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Schweizerisches Bundesblatt.

66. Jahrgang.

4. November 1914.

Band IV.

Jahrespreis (postfrei in der ganzen Schweiz) : 10 Franken.

Einrückungsgebühr : 16 Rappen die Zelle oder deren Baum. -- Anzeigen franko an die Buchdruckerei Stämpfli ä; de. in Bern.

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Zu

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Nachtrags-Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Aenderung des Bundesgesetzes vom 27. Juni 1901 betreuend das Tarifwesen der schweizerischen Bundesbahnen.

(Vom 27. Oktober 1914.)

Mit unserer Botschaft vom 3. Dezember 1909 haben wir Ihnen empfohlen, einem Antrag des Verwaltungsrates der schweizerischen Bundesbahnen auf Änderung des Tarifgesetzes vom 27. Juni 1901 im Sinne einer Erhöhung der Personentaxen für Hin- und Rückfahrt zuzustimmen. Es war in Aussicht genommen, das Gesetz in der Weise zu ändern, dass darin, in Übereinstimmung mit dem Inhalt der Konzessionen für Privatbahnen, nur noch Ansätze für die Fahrpreise einfacher Fahrt aufgenommen würden, mit der Verpflichtung, für Hin- und Rückfahrten mindestens 20 °/o Ermässigung auf den doppelten Fahrpreisen einfacher Fahrt eintreten zu lassen. Die genaue Festsetzung der Fahrpreise für Hin- und Rückfahrt innerhalb dieser durch das Gesetz gezogenen Schranke wäre dann Sache der Bundesbahnverwaltung gewesen, unter Vorbehalt der bundesrätlichen Genehmigung.

Veranlasst war der Antrag durch die im Jahre 1907 eingetretene ungünstige Gestaltung der Betriebsergebnisse. Die Überschüsse genügten nicht mehr zur gänzlichen Deckung der im Rückkaufsgesetz vorgeschriebenen Anleihenstilgungen, und die Bilanzen der Bundesbahnen wiesen infolgedessen während mehrerer Jahre Passivsaldi auf. Die erwiesene Tatsache, dass der Personenverkehr weit geringere Betriebsüberschüsse als der Güterverkehr liefert, veranlassten den Antrag, die allzu niedrig bemessenen Personentaxen für Hin- und Rückfahrt zu erhöhen.

Bundesblatt. 66. Jahrg. Bd. IV.

22

216

Unsere Botschaft vom 3. Dezember 1909 ist bis heute von den eidgenössischen Räten nicht behandelt worden. Der Grund liegt darin, dass die Bundesbahnkommission des Nationalrates vor einer bestimmten Stellungnahme zu der Vorlage zunächst den Erfolg der von den Bundesbahnen eingeleiteten Sparmassnahmen abzuwarten wünschte. Sie rechnete mit der Möglichkeit, dass dieser Erfolg die geplante Taxerhöhung als unnötig erweisen werde. Im fernem war sie der Ansicht, dass eine Fahrpreiserhöhung nicht ohne gleichzeitige starke Einschränkung des bei den Bundesbahnen allzusehr entwickelten Freifahrtwesens vorgenommen werden sollte.

Obschon grundsätzlich mit der Kommission einverstanden, vermochten wir jedoch ihrer Anregung, es sollte diese Einschränkung durch einen besondern Artikel des Tarifgesetzes erfolgen, nicht zuzustimmen. Wir hielten dafür, dass ein solcher Artikel richtiger im zu revidierenden Rückkaufsgesetz Platz finden sollte.

Mit den Rechnungsergebnissen der folgenden Jahre schienen sich die Erwartungen der nationalrätlichen Bundesbahnkommission zu erfüllen. Wenn sich auch die kilometrischen Betriebsausgaben infolge einer starken Verkehrsentwicklung und der Verstaatlichung der Gotthardbahn nicht verminderten, so stiegen sie doch nicht mehr im gleichen Verhältnisse wie die Einnahmen. Die Betriebszahl (Verhältnis der Betriebsausgaben zu den Betriebseinnahmen) nahm bis 1911 rasch ab.

Es betrugen . ..

im janre

die Betriebseinnahmen Fr.

die Betriebsausgaben Fr.

der BetriebsUberschuss Fr.

die Betriebszahl

1907 142,934,991 98,874,782 44,060,209 0,6922 1908 142,129,314 103,498,226 38,631,088 0,7232 1909 165,540,622 116,415,799 49,124,823 0,70»* 1910 187,604,055 122,852,190' 64,751,865 0,6548 1911 196,511,857 126,286,945 70,224,912 0,6426 1912 206,056,419 137,556,989 68,499,430 0,667o 1913 212,721,315 142,405,716 70,315,599 0,6694 Die kleine Wiedererhöhung der Betriebszahl in den Jahren 1912 und 1913 ist hauptsächlich der periodischen Gehaltserhöhung für das Personal und einer Erhöhung der Nebenbezüge für das Fahrpersonal zuzuschreiben ; bei regelmässiger Verkehrsentwicklung wäre dies als eine vorübergehende Erscheinung zu betrachten gewesen. Es wies aber schon das Jahr 1913 die zur Vorsicht mahnende Tatsache auf, dass sich der gewinnbringende Güterverkehr viel langsamer als der Personenverkehr entwickelte.

Während die Einnahmen aus dem Personenverkehr gegenüber dem Vorjahr um 6,os °/o zunahmen, betrug die Zunahme im

217 Güterverkehr nur l,os °/o. Die Gründe sind bekannt. Der anhaltend hohe Zinsfuss machte sich zunächst durch verminderte Bautätigkeit geltend, dehnte aber seinen ungünstigen Einfluss allmählich auf das ganze Geschäftsleben aus. Die ersten sechs Monate des Jahres 1914 brachten, ungeachtet der Erweiterung des Bundesbahnnetzes durch die Verstaatlichung der Neuenburger Jurabahn und ungeachtet der schweizerischen Landesausstellung in Bern, gegen das Vorjahr nur eine unwesentliche Vermehrung der Einnahmen aus dem Personenverkehr, während der Güterverkehr eine Einnahmenverminderung um i1/2 Millionen Franken zeigte. Im gleichen Zeitraum wiesen dagegen die Betriebsausgaben, hauptsächlich infolge vermehrter Fahrleistungen, eine Zunahme von 2'/a Millionen Franken auf. Ein Grund zu starker Beunruhigung lag immerhin noch nicht vor. Günstige Witterung während der Hauptreisezeit und eine gute Ernte hätten bis zu Ende des Jahres das Ergebnis wieder verbessern können.

Der zu Anfang August ausgebrochene Weltkrieg hat aber solche Erwartungen nicht in Erfüllung gehen lassen. Die Betriebseinnahmen sind im August gegenüber dem Vorjahr auf die Hälfte, d. h. von 20 auf 10 Millionen Franken, gesunken, während die Ausgaben nur um l Million vermindert werden konnten. An eine durchgreifende Besserung dieser Verhältnisse ist während der Kriegsdauer nicht zu denken, und es steht daher auf Ende des Jahres ein ganz schlimmes Rechnungsergebnis in Aussicht.

Der vorjährige Aktivsaldo von rund 8 Millionen Franken wird bei weitem nicht genügen, um den Ausfall des diesjährigen Betriebsergebnisses zu decken, und die Bilanz für das Jahr 1914 wird, da weitere Reserven nicht zur Verfügung stehen, ohne Zweifel einen grossen Passivsaldo aufweisen.

Die Bundesbahnen stehen nun vor der schwierigen Aufgabe, den ungünstigen Einfluss der Kriegswirren auf ihren Finanzhaushalt möglichst auszugleichen. In erster Linie kommt die Durchführung von Sparmassnahmen in Betracht. .Solche sind denn auch nach Ausbruch des Krieges sofort getroffen worden, vor allem durch starke Verminderung der Zugszahl. Andere Massnahmen sind noch in Aussicht genommen. Sie werden aber zur Herstellung des finanziellen Gleichgewichts bei weitem nicht genügen. Die Verwaltung der Bundesbahnen findet es daher nötig, und wir schliessen uns dieser Ansicht an, rasch auf eine
erhebliche Einnahmenvermehrung hinzuwirken, wobei vor allem die schon im Jahre 1909 in Aussicht genommene Erhöhung der Personentaxen für Hin- und Rückfahrt in Betracht gezogen wird.

Wir haben schon in unserer Botschaft vom 3. Dezember 1909 nachgewiesen, dass die Personenbeförderung zum Betriebs-

218 überschuss der Bundesbahnen zu wenig beiträgt, und dass hauptsächlich der Güterverkehr für die Verzinsung und Tilgung der Bundesbahnschuld aufzukommen hat. Die damals als Beweismittel angeführten Zahlen stimmen aber heute nicht mehr ganz. Die ßetriebsverhältnisse haben Änderungen erfahren, wie die nachstehende Vergleichung der auf den Wagenachsenkilorneter bezogenen Transporteinnahmen in den Jahren 1908 und 1913 zeigt.

Diese betrugen: im Jahre

im Personenverkehr

im Güterverkehr o^S^ff^

dur( , h _

schnittlich

1908 17,47 Cts.

14,08 Cts.

15,so Cts.

1913 19,2 Cts.

13,92 Cts.

16,77 Cts.

Unterschied -f 1,78 Cts.

-- 0,i6 Cts.

-f- l,« Cts.

Diese Zahlen geben nun allerdings keine genaue Auskunft über das Ertragsverhältnis der beiden Verkehrsgattungen. Sie lassen aber doch erkennen, dass die Durchschnittseinnahme aus dem Personenverkehr zugenommen hat, während im Güterverkehr eine Verminderung eingetreten ist. Die Verbesserung, die der Personenverkehr aufweist, ist zum Teil der Verstaatlichung der Gotthardbahn zuzuschreiben, die etwas günstigere Ertragsverhältnisse als die Bundesbahnen aufwies, zum Teil aber auch den von den Bundesbahnen getroffenen Sparmassnahmen. Die Zugszahl hat sich seit 1908 nicht in gleichem Masse wie die Einnahmen vermehrt.

Diese Ertragsverhältnisse lassen sich richtiger beurteilen, wenn die Einnahmen nach Zugsgattungen, Personenzügen und Güterziigen, ausgeschieden werden, wobei man aber mangels ausreichender statistischer Erhebungen zum Teil auf Schätzungen angewiesen ist.

Es betrugen :

,

aus dem

A. Die Transporteinnahmen.

1. Die Personenzugseinnahmen 1908 1913

Personenverkehr . . .

Gepäckverkehr . . .

Postpaketverkehr. . .

Tier- und Güterverkehr (in Eilfracht mit Personenzügen) . . .

im ganzen 1

schätzungsweise.

Kr.

Fr.

58,046,388 5,670,988 1,279,024

84,589,152 8,522,597 2,214,711

4,350,000 ! 7,300,0001 69,346,400 102,626,460

Zunahme in »/»

45,7 50,3 73,2 67,8 48,0

219

2. Die Güterzugseinnahmen ,,,. , 1908 1913 aus dem Fr Fr Tier- und Güterverkehr mit Güterzügen . . 66,356,597 101,162,803

Zunahme in 0/o

52,5

3. Die gesamten Transporteinnahmen , aus dem

1908 Fr _

Personen-, Gepäck-, Postpaket-, Ti er- und Güterverkehr 135,702,997

1913

Zunahme

Ff

ln 0/o

203,789,263

50,2

B. Die Zugsleistungen.

Personenzüge .

Güterzüge . .

1908

1913

Zugskilometer

Zugskilometer

in 0/°

22,738,712 7,177,962

25,668,244 11,156,754

12,9 55,4

29,916,674

36,824,998

23,i

.

im ganzen

Zunahme

C. Oie Wagenleistungen.

1. Personenzugsverkehr in Wagenachsenkilometern 1908

1913 im

Personenwagen Gepäckwagen Postwagen Güterwagen Zusammen 1 2

anzen

im ganzen z^ibmeter g Zugïilonfeter 331,50.8,998 14,6 438,750,514 17,i 60,300,000l 2,6 80,845,00e1 3,i 41,647,561 1,9 54,449,403 2,t 60,000,0002 2,e 80,000,0002 3,i 493,456,559

21,7

654,044,917

25,4

85 % der Gepäckwagen.

schätzungsweise.

2. Güterzugsverkehr in Wagenachsenkilometern 1908 1913

im ganzen Güterwagen

U n ZugS kilo^ eter

386,967,413

53,9

im ganzen z^^iio^eter 554,524,963

49,7

220 3. Gesamtleistung in Wageaachsenkilometern 1908 1913 auf den .

auf den im ganzen Zugskilometel. un ganzen Zugskilometer

Sämtliche Wagen 880,423,972

29.3 1,208,569,880

32,8

D. Durchschnittliche Transporteinnahmen auf den Zugskilometer 1908 1913

aus den Personenzügen Fr. 3. 05 aus den Güterzügen Fr. 9. 24 im Durchschnitt

Fr. 4. 86

auf den Wagenachsenkilometer 1908 1 9 1 3

Fr. 4. -- Fr. 9. 20

14,ie Cts. 15,7 Cts.

17,i Cts. 18,2 Cts.

Fr. 5. 53

15,86 Cts.

Die Tatsache, dass im Personenzugsverkehr die Einnahmen von 1908--1913 um 48 °/o, die Zugskilometer dagegen nur um 12,9 °/o gestiegen sind, ferner die Steigerung der auf den Zugskilometer entfallenden durchschnittlichen Einnahme von Fr. 3. 05 auf Fr. 4 und die Zunahme der auf einen Zug durchschnittlich entfallenden Wagenachsen von 21,7 auf 25,4 beweisen deutlich die Verbesserung der Verhältnisse. Im Güterverkehr weisen die Ertragsverhältnisse nur geringe Änderungen, die mehr zufälliger Natur zu sein scheinen, auf.

Die Betriebsausgaben stiegen, auf den Zugskilometer bezogen, in den Jahren 1908--1913 von Fr. 3. 37 auf Fr. 3. 86. Wünschbar wäre es, auch diese Kosten ebenfalls für Personen- und Güterzüge getrennt ermitteln zu können. Allein man ist bei solchen Rechnungen zu sehr auf Schätzungen angewiesen, um zuverlässige Ergebnisse zu erhalten. Die Ausgaben für die allgemeine Verwaltung, für den Expeditions- und Zugsdienst, sowie die verschiedenen Ausgaben betreffen zum grösseren Teil den Güterzugsverkehr, während im Gegensatz hierzu die Ausgaben für Unterhalt und Aufsicht der Bahn, sowie für den Fahrdienst zum grösseren Teil vom Personenzugsverkehr herrühren. Eine genaue Bestimmung der einzelnen Teilungsverhältnisse ist nicht möglich. Soviel steht aber fest, dass die Ausgaben für den Personenzugsdienst, auf den . Zugskilometer bezogen, niedriger sind als für den Güterzugsdienst, während, auf den Wagenachsenkilometer berechnet, das umgekehrte Verhältnis besteht. Nachdem nun nach obiger Zusammenstellung die Güterzugseinnahmen, nicht

221 nur auf den Zugskilometer, sondern auch auf den Wagenachsenkilometer berechnet, sich höher stellen, so muss daraus geschlossen werden, dass der Güterzugsverkehr einen erheblich grösseren Betriebsüberschuss aufweist. An dem ungünstigen Erträgnis des Personenzugsverkehrs sind aber nicht nur die zu niedrigen Personentarife schuld ; es wirken, wie aus den obigen statistischen Erhebungen zu entnehmen ist, auch die ungenügenden Erträgnisse aus dem Post-, Gepäck- und Eilgut v erkehr mit. Während sich, auf die Wagenachse bezogen, die Einnahmen aus dem Personenverkehr auf rund 20 Cts. stellen, trägt der Gepäck- und Eilgutverkehr nur rund 10 Cts. ein. Die niedrigen Einnahmen aus letzterem Verkehr rühren von der schwachen Ausnutzung des Laderaumes der Wagen her.

Eine Erhöhung der Gepäck- und Eilguttaxen könnte aber die Betriebsergebnisse der Personenzüge nicht in genügender Weise verbessern. Hierfür ist eine Erhöhung der Personentaxen unumgänglich nötig.

Die jetzigen, zu niedrigen Fahrpreise für Hin- und Rückfahrt sind bekanntlich darauf zurückzuführen, dass die ehemalige Zentralbahn auf den 1. Januar 1896 ihre Ansätze hierfür bedeutend herabsetzte und man anlässlich der Verstaatlichung die niedrigsten der bei den Privatbahnen bestehenden Tarifgrundlagen annahm.

Man glaubte dies umsoeher tun zu können, als die Zentralbahn mit ihrer Taxherabsetzung scheinbar gute Erfahrungen gemacht hatte. Die Einnahmen aus dem Personenverkehr wiesen im ersten Jahre (1896) der Tarifreform nur eine geringe Verminderung auf und nahmen vom folgenden Jahre an rasch zu. Unrichtigerweise hielt man diese Zunahme für eine Folge der Taxherabsetzung, während sie in Wirklichkeit von einer sich bei allen schweizerischen Hauptbahnen geltend machenden starken Verkehrsentwicklung herrührte. Die eigentliche Wirkung der Taxherabsetzung zeigt sich am besten, wenn man die Einnahmen der Zentralbahn aus dem Verkehr mit Hin- und Rückfahrtsbilletten in den Jahren 1895 und 1901 mit denjenigen der Jura-SimplonBahn, die ihre hohen Fahrpreise beibehielt, vergleicht.

Es betrug im Verkehr mit Hin- und Rückfahrtsbilletten: Die Zahl der Reisenden (doppelt gerechnet) : 1895

bei der S. C. B. . . 2,606,286 bei der J. S. . . . 3,895,297

1901

Zunahme

%

4,675,638 2,069,352 79,4 5,483,542 1,588,245 40,8

222

Die Einnahmen in Franken: 1895

1901

Zunahme

°/o

bei der 8. C. B. . . 2,458,617 2,810,965 352,348 14,3 bei der J. S. . . . 3,601,299 5,738,944 2,137,645 59,4 Es geht hieraus hervor, dass die Taxherabsetzung zwar eine Zunahme der Fahrten bewirkt hat, eine genügende Einnahmenvermehrung aber ausgeblieben ist. Die im Jahre 1901 um etwa 80 % erhöhte Anzahl von Reisenden brachte der Zentralbahn eine nur um 14 °/o höhere Einnahme, während die Jura-SimplonBahn bei einer um 41 °/o erhöhten Reisendenzahl eine Vermehrung der Einnahmen um 59 % zu verzeichnen hatte. Die Mehreinnahme der Zentralbahn genügte auf keinen Fall zur Deckung der beträchtlichen Kosten der neuen Zugsleistungen, die zur Bewältigung des vermehrten Personenverkehrs nötig waren. Ihr Gewinn aus dem Verkauf von Hin- und Rückfahrtsbilletten musste daher abnehmen.

Die Übertragung der zu niedrigen Zentralbahntaxen auf das ganze Netz der schweizerischen Bundesbahnen brachte den ungünstigen finanziellen Einfluss dieser Massnahme noch in weit höherem Masse zur Geltung. Der unbefriedigende Ertrag der Personenbeförderung muss ihr hauptsächlich zugeschrieben werden.

Daneben hat sich auch der Einfluss der Betriebsverteuerung bemerkbar gemacht. Von 1902 bis 1913 sind die durchschnitt· liehen Ausgaben für den Zugskilometer von Fr. 3.14 auf Fr. 3.86, also um über 20 % gestiegen. Wenn nun auch die Kosten der Personenzüge diesen Durchsehnittsbetrag nicht erreichen, und daher nicht ohne weiteres behauptet werden darf, dass der Personenverkehr die Selbstkosten kaum decke, so darf doch als sicher angenommen werden, dass wenigstens die Einnahmen aus Hin- und Rückfahrt ungenügend sind.

Die Bundesbahnen haben seinerzeit die jährlichen Mehreinnahmen, die ihnen aus der geplanten Taxerhöhung erwachsen sollten, auf den Verkehr des Jahres 1908 (unter Einschluss der Gotthardbahn) bezogen, auf 31/« Millionen Franken geschätzt.

Infolge der seither eingetretenen Verkehrsentwicklung darf heute, unter normalen Verhältnissen, diese Steigerung auf über 4 Millionen Franken veranschlagt werden. Auf diese Zunahme kann jedoch während der Dauer der Kriegswirren nicht gerechnet werden; höchstens wird sich der Einnahmenrückgang etwas weniger empfindlich gestalten.

Die Notwendigkeit, die Fahrpreise für Hin- und Rückfahrt zu erhöhen, hat sich übrigens nicht allein in der Schweiz gezeigt.

223

In ändern Ländern sind ähnliche Erfahrungen gemacht worden, vor allem in Österreich und Ungarn, wo zu Anfang der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts die Personenfahrpreise durch Einführung von Zonentarifen ausserordentlich verbilligt wurden.

Nähere Einzelheiten über diese Verhältnisse sind in dem Bericht der Bundesbahnverwaltung zu dem Voranschlag für das Jahr 1915 enthalten, auf den wir uns noch besonders zu verweisen erlauben.

Nachdem bei den frühern Beratungen der naitionalrätlichen Kommission die Behandlung der Tariferhöhungsfrage mit derjenigen der Einschränkung des Freifahrtwesens in Verbindung gebracht worden war, haben wir uns veranlasst gesehen, von neuem zu untersuchen, in welcher Weise den bestehenden Missständen am schnellsten und wirksamsten gesteuert werden könnte.

Das Ergebnis dieser Untersuchung wird den Gegenstand einer besondern Beschlussfassung bilden.

Im Hinblick auf vorstehende Ausführungen erlauben wir uns, Ihnen die baldige Behandlung und unveränderte Annahme des Ihnen mit unserer Botschaft vom 3. Dezember 1909 vorgelegten Entwurfes eines Bundesbeschlusses betreffend die Änderung des Tarifgesetzes der schweizerischen Bundesbahnen dringend zu empfehlen.

Wir benützen auch diesen Anlass, um Sie, Tit., ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 27. Oktober

unserer

1914.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Hoffmann.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schatzmann.

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Nachtrags-Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Aenderung des Bundesgesetzes vom 27. Juni 1901 betreffend das Tarifwesen der schweizerischen Bundesbahnen. (Vom 27. Oktober 1914.)

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