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Botschaft zur Änderung des Asylgesetzes, des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer und des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Verbesserung des Bundeshaushaltes vom 2. Dezember 1985

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen die Entwürfe zur Änderung des Asylgesetzes, des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer und des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Verbesserung des Bundeshaushaltes mit dem Antrag auf Zustimmung.

Ferner beantragen wir Ihnen, die nachstehenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben: 1985 M 84.383 Asylgesetz, Revision (N 20. 6. 84; S 11. 3. 85, Lüchinger) 1985 P zu 84.224 Asylgesetz, Wegweisungspraxis (N 24. 9. 85, Kommission des Nationalrates) Wir versichern Sie, Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

2. Dezember 1985

1985-1033

l Bundesblatt. BS.Jahrgang. Bd.I

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Purgier Der Bundeskanzler: Buser

Übersicht Die enorm steigende Zahl von Asylgesuchen und die immer noch viel zu lange Dauer der Asylverfahren verursachen ernsthafte Vollzugsprobleme beim Bund und in den Kantonen. Trotz der Personalaufstockung im Flüchtlingsbereich, die vom Parlament erst mit Verspätung bewilligt wurde, wächst die Zahl hängiger Asylgesuche weiter an. Wir sehen uns deshalb veranlasst, Teilrevisionen des Asylgesetzes, des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer sowie des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Verbesserung des Bundeshaushaltes vorzuschlagen. Wegen der Einheit der Materie werden die Entwürfe in einer Botschaft unterbreitet.

Zum gleichen Thema überwiesen die eidgenössischen Räte eine Motion an den Bundesrat mit dem Auftrag, die gesetzlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Handlungsfähigkeit des Bundesrates auch in Zeiten grossen Andrangs von Asylsuchenden gewahrt bleibe.

Der vorliegende Entwurf sieht eine subsidiäre Bundeskompetenz zur gleichmässigeren Verteilung der Asylbewerber auf die Kantone vor. Durch eine Ausdehnung des Geltungsbereiches der Notstandsklausel im Asylgesetz soll der Bundesrat in den Stand gesetzt werden, rasch auf unvorhergesehene grosse Veränderungen beim Eingang der Asylgesuche zu reagieren. Solche Situationen sollen unter anderem mit der Einstellung von Hilfskräften bewältigt werden können.

Zur Verfahrensbeschleunigung ist vorgesehen, dass das Bundesamt für Polizeiwesen den Asylentscheid aufgrund der kantonalen Vorakten und ohne persönliche Anhörung des Asylgesuchstellers treffen kann.

Um den Vollzug rechtskräftiger Wegweisungsentscheide zu sichern, schlagen wir die Einführung der Ausschaffungshaft vor. Die geltenden Bestimmungen über die Internierung von Ausländern, die in letzter Zeit vermehrt auch auf erfolglose Asylbewerber Anwendung fanden, werden vereinfacht und auf eine bessere gesetzliche Grundlage gestellt.

Botschaft I

Allgemeiner Teil

II

Ausgangslage

III

Statistische Angaben zur Entwicklung im Asylbereich

,

Seit 1977 nahm die Zahl der in der Schweiz gestellten individuellen Asylgesuche ständig zu. Diese Zunahme hielt auch in den Jahren 1983 und 1984 an: 1983 wurden 7886, 1984 7435 Asylgesuche gestellt. In den ersten zehn Monaten des Jahres 1985 beschleunigte sich diese Entwicklung: bis 31. Oktober 1985 reichten 8352 Personen ein Asylgesuch ein, in der Vergleichsperiode des Jahres 1984 waren es 6161.

· · ' Ein Blick auf die Herkunft der Gesuchsteller im laufenden und vergangenen Jahr bestätigt die Feststellung der letzten Jahre, dass der überwiegende Teil aus Drittweltländern stammt. 1985 (Vergleichsperiode: Januar bis Oktober 1984) kamen 7 Prozent (13%) der Gesuchsteller aus Osteuropa, 12 Prozent (17%) aus Afrika, 4 Prozent (8%) aus Lateinamerika und 77 Prozent (62%) aus Asien.

Ebenfalls unverändert blieb im Jahr 1984 die Tatsache, dass die Asylgesuchsteller sehr unterschiedlich auf die einzelnen Kantone verteilt sind und sich vor allem in den Grossagglomerationen aufhalten. So entfielen im Jahre 1984 70 Prozent aller Gesuchsteller auf die Kantone Basel-Stadt (19%), Bern (15%), Zürich (12%), Genf (10%), Waadt (9%) und Freiburg (5%). In den ersten zehn Monaten des Jahres 1985 beherbergten folgende Kantone 71 Prozent aller Asylbewerber: Waadt und Basel-Stadt (18%), Bern (14%), Zürich (9%), Tessin (6%), Genf

(6%).

;

, ·

Was die Art der Erledigung der Asylgesuche angeht, hat sich auch im vergangenen und laufenden Jahr der in den achtziger Jahren begonnene Trend fortgesetzt, dass die Negativentscheide im Vergleich zu den positiv entschiedenen Gesuchen zahlenmässig immer bedeutsamer werden. 1985 wurden in den ersten zehn Monaten die Gesuche von 6832 Personen erstinstanzlich erledigt (Januar bis Oktober 1984: 3244 Gesuche). Davon wurden die Gesuche von 785 (490) Personen positiv entschieden, währenddem die Asylbegehren von 4755 (1541) Personen abgewiesen werden mussten. Der Rest erledigte sich durch Ausreisen der Asylbewerber oder Rückzüge der Asylgesuche. Für das Beschwerdeverfahren ergeben sich folgende Zahlen: Eingegangen sind 1985 bisher Beschwerden für 3952 Personen; es haben im gleichen Zeitraum 261 Personen einen positiven und 3272 (einschl. gegenstandslose) einen negativen Entscheid erhalten.

Der Stand der pendenten Verfahren präsentierte sich Ende Oktober 1985 wie folgt: 14789 waren erstinstanzlich beim Bundesamt für Polizeiwesen hängig, 8620 zweitinstanzlich beim Beschwerdedienst des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes.

112

Die Revision des Asylgesetzes vom 16. Dezember 1983 und die Personalaufstockung im Flüchtlingsbereich

Die Teilrevision des Asylgesetzes vom 16. Dezember 1983, seit I.Juni 1984 in Kraft, bezweckte im wesentlichen eine Beschleunigung der Asylverfahren und betraf folgende Bereiche: Reduktion der Beschwerdeinstanzen, Ermöglichung von Aktenentscheiden in offensichtlich unbegründeten Fällen und Verbindung der fremdenpolizeilichen Wegweisung mit dem negativen Asylentscheid.

Da seit der Inkraftsetzung der revidierten Bestimmungen erst ein Jahr und fünf Monate vergangen sind, lassen sich vorderhand keine abschliessenden Aussagen über die Wirkungen der Revision machen. Immerhin seien im folgenden die ersten Erfahrungen damit aufgezeigt.

Seit dem I.Juni 1984 entscheidet das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement über Beschwerden betreffend Asylentscheide endgültig. Da die Gesuchsteller nach bisheriger Erfahrung unabhängig von den Erfolgsaussichten jedes Rechtsmittel ausschöpfen, konnte dadurch die Verfahrensdauer verkürzt werden. Allerdings waren die Auswirkungen auf den Rechtsdienst der Finanzverwaltung als instruierende Instanz für die Bundesratsentscheide nicht sehr bedeutend, da die in den vergangenen Jahren verzeichnete starke Zunahme der negativen Asylentscheide noch nicht bis auf die Bundesratsebene durchgeschlagen hatte. Dagegen hat diese Verfahrensänderung zu einer massiven Zunahme der Gesuche um Revision von Entscheiden des Departementes beigetragen; im Durchschnitt werden zu einem Drittel der Entscheide Revisionsbegehren gestellt.

Bei offensichtlich unbegründeten Gesuchen, die in der geltenden Asylverordnung umschrieben sind, kann von einer persönlichen Befragung abgesehen werden. Davon waren vom 1. Juni 1984 bis 30. September 1985 nur wenige Asylgesuche betroffen. Dass sich diese besondere Verfahrensbestimmung hinsichtlich einer Verkürzung der Verfahrensdauer nicht wesentlich auswirkt, wurde bereits in der Botschaft vom 16. Juli 1983 zur Gesetzesrevision erwähnt.

Seit der Revision verfügt das Bundesamt für Polizeiwesen im Fall eines negativen Ausgangs des Asylverfahrens in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz. Für den Vollzug der Wegweisungen sind die Kantone zuständig. In der Praxis ergeben sich verschiedene Schwierigkeiten: Mangelnde Vollzugskontrolle, da die Kantone vollzogene Wegweisungen und Ausreisen nur ungenügend melden; unterschiedliche Durchsetzung und Überwachung der
verfügten Wegweisungen; keine gesetzliche Regelung der Ausschaffungshaft.

Nach neuem Recht kann dem Asylgesuchsteller eine Erwerbstätigkeit bewilligt werden, während diese Bewilligung früher den Regelfall darstellte. Den Kantonen steht dabei freies Ermessen zu, dem Bund fehlt eine Weisungskompetenz.

Einige Kantone haben in letzter Zeit ihr Ermessen in der Weise ausgeübt, dass sie befristete generelle Arbeitsverbote für Asylgesuchsteller erliessen.

In Verbindung mit der Revision des Asylgesetzes vom 16. Dezember 1983 hat der Bundesrat im Personalbereich Vorkehren zur Behebung der Überlastung der Abteilung Flüchtlinge des Bundesamtes für Polizeiwesen und des Beschwerdedienstes des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements verlangt. In der

Dezembersession 1983 und Junisession 1984 bewilligte1 das Parlament schliesslich zugunsten dieser beiden Amtsstellen insgesamt 153 neue Stellen, nachdem es frühere Personalbegehren abgelehnt hatte.

Ziel der personellen Massnahmen war es, bei der Gesuchserledigung mit dem Gesuchseingang Schritt halten zu können und die durchschnittliche Verfahrensdauer auf sechs bis acht Monate zu verkürzen. In den ersten Monaten dieses Jahres konnte das Bundesamt für Polizeiwesen ein weiteres Ansteigen der Pendenzen vermeiden. Im Beschwerdedienst des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes hatte Anfang 1985, wenn auch zunächst in bescheidenem Àusmass, ' der Abbau der hängigen Verfahren begonnen. Gesamthaft haben jedoch die Pendenzen per Ende September 1985 infolge der hohen Zahl von Asylgesuchen in den Monaten Juli, August und September 1985 zugenommen.

Wegen der dauernden Zunahme der Asylgesuche sind keine personellen Reserven freigeworden, um die Pendenzen zu behandeln. Dafür werden die 70 zusätzlichen Hilfskräfte einzusetzen sein, deren Einstellung der Bundesrat dem Parlament beantragt. Mit einem beschleunigten und ins Gewicht fallenden Abtragen der hängigen Verfahren ist frühestens ab 1987 zu rechnen. Prioritäres Ziel bleibt allerdings die Bewältigung der Neueingänge. Dies ist nur dann möglich, wenn der Gesuchseingang ungefähr 9000 Gesuche pro Jahr nicht übersteigt, der, bisherige Personalbestand erhöht wird und nur eine geringe Fluktuationsrate beim Personal zu verzeichnen ist. Die Anzahl der erledigten Asylgesuche pro Mitarbeiter müsste zudem gesteigert werden. ' Dies ist nicht ohne weiteres möglich. Bis heute wurde die Gesuchsbehandlung schon durch sehr viele technische und organisatorische Vorkehren erleichtert (z. B. Textverarbeitung, zentralisierte Kanzlei). Mit weiteren Rationalisierungen könnte die Qualität der Asylentscheide leiden. Schliesslich ist zu befürchten, dass wegen der dauernd steigenden Leistungsanforderungen noch mehr Mitarbeiter aus dem Dienst austreten werden als bisher. Dies ist unbedingt zu vermeiden; denn neu eingestellte Sachbearbeiter bringen zumeist keine Vorkenntnisse in Asylrecht und -praxis mit und werden demnach erst nach ungefähr einem Jahr voll einsatzfähig.

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Darstellung der anstehenden Probleme

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Die ungleichmässige Verteilung der Asylbewerber auf die Kantone

Wie wir bereits unter Ziffer 111 erwähnt haben, ist heute der grösste Teil der Asylgesuchsteller auf wenige Kantone verteilt und innerhalb dieser Kantone zum Teil wiederum nur auf einzelne Gemeinden. Zwar unternahm das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement in den vergangenen Jahren immer wieder Anstrengungen zur besseren Verteilung, doch kam die interkantonale Solidarität nicht immer zum Tragen. Die Kantone, die im Verhältnis zu den übrigen stark betroffen sind, haben in den letzten Jahren vom Bund unmissverständlich : verlangt - und dies im Vernehmlassungsverfahren mit Nachdruck wiederholt -, dass die Last gleichmässig auf alle zu verteilen sei. So hat z. B.

der Kanton Freiburg eine Standesinitiative mit diesem Inhalt eingereicht.

Der Bund ist beim Vollzug des Asylgesetzes mehr als in ändern Bereichen der Bundesverwaltung auf die Mithilfe der Kantone angewiesen: Unterhalt, Unterbringung und Betreuung der Asylbewerber sind kantonale Angelegenheiten. Die übermässige Belastung hat einige Kantone zu unerwünschten Reaktionen veranlasst, z. B. zur Weigerung, noch weitere Asylgesuche entgegenzunehmen.

Auch mit arbeitsmarktpolitischen Massnahmen (mehrmonatigen Arbeitsverboten für sämtliche Asylgesuchsteller) versuchten einige kantonale Arbeitsämter und Fremdenpolizeibehörden, eine weitere Gesuchszunahme zu vermeiden. Daneben verlangten verschiedene stark belastete Kantone vom Bund, dass dieser ihnen einen Teil der im Asylbereich entstehenden Verwaltungskosten abgelte.

Der Bund, der für die Führung der Asylpolitik verantwortlich ist, habe dafür zu sorgen, dass die am meisten betroffenen Kantone entlastet werden.

122

Die unvermindert grosse Zahl von Asylgesuchen

Für das Jahr 1985 erwarten wir 9000-10 000 Asylgesuche. Angesichts der Tatsache, dass es heute weltweit gegen 20 Millionen Flüchtlinge gibt und diese Zahl noch weiter im Steigen begriffen ist, ist nicht auszuschliessen, dass sich die Asylbewerberzahlen in der Schweiz in den nächsten Jahren noch weiter erhöhen werden. Die Bevölkerungsentwicklung sowie die wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse in weiten Teilen Asiens, Afrikas und Lateinamerikas lassen ebenfalls auf eine zunehmende Belastung der westlichen Industriestaaten in den kommenden Jahrzehnten schliessen. Da in letzter Zeit immer mehr grössere Flüchtlingsgruppen aus dem nämlichen Land sich Richtung Schweiz bewegen, ist auch eine sprunghafte Zunahme von Asylgesuchen denkbar.

Das heutige Flüchtlings- und Asylproblem ist im grösseren Rahmen des wirtschaftlichen Nord-Süd-Gefälles, welches eigentliche Wanderungsbewegungen auslöst, zu sehen und ist deshalb im Grunde genommen auch ein Migrationsproblem. Die westeuropäischen Asylländer verfügen im allgemeinen über restriktive Äusländergesetzgebungen und wollen Zuwanderer aus der Dritten Welt, die wirtschaftlicher und sozialer Not entfliehen, nicht aufnehmen. Hingegen sind Behörden und Bevölkerung immer noch bereit, Flüchtlingen im klassischen Sinn, also Opfern einer politischen Verfolgung, Asyl zu gewähren. Unter diesen Umständen ist eine strikte Anwendung des Flüchtlingsbegriffs notwendig. Damit ist nichts über die Legitimität der Fluchtmotive ausgesagt. Diese Auffassung kommt - mehr oder weniger deutlich - in beinahe sämtlichen Stellungnahmen der interessierten Kreise zum Ausdruck. Einzig die POCH plädieren ausdrücklich dafür, die wirtschaftliche Not neben der politischen Verfolgung als asylbegründend anzuerkennen. Die NA hingegen fordert eine Einschränkung des Flüchtlingsbegriffes und will das Asyl nur «Flüchtlingen aus dem abendländischen Kulturkreis» gewähren.

In der Schweiz werden nach den Grundsätzen der allgemeinen Ausländerpolitik Aufenthaltsbewilligungen in der Regel nur an Bewerber aus den traditionellen Rekrutierungsgebieten erteilt. Demzufolge haben Angehörige von Drittweltstaaten kaumi Aussicht, eine derartige Bewilligung zu erhalten. Als praktisch einziger Ausweg bleibt ihnen die Möglichkeit, ein Asylgesuch zu stellen. So können sie unter Umständen sogar eine Erwerbstätigkeit aufnehmen. Mittellose Asylge-

suchsteiler kommen jedenfalls in den Genuss von Fürsorgeleistungen. Wegen der langen Verfahrensdauer haben sie zudem die Aussicht, während einiger Jahre in der Schweiz bleiben zu können. Aus allen diesen Gründen wird in Zukunft kaum mit einem Rückgang der Asylgesuche zu rechnen sein.

Die ausserordentlich lange Dauer der Asylverfahren gibt den Fürsorgebehörden der Kantone und den Hilfswerken vielfältige Probleme auf. Es stellt sich die Frage, ob; sie die Integration der Asylbewerber in unsere Gesellschaft fördern sollen oder nicht. Die Ansichten der Behörden und Hilfswerke einerseits sowie der Asylbewerber selbst andererseits zu dieser Frage gehen auseinander. Diese haben den Willen, sich möglichst rasch bei uns einzugliedern, weil sie sich in der Schweiz für kürzere oder längere Zeit eine neue Existenz aufbauen wollen.

Jene sind gegen eine verfrühte Integration, weil der Ausgang des Asylverfahrens offen ist, und bei Ablehnung des Gesuches der Asylbewerber unter Beachtung des Prinzips des Non-refoulements (Ziff. 21.01) in der Regel aus der Schweiz weggewiesen wird.

· Das geltende Recht gibt dem Bundesrat keine Möglichkeit, auf unvorhersehbare Veränderungen im Asylbereich rasch und wirksam zu reagieren. Hauptanliegen der von beiden Räten überwiesenen Motion Lüchinger ist es denn auch, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass der Bundesrat in der Asylpolitik auch in kritischen Situationen handlungsfähig ist. Daneben verlangt der Motionär eine weitere Beschleunigung der Asylverfahren sowie Massnahmen, mit denen die Attraktivität der Schweiz als Gastland für diejenigen Gesuchsteller vermindert werden kann, die aus asylrechtlich nicht relevanten Gründen bei uns um Aufnahme ersuchen.

123

Vollzugsschwierigkeiten bei der Wegweisung

Der Vollzug, eines rechtskräftigen Wegweisungsentscheides nach negativem Ausgang eines Asylverfahrens ist Sache der kantonalen Fremdenpolizeibehörden. Verlässt ein Ausländer innerhalb der im Wegweisungsentscheid festgesetzten Ausreisefrist die Schweiz nicht, kann er ausgeschafft werden. Häufig entziehen sich abgewiesene Asylbewerber der Pflicht zur Ausreise, indem sie sich einfach «schwarz», d.h. ohne Aufenthaltsbewilligung, weiterhin in der Schweiz aufhalten. Die Ausschaffung, also die zwangsweise Entfernung aus der Schweiz, scheitert dann oft daran, dass der Betreffende nicht auffindbar ist.

Schliesslich gibt das Bundesrecht den Behörden keine Möglichkeit, einen Ausländer zu verhaften, der ausgeschafft werden soll.

Für die Glaubwürdigkeit der bundesrätlichen Asylpolitik ist es unerlässlich, dass zumutbare Wegweisungen, die nach einer Asylverweigerung verfügt werden, auch vollzogen werden. Ein Asylbewerber, der die Flüchtlingseigenschaft nicht erfüllt, wird in der Regel aus der Schweiz weggewiesen und nötigenfalls zwangsweise ausgeschafft, auch wenn ihn dies mitunter hart trifft. Ausnahmen werden dann gemacht, wenn der Grundsatz des Non-refoulements oder eine ausserordentliche menschliche Härte eine Wegweisung verbieten, und ausserdem, wenn die für die Ausreise erforderlichen Papiere fehlen und auch nicht beschafft werden können.

13

Lösung der Probleme

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Verteilung der Asylgesuchsteller auf die Kantone

Durch die Wahl seines Aufenthaltsortes bestimmt der Gesuchsteller nach geltendem Recht in der Regel den Kanton selber, der für die Betreuung seines Falles zuständig ist. Die Belastung der einzelnen Kantone mit Asylbewerbern hängt von verschiedenen Faktoren ab. Einerseits richten sich die Asylbewerber häufig an die Fremdenpolizeibehörden desjenigen Kantons, dessen Gebiet sie bei der Einreise aus dem Ausland zuerst betreten haben. Anderseits hält das Bundesamt für Polizeiwesen eine Steuerung des Zustroms durch sogenannte Schlepperorganisationen, die im Ausland tätig sind, für erwiesen. Im weitern spielen auch die gute Wirtschaftslage und der Bekanntheitsgrad einiger Schweizer Städte in den Herkunftsländern der Asylbewerber eine Rolle. Dies trifft etwa für Genf als Sitz internationaler Organisationen wie dem Internationalen Komitee des Roten Kreuzes und dem UNO-Hochkommissariat für die Flüchtlinge zu. Ferner ziehen Asylbewerber bestimmter ethnischer Zugehörigkeit, die sich schon in der Schweiz befinden, weitere Landsleute an, nicht zuletzt dank dem Kontakt mit der Heimat, den die modernen Kommunikationsmittel ermöglichen.

Wir halten es für nötig, in das Asylgesetz eine Bestimmung über die Verteilung der Asylbewerber aufzunehmen. Um den Gegebenheiten unseres föderalistischen Staates Rechnung tragen und auch um den Kantonen die Möglichkeit einer einvernehmlichen Lösung geben zu können, treten wir für eine subsidiäre Bundeskompetenz zur Verteilung ein.

Dieser Vorschlag fand im Vernehmlassungsverfahren breite Unterstützung, insbesondere auch bei der Mehrheit der Kantone. Nur einzelne von ihnen rügten eine Verletzung der kantonalen Souveränität und machten zudem geltend, dass wirtschaftlich schwache Kantone keine weiteren Asylbewerber aufnehmen könnten. Diesem Einwand wird bei der Festlegung des Verteilungsschlüssels Rechnung zu tragen sein.

Zur finanziellen Entlastung der Kantone schlagen wir zudem Verwaltungskostenbeiträge des Bundes im Asylbereich vor, wie es rund drei Viertel der Kantonsregierungen sowie die SPS und die FDP gefordert haben. Überdies soll der Bund Beiträge an kantonale Beschäftigungsprogramme für Asylbewerber leisten können.

132

Wahrung der Handlungsfähigkeit der Behörden in Ausnahmesituationen

Wie wir unter Ziffer 122 dargelegt haben, deuten sämtliche Indikatoren, die bei der Entwicklung im Asylwesen zu berücksichtigen sind, auch längerfristig nicht auf eine Abnahme der Gesuche hin. Die Motion Lüchinger verlangt, dass die Bundesbehörden auch bei grossem Andrang von Asylgesuchstellern handlungsfähig sein sollen.

Nach geltendem Recht (Art. 9 Asylgesetz) kann der Bundesrat lediglich in Kriegs- und Krisenzeiten Sonderbestimmungen im Rahmen von Notrecht einführen. Der geltende Gesetzestext führt drei Ausnahmesituationen auf: die erhöhten internationalen Spannungen (Abs. 1), der Ausbruch eines bewaffneten Konflikts, an dem die Schweiz nicht beteiligt ist (Abs. 1), sowie die fehlenden Möglichkeiten der Schweiz für die dauernde Beherbergung von Flüchtlingen (Abs. 3). Die Kennzeichnung der Sachverhalte als «Ausnahmesituationen» sowie die vorgesehene Möglichkeit der Nichtanwendung des Asylgesetzes in unserer vom Legalitätsprinzip beherrschten Rechtsordnung gebieten von vorneherein Zurückhaltung in der Anwendung dieser Bestimmungen. Es ist eindeutig, welche Ausnahmetatbestände Bundesrat und Parlament beim Erlass des Asylgesetzes mit Artikel 9 anvisierten. Von den Erfahrungen aus den beiden Weltkriegen ausgehend, meinten sie Situationen, welche eine Anwendung des Gesetzes zur Existenzbedrohung für die Schweiz machen müssten und ein entsprechend rasches Vorgehen des Bundesrats erfordern.

Vor diesem Hintergrund rechtfertigen weder die heutigen Vollzugsprobleme im Asylbereich noch ein künftiges bedeutsames Ansteigen der Gesuchseingänge eine Abweichung von den bestehenden gesetzlichen Vorschriften. Andererseits kann die Schweiz unbestreitbar auch in Friedenszeiten durch eine extrem hohe Anzahl von Flüchtlingen und Asylbewerbern vor ernsthafte Probleme gestellt werden. Aus diesem Grund schlagen wir vor, den Geltungsbereich des geltenden Artikels 9 des Asylgesetzes auszudehnen. Als neuer Ausnahmetatbestand soll der aüsserordentlich grosse Zustrom von Asylgesuchstellern in Friedenszeiten statuiert werden.

Die Ansichten über die Erweiterung der Notstandsklausel gehen weit auseinander.

Das UNO-Hochkommissariat für die Flüchtlinge wies darauf hin, dass damit der Flüchtlingsbegriff, wie er im Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 und im Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 31. Januar 1967 definiert sei, eingeengt werde, weil die Anerkennung als Flüchtling von der Aufnahmekapazität der Schweiz abhängig gemacht werde. Im gleichen Sinne befürchteten der Schweizerische Evangelische Kirchenbund und Amnesty International, dass der Grundsatz der Nichtrückschiebung von Flüchtlingen in
Friedenszeiten verletzt werden könnte.

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund warnte davor, von den vom Bundesrat am 1. Februar 1957 beschlossenen «Grundsätzen für die Handhabung des Asylrechts in Zeiten erhöhter internationaler Spannung und eines Krieges» abzuweichen, wonach Einschränkungen bei der Asylgewährung nur entweder wegen militärischer Notwendigkeiten oder mit Rücksicht auf die Ernährungslage in Frage kämen. Mit dem Gewerkschaftsbund hält es auch die SPS für möglich, dass der Artikel je nach der politischen Herkunft der Flüchtlinge unterschiedlich ausgelegt werden könnte.

Von verschiedener Seite wurde auch ins Feld geführt, die Voraussetzungen, unter-weichen der Bundesrat künftig vom Gesetz abweichen könne, seien zu unbestimmt. Die Kritiker (insbesondere die 'Kirchen, die Schweizerische Zentralstelle für Flüchtlingshilfe, Amnesty International und die CVF) machten zudem

geltend, dass sich die Notstandskompetenzen der Exekutive auf jene Fälle beschränken sollten, in denen der Gesetzgeber nicht mehr in der Lage sei - allenfalls auf dem Wege des Dringlichkeitsrechts -, fristgerecht zu handeln, was aber bei grossem Zustrom von Asylbewerbern ohne weiteres möglich sei.

Schliesslich meinten die Regionalkonferenz der Regierungen der Nordwestschweiz und die Konferenz der kantonalen Fürsorgedirektoren, dass die vorgeschlagene Änderung untauglich sei, weil es in Friedenszeiten nicht darum gehen könne, Flüchtlingen kein Asyl zu gewähren, sondern die zahlreich einreisenden Asylbewerber unterzubringen.

Von seilen der Befürworter, unter ihnen die Mehrheit der Kantone, liegen im allgemeinen keine ausführlichen Stellungnahmen vor; vielmehr stimmten sie der Erweiterung der Ausnahmetatbestände pauschal zu. Die FDP betonte hingegen, dass es notwendig sei, auch ausserhalb kriegerischer Ereignisse und erhöhter internationaler Spannungen die Aufnahme von Flüchtlingen zu begrenzen. Die zahlenmässige Begrenzung hätte allerdings erst Platz zu greifen, wenn eine konsequente Asylpraxis nicht zum Ziele führte. Einige - grundsätzlich positive - Stellungnahmen forderten, dass in der Asylverordnung zu umschreiben sei, was man unter ausserordentlich grossem Zustrom von Asylbewerbern zu verstehen habe.

Der Kanton Obwalden legte Wert auf die Feststellung, dass die Schweiz in Friedenszeiten politisch Verfolgten immer Schutz bieten könne; daher könne es nur darum gehen, die Zuwanderung von Personen, die aus asylfremden Gründen um Aufnahme bitten, zu unterbinden. Diese Äusserung ist von grosser Bedeutung. Tatsächlich will der Bundesrat in Ausnahmesituationen primär die Möglichkeiten des ordentlichen Rechts ausschöpfen. Auch soll er eine flexible Personalpolitik betreiben und eine starke Zunahme der Asylgesuche mit einer vorübergehenden Erhöhung des Personalbestandes bewältigen können. Die von uns vorgeschlagene Ausnahme von der Stellenplafonierung wurde - ausser von der FDP und den Arbeitgeber-Organisationen - von den interessierten Kreisen begrüsst, soweit sie dazu überhaupt Stellung nahmen. Erst in Extremsituationen will der Bundesrat auf das Notrecht zurückgreifen.

Bei der Anwendung des Notrechts werden die Grundsätze der Verhältnismässigkeit und der Nichtrückschiebung von Flüchtlingen zu wahren
sein, was bedeutet, dass der Bundesrat zuerst Massnahmen im Bereich des Asylverfahrens treffen wird. Auch die FDP befürwortete in ihrer Stellungnahme ausdrücklich eine solche stufenweise Einschränkung der Rechtsstellung der Flüchtlinge und Asylbewerber. Denkbar wären die Übertragung der erstinstanzlichen Entscheidbefugnis an die Kantone oder die Einführung eines summarischen Verfahrens für bestimmte Gruppen von Asylbewerbern. Die Rückschiebung von Flüchtlingen in den Verfolgerstaat oder ein geographischer Vorbehalt, d. h. dass nur Flüchtlinge bestimmter Herkunft aufgenommen würden, kommen wegen des Grundsatzes des Non-refoulements (vgl. dazu unter Ziff. 21.01) nicht in Frage.

Die demokratische Kontrolle ist auf jeden Fall gewährleistet; denn nach Artikel 9 Absatz 2 des Asylgesetzes hat der Bundesrat der Bundesversammlung über die von ihm getroffenen Massnahmen sofort Bericht zu erstatten. Angesichts der Umstände, dass die Entwicklung im Asylbereich und die dannzumalige 10

Lage im Inland schwer vorauszusagen sind, ist es hingegen nicht zweckmässig und wohl auch nicht möglich, in der Asylverordnung zu definieren, was unter ausserordentlich grossem Zustrom von Gesuchstellern zu verstehen ist.

133

Verfahrensbeschleunigung

Das heute geltende Verfahren stellt sicher, dass die teilweise komplexen Sachverhalte umfassend und gründlich abgeklärt und die Gefährdung des Gesuchstellers in seinem Heimatlande mit hinreichender Sicherheit beurteilt werden können. Dabei darf man nicht übersehen, dass aus den umfangreichen Rechtsschutzgarantien sehr zeitraubende und personalintensive Verfahren resultieren und Doppelspurigkeiten entstehen. Wir hofften, mit der Personalaufstockung die Idealfrist von sechs bis acht Monaten für die Behandlung eines Asylgesuches bis hin zu einem rechtskräftigen Entscheid in naher Zukunft zu erreichen, zumindest was die neuen Asylbegehren anbelangt. Wie die Erfahrungen der letzten Jahre gezeigt haben, hat die Verfahrensverkürzung prioritären Charakter, so dass alles daran gesetzt werden muss, inskünftig einen weitern Pendenzenüberhang zu vermeiden. Wie erwähnt rechnen wir für 1985 mit 9000-10000 Asylgesuchen. Ein erneuter Behandlungsrückstand könnte schon deshalb nicht allein mit zusätzlichen Mitarbeitern aufgefangen werden, weil eine Personalaufstockung .erst mittelfristig Wirkungen zeitigt. Es stellt sich deshalb die Frage, welche zusätzlichen Massnahmen zur Verfahrensbeschleunigung schon heute zu ergreifen sind.

Die Behandlung der Asylgesuche ist heute deshalb zeitraubend, weil die Asylbewerber praktisch in allen Fällen in einem mehrstündigen persönlichen Gespräch angehört werden müssen. Zudem sind sie meistens keiner unserer Landessprachen mächtig. Das Asylgesetz schreibt eine persönliche Anhörung des Gesuchstellers vor der entscheidenden Behörde vor, wenn diese dem Rechtsbegehren voraussichtlich nicht entsprechen kann.

In den letzten Jahren haben das Bundesamt für Polizeiwesen und der Beschwerdedienst des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes verschiedene Massnahmen getroffen, die zu einer Rationalisierung der Aufgabenerledigung und damit zu einer Effizienzsteigerung führten.

Eine weitere Beschleunigung des Asylverfahrens ist innert nützlicher Frist nur möglich, wenn die Verfahrensvorschriften des Asylgesetzes geändert werden.

Allerdings setzen die Rechtsgüter, die im Asylverfahren in Frage stehen, solchen Bemühungen Grenzen. Auf keinen Fall möchten wir so weit gehen, ein rein schriftliches Verfahren vorzuschlagen.

Soll am bestehenden Verfahren etwas geändert werden, so halten wir
einzig die Einführung einer fakultativen Befragung vor dem Bundesamt für vertretbar: Das Bundesamt soll die Kompetenz erhalten, den Asylentscheid nach einer ein^ gehenden kantonalen Befragung auch aufgrund der Akten zu treffen.

Zur Verfahrensbeschleunigung zeigt die Vernehmlassüng ein sehr weites Spektrum an Stellungnahmen und alternativen Vorschlägen. In den wenigsten Fällen fand unser Vorschlag uneingeschränkte Zustimmung; mehrheitlich stiess er auf 11

Ablehnung. Die Kritik der Gegner lässt sich folgenden drei Bereichen zuordnen: Viele Kantonsregierungen erachten die Mehrbelastung der Kantone als problematisch. Die Kirchen, die Hilfswerke, verschiedene Menschenrechtsorganisationen, aber auch Parteien (SPS, POCH, PDA) kritisierten hingegen den Abbau an Rechtsstaatlichkeit. Schliesslich wird in Kreisen der öffentlichen Fürsorge bezweifelt, ob die Verfahrensänderung überhaupt zu einer Effizienzsteigerung führen wird.

Vor allem kleinere Kantone brachten vor, sie hätten Mühe, geeignetes Personal für die Befragung der Asylbewerber zu rekrutieren, ganz abgesehen davon, dass auch bei ihnen der Personalstopp gälte. Zudem wären sie mit der Beschaffung der erforderlichen länderspezifischen Informationen überfordert. Um einem Teil dieser Einwände zu begegnen, ist vorgesehen, dass den Kantonen die Kosten, die aus der Durchführung der Asylverfahren entstehen, vergütet werden (vgl. dazu unter Ziff. 21.10).

In sehr vielen Eingaben wurde gerügt, dass unser Vorschlag faktisch auf eine Kantonalisierung des Asylverfahrens hinauslaufe, womit die Einheitlichkeit der Asylpraxis nicht mehr gewährleistet sei. So führten die Eidgenössische Konsultativkommission für das Ausländerproblem und die Schweizer Bischofskonferenz aus, dass durch die Art und Weise der Befragung und der Protokollierung der Antworten der Entscheid der Bundesbehörde weitgehend präjudiziert werde.

Viele andere Vernehmlasser, so z. B. die SPS und die Vereinigung für Rechtsstaat und Individualrechte, beanstandeten, der Anspruch auf rechtliches Gehör werde verletzt: Weil das Bundesamt für Polizeiwesen einen Entscheid über besonders hochwertige Rechtsgüter zu fällen habe, müsse es den Asylgesuchsteller persönlich anhören.

Gemäss dem UNO-Hochkommissariat für die Flüchtlinge und der Schweizerischen Zentralstelle für Flüchtlingshilfe geht es im Asylverfahren sehr häufig um die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Gesuchsteller. Dafür seien neben dem persönlichen Eindruck auch die Erfahrung und die Kenntnis der besonderen Lage, in welcher sich die Asylbewerber befinden, sowie der politischen und sozialen Verhältnisse der Herkunftsländer entscheidend. Diese Voraussetzungen seien bei den kantonalen Behörden nur ungenügend erfüllt.

Amnesty International beklagte zudem die Aufsplitterung der Verantwortung auf
eine instruierende und eine entscheidende Behörde; dies führe dazu, dass sich keine für den Asylentscheid voll verantwortlich fühle.

Mit den Befürwortern unseres Vorschlags, unter ihnen vor allem KantonSregierungen, können wir diese Bedenken nicht teilen: Unsere Lösung geht von der Erfahrung aus, dass die zweite Befragung des Asylbewerbers durch das Bundesamt für Polizeiwesen in vielen Fällen keine neuen Beurteilungselemente hervorbringt, sondern die im kantonalen Einvernahmeprotokoll enthaltenen Aspekte nur vertieft. Natürlich wird die Zahl der Befragungen vor dem Bundesamt nur dann in beträchtlichem Ausmass zu senken sein, wenn ein verstärkter Austausch von länderbezogenen Informationen und Ausbildungsmassnahmen dazu führen, dass die Kantone dem Bundesamt die Asylgesuche entscheidungsreif vorlegen. Die kantonalen Behörden werden also die Asylbewerber eingehend 12

und detailliert zu den Asylgründen und zur Zumutbarkeit einer allfälligen Wegweisung befragen müssen. Wir glauben auch, dass sich die grössere Bedeutung der kantonalen Befragungen, die Anwesenheit eines Vertreters der Hilfswerke und der bessere Informationsstand positiv auf die Motivation der kantonalen Beamten auswirken und ihr ^Verantwortungsbewusstsein stärken werden.

Die rechtsgleiche Behandlung der Asylbewerber bleibt dadurch gewahrt, dass wie bis anhin eine einzige Behörde, nämlich das Bundesamt für Polizeiwesen, für den Asylentscheid verantwortlich ist. Im übrigen 'kennen andere Länder Westeuropas ähnliche Verfahren zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft wie das von uns vorgeschlagene. Auch werden die Empfehlungen des Europarates und des UNO-Hochkommissariates für die Flüchtlinge weiterhin berücksichtigt, indem der Asylentscheid durch eine zentrale Behörde gefällt wird und die Beschwerde vorbehalten bleibt.

Schliesslich stellten einige Vernehmlasser (z. B. die Konferenz der kantonalen Fürsorgedirektoren und der LdU) die behauptete Leistungssteigerung in Frage.

Es sei widersinnig, in den Kantonen eine auf Flüchtlingsfragen spezialisierte Verwaltung aufzubauen, wenn eine solche beim Bund schon vorhanden sei. Zumindest in der Phase der Umstellung auf das neue Verfahren sei zudem zu befürchten, dass die Asylgesuche nur mit Verzögerung behandelt würden. Man solle nicht ausgerechnet das erstinstanzliche Verfahren ändern, welches sich in letzter Zeit als funktionsfähig erwiesen habe. Dem ist zu entgegnen, dass zumindest diejenigen Kantone, die viele Asylbewerber beherbergen, schon heute ihre Ausländerbehörden eigens für die Behandlung der Asylgesuche ausgebildet haben. Im übrigen war das Bundesamt für Polizeiwesen in den letzten Monaten wiederum nicht mehr in der Lage, gleich viele Asylgesuche zu erledigen wie eingegangen waren.

Neben einer grundsätzlichen Modifikation des Asylverfahrens sind auch vergleichsweise untergeordnete Vorschriften geeignet, zu einer gewissen Verfahrensvereinfachung und damit zu einer Beschleunigung beizutragen. Die bisherige Praxis zeigt, dass Asylbewerber häufig ihre Adresse ändern, ohne dies den zuständigen Behörden mitzuteilen, oder Vorladungen zu Einvernahmen keine Folge leisten. Heute bringt die Verletzung von Mitwirkungspflichten dem Gesuchsteller kaum
Nachteile, sondern führt nur zu Verzögerungen im Asylverfahren. Wir schlagen deshalb vor, ins Asylgesetz eine Bestimmung über das Zustelldomizil aufzunehmen, was im Vernehmlassungsverfahren fast ausnahmslos Zustimmung fand. Eine weitergehende Sanktion - nämlich den Verlust des Anspruchs auf Durchführung des Asylverfahrens - halten wir angesichts der hochwertigen Rechtsgüter, die auf dem Spiele stehen, für unvertretbar.

Eine weitere Möglichkeit der Verfahrensbeschleunigung besteht darin, dass das Bundesamt für Polizeiwesen zugleich mit dem Entscheid, auf das Asylgesuch nicht einzutreten, die Wegweisung des Ausländers verfügt. Bis anhin waren dafür die kantonalen Fremdenpolizeibehörden zuständig.

In vielen Fällen wird die Abklärung des Sachverhalts dadurch erschwert, dass Asylbewerber willentlich sämtliche Ausweispapiere zerstören, um ihre wahre Identität zu verschleiern. Der Missbrauchsbekämpfung, vor allem der Verhinderung von Mehrfachverfahren, dienen Vorschriften über die Massnahmen zur 13

Identifizierung, darunter hauptsächlich die Erhebung von Fingerabdrücken.

Auf Begehren praktisch aller Kantone sowie auch der Vereinigung der kantonalen Fremdenpolizeichefs und der Konferenz der kantonalen Fürsorgedirektoren können in Zukunft alle Asylgesuchsteller erkennungsdienstlich behandelt werden. Wir halten diesen Eingriff in die persönliche Freiheit angesichts des überragenden öffentlichen Interesses an der Verhinderung von Mehrfachverfahren für gerechtfertigt. Es kommt in letzter Zeit leider nicht, selten vor, dass ein Asylgesuchsteller gleich mehrere Asylbegehren einreicht. Offenbar will der Betreffende dadurch erreichen, dass die Chancen für die Asylgewährung erhöht werden oder dass er mehrfach Unterstützungsleistungen beziehen kann.

134

Vollzug der Wegweisungsverfügungen / Neuordnung der Internierung

Mit der vorliegenden Revision sollen ferner die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass die Behörden nicht anerkannte Gesuchsteller aus der Schweiz wegweisen können, sofern ihr Aufenthalt nicht anderweitig geregelt wird. Das Fehlen einer Bestimmung über die Ausschaffungshaft im Ausländerrecht hat sich beim Vollzug des Asylgesetzes als besonders unbefriedigend erwiesen.

Bisher konnte ein Ausländer, der sich dem Vollzug einer Weg- oder Ausweisung zu entziehen beabsichtigte, nur aufgrund kantonaler Bestimmungen in Haft genommen werden. Fehlten solche, so war es den Kantonen in vielen Fällen nicht möglich, nach einer Asylverweigerung rechtskräftige Wegweisungsentscheide zu vollziehen. Die Einführung der Ausschaffungshaft würde bedeuten, dass die betreffende Person vom Moment an, in dem die Wegweisung zu vollziehen ist, bis zur Ausreise inhaftiert werden kann. Mit dieser Regelung können viele der heute bestehenden praktischen und juristischen Schwierigkeiten gelöst werden. Die Notwendigkeit, eine Ausschaffungshaft einzuführen, wurde von den interessierten Stellen beinahe durchwegs bejaht, auch wenn die Meinungen über die Höchstdauer und weitere Modalitäten stark auseinander gingen.

Nach geltendem Recht tritt an die Stelle einer Ausschaffung, die nicht möglich oder nicht zumutbar ist, die Internierung als Ersatzmassnahme. Die Bestimmungen über die Internierung von Ausländern sind bisher zum grössten Teil in einer Verordnung enthalten (BRV vom 14. Aug. 1968; SR 142.28,1). Die Interniemng (in Form der freien Unterbringung) hat in letzter Zeit einige Bedeutung erlangt, wenn es darum ging, das Anwesenheitsverhältnis von erfolglosen Asylbewerbern, die aus irgendeinem Grund nicht zur Heimkehr angehalten werden konnten, zu regeln.

Von verschiedenster Seite (Kirchen, Hilfswerken, Menschenrechtsorganisationen, Bundesratsparteien mit Ausnahme der SVP u. a. m.) wurde in diesem Zusammenhang angeregt, einen Auffangstatus für Personen in flüchtlingsähnlicher Situation zu schaffen. Die Vorschläge gehen vom Asyl auf Zeit, dem sogenannten kleinen Asyl (SPS, FDP, Schweizer Bischofskonferenz) über die Reaktivierung der Toleranz- oder humanitären Aufenthaltsbewilligung (CVP, Kanton Zürich, Schweizerische Zentralstelle für Flüchtlingshilfe, Eidgenössische Konsultativkommission für das Ausländerproblem, Ligue Suisse des droits de 14

l'homme) bis zu einem ausländerrechtlichen Sonderstatus, d. h. einer neu zu schaffenden bundesrechtlichen Anwesenheitsbewilligung mit der Bezeichnung «vorläufige Aufnahme» (Schweizerischer Evangelischer Kirchenbund, Amnesty International).

Die Befürworter des kleinen Asyls sind der Ansicht, dieser Status, der kollektiv verfolgten Personen eingeräumt werden soll, trage zu einer Beschleunigung der Verfahren bei. Dieser Meinung können wir uns nicht anschliessen. Das kleine Asyl soll nach ihrem Vorschlag in einem summarischen Verfahren allen Angehörigen einer verfolgten religiösen oder ethnischen Minderheit gewährt werden.

Es ist zu widerrufen, wenn sich die politischen Verhältnisse im Heimatland verbessert haben. Es ist nun aber zu erwarten, dass die einzelnen Betroffenen spätestens zu diesem Zeitpunkt noch das individuelle Asylverfahren anstrengen werden. Dies hätte einen Zeitverlust zur Folge mit der unerwünschten Wirkung, dass Wegweisungen nach negativem Ausgang des Asylverfahrens wegen der inzwischen erfolgten Integration erschwert würden.

Den eigentlichen ausländerrechtlichen Anwesenheitsbewilligungen stehen verfassungsrechtliche Bedenken entgegen. Nach Artikel 69ter Absatz 2 der Bundesverfassung entscheiden die Kantone darüber, welche Ausländer sich auf ihrem Gebiet aufhalten dürfen. Im Prinzip können die Bundesbehörden einerseits einen Kanton nicht dazu anhalten, entgegen seinem Willen eine Bewilligung zu erteilen, andererseits sind sie auch nicht befugt, den Bewilligungsentscheid selbst zu treffen.

Aus diesen Gründen schlagen wir Ihnen vor, die Konzeption der Ersatzmassnahme beizubehalten; diese dauert nur so lange, als die Ausschaffung undurchführbar oder unzumutbar ist. Im Vergleich zu den geltenden Vorschriften über die Internierung von Ausländern haben wir allerdings Vereinfachungen bei den Vollzugsarten und der Verlängerung der Massnahmen vorgenommen. Im Vernehmlassuhgsverfahren beschränkten wir uns auf die Internierung durch freie Unterbringung für den Normalfall sowie durch Einweisung in eine geeignete Anstalt für Personen, die ein Sicherheitsrisiko darstellen. Vor allem bei den Kantonen fand dieser Vorschlag breite Unterstützung. Sehr viele Stellungnahmen stiessen sich allerdings an der Bezeichnung «Internierung durch freie Unterbringung». Abgesehen von der contradictio in adiecto
sei der Name diskriminierend. Wir .haben ihn deshalb auf Anregung verschiedener Vernehmlàsser durch «voriäufige Aufnahme» ersetzt.

Im übrigen ist die Rechtsstellung der vorläufig aufgenommenen Ausländer, besonders was den Wohnort, die Bewegungsfreiheit und die Arbeitsmöglichkeiten anbelangt, vergleichbar mit derjenigen der bisherigen «frei» Internierten. Ansprüche auf Familiennachzug oder Umwandlung in ordentliche ausländerrechtliche Bewilligungen sind nicht vorgesehen, ebensowenig ein Recht des Betroffenen, eine vorläufige Aufnahme zu beantragen. Die Kantone bleiben weiterhin zur Erhebung der Beschwerde gegen Verfügungen von vorläufigen Aufnahmen legitimiert. Neben der vorläufigen Aufnahme bleibt die Internierung (Einweisung in eine geeignete Anstalt) für Personen, die die öffentliche Ordnung oder die Staatssicherheit gefährden, bestehen.

15

135

Hilfe bei der Rückkehr und Wiedereingliederung

Für eine glaubwürdige Asylpolitik werden auch in Zukunft Wegweisungen von Asylbewerbern, deren Gesuch abgewiesen wurde, unumgänglich sein. Damit darf es aber nicht sein Bewenden haben. Flüchtlingshilfe besteht nicht nur in der Aufnahme von Personen auf dem eigenen Staatsgebiet. Auch die aktive Suche nach dauerhaften Lösungen in Dritt- oder Herkunftsstaaten der Asylbewerber gehört zu einer humanitären Asylpolitik.

Gegenwärtig ist die Quote von negativ entschiedenen Asylgesuchen hoch. Sie liegt bei rund 80 Prozent. Dies bedeutet für die abgewiesenen Asylbewerber im Regelfall, dass sie die Schweiz zu verlassen haben. In der Praxis heisst dies aber oft Rückkehr in das Herkunftsland, welches sie gerade wegen einer unbefriedigenden persönlichen Situation verlassen haben.

In dieser Lage kann den Betroffenen, vor allem in Form von Beratung, eine gewisse Hilfe geboten werden. Insbesondere sollen Möglichkeiten der Ansiedlung im eigenen Kulturbereich ausgeschöpft werden.

Flüchtlingen, die infolge veränderter politischer Verhältnisse in ihre Heimat zurückkehren möchten, soll der Bund diesen Schritt mit finanzieller Hilfe erleichtern können, sofern die eigenen Mittel der Flüchtlinge dazu nicht ausreichen.

136

Nicht berücksichtigte Revisionspunkte

136.1

Neuordnung von Unterbringung, Betreuung und Befragung der Asylbewerber

Einige Kantone sowie die Vereinigung der kantonalen Fremdenpolizeichefs schlugen folgende Änderung des heutigen Asylverfahrens sowie des geltenden Betreuungskonzeptes für Asylbewerber vor: Der Bund schafft regionale, von anerkannten Hilfswerken geführte Flüchtlingszentren, in die alle Asylbewerber eingewiesen werden. Dort werden die Asylbewerber durch das Bundesamt für Polizeiwesen befragt. Erst nach einem positiven erstinstanzlichen Entscheid werden sie nach einem bestimmten Schlüssel auf die einzelnen Kantone verteilt.

Bei offensichtlich unbegründeten Asylgesuchen tritt das Bundesamt für Polizeiwesen auf das Gesuch nicht ein. Der Asylbewerber muss während eines allfälligen Beschwerdeverfahrens im Flüchtlingszentrum verbleiben.

Gemäss den Befürwortern würde diese Lösung die Kantone entlasten und die Administration und Fürsorge erleichtern. Sie zwänge zu einer raschen Behandlung missbräuchlicher Asylgesuche und hätte ausserdem gesundheits- und sicherheitspolizeiliche Vorteile.

Wir stehen diesem Vorschlag, der von einer völlig neuen Verteilung der Aufgaben im Asylbereich zwischen Bund und Kantonen ausgeht, sehr skeptisch gegenüber. Erstens trägt er nicht zur Verfahrensbeschleunigung bei, da das Bundesamt für Polizeiwesen von keiner der bisherigen Aufgaben entlastet würde.

Zweitens hätte die Eidgenossenschaft wahrscheinlich noch mehr Mühe, geeignete Standorte für die Errichtung von Zentren zu finden, als es die Kantone schon heute haben. Bundeseigene Flüchtlingszentren wären nur dann sinnvoll, 16

wenn sie mindestens 500 Asylbewerber beherbergen könnten, womit aber di Standortsuche noch zusätzlich erschwert würde und sich Führungsschwierigkei ten ergäben. Schliesslich hat - wie europäische Erfahrungen zeigen - die Er richtung von grossen Lagern mittelfristig keine abschreckenden Wirkungen, wit sie sich die Befürworter dieser Lösung zu versprechen scheinen. Ein längere] Zentrenaufenthalt führt überdies zur sozialen Isolation mit entsprechenden Folgeerscheinungen. Wenn schon Flüchtlingszentren geführt werden, sollen diese von mittlerer Grosse sein, damit eine Eingliederung in eine bestehende Quartier- oder Dorfgemeinschaft einigermassen möglich ist.

Trotz dieser Bedenken ist nicht auszuschliessen;, dass die Schaffung von Grosszentren früher oder später ernsthaft in Betracht gezogen werden muss. Allerdings betrachten wir eine solche Massnahme nur dann als gerechtfertigt, wenn der Vollzug des Gesetzes durch die Kantone trotz aller Anstrengungen nicht mehr gewährleistet werden kann.

136.2

Dezentralisierung des Bundesamtes für Polizeiwesen

In verschiedenen Eingaben (z. B. Regionalkonferenz der Regierungen der Nordwestschweiz, kirchliche Kreise, SPS, Eidgenössische Konsultativkommission für das Ausländerproblem) wurde angeregt, das Bundesamt für Polizeiwesen solle die Asylbewerber gemäss dem früheren Vorschlag der Schweizerischen Zentralstelle für Flüchtlingshilfe dezentral in den Kantonen befragen. Gewiss hätte diese Lösung einige Vorteile: So wäre z. B. eine bessere Koordination zwischen Kantonen und Bund bei der Bezeichnung der prioritär zu behandelnden Fälle möglich. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist sie aber abzulehnen: Durch die Dezentralisation würde dem Bundesamt für Polizeiwesen zusätzlicher Aufwand entstehen, weil, eine einheitliche Asylpraxis nur dadurch gewährleistet wäre, dass sich die Beamten zu regelmässigen Rapporten zusammenfänden. Die Informationsbeschaffung wäre ebenfalls aufwendiger als heute. Diese Umtriebe könnten nur mit zusätzlichem Personal aufgefangen werden, wenn man keine Verzögerungen bei der Behandlung der Asylgesuche in Kauf nehmen will. ;Eine gleichzeitige Befragung des Asylbewerbers durch den Beamten des Bundes und des Kantons hätte zudem den Nachteil, dass der Mitarbeiter,des Bundesamtes die Befragung nicht mehr anhand des kantonalen Protokolls vorbereiten oder gestützt darauf Abklärungen treffen könnte. Schliesslich könnten die Mitarbeiter des Bundesamtes, die ihren Dienstort fortan in den einzelnen Kantonen hätten, ihr länderspezifisches Sachwissen nicht mehr optimal einsetzen, wenn sich Änderungen in der Asylbewerberstruktur ergäben. Ein dauernder Wechsel des Arbeitsplatzes könnte nicht verlangt werden. Nun zeigte es sich aber gerade in letzter Zeit, dass sich die herkunftsmässige Zusammensetzung der Asylbewerber in einem Kanton innerhalb kurzer Zeit total verändern kann.

Die Schweizerische Zentralstelle für Flüchtlingshilfe hat in der Vernehmlassung ihren Vorschlag fallenlassen.

17

36.3

Kantonales Zulassungsverfahren

·Jach Ansicht mehrerer Kantonsregierungen sollten die Kantone in einem Vorerfahren rechtsmissbräuchliche Asylbegehren vom Asylverfahren ausschliessen :önnen (z. B. Ausländer, gegen die eine rechtskräftige Einreisesperre oder Lanlesverweisung besteht; Schwarzarbeiter). Der kantonale Entscheid könnte mit Beschwerde an das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement weitergezogen werden.

Nach unseren Vorstellungen soll in solchen Fällen in Zukunft ein Aktenentscheid möglich sein; damit sollte die Forderung nach beschleunigter Behandlung erfüllt sein. Wir sind jedoch skeptisch, ob die Einführung neuer Verfahrenstypen, in denen immer noch eine Beschwerdemöglichkeit gegeben sein muss, wirklich zur Verfahrensverkürzung führt. Der Rechtsstreit wird sich im Beschwerdeverfahren nämlich hauptsächlich um formelle Fragen drehen, während uns mehr daran liegt, die Flüchtlingseigenschaft des Asylbewerbers abzuklären. Im übrigen halten wir das Bundesamt für Polizeiwesen für geeigneter als die kantonalen Behörden, über die Einhaltung des Grundsatzes des Non-refoulements (Ziff. 21.01) zu wachen, der auch für erfolglose Asylbewerber gilt.

136.4

Beschwerderecht der Kantone

Mehrere Kantonsregierungen haben in ihren Stellungnahmen gefordert, dass den Kantonen das Recht einzuräumen sei, gegen positive Asylentscheide des Bundesamtes für Polizeiwesen Beschwerde beim Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement zu erheben. Artikel 47 Absatz 2 des Asylgesetzes wäre dementsprechend zu ergänzen.

Nach Artikel 69ter Absatz 2 Buchstabe d der Bundesverfassung steht das endgültige Entscheidungsrecht gegen die Verweigerung des Asyls dem Bunde zu. In einem Bundesstaat ist eine solche Kompetenzzuteilung wegen der Staats- und aussenpolitischen Bedeutung der Asylgewährung auch sinnvoll. Andererseits verfügt die Eidgenossenschaft über kein eigenes Territorium, auf welchem sie Flüchtlinge aufnehmen könnte. Die Belastung der Kantone durch die Asylentscheide ergibt sich demnach aus dem bundesstaatlichen Aufbau der Schweiz, und wir sind deshalb der Auffassung, dass die Kantone nicht zur Beschwerde gegen positive Asylentscheide legitimiert sein sollten.

136.5

Ausnahmen von der Sozialversicherung

Die Fürsorgedirektorenkonferenz regte an, Arbeitseinsätze von Asylbewerbern von einem oder wenigen Tagen, die im Rahmen von kantonalen Beschäftigungsprogrammen erfolgen, von allen Sparten der Sozialversicherung auszunehmen.

Eine solche Ausnahme Hesse sich mit den Zielsetzungen der einschlägigen Normen der Bundesverfassung und der gesetzlichen Ausgestaltung der einzelnen Sozialversicherungzweige kaum vereinbaren, da grundsätzlich umfassende Obligatorien vorgesehen sind. Im Regelfall unterstehen Asylbewerber, die an Be18

schäftigungsprogrammen teilnehmen, ohnehin nur der obligatorischen Unfallversicherung. iBezüglich der in dieser Sparte versicherten Risiken (Unfälle und Berufskrankheiten) ist ein Versicherungsschutz notwendig und sicher auch im Interesse der Asylbewerber. In den übrigen Sozialversicherungszweigen besteht eine Beitragspflicht nur, wenn der Asylbewerber ein Erwerbseinkömmen erzielt.

Die Ausrichtung eines Taschengeldes an beschäftigte Asylbewerber durch eine Betreuerorganisation wird nicht als Erwerbseinkommen betrachtet.

136.6

Personenstand des Asylbewerbers

Gemäss der Fürsorgedirektorenkonferenz sollte auch die personenrechtliche Stellung des Asylbewerbers im Asylgesetz geregelt werden. Die Zivilstandspraxis zeigte, dass sich Probleme vor allem im Zusammenhang mit Eheschliessungen von Asylbewerbern ergaben. Die kantonalen Aufsichtsbehörden im Zivilstandswesen werden in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Polizeiwesen in dieser Frage Weisungen an die Zivilstandsämter erlassen, so dass die praktischen Schwierigkeiten einer Lösung zugeführt werden können. Da zudem die Probleme vorwiegend auf die lange Dauer der ; Asylverfahren zurückzuführen sind, müssen die Anstrengungen vor allem auf die Beschleunigung der Verfahren gerichtet werden. Wir befürchten dagegen, dass die Regelung einiger umstrittener zivilrechtlicher Fragen im Asylgesetz, wie z. B. der Wohnsitz des Asylbewerbers, mehr neue Probleme aufwirft, als sie bestehende löst.

2

Besonderer Teil: Kommentar zu den Gesetzesänderungen

21

Änderung des Asylgesetzes

21.01

Asylgewährung in Ausnahmesituationen (Art. 9)

Der Artikel 9 des Asylgesetzes ist in seiner heutigen Fassung auf Kriegs- und Krisenfälle zugeschnitten, welche die Schweiz unmittelbar betreffen. Durch eine Erweiterung der Kompetenz zum Erlass von Notrecht im neuen Absatz l soll der Bundesrat künftig auch in Friedenszeiten eingreifen können, wenn Bund und Kantone vor unlösbare Betreuungs- und Vollzugsprobleme gestellt sind.

Eine derartige Überforderung könnte bei einem plötzlichen und massiven Ansteigen der Asylbewerberzahlen eintreten. Die Ausdehnung seiner Kompetenzen gestattet es dem Bundesrat, geeignete Massnahmen schon in einem Zeitpunkt zu ergreifen, in welchem militärische Aufgebote noch verfrüht sind.

Bei der Anwendung des Notrechts bleiben die völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz vorbehalten. Gemeint ist damit der Grundsatz des Non-refoulements. Er bedeutet, dass niemand in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land gezwungen wird, in dem ihm politische Verfolgung oder menschenrechtswidrige Behandlung droht oder in dem die Gefahr besteht, dass er zur Ausreise in ein solches Land gezwungen wird. Er gilt auch für Flüchtlinge an der Schweizer Grenze. Das Prinzip des Non-refoulements: bildet Bestandteil des Völkergewohnheitsrechts. Die Schweiz muss zudem das Völkervertragsrecht be19

achten: Sowohl das Abkommen über die Rechtsstellung von Flüchtlingen vom 28. Juli 1951 (FK Art. 33; SR 0.142.30) als auch die Europäische Menschenrechtskonvention vom 4. November 1950 (EMRK Art. 3; SR 0.101) enthalten Non-refoulement-Klauseln. Darüber hinaus verbieten auch Artikel 45 des Asylgesetzes und das Grundrecht der persönlichen Freiheit die Rückschiebung von Flüchtlingen in den Verfolgerstaat.

21.02

Vorbereitende Massnahmen der Kantone (Art. 9 a)

Der vorgeschlagene Artikel 9a bezieht sich sowohl auf die bisherigen im Gesetz enthaltenen Ausnahmesituationen als auch auf den neuen Tatbestand. Um möglichst alle Möglichkeiten der Aufnahme von Flüchtlingen auch im Notstand ausschöpfen zu können, werden die Kantone zu vorbereitenden Massnahmen verpflichtet (Abs. 1). Die Mehrheit der Kantone sowie die Organe der öffentlichen Fürsorge lehnten in ihren Stellungnahmen indessen diese Aufgabe ab. Die Kantone sind der Ansicht, dies sei Bundessache, während in den Kreisen der öffentlichen Fürsorge befürchtet wird, der Bund schreibe in der vorgesehenen Betreuungskonzeption schematische Lösungen vor, die den regionalen Unterschieden zu wenig Rechnung trügen. In den meisten übrigen Eingaben wurde unser Vorschlag begrüsst.

Die Unterbringung und die Betreuung von Flüchtlingen und Asylgesuchstellern sind Unbestrittenermassen in allen strategischen Fällen Sache der Hilfswerke und der Kantone. In eigener Regie betreibt der Bund heute einzig das Flüchtlingsheim Altstätten. Die Kantone sind nach heutiger Rechtslage, die den kombinierten Übungen der Kantone und den Gesamtverteidigungsübungen des Bundes zugrunde liegt, auch in Kriegs- und Krisenzeiten für die Flüchtlingsbetreuung zuständig. Es handelt sich dabei um eine zivile Aufgabe, die nicht durch die Betreuungsformationen der Armee sichergestellt werden kann. Im übrigen bestätigen verschiedenste Gesamtverteidigungsübungen vollumfänglich, dass diese Auffassung richtig ist.

Bei den Vorbereitungen, die zu treffen sind, denkt man nicht an bauliche Massnahmen. i Vielmehr sollen die Kantone in ihren Führungsstäben Verantwortliche für den Kontakt zu den Bundesbehörden bezeichnen. Ferner sollen sie ein Konzept zur Unterbringung von Flüchtlingen erarbeiten, insbesondere auch Listen von möglichen Notunterkünften erstellen. Sie sollen auch die Kontakte mit denjenigen Organisationen (z. B. Hilfswerken) herstellen, welche die Betreuungsaufgaben in den Notstandssituationen tatsächlich übernehmen.- Bei ihren Massnahmen können die Kantone lokalen und regionalen Bedürfnissen Rechnung tragen.

Wie in anderen Bereichen der Gesamtverteidigung wird der Bund ein Konzept ausarbeiten, wobei wir vor allem an einen koordinierten Betreuungsdienst denken (Abs. 2). Im übrigen sollen die Verantwortlichen der Kantone in Ausbildungskursen auf ihre Aufgaben vorbereitet werden. Bei deren Erfüllung sollen sie vom Bund weitgehend unterstützt werden.

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21.03

Verteilung auf die Kantone (Art. 14a)

Ein wichtiges Ziel der zweiten Revision des Asylgesetzes ist eine ausgeglichenere Belastung der einzelnen Kantone durch Asylgesuchsteller. Der Artikel 14a (neu) des Asylgesetzes sieht eine subsidiäre Bundeskompetenz zur Verteilung der Asylbewerber auf die Kantone vor. Den Kantonen soll es innerhalb einer angemessenen Frist offenstehen, selbst eine Verteilung zu erreichen, sei es durch Abschluss eines Konkordates, sei es durch Beschlüsse der Kantonsregierungen oder der für das Asylwesen zuständigen Direktionen. Können sich die Kantone nicht einigen und erfordert es die Lage, so legt der Bundesrat auf Begehren von fünf Kantonen nach Anhören der übrigen Kantone einen verbindlichen Verteilungsschlüssel fest. Entgegen der Ansicht vieler Kantone erachten wir es angesichts der schwer vorauszusagenden Entwicklung im Asylbereich für unzweckmässig, im Gesetzestext eine Frist festzulegen, nach deren Ablauf der Bund eingreifen soll. Hingegen sollen fünf Kantone die Möglichkeit haben, den Bundesrat zum Handeln zu veranlassen (Abs. 1).

Als Kriterien für die Aufstellung des Schlüssels kommen die bisherige Anzahl aufgenommener Asylgesuchsteller, die Bevölkerungszahl und der Ausländeranteil des Kantons, dessen Siedlungsstruktur sowie Beschäftigungs- und Unterkunftsmöglichkeiten in Frage. Da der Festlegung des Verteilungsschlüssels erhebliche politische Tragweite zukommt, ist der Entscheid dem Bundesrat vorbehalten. Wie es von verschiedenen, vor allem wirtschaftlich schwächeren Kantonen gefordert wurde, sollen die Kriterien für die Verteilung in der Asylverordnung festgelegt werden (Abs. 1).

Die auch für den einzelnen Asylgesuchsteller verbindliche Zuweisung in einen bestimmten Kanton nimmt das Bundesamt für Polizeiwesen vor. Die Schweizerische Zentralstelle für Flüchtlingshilfe und kirchliche Kreise, aber auch die Eidg. Konsultativkommission für das Ausländerproblem sowie die CVF und die SPS verlangten, dass bei der Verteilung auf die schützenswerten Interessen der Asylgesuchsteller und insbesondere auch auf den Grundsatz der Einheit der Familie Rücksicht zu nehmen sei. Wir erachten dies an sich als Selbstverständlichkeit, haben aber dennoch diese Verdeutlichung in1 den Gesetzestext aufgenommen (Abs. 2).

21.04

Generelle Verfahrensvereinfachung (Art. 15 und 16)

Zurzeit werden zur Prüfung eines Asylgesuches im Normalfall zwei getrennte Befragungen - eine durch die kantonale und eine durch die eidgenössische Behörde - durchgeführt. Dieses zweistufige Verfahren kommt bei den Asylgesuchen an der Grenze oder im Inland zur Anwendung. Asylgesuche, die im Ausland gestellt werden, gibt es nur wenige. In einer ersten Einvernahme des Asylgesuchstellers ermittelt der Beamte des Kantons Angaben über die Person, den Ausbildungsgang und die Arbeitsstellen, die Ausreise aus dem Heimatstaat und die Einreise in die Schweiz, die Verwandtschaftsverhältnisse sowie die Asyl21

gründe. Gestützt auf die kantonale Einvernahme bereitet der Bundesbeamte sein Gespräch mit dem Asylbewerber vor. Er ermittelt den asylrelevanten Sachverhalt und konzentriert sich dabei auf die Fluchtmotive des Gesuchstellers.

Demgegenüber schlagen wir in den Artikeln 15 und 16 vor, gestützt auf die kantonale Einvernahme solle das Bundesamt für Polizeiwesen die Möglichkeit haben, einen Aktenentscheid zu fällen.

Der Verzicht auf die persönliche Anhörung wird im Ermessen des Bundesamtes für Polizeiwesen liegen. Es wird davon Gebrauch machen, wenn das kantonale Befragungsprotokoll genügt, um einen Aktenentscheid zu fällen. Dies trifft vor allem bei den Kategorien offensichtlich unbegründeter Gesuche zu, die in Artikel la der Asylverordnung (SR 142.311) umschrieben (in Kraft seit 1. Juni 1984) und heute durch den Bundesrat erweitert worden sind. (Diese Änderung tritt am 1. Januar 1986 in Kraft.) Nach den geltenden Bestimmungen geht es zum ersten darum, dass der Gesuchsteller in einem Drittstaat Schutz vor Verfolgung gefunden hat und auch weiterhin geniessen könnte. Zweitens werden damit-solche Ausländer erfasst, deren Heimat- oder Herkunftsstaat die Menschenrechte tatsächlich respektiert. Ebenfalls sollen richterliche Verfügungen wie Landesverweisung oder Auslieferung nicht .durch die Stellung eines Asylgesuches umgangen werden können.

Darüber hinaus zeigt die Erfahrung, dass die Flüchtlingseigenschaft eines Asylbewerbers häufig wegen der Art und Weise, wie er sein Gesuch begründet, klar verneint werden kann. Es sind Personen gemeint, die ,ihr Asylbegehren ausschliesslich mit persönlichen, familiären oder wirtschaftlichen Schwierigkeiten begründen. Oft berufen sich Asylbewerber auch auf eine schwierige soziale Lage im Heimatland oder auf die Gefahren kriegerischer Auseinandersetzungen; hat aber ein grosser Teil der Bevölkerung oder einer ethnischen Minderheit unter solchen schwierigen Umständen zu leiden und ist der Gesuchsteller nicht persönlich bedroht, so kann das Gesuch aufgrund der Akten abgewiesen werden. Zudem soll derjenige Gesuchsteller nicht persönlich angehört werden müssen, der seine Flüchtlingseigenschaft von derjenigen eines nahen Angehörigen ableitet, dessen Asylgesuch aber schon rechtskräftig abgelehnt wurde.

Auch soll der Rechtsmissbrauch yerfahrensrechtliche Konsequenzen haben. Es
kommt vor, dass Asylbewerber im gleichen Zeitraum mehrere, einander in wesentlichen Punkten widersprechende Asylgesuche, insbesondere auch unter verschiedenen Namen, stellen. Der Gesuchsteller, der seine Pflicht, bei der Abklärung des Sachverhalts mitzuwirken, in grober Weise verletzt, soll ebenfalls nicht angehört werden müssen. Das gleiche gilt, wenn er die Behörden zu täuschen versucht, etwa durch Vorlegen gefälschter Urkunden.

Ferner sollen Begehren nach dem gekürzten Verfahren behandelt werden, wenn der Gesuchsteller wegen strafbarer Handlungen, des Asyls unwürdig ist.

Schliesslich denken wir an Bewerber, die erst durch ihre politische Aktivität nach Verlassen des Heimatlandes Anlass dafür geben, dass die heimatlichen Behörden Repressalien gegen sie ergreifen könnten. Allerdings dürfen solche Personen wegen ihrer unleugbaren Gefährdung in der Regel nicht aus der Schweiz weggewiesen werden.

22

Wir rechnen damit, dass vorerst 20-30 Prozent aller Asylgesuche im gekürzten Verfahren entschieden werden können. :Wie erwähnt, setzen Aktenentscheide durch das Bundesamt für Polizeiwesen voraus, dass die kantonalen Protokolle umfassend, eindeutig und zuverlässig sind. Zu prüfen istbei jedem Asylgesuch auch; ob der Asylbewerber nach negativem Ausgang des Verfahrens aus der Schweiz weggewiesen werden darf. Enthält das kantonale Protokoll darüber keine Angaben, so wird der Gesuchsteller nachträglich noch anzuhören sein. In diesem Sinne sind auch die Übergangsbestimmungen (unter Ziff. II des Entwurfs) zu interpretieren, wonach das neue Recht auf alle hängigen Verfahren Anwendung findet.

In der Mehrzahl der Fälle wird es weiterhin wichtig sein, dass der entscheidende Beamte einen persönlichen Eindruck vom Gesuchsteller erhält. Der Flüchtling ist nämlich meistens nicht in der Lage, seine Verfolgung mit Urkunden oder Zeugenaussagen zu beweisen. Deshalb spielt die Glaubwürdigkeif seiner eigenen Vorbringen eine wesentliche Rolle. Gemäss Artikel 12 des Asylgesetzes genügt es denn auch, dass der Gesuchsteller die Verfolgung glaubhaft macht. Ebenso wird eine persönliche Anhörung durch das Bundesamt dann erforderlich sein, wenn persönliche und wirtschaftliche Schwierigkeiten auf der einen und echte Asylgründe auf der ändern Seite nicht klar auseinander gehalten werden können. Das gleiche gilt für die Unterscheidung zwischen echten Asylgründen und sogenannten subjektiven Nachfluchtgründen (Gefahr der Verfolgung aufgrund von Tatsachen, die sich nach der Flucht ereignet haben).

Die Kritiker der vorgeschlagenen Verfahrensänderung dürfen nicht übersehen, dass ablehnende Asylentscheide, die ohne mündliche Befragung durch das Bundesamt für Polizeiwesen getroffen werden, der Beschwerde an das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement unterliegen. Darin kann der Asylgesuchsteller neben der Verweigerung des Asyls auch rügen, dass er zu Unrecht nicht persönlich vom Bundesamt für Polizeiwesen angehört worden sei. Trifft diese Rüge zu oder hält die Beschwerdeinstanz die Anhörung durch das Bundesamt für notwendig, kann sie die Sache an dieses zurückweisen (Art. 61 Abs. l VwVG; SR 172.021). Es ist deshalb nicht auszuschliessen, dass die vorgeschlagene Verfahrensänderung zu Mehrarbeit im Beschwerdeverfahren führt.
Der Vollständigkeit halber sei noch darauf hingewiesen, dass jeder Asylbewerber das Recht hat, sich zur Zumutbarkeit einer Wegweisung zu äussern, wenn nicht vor dem Bundesamt für Polizeiwesen, so doch vor den kantonalen Behörden.

21.05

Verfahren im Kanton (Art. 15)

'

Die Absätze 2, 3 und 4 des neuen Artikels 15 übertragen die Verfahrensgarantien, die bisher im Verfahren vor dem Bundesamt gegeben waren, auf das Verfahren beim Kanton. Dies betrifft das Recht des Asylgesuchstellers, sich von seinem Vertreter und von einem Dolmetscher eigener Wahl begleiten zu lassen (Abs. 2), sowie den Beizug eines Vertreters einer anerkannten Flüchtlingshilfsorganisation (Abs. 3). Der kantonale Beamte hat den Gesuchsteller auf seine Rechte hinzuweisen (Abs. 4).

23

Einige Kantone forderten in der Vernehmlassung, dass auf diese Garantien im Verfahren vor den kantonalen Behörden zu verzichten sei oder sie nur auf Verlangen des Asylbewerbers zu gewähren seien. Sie stellten eine unnötige Komplizierung der Befragung dar. Im Asylverfahren ist jedoch der Beizug eines Dolmetschers meistens unerlässlich, damit der Beamte mit dem Asylbewerber überhaupt ein Gespräch führen kann. Der Dolmetscher eigener Wahl kann das Vertrauen des Asylbewerbers in die Behörde stärken. Das gleiche gilt für; die Anwesenheit eines Vertreters der Hilfswerke während der Befragung. Die Hilfswerke haben ausdrücklich erklärt, sie möchten an ihrer Beteiligung im Verfahren festhalten. Der Bund entschädigt die Hilfswerke für den Einsatz ihres Vertreters (Abs. 3). Die Hilfswerke werden schon heute für einen Teil ihres Aufwands gestützt auf Artikel Ib Absatz 2 der Asylverordnung entschädigt. Die Teilnahme an den Befragungen durch das Bundesamt kann als Betreuung der Asylbewerber angesehen werden. Mit der Gesetzesrevision soll die vollumfängliche Vergütung des Aufwandes auf eine explizite Grundlage gestellt werden.

Im übrigen richtet sich das Verfahren nach kantonalem Recht (vgl. Art. 46 Abs. l Asylgesetz), bei dessen Anwendung die bundesgerichtliche Praxis zum verfassungsmässigen Anspruch auf rechtliches Gehör zu berücksichtigen ist.

Im neuen Absatz 5 sind die Massnahmen zur Identifizierung der Asylbewerber vorgesehen. In Zukunft können von allen Gesuchstellern Fingerabdrücke erhoben und eine Fotografie gemacht werden. Diese Massnahmen erweisen sich aufgrund der bisherigen Erfahrungen mit der Beschränkung der erkennungsdienstlichen Behandlung auf Gesuchsteller ohne oder mit gefälschten Reisepapieren als unumgänglich. Einerseits erwies es sich bei Gesuchstellern aus verschiedenen Ländern, dass der Besitz eines Reisepapiers keinen verlässlichen Aufschluss über die Identität des Inhabers gibt, da Ausweise mit beliebigen Personalien jederzeit beschafft werden können. Auf der ändern Seite reichen etliche erfolglose Asylbewerber weitere Gesuche ein, wobei sie jeweils neue Reisepapiere vorweisen.

21.06

Verfahren vor dem Bundesamt (Art. 16)

Absatz l besagt, dass das Bundesamt den Asylentscheid aufgrund der Akten treffen kann. Eine persönliche Einvernahme des Gesuchstellers und weitere Sachverhaltsabklärungen werden aber nach wie vor in vielen Fällen erforderlich sein. Bei der Befragung vor dem Bundesamt werden die bisherigen Verfahrensgarantien beibehalten (Abs. 2).

Der geltende Absatz 5 sieht vor, dass das Bundesamt bei offensichtlich unbegründeten Gesuchen von einer persönlichen Befragung absehen kann. Nach den neuen Bestimmungen werden diese Fälle Teil jener Verfahren bilden, in denen keine zusätzliche zweite Befragung vor dem Bundesamt durchgeführt wird.

Deshalb werden die bisherigen Absätze 5 und 6 sowie die Ausführungsvorschrift dazu in Artikel 7 a der Asylverordnung ersatzlos gestrichen.

24

21.07

Mitwirkungspflicht und Zustelldomizil (Art. 19 a)

Die Vorschriften über die Zustellung bringen eine Neuerung im Vergleich zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren (SR 172.021), welches in Artikel 36 Buchstabe a bei Unmöglichkeit der Zustellung die amtliche Veröffentlichung vorsieht. Eine solche muss aber im Asylverfahren unterbleiben, da ausländische Behörden von offizieller schweizerischer Seite nichts über die Asylbewerbung ihrer Staatsangehörigen erfahren sollen. Im Verwaltungsverfahren hat die Partei die Pflicht zur Mitwirkung, wenn sie das Verfahren durch ihr Begehren einleitet. Der Asylgesuchsteller soll deshalb der kantonalen Behörde seine Adresse und deren Änderung sofort mitteilen (Abs. 1).

Nach den neuen Vorschriften ist eine Zustellung oder Mitteilung an die letzte Adresse des Gesuchstellers oder den von ihm bezeichneten Vertreter möglich und gilt als rechtsgültig eröffnet; dies auch dann, wenn der Gesuchsteller die Sendung nicht zur Kenntnis nahm (Abs. 2). Der Gesuchsteller wird auf diese Zustellungsvorschriften hingewiesen (Abs. 3).

Die Schweizerische Zentralstelle für Flüchtlingshilfe, Amnesty International, die Schweizer Bischofskonferenz und der Schweizerische Evangelische Kirchenbund schlugen vor, dass erst der zweite erfolglose Zustellungsversuch als Eröffnung gelten soll. Wir lehnen dies ab, weil wir mit den neuen Vorschriften ja gerade eine Vereinfachung anstreben. Die Wiederherstellung einer versäumten Frist nach Artikel 24 des Verwaltungsverfahrensgesetzes bleibt vorbehalten, auch wenn dies im Asylgesetz nicht ausdrücklich wiederholt wird, was die erwähnten Kreise verlangten.

21.08

Aufenthalt und Unterbringung (Art. 20)

Im neuen Artikel 20 sind Aufenthalt und Unterbringung der Asylbewerber geregelt. Schon nach bisherigem Recht haben sowohl die kantonalen Behörden als auch das Bundesamt die Möglichkeit, einem Gesuchsteller einen Aufenthaltsort zuzuweisen (Art. 19 Abs. 3 [bisher]); die Aufnahme dieser Bestimmung in den Absatz l des neuen Artikels 20 erfolgt aus Gründen der Gesetzessystematik.

Unter Aufenthaltsort ist ein bestimmtes Gebiet, z. B. eine Gemeinde, zu verstehen. Selbstverständlich bleibt die Befugnis der kantonalen Behörden, den Aufenthaltsort zu bestimmen, auf das Gebiet ihres Kantons beschränkt. Vorbehalten bleiben anderslautende interkantonale Vereinbarungen, wie sie heute schon in Einzelfällen bestehen.

Die Behörden können dem Asylbewerber auch eine Unterkunft (z. B. eine bestimmte Wohnung oder eine Pension) zuweisen. Abgesehen vom Flüchtlingsheim Altstätten werden alle Flüchtlingsheime unter der Verantwortung der Kantone geführt; daher sollen wie bisher auch in Zukunft neben dem Bundesamt ebenfalls die kantonalen Behörden die Einweisung in ein Flüchtlingsheim verfügen können (vgl. den neuen Abs. 2 mit dem alten Abs. 1).

25

Es stellte sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob generell allen Asylbewerbern oder nur denjenigen, die auf die Unterstützung der öffentlichen Fürsorge angewiesen sind, eine Unterkunft soll zugewiesen werden können. Namentlich die Kirchen und die Schweizerische Zentralstelle für Flüchtlingshilfe ersuchten, von der Einführung eines «Zentrenzwangs» für alle Asylgesuchsteller Abstand zu nehmen. Weil indessen die Einrichtung von Grossaufnahmezentren trotz vorhandener Bedenken nicht a priori ausgeschlossen werden kann,, erachten wir es als unumgänglich, dass die vorgeschlagene Bestimmung grundsätzlich für alle Asylbewerber Gültigkeit haben muss. Es wäre sonst beispielsweise nicht möglich, dass in solchen Grosszentren gleichzeitig das Asylverfahren abgewickelt werden könnte.

Im weitern wurde bemängelt, dass keine administrativen oder pönalen Sanktionen vorgesehen seien für den Fall, dass ein Asylgesuchsteller den zugewiesenen Aufenthaltsort ohne Erlaubnis verlasse. In diesen Fällen sollte auf das Asylgesuch nicht eingetreten werden müssen. Wir lehnen eine solche Rechtsfolge und auch Strafbestimmungen ab. Das Interesse des Asylbewerbers, dass seine Flüchtlingseigenschaft abgeklärt wird, überwiegt das öffentliche Interesse anx der gerechten Verteilung der Bewerber auf die Kantone.

21.09

Fürsorge (Art. 20a)

Wie nach bisherigem Recht erhält der Gesuchsteller vom Kanton die nötige Fürsorge, wenn er seinen Unterhalt nicht aus eigenen Mitteln bestreiten kann und auch Dritte nicht für ihn aufkommen müssen (Abs. 1). Demnach richten sich die Höhe der Fürsorgeleistungen, die Art und Weise, in welcher sie erfolgen (Naturai- oder Geldleistungen), und die Rückerstattung bezogener Leistungen nach kantonalem Recht (Abs. 2). Das Departement behält sich jedoch vor, im Hinblick auf die Vergütung der Fürsorgeleistungen durch den Bund (vgl!

Art. 206 Abs. l [neu] gleichlautend wie Art. 20 Abs. 2 [bisher]) Vorschriften zu erlassen. Diese beziehen sich auf die Abrechnung zwischen Bund und Kantonen und können der besonderen Lage der Asylgesuchsteller bis zu einem gewissen Masse Rechnung tragen.

21.10

Bundesbeiträge (Art. 200)

Nach dem heute in Kraft stehenden Artikel 20 Absatz 2 vergütet der Bund den Kantonen die während des Verfahrens entstandenen Fürsorgeauslagen. Daran hält auch der neue Artikel 20e Absatz l fest. Aus redaktionellen Gründen wurde diese Bestimmung in einen eigenen Artikel über die Bundesbeiträge gefasst. Es handelt sich bei den Fürsorgekosten um die für den Unterhalt und die Unterbringung von Asylbewerbern entstandenen Auslagen. Der Aufwand de& Bundes für Fürsorgeleistungen zugunsten von Asylbewerbern ist von 4,5 Millionen Franken im Jahre 1980 auf 69 Millionen Franken im Jahre 1984 angestiegen. Darin sind u. a. die Rückerstattungen an Kantone und Gemeinden für Un26

terkunft und Verpflegung, Krankenkassehbeiträge, Versicherungen, Schulungskosten,' Kleider und Taschengelder der Asylbewerber enthalten. Wie nach bisheriger Praxis erstattet der Bund den Kantonen die Fürsorgeauslagen, die bis längstens zum Vollzug einer Wegweisung entstanden sind. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn ein Kanton isich aus welchen Gründen auch immer weigert, eine rechtskräftige Wegweisungsverfügung zu vollziehen.

Der geltende Artikel 20 Absatz 2 Asylgesetz gibt keine Rechtsgrundlage dafür ab, den Kantonen die weitergehenden Betreuungs- und Verwaltungsaufwendungen im Asylwesen zu vergüten. Gemeint sind damit z. B. die Einstellung zusätzlichen Personals bei den Fürsorgestellen und der Fremdenpolizei sowie die Bereitstellung von Büros und Befragungszimmern. Die Aufwendungen der Ausländer- und Fürsorgebehörden sind aufgrund kantonaler Angaben sehr unterschiedlich. Eine genaue Umschreibung dieser Mehrausgaben ist unseres Erachtens nicht möglich. Bei dieser Ausgangslage sind wir der Ansicht, dass den Kantonen pro Jahr eine Pauschale für jeden Gesuchsteller ausgerichtet werden soll, deren Höhe das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement festsetzen kann (Art. 20b Abs. 2). Im schweizerischen Bundesverwaltungsrecht haben die Kantone nach herrschender Auffassung so lange für die Vollzugskosten der vom Bund auferlegten Aufgaben aufzukommen, als der Gesetzgeber keine andere Regelung trifft. Der Gesetzgeber kann eine solche Beitragsleistung des Bundes ohne besondere verfassungsmässige Grundlage vorsehen (vgl. Ivo Hangartner, die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen, Bern/Frankfurt am Main 1974, S.,168, mit weiteren Hinweisen).

Asylgewährung und Fürsorge für die Asylgesuchsteller und Flüchtlinge sind nationale Aufgaben. Durch die in Artikel 14a vorgesehene obligatorische Verteilung entsteht den Kantonen die Pflicht zur Aufnahme einer bestimmten Anzahl von Asylbewerbern. Es liegt im Interesse des Bundes, dass auf kantonaler Ebene die Asylverfahren korrekt abgewickelt werden und die erforderliche Betreuung der Asylbewerber sichergestellt ist. Vor allem sind Betreuung und Beschäftigung notwendig, weil die Asylbewerber sonst in den Augen weiter Bevölkerungsteile als Nichtstuer gelten und überdies die Gefahr besteht, dass sie,in die Kriminalität abgleiten.

Aus, allen diesen Gründen
halten wir es für gerechtfertigt, dass der Bund den Kantonen neben den Fürsorgeauslagen auch einen Teil der Verwaltungs- und Personalkosten vergütet.

Nach Absatz 3 kann der Bund Beschäftigungsprogramme für Asylbewerber mitfinanzieren. Eine sinnvolle Beschäftigungspolitik ist in letzter Zeit besonders dringend geworden, weil die Asylgesuchsteller immer mehr Schwierigkeiten haben, auf dem gewöhnlichen Arbeitsmarkt Stellen zu finden. Obwohl Asylbewerber nach Artikel 21 des Asylgesetzes im Prinzip eine unselbständige Erwerbstätigkeit ausüben dürfen, sind kantonale Ausländer- und Arbeitsmarktbehörden dazu übergegangen, für kürzere oder längere Dauer generelle Arbeitsverbote zu erlassen. Wir halten es wegen der klaren gesetzlichen Regelung nicht für nötig, eine bundesrechtliche Norm vorzuschlagen, die generelle Arbeitsverbote aüsschliesst oder deren zulässige Höchstdauer bestimmt, wie1 dies die Kirchen Und der Schweizerische Gewerkschaftsbund postulierten. Wir teilen aber die Ansicht 27

der Schweizerischen Konferenz für öffentliche Fürsorge, die eine längerfristige erzwungene Beschäftigungslosigkeit für ungerechtfertigt hält. Sie hat negative psychologische Auswirkungen und unerwünschte soziale Folgen. Deshalb will der Bund künftig Anstrengungen der Kantone unterstützen, arbeitslose Asylbewerber sinnvoll - z. B. mit Arbeiten im Dienste der Öffentlichkeit - zu beschäftigen. Es wäre hingegen völkerrechtlich nicht zulässig, die Asylbewerber zur Arbeit zu verpflichten, wie dies einige Vernehmlasser vorschlugen.

21.11

Wegweisung (Art. 21 a)

In der ersten Teilrevision des Asylgesetzes hat das Bundesamt für Polizeiwesen die Kompetenz erhalten, gleichzeitig mit einem negativen Asylentscheid auch die Wegweisung aus der Schweiz anzuordnen. Diese Befugnis soll nun auch auf diejenigen Fälle ausgedehnt werden, in denen das Bundesamt auf das Asylgesuch nicht eintritt (Abs. 1). Die Erweiterung lässt sich gleich begründen wie die ursprüngliche Kompetenzzuweisung. Wir sind erstens der Auffassung, dass das Bundesamt besser in der Läge ist als die kantonalen Behörden, die Rechtsgüterabwägung vorzunehmen, die bei jeder Wegweisung erforderlich ist. Der Grundsatz des Non-refoulements, der im Völkergewohnheitsrecht und in Staatsverträgen verankert ist, verlangt, dass vor jeder Wegweisung die potentielle Gefährdung des Ausländers bei einer Rückkehr ins Heimatland abgeklärt wird. Für die Entscheidung dieser Frage sind jedoch ähnliche Abklärungen erforderlich wie diejenigen, die das Bundesamt für Polizeiwesen schon im Asylverfahren prüfen muss.

Zweitens dient unser Vorschlag der Verfahrensbeschleunigung: Sowohl gegen die Nichteintretens- als auch die Wegweisungsverfügung ist das gleiche Rechtsmittel gegeben, nämlich die Beschwerde an das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (Abs. 3). Die kantonalen Behörden erhalten in beiden Fällen einen Vollzugsauftrag. Sie haben in diesem Stadium nicht mehr zu prüfen, ob die Heimkehr zumutbar sei.

Absatz 2 stellt die Übereinstimmung mit den vorgeschlagenen Änderungen des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer her (vgl.

dazu unter Ziff. 22), enthält aber für sich materiell keine Neuerungen.

21.12

Rückkehrhilfe (Art. 210)

Als Teil der Fürsorgeleistungen übernimmt der Bund nach Artikel Ib der Asylverordnung die Kosten der Ausreise von mittellosen Asylbewerbern und von mittellosen Ausländern, deren Asylverfahren abgeschlossen ist. Im Jahre 1984 vergütete der Bund den Kantonen insgesamt 237 000 Franken für Reisekosten (inkl. Reisekosten für das Begleitpersonal). Die Ausführungsbestimmung des Artikels Ib Asylverordnung, die sich auf Artikel 20 Asylgesetz (bisher) abstützt, wird in den neuen Artikel 2lb Asylgesetz aufgenommen (Abs. 1). Unerheblich ist, wie das Verfahren beendet wurde (Abweisung oder Rückzug des Gesuches).

28

Der Bund kann neu den Asylgesuchstellern Rückkehrhilfe in Form von Beratung leisten (Abs. 2). Es ist nicht vorgesehen, Rückkehrprämien als Anreiz zum Rückzug von Asylgesuchen auszuzahlen. Vielmehr soll Asylbewerbern, deren Asylgesuche von vorneherein wenig Aussicht auf positive Erledigung haben, Hilfe bei der Organisation der Heimreise oder auch der Ausreise in ein dem Heimatstaat benachbartes Land geleistet werden. Der Bund will zu diesem Zweck spezielle Beratungsstellen finanzieren.

21.13

Sozialversicherungen/Zuständigkeit und Entschädigung für Fürsorgeleistungen (Art. 30 und 31)

In Artikel 30 soll unter Buchstabe f auch das Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (SR 831.40) erwähnt werden, das seit dem 1. Januar 1985 in Kraft steht.

Die Rückerstattung der Fürsorgeleistungen für Flüchtlinge an Hilfswerke oder Kantone (Art. 33 Abs. l [bisher]) wird neu in Artikel 31 Absatz 3 aufgeführt, weil der neue Artikel 33 das Marginale «Wiedereingliederungsbeiträge und Stipendien» trägt.

21.14

Wiedereingliederungsbeiträge und Stipendien (Art. 33)

Wir nehmen die Revision des Asylgesetzes zum Anlass, auch im Bereich der Fürsorge für anerkannte Flüchtlinge Anpassungen vorzunehmen.

Nach Absatz 3 von Artikel 31 (neu) Asylgesetz (bisher Art. 33 Abs. 1) erstattet der Bund die Fürsorgeleistungen, die in seinem Auftrag an anerkannte Flüchtlinge ausgerichtet werden. Nach Artikel 37 ist bei der Ausrichtung von Fürsorgeleistungen der besonderen Lage der Flüchtlinge Rechnung zu tragen. Namentlich soll die soziale und berufliche Eingliederung erleichtert werden. Diesem Ziel der Integration dienen auch die Ausbildungsbeiträge, die die Kantone im Rahmen ihrer Stipendiengesetzgebung an Flüchtlinge ausrichten. Nach der geltenden Aufgabenteilung im Stipendienwesen sind die Kantone für die Erteilung von Stipendien an Flüchtlinge zuständig. Einzelne von ihnen gewähren aber Flüchtlingen ausdrücklich keine Ausbildungsbeiträge. Eine Vorlage, die den Kantonen die Gleichbehandlung mit den Schweizer Bürgern vorgeschrieben hätte, wurde in der letzten Abstimmung über die Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen abgelehnt. Der Bund soll in Zukunft den Kantonen Ausbildungsbeiträge an Flüchtlinge zurückerstatten können (Art. 33 Abs. 1). Damit sollen die Kantone ermuntert werden, Flüchtlingen unter den gleichen Voraussetzungen Stipendien zu gewähren wie Schweizer Bürgern.

Entgegen den Befürchtungen des LdU findet keine Kompetenzverschiebung im Stipendienwesen statt.

In Absatz 2 schlagen wir vor, dass der Bund rückkehrwilligen Flüchtlingen Hilfe zur Wiedereingliederung im Herkunftsland leisten kann. Wie bisher kann 29

er die Kosten der Rückreise übernehmen. Hilfe soll nur denjenigen Flüchtlingen zukommen, welche infolge veränderter politischer Verhältnisse aus freiem Willen in ihren Heimatstaat zurückkehren möchten. Dies ist aber nur möglich, wenn die Rückkehrwilligen über genügend finanzielle Mittel verfügen, um sich eine menschenwürdige Existenz aufbauen zu können. In diesen Fällen kann der Bund den Rückkehrern ein bescheidenes Startkapital zur Verfügung stellen. Die Wiedereingliederungshilfen sollen ein - wenn auch bescheidener - Beitrag zur Lösung des Flüchtlingsproblems sein. Auch das UNO-Hochkommissariat für die Flüchtlinge und andere spezialisierte Hilfsorganisationen fördern die freiwillige Repatriierung von Flüchtlingen. Der Bundesrat wird aus diesem Grund in der Frage der Wiedereingliederungshilfe mit diesen Institutionen zusammenarbeiten und sie allenfalls finanziell unterstützen.

22

Änderung des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer

22.1

Ausschaffungshaft (Art. 14)

Einleitend ist nochmals darauf hinzuweisen, dass sich das Problem der Ausschaffungshaft ganz generell im Ausländerrecht stellt und nicht nur erfolglose Asylgesuchsteller betrifft. Eine Regelung im Rahmen der vorliegenden Revision drängt sich auf, weil - sofern die Wegweisung zumutbar ist - nur der Vollzug abgelehnter Asylgesuche langfristig eine glaubwürdige Asylpolitik zu sichern vermag.

Kommt ein Ausländer der Pflicht zur Ausreise aus der Schweiz nicht nach, so kann er schon heute ausgeschafft werden (Art. 14 Abs. l [bisher]). Diese Zwangsmassnahme kann auch dann ergriffen werden, wenn eine Aus- oder Wegweisung sofort vollzogen werden muss (Art. 14 Abs. l [neu]). Dies ist schon nach geltendem Recht dann der Fall, wenn die Behörde, welche die Aus- oder Wegweisung verfügt hat, einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung entzogen hat. Im Asylverfahren erklärt das Bundesamt für Polizeiwesen seinen Entscheid nach Artikel 19 Absatz l des Asylgesetzes für sofort vollziehbar, wenn der Asylgesuchsteller unter Anwendung eines Abkommens über die Übernahme von Personen an der Grenze in einen Nachbarstaat zurückgewiesen wird und dort den Ausgang des Asylverfahrens abwarten muss. Die einschlägigen Staatsverträge sehen die Rückübernahme von Personen nur innerhalb bestimmter Fristen vor. Da der Grundsatz des Non-refoulements in solchen Fällen respektiert wird, ist das Bundesamt für Polizeiwesen trotz der Kritik einiger Vernehmlasser nicht willens, seine Praxis zu ändern.

Der vorgeschlagene Absatz 2 von Artikel 14 sieht die Ausschaffungshaft vor, um die heutigen Schwierigkeiten beim Vollzug von Entfernungsmassnahmen zu beheben. Voraussetzung für den Freiheitsentzug, welcher der Vorbereitung der Ausreise dient, ist, dàss die Weg- oder Ausweisungsverfügung vollziehbar ist.

Eine Präventivhaft ist ausgeschlossen. Da die Ausschaffungshaft dem Vollzug eines rechtskräftigen Aus- oder Wegweisungsentscheides dient, ist sie mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (Art. 5 Abs. l Bst. f; SR 0.101) verein30

bar. Im Gegensatz zur Vereinigung der kantonalen Frèmdenpolizeichefs sind wir der Ansicht, dass dem Verfügungsadressaten zuerst eine Frist angesetzt werden muss, damit er seine Pflicht zur Ausreise freiwillig erfüllen kann.

Es müssen zudem gewichtige Anhaltspunkte vorliegen1, die vermuten lassen, dass sich der Ausländer der Ausschaffung entziehen will. In der Praxis wird man je nach den persönlichen Verhältnissen des Ausländers differenzieren müssen: Ist der Betreffende mit seiner Familie in der Schweiz, so wird weniger schnell anzunehmen sein, er werde sich der Ausschaffung entziehen, als bei einem Alleinstehenden. Entgegen gewissen Meinungsäusserungen genügt für uns die Tätsache, dass jemand ein Asylgesuch gestellt hat, nicht als Grund für eine Inhaftierung.

Bei der Anordnung der Haft und bei der Bestimmung des Haftlokals wird man ferner auf Alter und Gesundheitszustand Rücksicht zu nehmen haben. Die Beschränkung der persönlichen Freiheit darf jedenfalls nur so weit gehen, als es der Zweck der Haft unbedingt erfordert. Möglich ist zum Beispiel auch die blosse Überwachung des Ausländers.

Zuständig zur Anordnung der Haft sind die kantonalen Ausländerbehörden.

Die Haft darf die Dauer von insgesamt 30 Tagen;nicht überschreiten. Die Haft darf nur von einer kantonalen richterlichen Behörde über 48 Stunden hinaus verlängert werden (Abs. 3). Die Kantone werden diese in ihren Ausführungserlassen zum ANAG zu bezeichnen haben. Nach der Konvention zum Schütze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Art. 5 Ziff. l Est. f in Verbindung mit Ziff. 4) hat die verhaftete Person einen Anspruch darauf, ein Verfahren zu beantragen, in welchem von einem Gericht raschmöglichst über die Rechtmässigkeit der Haft entschieden wird. Die letztinstanzliche Anordnung einer Ausschaffungshaft durch kantonale Behörden wird nach den allgemeinen Bestimmungen der Bundesrechtspflege mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht weitergezogen werden können.

Zur Höchstdauer von 30 Tagen haben die interessierten Kreise sehr kontroverse Meinungen geäussert. Die einen (insbesondere die Kirchen, die Hilfswerke, aber auch einige Parteien) fanden sie unverhältnismässig lang und hätten 72 Stunden vorgezogen,, die ändern für die Bedürfnisse der Praxis zu kurz (z. B.

die Vereinigung der kantonalen Frèmdenpolizeichefs). Nach der
zweiten Auffassung beansprucht die Organisation einer Reise - vor allem die Beschaffung der Reisepapiere -, die in ,den aussereuropäischen Raum führt, viel Zeit. Wir erachten diese Ansicht als richtig und halten deshalb an der Höchstdauer von 30 Tagen fest.

, Nach Absatz 4 haben die Kantone dem Verhafteten Verfahrensgarantien einzuräumen. Die Angehörigen des Verhafteten in der Schweiz sind zu benachrichtigen; der Verhaftete muss mit seinem Vertreter mündlich und schriftlich verkehren können. Der Kontakt mit dem Anwalt ist vor allem dann wichtig, wenn der Ausländer schon nach Erlass einer erstinstanzlichen Verfügung, der die aufschiebende Wirkung entzogen wurde, inhaftiert wurde und wenn er gegen die Aus- oder Wegweisung Beschwerde führen will.

31

22.2

Vorläufige Aufnahme und Internierung (Art. 14a, Üb, 14c, 15 Abs. 4, 20 Abs. l und lbis)

Wie wir bereits unter Ziffer 134 ausgeführt haben, wollen wir die geltenden Bestimmungen über die Internierung von Ausländern den heutigen Bedürfnissen anpassen und sie vereinfachen. Die Artikel 14a und 15 Absatz 4 (neu) gelten für beide Ersatzmassnahmen; je ein gesonderter Artikel ist der vorläufigen Aufnahme (Art. 146) und der Internierung (Art. 14c) gewidmet.

Voraussetzung für die Anordnung einer vorläufigen Aufnahme oder Internierung ist, dass eine Weg- oder Ausweisung weder durchführbar noch zumutbar ist. Undurchführbar ist eine Entfernungsmassnahme, wenn der Ausländer kein gültiges ausländisches Reisepapier hat und kein Staat zu seiner Übernahme verhalten werden kann. Unzumutbar ist sie, wenn sie eine ausserordentliche Härte darstellte oder die Rückschiebung in das Heimat- oder Herkunftsland gegen das Prinzip des Non-refoulements verstiesse. Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit werden also einerseits Umstände gewürdigt, die in der Person des in der Schweiz lebenden Ausländers gegeben sind, und anderseits die Verhältnisse im Heimatland berücksichtigt. Zuständig für die Anordnung der Ersatzmassnahmen ist wie nach geltendem Recht das Bundesamt für Polizeiwesen (Art. 14a Abs. 1).

Berechtigt, beim Bundesamt für Polizeiwesen eine Internierung oder vorläufige Aufnahme zu beantragen, sind das Bundesamt für Ausländerfragen, die Schweizerische Bundesanwaltschaft und die kantonalen Fremdenpolizeibehörden (Art. 14a Abs. 2). Zur Internierung, die eine freiheitsentziehende Massnahme darstellt, ist der Ausländer anzuhören. Ein Recht des Betroffenen, eine vorläufige Aufnahme zu beantragen - wie es unter anderen der Schweizerische Evangelische Kirchenbund gewünscht hat -, ist nicht vorgesehen; der Ausländer hat im Rahmen des der Ausschaffung vorangehenden ausländer- oder asylrechtlichen Verfahrens die Möglichkeit, die Undurchführbarkeit oder Unzumutbarkeit der Weg- oder Ausweisung zu rügen. Räumte man ihm ein Antragsrecht ein, so wäre das Konzept der Ersatzmassnahme durchbrochen. Selbstverständlich kann das Bundesamt für Polizeiwesen die Ersatzmassnahmen auch von Amtes wegen verfügen, wie dies zum Beispiel in Artikel 21 a Absatz l des Asylgesetzes vorgesehen ist.

Die Ersatzmassnahmen sind durch das Bundesamt für Polizeiwesen aufzuheben, wenn die ursprüngliche Pflicht zur Ausreise erfüllt werden kann. Dies
ist dann der Fall, wenn sich der Ausländer rechtmässig in einen Drittstaat begeben kann, wo er sich mit Zustimmung von dessen Behörden aufhalten darf; ausserdem, wenn er in seinen Herkunftsstaat zurückkehren kann. Reist der Ausländer freiwillig aus oder erhält er von einem Kanton eine Aufenthaltsbewilligung, erlöschen vorläufige Aufnahme und Internierung (Abs. 3). Der Bund übernimmt die Ausreisekosten eines mittellosen Ausländers (Abs. 4).

In Artikel 146 ist die vorläufige Aufnahme geregelt. Sie kann vom Bundesamt für Polizeiwesen erstmals für zwölf Monate verfügt werden und wird vom Aufenthaltskanton in der Regel um jeweils zwölf Monate verlängert (Art. 146 Abs. 1). Dieser kann auch die Aufhebung nach Artikel 14a Absatz 3 beantragen.

32

Die Befristung auf zwölf Monate erfolgt auf ausdrücklichen Wunsch vieler Kantone, da eine kürzere Frist unnötige administrative Umtriebe verursache. In der Vernehmlassung wehrten sich beinahe sämtliche Regierungen entschieden dagegen, dass die Ersatzmassnahme nach einiger Zeit in eine ordentliche kantonale Aufenthaltsbewilligung umgewandelt werde. Wir haben deshalb diesen Vorschlag fallenlassen, womit für die vorläufige Aufnahme keine Höchstdauer mehr vorgesehen ist.

Der Ausländer darf seinen Aufenthaltsort auf dem Gebiet des bisherigen Aufenthaltskantons frei wählen (Abs. 2) und eine unselbständige Erwerbstätigkeit ausüben (Abs. 3), sofern Arbeitsmarkt- und Wirtschaftslage dies gestatten. Die Priorität der einheimischen Arbeitnehmer ist zu wahren. Zuständig zur Erteilung einer Arbeitsbewilligung sind die kantonalen Behörden. Die Bewilligungen werden nicht an die Kontingente, welche den Kantonen aufgrund der Verordnung über die Begrenzung der Zahl der erwerbstätigen Ausländer zustehen (SR 823.21), angerechnet.

Grundsätzlich hat der vorläufig aufgenommene Ausländer für seinen Unterhalt selbst aufzukommen; der Aufenthaltskanton kann von ihm Sicherheit verlangen (Abs. 4). Mittellose Ausländer werden vom Kanton nach Massgabe seiner Gesetzgebung unterstützt (Abs. 5). Der Bund kann jedoch abweichende Bestimmungen erlassen und vergütet dem Kanton die Fürsorgeauslagen (Abs. 6). Wir erachten einzig die Kantone für die fürsorgerische Betreuung als geeignet; das Bundesamt für Polizeiwesen ist dazu personell nicht in der Lage.

Im Zusammenhang mit der Regelung der vorläufigen Aufnahme schlagen wir vor, Artikel 7 des ANAG, worin die Toleranzbewilligung vorgesehen ist, aufzuheben. Die Toleranzbewilligung wurde bisher nur selten ausgestellt. Nachdem wir neben der Internierung als weitere Anwesenheitsform die vorläufige Aufnahme vorschlagen, besteht kein Anlass, diese Bewilligungsart beizubehalten.

Die Kantone hatten sich seinerzeit mit deren Aufhebung einverstanden erklärt (BEI 7975 II 203).

Artikel 14c enthält die Vorschriften über die Internierung in einer geeigneten Anstalt, die neben der vorläufigen Aufnahme nur noch untergeordnete Bedeutung hat. Die Fristen für die erstmalige Anordnung und die Verlängerung der Internierung, die beide in den Zuständigkeitsbereich des Bundesamtes für Polizeiwesen fallen,
betragen sechs Monate. Spätestens nach Ablauf von zwei Jahren ist sie, die einen schweren Eingriff in die persönliche Freiheit darstellt, durch eine vorläufige Aufnahme zu ersetzen (Abs. 1). Sie soll nur im Falle der Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügt werden dürfen (Abs. 2). Das Bundesamt für Polizeiwesen bestimmt in Zusammenarbeit mit dem betroffenen Kanton die Anstalt, in welche der Ausländer eingewiesen werden soll. Damit kommen wir den Kantonen entgegen, die die Übertragung des Vollzugs «geschlossener» Internierungen auf sie ablehnten. Je nach dem, was der Schutz der Öffentlichkeit gebietet, wird der Ausländer einem strengeren oder leichteren Vollzugsregime unterworfen werden. MUSS ein Ausländer aus psychischen oder anderen besonderen Gründen in ein Heim oder in eine Anstalt eingewiesen werden, so ist dafür der Kanton nach den Bestimmungen des Zivilgesetzbuches über die fürsorgerische Freiheitsentziehung zuständig.

2 Bundesblatt. 138. Jahrgang. Bd.I

33

Wie im geltenden Recht muss der Internierte für die Kosten der Internierung selbst aufkommen, wenn er eigene Mittel besitzt, und hat dafür auf Verlangen Sicherheit zu leisten (Abs. 4), Andernfalls übernimmt sie der Bund (Abs. 3).

Das Buridesamt für Polizeiwesen ist wie bis anhin für Anordnung und Vollzug der vorläufigen Aufnahme und Internierung zuständig (Art. 15 Abs. 4). Gewisse administrative und fürsorgerische Aufgaben sind aber nach den vorstehenden Artikeln den Kantonen übertragen (vgl. Art. 140, Abs. l und 3-5).

Der Rechtsweg wurde in bezug auf die Internierung im Vergleich zum geltenden Recht beschleunigt: Die Verfügung des Bundesamtes für Polizeiwesen kann unmittelbar mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht weitergezogen werden (Art. 20 Abs. lbis). Da die Einweisung in eine geeignete (meist geschlossene) Anstalt einen Eingriff in die persönliche Freiheit des Ausländers darstellt, muss im Hinblick auf Artikel 5 Ziffer 4 der Europäischen Menschenrechtskonvention (SR 0.101) eine rasche Überprüfung der Internierung möglich sein. Der Entscheid über die vorläufige Aufnahme soll hingegen nicht ans Bundesgericht weitergezogen werden können (Art. 20 Abs. l und 3 i. V. m. 100 Bst. b Ziff. 5 OG [neu]; SR 173.110).

Die neuen Bestimmungen über die Ausschaffungshaft erfordern eine kantonale Ausführungsgesetzgebung. Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten der geänderten Bestimmungen des ANAG. Internierungen nach altem Recht werden in vorläufige Aufnahmen oder Internierungen nach den Artikeln 146 und 14c (revidiert) umgewandelt.

23

Änderung des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Verbesserung des Bundeshaushaltes

23.1

Anstellung von Hilfskräften (Art.2a)

Entwicklungen im Asylbereich sind schwer zu prognostizieren. Die Gesuchseingänge können von einem Jahr zum ändern sprunghaft ansteigen, wie die vergangenen Jahre zeigen. Um auch in solchen Situationen zeitgerecht und wirksam reagieren zu können, schlagen wir vor, den Bundesrat zu ermächtigen, bei aussergewöhnlichem Zustrom von Asylgesuchstellern vorübergehend zusätzliche Hilfskräfte für die Behandlung der Asylgesuche einzustellen.

3

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die vorgesehene Änderung des Asylverfahrens führt mit der Zeit zu einer Mehrbelastung der kantonalen Behörden. Die Kräfte, die damit beim Bundesamt für Polizeiwesen frei werden, sollen ganz zur rascheren Behandlung der Asylgesuche eingesetzt werden. Erst längerfristig kann man - wenn überhaupt an den Abbau von Personal denken. Es wäre völlig verfehlt zu glauben, die Anzahl Asylgesuche werde durch gesetzgeberische oder andere Massnahmen innert weniger Jahre gesenkt werden können. Nach übereinstimmender Ansicht aller westeuropäischen Asylländer bleiben die Fluchtbewegungen ein Jahrhundertproblem.

34

Die Beiträge des Bundes an die kantonalen Aufwendungen für das Asylverfahren werden sich auf etwa 15 Millionen Franken pro Jahr belaufen. Bei dieser Berechnung gehen wir von einer Pauschale von jährlich 500 Franken pro Asylbewerber aus. Wir schätzen, dass von 1986 an rund 10000 Personen neu ein Asylgesuch stellen werden und dass Ende 1985 rund 25 000 Verfahren hängig sind.

Die Ausgaben für die Rückkehrhilfe für Asylbewerber und Wiedereingliederungsbeiträge für anerkannte Flüchtlinge werden nach grober Schätzung 2-3 Millionen Franken im Jahr ausmachen. Eine Prognose ist schwierig, weil es einerseits darauf ankommt, wie sich die politischen Verhältnisse in den Herkunftsländern entwickeln werden, und anderseits, wie gross die Rückkehrbereitschaft sein wird und über welche eigenen Mittel die Rückkehrwilligen verfügen werden. Die 2-3 Millionen Franken sollen für den Betrieb von Beratungsstellen und die Ausrichtung von finanziellen Starthilfen an die Betroffenen eingesetzt werden. Die Subventionierung von Repatriierungsprogrammen hingegen wird dem Entwicklungshilfekredit angelastet werden müssen.

Die Rückerstattung von Stipendien, welche die Kantone Flüchtlingen gegeben haben, wird 4-5 Millionen Franken pro Jahr ausmachen.

Der Aufwand der Hilfswerke für die Teilnahme an den Befragungen der Asylbewerber belief sich im Jahre 1984 auf 0,5 Millionen Franken und wird sich schätzungsweise auch nach Inkrafttreten der geänderten Verfahrensbestimmungen in diesem Rahmen bewegen.

Für die Subventionierung der kantonalen Beschäftigungsprogramme sind rund 0,5 Millionen Franken vorgesehen.

Alle erwähnten Ausgaben - mit Ausnahme eines Teils der Entschädigung an die Hilfswerke - sind weder im Budget 1986 noch im geltenden Finanzplan vorgesehen.

4

Richtlinien der Regierungspolitik

Die Vorlage wurde in den Richtlinien der Regierungspolitik 1983-1987 (BBÌ 1984 l 157) nicht ausdrücklich angekündigt. In Ziffer 39 der Regierungsrichtlinien haben wir aber darauf hingewiesen, dass Lösungen gesucht werden, um die Lage im Asylbereich zu verbessern. Eine dieser Massnahmen ist diese Vorlage zur Änderung des Asylgesetzes, welche im beschleunigten Verfahren behandelt werden soll.

5

Verfassungsmässigkeit

Die geänderten Bestimmungen sowohl des Asylgesetzes als auch des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer stützen sich auf Artikel 69ter der Bundesverfassung ab, diejenige des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Verbesserung des Bundeshaushaltes auf Artikel 42bis.

0976

35

Asylgesetz

Entwurf

Änderung vom

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 2. Dezember 1985'), beschliesst: I

Das Asylgesetz vom 5. Oktober 1979z' wird wie folgt geändert:

Art. 9 Abs. l 1 In Zeiten erhöhter internationaler Spannungen, bei Ausbruch eines bewaffneten Konfliktes, an dem die Schweiz nicht beteiligt ist, oder bei ausserordentlich grossem Zustrom von Asylgesuchstellern in Friedenszeiten gewährt die Schweiz Flüchtlingen so lange Asyl, als dies nach den Umständen möglich ist.

Art. 9a Vorbereitende Massnahmen (neu) 1 Die Kantone treffen die vorbereitenden Massnahmen, die im Hinblick auf Ausnahmesituationen nach Artikel 9 Absatz l notwendig sind; insbesondere legen sie die erforderliche Organisation fest.

2 Das Departement erstellt ein Betreuungskonzept und unterstützt die Kantone in ihren Vorbereitungen.

Art. 14a Verteilung auf die Kantone (neu) 1 Können sich die Kantone über die Verteilung der Gesuchsteller nicht einigen, so kann der Bund auf Begehren von fünf Kantonen die Verteilung regeln. Der Bundesrat legt in einer Verordnung die Kriterien für die Verteilung fest. Die Kantone werden vorher angehört.

2 Das Bundesamt verteilt die Gesuchsteller auf die Kantone; es trägt dabei den schützenswerten Interessen der Gesuchsteller Rechnung und berücksichtigt insbesondere den Grundsatz der Einheit der Familie.

') BEI 1986 I l > SR 142.31

2

36

Asylgesetz

Art. 15 Abs. 2 und 3 sowie 4-6 (neu) 2

Sie vernimmt den Gesuchsteller und zieht nötigenfalls einen Dolmetscher bei.

Der Gesuchsteller kann sich überdies von seinem Vertreter und einem Dolmetscher eigener Wahl begleiten lassen.

3

Wenn der Gesuchsteller zustimmt, wird er im Beisein: des Vertreters einer anerkannten Flüchtlingshilfsorganisation befragt. Der Bund entschädigt die Flüchtlingshilfsorganisation für ihren Aufwand.

4

Der Gesuchsteller wird vorgängig auf seine Rechte hingewiesen.

5

Die kantonale Behörde trifft Massnahmen zur Identifizierung des Gesuchstellers. Sie erhebt die Fingerabdrücke und macht eine Fotografie.

6

Sie überweist die Akten alsdann dem Bundesamt.

Art. 16 1

Verfahren vor dem Bundesamt

Das Bundesamt kann aufgrund der Akten entscheiden.

2

Wenn nötig klärt es den Sachverhalt zusätzlich ab und befragt den Gesuchsteller persönlich. Für die Befragung gilt Artikel 15 Absätze 2-4 sinngemäss.

Art. 19 Abs. 3 Aufgehoben Art. 19a Mitwirkungspflicht und Zustelldomizil (neu) 1 Der Gesuchsteller, der sich in der Schweiz aufhält, ist verpflichtet, sich während des Verfahrens den kantonalen Behörden oder dem Bundesamt zur Verfügung zu halten. Er muss seine Adresse und jede Änderung der kantonalen Behörde sofort mitteilen.

2

Eine Zustellung oder Mitteilung an die letzte bekannte Adresse des Gesuchstellers oder an den von ihm bezeichneten Vertreter ist rechtsgültig, selbst wenn die Sendung als unzustellbar zurückkommt.

3 Die kantonale Behörde weist den Gesuchsteller auf diese Zustellungsvorschriften hin.

Art. 20

Aufenthalt und Unterbringung

1

Das Bundesamt oder die kantonalen Behörden können dem Gesuchsteller einen Aufenthaltsort zuweisen.

2

Sie können dem Gesuchsteller eine Unterkunft zuweisen ; sie können ihn insbesondere in einem Flüchtlingsheim unterbringen.

37

Asylgesetz Art. 20a Fürsorge (neu) 1 Kann der Gesuchsteller seinen Unterhalt nicht aus eigenen Mitteln bestreiten und müssen auch Dritte nicht für ihn aufkommen, so erhält er vom Kanton die nötige Fürsorge.

2 Soweit das Departement keine abweichenden Bestimmungen erlässt, richten sich die Festsetzung, Ausrichtung, Rückerstattung und Abrechnung von Fürsorgeleistungen nach kantonalem Recht.

Art. 20b Bundesbeiträge (neu) 1 Der Bund vergütet den Kantonen für jeden Gesuchsteller die Fürsorgeauslagen, die ihnen vom Einreichen des Gesuches bis längstens zu dem Tag entstehen, an dem die Wegweisung zu vollziehen ist.

2 Der Bund zahlt den Kantonen für ihren Verwaltungsaufwand jährlich eine Pauschale. Das Departement setzt die Höhe der Pauschale fest.

3 Der Bund kann Beiträge an Beschäftigungsprogramme leisten.

Art. 21a Wegweisung 1 Lehnt das Bundesamt das Asylgesuch ab oder tritt es darauf nicht ein, so verfügt es in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz. Es hört den Aufenthaltskanton vorher an.

2 Ist die Wegweisung weder durchführbar noch zumutbar, regelt das Bundesamt das Anwesenheitsverhältnis nach den gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme und Internierung von Ausländern.

3 Über Beschwerden gegen eine Wegweisung entscheidet das Departement endgültig.

Art. 21b Rückkehrhilfe (neu) 1 Der Bund übernimmt die Kosten für die Ausreise a. von mittellosen Gesuchstellern; b. von mittellosen Ausländern, deren Gesuch abgelehnt oder zurückgezogen wurde.

2 Er kann weitere Rückkehrhilfen, namentlich in Form von Beratung, gewähren.

Art. 30 Bst.f(neu) Die Ansprüche der Flüchtlinge auf Leistungen der Sozialversicherung richten sich nach der einschlägigen Gesetzgebung, insbesondere über f. die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge.

38

Asylgesetz

Art. 31 Abs. 3 (neu) 3

Der Bund erstattet die Fürsorgeleistungen, die in seinem Auftrag ausgerichtet wurden. Der Bundesrat setzt den Umfang der Entschädigung fest.

Bisheriger Absatz 3 wird zu Absatz 4.])

Art. 33

Wiedereingliederungsbeiträge und Stipendien

1

Der Bund kann den Kantonen die Stipendien für die berufliche Aus- und Weiterbildung von Flüchtlingen zurückerstatten.

2

Er kann die Kosten der Ausreise von Flüchtlingen ganz oder teilweise übernehmen und weitere Hilfen für deren Wiedereingliederung leisten.

3

Der Bundesrat setzt den Umfang der Entschädigungen und Beiträge fest.

II Für die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Gesetzesänderung hängigen Verfahren gilt das neue Recht.

III 1

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

0976

'' Artikel 31 Absatz 3 in der Fassung der Änderung vom 5. Oktober 1984 des Asylgesetzes (BB1 1984 III 73). Das Inkrafttreten dieser Änderung ist auf den 1. Januar ; 1987 vorgesehen.

39

Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer

Entwurf

Änderung vom

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 2. Dezember 1985 '), beschliesst: I

Das Bundesgesetz vom 26. März 193l 2 ) über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer wird wie folgt geändert:

Art. 7 Aufgehoben Art. 14 1 Hat der Ausländer die Frist, die ihm zur Ausreise gesetzt worden ist, unbenutzt verstreichen lassen oder muss seine Weg- oder Ausweisung sofort vollzogen werden, so kann er auf Anordnung der zuständigen kantonalen Behörde ausgeschafft werden.

2 Ist eine Weg- oder Ausweisung vollziehbar und liegen gewichtige Anhaltspunkte vor, dass der Ausländer sich der Ausschaffung entziehen will, so kann er in Haft genommen werden.

3 Die zuständige kantonale Behörde ordnet die Haft an. Eine Verlängerung der Haft über 48 Stunden darf nur von einer kantonalen richterlichen Behörde angeordnet werden. Die Haft darf in keinem Fall mehr als 30 Tage dauern.

4 Die Kantone sorgen dafür, dass die Angehörigen des Verhafteten in der Schweiz benachrichtigt werden und der Verhaftete mit seinem Vertreter mündlich und schriftlich verkehren kann. Im übrigen richtet sich der Vollzug der Haft nach kantonalem Recht.

Art. 14a (neu) 1 Ist die Weg- oder Ausweisung weder möglich noch zumutbar, so verfügt das Bundesamt für Polizeiwesen eine vorläufige Aufnahme oder eine Internierung.

'> BB1 1986 I l > SR 142.20

2

40

Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer 2

Die vorläufige Aufnahme oder die Internierung kann vom Bundesamt für Ausländerfragen, von der Bundesanwaltschaft und von der kantonalen Fremdenpolizeibehörde beantragt werden. Der Ausländer wird vor der Internierung angehört.

3 Die vorläufige Aufnahme und die Internierung sind aufzuheben, wenn es dem Ausländer möglich und zumutbar ist, sich rechtmässig in einen Drittstaat zu begeben oder in seinen Heimatstaat oder in das Land, in dem er zuletzt wohnte, zurückzukehren. Sie erlöschen, wenn der Ausländer freiwillig ausreist oder eine Aufenthaltsbewilligung erhält.

4 Der Bund übernimmt die Ausreisekosten, wenn der Ausländer über keine eigenen Mittel verfügt.

Art. 14b (neu) 1 Die vorläufige Aufnahme kann für zwölf Monate verfügt werden. Der Aufenthaltskanton verlängert sie in der Regel um jeweils zwölf Monate.

2 Der vorläufig aufgenommene Ausländer kann seinen Aufenthaltsort im Gebiet des bisherigen Aufenthaltskantons frei wählen.

3 Die zuständigen kantonalen Behörden bewilligen dem Ausländer eine unselbständige Erwerbstätigkeit, sofern die Arbeitsmarkt- und Wirtschaftslage dies gestatten.

4 Besitzt der Ausländer eigene Mittel, so muss er für seinen Unterhalt selbst aufkommen; der Aufenthaltskanton kann von ihm dafür Sicherheit verlangen.

5 Kann der Ausländer seinen Unterhalt nicht aus eigenen Mitteln bestreiten und müssen auch Dritte nicht für ihn aufkommen, so erhält er vom Kanton die nötige Fürsorge.

6 Sofern das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement keine abweichenden Bestimmungen erlässt, richten sich die Festsetzung, Ausrichtung, Rückerstattung und Abrechnung von Fürsorgeleistungen nach kantonalem Recht. Der Bund vergütet dem Kanton die entstandenen Fürsorgeauslagen.

Art. 14c (neu) 1 Die Internierung kann für sechs Monate verfügt werden. Das Bundesamt für Polizeiwesen kann sie jeweils um höchstens sechs Monate verlängern. Die Internierung darf insgesamt jedoch nicht länger als zwei Jahre dauern und muss spätestens nach Ablauf dieser Höchstdauer durch eine vorläufige Aufnahme ersetzt werden.

2 Das Bundesamt für Polizeiwesen interniert einen Ausländer in einer geeigneten Anstalt, wenn er a. die innere oder äussere Sicherheit der Schweiz oder die innere Sicherheit eines Kantons gefährdet; b. durch seine Anwesenheit die öffentliche Ordnung schwer gefährdet.

41

Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer 3

Der Bund übernimmt die Kosten der Internierung, wenn der Ausländer keine eigenen Mittel besitzt.

4 Besitzt der Ausländer eigene Mittel, so muss er für die Kosten der Iriternierung selber aufkommen. Das Bundesamt für Polizeiwesen kann Sicherheit verlangen.

Art. 15 Abs. 4 4 Das Bundesamt für Polizeiwesen ist für Anordnung und Vollzug der vorläufigen Aufnahme und Internierung zuständig, soweit dieses Gesetz nicht die Kantone damit beauftragt. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement bestimmt, in welchen Fällen für die Einstellung oder Aufhebung einer nach Artikel 10 verfügten, für die ganze Schweiz geltenden Ausweisung seine Zustimmung eingeholt werden muss.

Art. 20 Abs. l und lbis (neu) 1 Gegen Verfügungen des Buridesamtes für Ausländerfragen sowie gegen Verfügungen des Bundesamtes für Polizeiwesen über die vorläufige Aufnahme von Ausländern kann Beschwerde an das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement geführt werden.

· ibis Gegen Internierungsverfügungen des Bundesamtes für Polizeiwesen ist unmittelbar die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht zulässig.

Art. 27 Aufgehoben II

Das Bundesgesetz vom 16. Dezember 1943 ') über die Organisation der Bundesrechtspflege wird wie folgt geändert: Art. WO Bst. b Ziff. 5 (neu) Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist ausserdem unzulässig gegen: 5. Verfügungen des Bundesamtes für Polizeiwesen über die vorläufige Aufnahme von Ausländern;

') SR 173.110 42

Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer

III

Internierungen gemäss Artikel 4 Absatz l Buchstabe c der Verordnung vom 14. August 1968 ') über die Internierung von Ausländern werden in vorläufige Aufnahmen nach Artikel 14Z> dieses Gesetzes umgewandelt; Internierungen nach Artikel 4 Absatz l Buchstaben a und b in solche nach Artikel 14c dieses Gesetzes.

IV 1 2

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

0976

') SR 142.281 43

Bundesgesetz Entwurf über Massnahmen zur Verbesserung des Bundeshaushaltes Änderung vom

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 2. Dezember 19851', beschliesst: I

Das Bundesgesetz vom 4. Oktober 19742) über Massnahmen zur Verbesserung des Bundeshaushaltes wird wie folgt geändert: Art. 2a

Ausnahme (neu)

Der Bundesrat wird ermächtigt, bei aussergewöhnlichem Zustrom von Asylgesuchstellern vorübergehend zusätzliche Hilfskräfte für die Behandlung der Asylgesuche einzustellen.

II 1

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

D BEI 1986 I l > SR 611.01

2

44

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft zur Änderung des Asylgesetzes, des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer und des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Verbesserung des Bundeshaushaltes vom 2. Dezember 1985

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Foglio federale

Jahr

1986

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

01

Cahier Numero Geschäftsnummer

85.072

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

14.01.1986

Date Data Seite

1-44

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10 049 874

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