzreferendum. Diese schienen nun aber den Bundesrat weniger zu überzeugen, sprach er sich doch in seiner Stellungnahme vom 16. Juni 2003 zu einer Motion des damaligen FdP-Nationalrats Erich Müller (03.3019 Mo. Einführung eines Ausgabenvetos) gegen die Einführung eines Finanzreferendums aus, welches vom Motionär aufgrund der erhofften positiven Auswirkungen auf den Finanzhaushalt vorgeschlagen worden war. Allerdings führte der Bundesrat in seiner Stellungnahme weniger inhaltliche Argumente ins Feld, als vielmehr Verfahrensüberlegungen: Nachdem erst im Frühjahr 2003 über eine Volksrechtsreform eine Volksabstimmung stattgefunden hatte, sollte seines Erachtens nach so kurzer Frist nicht schon wieder ein neues Volksrecht ins Spiel gebracht werden, welches im damaligen Paket keine Aufnahme gefunden hatte. Im Weiteren sprach sich der Bundesrat in seiner Stellungnahme gegen punktuelle Reformen im institutionellen Bereich aus. Als inhaltliches Argument führte der Bundesrat immerhin an, dass die kommunalen und kantonalen Erfahrungen nicht ohne weiteres auf die Bundesebene übertragen werden könnten, sei doch der Eigenbereich beim Bund anteilsmässig deutlich geringer, indem sich viele Transferausgaben aus gesetzlichen Verpflichtungen mit wenig Spielraum ergäben.

Die Motion ist am 18. März 2005 abgeschrieben worden, weil sie mehr als zwei Jahre hängig war. Inzwischen hat der Nationalrat aber der hier zur Diskussion stehenden parlamentarischen Initiative der SVP-Fraktion Folge gegeben, welche mit der gleichen Motivation die Einführung eines Finanzreferendums verlangt.

1.4

Ausarbeitung von Erlassentwürfen zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative in der SPK

1.4.1

Anhörung von Experten

Nachdem die SPK am 17. Februar 2005 eine erste Auslegeordnung der Fragen, welche im Hinblick auf die Einführung eines Finanzreferendums zu klären wären, vorgenommen hatte, beschloss sie angesichts der doch komplexen Fragestellungen vorerst verschiedene Experten anzuhören. Sie nahm diese Anhörungen am 14. April 2005 vor. Prof. Gebhard Kirchgässner von der Hochschule St. Gallen referierte über die empirischen Erfahrungen mit dem Finanzreferendum in den Kantonen und Gemeinden und legte der Kommission die Auswirkungen des Finanzreferendums auf die Ausgabentätigkeit dar. Prof. Yvo Hangartner, ehemaliger Professor an der Universität St. Gallen, informierte über die rechtlichen Aspekte des Finanzreferendums und zeigte der Kommission auch die wichtigsten Punkte der bundesgerichtlichen Rechtsprechung auf. Ähnlich wie Gebhard Kirchgässner hob auch Kurt Stalder, Sekretär der Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren, die finanzpolitischen Wirkungen des Finanzreferendums hervor.

8381

1.4.2

Die Erarbeitung der Vorentwürfe in einer Subkommission

Angesichts der Komplexität der Materie beschloss die SPK, den Erlassentwurf für die Einführung eines Finanzreferendums in einer Subkommission14 ausarbeiten zu lassen. Diese hat in vier Sitzungen verschiedene Modelle geprüft und am 29. November 2005 die Vorentwürfe für die Erlasse und einen erläuternden Bericht zu Handen der Plenarkommission verabschiedet.

1.4.3

Stellungnahme der Finanzkommission

Die SPK hat der Finanzkommission des Nationalrates die Vorentwürfe der Subkommission zur Stellungnahme unterbreitet. In ihrer Stellungnahme vom 10. April 2006 beantragt die Finanzkommission mit 12:9 Stimmen bei zwei Enthaltungen, von der Einführung eines Finanzreferendums auf Bundesebene abzusehen. Sie hat deshalb darauf verzichtet, die Details der Vorlage zu beraten, und hat in ihrem Bericht die wichtigsten Argumente der Befürworter und der Gegner in der Kommission dargelegt.

1.4.4

Begutachtung der Entwürfe durch einen externen Experten

Aufgrund der Bedeutung der Einführung eines neuen Volksrechts hat die SPK beschlossen, zu den Vorentwürfen ihrer Subkommission ein Gutachten eines externen Experten einzuholen. Mit dem Gutachten wurde Prof. Rainer Schweizer von der Universität St. Gallen beauftragt. Dieser präsentierte sein Gutachten der SPK an ihrer Sitzung vom 27. April 2006. Die SPK beauftragte ihre Subkommission, die neuen Vorschläge von Prof. Schweizer zu Handen der Plenarkommission zu prüfen.

Diese Prüfung wurde von der Subkommission am 29. August 2006 vorgenommen.

1.4.5

Vorentwurf der SPK zuhanden der Vernehmlassung

Die SPK hat an ihrer Sitzung vom 16. Februar 2007 die von der Subkommission überarbeiteten Vorentwürfe und den Bericht beraten. Sie hat den von ihr bereinigten Vorentwurf für einen Erlass in der Gesamtabstimmung mit 11 zu 10 Stimmen bei einer Enthaltung angenommen und zu Handen der Vernehmlassung verabschiedet.

Konkret hat die Kommission ein Bundesgesetz über die Einführung des Finanzreferendums unterbreitet, welches Anpassungen des Parlamentsgesetzes und des Finanzhaushaltgesetzes vorsah:

14

Mitglieder: Joder (Präs.), Fluri, Gross Andreas, Lustenberger, Weyeneth.

8382

Bundesgesetz über die Einführung des Finanzreferendums

Vorentwurf

vom ...

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe c der Bundesverfassung15, nach Einsicht in den Bericht der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom ...16 und in die Stellungnahme des Bundesrates vom ...17, beschliesst: I Das Parlamentsgesetz vom 13. Dezember 200218 (ParlG) wird wie folgt geändert: Art. 25

Finanzen

Die Bundesversammlung setzt die Aufwände und die Investitionsausgaben mit dem Voranschlag und seinen Nachträgen fest. Sie wählt dafür die Form des einfachen Bundesbeschlusses.

1

Sie beschliesst in Form eines dem fakultativen Referendum unterstellten Bundesbeschlusses Verpflichtungskredite, die:

2

a.

neue einmalige Ausgaben von mehr als 200 Millionen Franken oder neue wiederkehrende Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken vorsehen; und

b.

von ihr nicht dringlich beschlossen wurden.

Sie beschliesst die übrigen Verpflichtungskredite sowie die Zahlungsrahmen in Form eines einfachen Bundesbeschlusses.

3

Sie nimmt die Staatsrechnung ab; dafür wählt sie die Form des einfachen Bundesbeschlusses.

4

Sie legt in Kreditbeschlüssen den Zweck und die Höhe der Kredite fest. Ausserdem kann sie darin die Rahmenbedingungen der Kreditverwendung, den zeitlichen Ablauf der Projektverwirklichung und die Berichterstattung durch den Bundesrat näher regeln.

5

15 16 17 18

SR 101 BBl ...

BBl ...

SR 171.10

8383

Einführung des Finanzreferendums. BG

II Das Finanzhaushaltgesetz vom 7. Oktober 200519 (FHG) wird wie folgt geändert: Art. 23 Abs. 2bis (neu) 2bis Für Verpflichtungskredite, die dem fakultativen Referendum unterstehen, unterbreitet der Bundesrat der Bundesversammlung einen Entwurf für einen Bundesbeschluss; diesen Entwurf unterbreitet er mit besonderer Botschaft oder im Rahmen der Botschaft zum Voranschlag oder zu einem Nachtrag dazu.

Art. 28 Abs. 1bis (neu) 1bis Überschreitet ein Verpflichtungskredit einen der Grenzbeträge nach Artikel 25 Absatz 2 Buchstabe a des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200220, so hat die Bundesversammlung zu beschliessen. Falls die eidgenössischen Räte nicht tagen, so verlangt der Bundesrat die Einberufung der Räte zu einer ausserordentlichen Session.

III Übergangsbestimmung Für Verpflichtungskredite, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes in der Bundesversammlung anhängig gemacht wurden, gilt das bisherige Recht.

IV Referendum und Inkrafttreten 1

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

19 20

SR 611.0 SR 171.10

8384

Eine Minderheit beantragte, auf die Vorlage nicht einzutreten. Sie erachtete die Einführung eines Finanzreferendums auf Bundesebene nicht als zweckmässig. Aus der kantonalen Praxis sei bekannt, dass es nicht immer ganz einfach ist, im Einzelfall abzugrenzen, ob nun ein Kredit dem Referendum untersteht oder nicht. Auf Bundesebene sollten jedoch nicht Volksrechte eingeführt werden, welche nur dann sinnvoll sind, wenn auch die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung besteht.

Zudem würden die meisten Ausgaben durch ein Gesetz vorgesehen und unterstehen somit bereits dem Referendum; eine zweite Referendumsmöglichkeit sei nicht sinnvoll. Komme hinzu, dass die Ausgabenstruktur auf Bundesebene eine ganz andere sei als in den Kantonen: Im Bund stünden Transferzahlungen im Vordergrund, welche sich für die Unterstellung unter das Referendum nicht eigneten.

Eine andere Minderheit beantragte die verfassungsmässige Verankerung der Rahmenbedingungen des Finanzreferendums. Der Vorteil dieser Lösung bestehe darin, dass bereits in der Verfassungsbestimmung über das fakultative Referendum ersichtlich sei, welche Bedingungen ein Finanzbeschluss erfüllen muss, damit er dem Referendum untersteht. Volksrechte hätten im schweizerischen politischen System eine derart herausragende Bedeutung, dass bereits aus der Verfassung ersichtlich sein sollte, welche Rechte genau bestehen. In der Vernehmlassung wurde deshalb auch ein Entwurf der Minderheit für die entsprechende Verfassungsänderung unterbreitet.

Eine weitere Minderheit vertrat die Meinung, dass auch Zahlungsrahmen dem Referendum zu unterstellen seien. Sie vertrat die Ansicht, dass durch den Ausschluss der Zahlungsrahmen vom Finanzreferendum den Stimmbürgern und Stimmbürgerinnen wichtige Finanzbeschlüsse vorenthalten würden. Zahlungsrahmen seien für die Steuerung der Ausgaben auf Bundesebene genauso wichtig wie Verpflichtungskredite.

Schliesslich wurde von einer weiteren Minderheit beantragt, dass keine Änderungen am geltenden Recht betreffend dringliche Beschlussfassung über Verpflichtungskredite vorgenommen werden sollten. Somit sollte der Bundesrat die Möglichkeit haben, auch dem Referendum unterstehende Verpflichtungskredite dringlich freigeben zu können.

Die Minderheiten, welche Änderungen am Erlassentwurf beantragten, wurden in ihrer Argumentation vom
Gutachten von Prof. Schweizer unterstützt. So sprach sich Prof. Schweizer für eine verfassungsmässige Verankerung des Finanzreferendums aus. Im Weiteren sollten seiner Ansicht nach auch Zahlungsrahmen dem Finanzreferendum unsterstellt werden. Schliesslich sollte gemäss der Auffassung von Prof.

Schweizer der Bundesrat die Möglichkeit haben, auch dem Referendum unterstehende Kredite dringlich zu beschliessen.

1.4.6

Kenntnisnahme von den Ergebnissen des Vernehmlassungsvefahrens und Verzicht auf die Unterbreitung der Vorlage

An ihrer Sitzung vom 27. August 2007 hat die Kommission Kenntnis genommen von den Ergebnissen des Vernehmlassungsverfahrens. Sie konnte dabei feststellen, dass die Meinungen über die Einführung des Finanzreferendums auf Bundesebene auseinandergehen. Zwar spricht sich eine Mehrheit der Kantone für die Einführung 8385

aus. Die Mehrzahl der Parteien und Dachverbände lehnen hingegen das Finanzreferendum ab.

Konkret sprechen sich siebzehn Kantone für die Einführung des Finanzreferendums aus und sieben (BE, SZ, OW, NW, SO, TG, VS) dagegen. Von den Parteien befürworten die FDP und die SVP die Einführung, während sich CVP, SP, EVP und LPS dagegen aussprechen. Gegen das Finanzreferendum äussern sich auch die drei Dachverbände der Gemeinden, Städte und der Berggebiete. Die Dachverbände der Wirtschaft wiederum sind gespalten: Während die économie suisse, der Schweizerische Gewerbeverband und die Schweizerische Bankiervereinigung dezidiert für das Finanzreferendum eintreten, wird das neue Volksrecht vom Centre Patronal, von der Fédération des Entreprises Romandes, vom Schweizerischen Bauernverband, vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund, vom Kaufmännischen Verband sowie von Travail Suisse abgelehnt.

Die Argumente der Befürworter und Gegner decken sich weitgehend mit den bereits in der Kommission eingebrachten Argumenten der Mehr- und der Minderheit: Während die Befürworter auf die bewährte Praxis in den Kantonen hinweisen und sich vom neuen Instrument Ausgaben dämpfende Wirkung erhoffen, befürchten die Gegner eine Verzögerung oder gar Blockierung der politischen Prozesse.

Die Kommission hat auch zur Kenntnis genommen, dass eine Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmer das Finanzreferendum auf Verfassungsebene verankern würde. Ebenfalls eine Mehrheit der Vernehmlasser spricht sich für den Einbezug der Zahlungsrahmen aus. Die Vernehmlasser stützen somit die entsprechenden Kommissionsminderheiten im Vernehmlassungsentwurf. Bezüglich der anderen Eckpunkte der vorgeschlagenen Ausgestaltung des Finanzreferendums (Kreditbewilligung im Dringlichkeitsverfahren, Bestimmung der Schwellenwerte, Beschwerdemöglichkeit ans Bundesgericht) sind divergierende Stellungnahmen eingegangen.

Die SPK konnte somit festhalten, dass die Vernehmlassungsergebnisse den sehr knappen Mehrheitsverhältnissen in der Kommission entsprechen. Die Vorlage fand schliesslich in der Kommission keine Mehrheit mehr: Die SPK beschloss mit 12:10 Stimmen bei einer Enthaltung, auf die Vorlage nicht einzutreten, und beantragt dem Rat, die parlamentarische Initiative 03.401 abzuschreiben.

2

Gründe für den Verzicht auf die Vorlage

2.1

Blockierung der Entscheidungsprozesse

Jede Ausgabe des Bundes beruht auf einer gesetzlichen Grundlage. Dem Referendum würden zwar gemäss Vorentwurf zuhanden der Vernehmlassung nur sogenannt «neue» Ausgaben unterstehen. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung gilt eine Ausgabe als neu, wenn sie im Grundsatz und in ihrer Höhe nicht gesetzlich vorbestimmt ist. Die Bundesversammlung hat aber auch bei diesen Ausgaben unter Umständen nur einen beschränkten Handlungsspielraum: Auch wenn das Gesetz eine Ausgabe nicht direkt determiniert, muss die Bundesversammlung bei der Kreditsprechung doch darauf achten, dass die gesetzlichen Aufgaben erfüllt werden können. Das Gesetz darf nicht durch Kreditbeschlüsse unterlaufen werden. Will die Bundesversammlung in einem bestimmten Bereich keine oder deutlich weniger Mittel sprechen, als sie für einen korrekten Vollzug erforderlich sind, dann muss sie konsequenterweise zuerst das Gesetz ändern.

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Würde nun im Falle der Existenz des Finanzreferendums ein Kredit in der Volksabstimmung abgelehnt, welcher zur Erfüllung einer bestimmten gesetzlichen Aufgabe von der Bundesversammlung beschlossen wurde, dann würde grosse Unsicherheit entstehen. Um die Unsicherheit zu beseitigen, müsste die Bundesversammlung möglichst rasch einen neuen Kredit beschliessen. Dabei müsste sie eine Interpretation des Volkswillens vornehmen: Wurde der Kredit abgelehnt, weil er zu hoch war oder vielleicht gerade aus dem gegenteiligen Grund? Letzteres ist durchaus denkbar: Es könnten sich zum Beispiel in einer bestimmten Region viele Abstimmende gegen den Kredit ausgesprochen haben, weil sie der Ansicht waren, ihre Region würde vom Geldsegen weniger profitieren als andere Regionen. Die Bundesversammlung müsste zudem bei ihrem zweiten Anlauf darauf achten, dass die bewilligten Mittel nach wie vor hoch genug sind, um den gesetzlichen Auftrag zu erfüllen. Wenn sie nun aber einen Kredit beschliessen würde, welcher nur unwesentlich tiefer ist als der in der Volksabstimmung abgelehnte, dann könnte das schlecht aufgenommen werden bei denjenigen, welche sich in der Volksabstimmung gegen einen ihrer Ansicht zu hohen Kredit ausgeprochen hatten. In diesem Fall wäre es dann wohl besser, wenn die Bundesversammlung die gesetzliche Grundlage für die Ausgabe aufhebt oder ändert.

Dies führt ingesamt zu einer Verlängerung der Entscheidungsprozesse. Der bundespolitische Entscheidungsprozess ist derart ausgestaltet, dass auch die finanzpolitischen Weichen bei der Gesetzgebung gestellt werden. Hier wird häufig nicht nur entschieden, ob der Bund eine Aufgabe übernehmen soll, sondern auch, in welchem Umfang er sich für die Erfüllung dieser Aufgabe finanziell engagieren soll. Finanzielle Fragen stehen denn auch häufig im Zentrum einer Debatte über die Übernahme einer neuen Aufgabe durch den Bund. Je nachdem ist der gesetzliche Auftrag breiter oder enger zu fassen. Jede Botschaft zu einem Erlassentwurf enthält deshalb auch ein Kapitel über dessen finanzielle Auswirkungen. Die Bundesversammlung soll in Kenntnis der finanziellen Auswirkungen die gesetzlichen Grundlagen beschliessen. Häufig wird auch der Entwurf für den Bundesbeschluss, welcher die Kredite für die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben vorsieht, gleichzeitig mit dem Gesetzesentwurf
behandelt.

Die Problematik der Verzögerung der Entscheidungsprozesse durch das Finanzreferendum kann exemplarisch beim Rüstungsprogramm aufgezeigt werden: Bis die Referendumsfrist und die in diesem Fall sehr wahrscheinliche Referendumsabstimmung vorbei wären, wäre man schon fast in der Mitte des nächsten Jahres angelangt.

Bis zu diesem Zeitpunkt sollten jedoch die Vorarbeiten für das nächste Rüstungsprogramm weitgehend abgeschlossen sein. Eine sinnvolle Planung ist hier nicht mehr möglich.

Zusätzlich zum Gesetzesreferendum auch ein Referendum für Kreditbeschlüsse vorzusehen, würde eine Übersteuerung der politischen Entscheidungsprozesse bedeuten. Das Gesetz ist das zentrale Steuerungsmittel auf Bundesebene: Hier soll das Volk auch Gelegenheit zur Mitsprache haben. Damit im Zusammenhang steht, dass sich die Ausgabenstruktur im Bund von jener in den Kantonen unterscheidet.

Während in den Kantonen häufig Investitionen für neue Projekte (Strassen, Spitäler, Schulen usw.) dem Finanzreferendum unterstehen und dann in der Abstimmung hauptsächlich darüber entschieden wird, ob das fragliche Projekt realisiert werden soll oder nicht, geht es im Bund überwiegend um Transferzahlungen (z.B. Kredite für landwirtschaftliche Subventionen oder für Bildung, Forschung und Technologie). Bei solchen Krediten wirkt sich die geschilderte Verzögerung des Entschei8387

dungsprozesses durch ein negatives Abstimmungsergebnis viel gravierender aus als bei investiven Kreditbeschlüssen.

2.2

Beurteilung von Abgrenzungsproblemen bei fehlender Bundesgerichtsbarkeit

Gemäss Vorentwurf, welchen die SPK in die Vernehmlassung gegeben hat, sollen dem Finanzreferendum neue einmalige Ausgaben von mehr als 200 Millionen Franken und neue wiederkehrende Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken unterstellt werden. Der Vorentwurf orientiert sich damit an ähnlichen Kriterien, wie sie in den Kantonen bei der Ausgestaltung des Finanzreferndums verwendet werden.

Die kantonale Praxis zeigt allerdings, dass diese Kriterien im konkreten Anwendungsfall nicht immer zu eindeutigen Resultaten führen. Dies beweist die umfangreiche Rechtsprechung des Bundesgerichts (vgl. auch Ziff. 1.2.1.4 in diesem Bericht). Die SPK hat sich die häufigsten Fragen und die wichtigsten Entscheide des Bundesgerichts zum Finanzreferendum zusammenstellen lassen. Ein paar Beispiele seien hier wiedergegeben.21 So stellt sich als erstens schon nur die Frage, was eine «Ausgabe» ist. Handelt es sich zum Beispiel bei der Verwendung von Mitteln aus einem zweckgebundenen Fonds um eine (referendumspflichtige) Ausgabe (BGE 96 I 705)? Inwiefern stellt ein Strassenbauprogramm, das für einzelne Strassen konkrete Kosten vorsieht, eine (referendumspflichtige) Ausgabe dar (Pra 85 Nr. 4)? Bedeutet die dauerhafte Umnutzung einer Liegenschaft, die der rechtlich unselbständigen Beamtenversicherungskasse gehört und die der Kanton mieten wird, eine Verschiebung von Finanzvermögen ins Verwaltungsvermögen und somit eine Ausgabe (BGE 123 I 78)?

Zahlreiche Bundesgerichtsurteile liegen auch zur Frage vor, wann eine Ausgabe als «gebunden» oder «neu» zu bezeichnen ist. Handelt es sich zum Beispiel bei der Erweiterung eines Lehrerseminars, welches zur Umsetzung konkordatsrechtlicher Verpflichtungen realisiert wird, um eine neue Ausgabe (BGE 95 I 213)? Stellt die Ersatzbeschaffung für eine EDV-Anlage, die mit einem Systemwechsel und einem Ausbau der Kapazität verbunden ist, eine neue oder eine gebundene Ausgabe dar (BGE 97 I 820)? Wo liegt die Grenze zwischen Unterhalt (= gebundene Ausgabe) und Ausbau von Strassen bzw. Strassennetzen (= neue Ausgabe) (BGE 105 Ia 80)?

Auch einmalige und wiederkehrende Aufgaben sind nicht immer einfach gegeneinander abzugrenzen: Kann man die Ausgaben für ein neues Projekt, das drei Jahre dauert, in einzelne Jahres-Tranchen aufsplitten und die Kredite je nur im Budget einstellen oder muss ein Gesamtkredit
bewilligt werden (BGE 99 Ia 188)?

Bundesgerichtsentscheide gibt es auch zu folgenden Fragen: Nettoprinzip, Zerstückelungsverbot, Einheit der Materie, massgeblicher Zeitpunkt, Folgekosten, Mehrkosten, Ausgabendelegation.

Die mannigfaltige Bundesgerichtspraxis zeigt eindrücklich, dass keinesfalls immer klar ist, wann eine Ausgabe dem Referendum zu unterstellen ist. Prof. Schweizer empfahl deshalb in seinem Gutachten, eine Kontrolle durch das Bundesgericht auf Grund einer Stimmrechtsbeschwerde vorzusehen. Seiner Ansicht nach beinhaltet die materielle Definition des Anwendungsbereichs des Finanzreferndums teilweise 21

Die Beispiele wurden entnommen aus: Hangartner / Kley, S. 1825 ff.

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weite Gestaltungsspielräume für die Bundesversammlung. Der Vorschlag wurde in der SPK jedoch nur von einer Minderheit aufgenommen. Die Mehrheit wehrte sich gegen die Einführung einer Stimmrechtsbeschwerde in Fällen des Finanzreferendums auf Bundesebene. Durch den Einbezug des Bundesgerichtes in den Entscheidungsprozess würde dieser noch mehr verzögert. Fehlt diese Möglichkeit der Stimmrechtsbeschwerde jedoch, besteht die Gefahr, dass die Bundesbehörden ­ auch wenn sie in bester Absicht handeln ­ dem Vorwurf ausgesetzt werden, einen bestimmten Beschluss dem Referendum zu Unrecht entzogen zu haben. Das Vertrauen der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger in das Instrument des Finanzreferendums würde dadurch wohl kaum gestärkt.

2.3

Der Bund als verlässlicher Partner

Die Ausgabenpolitik des Bundes hat auch direkte Auswirkungen auf die Tätigkeit der Kantone. Seitens von Vernehmlassern wurde denn auch kritisiert, die Auswirkungen der Einführung des Finanzreferendums auf die föderalistische Aufgabenerfüllung im Bundesstaat seien unklar. So sind im Rahmen des NFA teilweise gemeinsame Zuständigkeiten von Bund und Kantonen für zahlreiche Politikbereiche vorgesehen.Wenn auf Bundesebene ein Finanzreferendum eingeführt würde, könnte das zu Verzögerungen der Erfüllung der Aufgaben im föderalistischen Verbund führen und die Planungstätigkeit in den Kantonen erheblich erschweren.

Auch Beschlüsse im aussenpolitischen Bereich wären durch ein Finanzreferendum betroffen. Nicht alle Folgekosten, welche sich bei der getreuen Erfüllung von internationalen Verpflichtungen ergeben, gehen direkt aus einem Gesetz oder Staatsvertrag hervor; sie müssen also als neue Ausgaben bezeichnet werden. Prof. Schweizer weist in seinem Gutachten darauf hin, dass das Veto des Volkes Ausgaben aufgrund internationaler Verpflichtungen der Schweiz für die internationale Zusammenarbeit oder Ausgaben für die Teilnahme an europäischen Gemeinschaftsprogrammen verhindern und damit die Glaubwürdigkeit und Handlungsfähigkeit der schweizerischen Aussenpolitik gefährden könne. Gemäss Prof. Schweizer könnte es verschiedene praktische und politische Schwierigkeiten mit sich bringen, wenn Finanzbeschlüsse im Bereich der Aussenpolitik dem Referendum unterstellt werden. Es ist auch auf den Bereich der Entwicklungszusammenarbeit hinzuweisen: Hier handelt es sich in der Regel nicht um gesetzlich in ihrer Höhe vorbestimmte Ausgaben, sondern um neue Ausgaben. Durch die Einführung des Finanzreferendum könnte die Entwicklungszusammenarbeit sprunghaft werden, indem einzelne Kredite abgelehnt würden. Die Schweiz könnte so nicht mehr als verlässlicher Partner auftreten.

2.4

Keine Instrumentalisierung der Volksrechte

Die Befürworter des Finanzreferendums betonen die disziplinierenden Auswirkungen des Finanzreferendums auf den Finanzhaushalt in den Kantonen. Sie erhoffen sich von einem Finanzreferendum auf Bundesebene ähnliche Wirkungen. Diese Sichtweise ist in zweifacher Hinsicht in Frage zu stellen.

Einerseits ist auf die bereits bestehenden Instrumente zur Disziplinierung der Ausgabenpolitik zu verweisen (nämlich die Schuldenbremse nach Art. 126 BV und die Ausgabenbremse nach Art. 159 Abs. 3 Bst. b und c BV).

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Anderseits stellt es eine problematische Instrumentalisierung der Volksrechte dar, wennein Volksrecht eingeführt werden soll, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Es wird von den Befürwortern davon ausgegangen, dass Stimmbürgerinnen und Stimmbürger geringere Kredite beschliessen wollen als ihre Repräsentanten im Parlament.

Ein Nein des Stimmvolkes zu einem bestimmten Kredit würde somit selbstredend dahingehend interpretiert, dass der Kredit gekürzt werden soll. Vielleicht haben aber die Stimmenden einer bestimmten Region gegen die Vorlage gestimmt, weil sie sich benachteiligt fühlen (vgl. oben Ziff. 2.1).

Gerade in Kantonen mit ausgeprägten Regionen kennt man durchaus auch den gegenteiligen Effekt des Finanzreferendums:Um eine Finanzvorlage mehrheitsfähig zu machen, muss jedem Kantonsteil ein finanzieller Vorteil versprochent werden.

Dies führt dann nicht zu Einsparungen, sondern zu Mehrausgaben. Auf Bundesebene müssten noch ausgeprägter die verschiedenen Landesteile und Sprachregionen berücksichtigt werden.

Insgesamt erachtet es die Kommission jedoch als müssig, darüber zu spekulieren, ob die Einführung des Finanzreferendums zu Einsparungen oder zu Mehrausgaben führen würde. Ein Volksrecht sollte dann eingeführt werden, wenn man der Ansicht ist, die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger seien bei wichtigen Entscheidungen ausgeschlossen. Da die finanzpolitischen Prozesse auf Bundesebene jedoch weitgehend durch das Gesetz gesteuert werden, haben hier die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger mit dem Gesetzesreferendum ein hinreichendes und viel genutztes Mitspracherecht.

2.5

Die Meinung der Kommissionsminderheit

Die Kommissionsminderheit beantragt, die parlamentarische Initiative an die Kommission zurückzuweisen mit dem Auftrag, dem Rat eine Vorlage zu unterbreiten.

Der Nationalrat hatte sich am 22. September 2004 mit 90:75 Stimmen für die Umsetzung der Initiative ausgesprochen; es gebe nun keinen Grund, von diesem Entscheid abzuweichen. Die Einführung des Finanzreferendums stehe in der demokratiepolitischen Logik, wonach alle wichtigen Entscheidungen dem Volk zugänglich gemacht werden sollten. Nicht alle Ausgaben seien gesetzlich in ihrer Höhe vorbestimmt. Die Bundesversammlung verfüge zum Teil über bedeutenden Handlungsspielraum und tätige Ausgaben von beachtlicher Höhe. Hier bestehe im direktdemokratischen Instrumentarium eine Lücke, welche zu füllen sei.

In der Vernehmlassung haben sich 17 Kantone positiv zur Einführung des Finanzreferendums auf Bundesebene geäussert. Sie hätten dies aufgrund ihrer langjährigen und guten Erfahrungen mit dem Instrument getan. Es sei nicht einzusehen, warum ein direktdemokratisches Instrument, welches sich auf Kantonsebene bewährt habe, nicht auch auf Bundesebene Anwendung finden sollte.

In der Wissenschaft seien die Auswirkungen des Finanzreferendums auf den Staatshaushalt nachgewiesen worden (vgl. Ziff. 1.2.2 in diesem Bericht). Auch die von der SPK angehörten Experten hätten die positiven finanzpolitischen Wirkungen des Finanzreferendums hervorgehoben (vgl. Ziff. 1.4.1 in diesem Bericht). Die Kommissionsminderheit ist der Ansicht, dass der Bund von diesen Erkenntnissen profitieren sollte. Ein direktdemokratisches Instrument mit finanzpolitischer Bremswirkung sei auf Bundesebene nach wie vor angezeigt.

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